Gewinne aus dem An- und Verkauf von Immobilien innerhalb von zehn Jahren unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer. Wer aber sein Eigenheim innerhalb der zehnjährigen "Spekulationsfrist" veräußert, muss den Gewinn üblicherweise nicht versteuern. Der insoweit maßgebende § 23 des Einkommensteuergesetzes sieht eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz vor. Doch was gilt in Bezug auf das häusliche Arbeitszimmer eines Arbeitnehmers, für das er in den vergangenen Jahren Werbungskosten geltend gemacht hat? Denn dieses wird ja beruflich und nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Vorweg: Wird ein selbst genutztes Haus oder eine Eigentumswohnung innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung oder Fertigstellung verkauft, ist ein Veräußerungsgewinn steuerfrei, sofern die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder die Immobilie im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Falls ein Arbeitnehmer im Eigenheim einen Raum als Arbeitszimmer genutzt hat, soll nach bisheriger Auffassung des Fiskus ein Veräußerungsgewinn mit dem Anteil, der auf das Arbeitszimmer entfällt, steuerpflichtig sein - und zwar als "sonstige Einkünfte" gemäß § 22 Nr. 2 EStG. Der Veräußerungsgewinn müsse - man glaubt es kaum - auch dann mit dem Arbeitszimmeranteil als Spekulationsgewinn versteuert werden, wenn das Arbeitszimmer gar nicht oder lediglich begrenzt bis zu 1.250 EUR als Werbungskosten anerkannt worden ist (BMF-Schreiben vom 5.10.2000, BStBl 2000 I S. 1383, Tz. 16 und 21).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof aber zugunsten der Arbeitnehmer und gegen den Fiskus entschieden, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallende Gewinn aus dem Verkauf des Eigenheims nicht der Spekulationsbesteuerung unterliegt. Der Veräußerungsgewinn ist auch dann in vollem Umfang steuerfrei, wenn zuvor Werbungskosten für das Arbeitszimmer abgesetzt wurden (BFH-Urteil vom 1.3.2021, IX R 27/19).

  • Nach Auffassung der Richter liegt eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" auch hinsichtlich eines häuslichen Arbeitszimmers vor, das sich in der - im Übrigen selbst bewohnten - Eigentumswohnung befindet. Auch bei einer nahezu ausschließlichen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers für betriebliche/berufliche Tätigkeiten kann unterstellt werden, dass es in ganz geringem Umfang zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird - und darauf komme es an. Der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers zu eigenen Wohnzwecken ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich, denn § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG enthält diesbezüglich keine Bagatellgrenze. Dementsprechend genügt bereits eine geringe Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, um (typisierend) davon auszugehen, dass ein häusliches Arbeitszimmer stets auch zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der Norm genutzt wird.
  • Anders als die Finanzgerichte meinen, kommt es demnach nicht darauf an, ob das häusliche Arbeitszimmer ein Wirtschaftsgut gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist.

FAZIT: Die Veräußerung der selbst genutzten Wohnung auch mit Arbeitszimmer ist nicht einkommensteuerpflichtig
(§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG), wenn die Immobilie

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt, oder
  • im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Eigennutzung in diesem Zeitraum zusammenhängend erfolgt ist. Nicht erforderlich ist jedoch, dass dieser Zeitraum drei volle Kalenderjahre umfasst. Somit kommt es auf den zeitlichen Umfang der Eigennutzung im ersten und dritten Jahr nicht an.
  • Zugegebenermaßen klingt die Urteilsbegründung ein wenig paradox, denn eigentlich ist man bei der Geltendmachung eines häuslichen Arbeitszimmers stets bemüht, nicht einmal den Anschein einer "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" zu erwecken. Doch für die Frage der (Nicht-)Besteuerung des Veräußerungsgewinns nimmt man die Auffassung des BFH gerne hin. Wichtig ist aber, dass das Arbeitszimmer maximal zu 9,99 Prozent zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird bzw. wurde, denn sonst geht der Abzug der Arbeitszimmerkosten verloren.

STEUERRAT: Für Selbstständige ist das Urteil nur anwendbar, wenn das Arbeitszimmer nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen gehörte. War es Bestandteil des Betriebsvermögens, ist insoweit ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu versteuern, und zwar selbst dann, wenn der Abzug der Arbeitszimmerkosten auf 1.250 EUR pro Jahr beschränkt war (BFH-Urteil vom 16.6.2020, VIII R 15/17; vgl. SteuerSparbrief Dezember 2020 zur Berechnung des Aufgabegewinns für das Arbeitszimmer).

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