Ein Kfz-Unfall, gerade auch auf dem Weg zur Arbeit, geschieht schneller als man denkt. Wer den Unfall selbst verschuldet hat und mangels Vollkaskoversicherung auf dem Schaden sitzen bleibt, möchte die Kosten zumindest in der Steuererklärung geltend machen. Doch geht das? Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2019 zu Ungunsten der Steuerbürger entschieden, dass mit der Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten sind. Abgegolten seien also auch Unfallkosten, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für "die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte", also um echte Wege- bzw. Fahrtkosten handelt (BFH-Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18). Das heißt: Unfallkosten für Wegeunfälle sind steuerlich eigentlich nicht als Werbungskosten abziehbar. Eigentlich, denn es gibt eine sehr interessante Anweisung der Finanzverwaltung, die Betroffene unbedingt kennen sollten.

AKTUELL stellt das Bundesfinanzministerium wegen des negativen BFH-Urteils in einem neuen Erlass unmissverständlich klar, dass Unfallkosten, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder auf einer Familienheimfahrt bei doppelter Haushaltsführung entstehen, weiterhin neben der Entfernungspauschale als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abzugsfähig sind. Damit ist das o.g. negative BFH-Urteil überholt! Genauer ausgedrückt wird es nicht angewandt (BMF-Schreiben vom 18.11.2021, IV C 5 -S 2351/20/10001 :002, Tz. 30).

Zu den neben der Entfernungspauschale berücksichtigungsfähigen Unfallkosten gehören sowohl Aufwendungen bezüglich des Fahrzeugs als auch Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden. Ferner auch Aufwendungen für alle anderen durch den Unfall verursachten Folgeschäden, die keinen Bezug zum benutzten Fahrzeug oder der Wegstrecke aufweisen, z.B. Anmietung eines Ersatzfahrzeugs, Prozesskosten, Schäden an privaten Gegenständen (Kleidung, Brille), Fremdschäden. Für den Abzug ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob der Unfall durch ein Naturereignis, das Verhalten eines Dritten oder eigenes Verschulden herbeigeführt wurde.

HINWEIS: Die Finanzverwaltung hatte vor Jahren wiederholt die Finanzämter angewiesen: "Unfallkosten, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder auf einer zu berücksichtigenden Familienheimfahrt entstehen, sind als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG weiterhin neben der Entfernungspauschale zu berücksichtigen" (zuletzt BMF-Schreiben vom 31.10.2013, BStBl 2013 I S. 1376, Nr. 4).

STEUERRAT: Behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 70 oder einem GdB von 50 bis 70 und dem Merkzeichen "G" oder "aG" können ihre Fahrten zur Arbeit mit der Dienstreisepauschale von 30 Cent je Fahrtkilometer bzw. mit dem tatsächlichen Km-Kostensatz geltend machen. Auch sie können Unfallkosten zusätzlich als Werbungskosten absetzen (BMF-Schreiben vom 31.8.2009, BStBl. 2009 I S. 891, Tz. 3).

Neben der Entfernungspauschale können Unfallkosten ebenfalls als Werbungskosten abgezogen werden,

  • wenn sich der Unfall ereignet auf einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs (BFH-Urteil vom 11.10.1984, BStBl 1985 II S. 10),
  • wenn sich der Unfall ereignet auf einer Umwegstrecke zur Abholung der Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft unabhängig von der Gestaltung der Fahrgemeinschaft. Dies ist möglich, wenngleich für die Umwegstrecken zum Abholen und Zurückbringen der Mitfahrer keine Entfernungspauschale abgesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 11.7.1980, BStBl 1980 II S. 655),
  • wenn sich der Unfall ereignet auf der Fahrt zum Bahnhof, um dort eine Monats- oder Jahresfahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel zu kaufen (BFH-Urteil vom 4.7.1986, VI R 18/83).

Weitere Informationen: Unfall, Beschädigung und Diebstahl des Pkw: Was alles absetzbar ist

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