Im Jahre 2016 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass in bestimmten Fällen Bonuszahlungen der Krankenkasse den Sonderausgabenabzug nicht mindern. Das heißt, sie sind "sonderausgabenneutral." Jüngst hat sich immer wieder die Frage gestellt, welche Daten die Krankenkassen insoweit an den Fiskus übermitteln, ob die Finanzämter in Altfällen entsprechende Bescheide "von Amts wegen" ändern und ob Steuerzahler auch die für 2017 übermittelten Daten überprüfen sollten. Nachfolgend wird auf diese Fragen sowie auf verbleibende Streitpunkte zum Thema "Bonuszahlungen" eingegangen.

1. Grundsätze

Auf die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sind Beitragsrückerstattungen der Krankenversicherung anzurechnen. Sie mindern die abzugsfähigen Beiträge unabhängig davon, ob und in welcher Höhe sich die Beiträge steuermindernd ausgewirkt haben. Als Beitragsrückerstattungen gelten ebenfalls Prämienzahlungen nach § 53 SGB V bei Wahltarifen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte Ende 2016 – nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Behandlung der Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten – Stellung genommen (BMF-Schreiben vom 6.12.2016, IV C 3 - S 2221/12/10008; BFH-Urteil vom 1.6.2016, X R 17/15). Danach gilt:

  • Werden von der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen eines Bonusprogramms zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens (nach § 65a SGB V) Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten und damit von den Versicherten vorab privat finanziert worden sind, handelt es sich bei dieser Kostenerstattung um eine Leistung der Krankenkasse und nicht um eine Beitragsrückerstattung. Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind daher nicht um den Betrag der Kostenerstattung zu mindern.
  • Eine solche Leistung der Krankenkasse liegt nur in den Fällen vor, bei denen nach den konkreten Bonusmodellbestimmungen durch den Versicherten vorab Kosten für zusätzliche Gesundheitsmaßnahmen aufgewendet werden müssen, die anschließend aufgrund eines Kostennachweises erstattet werden.
  • Nicht davon umfasst sind dagegen Programme, die lediglich die Durchführung bestimmter Gesundheitsmaßnahmen oder ein bestimmtes Handeln der Versicherten als Voraussetzung für eine Bonusleistung vorsehen, selbst wenn diese Maßnahmen mit Aufwand beim Versicherten verbunden sind. Leistungen aufgrund derartiger Bonusprogramme sind entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung weiterhin als Beitragsrückerstattungen zu qualifizieren (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087, Tz. 72).

Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung

AKTUELL stellt sich die Frage, wie die Finanzverwaltung von den Bonuszahlungen erfährt und wie diese gewürdigt werden: Mindern diese die Sonderausgaben oder sind sie „sonderausgabenneutral“? Anders ausgedrückt: Müssen Steuerzahler jeweils selbst überprüfen, ob die Daten richtig an die Finanzverwaltung übermittelt worden sind? Um es vorweg zu nehmen: Ja, jeder Steuerzahler sollte die Daten überprüfen.

Nun aber zu den Einzelheiten. Die Finanzämter in Nordrhein-Westfalen – und vermutlich auch in anderen Bundesländern – äußern sich zur Datenübermittlung der Krankenversicherungen an die Finanzverwaltung wie folgt:

2. Veranlagungszeiträume 2010 bis 2016

In den bisher übermittelten elektronischen Daten der Kranken- und Pflegeversicherung erfolgte keine Unterscheidung zwischen den einzelnen Arten von Beitragsrückerstattungen. Demzufolge werden auch die "sonderausgabenneutralen" Bonuszahlungen als erstattete Beiträge übermittelt. Daher sollen die Krankenversicherungen in den von ihnen ermittelten einschlägigen Fällen neue Papierbescheinigungen für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2016 mit entsprechenden Hinweisen für die Betroffenen ausstellen, anstatt die unzutreffend übermittelten Datensätze elektronisch zu korrigieren. In der neuen Papierbescheinigung soll die bisher übermittelte Höhe der Erstattung und die neu anzusetzende Höhe der – unter Berücksichtigung des BFH-Urteils – zutreffenden Beitragsrückerstattung ausgewiesen werden. Die bisher üblichen von den Krankenkassen jährlich für das Kalenderjahr ausgestellten Bescheinigungen reichen für eine Änderung nicht aus.

STEUERRAT: Sofern dem Finanzamt eine neue – nun korrekte ­– Papierbescheinigung vorgelegt wird, kann die Steuerfestsetzung wie folgt geändert werden: Es erfolgt eine Korrektur nach § 165 AO, soweit die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AO vorläufig ergangen und der Vorläufigkeitsvermerk noch wirksam ist. Eine Korrektur nach § 10 Abs. 2a S. 8 EStG ist zudem in allen bestandskräftigen Fällen zulässig, soweit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

STEUERRAT: Die Finanzverwaltung wird nicht von sich aus tätig. Daher sind Änderungsanträge zu stellen. Dabei reicht allein der Hinweis auf die neue Rechtsprechung nicht aus. Die Finanzverwaltung vertraut zunächst weiter auf die Datensätze der Krankenkassen. Eine Änderung kann und wird erst dann erfolgen, wenn tatsächlich eine Papierbescheinigung der Krankenkasse vorgelegt wird, aus der die Korrektur der elektronisch übermittelten Beitragsrückerstattungen konkret hervorgeht.

Die Finanzverwaltung wird Ihnen das „Leben nicht leichtmachen.“ Als betroffener Steuer- und Beitragszahler werden Sie möglicherweise in etwa wie folgt angeschrieben werden:

„Sie machen geltend, dass die Bonuszahlung der Krankenkasse nicht als eine Beitragsrückerstattung zu werten sei, die ihren Sonderausgabenabzug mindert.

Für eine sonderausgabenneutrale Behandlung ist es erforderlich, dass es sich bei der Bonuszahlung um eine Kostenerstattung für Gesundheitsmaßnahmen handelt, deren Kosten Sie zunächst selbst getragen haben. Eine sonderausgabenneutrale Bonuszahlung der Krankenkasse im genannte Sinne liegt also nur in den Fällen vor, bei denen nach den konkreten Bonusmodellbestimmungen durch den Versicherten vorab Kosten für zusätzliche Gesundheitsmaßnahmen aufgewendet werden müssen, die anschließend aufgrund eines Kostennachweises erstattet werden. Nicht davon umfasst sind dagegen Programme, die lediglich die Durchführung bestimmter Gesundheitsmaßnahmen oder ein bestimmtes Handeln der Versicherten als Voraussetzung für eine Bonusleistung vorsehen, selbst wenn diese Maßnahmen mit Aufwand beim Versicherten verbunden sind (z.B. Bonuszahlung für Fitnessstudio; Sportabzeichen wird aufgrund eines Stempels im Bonusheft gezahlt anstatt Vorlage einer Rechnung; Bonuszahlung aufgrund "normalen" BMI).

Der bisherige Ansatz der Bonuszahlung beruht auf den elektronisch übermittelten Daten der Krankenkasse. Die Steuerfestsetzung kann erst dann geändert werden, wenn Sie eine Papierbescheinigung Ihrer Krankenkasse vorlegen, aus der eine Korrektur der elektronisch übermittelten Beitragsrückerstattungen hervorgeht.

Bitte prüfen Sie, ob die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wir bitten um Rücknahme Ihres Änderungsantrages,

  • wenn Sie bereits selbst zu dem Schluss kommen, dass eine Gesundheitsmaßnahme im geforderten Sinne nicht gefördert wurde, der bisherige Ansatz somit zutreffend ist und deshalb vermutlich auch keine Papierbescheinigung ausgestellt wird;
  • wenn Ihnen wegen der geringen steuerlichen Auswirkung der Aufwand, sich um die geforderte Papierbescheinigung zu kümmern, unverhältnismäßig erscheint."

3. Veranlagungszeitraum 2017

Ab dem Veranlagungszeitraum 2017 sollten von den Krankenkassen Beitragsrückerstattungen zutreffend digital gemeldet werden. Dem Vernehmen nach können aber nicht alle gesetzlichen Krankenkassen Datensätze unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung melden. Daher gelten die obigen Ausführungen entsprechend, das heißt, es werden Papierbescheinigungen benötigt.

STEUERRAT: Letztlich bedeutet dies, dass Steuerzahler bzw. Versicherte doch prüfen müssen, ob die Daten ordnungsgemäß an die Finanzverwaltung übermittelt worden sind. Im Zweifel sollten die Papierbescheinigungen angefordert und der Steuererklärung beigefügt werden. Nutzen Sie gegebenenfalls das neue Freifeld im Mantelbogen zur Steuererklärung 2017, um auf die Bonuszahlung hinzuweisen.

 Weitere Informationen:

4. Einzelfragen zu den Bonuszahlungen

Nachfolgend soll auf zwei Einzelfragen eingegangen werden, die im Zusammenhang mit den Bonuszahlungen stehen.

a. Welche Versicherungsgesellschaften sind überhaupt betroffen?

Eine abschließende Aufzählung ist natürlich kaum möglich. Zum Beispiel folgende Versicherungen leisten aber – soweit ersichtlich – keine "sonderausgabenneutralen" Bonuszahlungen an ihre Versicherten, so dass hier auch keine Bescheidänderungen bzw. weitere Prüfungen erforderlich sind:

  • AOK PLUS,
  • IKK classic,
  • Knappschaft-Bahn-See. 

b. Ist die enge Auffassung der Finanzverwaltung zutreffend?

Die Finanzverwaltung legt das BFH-Urteil – aus ihrer Sicht verständlicherweise – eng aus. So sollen zum Beispiel Bonuszahlungen für den Besuch von Fitnessstudios nicht sonderausgabenneutral sein. Doch ist diese Auffassung zutreffend? Wohl nicht!

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof folgendes - positives - Urteil gefällt: Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird (BFH-Urteil vom 6.5.2020, X R 16/18).

  • Der Fall: Der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte von seiner Krankenkasse für "gesundheitsbewusstes Verhalten“ Boni von insgesamt 230 EUR erhalten, u.a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts. Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten, noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten.
  • Der BFH nimmt in seiner Entscheidung, mit der er seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Bonuszahlungen gemäß § 65a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Urteil vom 1.6.2016, X R 17/15, BStBl II 2016, 989) weiterentwickelt, eine differenzierte Betrachtung vor. Danach  mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen. Voraussetzung ist  allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Steuerpflichtigen Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen. Nimmt der Steuerpflichtige dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z.B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen  Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (bspw. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.

c. Wie sieht es mit den Bonusleistungen der privaten Krankenversicherung aus?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung "zur Förderung kostenbewussten Verhaltens" als Beitragserstattung zu werten sind und deshalb die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern, wenn die Boni unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht (BFH-Urteil vom 16.12.2020, X R 31/19).

  • Der Fall: Eine private Krankenversicherung gewährt für jede versicherte Person für jeden versicherten Monat einen Bonus von 30 EUR, maximal 360 EUR pro Jahr. Werden Rechnungen zur Erstattung eingereicht, wird der gesamte jährliche Bonus von 360 EUR auf den Erstattungsbetrag angerechnet. Diese Vereinbarung ist vergleichbar mit einem "Selbstbehalt". Und für einen vertraglich vereinbarten "Selbstbehalt" hat der BFH geklärt, dass die hieraus entstehenden Aufwendungen nicht als "Beiträge zu Krankenversicherungen" im Rahmen der Sonderausgaben absetzbar sind (BFH-Urteil vom 6.6.2018, X R 41/17).
  • Nach Auffassung des BFH stellen die Boni in diesem Fall keine von den Versicherungsbeiträgen unabhängigen Leistungen der Krankenversicherung dar. Sie minderten vielmehr laufend die Beitragszahlungen. Die als Bonus bezeichneten monatlichen Zahlungen von 30 EUR je versicherter Person werden unabhängig davon erbracht, ob dem Versicherten erstattungsfähiger Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht.
  • Die Bonuszahlungen sind nicht vergleichbar mit solchen Boni, die von gesetzlichen Krankenkassen nach Maßgabe von § 65a SGB V gezahlt werden können. Während es dort darum geht, Anreize für ein gesundheitsbewusstes Verhalten der Versicherten zu schaffen, zielt die vorliegende Bonusregelung darauf ab, die Versicherten zu einem kostenbewussten bzw. sogar -vermeidenden Verhalten zu bewegen. Denn dem Versicherungsnehmer bleiben die Boni in dem Umfang wirtschaftlich erhalten, in dem seine grundsätzlich erstattungsfähigen Gesundheitsaufwendungen jährlich unter 360 EUR liegen. Die Vereinbarung schafft somit einen Anreiz, der - vergleichbar einer "klassischen" Beitragserstattung - bewirken soll, dass die Versicherung vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen muss, weil der Versicherungsnehmer entweder keinen versicherten Schaden erlitten hat oder einen hieraus resultierenden Aufwand nicht geltend macht. Der Versicherungsnehmer erhält den Bonus, weil er die Versicherung bis zu einem Beitrag von 360 EUR nicht in Anspruch nimmt, d.h. in diesem Umfang das wirtschaftliche Risiko für Gesundheitsaufwendungen selbst trägt.

5. Neue Vereinfachungsregelung

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium erneut zur Abgrenzung von Bonuszahlungen und Beitragsrückerstattungen Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 16.12.2021, BStBl 2022 I S. 155). Danach gilt unter anderem:

  • Beitragsrückerstattungen, die den Sonderausgabenabzug mindern, sind auch Prämienzahlungen nach § 53 SGB V. Das sind zum Beispiel Prämien für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Wird der Vorteil in Form von Bonuspunkten gewährt, sind diese in Euro umzurechnen und als Beitragsrückerstattung zu melden. Boni für familienversicherte Bonusprogrammteilnehmer sind dem Stammversicherten zuzurechnen.
  • Eine Beitragsrückerstattung liegt zudem vor, wenn sich ein Bonus der gesetzlichen Krankenkasse auf eine Maßnahme bezieht, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst ist (insbesondere gesundheitliche Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen, z.B. zur Früherkennung bestimmter Krankheiten) oder für aufwandsunabhängiges Verhalten (z.B. Nichtraucherstatus, gesundes Körpergewicht) gezahlt wird.
  • Werden von der gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms nach § 65a SGB V Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet bzw. bonifiziert, die nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind (z.B. Osteopathie-Behandlung) bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z.B. Mitgliedschaft in einem Sportverein oder einem Fitnessstudio) und von den Versicherten privat finanziert werden bzw. worden sind, handelt es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind daher nicht um den Betrag der Kostenerstattung bzw. des darauf entfallenden Bonus zu mindern. Eine pauschale Bonusleistung muss die tatsächlich entstandenen bzw. entstehenden Kosten nicht exakt abdecken.

STEUERRAT: Aus Vereinfachungsgründen darf davon ausgegangen werden, dass Bonuszahlungen, die auf der Grundlage von § 65a SGB V geleistet werden, bis zur Höhe von 150 EUR pro versicherte Person den Sonderausgabenabzug nicht mindern. Übersteigen die Bonuszahlungen diesen Betrag, liegt in Höhe des übersteigenden Betrags eine Beitragsrückerstattung vor, die den Sonderausgabenabzug verringert. Dem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, bei Bonuszahlungen von mehr als 150 EUR den Nachweis zu erbringen, dass keine Beitragsrückerstattung vorliegt. Das heißt, er muss darlegen, dass die Bonuszahlungen nach § 65a SGB V zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens geleistet wurden. Diese Regelung gilt in allen offenen Fällen und für bis zum 31. Dezember 2023 geleistete Zahlungen.

STEUERRAT: Eigentlich sind die gesetzlichen Krankenversicherungen gehalten, ihrerseits zu prüfen, ob eine sonderausgabenneutrale oder -mindernde Zahlung gewährt wurde. Dies müssen sie der Finanzverwaltung auf elektronischem Wege mitteilen und die entsprechenden Daten werden dann automatisch in die jeweilige Steuerveranlagung übernommen. Die Erfahrung zeigt aber, dass die programmgesteuerten Meldungen nicht immer korrekt sind. Und die aktuelle Nichtbeanstandungsgrenze von 150 EUR dürfte in enorm vielen Fällen nicht beachtet worden sein. Prüfen Sie daher, ob in Ihrem Steuerbescheid die richtigen Werte angesetzt worden sind.

4. Wann Steuerbescheide geändert werden

Die gesetzlichen Krankenkassen bieten ihren Kunden oftmals Bonusprogramme für gesundheitsbewusstes Verhalten an und zahlen dann dafür Geldprämien. Bei bestimmten Bonuszahlungen handelt es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Und deshalb werden auch die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht gemindert (BFH-Urteil vom 1.6.2016, X R 17/15; BFH-Urteil vom 6.5.2020, X R 16/18). Allerdings gibt es natürlich weiterhin Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, die als "echte" Beitragsrückerstattungen zu werten sind und deshalb den Sonderausgabenabzug mindern.

Ende 2021 hatte das Bundesfinanzministerium zur Abgrenzung von Bonuszahlungen und Beitragsrückerstattungen Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 16.12.2021, BStBl 2022 I S. 155; vgl. oben). Danach gilt unter anderem: Werden von der gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms nach § 65a SGB V Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet bzw. bonifiziert, die nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind (z.B. Osteopathie-Behandlung) bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z.B. Mitgliedschaft in einem Sportverein oder einem Fitnessstudio) und von den Versicherten privat finanziert werden bzw. worden sind, handelt es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind daher nicht um den Betrag der Kostenerstattung bzw. des darauf entfallenden Bonus zu mindern. Eine pauschale Bonusleistung muss die tatsächlich entstandenen bzw. entstehenden Kosten nicht exakt abdecken.

STEUERRAT: Aus Vereinfachungsgründen darf davon ausgegangen werden, dass Bonuszahlungen, die auf der Grundlage von § 65a SGB V geleistet werden, bis zur Höhe von 150 EUR pro versicherte Person den Sonderausgabenabzug nicht mindern.

STEUERRAT: Eigentlich sind die gesetzlichen Krankenversicherungen gehalten, ihrerseits zu prüfen, ob eine sonderausgabenneutrale oder -mindernde Zahlung gewährt wurde. Dies müssen sie der Finanzverwaltung auf elektronischem Wege mitteilen und die entsprechenden Daten werden dann automatisch in die jeweilige Steuerveranlagung übernommen. Doch das ist nicht immer geschehen!

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium in einem umfassenden Schreiben dargelegt, wann und wie in Altfällen vor 2022 Steuerbescheide zugunsten der Steuerzahler zu ändern sind, wenn die Bonusleistungen der gesetzlichen Krankenkassen die Sonderausgaben zu Unrecht gemindert haben (BMF-Schreiben vom 7.10.2022, IV A 3 - S 0338/19/10006 :009 IV C 3 - S 2221/21/10002 :011). Danach gilt unter anderem:

Veranlagungszeitraum 2021

Soweit bereits Einkommensteuerbescheide für den Veranlagungszeitraum 2021 ergangen sind, bedarf es keines ausdrücklichen Änderungsantrags des Steuerzahlers. Vielmehr werden die gesetzlichen Krankenkassen von sich aus die bisher vorgenommenen Meldungen überprüfen und erforderlichenfalls eine elektronische Korrekturmeldung an die Finanzverwaltung übermitteln. Die betroffenen Steuerfestsetzungen werden dann durch das Finanzamt geändert. Grundlage für die Änderung ist § 175b Abs. 1 AO.

Veranlagungszeiträume vor 2021

Für die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2020 wird aus Verhältnismäßigkeitsgründen auf eine Übermittlung korrigierter elektronischer Datensätze durch die gesetzlichen Krankenkassen verzichtet. Möchten Steuerzahler eine Änderung des Sonderausgabenabzugs zu ihren Gunsten erreichen, so müssen sie eine Papierbescheinigung ihrer Krankenkasse anfordern und beim Finanzamt einreichen. Sie müssen also aktiv werden! Aus der jahresbezogenen Papierbescheinigung sollte dabei mindestens Folgendes hervorgehen:

  • Name und Anschrift des/der Versicherten,
  • Information, ob eine Familienversicherung vorliegt und - falls ja - die Anzahl der familienversicherten Personen mit übermittelten Beitragsrückerstattungen (BRE),
  • Höhe der elektronisch gemeldeten erstatteten Beiträge (BRE) im Beitragsjahr,
  • Höher aller erfolgten Erstattungen im jeweiligen Beitragsjahr für die Personen, für die bereits im ursprünglichen Datensatz BRE übermittelt wurden,
  • Höhe aller Erstattungen nach § 65a SGB V der/des Versicherten und ggf. auch des/der Familienversicherten, für die bereits im ursprünglichen Datensatz BRE übermittelt wurden.

Selbst wenn die Papierbescheinigung vorgelegt wird, kommt eine Änderung aber nur in Betracht, wenn die Steuerfestsetzungen in dem betreffenden Punkt noch änderbar sind. Und hier wird es leider sehr, sehr kompliziert.

  • Grundsätzlich wird eine Änderung - trotz vorgelegter Papierbescheinigung der Krankenkasse - nur vorgenommen, wenn der Bescheid in dem betreffenden Punkt vorläufig ergangen ist, Einspruch eingelegt wurde oder er insgesamt noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht und keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
  • Ausnahmsweise kann eine Änderung aber - trotz Bestandskraft der Steuerbescheide - nach 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. erfolgen, wenn die Bescheinigung vorgelegt wird. Das betrifft aber - aufgrund einer Gesetzesänderung - nur die Bescheide bis 2016 und nicht die Bescheide 2017 bis 2020. Zudem darf noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sein.
  • Fazit: Bei der Vorlage von Papierbescheinigungen der gesetzlichen Krankenkasse kann zwar eventuell eine Änderung von alten Steuerbescheiden erreicht werden, für die Jahre 2017 bis 2020 aber nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die Steuerbescheide insoweit vorläufig sind, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen oder per Einspruch angefochten wurden. Wie erwähnt: Es ist extrem kompliziert. Und es bedarf einer Eigeninitiative des Steuerpflichtigen, der zunächst die jeweilige Bescheinigung beantragen und dann einen Änderungsantrag bei seinem Finanzamt stellen muss.

STEUERRAT: Das oben Gesagte gilt nur für Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Ende 2020 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung "zur Förderung kostenbewussten Verhaltens" als Beitragserstattung zu werten sind und deshalb die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern (BFH-Urteil vom 16.12.2020, X R 31/19). 

 

Muster für einen Antrag auf Änderung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ausweislich der beigefügten Bescheinigung meiner gesetzlichen Krankenkasse habe ich im Jahr …. eine Bonuszahlung erhalten, die dem Finanzamt zunächst als Beitragsrückerstattung gemeldet wurde und die den Sonderausgabenabzug entsprechend gemindert hat. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Zahlung für gesundheitsbewusstes Verhalten, die den Sonderausgabenabzug nicht hätte mindern dürfen (vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2021, BStBl 2022 I S. 155).

Ich beantrage nun eine Änderung des Einkommensteuerbescheides des Jahres ….. vom …… gemäß den Regelungen des BMF-Schreibens vom 7.10.2022 (IV A 3 - S 0338/19/10006 :009 IV C 3 - S 2221/21/10002 :011).

Bis 2016: Es ist eine Änderung nach 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. vorzunehmen.

2017 bis 2020:  Es ist eine Änderung nach § 164 AO (Vorbehalt der Nachprüfung) oder § 165 AO (Vorläufigkeit) vorzunehmen.

Hinweis: Bei dem Muster handelt es sich nur um einen Vorschlag, der individuelle Besonderheiten natürlich nicht berücksichtigen kann. Im Einzelfall ist er - gegebenenfalls unter Hinzuziehung einer Steuerfachfrau oder eines Steuerfachmanns - entsprechend anzupassen. Und selbstverständlich kann der Erfolg des Antrages nicht garantiert werden. Es ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass eine Änderung für alte Jahre gegebenenfalls an einer bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung scheitern kann.

Weitere Informationen: