Schenkungsteuerliche Fragen stehen gerade zwar nicht ganz oben auf der Tagesordnung der meisten Steuerberater und ihrer Mandanten. Dennoch möchte ich darauf aufmerksam machen, dass sich durch die Corona-Krise ein enormes Problem im Bereich der Schenkungsteuer auftut. Wer gerade seinen Betrieb auf Sohn oder Tochter übertragen hat oder eine Übertragung plant, will wohl in aller Regel die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG in Anspruch nehmen oder hat diese bereits beansprucht, also eine volle oder teilweise Steuerbefreiung der Übertragung des betrieblichen Vermögens. Allerdings müssen zur Erhaltung der Steuerbegünstigung bestimmte Lohnsummen innerhalb einer bestimmten Frist beachtet werden (Lohnsummenregelung oder Lohnsummenklausel, §§ 13a Abs. 3 bzw. 13a Abs. 10 ErbStG). Wird die Lohnsumme nicht erreicht, drohen hohe Nachforderungen des Finanzamts hinsichtlich der Schenkungsteuer. Betroffene stehen aktuell vor der Frage, inwieweit sie von der Lohnsummenregelung der §§ 13a Abs. 3 bzw. 13a Abs. 10 ErbStG Gebrauch machen sollen oder mit dieser nun umgehen müssen. Denn viele Betriebe müssen Mitarbeiter freisetzen und werden, so prophezeie ich, damit die erforderlichen Lohnsummen nicht erreichen. Wer sein Unternehmen bereits vor Jahren übertragen hat, könnte die Lohnsumme vielleicht sogar ausgerechnet im letzten Jahr der Frist doch noch unterschreiten.

Neben den wirtschaftlichen Folgen können sich damit ungeahnte steuerliche Verwerfungen ergeben, die - wenn nicht bereits die Corona-Krise dem Unternehmen genügend zusetzt - ihrerseits zu einer existenziellen Krise führen können. Von daher sollten aktuelle Erbfolgegestaltungen - sofern möglich und sinnvoll - zurückgehalten werden, bis BMF oder Gesetzgeber zu Fragen der Lohnsummenklausel Stellung nehmen. Bei bereits durchgeführten Gestaltungen besteht wohl nur das "Prinzip Hoffnung", dass eventuell "unverschuldet" entstehende Steuernachforderungen erlassen werden. Jedenfalls sollten steuerliche Berater, die insoweit betroffene Mandanten betreuen, frühzeitig das Gespräch mit dem Finanzamt suchen.

Bezüglich der Frage des Einbezugs von Kurzarbeitergeld in die Lohnsummenregelung siehe: AEErbSt 2017 Abschnitt 13a.5 (Zu § 13a ErbStG).

AKTUELL wollen Bund und Länder mit einer befristeten Kulanzregelung verhindern, dass in Corona-Krisenfällen nachträglich Erbschaftsteuer fällig wird - und ohnehin taumelnde Unternehmen zusätzlich belastet werden. Die Finanzämter können auf die Nacherhebung der Erbschaftsteuer verzichten, wenn die Lohnsumme unterschritten wird. Von der erforderlichen Kausalität zwischen Pandemie und dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme kann demnach ausgegangen werden, wenn

  • von Anfang März 2020 bis Ende Juni dieses Jahres die rechnerisch erforderliche Lohnsumme unterschritten wurde,
  • Kurzarbeitergeld an den Betrieb gezahlt wurde und
  • der Betrieb einer Branche angehört, die von einer verordneten Schließung unmittelbar betroffen war.

Von der Regelung können alle Bundesländer Gebrauch machen, sie gilt zunächst nur für die Zeit zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. Juni 2022 (Koordinierter Ländererlass vom 30.12.2021, BStBl 2022 I S. 156).

Für das kumulative Vorliegen der vorgenannten Kriterien dürfen keine anderen Gründe für die Unterschreitung der Mindestlohnsumme (z.B. betriebsbedingte Kündigungen) und für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes an den Betrieb vorliegen. Liegen die drei Umstände nicht kumulativ vor, ist im Einzelfall zu prüfen, ob dennoch von der erforderlichen Kausalität ausgegangen werden kann. Mitunter könne es z.B. genügen, wenn nur der erste und dritte Umstand vorlägen, da einzelne Arbeitsverhältnisse pandemiebedingt schon vor der Zahlung von Kurzarbeitergeld an den Betrieb beendet worden seien (etwa in der Gastronomie). Auch mittelbare Auswirkungen einer verordneten Schließung könnten für die Annahme der erforderlichen Kausalität genügen, wenn es Folgewirkungen gebe. Als Beispiele werden die Textilreinigung von Hotel- und Gastronomiewäsche, Beförderungsunternehmen und Brauereien genannt.

Eine abweichende Festsetzung oder ein Erlass der Erbschaftsteuer kommt nach der aktuellen Vereinbarung regelmäßig nicht in Betracht, wenn schon vor dem Pandemiezeitraum die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme nicht erreicht wurde. In diesem Fall sei das Unterschreiten der Mindestlohnsumme nicht ausschließlich auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen.

HINWEIS: Bayern fordert, dass auch andere coronabedingte Folgewirkungen auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wie das Problem der Nachversteuerung bei coronabedingter Insolvenz, im Sinne der Unternehmen gelöst werden können. Aktuell müsste ein Unternehmenserbe im Fall einer Insolvenz innerhalb der genannten Fristen auch bei coronabedingter Insolvenz Erbschaftsteuer nachzahlen.

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