
Arbeitnehmer, die die Energiepreispauschale nicht über den Arbeitgeber erhalten haben, obwohl sie anspruchsberechtigt sind, können die Auszahlung des Betrages von 300 EUR mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 beantragen. Dafür müssen sie die "Anlage Sonstiges" zur Steuererklärung ausfüllen oder aber im Hauptvordruck zur Steuererklärung in Zeile 45 eine "1" eintragen und ein gesondertes Schreiben beifügen, mit dem die Festsetzung und Auszahlung der Energiepreispauschale unter Verweis auf § 115 EStG beantragt wird. Anspruch auf die Energiepreispauschale haben auch Arbeitnehmer, die nur einen einzigen Tag im Jahr in einem Anstellungsverhältnis standen.
Grundsätzlich bleibt Arbeitnehmern die Energiepreispauschale aber nicht zu 100 Prozent erhalten, denn sie müssen sie als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuern. Der Vorteil von 300 EUR mindert sich also um die Einkommensteuer entsprechend des individuellen Steuersatzes. Eine Ausnahme gilt lediglich bei pauschal besteuertem Arbeitslohn, also bei Arbeitnehmern, die die Pauschale aufgrund eines Minijobs erhalten haben (§ 119 EstG)
AKTUELL weisen einige Steuerberaterverbände und Anbieter von Steuer-Software darauf hin, dass in dem oben genannten Fall - Arbeitslosigkeit am 1. September 2022, Auszahlung erst mit der Steuerveranlagung - eine Besteuerung de facto zumeist unterbleiben muss. Der Grund liegt in dem so genannten Härteausgleich des § 46 Abs. 3 und 5 EStG (vgl. z.B. Steuerberaterverband Niedersachsen - Sachsen Anhalt). Danach gilt:
- Einkommensteuerpflichtige Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden ist, sind vom Einkommen wieder abzuziehen, wenn diese Einkünfte insgesamt nicht mehr als 410 EUR betragen.
- Das heißt: Eigentlich soll der Härteausgleich dafür sorgen, dass bei Arbeitnehmern, die eine Steuererklärung abgeben müssen, geringe Nebeneinkünfte unbesteuert bleiben. An den Fall der "nicht ausgezahlten Energiepreispauschale" hat der Gesetzgeber nicht gedacht. Nach den Buchstaben des Gesetzes muss der Härteausgleich aber auch hinsichtlich der Energiepreispauschale zu gewähren sein, wenn sie nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt und lohnversteuert wurde - zugegebenermaßen ein seltsames und vom Fiskus auch sicherlich nicht gewolltes Ergebnis. Aber sei es drum - die Betroffenen werden sich freuen.
Wichtig ist natürlich, dass die Nebeneinkünfte inklusive der Energiepreispauschale in 2022 tatsächlich nicht mehr als 410 EUR betragen haben. Die Grenze von 410 EUR wird bei zusammenveranlagten Ehegatten nicht verdoppelt. Wird die Grenze überschritten, entfällt der Härteausgleich aber nicht ganz, sondern wird nach und nach abgeschmolzen. Bei Nebeneinkünften von 820 EUR ist aber Schluss mit dem Härteausgleich.
STEUERRAT: Die Finanzverwaltung hält sich in Sachen "Härteausgleich für die Energiepreispauschale" bislang bedeckt. Es kann also durchaus sein, dass sie ihn nicht automatisiert gewährt. Besser ausgedrückt ist es sehr wahrscheinlich, dass sie ihn nicht gewährt, weil ihr eigenes Steuerprogramm das nicht vorsieht. Beantragen Sie den Härteausgleich daher gesondert mit der Abgabe der Steuererklärung. Der anschließende Steuerbescheid sollte später genau geprüft und gegebenenfalls mittels Einspruch angefochten werden. Hoffentlich nimmt das Bundesfinanzministerium zu der Thematik alsbald Stellung.
Weitere Informationen:
- Der Härteausgleich für Nebeneinkünfte
- Energiepreispauschale: Bei Streit mit Arbeitgeber ist das Finanzgericht zuständig
- Energiepreispauschale: Keine Rückzahlung wegen Steuerfreiheit der PV-Anlage
- Energiepreispauschale: Ist die Besteuerung überhaupt zulässig?
- Energiepreispauschale: Ist sie pfändbar oder unpfändbar?