Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Kindergartenbetreuung: Finanzverwaltung prüft Arbeitgeberzuschüsse streng 
  • Behinderten-Pauschbetrag: Hälftige Aufteilung bei Einzelveranlagung
  • Ehrenamt: Steuererklärung auf Vordrucken weiterhin möglich
  • Kauf einer ETW: Instandhaltungsrücklage erhöht Grunderwerbsteuer

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief: 

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Mai 2018

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

nun ist es amtlich: Die bisherigen Einheitswerte für die Bemessung der Grundsteuer, die zuletzt auf den 1. Januar 1935 bzw. auf den 1. Januar 1964 festgestellt worden sind, sind verfassungswidrig, und zwar bereits seit dem 1. Januar 2002. So hat das Bundesverfassungsgericht am 10. April 2018 entschieden (1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12). Das Urteil bedeutet, dass die Grundsteuer bereits seit mehr als 16 Jahren auf einer verfassungswidrigen Bemessungsgrundlage beruht.

Es ist gut, dass die Verfassungshüter dem Gesetzgeber aufgeben, bis Ende 2019 eine Neuregelung zu finden, die spätestens ab dem 1. Januar 2025 anzuwenden ist. Eine längere Übergangsfrist hätte das Rechtsempfinden der Steuerbürger empfindlich gestört. Der Wermutstropfen ist indes, dass die Entscheidung keine Auswirkungen auf bereits ergangene Grundlagenbescheide zur Grundsteuer hat. Wer also gehofft hat, dass er rückwirkend von der Entscheidung profitieren könne, wird enttäuscht sein.

Das Urteil ist zwar keine Überraschung; die Begründung hat es aber in sich. So heißt es unter anderem: "Die Wertverzerrungen bei der Einheitsbewertung treten flächendeckend, zahlreich und auch in ihrem jeweiligen individuellen Ausmaß vielfach erheblich auf." Das gewichtige Ziel der Verwaltungsvereinfachung erweise sich als nicht hinreichend tragfähig, um das Hinausschieben einer neuen Hauptfeststellung um Jahrzehnte zu rechtfertigen.

Besonders aufhorchen lässt die Passage in Tz. 153 der Entscheidung: Danach hat die Bundesregierung bereits im Jahre 1987 in einer Stellungnahme ausgeführt, sie sei sich bewusst, "dass die gegenwärtig noch geltenden Einheitswerte des Grundbesitzes durch zeitnahe Werte ersetzt werden müssten, und bereite deshalb eine neue Bewertung des Grundbesitzes vor." Angesichts dieser Aussage muss die Frage erlaubt sein, warum die jeweiligen Regierungen das Thema dann trotzdem ausgesessen haben.

Wie geht es nun weiter? Aufgrund der kurzen Übergangszeit wird die Finanzverwaltung mit Sicherheit keine aufwendige Einzelbewertung der rund 35 Millionen Grundstückseinheiten in Deutschland vornehmen können, zumal sie mit der Bewertung von Immobilien für Erbschaftsteuerzwecke ohnehin schon ausgelastet ist.

Es gibt daher gewichtige Stimmen, die darauf drängen, dass sich die neuen Einheitswerte lediglich an der Grundstücksgröße und der Größe der darauf befindlichen Bauten orientieren sollten (so genanntes wertunabhängiges Modell). Hohe Grundstückswerte oder eine besonders aufwändige Bauweise blieben dabei unberücksichtigt. Ein Haus auf Sylt oder am Tegernsee wäre mithin - für Grundsteuerzwecke - genauso wertvoll wie eine Immobilie in Regionen, die der Strukturwandel mächtig durchrüttelt. Verlierer wären dabei übrigens Immobilienbesitzer in ländlichen Regionen, die häufig große Grundstücke besitzen. Ein 3.000 Quadratmeter großes Grundstück in Brandenburg wäre plötzlich - auf dem Einheitswertbescheid - mehr wert als ein 300 Quadratmeter großes Grundstück in erster Meereslinie auf Norderney.

Ein anderes Modell sieht die durchschnittlichen Herstellungskosten in Kombination mit dem Bodenrichtwert, also den Marktwert des Grund und Bodens, als maßgebende Größe an (gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell). Der Verkehrswert spielt hier zwar für das Grundstück, nicht aber für das Gebäude eine tragende Rolle. Eigentumswohnungen am Berliner Ku´damm wären danach nicht viel höher zu bewerten als in der Innenstadt von Gelsenkirchen.

Auf den Gesetzgeber - und mehr noch auf die Finanzverwaltung - wartet jedenfalls viel Arbeit, zumal es mit der Feststellung der Einheitswerte nicht getan sein wird. Sobald die ersten Bescheide versandt werden, wird es eine Flut von Einsprüchen und Klagen derjenigen Bürger geben, die sich als Verlierer des neuen Rechts sehen. Es wird spannend.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich 

 

1. Kindergartenbetreuung:
Finanzverwaltung prüft Arbeitgeberzuschüsse streng

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern, unterstützen viele Arbeitgeber ihre Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung finanziell oder personell, indem sie ihnen Zuschüsse gewähren oder betriebliche Kindergärten zur Verfügung stellen. So können die Mitarbeiter nach der Elternzeit wieder schneller an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Zusätzliche Arbeitgeberleistungen zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern des Arbeitnehmers in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen sind steuerfrei (§ 3 Nr. 33 EstG). Dazu gehören auch Leistungen für Unterkunft und Verpflegung.

Voraussetzung ist aber, dass die Leistungen auch wirklich zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Die zweckbestimmte Leistung muss also zu dem Arbeitslohn hinzukommen, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet. Wird eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch dessen Umwandlung gewährt, liegt keine zusätzliche Leistung vor. Die Finanzverwaltung prüft die Voraussetzung sehr streng.

Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin hat arbeitsrechtlich einen Anspruch auf einen Arbeitslohn von 2.000 EUR monatlich. Im Februar vereinbart sie mit ihrem Arbeitgeber, dass ab März der Arbeitslohn auf 1.900 EUR herabgesetzt und dafür ein Kindergartenzuschuss von 100 EUR gezahlt wird. Der ab März gezahlte Kindergartenzuschuss ist nicht steuerfrei, da er durch Umwandlung des arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohns und damit nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Es liegt eine "schädliche" Gehaltsumwandlung vor.

Eine zusätzliche Leistung liegt aber dann vor, wenn sie unter Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung, zum Beispiel freiwillig geleistetes Weihnachtsgeld, erbracht wird. Unschädlich ist es, wenn der Arbeitgeber verschiedene zweckgebundene Leistungen zur Auswahl anbietet oder die übrigen Arbeitnehmer die freiwillige Sonderzahlung erhalten.

In der Praxis sind gerade im Zusammenhang mit Kindergartenbeiträgen oftmals vertragliche Formulierungen anzutreffen, die eine Art "Rückfallklausel" vorsehen.

Beispiel:
Der Arbeitslohn eines Arbeitnehmers wird um 75 EUR erhöht und sofort in eine steuerfreie Zulage nach § 3 Nr. 33 EStG umgewandelt. Sobald das Kind eingeschult wird, soll der Zuschlag wieder entfallen und in eine tarifliche Erhöhung umgewandelt werden. Hier ist - unabhängig von arbeitsrechtlichen Erwägungen - höchste Vorsicht angebracht. Die Finanzverwaltung wird das Zusätzlichkeitserfordernis als nicht erfüllt ansehen.

Unerheblich ist es übrigens, welcher Elternteil die Aufwendungen für die Kinderbetreuung trägt. Das heißt, auch wenn der nicht beim Arbeitgeber beschäftigte Elternteil die Aufwendungen für die Kinderbetreuung trägt, kann der Arbeitgeber an "seinen" Arbeitnehmer lohnsteuerfreie Zuschüsse zahlen.

Beispiel:
Die Eltern eines nicht schulpflichtigen Kindes sind nicht miteinander verheiratet. Das Kind geht in den Kindergarten. Die Kosten dafür zahlt die Mutter. Der Arbeitgeber des Kindesvaters erstattet die nachgewiesenen Kosten für den Kindergarten. Die Erstattung des Arbeitgebers ist sowohl steuer- als auch sozialversicherungsfrei. Obwohl die Mutter des Kindes nicht beim Arbeitgeber beschäftigt ist, darf eine steuerfreie Zahlung erfolgen.

STEUERRAT: Leistungen für die Vermittlung einer Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeit durch Dritte sind nicht steuerfrei. Zuwendungen des Arbeitgebers an einen Kindergarten oder eine vergleichbare Einrichtung, durch die er für die Kinder seiner Arbeitnehmer ein Belegungsrecht ohne Bewerbungsverfahren und Wartezeit erwirbt, sind den Arbeitnehmern aber nicht als geldwerter Vorteil zuzurechnen.

Weitere Informationen: Arbeitgeberleistungen für Kinderbetreuung und Kindergarten

 

2. Arbeitswohnung:
Vorsicht bei Miteigentum beider Ehegatten

Ehegatten, die eine Immobilie gemeinsam kaufen oder errichten und auch je hälftig finanzieren, sollten steuerlich achtsam sein, wenn anschließend einer der beiden Partner Räumlichkeiten in dem Haus beruflich nutzt. Besonders gilt dies, wenn nicht nur ein häusliches Arbeitszimmer, sondern eine komplette Wohnung oder für sich abgeschlossene Räumlichkeiten genutzt werden. Denn wer nicht rechtzeitig gestaltet, läuft Gefahr, dass er die Absetzungen für Abnutzung (AfA) und die Schuldzinsen nur zu 50 % steuerlich abziehen kann. Begründet wird dies damit, dass der nutzende Ehegatte die Aufwendungen nur hälftig getragen hat. Die andere Hälfte hat der Partner gezahlt, so dass ein so genannter Drittaufwand vorliegt, der steuerlich nicht zu berücksichtigen ist. Da hilft es auch nicht, dass die Zahlungen vom gemeinsam Konto erfolgen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) wie folgt entschieden: Nutzt ein Miteigentümer allein eine Wohnung zu beruflichen Zwecken, kann er AfA und Schuldzinsen nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil als Werbungskosten geltend machen, wenn die Darlehen zum Erwerb der Wohnung gemeinsam aufgenommen wurden und Zins und Tilgung von einem gemeinsamen Konto beglichen werden (Urteil vom 6.12.2017, VI R 41/15).

  • Der Fall: Die zusammen veranlagten Eheleute sind beide als Arbeitnehmer tätig. In 2007 bezogen sie eine Eigentumswohnung. Im selben Haus, jedoch auf einer anderen Etage, erwarben sie eine weitere Wohnung zu je 50 %, die von der Ehefrau ausschließlich beruflich genutzt wurde. Die Darlehen zum Erwerb dieser Wohnung nahmen die Eheleute gemeinsam auf; die Zinsen und die Tilgung sowie die laufenden Kosten beglichen sie von einem gemeinsamen Konto. Die Ehefrau wollte die gesamten Aufwendungen für die Arbeitswohnung als Werbungskosten abziehen. Das Finanzamt hingegen berücksichtigte nur die so genannten nutzungsorientierten Aufwendungen (Energiekosten, Wasser) in voller Höhe. Die grundstücksorientierten Aufwendungen (insbesondere AfA und Schuldzinsen) erkannte das Finanzamt lediglich in Höhe von 50 % entsprechend dem Miteigentumsanteil der Ehefrau an. Die Klage der Eheleute blieb ohne Erfolg.
  • Der BFH befasst sich in seinem Urteil zunächst mit der Unterscheidung zwischen einem häuslichen Arbeitszimmer und einer außerhäuslichen Arbeitswohnung, wie sie hier vorlag. Dann führt er Folgendes aus:
  • Fall 1 (Arbeitswohnung, Alleineigentum eines Ehegatten): Bezahlen Eheleute Aufwendungen "aus einem Topf", also aus Guthaben, zu denen beide Eheleute beigetragen haben, oder aus Darlehensmitteln, die zu Lasten beider Eheleute aufgenommen wurden, sind gemeinschaftlich getragene Aufwendungen für eine Immobilie, die einem Ehegatten gehört und die dieser zur Erzielung von Einnahmen nutzt, beim Eigentümerehegatten in vollem Umfang Werbungskosten (sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden sind).
  • Fall 2 (Arbeitswohnung, lediglich Miteigentum): Erwerben Eheleute eine Eigentumswohnung zu Miteigentum, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen die Anschaffungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen hat, und zwar unabhängig davon, wie viel er tatsächlich aus eigenen Mitteln dazu beigetragen hat. Sind die finanziellen Beiträge der Eheleute unterschiedlich hoch, dann hat der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr als der andere beigesteuert hat, das Mehr seinem Ehegatten mit der Folge zugewandt, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungskosten selbst getragen. Folge: Die gemeinsam getragenen laufenden Aufwendungen für eine solche Wohnung, können, soweit sie grundstücksorientiert sind (z.B. Schuldzinsen auf den Anschaffungskredit, Grundsteuern, allgemeine Reparaturkosten, Versicherungsprämien und ähnliche Kosten), nur entsprechend den Miteigentumsanteilen als Werbungskosten abgezogen werden.
  • Fall 3 (Arbeitszimmer in der gemeinsamen Wohnung): Etwas anderes gilt dann, wenn ein Ehegatte sich an den Anschaffungskosten für das Miteigentum des anderen Ehegatten beteiligt, um die Wohnung teilweise zu beruflichen Zwecken nutzen zu können. Davon kann dann auszugehen sein, wenn nur ein Ehegatte Einkünfte erzielt oder jedenfalls erheblich höhere als der Ehepartner und er sich deshalb mit einem deutlich höheren Beitrag an den Anschaffungskosten beteiligt als der andere. In diesem Fall ist dieser Beitrag, soweit er die anteiligen Anschaffungskosten des beruflich oder betrieblich genutzten Raums deckt, von dem nutzenden Ehepartner als in seinem beruflichen Interesse aufgewendet anzusehen mit der Folge, dass er für die Zeit der Nutzung zum Abzug der AfA als Werbungskosten berechtigt ist. Danach können Miteigentümer, die innerhalb der Wohnung jeweils einen Raum allein zur Einkünfteerzielung nutzen, die AfA für die gesamten auf dieses Zimmer entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen.

STEUERRAT: Die Rechtslage zum so genannten Drittaufwand ist zugegebenermaßen äußerst kompliziert. Sofern irgend möglich, sollten daher klare Regelungen geschaffen werden. Das heißt: Es ist von Vorteil, wenn nur einer der beiden Ehegatten Eigentümer der beruflichen oder betrieblichen Räumlichkeiten ist und auch die entsprechenden Aufwendungen trägt. Unproblematisch ist der Fall, wenn der Eigentümer auch gleichzeitig der Nutzende ist. Im umgekehrten Fall, wenn zum Beispiel der Ehemann Eigentümer ist, während die Ehefrau die Räumlichkeiten beruflich oder betrieblich nutzt, sollte ein Mietvertrag zu fremdüblichen Konditionen abgeschlossen werden. Ist das Alleineigentum eines Ehegatten nicht möglich, sollte dennoch ein Mietvertrag abgeschlossen werden, und zwar über den Miteigentumsanteil. Im Urteilsfall hätte also der Ehemann seinen Anteil an die Ehefrau vermieten sollen. Die Ehefrau hätte die Miete als Werbungskosten abziehen können. Der Ehemann hätte dann zwar entsprechende Mieteinkünfte versteuern müssen, allerdings hätte er die grundstücksbezogenen Aufwendungen gegenrechnen können.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Geht es lediglich um ein häusliches Arbeitszimmer im Familienheim, ist der BFH weniger streng. Hier wird unterstellt, dass der Ehegatte, der das Arbeitszimmer nutzt, auch Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen. Demnach kann die AfA in voller Höhe geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 23.8.1999, GrS 5/97, BStBl 1999 II S. S. 774).

Besonders schwierig wird die Rechtslage übrigens im betrieblichen Bereich, wenn Räumlichkeiten als Anlagevermögen bilanziert werden müssen oder es um den Abzug der gezahlten Umsatzsteuer als Vorsteuer geht. Hier gilt die Empfehlung, für klare Rechtsverhältnisse zu sorgen (alleiniges Eigentum oder Abschluss eines Mietvertrages), umso mehr. Und vor allem: Achten Sie darauf, dass die Rechnungen richtig adressiert sind. Ist ein Ehegatte alleiniger Eigentümer, müssen die Rechnungen auch auf ihn lauten und nicht auf "Herrn und Frau."

 

3. Betriebsveranstaltung:
Unfallversicherungsschutz bei betrieblichem Grillabend

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Arbeitnehmern bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie sind versichert über die gesetzliche Unfallversicherung und werden durch die Berufsgenossenschaften medizinisch, beruflich und sozial rehabilitiert. Dies gilt auch, wenn der Unfall sich während des Betriebssports oder einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ereignet (§ 8 SGB VII).

AKTUELL hat das Sozialgericht Dortmund entschieden, dass ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall vorliegt, wenn eine Arbeitnehmerin während eines Grillabends innerhalb einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alkoholisiert auf dem Weg zur Toilette stürzt (SG Dortmund vom 1.2.2018, S 18 U 211/15).

  • Der Fall: Eine Arbeitnehmerin nimmt an einem Workshop ihres Arbeitgebers zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Abteilungen in einem sauerländischen Hotel teil. Während eines Grillabends mit offenem Ende und freiem Essen und Trinken knickte die Mitarbeiterin auf dem Weg zur Toilette alkoholisiert gegen Mitternacht um und zog sich einen Bruch des linken Sprunggelenks zu. Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall BGHM in Dortmund lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab, weil sich die Mitarbeiterin zum Unfallzeitpunkt nicht bei einer versicherten Tätigkeit befunden habe.
  • Das Sozialgericht ist jedoch anderer Ansicht: Nach Vernehmung mehrerer Zeugen kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass das Umknicken der Mitarbeiterin mit Bruch des linken Sprunggelenks ein Arbeitsunfall gewesen ist. Die Mitarbeiterin habe sich zum Unfallzeitpunkt auf einem versicherten Weg zur Toilette im Rahmen einer Betriebsgemeinschaftsveranstaltung befunden. Der Grillabend sei von den Vorgesetzten nicht beendet worden, auch wenn zum Unfallzeitpunkt keine Anwesenheitspflicht mehr gegolten habe. Die Alkoholisierung der Mitarbeiterin habe dem Ziel der Veranstaltung nicht entgegengestanden, denn sie sei noch zu einer angemessenen Teilnahme an dem geselligen Beisammensein in der Lage gewesen.

Grundsätzlich sind Wege, die Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit zum Aufsuchen der Toilettenräume zurücklegen, in der gesetzlichen Unfallversicherung mitumfasst. Dabei kommt es darauf an, dass die Verrichtung des Arbeitnehmers vor dem Losgehen zur Toilette der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und er nach dem Toilettenbesuch die versicherte Tätigkeit fortsetzen wollte (BSG-Urteil vom 30.3.2017, B 2 U 15/15 R). Für Beamte gilt ein Unfall auf der Toilette als Dienstunfall (BVerwG-Urteil vom 17.11.2016, 2 C 17.16). Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte einen Dienstunfall erkannt, wenn eine Lehrerin beim Besuch eines Volksfestes, der offizieller Programmpunkt einer Klassenfahrt ist, im Bierzelt von der Festzeltbank stürzt (VG Stuttgart vom 31.1.2014, 1 K 173/13). Das Sozialgericht Aachen hat kürzlich entschieden, dass der Sturz eines Arbeitnehmers während eines auf einer Dienstreise durchgeführten betrieblichen Bowling-Turniers einen Arbeitsunfall darstellen kann (SG Aachen vom 6.10.2017, S 6 U 135/16). Das Sozialgericht Heilbronn hat allerdings Ende 2017 entschieden, dass zwar der Weg zur Toilette versichert ist, nicht aber ein Sturz während des Aufenthalts in einer betrieblichen Toilettenanlage (Urteil vom 27.12.2017, S 13 U 1826/17).

STEUERRAT: Soweit krankheitsbedingte Kosten aufgrund eines Arbeits- oder Dienstunfalls nicht erstattet werden, können diese als Werbungskosten abgesetzt werden. Bei den Werbungskosten wird - anders als bei außergewöhnlichen Belastungen - keine zumutbare Belastung angerechnet. So fallen niedrige Krankheitskosten nicht - wie bei außergewöhnlichen Belastungen - "unter den Tisch". Und falls die Aufwendungen höher als die Einnahmen sein sollten, führen sie zu negativen Einkünften, die im Wege des Verlustabzugs in das Vorjahr zurück- oder in das Folgejahr vorgetragen werden können.

Weitere Informationen: Krankheitskosten aus beruflichem Grund.

 

4. Tierhaltung:
Aufwendungen für einen 'Schulhund' keine Werbungskosten

Tiere werden aus Liebhaberei, aus Tierliebe, zur Unterhaltung und zum Vergnügen gehalten. Deshalb ist die Tierhaltung grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzurechnen, sodass die Kosten für Anschaffung und Unterhalt steuerlich leider nicht absetzbar sind. Wenn allerdings für die Tierhaltung so gut wie ausschließlich berufliche Gründe vorliegen und private Motive ausscheiden, können die Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sein, so beispielsweise der Diensthund eines Polizei- oder Zollbeamten, der Wachhund eines Wachmanns, der Jagdhund eines Forstbediensteten, das Reitpferd eines Reitlehrers (z.B. BFH-Urteil vom 30.6.2010, BStBl. 2011 II S. 45).

AKTUELL hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Lehrerin Aufwendungen für ihren Hund, den sie drei Mal pro Woche in die Schule mitnimmt und dort als "Schulhund" einsetzt, nicht als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen kann (FG Rheinland-Pfalz vom 12.3.2018, 5 K 2345/15).

  • Der Fall: Eine Lehrerin macht Aufwendungen für ihren Hund (Hundezubehör 122 EUR, Hundegeschirr 40 EUR, Hundespielzeug 41 EUR, Hundesteuer 30 EUR, Tierhalterhaftpflicht 74 EUR und pauschale Futterkosten 600 Euro) zu 50 % als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend mit der Begründung, ihr Hund habe die Funktion eines "Schulhundes". Sie legte ein "Pädagogisches Konzept" und eine Bescheinigung der Schule über den regelmäßigen Einsatz des Hundes sowie Informationen der Schulaufsichtsbehörde zum Projekt "Hundegestützte Pädagogik in Rheinland-Pfalz" vor. Das Finanzamt erkannte die Kosten dennoch nicht an, weil der Hund kein Arbeitsmittel sei und nicht unwesentlich privat genutzt werde.
  • Nach Auffassung der Finanzrichter handelt es sich bei dem "Schulhund" nicht um ein Arbeitsmittel der Lehrerin, weil das Tier nicht (nahezu) ausschließlich und unmittelbar der Erledigung der dienstlichen Aufgaben der Lehrerin dient und überwiegend privat Verwendung findet. Nach den vorgelegten Unterlagen werde der Hund zwar im Rahmen des Projekts "Schulhund" regelmäßig im Unterricht eingesetzt. Die Schulverwaltung sehe ihn allerdings nicht als Gegenstand, der mit staatlichen Mitteln zu finanzieren und z.B. wie ein Sportgerät im Schulsport oder eine ähnliche fachspezifische Ausstattung für den Unterricht vorgesehen sei. Der Hund könne auch nicht mit dem Diensthund eines Polizisten verglichen werden. Ein solcher Diensthund stehe im Eigentum des Dienstherrn, der für den Unterhalt aufkomme und die Privatnutzung untersage. Ein "Schulhund" könne den Unterricht durchaus bereichern, die Lehrtätigkeit sei hingegen nicht vom Einsatz eines solchen Tieres abhängig. Eine Trennung zwischen privater und beruflicher Veranlassung sei nicht möglich, sodass die Kosten für das Tier insgesamt nicht abgezogen werden könnten.

Weitere Informationen: Kosten der Tierhaltung.

 

II. Privater Bereich

 

1. Pflege-Pauschbetrag:
Aufwandsentschädigung des Betreuers schädlich?

Betreuen Sie eine pflegebedürftige Person, zu der Sie eine enge persönliche Beziehung haben, in Ihrer Wohnung oder in deren Wohnung, entstehen Ihnen neben dem aufopferungsvollen Dienst vielerlei Belastungen, die oftmals schwer oder gar nicht zu belegen sind. Für die steuerliche Entlastung können Sie den Pflege-Pauschbetrag in Höhe von 924 EUR in Anspruch nehmen. Der Pflege-Pauschbetrag wird nicht um eine zumutbare Belastung gekürzt und auch nicht gemindert, wenn die Pflege nicht während des ganzen Jahres erfolgt. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie für die Pflege keine Einnahmen erhalten (§ 33b Abs. 6 EStG).

  • Zu den schädlichen Einnahmen zählt u.a. das Pflegegeld von der gesetzlichen Pflegeversicherung, wenn es als Vergütung für die Betreuung oder als Ersatz für eigene Aufwendungen der Pflegeperson zu werten ist (BFH-Urteil vom 21.3.2002, III R 42/00).
  • Ist die pflegebedürftige Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln, bestellt das Amtsgericht einen rechtlichen Betreuer (gemäß § 1896 BGB), der die Tätigkeit oftmals ehrenamtlich ausübt. Dafür erhält er eine jährliche Aufwandspauschale in Höhe von 399 EUR (seit 1.8.2013). Sofern der Betreuer trotz Heimunterbringung bestimmte persönliche Dienst- und Hilfsleistungen erbringt, wie Fahrten mit dem Pflegebedürftigen, Arztbesuche, Bewegungsübungen am Bett und im Rollstuhl, Vorlesen, Ankleiden bei Ausgängen usw., ist die Frage, ob auch er den Pflege-Pauschbetrag beanspruchen kann und ob die minimale Aufwandspauschale dafür schädlich ist.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass ein rechtlicher Betreuer gemäß § 1896 BGB den Pflege-Pauschbetrag nicht beanspruchen kann, wenn er für seine ehrenamtliche Betreuertätigkeit die Aufwandspauschale von 399 EUR im Jahr erhält. Diese Vergütung stellt - trotz der geringen Höhe - eine schädliche Einnahme gemäß § 33b Abs. 6 EStG dar (FG Düsseldorf vom 13.11.2017, 15 K 3228/16 E, Revision VI R 52/17).

  • Nach Auffassung der Richter ist die Gewährung des Pflege-Pauschbetrages durch jegliche Art von Einnahmen der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Pflege ausgeschlossen. Das gelte unabhängig von deren Höhe, denn das gesetzliche Einleitungswort "wenn" begründe ein absolutes Abzugsverbot. Diese Einschränkung sei hinnehmbar, weil tatsächlich verbleibende Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abgesetzt werden könnten.
  • Darüber hinaus kann der Pflege-Pauschbetrag nicht gewährt werden, weil die Tätigkeit des Betreuers nicht eine Mindestpflegedauer erreicht. Im Allgemeinen ist eine Pflege in nicht nur untergeordnetem Umfang, d.h. mit mindestens 10 Prozent des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes, erforderlich. Der Betreuer beziffert seine Pflege auf 2,5 Stunden wöchentlich. Das ist bezogen auf einen Gesamtaufwand von 24,73 Stunden zzgl. 2,5 Stunden ein Anteil von nur 9,18 Prozent (statt der notwendigen 10 Prozent!). So kleinlich können Richter sein!

STEUERRAT: Gegen dieses Urteil ist die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig (Aktenzeichen: VI R 52/17). Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob die Aufwandentschädigung nach § 1835 BGB zu den schädlichen "Einnahmen" gemäß § 33b Abs. 6 EStG gehört. Gleiches gilt für die Frage der Mindestpflegedauer mit der 10%-Grenze.

Weitere Informationen: Pflegebedürftigkeit: Pflege eines Angehörigen zu Hause.

 

2. Vorsorge:
Keine Minderung der Beitragserstattungen um eigene Aufwendungen

Personen mit privater Krankenversicherung erhalten von ihrer Versicherungsgesellschaft einen Teil der Beiträge erstattet, wenn sie Leistungen nicht in Anspruch genommen haben. Eine solche Beitragsrückerstattung mindert die abzugsfähigen Versicherungsbeiträge im Erstattungsjahr und darüber hinaus im Zahlungsjahr. Um die Beitragsrückerstattung zu retten, zahlen die Versicherten oftmals Arztrechnungen bis zu einer bestimmten Höhe aus eigener Tasche und verzichten damit auf eine Kostenübernahme durch die Versicherung. Die Frage ist, ob solche selbst getragenen Aufwendungen die anrechenbare Beitragserstattung vermindern und so den Sonderausgabenabzug vergrößern.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei privat Krankenversicherten selbst getragene Krankheitskosten nicht die Beitragsrückerstattungen mindern und so den steuerlichen Sonderausgabenabzug erhöhen. Denn selbst getragene Krankheitskosten sind nicht wie Beiträge zu einer Krankenversicherung, sondern allenfalls als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art absetzbar (BFH-Urteil vom 29.11.2017, X R 3/16).

Der Fall: Der Kläger ist privat krankenversichert. Um die Rückerstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu erlangen, darf der Versicherte keine Rechnungen beim Versicherer einreichen. Somit müssten die Beitragsrückerstattungen um die selbst übernommenen Aufwendungen gekürzt werden. Dieser Auffassung widersprach das Finanzamt und minderte die abziehbaren Versicherungsbeiträge um die ungekürzten Beitragsrückerstattungen. Die Krankheitskosten, die zu der Beitragsrückerstattung in 2013 geführt hätten, seien gemäß § 11 Abs. 2 EStG bereits 2012 abgeflossen. Diese Kosten seien im Jahr der Zahlung als außergewöhnliche Belastungen, nicht aber im Streitjahr als Minderung der Beitragsrückerstattung beim Sonderausgabenabzug und somit letztlich als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Zudem können nur Ausgaben zu Krankenversicherungen gehören, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden. Selbst getragene Krankheitskosten seien dagegen keine Gegenleistung für die Erlangung von Krankenversicherungsschutz.

HINWEIS: Die geltende Regelung kann dazu führen, dass die Inanspruchnahme einer Beitragsrückerstattung, die zunächst wirtschaftlich vorteilhaft erscheint, unter Einbeziehung der steuerlichen Konsequenzen wirtschaftlich nachteilig sein kann. Dies ist z.B. der Fall, wenn Sie Krankheitskosten in Höhe von 400 EUR selbst tragen, um eine Beitragsrückerstattung von 500 EUR zu erhalten. In diesem Fall sind die Krankheitskosten von 400 EUR nicht als Sonderausgaben absetzbar, während die Beitragsrückerstattung zu einer Kürzung der abzugsfähigen Versicherungsbeiträge führt. Der Ersparnis bei der Krankenversicherung von 100 EUR steht damit möglicherweise eine höhere steuerliche Mehrbelastung gegenüber.

STEUERRAT: Die Beitragserstattung vermindert also den Steuervorteil. Falls nun aufgrund der Beitragserstattung die abzugsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge die Grenze von 1.900 EUR bzw. bei privat Krankenversicherten 2.800 EUR unterschreiten, ergibt sich ein Spielraum zum Abzug anderer Versicherungsbeiträge.

Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

 

3. Rürup-Rente:
Wann die BU-Rente keine ergänzende Absicherung mehr ist

Bei einer Basis-Rentenversicherung (sog. Rürup-Rente) sind die erworbenen Versorgungsansprüche nicht vererblich, nicht kapitalisierbar, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht beleihbar. Die Beiträge sind in hohem Maße als Sonderausgaben absetzbar (2018: mit 86 %), dafür sind die späteren Rentenzahlungen mit dem hohen Besteuerungsanteil zu versteuern (2018: mit 76 %).

  • Eine Rürup-Rentenversicherungkann durch Zusatzversicherungen ergänzt werden, und zwar zur Berufsunfähigkeit oder verminderten Erwerbsfähigkeit sowie zur Hinterbliebenenversorgung. Die Beiträge sind dann insgesamt als "Altersvorsorgeaufwendungen" im Rahmen der Sonderausgaben abziehbar, sofern die Zusatzabsicherungen weniger als 50 % der Beiträge verzehren. Das heißt, mehr als 50 % der Beiträge müssen auf die eigene Altersvorsorge des Versicherungsnehmers entfallen.
  • Die ergänzenden Absicherungen müssen in einem einheitlichen Vertrag mit der Altersvorsorge geregelt sein. Grundsätzlich muss für die Zusatzabsicherung ebenfalls die Zahlung einer Rente vorgesehen sein. Doch hier kann die Laufzeit zeitlich befristet sein wegen Wegfalls der Versorgungsbedürftigkeit, z.B. bei Ende der Erwerbsminderung oder Erreichen der Altersgrenze für den Bezug der Altersrente aus dem entsprechenden Vertrag (BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl. 2014 I S. 70, Tz. 26). Was aber gilt, wenn die Berufsunfähigkeitsrente endet, bevor die Altersrente beginnt?

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass bei einem kombinierten Basis-Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag keine ergänzende Absicherung der Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn zwischen der Auszahlung der beiden Rentenbestandteile eine zeitliche Zäsur besteht. Dies hat zur Folge, dass die Berufsunfähigkeitsrente nicht mit dem hohen Besteuerungsanteil, sondern lediglich mit dem geringeren Ertragsanteil zu versteuern ist (FG Münster vom 30.1.2018, 5 K 3324/16 E),

  • Der Fall: Der Kläger bezieht aus einer privaten kombinierten Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung seit dem 1.9.2009 eine Berufsunfähigkeitsrente, die 2029 endet. Den Vertrag über diese Versicherung hatte er zusammen mit einer privaten lebenslangen Altersrente abgeschlossen, die ab dem 1.9.2034 auszuzahlen ist. Von den monatlichen Beiträgen entfallen mehr als die Hälfte auf die Altersrente. Das Finanzamt unterwarf die BU-Rentenzahlung für 2014 mit einem Besteuerungsanteil von 58 % der Einkommensteuer. Der Kläger begehrte demgegenüber eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil in Höhe von lediglich 21 % - und bekam vor dem Finanzgericht Recht.
  • Nach Auffassung der Richter kommt die Versteuerung einer Rente mit dem höheren Besteuerungsanteil nur dann in Betracht, wenn die entsprechenden Versicherungsbeiträge zum Sonderausgabenabzug berechtigt haben. Dies ist bei einer kombinierten Versicherung über eine lebenslange Altersrente nur dann der Fall, wenn diese lediglich eine "ergänzende Absicherung" der Berufsunfähigkeit vorsieht. Dies ist gegeben, wenn mehr als die Hälfte der Versicherungsbeiträge auf die Altersversorgung entfallen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
  • ABER: Gegen die "ergänzende Absicherung" spricht hier, dass die BU-Rente nach dem Vertrag bereits am 1.9.2029 endet, während die Altersrente erst am 1.9.2034 beginnt - also die zeitliche Zäsur! Die Befristung der BU-Rente wäre nur dann unschädlich, wenn die Altersrente unmittelbar anschließen würde. Zwar ergebe sich - so die Richter - die Schädlichkeit des Ablaufs der BU-Rente vor Beginn der Altersrente nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 b) aa) EStG), doch im Wege der Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei eine "ergänzende" Absicherung nur dann anzunehmen, wenn die Zahlungen aus der BU-Rente erst mit Beginn der Altersrente enden. Erforderlich sei also eine zeitlich lückenlose Absicherung, d.h. dass die Zahlungen der BU-Rente erst mit Beginn der Altersrente enden.
  • FOLGE: Wegen der zeitlichen Zäsur ist hier die BU-Rente nicht als "ergänzende Absicherung", sondern als "selbstständige BU-Versicherung" anzusehen. Folglich sind die Beiträge im Rahmen der Sonderausgaben als "andere Versicherungsbeiträge" lediglich bis zum Vorsorgehöchstbetrag abziehbar (meist mit KV-Beiträgen ausgeschöpft), und die BU-Rente ist als abgekürzte Leibrente mit dem besonderen Ertragsanteil gemäß § 55 Abs. 2 EStDV von nur 21 % - statt mit 58 % - steuerpflichtig.

Weitere Informationen: Altersvorsorge mit Rürup: Allgemeine Hinweise .

 

III. Kinder

 

1. Behinderten-Pauschbetrag:
Hälftige Aufteilung bei Einzelveranlagung zulässig

Seit 2013 ist die Alternative zur Zusammenveranlagung bei Eheleuten nicht mehr die getrennte Veranlagung, sondern die Einzelveranlagung für Ehegatten (§ 26a EStG). Bei der Einzelveranlagung hat jeder Ehegatte eine eigene Einkommensteuererklärung abzugeben und erhält auch einen gesonderten Steuerbescheid. Es werden also zwei Steuerberechnungen jeweils getrennt für die Ehegatten durchgeführt und die Steuer jeweils nach dem Grundtarif berechnet. Bei jedem Ehegatten werden die üblichen Frei-, Pausch- und Höchstbeträge wie bei Ledigen gewährt. Schöpft jedoch ein Partner seine Freibeträge nicht aus, kann der andere den nicht ausgeschöpften Teil nicht beanspruchen. Jeder Ehegatte schuldet nur die Einkommensteuer, die sich aus seinem Steuerbescheid ergibt.

  • Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG (für Handwerkerleistungen, Haushaltshilfe und haushaltsnahe Dienstleistungen) werden grundsätzlich dem Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Statt wirtschaftlicher Zuordnung können die Ehegatten aber auch beantragen, dass die Aufwendungen ihnen jeweils zur Hälfte zugerechnet werden sollen. Hierzu genügt ein 'übereinstimmender' Antrag (erfolgt im Steuerhauptformular 2017, Zeile 97).Anders als bis 2012 bei der getrennten Veranlagung ist es jetzt nicht mehr möglich, die Zuordnung in einem beliebigen Verhältnis steueroptimal auf beide Ehegatten zu verteilen. Nur für die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG besteht weiterhin die Möglichkeit, die "Höchstbeträge" in einem anderen Verhältnis als je zur Hälfte aufzuteilen (im Steuerhauptformular 2017 in Zeile 76 ff.).
  • Die Finanzverwaltung meint, nach dem Wortlaut des § 26a Abs. 2 EStG könnten bei einer beantragten hälftigen Aufteilung lediglich "Aufwendungen" verteilt werden. Pausch- und Freibeträge nehmen daher an der Verteilung nicht teil, wie die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages oder Hinterbliebenen-Pauschbetrages vom Kind auf die Eltern.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei einer "Einzelveranlagung für Ehegatten" nicht nur Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG hälftig aufgeteilt werden können (gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG), sondern auch der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 EStG dieser Aufteilung unterliegt und von jedem Ehepartner zur Hälfte in Anspruch genommen werden kann. Allerdings kann der Pauschbetrag des Kindes auf gemeinsamen Antrag der Eltern auch in einem anderen Verhältnis als je zur Hälfte aufgeteilt werden (BFH-Urteil vom 20.12.2017, III R 2/17).

  • Die kindbedingten Steuervergünstigungen (Ausbildungsfreibetrag, Schulgeld, Kinderbetreuungskosten, Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages und Hinterbliebenen-Pauschbetrages vom Kind auf die Eltern) können - abweichend von der Möglichkeit der hälftigen Aufteilung - in einem beliebigen Verhältnis auf beide Elternteile aufgeteilt werden. Der jeweils gewünschte Anteil ist in der "Anlage Kind" (in Zeile 53, 63, 66, 73) einzutragen.
  • Bezüglich der Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages vom Kind auf die Eltern gilt seit 2013 eine genau konträre Regelung wie vor 2013: Generell dürfen die außergewöhnlichen Belastungen anstelle der wirtschaftlichen Kostentragung auf Antrag nur zur Hälfte aufgeteilt werden (bisher: beliebig). Hingegen darf der Behinderten-Pauschbetrag des Kindes jetzt in einem beliebigen Verhältnis (bisher: nur zur Hälfte) aufgeteilt werden. Die alte Vorschrift des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG zur Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages wurde gestrichen.

Weitere Informationen: Welche Veranlagung gilt bei der Einkommensteuer?

 

2. Internat:
Unterbringungskosten als Kinderbetreuungskosten absetzbar

Aufwendungen für die Internatsunterbringung eines gesunden Kindes zwecks Schulausbildung sind steuerlich leider nicht absetzbar. Diese Aufwendungen stellen typische Ausbildungskosten dar, die mit dem Kindergeld oder dem Kinder- und BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) abgegolten sind. Nicht abzugsfähig sind die Internatskosten auch dann, wenn die Internatsunterbringung aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen erfolgt, etwa weil das Kind schwer erziehbar oder lernbehindert ist oder die Eltern sich nicht um das Kind kümmern können.

  • Ist jedoch ein Internatsaufenthalt durch eine Krankheit oder Behinderung verursacht, können die Internatskosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein. Wichtig ist, dass die Heilbehandlung im Vordergrund steht und der Schulbesuch nur anlässlich dieser Heilbehandlung gleichsam nebenbei und nachrangig erfolgt. Dann stellen die Internatskosten unmittelbare Krankheitskosten dar, die in vollem Umfang - unter Anrechnung der zumutbaren Belastung - als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG absetzbar sind.
  • Im Jahre 2016 hat Finanzgericht Thüringen eine neue Tür geöffnet: Internatskosten - mit Ausnahme der Verpflegungskosten - seien "Kinderbetreuungskosten" und deshalb zu zwei Drittel, höchstens 4 000 EUR, im Rahmen der Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG absetzbar (FG Thüringen vom 25.10.2016, 2 K 95/15).

AKTUELL zeigt sich erfreulicherweise nun auch der Fiskus dieser neuen Idee aufgeschlossen und weist sogar ausdrücklich auf das steuerzahlerfreundliche Urteil des FG Thüringen hin: "Aufwendungen für die Unterbringung in einem Internat sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG als Kinderbetreuungskosten abziehbar. Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie sportliche und andere Freizeitbetätigungen sind hingegen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen. Ggf. ist eine Aufteilung der Aufwendungen vorzunehmen" (FinMin Schleswig-Holstein vom 21.12.2017, VI 303-S 2221-356, Kurzinfo ESt 25/2017).

Nach Auffassung des FG Thüringen, auf das der Fiskus hinweist, ist der vom Gesetz nicht definierte Begriff der Kinderbetreuung weit zu fassen. Neben der behütenden und beaufsichtigenden Betreuung im Sinne eines Schutzes vor Gefahren, Verletzungen und Schäden umfasst er grundsätzlich auch die Personensorge. Weiter erstreckt er sich auch auf Elemente der Pflege und Erziehung, also die Sorge für das geistige, seelische und körperliche Wohl des Kindes, mithin die pädagogisch sinnvolle Beaufsichtigung. Die Betreuungsangebote können in unterschiedlichen Formen erfolgen: Betreuung außer Haus, in Kindergärten, Tageseinrichtungen, Kinderheimen, Kinderkrippen sowie bei Tagesmüttern, Wochenmüttern und in Ganztagspflegestellen, aber auch durch Kinderpfleger, Erzieher und Hilfen im Haushalt sowie bei der Beaufsichtigung von häuslichen Schulaufgaben. Es sei nicht ersichtlich, wieso die Unterbringung in einem "Kinderheim" begünstigt sein soll, die Unterbringung in einem "Internat" jedoch nicht.

Weitere Informationen:Kinderbetreuungskosten.

 

3. Dienst im Katastrophenschutz:
Keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs

Befindet sich Ihr Kind noch in der Berufsausbildung, erhalten Sie für dieses längstens bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld oder den Kinderfreibetrag. Diese Altersgrenze wird insbesondere dann, wenn das Kind den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, um die Dauer dieses Dienstes hinausgeschoben.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass für ein in Ausbildung befindliches Kind nach Vollendung des 25. Lebensjahres jedoch kein Kindergeldanspruch besteht, wenn es sich für einen mehrjährigen Dienst im Katastrophenschutz verpflichtet hat und deshalb vom Wehrdienst freigestellt wurde (Urteil vom 19.10.2017, III R 8/17).

  • Im Streitfall absolvierte der im November 1987 geborene Sohn des Klägers ein Medizinstudium, das er 2013 kurz vor Vollendung des 26. Lebensjahres abschloss. Bereits im Jahr 2005 wurde er wegen einer mindestens sechs Jahre umfassenden Verpflichtung im Katastrophenschutz (Freiwillige Feuerwehr) vom (früheren) Wehrdienst freigestellt. Die Familienkasse gewährte dem Kläger das Kindergeld nur bis November 2012, da der Sohn in diesem Monat sein 25. Lebensjahr vollendete.
  • In seinem Urteil bestätigte der BFH diese Auffassung. Zwar können volljährige Kinder beim Kindergeldanspruch berücksichtigt werden, solange sie sich in Ausbildung befinden. Das Kindergeldrecht sieht insoweit aber eine Altersgrenze von 25 Jahren vor. Diese Altersgrenze wird zwar in bestimmten Fällen hinausgeschoben. Der Dienst im Katastrophenschutz gehört aber nicht dazu. Die Regelung über die Verlängerung des Kindergeldanspruchs sei nicht entsprechend anzuwenden. Denn der Gesetzgeber habe die Verlängerung des Kindergeldanspruchs bei Diensten wie dem gesetzlichen Grundwehrdienst und dem Zivildienst nur deshalb vorgesehen, weil diese häufig die Beendigung der Berufsausbildung verzögern. Der vom Sohn des Klägers geleistete Dienst im Katastrophenschutz sei dagegen kein Vollzeitdienst und könne typischerweise auch neben der Ausbildung durchgeführt werden. Die Ausbildung werde deshalb durch einen solchen Dienst, ebenso wie bei einem Engagement des Kindes in einem Sportverein oder einer Jugendorganisation, regelmäßig nicht verzögert.

Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf andere neben der Ausbildung geleistete Dienste im Katastrophenschutz, die eine Freistellung von der Wehrpflicht zur Folge hatten (z.B. Sanitätsdienste beim Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfall-Hilfe oder dem Malteser Hilfsdienst, Technische Dienste beim Technischen Hilfswerk).

Weitere Informationen: Wenn Kinder über 25 Jahre noch am Tropf der Eltern hängen

 

4. Studienkosten:
Bescheide gegen die Ablehnung der Verlustfeststellung

Viele - aktuelle und ehemalige - Studenten haben in den vergangenen Jahren Steuererklärungen abgegeben, um die Kosten des Erststudiums als Werbungskosten abziehen zu können. Zeitgleich - oder später - haben sie einen Antrag auf Feststellung eines Verlustes gestellt, damit sich die hohen Werbungskosten gegebenenfalls in den kommenden Jahren auswirken. Denn üblicherweise sind in den Jahren des Studiums nicht genügend Einkünfte vorhanden, um die - vermeintlichen - Werbungskosten gleich verrechnen zu können.

Die Verluste sind bislang nicht anerkannt worden, da die Finanzverwaltung zunächst auf den Ausgang des entsprechenden Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht wartet. Daher sind abschlägige Einkommensteuerbescheide ergangen; gleichzeitig ist oftmals die gesonderte Feststellung von Verlusten bzw. von Verlustvorträgen abgelehnt worden. Nun stellt sich die Frage, welches im Anschluss an diese Verwaltungsakte das richtige Rechtsmittel ist. Um es vorweg zu nehmen: Das Thema ist äußerst kompliziert und so richtig sicher sind sich selbst die Experten nicht.

Eindeutig ist, dass gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch eingelegt werden sollte, wenn er nicht ohnehin in dem Punkt "Kosten für ein Erststudium" vorläufig ergangen ist. Fraglich ist jedoch, ob darüber hinaus zusätzlich gegen die Ablehnung der Verlustfeststellung vorgegangen werden sollte. Vorweg sei gesagt: Ja, auch gegen diesen Bescheid sollte ein Rechtsbehelf eingelegt werden, um den größtmöglichen Rechtsschutz zu erhalten.

Wo liegt das Problem? Es liegt darin, dass der Einkommensteuerbescheid keinen Grundlagenbescheid für einen eventuellen Verlustfeststellungsbescheid darstellt. Das bedeutet: Angenommen, das Bundesverfassungsgericht entscheidet tatsächlich im Sinne der Studenten, so würde der Einkommensteuerbescheid des jeweiligen Studienjahres geändert werden, zum Beispiel 2015. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Verlust im Zusammenhang mit den Studienkosten, der in 2015 mangels anderer Einkünfte ungenutzt bleibt, auch in die Jahre 2016, 2017 usw. vorgetragen werden kann. Dazu braucht es eigentlich eines gesonderten Verlustfeststellungsbescheides. Und der ist ja gerade nicht ergangen. Ob er sozusagen zwingend zu erlassen ist, wenn der Einkommensteuerbescheid (hier: 2015) geändert wird, ist nicht sicher. Zwar halten die Finanzgerichte Köln und Baden-Württemberg einen Erlass des Verlustfeststellungsbescheids für zwingend, aber gegen alle Entscheidungen ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) beantragt worden (Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17.1.2017, 11 K 1669/13; Revision unter IX R 15/17; Urteile des FG Köln vom 18.1.2017, 9 K 267/14, Revision unter X R 9/17 und vom 16.2.2016, 10 K 2574/15; Revision unter I R 25/16).

Obwohl drei Verfahren anhängig sind und niemand weiß, wie der BFH entscheiden wird, scheinen sich Teile der Finanzverwaltung indes sehr sicher zu sein. Steuerberater, Lohnsteuerhilfevereine oder betroffene Steuerzahler werden aufgefordert, ihre Einsprüche gegen die Ablehnung der Erteilung von Verlustfeststellungsbescheiden (bzw. die Anträge auf Erteilung von Verlustfeststellungsbescheiden) zurückzunehmen. Einsprüche gegen die ablehnenden Einkommensteuerbescheide würden ausreichen, denn diese würden später den Erlass von entsprechenden Verlustfeststellungsbescheiden ermöglichen.

STEUERRAT: Im Interesse des größtmöglichen Rechtsschutzes sollten Sie gegen alle Bescheide Rechtsmittel einlegen und Einsprüche nicht zurückziehen, auch wenn Sie dazu von Ihrem Finanzamt aufgefordert werden. Zunächst sollten die BFH-Entscheidungen oder aber die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden.

Weitere Informationen: Erststudium: Studienkosten nur begrenzt als Sonderausgaben absetzbar?

 

IV. Nebentätigkeit

 

1. Übungsleiter:
Verluste aus begünstigter Nebentätigkeit steuerlich absetzbar

Nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer, Pfleger und Künstler sind steuerbegünstigt: Die Vergütungen hierfür bleiben bis zu 2.400 EUR im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei. Der steuerfreie Höchstbetrag ist nicht allzu üppig, doch viele Vereine können selbst diesen Betrag nicht einmal zahlen. So wundert es nicht, dass die Übungsleitertätigkeit nicht nur mit großem Idealismus und Engagement ausgeübt wird, sondern häufig auch mit eigenen Kosten verbunden ist, die die Einnahmen übersteigen. Und dann ist die Frage, ob dieser Verlust aus der Nebentätigkeit wenigstens steuermindernd mit anderen Einkünften verrechnet werden kann.

Die Finanzämter lehnen die Anerkennung von Verlusten aus der Nebentätigkeit ab mit dem Argument, die Ausgaben stünden in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen und seien deshalb nicht abziehbar (gemäß § 3c EStG). Ausgaben werden nur anerkannt, soweit sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen. Dabei müssen sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben den Freibetrag von 2.400 EUR übersteigen (z.B. OFD Frankfurt vom 28.12.2015, S 2245 A-2-St 213).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Verluste aus einer Übungsleitertätigkeit auch dann absetzbar sind, wenn die Einnahmen unterhalb des Freibetrages von 2.400 EURliegen. Voraussetzung für die Berücksichtigung des Verlustes ist jedoch, dass die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird und insofern keine sog. Liebhaberei vorliegt (BFH-Urteil vom 20.12.2017, III R 23/15).

Der Fall: Eine Übungsleiterin erzielt steuerfreie Einnahmen in Höhe von 1.200 EUR und hat Ausgaben in Höhe von 4.000 EUR. Sie macht die Differenz von 2.800 EUR als Verlust aus selbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht erkennen aber nicht diesen Betrag an, sondern lediglich die Ausgaben, die den Freibetrag übersteigen, also 1.600 EUR (4.000 EUR ./. 2.400 EUR). Auch das Bundesfinanzministerium, das sich in dem Verfahren geäußert hat, vertritt diese Auffassung. Doch der BFH ist anderer Ansicht.

STEUERRAT: Entstehen Ihnen im Zusammenhang mit einer begünstigten Nebentätigkeit in einem Jahr Aufwendungen, ohne dass Sie entsprechende Einnahmen erzielen, können Sie diese dennoch gegen Nachweis als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen (BFH-Urteil vom 6.7.2005, BStBl. 2006 II S. 163). Die Finanzverwaltung akzeptiert diese Entscheidung (OFD Frankfurt vom 28.12.2015, S 2245 A-2-St 213).

HINWEIS: Ebenso wie jetzt der BFH hat schon vor Jahren das FG Berlin-Brandenburg bei einem Trainer, der eine Vergütung von 1.500 EUR erhielt und Ausgaben von 3.300 EUR hatte, den Verlust in Höhe von 1.800 EUR anerkannt und mit anderen Einkünften steuermindernd verrechnet (FG Berlin-Brandenburg vom 5.12.2007, 7 K 3121/05 B). Das FG Rheinland-Pfalz hat bei einem Tanzsportübungsleiter, der Einnahmen in Höhe von 1.128 EUR und Ausgaben in Höhe von 2.417 EUR hatte, den Verlust in Höhe von 1.289 EUR anerkannt (FG Rheinland-Pfalz vom 25.5.2011, 2 K 1996/10, rkr.).

Weitere Infos: Nebentätigkeiten: Einzelheiten zu den Steuervergünstigungen.

 

2. Ehrenamt:
Steuererklärung auf Vordrucken weiterhin möglich

Ab dem Steuerjahr 2017 sind alle Steuerbürger, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, grundsätzlich verpflichtet sind, ihre Einkommensteuererklärung und die standardisierte "Anlage EÜR" elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln. Dies gilt nunmehr auch dann, wenn die Betriebseinnahmen geringer als 17.500 EUR sind. Die bisherige Kulanzregelung ist ausgelaufen (BMF-PM vom 30.3.2017).

  • Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte entschieden, dass Steuerbürger mit Gewinneinkünften verpflichtet sind, ihre Einkommensteuererklärung auch dann in elektronischer Form beim Finanzamt einzureichen, wenn sie nur geringfügige Gewinne aus nebenberuflicher Tätigkeit erzielen. Die elektronische Form sei zwingend, wenn der Gewinn mehr als 410 EUR beträgt (FG Rheinland-Pfalz vom 15.7.2015, 1 K 2204/13).
  • Das Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz gibt bekannt, dass bei Selbstständigen die Steuererklärung in Papierform nicht mehr anerkannt wird und dass auch Privathaushalte mit Fotovoltaikanlagen sowie Personen mit gewerblichen Nebeneinkünften von mehr als 410 EUR hiervon betroffen sind, z.B. Nebenerwerbswinzer. Die Finanzämter - zumindest in Rheinland-Pfalz - werden konsequent in Papierform abgegebene Steuererklärungen ablehnen (Mitteilung vom 3.5.2016).
  • Die Frage ist, was für Personen gilt, die ehrenamtlich in gemeinnützigen Vereinen und Organisationen tätig sind und dafür eine Aufwandspauschale erhalten, die den "Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit" zuzuordnen ist? Noch zu Jahresbeginn war zweifelhaft, ob auch solche Ehrenamtler ihre Einkommensteuererklärung elektronisch und authentifiziert an das Finanzamt schicken müssen.

AKTUELL weist der Bund der Steuerzahler darauf hin, dass Arbeitnehmer und Senioren, die nicht zur Abgabe einer elektronischen Steuererklärung verpflichtet sind und für ihre ehrenamtliche Tätigkeit Aufwandsentschädigungen bis zur Höhe der Ehrenamtspauschale von 720 EUR bzw. der Übungsleiterpauschale von 2.400 EUR jährlich erhalten, weiterhin die Papierformulare für die Steuererklärung nutzen dürfen. In der Steuererklärung sind diese Nebeneinkünfte in der "Anlage N" (Zeile 27) oder in der "Anlage S" (Zeile 44-45) anzugeben (BdStz, PM vom 13.4.2018).

Übersteigen die Einnahmen aus dem Ehrenamt die genannten Freibeträge und liegt eine Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung vor, dann muss die "Anlage EUR" ausgefüllt und elektronisch-authentifiziert an das Finanzamt geschickt werden. Dazu ist eine einmalige Registrierung unter www.elster.de erforderlich.

Weitere Informationen:Steuererklärungen für Selbstständige: Ab 2013 nur elektronisch mit Authentifizierung möglich

 

V. Kapitalerträge

 

1. Aktienverluste:
Gegenseitige Veräußerung wertloser Aktien als Gestaltung

Der Abgeltungsteuer unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Auch Verluste aus Aktienverkäufen werden erfasst und dürfen mit Gewinnen aus entsprechenden Veräußerungen verrechnet werden. Fraglich war allerdings lange Zeit, was in den Fällen geschieht, in denen eine Aktie einfach wertlos geworden ist. Die Finanzverwaltung will Verluste aufgrund Forderungsausfalls nicht steuermindernd anerkennen, weil die Wertminderungen der privaten Vermögensebene und nicht der Ertragsebene zuzuordnen seien (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl 2012 I S. 953, Tz. 60). Daher haben Anleger in der Vergangenheit häufig zu einer Strategie gegriffen: Sie haben ihre wertlos gewordenen Aktien zu einem mehr oder weniger symbolischen Preis veräußert, denn Veräußerungsverluste sind nun einmal abziehbar.

AKTUELL hat das Finanzgericht München entschieden, dass auch eine gegenseitige Veräußerung wertloser Anteile zwischen fremden Dritten kein Gestaltungsmissbrauch ist. Dementsprechend können die Verluste verrechnet werden (Urteil vom 17.7.2017, 7 K 1888/16 EFG 2017 S. 1792 Nr. 22).

  • Der Fall: Im Juli 2011 hatte der Kläger Aktien zu einem Preis von 4.661 EUR erworben. Die Aktien verloren in der Folgezeit erheblich an Wert, denn nach Betrugsvorwürfen gegen die Gesellschaft war ihr das Listing entzogen worden. Sie geriet in Konkurs und wurde mit Sammelklagen geschädigter Investoren überzogen. Im Februar 2013 veräußerte der Kläger diese Aktien mit schriftlichem Vertrag zu einem Preis von insgesamt 10 EUR an eine andere Anlegerin, mit der er nicht verwandt oder verschwägert war. Im Gegenzug erwarb er von der Käuferin ebenfalls wertlose Aktien. Kosten hierfür fielen nicht an. Den Veräußerungsverlust wollte der Kläger mit Gewinnen aus anderen Aktienverkäufen verrechnen.
  • Das Finanzamt witterte in der Gestaltung einen Missbrauch, unterlag jedoch vor dem Finanzgericht. Dem Steuerpflichtigen stehe es frei, ob, wann und an wen er seine Gesellschaftsanteile veräußert. Dies gelte unbeschadet des Umstands, dass die Veräußerung zu einem Verlust führt.

STEUERRAT: Der Bundesfinanzhof hatte kürzlich entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden kann (BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15). Mit seinem Urteil hat er sich gegen den Fiskus gewandt. Deshalb müsste ein Aktienverlust auch ohne Verkauf, also die reine Ausbuchung aus dem Depot, steuerlich abziehbar sein.

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Verluste aus Kapitalanlagen verrechnet werden

 

2. XETRA-Goldanleihe:
Gewinn aus der Einlösung generell nicht steuerpflichtig

Bei einer XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibung (WKN A0S9GB) handelt es sich um ein börsenfähiges Wertpapier in Form einer nennwertlosen Anleihe, das einen jederzeitigen Anspruch auf die Lieferung von Gold verbrieft. XETRA-Gold ist jederzeit zu 100 Prozent durch Gold gedeckt. Etwa 95 Prozent werden in physischer Form in den Tresoren der Clearstream eingelagert, der restliche Teil des Goldes wird als Lieferansprüche auf Gold gegen die Umicore AG & Co. KG, Hanau, unterhalten. Die spannende Frage ist, wie die XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibung steuerlich behandelt wird.

Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2015 entschieden, dass der Gewinn aus der Veräußerung oder Einlösung von XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibungen nach Ablauf der Veräußerungsfrist von einem Jahr zwischen Anschaffung und Veräußerung der Wertpapiere nicht steuerbar ist (BFH-Urteile vom 12.5.2015, VIII R 4/15, VIII R 35/14, VIII R 19/14). Da in allen Urteilsfällen die Haltefrist von einem Jahr überschritten war, hat der BFH das Merkmal der "entgeltlichen Veräußerung" erst gar nicht geprüft. Genau dies aber hat der BFH im Jahre 2018 getan - und ist zu einem völlig neuen und überragenden Ergebnis zugunsten der Steuerzahler gekommen. Insofern sind die Urteile aus 2015 jetzt obsolet.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof sensationell entschieden, dass die Einlösung von XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibungen, die dem Inhaber ein Recht auf Auslieferung von Gold gewähren, generell nicht der Einkommensteuer unterliegt. Ein Gewinn ist weder als "Einkünfte aus Kapitalvermögen" gemäß § 20 EStG noch als "Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften" gemäß § 23 EStG steuerpflichtig. Letzteres gilt unabhängig von der Haltedauer bzw. Spekulationsfrist von 12 Monaten (BFH-Urteil vom 6.2.2018, IX R 33/17).

  • Bei der XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibung handelt es sich nicht um eine Kapitalforderung (gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG), da sie auf die Lieferung einer Sache gerichtet ist. Nach den Emissionsbedingungen besteht gegen die Emittentin der Inhaberschuldverschreibung ausschließlich ein Anspruch auf die Lieferung von Gold, der bei der Einlösung physisch erfüllt wird.
  • Der Gewinn aus der Einlösung der XETRA-Gold-Anleihe führt nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen. Zwar gilt als Veräußerung auch die Einlösung (gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG). Diese muss sich jedoch auf eine der in § 20 Abs. 1 EStG beschriebenen Kapitalanlagen beziehen. Jedenfalls fallen XETRA-Gold Inhaberschuldverschreibungen nicht darunter.
  • Die Einlösung der XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibung verbunden mit der Auslieferung des physischen Goldes ist keine Veräußerungund kein privates Veräußerungsgeschäft - gemäß § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Unter "Veräußerung" ist die entgeltliche Übertragung eines angeschafften Wirtschaftsguts zu verstehen. Doch an einem entgeltlichen Vorgang fehlt es, wenn der Gläubiger der XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibung lediglich seinen verbrieften Anspruch auf Lieferung des Goldes einlöst und gegen Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung sein Gold erhält.
  • FAZIT: Die Einlösung der XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibung und die erfolgte Lieferung des physischen Goldes bilden kein entgeltliches Geschäft. Nach den Emissionsbedingungen verbriefen die ohne Endfälligkeitstag vereinbarten XETRA-Gold-Inhaberschuldverschreibungen das Recht, jederzeit die Lieferung einer bestimmten Menge an Gold zu verlangen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung haben der Inhaber und die Emittentin einen Kaufvertrag über die Lieferung einer bestimmten Menge an Gold geschlossen. Der Kauf der Inhaberschuldverschreibung und die bloße Erfüllung des Sachlieferungsanspruchs stellen wirtschaftlich insoweit einen einheitlichen Vorgang dar. Das ausgelieferte Gold befindet sich im Eigentum des Inhabers und wird im Depot einer Bank verwahrt.
  • Da es hier bereits an einem "entgeltlichen Vorgang" fehlt, kommt es nicht auf die Spekulationsfrist von 12 Monaten an, der über die Steuerpflicht eines privaten Veräußerungsgeschäfts entscheidet. Insofern geht das neue BFH-Urteil - zugunsten der Steuerzahler - weit über die o.g. BFH-Urteile aus 2015 hinaus.

STEUERRAT: Wird das ausgelieferte Gold anschließend verkauft, gilt natürlich die Spekulationsfrist von 12 Monaten. ACHTUNG: Diese Spekulationsfrist beginnt allerdings nicht erst mit der Lieferung des Goldes, sondern bereits mit dem Erwerb der Schuldverschreibung. Denn die Jahresfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem das der Anschaffung zugrunde liegende obligatorische Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde (so BMF-Schreiben vom 25.10.2004, BStBl. 2004 I S. 1034, Tz. 1).

Weitere Informationen: Gold und Silber: Was Sie zur Besteuerung des Edelmetalls wissen sollten.

 

3.Jetzt neu im Steuerrat24:
Zinsrechner Tagesgeld, Festgeld, Baugeld

Unter der Rubrik "Steuerservice" haben wir die Kategorie "Finanzen und Kapital" neu aufgenommen. Hier finden Sie unter anderem die Zinsrechner für Tagesgeld, Festgeld und Baugeld der renommierten FMH-Finanzberatung. Bereits seit 1986 erhebt und dokumentiert die FMH-Finanzberatung Zinsinformationen - lange bevor das "world wide web" die Welt eroberte. Deshalb gilt sie als Pionier der Zinsvergleiche. In den FMH-Zinsvergleichen geht es nicht darum, wer für eine Weiterleitung an die Bank Geld bezahlen würde, sondern allein darum, ob der Anbieter eine Listung wünscht und die Qualitätskriterien der FMH-Finanzberatung erfüllt. Schauen Sie doch bei Bedarf auf die Zinsrechner.

 

VI. Eigenheim und Vermietung

 

1. Fotovoltaik:
Installation einer Aufdach-Anlage unterliegt der Bauabzugsteuer

Seit 2002 gibt es bei Bauleistungen eine Steuervorschrift, die kaum jemand kennt und erst recht nicht beachtet: eine Quellensteuer auf Bauleistungen von Bauunternehmen und Handwerkern, die sog. Bauabzugsteuer. Unternehmer, die Bauleistungen an Gebäuden ausführen lassen, müssen in bestimmten Fällen vom Rechnungsbetrag (einschl. Umsatzsteuer) 15 % für Rechnung des Handwerkers einbehalten, an das für ihn zuständige Finanzamt abführen und hierüber eine Steueranmeldung auf amtlichem Formular abgeben. An den Handwerker dürfen folglich nur 85 % des Rechnungsbetrages überwiesen werden. Der Steuerabzug kann vermieden werden, wenn der Handwerker dem Auftraggeber eine Freistellungsbescheinigung seines Finanzamtes vorlegt (§§ 48 ff. EStG). Diese Maßnahme soll Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung von Ausländern verhindern oder zumindest erschweren.

Betroffen von der Bauabzugsteuer sind Auftraggeber, wenn sie Unternehmer gemäß § 2 UStG sind. Und dies trifft auf Betreiber einer Fotovoltaikanlage zu: Der Betreiber gilt aufgrund der Netzeinspeisung als Unternehmer und erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Frage ist, ob die Montage einer Aufdach-Fotovoltaikanlage eine "Bauleistung" ist und ob auch Betreiber einer Fotovoltaikanlage zum Steuerabzug verpflichtet sind.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass die Errichtung von Aufdach-Fotovoltaikanlagen eine Bauleistung darstellt und deshalb der Anlagebetreiber die Bauabzugsteuer vom Rechnungsbetrag einbehalten und an das Finanzamt des Handwerkers abführen muss (FG Düsseldorf vom 10.10.2017, 10 K 1513/14 E, Revision I R 67/17).

  • Nach Auffassung der Richter sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken oder deren bestimmungsgemäßer Nutzung dienen. Nach dem maßgeblichen weiten Begriffsverständnis würden alle Tätigkeiten "am Bau" erfasst. Die Tätigkeiten müssten im Zusammenhang mit einem Bauwerk ausgeführt werden und unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks einwirken.
  • Der Begriff des Bauwerks sei weit auszulegen und umfasse nicht nur Gebäude, sondern auch mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder -teilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen. Dies könnten auch Betriebsvorrichtungen sein. Daher gehörten auch Aufdach-Fotovoltaikanlagen zu den Bauwerken, sodass das Aufstellen einer Fotovoltaikanlage grundsätzlich als bauabzugsteuerpflichtig anzusehen sei.

STEUERRAT: Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts ist die Revision beim BFH anhängig (Az: I R 67/17). Denn bisher ist die Frage, ob die Montage von (Aufdach-)Fotovoltaikanlagen Bauleistungen sind, höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Das sind die Regeln zur Bauabzugsteuer:

  • Der Betreiber einer Fotovoltaikanlage muss vom Rechnungsbetrag des Handwerkers einen Steuerabzug von 15 % des Brutto-Rechnungsbetrages (einschl. USt.) vornehmen, bis zum 10. Tag des Folgemonats an das Finanzamt des Handwerkers abführen und dort eine Steueranmeldung auf amtlichem Formular einreichen.
  • Der Steuerabzug muss nicht vorgenommen werden, wenn der Handwerker dem Auftraggeber eine gültige Freistellungsbescheinigung seines Finanzamtes vorlegt. Diese sollte in Kopie den Rechnungsunterlagen beigefügt und aufbewahrt werden. Außerdem muss der Steuerabzug nicht vorgenommen werden, wenn der Auftragswert der Bauleistungen (einschl. USt.) eine bestimmte Bagatellgrenze nicht übersteigt. Diese Bagatellgrenze beträgt für Unternehmer bzw. Anlagenbetreiber 5.000 EUR und für Vermieter 15.000 EUR im Kalenderjahr.

Beispiel:

Otto Steuerle lässt eine Fotovoltaikanlage installieren und erhält dafür vom Handwerker eine Rechnung in Höhe von 30.000 EUR zzgl. 5.700 EUR Umsatzsteuer, insgesamt 35.700 EUR.

Otto Steuerle führt an das Finanzamt des Handwerkers einen Betrag von 5.355 EUR ab (15 % von 35.700 EUR) und überweist dem Handwerker den Restbetrag von 30.345 EUR (35.700 EUR ./. 5.355 EUR).

Hier können Sie für die Steueranmeldung das entsprechende amtliche Formular aufrufen:

- Anmeldung über den Steuerabzug bei Bauleistungen.

Weitere Informationen: Steuerrat für Fotovoltaik-Betreiber: Überblick über die Besteuerung.

 

2. Kauf einer ETW:
Instandhaltungsrücklage erhöht Grunderwerbsteuer

Seit Jahren galt der Grundsatz, dass beim Kauf einer Eigentumswohnung das "miterworbene" Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Das Guthaben stelle eine mit einer Geldforderung vergleichbare Vermögensposition dar, die nicht unter den Grundstücksbegriff des Grunderwerbsteuergesetzes falle (BFH-Urteil vom 9.10.1991, BStBl. 1992 II S. 152; LfSt Bayern vom 27.8.2012, S 3190.1.1-5/2).

AKTUELL hat das Finanzgericht (FG) Köln mit diesem Grundsatz gebrochen. Danach ist die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Erwerb von Teileigentum nicht um ein übernommenes Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage zu mindern (Urteil vom 17.10.2017, 5 K 2297/16).

  • Der Fall: Die Klägerin erwarb mehrere Teileigentumsrechte; der Kaufpreis betrug 40.000 EUR. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 40.000 EUR fest, während die Grundstückskäuferin der Auffassung war, dass die Bemessungsgrundlage um die miterworbenen Guthaben aus der Instandhaltungsrücklage von insgesamt 14.815,19 EUR zu mindern sei. Mit ihrem Begehren scheiterte sie jedoch vor dem FG Köln.
  • Zwar verweist das FG auch auf das genannte BFH-Urteil, allerdings sei diese Entscheidung vor Erlass des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.2007 ergangen. Es setzt sich dann mit dem aktuelleren Urteil des BFH vom 2.3.2016 (II R 27/14) auseinander, das zum Erwerb von Eigentumswohnungen im Zwangsversteigerungsverfahren ergangen ist.
  • Danach mindert die Instandhaltungsrücklage die Grunderwerbsteuer bei der Ersteigerung einer Immobilie nicht. Die anteilige Instandhaltungsrücklage sei Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie sei die Ansammlung einer angemessenen Geldsumme, die im Wesentlichen durch Beiträge der Wohnungseigentümer zustande gekommen sei und der wirtschaftlichen Absicherung künftig notwendiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum diene. Bei einem Eigentümerwechsel bleibe sie Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft und gehe nicht auf den Erwerber über. Dementsprechend könne ein Veräußerer nicht über die Instandhaltungsrücklage verfügen bzw. diese übertragen. Das heißt, es liegt keine Vermögensposition vor, die einer Geldforderung vergleichbar ist.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist zwischenzeitlich die Revision beim BFH eingelegt worden (II R 49/17). Gegen einen nachteiligen Grunderwerbsteuerbescheid sollten Sie daher Einspruch eingelegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Es wird von großem Interesse sein, ob der BFH seine Rechtsprechung zu den Übertragungen im Zwangsversteigerungsverfahren auch auf die Fälle des "normalen" Erwerbs ausdehnt oder ob er bei seiner Linie aus dem Jahre 1991 bleibt. Unabhängig davon sollten Sie bei einem Kaufvertrag immer daran denken, den anteiligen Preis für diejenigen Gegenstände gesondert auszuweisen, die nicht untrennbar mit dem Gebäude verbunden sind. Das kann zum Beispiel bei einer Einbauküche oder einer Markise der Fall sein (vgl. FG Köln vom 20.8.2003, 5 K 3894/01). Und auch die Mitübernahme von noch vorhandenem Heizöl sollte wertmäßig beziffert werden. Falls der gesonderte Ausweis nicht erfolgt, wird das Finanzamt auch hierauf Grunderwerbsteuer berechnen.

Weitere Informationen: Instandhaltungsrücklage bei Eigentumswohnungen

 

3. Hauswasseranschluss:
Nur 7 Prozent Umsatzsteuer für das Verlegen akzeptieren

Hauseigentümern darf für das Verlegen eines Hauswasseranschlusses nur 7 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden. Da in der Vergangenheit in vielen Fällen - im Einklang mit der Auffassung der Finanzverwaltung - jedoch 19 Prozent in Rechnung gestellt worden sind, sollten Betroffene ihre alten Rechnungen noch einmal prüfen und den ausführenden Unternehmer gegebenenfalls auffordern, diese zu berichtigen und die zu viel gezahlte Umsatzsteuer zu erstatten.

Zum Hintergrund: Die "Lieferung von Wasser" durch die Wasserversorgungsunternehmen unterliegt nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) lediglich einem Steuersatz von 7 Prozent. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits vor einigen Jahren geurteilt, dass dementsprechend auch das Legen eines Hausanschlusses dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, wenn die Leitung die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht (EuGH-Urteil vom 3.4.2008, Rs. C-442/05, BStBl 2009 II S. 328). Die Finanzverwaltung wendet das Urteil an, allerdings nur für den Fall, dass der Hausanschluss durch das Wasserversorgungsunternehmen selbst gelegt wird. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist danach also auf den Fall beschränkt, dass die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung durch ein und denselben Unternehmer erfolgen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz auch dann anzuwenden ist, wenn der Leistende kein Wasserversorgungsunternehmen ist. Wird also eine Fremdfirma mit der Verlegung des Wasseranschlusses beauftragt, sind auch von dieser nur 7 Prozent Umsatzsteuer an den Bauherrn oder Grundstückseigentümer in Rechnung zu stellen (BFH-Urteil vom 7.2.2018, XI R 17/17).

  • Der Fall: Eine GmbH führt Tiefbauarbeiten aus. Sie errichtet u.a. Trinkwasseranschlüsse als Verbindungen vom öffentlichen Trinkwassernetz zum jeweiligen Gebäudebereich. Die Auftragsvergabe erfolgte jeweils vom zuständigen Wasser- und Abwasserzweckverband an die GmbH, die Abrechnung fand jedoch direkt zwischen der GmbH und dem jeweiligen Grundstückseigentümer statt. Die Rechnungslegung erfolgte getrennt: für die Herstellung des Anschlusses von der Hauptversorgungsleitung bis zur Grundstücksgrenze gegenüber dem Wasser- und Abwasserzweckverband und von der Grundstücksgrenze bis ins Haus gegenüber dem Grundstückseigentümer oder Bauherrn. In keinem Fall war die Herstellung der Anschlüsse mit weiteren Bauleistungen verbunden. Für die Herstellung der Trinkwasseranschlüsse erteilte die GmbH den Grundstückseigentümern bzw. Bauherren Rechnungen unter Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von 7 Prozent, weil sie davon ausging, es handele sich bei diesen Leistungen um "Lieferungen von Wasser" i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass es sich insoweit um Leistungen handele, die dem Regelsteuersatz unterliegen, da es sich bei der GmbH um ein Bauunternehmen handele.
  • Dieser Auffassung sind zunächst das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 4.4.2017, 2 K 2309/15, EFG 2017, S. 1131) und nun der BFH entgegengetreten. Unter den Begriff "Lieferung von Wasser" falle - im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung - auch das Legen eines Hausanschlusses, wenn die Leitung die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht. Es sei unerheblich, ob der Leistungsempfänger der Verlegung des Hausanschlusses identisch mit dem Leistungsempfänger der Wasserlieferungen ist. Nicht nur das erstmalige Legen eines Hausanschlusses, sondern auch Arbeiten zur Erneuerung oder zur Reduzierung von Wasseranschlüssen fallen unter die Steuerermäßigung. Ohne Belang sei es, ob die Leistung von demselben Unternehmer erbracht werde, der das Wasser liefert. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes scheide nicht deshalb aus, weil der Leistende kein Wasserversorgungsunternehmen ist. Ob die Leistungen als sonstige Leistungen möglicherweise teilweise der Erneuerung von Wasseranschlüssen gedient haben könnten, sei ebenso unerheblich.

STEUERRAT: Hauseigentümer sollten darauf achten, dass ihnen nur der ermäßigte Steuersatz in Rechnung gestellt wird - insbesondere, wenn sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Für Altfälle sollte gegebenenfalls auf eine Berichtigung der Rechnung und eine Erstattung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer hingewirkt werden. Berufen Sie sich auf Ihren Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB. Die Finanzverwaltung wird ihre Auffassung angesichts dieses Urteils korrigieren müssen. Fraglich dürfte indes noch der Fall sein, dass der Bauunternehmer nicht nur den Wasseranschluss gelegt, sondern weitere Baumaßnahmen durchgeführt hat. Hier dürften aufgrund der Einheitlichkeit der Leistung wohl weiterhin insgesamt 19 Prozent Umsatzsteuer anfallen.

Weitere Informationen: Hauseigentümer: Für Wasser-Hausanschluss nur ermäßigte Umsatzsteuer

 

4. Ferienwohnung:
Altverluste können trotz "Liebhaberei" erhalten bleiben

Bei Ferienwohnungen, die teilweise vermietet und teilweise eigengenutzt werden, sind die Werbungskosten oftmals über viele Jahre höher als die Einnahmen. Die Finanzämter lehnen die Anerkennung der Verluste daher wegen "Liebhaberei" häufig ab. Die Praxis der Finanzämter sieht so aus, dass die Verluste zunächst über mehrere Jahre anerkannt werden, die Steuerbescheide aber vorläufig ergehen. Nach einigen Jahren prüft das Finanzamt, wie sich die Einnahmen und Ausgaben entwickelt haben. Entstehen weiterhin Verluste und ist im Rahmen einer Prognoserechnung nicht davon auszugehen, dass ein so genannter Totalüberschuss erwirtschaftet werden kann, liegt eine so genannte "Liebhaberei" vor. Das Finanzamt wird in diesem Fall die Verluste streichen - und zwar auch rückwirkend. Allerdings sind der rückwirkenden Prüfung Grenzen gesetzt.

AKTUELL hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden, dass eine Änderung von Steuerbescheiden, die wegen Liebhaberei bei einer Ferienwohnung vorläufig ergangen waren, zulasten des Steuerpflichtigen nicht mehr möglich ist, wenn alle für die Beurteilung notwendigen Tatsachen schon seit mehreren Jahren festgestanden haben (Urteil vom 21.2.2018, 7 K 288/16 E).

  • Der Fall: Eheleute machten seit 1998 Verluste für eine Ferienwohnung geltend, die sie zeitweise vermieteten und zeitweise selbst nutzen. Das Finanzamt erkannte diese negativen Einkünfte zunächst vorläufig gemäß § 165 AO an. Bereits im Rahmen der Veranlagung für 2000 hatten die Kläger allerdings eine Prognose für den Zeitraum bis 2029 eingereicht, die zu einem Totalüberschuss führte. Dabei gingen sie davon aus, dass sich die Schuldzinsen wegen geplanter Tilgungen des Darlehens erheblich reduzieren würden. Nachdem die Schuldzinsen tatsächlich nahezu vollständig weggefallen waren, erklärten die Eheleute für die Jahre 2010 bis 2012 positive Einkünfte aus der Ferienwohnung. Im Rahmen der Veranlagung für 2012 erstellte das Finanzamt jedoch eine Prognoseberechnung, aus der sich trotz der geminderten Schuldzinsen kein Totalüberschuss ergab. Daraufhin änderte es die Steuerbescheide für die Streitjahre 1998 bis 2004.
  • Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Grundsätzlich ist eine Änderung von vorläufigen Steuerbescheiden zwar jederzeit möglich und die Festsetzungsverjährung spielt keine Rolle. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Eine Änderung der Einkommensteuerbescheide ist dann nicht mehr möglich, wenn zum Zeitpunkt der Änderung mehr als ein Jahr ab Beseitigung der Ungewissheit im Sinne von § 165 AO verstrichen sei (§ 171 Abs. 8 AO). Bei Bescheiden, die wegen der Frage der Liebhaberei vorläufig ergangen sind, sei die Ungewissheit beseitigt, wenn das Finanzamt die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen kenne - so die Richter. Im Streitfall sei die Ungewissheit spätestens im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2010 entfallen, weil zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, dass die von den Klägern angekündigte Darlehenstilgung erfolgt war. Die erst im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2012 vom Finanzamt erstellte Überschussprognose enthalte keine Berechnungsgrundlage, bei der im Rahmen der Veranlagung für 2010 noch eine Ungewissheit bestanden habe. Dementsprechend hätte diese Prognose bereits zwei Jahre früher erstellt werden können.

STEUERRAT: Ein interessantes Urteil zu teilweise selbstgenutzten Ferienwohnungen hat das FG Köln vor einiger Zeit gefällt; dieses könnte in bestimmten Fällen als "Rettungsanker" dienen. Danach kann nämlich typisierend selbst dann von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden, wenn der Steuerpflichtige die Eigennutzung erst nachträglich ausschließt (Urteil vom 17.12.2015, 10 K 2322/13). Bevor also keinerlei Chance besteht, den Verlustabzug durch anderweitige Gestaltungen zu erhalten (z.B. durch eine Verringerung der Schuldzinsen infolge einer Umschuldung oder durch einen Wechsel zu einem günstigeren Vermittler/Verwalter), sollte ein nachträglicher Ausschluss der Eigennutzung zumindest im Einzelfall in Erwägung gezogen werden. Dieser Verzicht muss allerdings (vertraglich) dokumentiert werden.

Weitere Informationen:Steuerrat zur Ferienwohnung

 

5. Finanzierung:
Nachträgliche Zuordnung von Darlehen möglich?

Beim Erwerb oder der Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes kann eine geschickte Zuordnung der Darlehen enorme Steuervorteile bringen.

Beispiel:
Familie Heinzmann erwirbt ein Zweifamilienhaus mit zwei gleich großen Wohnungen zum Preis von 300.000 EUR. Die Wohnung im Obergeschoss wird vermietet und die Wohnung im Erdgeschoss selbst genutzt. Herr Heinzmann hat dafür gesorgt, dass der Kaufpreis im notariellen Kaufvertrag entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Wohnflächen aufgeteilt wurde. Er hat 200.000 EUR Eigenmittel und muss somit eine Hypothek von 100.000 EUR aufnehmen. Er darf - steuerlich zulässig - das Darlehen allein der vermieteten Wohnung zuordnen und die Darlehenszinsen als Werbungskosten absetzen.

Allerdings haben viele Hausbesitzer bei diesem Gestaltungsmodell in der Vergangenheit Fehler begangen, so dass die beabsichtigte Steuerersparnis ins Leere gelaufen ist. Denn zum einen muss die Aufteilung - wie im Beispiel - auch tatsächlich im Kaufvertrag vollzogen worden sein. Und zum anderen muss die Bank das Darlehen auf ein separates Konto überweisen, so dass sichergestellt ist, dass anschließend auch tatsächlich mit diesen Mitteln die Anschaffungskosten der vermieteten Wohnung finanziert worden sind. Fatal wäre es, wenn sich auf dem Konto auch Eigenmittel befinden würden. Denn dann käme es zu einer "Vermischung" von Eigen- und Fremdmitteln und es wäre nicht mehr nachvollziehbar, ob und inwieweit nun das eigene Geld oder das Geld der Bank für die - anteilige - Kaufpreiszahlung eingesetzt worden ist. Eine rein gedankliche Aufteilung reicht nicht aus.

Nun ist verständlicherweise die Überlegung aufgekommen, ob der Fehler der "Geldvermischung" rückwirkend geheilt werden kann. Um es vorweg zu nehmen: Nein, er kann nicht korrigiert werden. Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer: Gegen ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln und ein weiteres Urteil des FG Baden-Württemberg ist die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen worden (FG Köln 5.7.2017, 3 K 2048/16, Rev. IX R 2/18; FG Baden-Württemberg 6.4.2017, Rev. IX R 1/18).

  • Dem Urteil des FG Köln lag - vereinfacht - folgender Fall zugrunde: Ehegatten hatten im Jahre 2007 ein Mehrfamilienhaus erworben. Rund 20 Prozent der Wohnfläche nutzen sie selbst, der Rest ist vermietet. Im notariellen Kaufvertrag sind die Anschaffungskosten auch tatsächlich auf die unterschiedlichen Gebäudeteile (selbstgenutzte / vermietete Wohnungen) aufgeteilt worden. Allerdings sind die Darlehensmittel durch die Bank auf ein Girokonto überwiesen worden, auf dem sich auch die Eigenmittel der Eheleute befanden, sodass es zu einer Vermischung von Eigen- und Fremdmitteln auf diesem einheitlichen Konto mit der Folge gekommen war, dass diese Mittel nicht mehr voneinander zu unterscheiden gewesen waren. Von diesem Konto war sodann der vollständige Kaufpreis für das gesamte Objekt gezahlt worden. Dementsprechend konnten die Darlehen und Schuldzinsen nicht mehr dem rein vermieteten Gebäudeteil zugeordnet werden. Folge: Die Schuldzinsen waren nur zu 80 % und nicht zu 100 % abziehbar.
  • Im Jahre 2015 erklärten die Eheleute gegenüber ihrer Bank den Widerruf der Darlehensverträge, da die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe. Die Darlehensverträge wurden daraufhin aufgelöst; die Steuerpflichtigen nahmen anschließend bei einer anderen Bank neue Darlehen auf. Gegenüber dem Finanzamt vertraten die Eheleute die Auffassung, diese Darlehen seien wie Neuverträge anzusehen und der seinerzeit begangene Fehler könne sozusagen rückwirkend geheilt werden. Sie beantragten daraufhin die Änderung eines älteren Einkommensteuerbescheids (hier: für das Jahr 2013).
  • -Das FG Köln lehnte eine Änderung aufgrund einer "neuen Tatsache" ab. Der tatsächliche Vorgang der seinerzeitigen Zahlung lasse sich weder durch eine Umschuldungsmaßnahme noch durch eine Rückabwicklung der betreffenden Kredite ungeschehen machen. Die Umschuldung oder Rückabwicklung der ursprünglichen Darlehen und ihr Ersatz durch neue Kreditmittel führe allein dazu, dass an die Stelle der ursprünglichen Kredite nunmehr neue Fremdmittel getreten seien. Da der ursprüngliche Kredit aber bereits nur anteilig zur Finanzierung der Anschaffungskosten des fremdvermieteten Gebäudeteils und hinsichtlich des Restanteils zur Finanzierung der Anschaffungskosten des selbstgenutzten Gebäudeteils verwandt worden sei, führten sowohl die Umschuldung als auch die Rückabwicklung der ursprünglichen Darlehen auch nur dazu, dass an deren Stelle die neuen Kreditmittel treten. Es fände mithin nur ein Austausch der Kreditmittel statt.
  • Im Fall des FG Baden-Württemberg hatten Eltern ein Haus mit drei Wohnungen errichtet, eine der Wohnungen aber noch in der Bauphase an ihre Tochter verkauft. Auch hier ist eine Aufteilung zunächst unterblieben, d.h. die Eltern beglichen sämtliche Baurechnungen von einem einheitlichen Konto, auf dem sich sowohl Eigen- als auch Fremdmittel befanden. Erst später haben sie die Zinsen den beiden verbliebenen Wohnungen zugerechnet. Finanzamt und FG lehnten auch hier den 100-prozentigen Abzug der Schuldzinsen trotz der nachträglichen Zuordnung ab.

STEUERRAT: Da die Revisionen zugelassen worden sind, sollten betroffene Hauseigentümer gegen ablehnende Steuerbescheide Einspruch einlegen und ein Ruhen ihrer Verfahren beantragen. Sofern Bescheide bereits bestandskräftig sind, sollte gegebenenfalls eine Änderung aufgrund neuer Tatsachen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO beantragt werden. Die Erfolgsaussichten der Revisionen sind zwar wohl recht gering, aber der Strohhalm sollte dennoch ergriffen werden.

Weitere Informationen: Vermietung: Finanzierungskosten

 

VII. Renten und Pensionen

 

1. Riester-Rente:
Abfindung einer Kleinbetragsrente jetzt mit Steuerbonus

Die Abfindung einer Kleinbetragsrente aus einem Riester-Vertrag zu Beginn der Auszahlungsphase gilt nicht als schädliche Verwendung. Das bedeutet, dass die gewährten Zulagen und Steuervorteile nicht zurückgezahlt werden müssen. Eine Kleinbetragsrente liegt vor, wenn die monatliche Rente nicht höher ist als ein Prozent der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV (2018 = 30,45 EUR in West und 26,95 EUR in Ost). Für die Berechnung dieser Grenze sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge eines Anlegers insgesamt zu berücksichtigen, für die eine Altersvorsorgezulage gewährt wurde (§ 93 Abs. 3 EStG).

Wie erfolgt die Besteuerung der Abfindung? Nach bisheriger Rechtslage ist der Einmalbetrag - ebenso wie eine laufende Riester-Rente - in voller Höhe steuerpflichtig gemäß § 22 Nr. 5 EStG. Eine Steuerermäßigung wegen mehrjähriger Vergütung mittels Fünftelregelung nach § 34 EStG kommt nicht in Betracht, denn es handelt sich nicht um "außerordentliche Einkünfte".

AKTUELL hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg die Rechtslage vor 2018 bestätigt und entschieden, dass die Abfindung einer Kleinbetragsrente aus einem Riester-Vertrag nicht mittels Fünftelregelung nach § 34 EStG steuerbegünstigt ist (FG Berlin-Brandenburg vom 24.1.2018, 7 K 7032/16; ebenfalls FG Köln vom 4.7.2017, 5 K 3136/16, Revision X R 39/17).

  • Der Fall: Die Eheleute hatten einen privaten Riester-Sparvertrag bei der Bank abgeschlossen, der im Jahre 2013 zur Auszahlung kam. Die Auszahlungssumme in Höhe von 7.500 EUR fiel unter die Kleinbetragsrenten-Regelung, sodass das gesamte Guthaben förderunschädlich ausgezahlt werden konnte. Das Finanzamt verweigerte die ermäßigte Besteuerung mittels Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG.
  • Nach Auffassung der Finanzrichter besteht hier kein Anspruch auf die ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG. Begünstigt sind Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten, die einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfassen. Auch die Kapitalabfindung einer Riester-Rente kann grundsätzlich eine "Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit" sein. Doch es fehlt an der "Außerordentlichkeit" dieser Einkünfte. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten sind nur dann außerordentlich, wenn die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entspricht. Hier aber war die Kapitalabfindung der Kleinbetragsrente vertragsgemäß und somit nicht atypisch oder außerordentlich. ACHTUNG: Dieser Fall betrifft das Jahr 2013!

AKTUELL gilt seit dem 1.1.2018 eine - für Steuerzahler vorteilhafte - neue Gesetzesregelung: Jetzt sind Einmalzahlungen zur Abfindung einer Kleinbetragsrente ausdrücklich per Gesetz steuerbegünstigt mittels Fünftelregelung nach § 34 EStG. Dies gilt auch für Verträge, die vor 2018 abgeschlossen wurden. Bei der Einmalzahlung handelt es sich zwar weiterhin nicht um außerordentliche Einkünfte, doch um die steuerlichen Folgen der Rentenabfindung abzumildern, ist nun die ermäßigte Besteuerung mittels Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG entsprechend anzuwenden (§ 22 Nr. 5 Satz 13 EStG, eingefügt mit dem "Betriebsrentenstärkungsgesetz" vom 17.8.2017).

Außerdem gelten noch folgende vorteilhafte Regelungen:

  • -Der Rentenbezieher hat ab 2018 ein Wahlrecht hinsichtlich des Auszahlungszeitpunkts für die Abfindung der Kleinbetragsrente. Er kann wählen, ob er die Abfindung zu Beginn der Auszahlungsphase erhalten möchte oder zum 1. Januar des darauffolgenden Jahres (§ 1 Abs. 1 Nr. 4a AltvZertG). Was bringt das? Bei Auszahlung zu Beginn des folgenden Jahres, also im ersten vollen Rentenbezugsjahr sind die Einkünfte meist geringer und damit auch die Steuerlast, die sich durch die Einmalzahlung ergibt.
  • Ab dem 1.1.2019 müssen die Leistungen aus Riester-Verträgen, die als Kleinbetragsrente nach § 93 Abs. 3 EStG ausgezahlt werden, in der Rentenbezugsmitteilung gesondert ausgewiesen werden. Nur so kann eine korrekte Besteuerung der ausgezahlten Leistungen mittels Fünftelregelung sichergestellt werden (§ 22a Abs. 1 Satz 1 EStG).
  • Wird für eine Riester-Rente in der Auszahlungsphase im Fall der Scheidung ein Versorgungsausgleich durchgeführt, reduziert sich dadurch natürlich die laufende Rentenzahlung. Sinkt die Rente aber nun unter die Grenze der Kleinbetragsrente, so kann diese förderunschädlich mittels Einmalbetrag abgefunden und steuerbegünstigt die Fünftelregelung angewandt werden (§ 93 Abs. 3 Satz 4 EStG).

STEUERRAT: Gegen die beiden FG-Urteile sind Revisionsverfahren vor dem BFH anhängig, weil die Frage, ob Einmalzahlungen zur Abfindung von Kleinbetragsrenten schon vor dem 1.1.2018 nach § 34 EStG begünstigt waren, noch nicht abschließend geklärt ist. Dies betrifft zwar ausgelaufenes Recht. Da die Neuregelung aber erst sehr kurze Zeit zurückliegt, dürfte eine Vielzahl noch offener Steuerfälle davon betroffen sein. Daher unsere Empfehlung: Halten Sie Ihre Steuerbescheide mittels Einspruch und unter Hinweis auf das Revisionsverfahren offen (Aktenzeichen: X R 39/17).

Weitere Informationen: Riester-Renten: Wie Beiträge und Renten steuerlich behandelt werden - Teil 3

 

VIII. Selbstständige

 

1. Firmenwagen:
Vorsteuerkürzung bei zu hohem Kaufpreis für ein Kfz

Die Anschaffung eines teuren und schnellen Wagens kann zu so genanntem Repräsentationsaufwand führen. In diesem Fall sind die Kosten des Kfz nicht oder teilweise nicht als Betriebsausgaben abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG). Doch die Finanzverwaltung zieht nicht nur die einkommensteuerlichen Konsequenzen; auch umsatzsteuerlich droht "Ungemach."

AKTUELL hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass der Vorsteuerabzug bei Kauf eines Kfz zu begrenzen ist, wenn die Anschaffungskosten des Kfz mehr als das Dreifache des Durchschnittsgewinns der letzten Jahre betragen. In diesem Fall kann eine Unangemessenheit gegeben sein (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.9.2017, 7 K 7234/15).

Der Fall: Ein Steuerberater hatte ein Kfz mit Anschaffungskosten von brutto 215.264 EUR erworben. Das Finanzamt hat den Abzug der Vorsteuer aus der Anschaffung auf 19.000 EUR begrenzt. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründet sein Urteil u.a. wie folgt: "Dass die Verwendung ... anstelle des ebenfalls im Betriebsvermögen vorhandenen und für berufliche Fahrten des Klägers zur Verfügung stehenden Fahrzeugs mit Anschaffungskosten von 124.400 EUR irgendeinen messbaren Einfluss auf die Höhe der erzielten Umsätze und Gewinne gehabt hätte, ist nicht ersichtlich. Es ist fernliegend, dass Mandanten die Erteilung von Aufträgen eines Steuerberaters davon abhängig machen würden, ob dieser einen Sportwagen statt eines ebenfalls hochpreisigen Mercedes F... fährt, selbst wenn es zutreffen sollte, dass manche Mandanten es als "Rückschritt" empfunden hätten, wenn der Kläger keinen Sportwagen mehr gefahren wäre."

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Bedauerlicherweise hat das Finanzgericht auch nicht den Mut gefunden, die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Vermeintlich liegt es zwar auf einer Linie mit dem Bundesfinanzhof, denn in dem so genannten Tierarzt-Fall (Urteil vom 29.4.2014, VIII R 20/12) hat dieser die Anschaffung eines Ferrari Spider ebenfalls als unangemessen beurteilt. Allerdings lag die Besonderheit des Falles darin, dass der betriebliche Nutzungsumfang des dortigen Pkw absolut gering war.

STEUERRAT: Bei luxuriösen Kfz ist stets Vorsicht angebracht: Denn auch wenn die Kosten nicht abgezogen werden können, gehört der Wagen zum Betriebsvermögen und ein späterer Verkaufserlös muss versteuert werden. Das kann also zu einer echten Steuerfalle werden.

 

2. Firmenwagen:
Privatnutzung darf nicht ohne Weiteres unterstellt werden

In vielen Betriebsprüfungen geht es um die Frage, ob ein im Betriebsvermögen vorhandenes Kfz auch privat genutzt worden ist und dementsprechend ein Privatanteil versteuert werden muss. Das heißt: Die Finanzverwaltung möchte für jedes Kfz im Betriebsvermögen die 1 %-Regelung zur Versteuerung der - angeblichen - Privatnutzung anwenden, wenn kein Fahrtenbuch geführt worden ist. Lediglich bei reinen Transportern, Caddys, Werkstattwagen usw. lässt sie Gnade walten und verzichtet auf die Besteuerung eines Privatanteils. Dabei kann sie sich zumeist guten Gewissens auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13.12.2011(VIII B 82/11) berufen, denn der "Beweis des ersten Anscheins" spreche für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs. In der Entscheidung heißt es: "Der Anscheinsbeweis wird im Regelfall noch nicht erschüttert, wenn der Kläger lediglich behauptet, für privat veranlasste Fahrten hätten private Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Auch ein eingeschränktes privates Nutzungsverbot vermag den Anscheinsbeweis regelmäßig nicht zu entkräften." Nun erhalten betroffene Steuerpflichtige jedoch Unterstützung.

AKTUELL hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden, dass der Anscheinsbeweis hinsichtlich der Pkw im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft durch weitere Fahrzeuge im Privatvermögen der Gesellschafter erschüttert werden kann (Urteil vom 21.3.2018, 7 K 388/17 G,U,F).

  • Der Fall: Eine GmbH & Co. KG hielt im Betriebsvermögen einen BMW X3, den verschiedene Arbeitnehmer für Technikereinsätze, Botengänge, Auslieferungen und als Ersatzfahrzeug nutzten. Ein Fahrtenbuch wurde für das Fahrzeug nicht geführt. An der GmbH & Co. KG waren drei Kommanditisten (ein Vater und zwei Söhne) beteiligt. Dem Vater, der mit seiner Ehefrau in unmittelbarer Nähe zum Betriebsgelände lebt, standen im Streitzeitraum zunächst ein Mercedes S 420 und danach ein BMW 750 zur Verfügung. Seine Ehefrau fuhr - bis sie gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, ein Fahrzeug zu führen - einen BMW Z4. Einer der beiden Söhne wohnt unter derselben Adresse wie seine Eltern und ist ledig. Ihm stand während des gesamten Streitzeitraums ein BMW 320d Touring zur Verfügung, den er zunächst alleine nutzte und später mit den anderen Familienmitgliedern teilte. Später nutzte er zusätzlich den BMW Z4 der Mutter. Der andere Sohn lebt mit seiner Familie ca. 7 km vom Betriebsgelände der Klägerin entfernt. Er nutzte einen BMW 530d Touring und seine Ehefrau zunächst einen Opel Corsa und später einen Citroën C3.
  • Das Finanzamt versteuerte für den BMW X3 einen Privatanteil nach der 1 %-Regelung. Hiergegen wandte sich die Gesellschaft mit der Begründung, dass allen Gesellschaftern ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten, die dem Betriebsfahrzeug in Status und Gebrauchswert zumindest vergleichbar seien. Die Ehefrauen hätten die den Gesellschaftern für private Fahrten zur Verfügung stehenden Fahrzeuge nicht genutzt.

Das FG gab der Klage statt. Zwar entspreche es grundsätzlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein betriebliches Kraftfahrzeug, das zum privaten Gebrauch geeignet ist und zur Verfügung steht, auch privat genutzt werde. Im Streitfall war das FG jedoch davon überzeugt, dass der BMW X3 tatsächlich nicht privat genutzt worden sei, denn den Gesellschaftern hätten im Streitzeitraum in Status und Gebrauchswert zumindest vergleichbare Fahrzeuge zur Verfügung gestanden.

STEUERRAT: Das Urteil betraf zwar zum einen eine Personengesellschaft und zum anderen ging es angesichts der weiteren hochpreisigen Fahrzeuge sicherlich um einen Sonderfall. Dennoch kann in Streitfällen aus der Entscheidung "Honig gesaugt" werden, zumal eine Aussage besonders aufhorchen lässt: "Schließlich hat der Beklagte keine Umstände vorgetragen, die eine tatsächliche private Nutzung des BMW X3 durch die Gesellschafter der Klägerin oder deren erwachsene Angehörige belegen." Das bedeutet eine zumindest kleine Verschiebung der Beweislast. Es reicht also nicht (mehr) aus, dass das Finanzamt eine Privatnutzung lediglich behauptet. Sie muss schon den einen oder anderen Punkt vortragen, der auf eine Privatnutzung hinweisen lässt. Interessanterweise ist die Revision nicht zugelassen worden.

 

3. Betriebsaufspaltung:
Vorsicht bei der Überlassung von Büroräumen

Wer sein Unternehmen als GmbH führt, muss stets vorsichtig sein, dass er nicht in die Falle der "ungewollten Betriebsaufspaltung" tappt. Diese schnappt insbesondere dann zu, wenn ein Mehrheitsgesellschafter "seiner" GmbH eine Immobilie zur Nutzung überlässt. In diesem Fall werden das Grundstück oder die Räumlichkeiten zu Betriebsvermögen; ein Veräußerungsgewinn wäre auch bei einem Verkauf der Immobilie nach zehn Jahren zu versteuern. Und auch die GmbH-Anteile, die sich bislang im Privatvermögen befunden haben, werden zu Betriebsvermögen. Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsaufspaltung ist zwar die Überlassung einer "wesentlichen Betriebsgrundlage". Immobilien gelten jedoch nahezu ausnahmslos als wesentliche Betriebsgrundlagen. Das heißt: Auch die Überlassung von Büroräumen, die keine besondere betriebliche Eigenschaft besitzen und prinzipiell jederzeit anderweitig angemietet werden könnten, kann zu einer Betriebsaufspaltung führen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof den Grundsatz, dass Büroräume eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, klar und deutlich bestätigt (Urteil vom 29.11.2017, X R 34/15). Nicht nur die Überlassung ganzer Bürogebäude oder Miteigentumsanteile an Bürogebäuden könne zu einer Betriebsaufspaltung führen, sondern auch die Überlassung einer Büroetage oder eines Büroraums in einem ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus ("häusliches Arbeitszimmer"), wenn sich dort der Mittelpunkt der Geschäftsleitung der Betriebs-Kapitalgesellschaft befindet. Die Richter führen eine ganze "Batterie" von Urteilen auf, um ihren Standpunkt zu begründen.

STEUERRAT: Soll eine Immobilie nicht ins Betriebsvermögen "wandern", sollten Sie diese gegebenenfalls vor der Überlassung auf Ihren Ehepartner oder ein Kind übertragen. Sind die Räumlichkeiten aber erst einmal - ungewollt - im Betriebsvermögen verhaftet, gilt es, eine plötzliche und unerwünschte Aufdeckung der "stillen Reserven" zu verhindern. Denn: Im Todesfall kann es geschehen, dass die Immobilie - wie auch die GmbH-Anteile - zwangsweise als ins Privatvermögen entnommen gelten. Dann müssen die gemeinen Werte des Grundstücks und der GmbH-Anteile auf einen Schlag versteuert werden. Zwar werden die Anschaffungskosten gegengerechnet; diese betragen bei den GmbH-Anteilen aber nur selten mehr als 25.000 Euro. Und der Wert von Immobilien hat sich in den vergangenen Jahren tendenziell ebenfalls erhöht. Für die Erben können dadurch Existenz bedrohende Steuernachzahlungen entstehen. Um der "Zwangsentnahme" vorzubeugen, sollten Sie die wesentlichen Betriebsgrundlagen daher in eine GmbH & Co. KG einbringen. Zwar gehen damit etwas höhere Kosten für Ihren Jahresabschluss einher. Die Immobilien bleiben aber auch bei ungeplanten Ereignissen im Betriebsvermögen.

 

IX. Steuergrundlagen

 

1. Lebenspartnerschaft:
Umwandlung in Ehe steuerlich ohne Rückwirkung

Seit 2013 werden Lebenspartner in eingetragener Lebenspartnerschaft steuerlich genau wie Ehegatten behandelt. Sie können also auch die Zusammenveranlagung beantragen. Für die Fälle vor 2013 gilt dies aber nur, wenn die Bescheide noch nicht bestandskräftig sind bzw. waren. Am 1.10.2017 ist das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" in Kraft getreten. Dies gibt in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Steuerpflichtigen das Recht, ihre eingetragene Lebenspartnerschaft zivilrechtlich rückwirkend in eine Ehe umwandeln zu lassen.

AKTUELL stellen offenbar viele Eheleute, die die dieses Recht in Anspruch genommen haben, Anträge auf Änderung von bereits bestandskräftigen und zum Teil verjährten Einkommensteuerbescheiden. Auch die Änderung bestandskräftiger Grunderwerbsteuerbescheide wird mitunter beantragt. Begründet wird dies damit, dass es sich bei der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe um ein "rückwirkendes Ereignis" i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handele. Dies eröffne die Möglichkeit, die Einkommensteuerfestsetzung rückwirkend im Wege der Zusammenveranlagung vorzunehmen - und zwar auch in Jahren vor 2013. Hinsichtlich der Grunderwerbsteuer sei die Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 - 7 GrEStG möglich.

Die Finanzverwaltung kann sich allerdings nicht dazu durchringen, die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe als rückwirkendes Ereignis anzuerkennen. Die Änderung bestandskräftiger Steuerfestsetzungen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme daher nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus der "Kurzinformation Verfahrensrecht" 03/2018 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (vom 1.3.2018). Wie der Verwaltungsanweisung zu entnehmen ist, habe man das Thema auf Bund-/Länderebene ausführlich erörtert. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die Haltung bundeseinheitlich abgestimmt ist.

Begründet wird die Auffassung wie folgt: Unstreitig stelle die nachträgliche Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe ein "Ereignis" i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Ob diesem "Ereignis" auch steuerliche Wirkung für die Vergangenheit zukomme, sei eine Frage der Wirkung des Artikels 3 Abs. 2 EheRÄndG. Danach bleibe für Rechte und Pflichten der Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner nach Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft weiterhin maßgebend. Die Regelung stelle somit (lediglich) Bestandsschutz für die während der Lebenspartnerschaft begründeten Rechte und Pflichten her. Im Ergebnis fehle dem "Ereignis" die notwendige steuerliche Wirkung für die Vergangenheit.

MEINUNG: Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07) entschieden, dass zunächst nur für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle rückwirkend das Splittingverfahren zu gewähren ist. Allerdings hat es explizit offengelassen, ob der Gesetzgeber darüber hinaus das Splittingverfahren nicht auch in bestandskräftigen Fällen vor 2013 gewähren müsste. Wörtlich heißt es: "Grundsätzlich erstreckt sich die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine der Verfassung entsprechende Rechtslage herzustellen, rückwirkend auf den gesamten von der Unvereinbarkeitserklärung betroffenen Zeitraum und erfasst zumindest alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen, die auf der für verfassungswidrig erklärten Regelung beruhen." Durch die Verwendung des Wortes "zumindest" besteht also durchaus ein gewisser Spielraum, um alle Fälle - rückwirkend bis 2001 - "aufzurollen." Es ist jedoch anzunehmen, dass der Fiskus angesichts des zu erwartenden Steuerausfalls alles unternehmen wird, um dem zu entgehen. Wahrscheinlich wird eines Tages wieder das Verfassungsgericht entscheiden müssen.