Ein schönes Modell, um später vorzeitig und abgesichert in den Ruhestand gehen zu können, ist das Zeitwertkonto. Auf ein solches Konto können Mitarbeiter Überstunden- und Urlaubsabgeltungen, Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Tantiemen), Teile des laufenden Arbeitslohns sowie freiwillige Leistungen des Arbeitgebers einbringen. Während der Ansparphase fallen für gutgeschriebene Beträge keine Steuern an. Weder die Vereinbarung noch die Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto führen steuerlich zum Zufluss von Arbeitslohn. Auch sind die Einzahlungen auf das Zeitwertkonto sozialversicherungsfrei. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge werden erst dann fällig, wenn das angesparte Wertguthaben später planmäßig für die Freistellung von der Arbeit oder Verringerung der Arbeitszeit verwendet wird (nachgelagerte Besteuerung). Doch kann ein solches Zeitwertkonto auch im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses eingerichtet werden? 

Für bilanzierende Unternehmer wäre ein solches Modell steuerlich interessant, weil sie für ihre - künftigen - Aufwendungen schon heute eine steuermindernde Rückstellung bilden können, während ihr Ehepartner insoweit noch keinen Arbeitslohn versteuern muss. Unterm Strich ergibt sich also zunächst eine Steuerersparnis, die erst Jahre später wieder zurückzuzahlen ist. Da der Steuersatz zudem später oftmals niedriger ist als in der aktiven Phase des Erwerbslebens, bleibt ein hübsches Sümmchen über. 

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch für den angestellten Ehegatten ein Zeitwertkonto anzuerkennen ist. Allerdings muss dieses einem Fremdvergleich standhalten (BFH-Urteil vom 28.10.2020, X R 1/19).

  • Die Wertguthabenvereinbarung muss schriftlich erfolgen und über eine flexible Gestaltung lediglich der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit hinausgehen.
  • Das fällige Arbeitsentgelt, also derjenige Teil des Arbeitsentgelts, der sofort ausgezahlt wird, muss oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen (§ 7b Nr. 5 SGB IV).
  • Es muss ein vollständiger Schutz des Guthabens für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers gewährleistet sein, z.B. durch die Anlage auf einem Treuhandkonto.
  • Die Vereinbarung muss die Rechte und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgewogen verteilen. Im Urteilsfall war dies offenbar nicht gegeben, das heißt, die Arbeitnehmerin konnte nahezu unbegrenzt ihr monatliches Grundgehalt oder andere Vergütungen ansparen und das Guthaben quasi unbeschränkt wieder abbauen. Es wäre ihr möglich gewesen, bereits nach kurzer Zeit eine erste Freistellung zu beanspruchen. Sie konnte allein über die Dauer (Tage, Wochen, Monate, Jahre) bestimmen. Auch war es ihr möglich, ständig wiederkehrend Freistellungen in ihr Arbeitsleben zu integrieren.
  • Das Modell muss fremdüblich sein, das heißt den Regeln entsprechen, wie sie auch andere Arbeitgeber anbieten würden. Vor allem aber muss auch der so genannte interne Betriebsvergleich einer Überprüfung standhalten. Das heißt: Die Möglichkeit, ein Zeitwertkonto zu führen, muss auch anderen Arbeitnehmer des Betriebs angeboten werden, deren Tätigkeit denen des angestellten Ehepartners ähneln. Es ist nicht ausreichend, den übrigen Mitarbeitern lediglich eine anderweitige der Möglichkeit der betrieblichen Altersversorgung anzubieten. Die Vorinstanz sah den internen Betriebsvergleich noch als erfüllt an, da die Ehefrau, der das Wertguthabenmodell eingeräumt wurde, die einzige Bürokraft war. Das Angebot habe sich damit auf einen abgegrenzten Unternehmensbereich bezogen. Doch dem BFH reicht das nicht aus.
  • Der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen: Diese muss nun unter anderem prüfen, ob es wirklich gerechtfertigt war, gerade und ausschließlich der Ehefrau das Modell anzubieten. Die Tätigkeiten der anderen Arbeitnehmer werden mit ihren Aufgaben zu vergleichen sein. Sollte sich herausstellen, dass sich die Tätigkeiten untereinander zumindest ähneln, sich die Mitarbeiter zumindest teilweise vertreten oder einen neuen Arbeitnehmer problemlos in die betrieblichen Abläufe einarbeiten könnten, so dürfte das alleinige Angebot eines Zeitwertkontos an die Ehefrau wohl schädlich sein.

STEUERRAT: Die Hürden, das Wertguthabenmodell im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Ehegatten durchzuführen, sind hoch, aber nicht unüberwindbar. Letztlich muss das Modell wie unter fremden Dritten durchgeführt werden. Man darf gespannt sein, wie die Vorinstanz den Fremdvergleich nun vornimmt und bewertet.

Weitere Informationen: Zeitwertkonten: Interessantes Modell zur Gestaltung der Lebensarbeitszeit

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