Zuletzt haben die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof mehrfach zugunsten von Anlegern entschieden, wenn es um die Berücksichtigung von Verlusten aus wertlos gewordenen Aktien geht. Das heißt: Verluste aufgrund einer Depotausbuchung wertloser Aktien waren auch vor dem Jahr 2020 grundsätzlich steuerlich anzuerkennen. Aber: Einige maßgebende Urteile zu dem Themenkomplex sind recht spät im Bundessteuerblatt (BStBl) worden. Es gibt sogar Urteile zur Verlustberücksichtigung, die bis heute nicht im BStBl veröffentlicht worden sind. Und das ist misslich, denn die Banken sind nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG verpflichtet, die Auffassung der Finanzverwaltung beim Kapitalertragsteuerabzug und der Bildung von "Verlusttöpfen" anzuwenden - und zwar auf "Gedeih und Verderb". Anders ausgedrückt. Erst wenn ein Urteil im BStBl veröffentlicht wird, signalisiert die Finanzverwaltung, dass dieses über den entschiedenen Einzelfall hinaus, also allgemein, anzuerkennen ist. Und erst dann dürfen es die Banken beim Kapitalertragsteuerabzug bzw. bei der Verlustverrechnung berücksichtigen.

BFH-Rechtsprechung hin oder her - die Banken durften Verluste bei der Ausbuchung von Wertpapieren lange Zeit nicht dem "Verlusttopf" zuordnen und dürfen es teilweise heute noch nicht. Anleger mussten bzw. müssen die Verluste im Rahmen ihrer Steuererklärung angeben und konnten/können nicht auf die Handhabung durch ihre Bank vertrauen.

STEUERRAT:  Viele Anleger verwenden viel Zeit und mitunter auch viel Geld für einen Rechtsstreit mit der depotführenden Bank, weil sie angesichts der BFH-Rechtsprechung davon ausgehen oder ausgegangen sind, dass das Institut einen Fehler bei der Verlustverrechnung oder beim Kapitalertragsteuerabzug begangen hat. Zuweilen ist das auch durchaus richtig (siehe z.B. OLG Hamm, Urteil vom 23.10.2018, Az. 34 U 10/18, SteuerSparbrief April 2019). Doch in aller Regel ist die Mühe vergebens. Machen Sie Verluste aus wertlosen Aktien im Zweifel daher immer in Ihrer Einkommensteuererklärung geltend oder lassen Sie Steuerbescheide zumindest nicht bestandskräftig werden, bis die Sache mit der Bank geklärt ist. Das Gleiche gilt, wenn Sie der Meinung sind, dass der Kapitalertragsteuerabzug zu hoch war. Üblicherweise ist es sinnvoller, sich mit dem Finanzamt als mit der Bank zu streiten.

STEUERRAT: Steuerrat24 sind mittlerweile mehrere Fälle bekannt, in denen Anleger fälschlicherweise auf die Verlustverrechnung durch die depotführende Bank vertraut und ihre Verluste daher nicht in der Einkommensteuererklärung angegeben haben, ihr maßgebender Einkommensteuerbescheid aber mittlerweile bestandskräftig geworden ist. Was kann dann getan werden? Hier kann nur noch auf das steuerliche Verfahrensrecht vertraut werden. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO lässt eine Änderung von Steuerbescheiden in derartigen Fällen zugunsten des Steuerbürgers (nur) zu, "soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden." Gegebenenfalls sollte ein entsprechender Antrag auf Feststellung eines Verlustes unter Beifügung der entsprechenden Unterlagen beim Finanzamt gestellt werden. Dabei wäre aber konkret zu begründen, warum Sie kein grobes Verschulden an dem Nachreichen der Unterlagen und dem Antrag auf Verlustfeststellung trifft.

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