Im Rahmen einer steuerlich anerkannten doppelten Haushaltsführung sind wöchentliche Familienheimfahrten als Werbungskosten absetzbar. Anerkannt wird eine Fahrt pro Woche mit der Entfernungspauschale. Absetzbar sind allerdings nur die Fahrten, die auch tatsächlich durchgeführt wurden. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind die tatsächlichen Kosten gegen Nachweis absetzbar, sofern diese insgesamt jahresbezogen höher sind als die Entfernungspauschale. Bei Benutzung eines Flugzeugs oder einer Fähre sind die tatsächlichen Kosten stets zusätzlich als Werbungskosten absetzbar. Was aber gilt, wenn der Arbeitnehmer aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen am Wochenende nicht nach Hause fahren kann, sondern seine Familie ihn am Beschäftigungsort besucht? Können dann diese Kosten der umgekehrten Familienheimfahrt ebenfalls als Werbungskosten abgesetzt werden?

AKTUELL wird in den Lohnsteuerrichtlinien 2023 festgeschrieben, dass "Aufwendungen für Besuchsfahrten der mit dem Arbeitnehmer in der Hauptwohnung lebenden Personen an den Ort der ersten Tätigkeitsstätte Werbungskosten sind, wenn der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen an einer Familienheimfahrt gehindert ist" (R 9.11. Abs. 6 Nr. 2 Satz 3 LStR 2023). Damit besteht nun eine Rechtsgrundlage für den Abzug der umgekehrten Familienheimfahrten, an die sich die Finanzbeamten zwingend halten müssen.

Leider hat der Richtliniengeber nicht weiter ausgeführt, was er als berufliche Verhinderung ansieht. Man darf aber davon ausgehen, dass in folgenden Fällen ein beruflicher Grund gegeben ist: Bereitschaftsdienst, Arbeit am Wochenende, Fortbildungsveranstaltung am Samstag oder Sonntag, Arbeitsüberlastung. Oder die Abwesenheit vom Beschäftigungsort ist aufgrund einer Weisung oder Empfehlung des Arbeitgebers nicht vertretbar oder nicht erwünscht. Unseres Erachtens ist ein beruflicher Grund auch gegeben, wenn der Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung nicht nach Hause fahren kann.

STEUERRAT: Noch im Jahre 2011 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Besuchsreisen des einen Ehegatten an den auswärtigen Beschäftigungsort des anderen Ehegatten nicht beruflich veranlasst sind, sondern aus privaten Gründen unternommen werden. Die Kosten wurden nicht als Werbungskosten anerkannt (BFH-Beschluss vom 2.2.2011, VI R 15/10, BStBl 2011 II S. 456).  Die Situation der Eheleute im Urteilsfall aus dem Jahre 2011 dürfte vielen Familien bekannt vorkommen. Gar nicht selten ist eine Wochenendbeziehung mit einem zweiten Haushalt am Beschäftigungsort des einen Ehegatten. Und dann kommt es oftmals vor, dass sich die Ehegatten mit dem Pendeln abwechseln. Somit war die Entscheidung des Bundesfinanzhofs eine große Enttäuschung. Umso größer ist nun die Freude über die neue Erleichterung der Finanzverwaltung. Berufen Sie sich also auf die Lohnsteuerrichtlinien 2023, wenn das Finanzamt bei Ihnen die umgekehrten Familienheimfahrten nicht anerkennen will. Legen Sie aber dar, warum ein beruflicher Anlass für die Besuchsfahrt vorlag!

STEUERRAT: Eine große Entfernung und die damit verbundenen Erschwernisse sind - für sich allein genommen - keine ausreichenden beruflichen Gründe für den Werbungskostenabzug der umgekehrten Heimfahrten (BFH-Beschluss vom 2.2.2011, s.o.). Im Einzelfall, insbesondere bei Tätigkeiten im Ausland, kann dieser Grundsatz aber etwas aufgeweicht sein. Beispiel: Ein Angestellter ist auf einem Schiff in der Karibik von Anfang Mai bis Mitte Dezember beschäftigt und kann in dieser Zeit keinen Urlaub nehmen. Also lässt er seine Frau und seine beiden minderjährigen Kinder für fünf Wochen an Bord kommen. Die Flugkosten können dann anzuerkennen sein, wenn glaubhaft gemacht wird, dass es sich nicht um eine Urlaubsreise der Familie handelte (BFH-Urteil vom 28.1.1983, BStBl 1983 II S. 313). Ein weiteres Beispiel: Ein Angestellter wird von seiner Firma für acht Monate zu einer Tochtergesellschaft nach Japan entsandt. Die Ehefrau reist nach einem Monat zu ihm und bleibt dort vier Monate lang. Die Flugkosten für die Hin- und Rückreise wurden anerkannt (BFH-Urteil vom 3.11.1965, BStBl 1966 III S. 75). Zwar sind die Entscheidungen recht alt und die Rechtslage zur doppelten Haushaltsführung ist in 2014 geändert worden. Unseres Erachtens haben sie aber dennoch weiterhin Gültigkeit.

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