
Bei verheirateten Personen ist die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung zumeist kein Problem, da üblicherweise der Ehegatte oder die gesamte Familie weiter in der Heimat wohnen und dort eine eigene, abgeschlossene Wohnung nutzen. Vor allem aber wird die finanzielle Beteiligung nur selten angezweifelt. Bei Ledigen, die am Wochenende noch bei ihren Eltern wohnen, sieht die Sache aber anders aus, wobei zu unterscheiden ist zwischen älteren, wirtschaftlich selbstständigen Kindern und jüngeren Kindern, die sich noch in der Ausbildung befinden.
- Bei älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als "eigener" zugerechnet werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn das Kind dort sein Privatleben führt, weil zum Heimatort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen, beispielsweise wegen der alten, betreuungs- oder sogar pflegebedürftigen Eltern (BFH-Urteil vom 16.1.2013, VI R 46/12; BFH-Urteil vom 5.6.2014, VI R 76/13). Folge: Dem Grunde nach sind Kosten der doppelten Haushaltsführung gegeben. Allerdings müssen sich die Kinder nachweislich finanziell an den Kosten der Lebensführung beteiligen (BFH-Urteil vom 12.1.2023, VI R 39/19).
- Bei jüngeren berufstätigen Kindern, die während der Ausbildung oder nach Beendigung der Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ein Zimmer bewohnen, ist anzunehmen, dass sie einen eigenen Hausstand nicht unterhalten, auch wenn sie sich an den Kosten beteiligen. Sie sind im Allgemeinen in den Haushalt der Eltern eingegliedert. Folge: Mangels eines zweiten Haushalts können schon begrifflich keine Kosten der doppelten Haushaltsführung vorliegen (so z.B. FG Münster, Urteil vom 7.10.2020, 13 K 1756/18 E; vgl. SteuerSparbrief Dezember 2020).
AKTUELL: Der Bundesfinanzhof muss nun die Frage klären, ob ein rund 30 Jahre alter Sohn, der nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung auswärts studiert und lediglich über ein geringes Einkommen verfügt, unter die erste Kategorie fällt ("wirtschaftlich selbständige Kinder") oder ob er noch als "jüngeres Kind" gilt, bei dem von vornherein keine Kosten der doppelten Haushaltsführung vorliegen können. Vorausgegangen ist ein negatives Urteil des Finanzgerichts München vom 1.3.2023 (1 K 2311/20; Revision unter Az. VI R 12/23).
- Der Fall: Der in 1986 geborene ledige Kläger hat nach abgeschlossener Ausbildung die Fachhochschulreife nachgeholt und anschließend studiert. Während des Studiums (Streitjahre 2014 bis 2018) bezog er zunächst ein geringes Gehalt als Werkstudent bzw. als studentische Hilfskraft sowie später ein etwas höheres Gehalt als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Auswärts bewohnte er Studentenwohnungen bzw. Zimmer in Studentenwohnheimen. Außerdem behielt er seinen Wohnsitz im Haus seiner Eltern bei. Seine dortigen Räumlichkeiten umfassten zwar eine eigene Küche und ein eigenes Bad, doch eine baulich abgeschlossene Wohnung lag offenbar nicht vor. Der Kläger trug vor, er habe als gleichwertiges Haushaltsmitglied Aufgaben wie Garten-, Renovierungs-, Landwirtschafts- sowie Umbauarbeiten und sonstige Arbeiten übernommen und die Haushaltsführung maßgeblich mitbestimmt. Auch habe er im Rahmen seiner eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten einen Geldbetrag zur gemeinsamen Lebensführung beigetragen. Jedenfalls sei aufgrund seiner nichtselbstständigen Tätigkeit die Regelvermutung anzuwenden, wonach bei älteren, wirtschaftlich selbstständigen, berufstätigen Kindern von einer maßgeblichen Mitbestimmung der Haushaltsführung auszugehen sei. Mit diesen Argumenten beantragte er den Abzug von Kosten einer doppelten Haushaltsführung, was Finanzamt und Finanzgericht jedoch ablehnten.
- Begründung: Es ist davon auszugehen, dass der Kläger weiterhin in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert war, ohne diesen wesentlich zu bestimmen bzw. mitzubestimmen. Er hat keinen eigenen Hausstand im Haus seiner Eltern unterhalten. Auch ein "gleichwertig mitbestimmter Mehrgenerationenhaushalt" lag nicht vor. Dem steht insbesondere entgegen, dass die Eltern nicht zwingend auf die Unterstützung des Klägers angewiesen oder aufgrund von Alter und/oder Krankheit pflegebedürftig gewesen wären (die Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt). Dass der Kläger mit Aufnahme der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter ein etwas höheres Einkommen erzielt hat, ändert an dieser Sichtweise nichts.
STEUERRAT: Man darf nun gespannt sein, wie der BFH die Sache beurteilt. Interessant ist immerhin, dass das Finanzgericht die Revision nicht zugelassen hatte und diese erst über den Umweg einer Nichtzulassungsbeschwerde erreicht wurde. Damit ist natürlich noch nicht gesagt, dass die Revision erfolgreich sein wird, doch immerhin scheint der BFH die Problematik für so gewichtig zu halten, dass er eine allgemeine Klärung für erforderlich hält. Um Missverständnisse zu vermeiden: Wenn oben steht, dass ein Steuerpflichtiger mehr als zehn Prozent der Haushaltskosten übernehmen muss, entspricht dies der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung in den genannten BMF-Schreiben. Der BFH hingegen hat entschieden, dass es bezüglich der Kostenbeteiligung keine bestimmte betragsmäßige Grenze gibt (BFH-Urteil vom 12.1.2023, VI R 39/19).
Weitere Informationen:
- Doppelter Haushalt: Wann eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wird
- Doppelte Haushaltsführung bei Alleinstehenden
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