Wer unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, unterliegt in Deutschland mit seinen gesamten inländischen und ausländischen Einkünften der Einkommensteuer. Das ist das so genannte Welteinkommensprinzip. Das heißt zwar nicht, dass tatsächlich Steuern auch auf Einkünfte aus dem Ausland gezahlt werden müssen, denn aufgrund von Doppelbesteuerungsbekommen sind diese oftmals in Deutschland steuerfrei. Doch die Frage einer eventuellen Steuerbefreiung ist nur der zweite Schritt. Zunächst einmal ist zu klären, ob überhaupt eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht vorliegt. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind alle natürlichen Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Auf die Staatsangehörigkeit, Geschäftsfähigkeit oder das Alter kommt es dabei nicht an (§ 1 Abs. 1 EStG). AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass keine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht vorliegt, wenn jemand seinen Wohnsitz im Ausland - hier auf einer spanischen Insel - hat und sich zu bloßen Besuchsaufenthalten in der inländischen Wohnung der Eltern aufhält. Das gilt auch dann, wenn die entsprechende Person noch in Deutschland gemeldet ist (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2024, 7 K 1568/22).
  • Der Fall: Die Klägerin war in den Streitjahren in Deutschland gemeldet. Sie war Eigentümerin von zwei vermieteten Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Eine der Wohnungen wurde von ihren Eltern bzw. nach Versterben des Vaters von ihrer Mutter allein bewohnt. Die Klägerin war beruflich im Ausland tätig. In den Streitjahren arbeitete sie sommers auf einer südosteuropäischen Insel und winters in Asien. Während ihrer Aufenthalte in Südosteuropa bewohnte die Klägerin ein von ihrem Arbeitgeber gestelltes Apartment. Während ihrer Aufenthalte in Asien übernachtete sie in Hotelzimmern. Ferner gehörte der Klägerin eine größere Wohnung auf einer spanischen Insel, die ausschließlich von ihr genutzt wurde. Gegenüber dem deutschen Finanzamt erklärte sie, sie habe ihre Eltern bzw. ihre Mutter nur wenige Tage pro Jahr in Deutschland besucht. In deren Wohnung habe sie sich als Gast aufgehalten. Das Finanzamt sah sie dennoch als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig an, unter anderem, weil sie noch in Deutschland gemeldet war. Da die Klägerin keine Einkommensteuererklärung abgab, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen. Die hiergegen gerichtete Klage war überwiegend erfolgreich.
  • Begründung: Die Klägerin war nur mit ihren inländischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland - beschränkt - einkommensteuerpflichtig. Eine persönliche unbeschränkte Einkommensteuerpflicht hingegen lag nicht vor. Gemäß § 1 Abs. 1 EStG sind natürliche Personen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
  • Für einen Wohnsitz kommt es auf das tatsächliche Innehaben und Benutzen einer Wohnung an. Die Meldung beim Einwohnermeldeamt sei dafür lediglich ein schwaches Indiz. Auch die Eigentumsverhältnisse seien von allenfalls untergeordneter Bedeutung. Im Urteilsfall sprächen gute Gründe dafür, dass die Klägerin ihren Wohnsitz in ihrer Wohnung auf der spanischen Insel hatte. Diese Wohnung gehörte ausschließlich ihr, wurde ausschließlich von ihr nach ihrem "gusto" eingerichtet und ausgestattet und die Kosten dafür ausschließlich von ihr getragen. Diese Wohnung verfügte über mehrere Zimmer und hatte eine ausreichende Wohnfläche. Mithin war diese Wohnung fürs Wohnen einschließlich der Unterbringung sämtlicher persönlicher Sachen geeignet. Es mag sein, dass Wohnungen auf der spanischen Insel als Ferienwohnung einschließlich einer Überlassung an Dritte genutzt werden. Zwingend ist dies jedoch nicht, zumindest fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten dafür. Ihre Aufenthalte in Deutschland hatten letztlich einen bloßen Besuchscharakter.
  • Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen, wobei kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben. Die Klägerin hielt sich in keinem der Streitjahre derart lange im Inland auf.

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