Unternehmer sind selbstverständlich gehalten, ordnungsgemäße Rechnungen auszustellen, die die erbrachten Leistungen zweifelsfrei und ohne weitere Nachforschungen erkennen lassen. Üblicherweise hat auch der Rechnungsempfänger ein hohes Interesse an detaillierten Rechnungen, denn nur so kann er prüfen, ob die gelieferte Ware und der Lieferschein mit der Rechnung übereinstimmen. Die Finanzverwaltung ihrerseits verlangt ebenfalls Rechnungen, die es ihr ermöglichen, den Rechnungsaussteller und die Leistung zweifelsfrei und ohne viel Aufwand zu identifizieren. Doch wie das Leben so spielt, gibt es immer wieder Fälle, in denen die Leistungsbeschreibungen von den Finanzämtern als unzureichend angesehen werden - und dann wird dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug versagt.

Im Jahre 2019 musste sich der Bundesfinanzhof mit der Frage befassen, ob bei der Lieferung von Waren im Niedrigpreissegment die bloße Angabe der Warengattung eine handelsübliche, also ausreichende Bezeichnung darstellt. Die Finanzverwaltung und einige Finanzgerichte sahen die reine Gattungsangabe, etwa bei Textilien ("T-Shirt", "Bluse", "Tops", "Kleid", "Hosen") und Modeschmuck, als unzureichend an und versagten den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Rechnungen.

Der BFH ist den überbordenden Anforderungen jedoch entgegengetreten (BFH-Urteil vom 10.7.2019, XI R 28/18). Danach gilt: Die Handelsüblichkeit einer Bezeichnung ist immer von den Umständen des Einzelfalles abhängig, wie etwa der jeweiligen Handelsstufe, der Art und des Inhalts des Geschäftes sowie insbesondere dem Wert der einzelnen Waren. Weiter führte er aus, dass nach Verkehrskreisen zu differenzieren sei - nämlich dem Handel mit Waren im mittleren und oberen Preissegment einerseits und dem Handel mit Waren im Niedrigpreissegment andererseits.

AKTUELL verfügt das Bundesfinanzministerium nun die Anwendung der Rechtsprechung (BMF-Schreiben vom 1.12.2021, BStBl 2021 I S. 2486). Das heißt, dass die Finanzämter die von Kaufleuten gewählte "handelsübliche Bezeichnung" grundsätzlich akzeptieren müssen, wenn es um die Benennung der Warenart geht. Sie dürfen den Vorsteuerabzug nicht ohne Weiteres versagen. Allerdings gibt es weiterhin einige Einschränkungen, die zu beachten sind:

  • In Zweifelsfällen ist der Unternehmer nachweispflichtig, dass eine in der Rechnung aufgeführte Bezeichnung auf der betroffenen Handelsstufe handelsüblich ist.
  • Bei sonstigen Leistungen gilt nach wie vor, dass der Umfang und die Art der erbrachten Dienstleistungen zu präzisieren sind. Dies bedeutet zwar nicht, dass die konkreten erbrachten Dienstleistungen erschöpfend beschrieben werden müssen. Allein nicht ausreichend sind aber allgemeine Angaben wie "Erbringung juristischer Dienstleistungen", "Bauarbeiten" oder "Beratungsleistung".
  • Auch bei höherpreisigen Waren, etwa bei teuren Uhren oder bei teurem Schmuck, bleibt es dabei, dass umfassende Leistungsbeschreibungen erforderlich sind. Die Begriffe "diverse Armbanduhren" oder "diverse Armbänder" sind unzureichend (BFH-Beschluss vom 29.11.2002, V B 119/02).

STEUERRAT: Auch wenn die neue Auffassung der Finanzverwaltung für Aufatmen sorgt, so sollten Unternehmer von ihrem Lieferanten aussagekräftige Leistungsbeschreibungen verlangen. So werden Streitigkeiten mit dem Finanzamt von vornherein vermieden. Zudem sollten Unternehmer nachweisen können, dass die Waren auch tatsächlich geliefert worden sind. Insofern sollten Bestellunterlagen und Lieferscheine aufbewahrt werden.