Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims an den Ehegatten oder Lebenspartner, an die Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder bleibt von der Erbschaftsteuer befreit - und zwar zusätzlich zu den persönlichen Steuerfreibeträgen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG). Bei der Vererbung an den Ehegatten oder Lebenspartner kommt es nicht auf die Größe des Eigenheims an, in den anderen Fällen tritt eine Vergünstigung ein "soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt." Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen. In der Praxis ist in diesem Zusammenhang immer wieder eine Steuerfalle zu beobachten, die wir Ihnen kurz anhand eines Beispiels schildern möchten.

Beispiel:
Frau Steuerle ist Alleineigentümerin eines Einfamilienhauses, das sie gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnt. Testamentarisch verfügt sie, dass ihre Tochter Anna das Einfamilienhaus eines Tages erben soll, ihrem Ehemann, also Annas Vater, aber bis zu dessen Tode ein Wohnrecht eingeräumt wird. Tatsächlich verstirbt Frau Steuerle vor ihrem Ehegatten und der testamentarische Wille tritt - wie von Frau Steuerle bestimmt - in Kraft. Das Einfamilienhaus hat einen Wert von 600.000 EUR. Herr Steuerle nutzt das Einfamilienhaus weiter; Anna wohnt weit entfernt und zieht nicht das geerbte Haus ein. Das Haus ist im Übrigen schuldenfrei.

Was geschieht nun? Anna erbt das Einfamilienhaus, doch da sie es selbst nicht nutzt, steht ihr nicht die Steuerbefreiung für das Familienheim zu. Sie muss den Wert von 600.000 EUR versteuern und darf nur den Wert des Wohnrechts ihres Vaters gegenrechnen. Je nach Alter des Vaters kann der Wert des Wohnrechts aber recht gering sein, so dass nach Abzug des persönlichen Freibetrages von 400.000 EUR Erbschaftsteuer anfällt. Dass der Vater das Einfamilienhaus weiter nutzt, spielt für den Entfall der Steuerfreiheit keine Rolle.

Übrigens ist auch das Wohnrecht des Ehemannes nicht steuerfrei. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Erbschaftsteuerbefreiung nicht für ein Wohnrecht im Familienheim gewährt wird, das der verstorbene Ehegatte seinem hinterbliebenen Partner per Testament einräumt. Die Steuerfreiheit gilt nur dann, wenn der hinterbliebene Ehegatte zivilrechtlich Eigentümer oder Miteigentümer des Familienheims wird. Die Einräumung eines Wohnrechts lässt jedoch die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse unberührt - Eigentümerin ist im Beispielsfall schließlich die Tochter - und genügt daher nicht den Anforderungen für die Steuerbefreiung (BFH-Urteil vom 3.6.2014, II R 45/12).

Für das lebenslange Wohnrecht muss der bewertungsrechtliche Wert ermittelt werden. Dieser Wert unterliegt der Erbschaftsteuer. Er bleibt zwar im Rahmen des persönlichen Freibetrages von 500.000 EUR für Ehegatten steuerfrei und zugegebenermaßen ist der Wert eines Wohnrechts in vielen Fällen nicht sehr hoch. Doch wird noch anderes Vermögen übertragen, durch das der Freibetrag aufgebraucht wird oder ist der überlebende Ehegatte noch recht jung, kann es teuer werden. Denn je jünger der Inhaber des Wohnrechts, umso höher wird der - steuerpflichtige - Kapitalwert des Wohnrechts.

STEUERRAT: Sachverhalte wie im obigen Beispiel sind keine Ausnahme. Was erbrechtlich vielleicht gut gemeint ist, kann steuerlich plötzlich sehr teuer werden. Hinzu kommt, dass oftmals auch gar keine Liquidität vorhanden ist, um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Eine allgemein gültige Empfehlung für eine steuerlich sinnvollere Gestaltung kann an dieser Stelle leider nicht gegeben werden, da die Lebenssachverhalte zu vielfältig sind und letztlich immer individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Doch zumindest sollte in ähnlichen Fällen überlegt werden, ob es wirklich sinnvoll ist, das Haus direkt den Kindern zu übertragen oder ob es nicht besser dem überlebenden Ehegatten vermacht wird und den Kindern stattdessen Geld vererbt wird. Dem Ehegatten steht die Steuerbefreiung nämlich unstreitig zu, wenn er das Haus weiterhin selbst bewohnt. Wenn er aus diesem aufgrund einer Pflegebedürftigkeit innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbe ausziehen muss, wäre das für die einmal gewährte Steuerbefreiung unschädlich.

Weitere Informationen: Erbschaft- und Schenkung: Steuervergünstigung für das Eigenheim