Wer im Alter in seinen eigenen vier Wänden miet- und schuldenfrei wohnen kann, hat auch etwas für seine Altersvorsorge getan. Um dieses Ziel zu unterstützen, ist die Bildung von Wohneigentum in die Riester-Förderung einbezogen worden - das so genannte Wohn-Riester. Wer also zum Beispiel in einen "riester-konformen" Bausparvertrag einzahlt, wird mit der Altersvorsorgezulage und gegebenenfalls einem ergänzenden Sonderausgabenabzug belohnt. Doch es gibt ein aktuelles BFH-Urteil, das unbedingt beachtet werden sllte, um nicht in eine "Förder-Falle" zu tappen.

"Riester-konform" bedeutet, dass das Kapital zum Kauf, zum Bau oder zur Entschuldung eines Eigenheimes oder zum Erwerb von Anteilen an Wohnungsbaugenossenschaften eingesetzt wird. Auch Umbaumaßnahmen zur Reduzierung von Barrieren in und an einer Wohnung sind begünstigt. Wer bereits ein staatlich gefördertes Kapital angespart hat, kann dieses zum Erwerb, zur Herstellung oder Entschuldung einer Wohnimmobilie oder zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen entnehmen. Wer das angesparte und geförderte Kapital jedoch schädlich verwendet, muss den in das so genannte Wohnförderkonto eingestellten Betrag ("Auflösungsbetrag") in vollem Umfang ohne Abzüge versteuern.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Verwendung von Altersvorsorgekapital zur Tilgung eines Darlehens dann nicht begünstigt ist, wenn mit dem Darlehen lediglich die Erweiterung einer bereits bestehenden Wohnung finanziert worden ist (Urteil vom 20.3.2019, X R 4/18). Es liegt also keine "riester-konforme" Verwendung vor und es droht die sofortige Versteuerung des Auflösungsbetrages.

  • Der Fall: Eheleute erwarben bereits im Jahr 1977 ein Einfamilienhaus. Die Anschaffungskosten finanzierten sie fremd. Im Jahr 2009 errichteten die Ehegatten einen Wintergarten, der die Wohnfläche des Einfamilienhauses um ca. 30 qm vergrößerte. Hierzu hatten sie bereits im Juni 2008 einen weiteren Darlehensvertrag geschlossen ("Wintergarten-Darlehen"). Die Darlehenssumme belief sich auf 66.000 EUR und war bis zum 31.12.2016, spätestens bei Zuteilung eines Bausparvertrags zurückzuzahlen. Der Ehemann hatte einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen ("Wohn-Riester"). In 2013 beantragte er bei der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) die Entnahme seines Kapitals für die "Tilgung noch bestehender Darlehensschulden für Wohnzwecke". Diese bezifferte er mit rund 60.000 EUR und führte hierbei insbesondere das "Wintergarten-Darlehen" an.
  • Die ZfA lehnte den Antrag ab. Die beabsichtigte Verwendung diene nicht dazu, ein zum Zwecke der Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommenes Darlehen zu tilgen. Die Entnahme des Altersvorsorgekapitals für Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen an einer bereits bestehenden Wohnung stelle eine förderschädliche Verwendung i.S. von § 92a Abs. 1 EStG dar. Die Vorinstanz gab zwar der Klage statt, sah also keine förderschädliche Verwendung des Kapitals. Dem ist der BFH jedoch nicht gefolgt. Das Darlehen stehe im Zusammenhang mit der Erweiterung einer bereits bestehenden Wohnung. Diese Maßnahme führte zwar zu nachträglichen Herstellungskosten, stelle selbst aber keine "Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung" dar. Die Voraussetzungen des insoweit einschlägigen § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG seien nicht erfüllt.
  • "Herstellen einer Wohnung" bedeute die Schaffung einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung. Baumaßnahmen an einer bereits bestehenden Wohnung könnten nur dann als "Herstellen einer Wohnung" beurteilt werden, wenn diese Wohnung bautechnisch neu ist. Dazu müsse das Gebäude in seiner wesentlichen Bausubstanz verändert werden, so dass die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das Gepräge eines neuen Gebäudes geben und die verwendete Altbausubstanz wertmäßig untergeordnet erscheint. Dagegen liege kein "Herstellen einer Wohnung", sondern lediglich deren Erweiterung vor, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt werden bzw. die nutzbare Fläche vergrößert wird und dies eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes zur Folge hat.

STEUERRAT: Im Urteilsfall bestanden noch weitere Darlehen, die seinerzeit tatsächlich mit dem Erwerb der Immobilie im Zusammenhang standen. Die Kläger hätten daher mit dem Altersvorsorgekapital besser diese Kredite ablösen sollen. Betroffene Riester-Sparer sollten also in ähnlichen Fällen unbedingt prüfen, ob sie die "richtigen" Darlehen mit dem Kapital tilgen. Es droht sonst eine komplette Versteuerung des in das Wohnförderkonto eingestellten Betrags (sog. Auflösungsbetrag). Im Übrigen ist zu beachten, dass der Antrag auf Entnahme des Altersvorsorgekapitals spätestens zehn Monate vor Beginn der Auszahlungsphase bei der ZfA erfolgen muss. Dabei sind auch die notwendigen Nachweise zu erbringen (§ 92b EStG). Die Zehn-Monats-Frist wird in der Praxis oftmals nicht beachtet. Kommt eine begünstigte Investition des angesparten Kapitals nicht in Betracht, sollte geprüft werden, ob eine Verrentung möglich und sinnvoll ist, das heißt, dass die Auszahlung als Leibrente erfolgt.

Weitere Informationen: Eigenheimrente: Riester-Förderung für Wohneigentum