Das Leben ist kompliziert und viele unserer Handlungen haben zumindest am Rande mit dem Steuerrecht zu tun. Wer ein Haus verkauft, muss möglicherweise beachten, dass ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn entstehen kann. Wer einen Handwerker mit Arbeiten rund ums Eigenheim beauftragt, sollte daran denken, dass er dessen Rechnung nur per Überweisung und nicht bar begleicht, denn sonst geht der Steuerabzug für Handwerkerleistungen nach § 35a EStG verloren. Und wer zum Beispiel ein denkmalgeschütztes Gebäude erwirbt, das er umbauen lässt, will üblicherweise eine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen. Für Fragen rund ums Steuerrecht sind grundsätzlich Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine die richtigen Ansprechpartner. Manch Steuerbürger verlässt sich aber darauf, dass er von seinem Makler, seinem Handwerker oder seinem Architekten über steuerliche Vergünstigungen oder Risiken hingewiesen wird, soweit diese im Zusammenhang mit dem erteilten Auftrag stehen. Wer sich darauf verlässt, kann aber im wahrsten Sinne des Wortes verlassen sein, denn regelmäßig treffen die genannten Personen keine steuerlichen Aufklärungspflichten. Zumindest haften sie nicht für entstandene Steuerschäden, wie drei Urteile der Zivilgerichte aus den letzten Jahren zeigen.

Makler: Keine Haftung für falsche Auskunft zur Berechnung der Zehn-Jahres-Frist

Wer sein Haus oder seine Eigentumswohnung innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf wieder veräußert, sollte sich zuvor bei einem Steuerprofi erkundigen, ob ein Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, denn nur in bestimmten Fällen bleibt der "Spekulationsgewinn" von der Steuer verschont. Zudem kann die exakte Bestimmung der Zehn-Jahres-Frist im Einzelfall Tücken bereithalten. Ein Immobilienmakler jedenfalls haftet nicht für eine falsche Auskunft zur Berechnung der Zehn-Jahres-Frist. In einem entsprechenden Fall scheiterte eine gebeutelte Hausverkäuferin in allen Instanzen. Einen Makler trifft im Regelfall keine vertragliche Nebenpflicht, steuerrechtliche Fragen zu prüfen - so der Bundesgerichtshof (Urteil vom 12.7.2018, I ZR 152/17).

  • Der Fall: Die Klägerin war Eigentümerin eines von ihr Anfang 2004 zum Preis von 170.000 EUR erworbenen Wohnanwesens, in dem sich acht vermietete Wohnungen befanden. Mit schriftlichem Maklerauftrag beauftragte sie einen Immobilienmakler mit der Vermittlung des Anwesens. Dieser teilte der Klägerin nach Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit mit, es gebe zahlreiche Interessenten für das Anwesen und es empfehle sich, dieses bald zu veräußern, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass Interessenten abspringen könnten. Mit notariellem Kaufvertrag vom Juli 2013 verkaufte sie das Anwesen zu einem Preis von 295.000 EUR. Nun kam es, wie es kommen musste: Das Finanzamt verlangte Einkommensteuern auf den Veräußerungsgewinn; für das Jahr 2013 kam es zu einer Nachzahlung von fast 48.000 EUR. Die Klägerin meinte, der Makler hätte sie vor Abschluss des Kaufvertrags darauf hinweisen müssen, dass ein innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb des Anwesens bei seiner Veräußerung erzielter Gewinn grundsätzlich einkommensteuerpflichtig sei. Der Makler habe bei der Auftragserteilung einen Grundbuchauszug übergeben bekommen. Jedenfalls anlässlich der Vorbereitung des Kaufvertrags habe er Kenntnis davon erhalten.
  • Klage, Berufung und letztlich auch die Revision blieben erfolglos. Die ehemalige Immobilienbesitzerin blieb auf ihrem "Steuerschaden“ sitzen; der Maklerin musste nicht haften. Abweichendes gelte im Einzelfall ausnahmsweise etwa dann, wenn ein Makler sich hinsichtlich bestimmter Steuerfragen als Fachmann geriert, wenn er sich beispielsweise in seiner Werbung einer langjährigen Tätigkeit und Erfahrung rühmt, wenn der Auftraggeber hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf oder wenn der Makler den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsschluss verleitet. Ein Makler, der einen Grundstückskauf vermittelt, sei aber nur dann gehalten, auf mögliche steuerrechtliche Folgen des vermittelten Geschäfts hinzuweisen, wenn er aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls Anlass zu der Vermutung haben muss, seinem Kunden drohe ein Schaden, weil er sich der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht wie etwa gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (privates Veräußerungsgeschäft bzw. Spekulationsgeschäft) nicht bewusst ist.

Handwerker: Keine Pflicht zur Aufklärung über Folgen einer Barzahlung

Für haushaltsnahe Dienstleistungen gibt es eine Steuervergünstigung in Höhe von 20 Prozent der Kosten, höchstens 4.000 EUR im Jahr. Auch Handwerkerleistungen sind mit 20 Prozent der Aufwendungen begünstigt, höchstens können 1.200 EUR im Jahr direkt von der Steuerschuld abgezogen werden (§ 35a EStG). Beiden Steuerermäßigungen ist gemein, dass der Auftraggeber eine Rechnung erhalten muss und deren Begleichung unbar erfolgt. Barzahlungen sind nicht begünstigt!

Nun gibt es immer wieder Dienstleister, die eine Barzahlung verlangen. Und es gibt andererseits auch Auftraggeber, die eine Rechnung - möglicherweise in Unkenntnis des § 35a EStG - bar begleichen. In diesen Fällen wird das Finanzamt den Abzug als haushaltsnahe Dienstleistung oder als Handwerkerleistung versagen - da hilft kein Jammern und kein Klagen. Das Amtsgericht Eisenhüttenstadt hat entschieden, dass der Auftraggeber dann in Höhe der entgangenen Steuerermäßigung auch keinen Erstattungsanspruch gegen den Dienstleister hat (Urteil vom 8.3.2021, 5 C 65/20).

Im Urteilsfall ging es um einen Steuerpflichtigen, der ein Umzugsunternehmen für einen privaten Umzug beauftragt und die Rechnung bar bezahlt hatte. Nachdem er keine Steuerermäßigung erhalten hatte, verlangte er insoweit eine Erstattung vom Umzugsunternehmen. Doch nach Ansicht des Gerichts hat der Unternehmer weder eine Pflicht, seinen Kunden zur unbaren Zahlung anzuhalten noch müsse er ihn über steuerliche Folgen aufklären. Im Rahmen seiner Eigenverantwortung müsse sich der Auftraggeber schon selbst um seine steuerlichen Belange kümmern.

Architekt: Aufklärung über denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte?

Für Baumaßnahmen an denkmalgeschützten Immobilien kann es lukrative Sonderabschreibungen geben, doch - Sie ahnen es - müssen steuerlich einige Voraussetzungen erfüllt sein. Bauherren sollten sich diesbezüglich aber nicht nur an ihren Architekten wenden, sondern auch an einen Steuerprofi. Denn der Architekt muss zwar über die eventuelle denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens informieren, damit der Auftraggeber eine steuerliche Sonderabschreibung beanspruchen kann. Die "unvollständige Grundlagenermittlung", also die fehlende Aufklärung des Architekten, führt aber nicht zur Schadensersatzpflicht für entgangene steuerliche Vergünstigungen (OLG Frankfurt, Urteil vom 25.4.2022, Az. 29 U 185/20; Quelle: 53/2022).

  • Der Fall: Die Bauherren beabsichtigten die Sanierung einer Dachgeschosswohnung im Frankfurter Westend und beauftragten einen Architekten mit Architektenleistungen. Dieser klagte vor dem Landgericht ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen u.a. auf Schadensersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung (§ 7h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der unrichtigen Ausklärung damit ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 EUR entstanden. Vor dem OLG hatte aber der Architekt Erfolg, die Bauherren müssen das Honorar begleichen.
  • Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt. Es fehle aber am so genannten Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für die Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Die ordnungsgemäße Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens; insbesondere solle sie den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bauherrn wahrzunehmen. Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen zu können. Sie zielt - jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände - nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen (Quelle: OLG Frankfurt am Main, 53/2022).