SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

 Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Firmenwagen: Vorteile durch Einzelbewertung nutzen
  • Ebay: Wer gilt bei Ehegatten als Verkäufer?
  • Fotovoltaikanlage: Vorsicht bei Erwerb durch Personengesellschaften
  • Privatlehrer: Umsatzsteuerfreiheit durch Berufung auf EU-Recht

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Juni 2018

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

um die Leseleistungen der deutschen Schüler ist es schlecht bestellt. Ende letzten Jahres ist die so genannte IGLU-Studie 2016 veröffentlicht worden, die die Lesekompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland international verglichen hat. Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland befinden sich lediglich im unteren Mittelfeld. In 20 Staaten erzielen Schulkinder signifikant bessere Leseleistungen als vergleichbare Grundschüler in Deutschland. Im Vergleich zu der Studie aus 2001 sind auch keine nennenswerten Verbesserungen festgestellt worden.

Ich gebe zu: Mein erster Gedanke war, dass die Smartphone-Generation mit ihren kurzen Twitter- und WhatsApp-Nachrichten zunehmend das Lesen und vor allem auch das Verstehen von längeren Texten verlernt hat. Doch dann war ich überrascht, dass sich unter anderem die Schüler aus Singapur, Hongkong und Taiwan auf den vorderen Plätzen befinden, also Kinder aus Staaten, in denen die Digitalisierung wesentlich weiter fortgeschritten ist als in Deutschland. An Smartphones und Internet allein kann es also nicht liegen. Vielmehr dürfte es neben den allgemeinen gesellschaftlichen Problemen auch an unserem Schulsystem liegen.

Bis die heutigen Grundschulkinder ins Berufsleben eintreten werden, vergehen noch einige Jahre. Diese Zeit sollte sinnvoll genutzt werden - zum Beispiel durch die verstärkte Förderung von Schülern mit Leseschwächen und die verbesserte Ausstattung der Schulen. Allerdings befürchte ich, dass sich in den kommenden Jahren keine grundlegende Besserung der Situation ergeben wird, auch wenn sich CDU/CSU und SPD auf hohe Mehrausgaben für die Bildung geeinigt haben. Vielmehr dürfte der Trend dahingehen, das Berufsleben an die Gegebenheiten anzupassen.

Ein interessantes Beispiel liefert hier ein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen mit dem Namen "Ressourcenschonung im steuerlichen Streitverfahren." Bei diesem Projekt geht es darum, die langen Schriftsätze während des Einspruchs- und späteren Klageverfahrens einzudämmen.

In einem Informationsschreiben heißt es dazu: "Sofern klar absehbar ist, dass ein beide Seiten befriegendes Ende des Steuerstreits im Einspruchsverfahren ausgeschlossen erscheint, kann ein umfangreicher und zeitaufwendiger Schriftsatzaustausch entbehrlich sein. Im Sinne einer ressourcenschonenden Arbeitsweise kann die steuerliche Streitfrage in geeigneten Fällen - einvernehmlich - mit geringem Schriftsatzaufwand beim Finanzgericht angebracht und dort durch eine frühzeitige, insbesondere durch die mündliche Erörterung geprägte, Bearbeitung gefördert werden."

Von den Finanzrichtern wird das Pilotprojekt offenbar begrüßt; sie berichten durchaus von positiven Erfahrungen. Und tatsächlich ist niemandem mit langen Schriftsätzen geholfen, wenn auch in kurzen Schreiben alles Wichtige gesagt werden kann. So soll es Goethe gewesen sein, der einen Brief mit den Worten begonnen hat: "Lieber Freund, ich schreibe Dir einen langen Brief, weil ich für einen kurzen keine Zeit habe."

Dennoch stellt sich bei mir ein Störgefühl ein. Kann die Zukunft wirklich darin liegen, seine Gedankengänge selbst im Berufsleben nur noch kurz und knapp auszuformulieren? Werden längere Schriftsätze von den Behörden bald nicht mehr akzeptiert? Frei nach dem Motto: "Aufgrund der Länge Ihres Schriftsatzes sehen wir uns leider gezwungen, Ihren Antrag abzulehnen."

Ich hoffe, von einem solchen Szenario bleiben wir noch viele Jahre verschont. Ich freue mich jedenfalls Monat für Monat, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser des Steuerrat24, die Muße finden, den SteuerSparbrief ausführlich zu studieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

 

1. Firmenwagen:
Vorteile durch Einzelbewertung nutzen

Wer einen Firmenwagen vom Arbeitgeber auch privat nutzen darf, muss einen privaten Nutzungswert als geldwerten Vorteil versteuern. Der private Nutzungswert kann entweder mittels Fahrtenbuch oder nach der Pauschalmethode, auch als Ein-Prozent-Regelung bezeichnet, ermittelt werden. Der Nutzungswert nach der Pauschalmethode setzt sich zusammen aus zwei Teilen:

  • Für Privatfahrten wird monatlich 1 % des Listenpreises angesetzt.
  • Für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wird ein Zuschlagswert hinzugerechnet: Im Normalfall sind dies monatlich 0,03 % des Listenpreises je Entfernungskilometer.

Aber: Die Zuschlagsregelung, also die 0,03-Prozent-Regelung, kommt nur insoweit zur Anwendung, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt hat. Daher gilt folgende zusätzliche Regelung:

  • Grundsätzlich ist die Ermittlung des Zuschlags zwar kalendermonatlich mit 0,03% des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorzunehmen. Ein durch Urlaub oder Krankheit bedingter Nutzungsausfall ist im Nutzungswert pauschal berücksichtigt.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer und Fahrt zulässig. Die Einzelbewertung ist von Vorteil, wenn ein Fahrzeug weniger als 15 Kalendertage im Monat für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit genutzt wird (siehe Beispiel unten). Die Möglichkeit der Einzelbewertung ist durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.9.2010 (VI R 57/09, BStBl 2011 II S. 359) geschaffen worden.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium umfassend zu der Einzelbewertung Stellung genommen, die Anforderungen konkretisiert, Beispielsfälle aufgeführt und auch ein neues Recht für Arbeitnehmer geschaffen (BMF-Schreiben vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S. 592). Doch zunächst zur günstigen Einzelbewertung, die nachfolgendes Beispiel erläutert.

Beispiel
Herr Steuerle ist viel im Außendienst tätig und fährt mit seinem Firmenwagen, der 30.000 EUR gekostet hat, monatlich nur zehnmal zum 60 km entfernten Firmensitz.

 

So wird nach der

0,03-Prozent-Methode

gerechnet

So wird nach der

Einzelbewertung

gerechnet

Nutzungswert für die Privatnutzung: 1 % von 30 000 EUR

300 EUR

300 EUR

Zuschlagswert für die Fahrten zur Arbeitsstätte:

Pauschalmethode: 0,03 % von 30 000 EUR x 60 km

 

Einzelbewertung: 0,002 % von 30 000 EUR x 60 km x 10 F.

 

 

+ 540 EUR

 

 

 

 

+ 360 EUR

 

Geldwerter Vorteil insgesamt

= 840 EUR

= 660 EUR

Dies sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Einzelbewertung:

  • Die Einzelbewertung ist nur auf das gesamte Kalenderjahr bezogen zulässig.
  • Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich und fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat; die bloße Angabe der Anzahl der Tage reicht nicht aus. Es sind keine Angaben erforderlich, wie der Arbeitnehmer an den anderen Arbeitstagen zur ersten Tätigkeitsstätte gelangt ist. Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer das betriebliche Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mehrmals benutzt, sind für Zwecke der Einzelbewertung nur einmal zu erfassen. Diese Erklärungen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren. Es ist aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn für den Lohnsteuerabzug jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt wird.
  • Wird im Lohnsteuerabzugsverfahren eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorgenommen, so hat der Arbeitgeber für alle dem Arbeitnehmer überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Fahrten vorzunehmen. Eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ist ausgeschlossen.

Beispiel
Herr Steuerle kann einen Firmenwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen. Dem Arbeitgeber liegen datumsgenaue Erklärungen des Herrn Steuerle über Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für die Monate Januar bis Juni an jeweils 14 Tagen, für die Monate Juli bis November an jeweils 19 Tagen vor. Für den Monat Dezember liegt B eine datumsgenaue Erklärung über Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an 4 Tagen vor.
In den Monaten Januar bis Juni hat der Arbeitgeber für Zwecke der Einzelbewertung jeweils 14 Tage zugrunde zu legen, in den Monaten Juli bis November jeweils 19 Tage. Wegen der jahresbezogenen Begrenzung auf 180 Fahrten ist für Zwecke der Einzelbewertung im Dezember nur ein Tag anzusetzen (Anzahl der Fahrten von Januar bis November = 179). Damit ergeben sich für die Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten des Herrn Steuerle zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte je Kalendermonat folgende Prozentsätze:
Januar bis Juni: 0,028 % (14 Fahrten × 0,002 %)
Juli bis November: 0,038 % (19 Fahrten × 0,002 %)
Dezember: 0,002 % (1 Fahrt × 0,002 %).

Im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung ist der Arbeitnehmer nicht an die im Lohnsteuerabzugsverfahren angewandte 0,03-Prozent-Regelung gebunden und kann einheitlich für alle ihm überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge für das gesamte Kalenderjahr zur Einzelbewertung wechseln. Hierzu muss der Arbeitnehmer fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Zudem hat er durch geeignete Belege glaubhaft zu machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ermittelt und versteuert hat (z. B. Gehaltsabrechnung, die die Besteuerung des Zuschlags erkennen lässt; Bescheinigung des Arbeitgebers).

NEU: Spätestens ab 2019 ist der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers zur Einzelbewertung bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren verpflichtet, wenn sich aus der arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt. Teilt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber also mit, dass er von der Einzelbewertung Regelung Gebrauch machen will, muss der Arbeitgeber dies bei der Lohnabrechnung grundsätzlich beachten. Dadurch ergibt sich für die Arbeitgeber zwar ein erheblicher Mehraufwand; für die Arbeitnehmer ist das Recht aber nicht nur lohnsteuerlich, sondern insbesondere sozialversicherungsrechtlich von Vorteil (siehe unten). Bislang gilt hingegen noch die Regelung, dass der Arbeitgeber nicht zur Einzelbewertung, sondern nur zur Anwendung der 0,03-Prozent-Regelung verpflichtet ist. Er kann seine Arbeitnehmer darauf verweisen, sie mögen die Einzelbewertung in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen (BMF v. 1.4.2011, BStBl 2011 I S. 301).

STEUERRAT: Verständlicherweise haben Arbeitgeber wenig Interesse an der Berücksichtigung der Einzelbewertung im Lohnsteuerabzugsverfahren. Sie verweisen ihre Arbeitnehmer daher üblicherweise auf deren Einkommensteuererklärung. Aber: Arbeitnehmer, die mit ihrem Bruttoarbeitslohn noch nicht die Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung erreicht haben, sollten beachten, dass sich eine "Korrektur in der Einkommensteuererklärung" nicht (mehr) mindernd auf die Sozialversicherungsbeiträge auswirkt. Von Interesse ist insoweit die Niederschrift über die Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 22.3.2018. Hier heißt es: "Eine steuerrechtliche Minderung des Nutzungswertes im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung führt unter Berücksichtigung des in § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV verankerten Grundsatzes nicht zur nachträglichen Beitragsfreiheit der Minderung des Nutzungswertes."

Das bedeutet also: Verzichtet der Arbeitgeber auf die Zugrundelegung der Einzelbewertung, kann der Arbeitnehmer diese zwar im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend machen. Er hat aber keine Möglichkeit, dies auch für Zwecke der Sozialversicherung zu erreichen. Er zahlt dann zu hohe Sozialversicherungsbeiträge.

Weitere Informationen: Firmenwagen: Nutzungswert nach der Pauschalmethode

 

2. Betriebsfeier:
Transferkosten sind kein geldwerter Vorteil

Betriebsfeiern sind für die Stimmung im Unternehmen wichtig und erhöhen die Motivation der Mitarbeiter. Der "geldwerte Vorteil", den die Mitarbeiter durch die betrieblichen Veranstaltungen erhalten, bleibt steuerfrei, soweit die Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen. Das gilt für maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass die Kosten für einen Shuttle-Transfer zu und von einer Betriebsveranstaltung keinen geldwerten Vorteil darstellen und somit nicht in die 110-EUR-Freigrenze einzubeziehen sind (Urteil vom 22.2.2018, 9 K 580/17). Das Urteil ist zwar noch zu der alten Regelung ergangen, die lediglich in den Lohnsteuer-Richtlinien enthalten war. Das Gesagte ist aber auf aktuelle Fälle übertragbar.

  • Der Fall: Die Belegschaft eines Unternehmens war zu einer abendlichen Veranstaltung zur Ehrung der Jubilare eingeladen. Die Arbeitnehmer sollten grundsätzlich selbständig an- und abzureisen. Es bestand jedoch die Möglichkeit, von der Hauptverwaltung zum Veranstaltungsort und für den späteren Rückweg einen Shuttle-Bus in Anspruch zu nehmen. Das Finanzamt wollte die Anreisekosten in die Bemessungsgrundlage für den vermeintlichen geldwerten Vorteil einbeziehen. So ergab sich ein Betrag von 112,67 EUR, der mithin über der 110-EUR-Grenze lag.
  • Die Finanzrichter gaben der Klage statt. Begründung: Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, seien nicht als Lohn zu beurteilen. Folglich seien sie auch nicht bei der Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, einzubeziehen. Deshalb würden z.B. auch Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Eventmanagers ausgenommen. Allein das Abhalten einer Betriebsveranstaltung in fremden statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründe für sich betrachtet regelmäßig noch keinen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers. Nur wenn Leistungen an die Arbeitnehmer erbracht würden, die einen marktgängigen Wert haben, könne bei den Arbeitnehmern eine objektive Bereicherung und damit Arbeitslohn angenommen werden. Zu einer objektiven Bereicherung führten typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen.

 

3. Arbeitszimmer:
Alle Einsprüche wegen teilweiser privater Mitbenutzung erledigt

Seit Jahrzehnten ist klar, dass ein häusliches Arbeitszimmer nur dann steuerlich anerkannt wird, wenn der Raum von den übrigen Wohnräumen abgetrennt ist, büromäßig ausgestattet ist und so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird. Eine private Mitbenutzung darf gegenüber der beruflichen Nutzung allenfalls von nur ganz untergeordneter Bedeutung sein. Mathematisch ausgedrückt bedeutet das: Die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers muss mindestens 90 % der Gesamtnutzung betragen, und die private Nutzung darf nicht mehr als 10 % der Gesamtnutzung ausmachen.

  • Im Jahre 2015 hatte der Bundesfinanzhof in großer Besetzung diesen langjährigen Rechtsgrundsatz erneut bekräftigt: Wird ein häusliches Arbeitszimmer auch privat mitgenutzt oder ein Raum nicht so gut wie ausschließlich beruflich genutzt, sind die Kosten unverändert nicht - auch nicht teilweise - als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar. Jedenfalls dürfen die Raumkosten nicht in einen beruflichen und privaten Anteil aufgeteilt und dann mit dem beruflichen Nutzungsanteil steuerlich abgesetzt werden. Deshalb berechtigt auch eine Arbeitsecke im Wohn- oder Schlafzimmer nicht zum anteiligen Werbungskostenabzug, ebenso wenig wie ein nur zeitweise beruflich genutzter Raum (BFH-Urteil vom 27.7.2015, GrS 1/14).
  • Eine Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 27.9.2017, 2 BvR 949/17).

AKTUELL weist die Finanzverwaltung alle Einsprüche wegen Ablehnung gemischt genutzter häuslicher Arbeitszimmer mittels Allgemeinverfügung zurück. Damit bekommen Sie als betroffener Steuerzahler keine negative Einspruchsentscheidung mehr vom Amt. Ihre Steuerbescheide werden nun bezüglich des Arbeitszimmers automatisch bestandskräftig. Diese Möglichkeit ist per Gesetz zulässig (§ 367 Abs. 2b AO) und erspart den Finanzämtern eine Menge Arbeit (Koordinierter Ländererlass vom 30.4.2018).

STEUERRAT: Sollten Sie mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sein, können Sie beim Finanzgericht Klage erheben. Ein weiterer Einspruch ist nicht mehr möglich. Die Frist für die Klage beträgt ausnahmsweise ein Jahr. Ob aber außer Kosten auch Erfolgsaussichten bestehen, ist fraglich.

Weitere Informationen: Arbeitszimmer: Wer kann ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich absetzen?

 

4. Dienstliche Fahrten:
Neue Werte für geschätzte Treibstoffkosten im Jahre 2017

Berufliche und dienstliche Fahrten - außer den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte - können Sie beim Finanzamt mit der Dienstreisepauschale von 30 Cent je Fahrtkilometer als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abrechnen. Statt die Dienstreisepauschale in Anspruch zu nehmen, können Sie auch den tatsächlichen Kilometer-Kostensatz Ihres Fahrzeugs ermitteln und damit die dienstlichen Fahrten bewerten. Den Km-Kostensatz für Ihren Pkw erhalten Sie, indem Sie die Gesamtkosten des Fahrzeugs durch die Gesamtfahrleistung dividieren.

Nun kommt es aber häufig vor, dass man gerade für Benzinkosten die Belege übers Jahr hinweg nicht vollständig oder überhaupt nicht gesammelt hat. Aber das ist kein Problem, denn Sie dürfen die Treibstoffkosten anhand des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs und des durchschnittlichen Literpreises schätzen (BFH-Urteil vom 7.4.1992, BStBl. 1992 II S. 854). Dies ist nach § 162 AO möglich, wenn Kosten dem Grunde nach zweifelsfrei entstanden sind. Für die Schätzung benötigen Sie zwei Daten: Den vom Hersteller Ihres Fahrzeugs angegebenen Durchschnittsverbrauch und den durchschnittlichen Kraftstoffpreis in dem betreffenden Jahr. Doch wie hoch war eigentlich im Jahre 2017 der durchschnittliche Literpreis?

AKTUELL geben wir Ihnen hier den durchschnittlichen Literpreis für das Jahr 2017 bekannt, wie er vom statistischen Bundesamt und vom Mineralölwirtschaftsverband ermittelt wurde: Der Jahres-Durchschnittspreis betrug für Superbenzin 136,55 Cent und für Diesel 115,58 Cent pro Liter. Der Wert wird monatlich ermittelt und kann mit dem Jahresdurchschnittspreis auch für steuerliche Zwecke genutzt werden.

Beispiel:

Sie haben alle Kostenbelege mit Ausnahme der Tankbelege vorliegen. Also behelfen Sie sich mit einer Schätzung der Benzinkosten: Der Wagen verbraucht auf 100 km durchschnittlich 8 Liter, ein Liter kostet im Jahresdurchschnitt 136,55 Cent. Insgesamt sind Sie im Jahr 28.000 km gefahren.

Für Benzinkosten schätzen Sie also: 28.000 km : 100 km x 8 Liter x 136,55 Cent =

3 058,72 EUR

Weitere Informationen u.a. zu den monatlichen Durchschnittswerten: Wie Sie Ihren tatsächlichen Kilometer-Kostensatz ermitteln

 

5. Buß- und Verwarnungsgelder:
Übernahme durch Arbeitgeber ist steuerpflichtig

Am 18. April 2018 fand der zweite europaweite Speedmarathon bzw. Blitzmarathon statt. Mit dem Ziel, das Geschwindigkeitsniveau nachhaltig zu senken und damit Verkehrsunfälle mit Toten und Schwerverletzten zu reduzieren, hat die Polizei in sechs Bundesländern eine groß angelegte Aktion mit Blitzern und Laserpistolen gegen zu schnelles Fahren durchgeführt. Und tatsächlich: Tausende Autofahrer sind in die Radarfallen getappt. Können Autofahrer, die sich auf dem Weg zur Arbeit oder auf einer Dienstreise befanden, die "Knöllchen" als Werbungskosten absetzen? Oder kann der Chef die Knolle eventuell steuerfrei erstatten?

Nein, die Buß- und Verwarnungsgelder sind weder beim Arbeitnehmer als Werbungskosten noch beim Arbeitgeber als Betriebsausgaben absetzbar. Der Ausschluss ist ausdrücklich im Gesetz geregelt und gilt für "von einem Gericht oder einer Behörde festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder" (§ 4 Abs. 5 Nr. 8 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG). Auch stellt die Übernahme von Bußgeldzahlungen durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der zudem sozialversicherungspflichtig ist. Denn die Arbeitgeberleistung erfolgt hier nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und ist deshalb nicht steuerfrei. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Fahrer angewiesen hat, Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten (OFD Frankfurt vom 28.7.2015, S 2332 A-094-St 222).

Solche Zahlungen sind nur dann steuerfrei, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen und im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers sind. Dies aber gilt nicht für Weisungen des Arbeitgebers, die gegen die Rechtsordnung verstoßen und rechtswidrig sind (so BFH-Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12).

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf - gegen die im Jahre 2013 geänderte BFH-Rechtsprechung - entschieden, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Falschparkens durch einen Paketzustelldienst nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Fahrern führt und daher nicht der Lohnsteuer unterliegt (FG Düsseldorf vom 4.11.2016, 1 K 2470/14 L, Revision VI R 1/17).

Zum einen fehlt es - so die Finanzrichter - an einem Zufluss von Arbeitslohn auf Seiten der Arbeitnehmer. Denn das Unternehmen erfülle mit der Zahlung der Verwarnungsgelder lediglich eine eigene Verbindlichkeit. Zwar hätten die Fahrer die Ordnungswidrigkeit begangen, die Verwarnungsgelder seien jedoch unmittelbar gegenüber dem Unternehmen als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt worden. Das Unternehmen habe auch keine Regressansprüche gegenüber den Fahrern. Zum anderen sei die Zahlung der Verwarnungsgelder aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Unternehmens erfolgt und habe keinen Entlohnungscharakter. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Unternehmen nur Verwarnungsgelder wegen Verstößen gegen Park- und Haltevorschriften im ruhenden Verkehr zahle, die zudem von seinen Fahrern bei der Auslieferung und Abholung von Paketen in Gebieten ohne Ausnahmeregelung begangen worden seien. Dabei handele es sich um beachtliche betriebsfunktionale Gründe.

HINWEIS: Die Finanzrichter kritisieren den BFH für dessen moralisierende Betrachtungsweise im Urteil aus 2013, wonach bei einem rechtswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen könnten. Eine solche Moral sei dem Steuerrecht fremd. Denn für die Besteuerung sei es unerheblich, ob ein Verhalten gegen ein gesetzliches Verbot verstoße (§ 40 AO). Dass der Arbeitgeber die übernommenen Verwarnungsgelder nicht als Betriebsausgaben absetzen könne (gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG), sei für die Frage, ob dem Arbeitnehmer ein lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zugewendet werde, unerheblich.

Weitere Informationen: Steuerrat rund ums Auto: Wie Sie steuergünstig fahren.

 

6. Direktversicherung:
Kein Kündigungsanspruch in bestehendem Arbeitsverhältnis

Arbeitnehmer, die Geldsorgen plagen, haben zuweilen wenig Interesse an der Fortführung einer Direktversicherung. Der akute Finanzbedarf erscheint wichtiger als eine spätere Altersversorgung.

AKTUELL hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass bei einer Direktversicherung, die im Zuge der Entgeltumwandlung abgeschlossen worden ist, seitens des Arbeitnehmers kein Kündigungsanspruch besteht (Urteil vom 26.4.2018, 3 AZR 586/16). Der bloße Geldbedarf eines Arbeitnehmers, für den der Arbeitgeber eine Direktversicherung zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung abgeschlossen hat, begründe für sich genommen keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber, den Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft zu kündigen, damit der Arbeitnehmer den Rückkaufswert erhält.

Der Kläger schloss mit seinem Arbeitgeber im Jahr 2001 eine Vereinbarung zur Entgeltumwandlung. Danach war der Arbeitgeber verpflichtet, jährlich ca. 1.000 EUR in eine zugunsten des Klägers bestehende Direktversicherung, deren Versicherungsnehmer der Arbeitgeber ist, einzuzahlen. Die Versicherung, die von dem Arbeitgeber durch weitere Beiträge gefördert wird, ruht seit 2009. Mit seiner Klage verlangte der Kläger von dem Arbeitgeber die Kündigung des Versicherungsvertrags, weil er sich in einer finanziellen Notlage befinde.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Kündigung. Die im Betriebsrentengesetz geregelte Entgeltumwandlung diene dazu, den Lebensstandard des Arbeitnehmers im Alter zumindest teilweise abzusichern. Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen könnte, die Direktversicherung lediglich deshalb zu kündigen, um dem versicherten Arbeitnehmer die Möglichkeit zu verschaffen, das für den Versorgungsfall bereits angesparte Kapital für den Ausgleich von Schulden zu verwenden.

 

II. Privater Bereich

 

1. Krankheitskosten:
Kürzung um die zumutbare Belastung verfassungsgemäß

Wenn Sie in der Steuererklärung Krankheitskosten, z.B. Zuzahlungen, Eigenbeteiligungen, Selbstbehalte, professionelle Zahnreinigungen, Behandlungen auf Privatrechnung usw., als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen, zieht das Finanzamt davon automatisch eine zumutbare Belastung ab. Dies ist Ihr Selbstbehalt, den Sie von den Aufwendungen übernehmen müssen, bevor die Allgemeinheit der Steuerzahler Ihnen hilft. Das bedeutet, dass jedes Jahr außergewöhnliche Belastungen bis zu einem bestimmten Betrag "unter den Tisch fallen" und sich nicht steuermindernd auswirken. Wie viel zumutbar ist, hängt von Einkünften, Kinderzahl und Familienstand ab. Es sind zwischen 1 % und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte.

Die Frage ist, ob der Abzug einer zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten - im Gegensatz zu anderen außergewöhnlichen Belastungen - verfassungsgemäß ist. Immerhin sind auch krankheitsbedingte Ausgaben in Höhe dieser zumutbaren Belastung Teil des Existenzminimums - und das muss steuerfrei bleiben.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof erneut entschieden, dass die Kürzung der Krankheitskosten um eine zumutbare Belastung im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nicht verfassungswidrig ist. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, bei Krankheitskosten auf die Kürzung um die zumutbare Belastung zu verzichten. Denn auch Sozialhilfeempfänger müssen zu ihren Krankheitskosten Zuzahlungen leisten, wenngleich auch nur bis zur Belastungsgrenze in Höhe von 2 Prozent, bei chronisch Kranken bis 1 Prozent des Einkommens (BFH-Urteil vom 21.2.2018, VI R 11/16).

STEUERRAT:  Bereits im Jahre 2015 hat der BFH entschieden, dass die zumutbare Belastung auch bei Krankheitskosten anzusetzen und dies verfassungsmäßig in Ordnung ist (BFH-Urteile vom 2.9.2015, VI R 32/13 und VI R 33/13). Zur Klärung, ob der Abzug einer zumutbaren Belastung tatsächlich verfassungsgemäß ist, ist seit dem 27.12.2017 eine neue Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig (2 BvR 1936/17). Vor einem Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht eine solche Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (2 BvR 180/16). Daher ergehen Steuerbescheide - wie schon bereits seit 2013 - diesbezüglich auch weiterhin mit einem Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 AO. Insofern ist wegen Kürzung von Krankheitskosten um die zumutbare Belastung ein Einspruch gegen den Steuerbescheid nicht erforderlich. Die Hoffnung auf eine Rechtsänderung sollte allerdings nicht euphorisch sein.

Weitere Informationen: Krankheitskosten: Wann und wie Sie welche Kosten absetzen können.

 

2. Prozesskosten:
Rechtsstreit wegen Kindesentführung steuerlich absetzbar

Nach neuer Rechtslage ab 2013 sind Kosten eines Zivilprozesses nur noch im Ausnahmefall als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG - unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung - absetzbar, "wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können" (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass Prozesskosten im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinem Kind und der Rückkehr des bei der Mutter im Ausland lebenden Kindes nach Deutschland als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sind, weil sie einen "Kernbereich menschlichen Lebens" betreffen. Dies gilt auch nach neuer Rechtslage ab 2013 (FG Düsseldorf vom 13.3.2018, 13 K 3024/17 E, Revision).

  • Der Fall: Die frühere Ehefrau hat die gemeinsame Tochter nach einer Urlaubsreise nicht nach Deutschland zurückgebracht, sondern in Südamerika behalten. Da der Vater an seiner Tochter hängt und den Kindesentzug nicht akzeptieren kann, hat er den Rechtsweg beschreiten müssen ("Verfahren zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ)"). Dies sei unausweichlich gewesen, um seine Tochter nach Deutschland zurückholen zu können. Die Prozesskosten betragen rund 21.000 EUR.
  • Nach Auffassung der Richter liegt eine Ausnahme vom Abzugsverbot gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vor, wenn die Streitigkeit einen Kernbereich menschlichen Lebens berührt, wie es beim Umgangsrecht der Eltern mit ihren Kindern der Fall ist. Die Verweigerung des Umgangs mit den eigenen Kindern könne zu einer tatsächlichen Zwangslage führen, die die Anrufung eines Gerichts unabweisbar mache (so BFH-Urteil vom 4.12.2001, III R 31/00). Um einen solchen Fall, in dem der Kernbereich menschlichen Lebens berührt ist, handele es sich vorliegend bei dem Rechtsstreit, den der Vater nach der Entführung seiner Tochter durch die Kindesmutter in Südamerika wegen seines Umgangsrechts und der Rückführung der Tochter nach Deutschland führte.
  • Das grundsätzliche Abzugsverbot für Prozesskosten greift dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die Richter gelangen zu der Erkenntnis, dass ohne ein Umgangsrecht mit der Tochter und deren Rückführung nach Deutschland die (immaterielle) Existenzgrundlage des Vaters gefährdet wäre. Denn die Betroffenheit des Kernbereichs menschlichen Lebens ist als Bedrohung der Existenzgrundlage zu begreifen. Die Existenzgrundlage eines Steuerpflichtigen sei auch dann gefährdet, wenn er ohne den Prozess keine (legale) Möglichkeit hat, seine von der Kindesmutter ins Ausland entführte Tochter nach Deutschland zurückzuholen.

STEUERRAT: Nun muss der Bundesfinanzhof in der Revision die Frage klären, ob Aufwendungen für die Führung eines den Kernbereich des menschlichen Lebens berührenden Rechtsstreits über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinem Kind und die Rückkehr des von der Mutter ins Ausland entführten Kindes nach Deutschland als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG abzugsfähig sind.

Weitere Informationen: Anwalts- und Gerichtskosten im privaten Bereich.

 

3. Steuererklärung:
Anlage "Vorsorgeaufwand" selbst für Notare unverständlich

Notare sind üblicherweise intelligente Menschen, haben lange studiert und sind in Rechtsfragen bewandert. Auch ein gewisses Grundverständnis für das Steuerrecht wird ihnen niemand absprechen können. Doch auch ihnen können Fehler bei ihren Steuererklärungen - zu ihren Ungunsten - unterlaufen, die sie mitunter erst nach der Bestandskraft des Steuerbescheides erkennen.

AKTUELL hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entschieden, dass selbst ein Notar nicht in der Lage sein muss, die Anlage Vorsorgeaufwand zu verstehen. Daher können Eintragungsfehler gegebenenfalls auch nach Ablauf der Einspruchsfrist noch berichtigt werden. Das Urteil hat über den Fall der Notare hinaus Bedeutung, denn es könnte in zahlreichen Fällen die Möglichkeit eröffnen, bereits bestandskräftige Bescheide doch noch ändern zu können (Urteil vom 17.10.2017, 13 K 3544/15 E).

  • In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Notar die Beiträge zum Notarversorgungswerk in der Anlage Vorsorgeaufwand falsch eingetragen, und zwar unter "Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht mit Laufzeitbeginn und erster Beitragszahlung vor dem 1.1.2005 (auch steuerpflichtige Beiträge zu Versorgungs- und Pensionskassen)". Richtig gewesen wäre die Eintragung unter "Beiträge zu landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen". Das Finanzamt übernahm die Eintragungen des Notars. Die falsche Eintragung hatte zur Folge, dass sich die Beiträge zum Notarversorgungswerk nur im Rahmen der Höchstbetragsberechnung nach der Rechtslage 2004 auswirkten. Erst nach Bestandskraft der jeweiligen Steuerbescheide fiel dem Steuerzahler der Fehler auf und er beantragte eine Berichtigung seiner Bescheide.
  • Das Finanzamt weigerte sich, die Bescheide zu ändern, nachdem der Fehler aufgefallen war. Es liege weder ein Fall des § 129 AO (offenbare Unrichtigkeit) noch des § 173 AO (Bekanntwerden einer neuen Tatsache) vor, zumal ein grobes Verschuldens des Notars vorgelegen habe. Das FG hingegen hat eine Änderung nach § 129 AO zugelassen. Nach dessen Auffassung war die mit der fehlerhaften Eintragung der Beiträge an das Notarversorgungswerk verbundene Unrichtigkeit für das Finanzamt ohne Weiteres erkennbar. Durch die Übernahme ohne weitere Prüfung lag ein rein mechanisches Versehen vor. Dieses könne im Nachhinein korrigiert werden.

Laut FG trifft den Notar im Übrigen kein besonderes Verschulden an der falschen Eintragung: "Dem unvoreingenommenen Dritten war des Weiteren bekannt, dass es sich bei dem Kläger zwar um eine rechtlich vorgebildete Person handelt, sich dessen Rechtskenntnisse aber nicht ohne Weiteres auf das gesamte Gebiet des Steuerrechts erstrecken." Das heißt nichts anderes, als dass selbst ein Notar nicht in der Lage sein muss, die Anlage Vorsorgeaufwand zu verstehen.

STEUERRAT: Die meisten Versorgungswerke nehmen noch keine elektronische Übermittlung der Daten an die Finanzverwaltung vor. Daher ist bei der Eintragung der Beiträge in der Anlage "Vorsorgeaufwand" große Vorsicht angebracht, zumal die Bezeichnung der Felder in der Tat sehr missverständlich ist. Ob das Urteil des FG Düsseldorf Bestand haben wird, muss abgewartet werden, da die Revision zugelassen worden ist. Der Bundesfinanzhof sah zuletzt keine Berichtigungsmöglichkeit bei der fehlerhaften Eintragung von Beiträgen an Versorgungswerke (Urteil vom 26.10.2016, X R 1/14).

 

III. Kinder

 

1. Kindergeld:
Anspruch auf Kindergeld auch während der Untersuchungshaft?

Kinder machen gelegentlich Dummheiten, die strafrechtlich relevant sind. Dann kann es vorkommen, dass das Kind in Untersuchungshaft und ggf. in Haft kommt und deswegen seine Berufsausbildung unterbrechen muss. Die Frage ist, ob der Kindergeldanspruch während der Haftzeit weiter bestehen bleibt.

Wenn das Kind in Untersuchungs- oder Strafhaft genommen wird und die Ausbildung während der Haft nicht fortsetzt, nimmt die Familienkasse eine schädliche Unterbrechung der Berufsausbildung an - mit der Folge, dass der Anspruch auf Kindergeld oder die steuerlichen Kinderfreibeträge wegfällt (A 15.10, Abs. 8 DA-KG 2017). Doch der Bundesfinanzhof hatte hier eine Differenzierung vorgenommen:

  • Die Unterbrechung der Berufsbildung durch Untersuchungshaft ist - ähnlich wie eine Erkrankung - dann unschädlich, wenn das Kind unschuldig in Untersuchungshaft sitzt und letztlich vom Tatvorwurf freigesprochen wird (BFH-Urteil vom 20.7.2006, III R 69/04).
  • Wenn aber die Berufsausbildung des Kindes durch eine Untersuchungshaft mit anschließender Gefängnisstrafe unterbrochen wird, so ist dies schädlich und führt zum Verlust des Kindergeldes. Denn in diesem Fall hat das Kind seine Haftstrafe zu vertreten, weil es z. B. wegen Drogenhandels eine Straftat begangen hat und deshalb rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (BFH-Urteil vom 23.1.2013, XI R 50/10).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass im Falle der Untersuchungshaft eine nur "vorübergehende Unterbrechung" der Berufsausbildung nicht vorliegt, wenn das Kind weder während der Untersuchungshaft noch im Anschluss an die Haft eine Ausbildung beginnt oder fortsetzt (BFH-Urteil vom 18.1.2018, III R 16/17).

  • Der Fall: Das Kind war in Berufsausbildung und wurde wegen Raub und schwerer Körperverletzung ein Jahr lang in Untersuchungshaft genommen, aber letztlich vom Tatvorwurf freigesprochen. In der Haftanstalt bestand keine Möglichkeit, eine Ausbildung durchzuführen, und leider kündigte der Ausbildungsbetrieb das Ausbildungsverhältnis. Nach der Haft wurde eine Ausbildung nicht mehr aufgenommen. Die Familienkasse strich ab Beginn der Untersuchungshaft das Kindergeld.
  • Nach Auffassung des BFH ist nicht darauf abzustellen, ob das Ausbildungsverhältnis während der Inhaftierung des Kindes vom Ausbildungsbetrieb wirksam gekündigt wird. Denn auch im Falle des Fortbestehens des Ausbildungsverhältnisses tritt durch die Untersuchungshaft eine Unterbrechung der Ausbildung ein. Das Kind führte während der Untersuchungshaft jedenfalls weder im Rahmen seines bei dem Ausbildungsbetrieb begonnenen Ausbildungsverhältnisses weitere auf die Ausbildung gerichtete Maßnahmen (innerbetriebliche Ausbildung, Berufsschulbesuche) durch noch fand in der Haftanstalt eine andere Berufsausbildung statt.
  • Bei einer Unterbrechung der Ausbildung durch Untersuchungshaft des Kindes hat der BFH einen Kindergeldanspruch ausnahmsweise trotz Fehlens von Ausbildungsmaßnahmen anerkannt. Allerdings genügt es nicht, dass das Kind später freigesprochen wird und deshalb die Unterbrechung seiner Ausbildung nicht zu vertreten hat. Voraussetzung ist vielmehr auch, dass es sich um eine nur "vorübergehende Unterbrechung" der Ausbildung handelt. Das heißt, dass die Ausbildung nach der Haft weitergeführt oder neu begonnen wird. Und genau an diesem Punkt hakt es im Urteilsfall: Das Kind hat nach der Haft keine Berufsausbildung mehr begonnen oder fortgesetzt!

STEUERRAT: Zu prüfen wäre die Frage, ob das Kind "mangels Ausbildungsplatzes" nicht berücksichtigt werden kann (gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG). Hierzu weist der BFH darauf hin, dass das Kind erstens sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühen muss und zweitens die Ausbildungsstelle im Falle des Erfolgs seiner Bemühungen auch antreten kann. Folge: Eine unschädliche Unterbrechung wäre also zu bejahen, wenn das Kind bereits aus der Untersuchungshaft oder unverzüglich nach deren Ende sich ernsthaft um eine Ausbildungsstelle bemüht und diese Bemühungen glaubhaft nachweist. Dann bleibt bei einem Freispruch des Kindes der Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag auch während der Haftzeit erhalten.

Weitere Informationen: Kinder in Berufsausbildung.

 

IV. Nebentätigkeit

 

1. Ebay:
Wer gilt bei Ehegatten als Verkäufer?

Der Online-Handel von "vermeintlichen Privatpersonen" über Ebay und Amazon führt immer wieder zu einem bösen steuerlichen Erwachen. Mal führt der Verkauf einer - angeblich geerbten - Sammlung zur Einkommensteuer- und Umsatzsteuerpflicht (vgl. BFH vom 12.08.2015, XI R 43/13 und FG Köln v. 4.3.2015, 14 K 188/13). Mal wird die Kleinunternehmergrenze - unbewusst - überschritten (vgl. zum Beispiel FG Köln vom 13.7.2016, 5 K 1080/13).

AKTUELL hat sich das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg mit der Frage befasst, wem Umsätze aus Verkäufen über Ebay zuzurechnen sind, wenn nach außen hin zwar Eheleute bzw. einmal der Ehemann und einmal die Ehefrau auftreten, das Ebay-Konto tatsächlich aber nur auf den Namen des Ehemannes lautet. Die Antwort auf diese Frage ist relevant, weil davon abhängt, ob die Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR einmal, zweimal oder sogar dreimal zum Tragen kommt. Das heißt: Bis zu welcher Höhe können Eheleute ihre Waren über Ebay ohne Umsatzsteuer verkaufen? Die Finanzrichter haben eine eindeutige Haltung: Verkäufe sind ausschließlich der Person zuzurechnen, unter deren Nutzernamen die Verkäufe ausgeführt worden sind. Nur diese Person ist Unternehmer. Folglich fällt bei einem Umsatz von über 17.500 EUR pro Jahr Umsatzsteuer an (Urteil vom 26.10.2017, 1 K 2431/17).

  • Der Fall: Der verheiratete Kläger hatte 2001 bei Ebay ein Nutzerkonto eröffnet und einen Nutzernamen ausgewählt. Unter diesem Nutzernamen wurden über die Plattform Verkäufe getätigt. Die Erlöse wurden dem Bankkonto der Eheleute gutgeschrieben. Nach einer anonymen Anzeige richtete die Steuerfahndungsstelle ein Auskunftsersuchen an Ebay über die unter dem Nutzernamen erzielten Umsätze. Ebay listete bis Juni 2005 die einzelnen, über 1.000 Verkäufe auf. Die Eheleute führten aus, die Umsätze seien nach den Eigentumsverhältnissen an den verkauften Gegenständen aufzuteilen. Es gebe drei Steuersubjekte: der Kläger, seine Ehefrau und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Ehegatten. Alle drei Steuersubjekte seien jeweils als Kleinunternehmer nicht umsatzsteuerpflichtig. Nach einigem verfahrensrechtlichen hin und her kam das FG Baden-Württemberg jedoch zu dem Ergebnis, dass ausschließlich der Ehemann als Unternehmer gelte und die Kleinunternehmergrenze daher nur einmal zum Tragen komme.
  • Bei Ebay stelle bereits das Einstellen in die Auktion ein bindendes Angebot dar, das der Meistbietende durch sein Angebot annehme. Bei solch einem Vertragsschluss sei für die Frage, wer Vertragspartner des Meistbietenden und damit auch Leistungserbringer im umsatzsteuerlichen Sinne sei, entscheidend, wie sich das Versteigerungsangebot auf der Internetseite im Einzelfall darstelle.
  • Werde für die Internetauktion ausschließlich der Nutzername verwendet, sei derjenige, der das Verkaufsangebot unterbreite, "aus der verständigen Sicht des Meistbietenden diejenige Person im Rechtssinne, die sich diesen anonymen Nutzernamen von dem Unternehmen "Ebay" bei Eröffnung des Nutzerkontos hat zuweisen lassen." Der Käufer habe auch einen Anspruch auf Nennung dieser Person. Nur diese könne bei Leistungsstörungen zivilrechtlich auf Vertragserfüllung in Anspruch genommen werden. Diese Person sei der Unternehmer. Ein innerer Wille, über das Nutzerkonto auch Verkäufe anderer abzuwickeln, sei ohne Belang.

STEUERRAT: Unabhängig von der Frage der Umsatzsteuerpflicht ist die Einkommensteuerpflicht zu beurteilen: Wenn die Verkäufe über Ebay nachhaltig, d.h. mit Wiederholungs- und mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgen, liegt ein Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG vor. Somit müssen die Gewinne als "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" versteuert und in der "Anlage G" erklärt werden. Die Finanzämter beobachten die Aktivitäten auf Auktionsplattformen übrigens sehr genau.

Weitere Informationen: Verkäufe über Ebay: Was Sie steuerlich wissen müssen

 

2. Nebentätigkeit:
Freibetrag auch für nebenberufliche Fahrer eines Pflegeheims

Nebenberufliche Tätigkeiten für gemeinnützige Organisationen als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer, Pfleger und Künstler sind steuerbegünstigt: Die Vergütungen hierfür bleiben bis zu 2.400 EUR im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei. Das charakteristische Merkmal einer solchen Tätigkeit ist es, auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss zu nehmen und ihnen Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten zu vermitteln. Das gilt ebenso für vergleichbare Tätigkeiten, sofern der persönliche Kontakt und die pädagogische Ausrichtung gegeben sind.

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass auch nebenberufliche Fahrer einer gemeinnützigen Gesellschaft im Bereich der Altenpflege, die pflegebedürftige Menschen befördern, durch den Übungsleiterfreibetrag für "Pfleger" gemäß § 3 Nr. 26 EStG begünstigt sind und deshalb Aufwandsentschädigungen bis zu 2.400 EUR im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben (FG Baden-Württemberg vom 8.3.2018, 3 K 888/16).

  • Der Fall: Ein Seniorenzentrum bietet u.a. teilstationäre Tagespflege an. Dabei holen nebenberuflich tätige Fahrer des Heims in speziell ausgestattenen Kleinbussen die Pflegebedürftigen zu Hause ab und bringen sie abends wieder dorthin zurück. Die Fahrer helfen den Personen von der Wohnung zum Bus und beim Ein- und Ausstieg. Die Fahrer erhalten eine Aufwandsentschädigung von höchstens 2.400 EUR jährlich. Der Arbeitgeber - das Heim - meint, die Vergütungen blieben in Höhe des Übungsleiterfreibetrages gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuer- und sozialversicherungsfrei, das Finanzamt berücksichtigt lediglich den Ehrenamtsfreibetrag von 720 EUR gemäß § 3 Nr. 26a EStG.
  • Nach Auffassung der Finanzrichter sind die Vergütungen durch den Übungsleiterfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26 EStG begünstigt und bis zu 2.400 EUR steuerfrei. Diese Vorschrift sei aus gesellschaftspolitischen Gründen zur Anerkennung der für das Gemeinwesen wichtigen Tätigkeit der Pflege und zur Motivation bürgerschaftlichen Engagements eingeführt worden. Das Heim sei eine Einrichtung zur Förderung mildtätiger Zwecke. Die Nutzer der Tagespflege seien aufgrund ihres Alters und ihres geistigen oder körperlichen Zustandes hilfebedürftige Personen. Die Tätigkeit der Fahrer erschöpfe sich nicht in der reinen Beförderung. Sie enthalte die Pflege alter Menschen. Pflege umfasse "sämtliche persönlich zu erbringende Hilfeleistungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens". Dazu gehöre die Hilfe zur Mobilität pflegebedürftiger Personen. Helfe ein Fahrer beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung sowie beim Ein- und Ausstieg, bestehe auch ein unmittelbarer und persönlicher Kontakt. Die Fahrer seien nebenberuflich, im Durchschnitt weniger als zwölf Stunden wöchentlich, tätig.

Weitere Informationen:Nebentätigkeiten: Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG.

 

V. Kapitalerträge

 

1. Wandelanleihen:
Umtausch der Wandelanleihe in Aktien

Wandelanleihen sind Schuldverschreibungen von Aktiengesellschaften, die neben einer festen Verzinsung und Kapitalrückzahlung das Recht bieten, die Anleihe innerhalb einer bestimmten Frist in Aktien des emittierenden Unternehmens einzutauschen. Mit dem Umtausch erlischt der Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrags der Anleihe. Steuerlich gilt folgende Regelung (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 103 ff.):

  • Der Wandlungsvorgang beim Umtausch der Anleihe in Aktien ist steuerlich unbeachtlich, da der Anleger nur das erhält, was er ursprünglich eingezahlt hat. Da Begebung der Anleihe und späterer Erwerb der Aktien einen einheitlichen Rechtsvorgang darstellen, entsteht durch die Wandlung weder ein steuerpflichtiger Kapitalertrag aus der Anleihe noch ein privater Veräußerungsgewinn durch Tausch der Anleihe in Aktien. Die für den Erwerb der Anleihe gezahlten Anschaffungskosten und die ggf. zu leistenden Barzuzahlungen stellen Anschaffungskosten der Aktien dar (§ 20 Abs. 4a Satz 3 EStG).
  • Im Jahre 2014 hat der BFH entschieden, dass der Umtausch der Wandelanleihe mit dem Erwerb der Aktien unter Zuzahlung des Wandelungspreises als "Anschaffung" der Aktien im Sinne des § 23 EStG gelte. Werden die Aktien dann innerhalb eines Jahres veräußert, liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor (gemäß § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Anschaffung der später veräußerten Aktien liege in ihrem Erwerb gegen Entgelt und nicht bereits in der Zeichnung der Wandelschuldverschreibungen (BFH-Urteil vom 1.10.2014, IX R 55/13). Gilt der Erwerb der Aktien also doch als gesondertes Rechtsgeschäft?

AKTUELL hat die Finanzverwaltung zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung des Umtauschs von Wandelschuldverschreibungen in Aktien der ausgebenden Gesellschaft bestätigt, dass der Fiskus trotz des BFH-Urteils aus 2014 weiterhin an seiner bisherigen Auffassung festhält (FinMin Schleswig-Holstein vom 16.3.2018, Kurzinfo ESt 11/2018, VI 3012 - S 2332 - 184).

Das bedeutet: Der Anleihegläubiger tauscht nicht seine Wandelschuldverschreibung ein und verzichtet auch nicht auf sein Recht aus der Wandelschuldverschreibung, sondern verlangt die Aktien als Inhalt seines Rechts aus der Wandelschuldverschreibung, da er schon mit dem Erwerb der Wandelschuldverschreibung das feste Recht auf den Erwerb der Aktien erlangt hat. Die Begebung der Wandelschuldverschreibung und die spätere Lieferung der Aktien stellen danach steuerrechtlich einen einheitlichen Rechtsvorgang dar. Durch die Wandlung entsteht weder ein steuerpflichtiger Kapitalertrag aus der Anleihe noch ein privater Veräußerungsgewinn durch Tausch der Anleihe in Aktien.

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Zinsanlagen besteuert werden (Punkt 8).

 

2. Kontenabruf:
Zulässig jetzt auch für Vollstreckungsbehörden

Mit Hilfe der automatisierten Kontenabfragen können die Behörden heimlich, still und leise feststellen, wer wo wie viele Konten und Depots hat, ohne dass dies Bürger und Banken erfahren. Seit dem 1. April 2005 haben die Finanzämter und Sozialbehörden die Möglichkeit, über das Bundeszentralamt für Steuern auf einen zentralen Datenpool aller Banken zuzugreifen und so ganz einfach per Mausklick festzustellen, bei welchen Banken in Deutschland ein Bürger Konten und Depots unterhält. Das ist das sog. Kontenabrufverfahren (§ 93 Abs. 7 und 8 AO).

Seit 2013 dürfen auch Gerichtsvollzieher das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) um einen Kontenabruf ersuchen, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder wenn bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Ein Kontenabruf ist dabei nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist (§ 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Bis November 2016 war der Kontenabruf nur zulässig, wenn die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 EUR betrugen. Ab 26.11.2016 ist diese Grenze gestrichen worden. Dadurch ist die Zahl der Kontenabrufe nochmals deutlich angestiegen.

AKTUELL: Seit dem 6.7.2017 ist der Kontenabruf ebenfalls erlaubt für die Vollstreckungsbehörden des Bundes und der Länder, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht, eine Vermögensauskunft zu erteilen, nicht nachkommt. Gleiches gilt, wenn bei einer Vollstreckung in die Vermögensgegenstände, die in der Vermögensauskunft angegeben sind, eine vollständige Befriedigung der Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wird, voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Ebenso wie bei dem Kontenabruf durch Gerichtsvollzieher gibt es auch hier bei der Verwaltungsvollstreckung keine Mindestgrenze von 500 EUR (§ 93 Abs. 8 Satz 2 AO; eingefügt durch das "Gesetz zur Verbesserung der Sachaufklärung in der Verwaltungsvollstreckung" vom 30.6.2017).

  • Mit dem neuen Gesetz werden für die Vollstreckungsbehörden im Wesentlichen die gleichen Sachaufklärungsbefugnisse begründet, die die Gerichtsvollzieher seit 2013 haben. Zur Ermöglichung des Gleichlaufs von zivilprozessualer und öffentlich-rechtlicher Vollstreckung auch im Bereich der Verwaltungsvollstreckung (Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen) werden nunmehr auch zugunsten der Vollstreckungsbehörden des Bundes und der Länder Übermittlungen von Kontoinformationen durch das Bundeszentralamt für Steuern zugelassen.
  • Die Abfrage ist nur möglich, wenn ein vollziehbarer Leistungsbescheid vorliegt. Wie bei § 802l ZPO setzt die Kontenabfrage voraus, dass der Schuldner die Abgabe der vorrangig einzuholenden Selbstauskunft verweigert hat oder sich diese als unergiebig erweist. Laut Gesetzesbegründung aber darf es "ein Ausufern der Kontenabrufe als Standardinformationsgewinnung nicht geben". Dem wird durch die Subsidiarität gegenüber der Eigenauskunft Rechnung getragen.
  • Aufgrund dieses neuen Gesetzes mit der weitreichenden Eröffnung von Abrufbefugnissen bei der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen rechnet das BZSt mit einem signifikanten Anstieg von Kontenabrufersuchen durch Städte, Gemeinden und kommunale Verbände. Zur Gewährleistung eines effizienten Erhebungsprozesses strebt das BZSt daher den nachhaltigen Ausbau der elektronischen Abrufmöglichkeit an. Das elektronische Kontenabrufverfahren wird über das BZStOnline-Portal bereitgestellt und garantiert eine gesicherte und verschlüsselte Übertragung der Daten zwischen den Bedarfsträgern und dem BZSt.

Weitere Informationen: Kontenabruf: Wie der Fiskus heimlich Konten ausspäht.

 

VI. Eigenheim und Vermietung

 

1. Vermietung:
Begünstigte Baumaßnahme an Gebäude im Sanierungsgebiet

Für Baumaßnahmen an einem vermieteten Gebäude, das in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder in einem städtebaulichen Entwicklungsbereich liegt, können erhöhte Abschreibungen in Anspruch genommen werden (§ 7h EStG). Das heißt: Bei Baumaßnahmen, die ab dem 1.1.2004 begonnen werden, können die Herstellungskosten in den ersten 8 Jahren mit jeweils 9 Prozent und in den folgenden 4 Jahren mit jeweils 7 Prozent als Werbungskosten abgesetzt werden. Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung gibt es allerdings immer dann, wenn im Zuge der Sanierung quasi ein Neubau entstanden ist.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Aufwendungen für eine Eigentumswohnung, mit der neuer Wohnraum geschaffen wurde, begünstigt sein können, wenn und soweit sie sich auf den Altbaubestand beziehen und die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1, 2 EStG erfüllen. Es ist unerheblich, ob und mit welchem Anteil die begünstigten Aufwendungen das Sondereigentum oder das Gemeinschaftseigentum betreffen (Urteil vom 10.10.2017, X R 6/16).

  • Der Fall: Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einer Anlage mit einer denkmalgeschützten Altbausubstanz. Die Wohnung der Kläger selbst wurde allerdings als Penthouse auf die vorhandene Altbausubstanz neu aufgebaut. Dennoch erhielten die Kläger vom Bezirksamt die Bescheinigung, dass die Voraussetzungen gemäß § 7h EStG vorgelegen hätten. Das Finanzamt lehnte die erhöhte Abschreibung nach § 7h EStG ab.
  • Der BFH indes hat dem Finanzamt widersprochen und die erhöhten Absetzungen genehmigt. Die Bescheinigung des Bezirksamts sei materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für die Begünstigung des § 7h EStG und Grundlagenbescheid i.S. der Abgabenordnung. Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstrecke sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 BauGB bzw. Maßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind. Allein die Gemeinde prüfe, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 BauGB durchgeführt wurden, und entscheidet nach Maßgabe des BauGB, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind und ob darunter auch ein Neubau in bautechnischem Sinne zu subsumieren ist.
  • Das bedeutet im Einzelnen: Hat die Bescheinigungsbehörde (hier: das Bezirksamt) eine bindende Entscheidung über eine der in § 7h Abs. 1 EStG genannten Voraussetzungen getroffen, hat das Finanzamt diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen, es sei denn, sie wäre nach § 125 AO nichtig und deshalb unwirksam.

STEUERRAT: In der Praxis ist eine gewisse Tendenz zu erkennen, dass Gemeinden - vorsichtig ausgedrückt - die Ausstellung der Bescheinigungen nach § 7h EStG sehr wohlwollend prüfen. Den Finanzbeamten ist diese Praxis nicht immer genehm. Doch ihnen sind die Hände gebunden: Sie müssen die Bescheinigungen akzeptieren. Nur die Höhe der anzuerkennenden Kosten dürfen sie dann noch prüfen.

Weitere Informationen:Vermietung: Baumaßnahmen an Gebäuden in Sanierungsgebieten

 

2. Schenkung:
Berücksichtigung von Sanierungskosten bei Gutachtenerstellung

Wer eine Immobilie geschenkt bekommt, der darf sich über einen schönen Vermögenszuwachs freuen - bis das Finanzamt die Schenkungsteuer anfordert. Diese kann eine Höhe erreichen, mit der Schenker und Beschenkter im Traum nicht gerechnet haben. Besonders relevant sind die Fälle, in denen Mietshäuser übertragen werden, die für Zwecke der Schenkungsteuer nach dem so genannten Ertragswertverfahren bewertet werden. Für die Höhe des schenkungsteuerlichen Werts spielt die - tatsächliche oder übliche - Miete die entscheidende Rolle. Wenn nun ein altes Haus übertragen wird, kommt das Ertragswertverfahren oft zu Werten, die fern jeglicher Realität sind. So wird etwa ein erheblicher Renovierungsstau nicht berücksichtigt. Es bleibt letztlich nur die Beauftragung eines Sachverständigen, der gegenüber dem Finanzamt per Gutachten einen niedrigeren tatsächlichen Wert der Immobilie nachweist.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil zwei interessante Fragen im Zusammenhang mit der Erstellung von Gutachten beantwortet (Urteil vom 24.10.2017, II R 40/15): Wie muss ein Sachverständigengutachten beschaffen sein, damit es von der Finanzverwaltung zu akzeptieren ist? In welcher Form wirken sich Gebäudemängel auf den Ertragswert aus, wenn dieser nicht durch das Finanzamt, sondern durch einen Sachverständigen ermittelt wird?

  • Zur ersten Frage: Ein Sachverständigengutachten muss eine "methodische Qualität" aufweisen und zudem die Begutachtungsgrundlagen zutreffend erheben und dokumentieren. Die Anforderungen an die methodische Qualität des Wertgutachtens ergeben sich im Wesentlichen aus den §§ 194 ff. des Baugesetzbuches. Daneben sind die Immobilienwert-Ermittlungsverordnung und in älteren Fällen die Wertermittlungsverordnung zu beachten. Ein Sachverständigengutachten ist zudem nur ordnungsgemäß, wenn die tatsächlichen Grundlagen der Wertermittlung schlüssig nachvollziehbar sind. Allgemeine Verweise sind nicht ausreichend.
  • Zur zweiten Frage: Hat ein bebautes Grundstück trotz hohen Alters eine notwendige durchgreifende Sanierung oder Modernisierung nicht erfahren (Instandhaltungsrückstau), liegt eine objektbezogene Beeinträchtigung des Bauwerks und damit ein Bauschaden vor, der zu berücksichtigen ist. Ist dem schlechten Zustand eines Gebäudes bei den nachhaltig erzielbaren Erträgen, den nachhaltig anfallenden Bewirtschaftungskosten und der Restnutzungsdauer nicht Rechnung getragen worden, können Instandsetzungskosten durch Abschläge oder in anderer Weise zu berücksichtigen sein. Ein Abzug von Sanierungskosten in voller Höhe kann z.B. bei zwingend erforderlichen Maßnahmen gerechtfertigt sein. Aus dem Gutachten muss sich aber ergeben, wie sich die Mängel und Schäden - insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Gebäudes - auf den Verkehrswert auswirken.

STEUERRAT: Planen Sie die Übertragung einer Immobilie, sollten Sie zunächst selbst eine überschlägige Ermittlung des Ertragswerts vornehmen und die voraussichtliche Belastung mit Schenkungsteuer kalkulieren. Sind Sie bereits in diesem Stadium der Auffassung, dass der Wert viel zu hoch ist, sollten Sie sich frühzeitig mit dem Gedanken anfreunden, einen Gutachter beauftragen zu müssen. Die Kosten, die oftmals zwischen 3.000 und 7.000 EUR liegen, sind vom Schenker oder Beschenkten, nicht aber vom Finanzamt zu tragen. Wichtig: Der Gutachter sollte methodisch einwandfrei arbeiten; Gefälligkeitsgutachten enttarnt die Finanzverwaltung schnell. Fragen Sie den Sachverständigen daher, ob die von ihm erstellten Gutachten regelmäßig von der Finanzverwaltung akzeptiert werden.

Weitere Informationen: Erbschaft- und Schenkungsteuer: Bewertung von Grundvermögen

 

3. Fotovoltaikanlage:
Vorsicht bei Erwerb durch Personengesellschaften

Immer wieder ist in der Praxis zu erleben, dass Fotovoltaikanlagen dem einen oder anderen Vermieter steuerlich bitter auf die Füße fallen. Problematisch ist insbesondere der Fall, in dem eine GbR, die zum Beispiel aus zwei Geschwistern besteht, zunächst ein Mietshaus errichtet und anschließend auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage installiert. Aus der Vermietung der Wohnungen in dem Haus erzielt die GbR zwar grundsätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, während der Betrieb der Fotovoltaikanlage zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Allerdings kennt das Einkommensteuergesetz die so genannte Abfärbe- oder Infektionswirkung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Das heißt: Schon geringe gewerbliche Einkünfte, die eine Personengesellschaft, also auch eine GbR, erzielt, "infizieren" die Vermietungseinkünfte. Folge: Alle Einkünfte der Gesellschaft werden zu gewerblichen Einkünften. Und viel wichtiger: Die Immobile ist auf alle Ewigkeit "steuerverhaftet", das heißt, ein Verkauf nach zehn Jahren ist nicht steuerfrei.

Beispiel:
Die Gebrüder Werner und Heinz Müller errichten ein Gebäude. Kurz nach der Fertigstellung installieren sie auf dem Dach des Gebäudes eine Fotovoltaikanlage mit Anschaffungskosten von 25.000 EUR. Die Brüder erzielen aufgrund der Fotovoltaikanlage insgesamt gewerbliche Einkünfte und müssen den Grund und Boden, das Gebäude und auch die Anlage als Betriebsvermögen ausweisen. Angenommen, das Grundstück wird nach 12 Jahren verkauft, ist der Veräußerungsgewinn zu versteuern.

Besonders misslich sind übrigens die Fälle, in denen lediglich geringe Herstellungskosten für das Gebäude gegeben sind, weil hohe Eigenleistungen erbracht worden sind. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns werden von dem Kaufpreis nämlich nur die tatsächlichen Herstellungskosten (abzgl. AfA) abgezogen.

Beispiel:
Im obigen Beispielsfall betragen die Anschaffungskosten des Grund und Bodens 100.000 EUR und die Herstellungskosten des Gebäudes 200.000 EUR. Die Brüder haben viele Arbeiten bei der Gebäudeerrichtung selbst erledigt. Tatsächlich hätte das Haus bei einer Komplett-Herstellung durch einen Generalbauunternehmer 350.000 EUR gekostet. Bei einer Veräußerung sind dem Verkaufspreis nur 100.000 EUR für den Grund und Boden und 200.000 EUR (abzgl. AfA) für das Gebäude gegenüberzustellen. Beträgt der Verkaufspreis 500.000 EUR, wären also (über) 200.000 EUR zu versteuern.

Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2014 entschieden, dass gewerbliche Einkünfte nicht immer "abfärben" und diesbezüglich eine Bagatellgrenze geschaffen. Eine gewerbliche Tätigkeit führt nicht zur Abfärbung, wenn die Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen (vgl z.B. BFH 27.8.2014, VIII R 16/11). Diese Grenze wird aber oftmals überschritten, so dass man sich darauf nicht verlassen sollte.

STEUERRAT: Die Lösung für das Problem der "Abfärbung" ist bei rechtzeitiger Gestaltung einfach: Die Fotovoltaikanlage muss von einer zweiten, personenidentischen GbR angeschafft werden. Das heißt: Die erste Gesellschaft (Grundstückseigentümer-GbR) überlässt der zweiten Gesellschaft (Fotovoltaikanlagen-GbR) die Dachflächen unentgeltlich. Letztere installiert die Anlage und betreibt diese. Unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer zweiten Personengesellschaft ist, dass diese nach außen erkennbar geworden ist. Es müssen also getrennte Bankkonten und verschiedene Rechnungsvordrucke sowie eine eigenständige Buchführung vorhanden sein. Die zweite GbR muss tatsächlich als Besteller der Anlage auftreten (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern vom 30.7.2014, S 2240. 1. 1-4 St 32 unter Tz. 11.2.2).

Doch was ist zu tun, wenn das "Kind in den Brunnen gefallen" ist, also bislang keine zweite GbR gegründet worden ist und die Anlage bereits betrieben wird? Grundsätzlich könnte die zweite GbR natürlich jederzeit gegründet werden. Die Fotovoltaikanlage kann dann an diese veräußert werden (eine Übertragung zu Buchwerten von einem "Gesamthandsvermögen" in einer anderes "Gesamthandsvermögen" einer Personengesellschaft ist nicht möglich). Die hierbei aufzudeckenden stillen Reserven dürften sich in Grenzen halten. Doch aufgepasst: Gemeint sind die stillen Reserven in der Fotovoltaikanlage. Es muss sehr genau darauf geachtet werden, wie hoch die stillen Reserven der Immobilie sind, die nun wieder ins Privatvermögen überführt wird, denn diese sind ebenfalls aufzudecken. Aufgrund der Wertsteigerungen der letzten Jahre und des oben genannten Falles der hohen Eigenleistungen ist genaues Rechnen angesagt. Oftmals wird der Weg daher nicht gangbar sein.

STEUERRAT: Eventuell könnte in den letztgenannten Fällen ein Verkauf der Immobilie zum Buchwert an einen nahen Angehörigen weiterhelfen. Die Folgen der teilentgeltlichen Veräußerung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen sind aber noch ungeklärt. Es sollte daher unbedingt der Beschluss des Großen Senats in der Sache GrS 1/16 abgewartet werden.

Weitere Informationen: Fotovoltaik: Was Sie zur Einkommensteuer wissen müssen

 

4. Heizkostenabrechnung:
Rechte der Mieter zur Belegeinsicht gestärkt

Die Heiz- und Nebenkostenabrechnungen sind ein häufiger Streitpunkt zwischen Mietern und Vermietern. Seitens der Mieter herrscht oft ein latentes Unbehagen über die Höhe der von ihnen zu zahlenden Kosten. Zuweilen fühlt man sich dem Vermieter "ausgeliefert". Andererseits haben Vermieter wenig Lust auf ausufernde Nachweispflichten und Streitigkeiten.

AKTUELL hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit grundsätzlichen Fragen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast beschäftigt und unterm Strich die Rechte der Mieter gestärkt. In dem Urteil geht es zudem um die Verpflichtungen des Vermieters auf Gewährung einer Belegeinsicht (Urteil vom 7.2.2018, VIII ZR 189/17).

  • Der Fall: Die Mieter bewohnen eine 94 qm große Dreizimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus. Die gesamte Wohnfläche des Hauses beläuft sich auf knapp 720 qm. Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag sah eine monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 200 EUR vor. Für die Jahre 2013 und 2014 verlangte die Vermieterin von den Mietern eine Nachzahlung auf die in den Betriebskosten enthaltenen Heizkosten in Höhe von mehr als 5.000 EUR. Die betreffenden Jahresabrechnungen wiesen für die Mietwohnung der Beklagten Verbrauchswerte aus, die 42 bzw. 47 Prozent der jeweils im Heizkreis insgesamt gemessenen Verbrauchseinheiten ausmachen. Die Mieter beanstandeten diese Abrechnungswerte als nicht plausibel und bestritten, diese in ihrer Höhe auffällig von der Wohnflächenverteilung abweichende Wärmemenge tatsächlich verbraucht zu haben. Ihrer Forderung, ihnen zur Überprüfung die Ablesebelege zu den Verbrauchseinheiten der übrigen Wohnungen vorzulegen, kam die Vermieterin nicht nach.
  • Die Entscheidung des BGH: Bei einer Nachforderung von Betriebskosten, die der Mieter aufgrund entsprechender Vereinbarung zu tragen hat (§ 556 Abs. 1 Satz 1 BGB), liegt die Darlegungs- und Beweislast für die erhobene Forderung, also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter, beim Vermieter. Die Mieter sind ihrerseits nicht verpflichtet, objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte (wie etwa bestehende Leitungsverluste) vorzutragen, aus denen sich eine Unrichtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Verbrauchswerte ergibt. Die Vorinstanzen waren noch der Ansicht, dass auch eine außergewöhnliche Höhe der Heizkosten nichts daran ändere, dass die Mieter konkret dazulegen hätten, weshalb die ihnen in Rechnung gestellten Heizkosten der Höhe nach nicht berechtigt seien. Eine solche Verpflichtung ist nach Meinung des BGH jedoch "bereits im Ausgangspunkt verfehlt." Im Klagefall müsse sich das Gericht von der Verbrauchserfassung sowie deren Zusammenstellung und Verteilung durch die Vermieterin überzeugen.

Im Streitfall kam als Besonderheit hinzu, dass die Mieter den Einwand erhoben hatten, die Vermieterin hätte ihnen jedenfalls die Ablesebelege zu den Verbrauchseinheiten der anderen Wohnungen vorlegen müssen. Dieser Einwand ist nach Auffassung des BGH durchaus berechtigt. Eine vom Vermieter vorzunehmende Abrechnung müsse eine aus sich heraus verständliche geordnete Zusammenstellung enthalten, um es dem Mieter zu ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen. Dabei gehöre es auch noch zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung, dass der Vermieter im Anschluss dem Mieter auf dessen Verlangen zusätzlich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen ermöglicht, soweit dies etwa zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung oder zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen erforderlich ist. In diesem Zusammenhang könne der Mieter auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts hinsichtlich der Heizkosten beanspruchen, um sich etwa Klarheit zu verschaffen, ob bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt, ob deren Werte plausibel sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Kostenverteilung bestehen.

Der Mieter müsse insoweit auch kein "besonderes Interesse" an der Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der anderen Mietwohnungen darlegen; es genüge hierfür vielmehr bereits sein allgemeines Interesse, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren. Solange der Vermieter unberechtigt eine entsprechend begehrte Belegeinsicht verweigert, bestehe deshalb auch keine Verpflichtung des Mieters, die geforderte Nachzahlung zu leisten.

 

VII. Renten und Pensionen

 

1. Rentenanpassung:
Deutliche Rentenerhöhung zum 1. Juli 2018

21 Millionen Rentner können sich zum 1.7.2018 über eine spürbare Erhöhung ihrer Bezüge freuen: Die gesetzlichen Renten steigen im Westen um 3,22 % und im Osten um 3,37 %. Damit steigt der aktuelle Rentenwert von derzeit 31,03 Euro auf 32,03 Euro (West) bzw. von 29,69 Euro auf 30,69 Euro (Ost). Die jährliche Rentenanpassung wird von drei Faktoren bestimmt:

  • Lohnentwicklung: Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung beträgt 2,93 % in den alten Ländern und 3,06 % in den neuen Ländern.
  • Nachhaltigkeitsfaktor: Berücksichtigt wird die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden. In diesem Jahr wirkt sich der Nachhaltigkeitsfaktor mit 0,29 Prozentpunkten positiv auf die Rentenanpassung aus.
  • Altersvorsorgefaktor: Berücksichtigt wird die Veränderung der Aufwendungen der Arbeitnehmer beim Aufbau ihrer Altersvorsorge. Da sich der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung 2017 jedoch nicht verändert hat und die sog. "Riester-Treppe" bereits 2013 letztmals zur Anwendung kam, wirkt sich der Faktor Altersvorsorge in diesem Jahr nicht auf die Rentenanpassung aus.

ACHTUNG: Die Zahlung der erhöhten Rente erfolgt automatisch. Doch das Geld kommt nicht bei allen zum gleichen Zeitpunkt an: Wer ab April 2004 in Rente gegangen ist, bekommt das Rentenplus erst mit vier Wochen Verspätung. Denn die Rente wird am letzten Bankarbeitstag des Monats rückwirkend für den laufenden Monat überwiesen. Somit wird Ihre Rente - also auch die erhöhte Rente - erst Ende Juli auf dem Konto sein. Hingegen wird für Rentner, die bis März 2004 in Ruhestand gingen, die Rente im Voraus für den folgenden Monat bezahlt. Das heißt: Die Rente für Juli erhalten Sie bereits Ende Juni - und damit auch schon das Rentenplus für Juli.

Ab Juli 2018 beträgt der aktuelle Rentenwert (Ost) 95,8 % des aktuellen Rentenwerts West. Damit verbessert sich die Ausgangslage für ein einheitliches Rentenrecht in Ost und West. Ab Juli 2018 wird der aktuelle Rentenwert (Ost) in sieben Schritten um jährlich 0,7 Prozentpunkte angehoben, bis ab Juli 2024 ein einheitlicher Rentenwert in ganz Deutschland gelten wird (§ 255a SGB VI).

Ab dem 1. Juli 2024 wird in ganz Deutschland ein einheitlicher gesamtdeutscher aktueller Rentenwert gelten. Ab dem Jahr 2025 werden einheitliche gesamtdeutsche Rechengrößen (Durchschnittsentgelt, Bezugsgröße und Beitragsbemessungsgrenze) gelten. Auch die Werte in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Alterssicherung der Landwirte sollen vereinheitlicht werden. Die Rentenanpassung wird ab 2024 und die Fortschreibung der Bezugsgröße und Beitragsbemessungsgrenze werden vom Jahr 2025 an auf der Grundlage der gesamtdeutschen Lohnentwicklung erfolgen.

 

VIII. Selbstständige

 

1. Privatlehrer:
Umsatzsteuerfreiheit durch Berufung auf EU-Recht

Bereits seit vielen Jahren gibt es immer wieder Streit um die Frage, ob die Leistungen von Fahr, Schwimm-, Tanz- und anderen Privatlehrern umsatzsteuerpflichtig oder -frei sind. Das deutsche Umsatzsteuerrecht stellt für die Steuerfreiheit hohe Hürden auf, die oftmals nicht übersprungen werden können, während das EU-Recht großzügiger ist. Da das EU-Recht mit der sogenannten Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) in das deutsche Recht hineinstrahlt, können sich betroffene Privatlehrer unmittelbar darauf berufen, also die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen beantragen. Doch welche Voraussetzungen sind zu beachten?

AKTUELL hat das Bayerische Landesamt für Steuern zur Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen Stellung genommen (Erlass vom 5.2.2018, S 7354 1.1-1/2 St33). Danach gilt:

  • Die Steuerbefreiung nach EU-Recht gilt nur für Schul- und Hochschulunterricht von "Privatlehrern". Für einen Privatlehrer ist charakteristisch, dass er Träger der Bildungseinrichtung ist, in eigener Verantwortung handelt und der Unterricht auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Schüler ausgerichtet ist. Die Tätigkeit kann dabei auch durch vom Unternehmer beschäftigte Arbeitnehmer ausgeführt werden. Es steht der Steuerbefreiung nicht entgegen, dass der Unterricht in der Wohnung des Lehrers stattfindet oder für mehrere Personen gleichzeitig (z.B. eine Lerngruppe) erteilt wird, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Privatlehrer muss keine besondere Berufsausbildung oder pädagogische Qualifikation vorweisen, es genügt bereits eine langjährige Berufserfahrung.
  • Gegen die Ausübung des Unterrichts als "Privatlehrer" spricht eine Bezahlung des Lehrers unabhängig von der Höhe der Teilnehmerzahl auf Stundenbasis, die Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten seiner Renten- und Krankenversicherung, sowie eine prozentual bemessene Urlaubsabgeltung.
  • Schul- und Hochschulunterricht beschränkt sich nicht auf Unterricht, der Fähigkeiten zur Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt oder auf eine Abschlussprüfung vorbereitet. Dieser schließt ebenso andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeit-gestaltung haben. Für die Frage, ob Schul- oder Hochschulunterricht durchgeführt wird, ist auf die Art der erbrachten Leistung und auf ihre generelle Eignung als solche abzustellen. Es ist nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden, der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben. Das Gleiche gilt für die Unterrichtseinheiten, die sich auf diesen Unterricht beziehen.
  • Baby-Schwimmkurse unterliegen der Umsatzsteuer, da es sich hier nicht um eine Unterrichts-, sondern um eine Frühförderungsmaßnahme handelt, bei dem die Freizeitgestaltung im Vordergrund steht. Erwachsenenschwimmkurse, Kleinkinderschwimmen, Aqua-Jogging- und Aqua-Fitness- Kurse, die durch einen Privatlehrer erbracht werden, sind dagegen steuerfrei, da den Kursen ein Unterrichtskonzept zugrunde liegt. Insbesondere die teilweise Erstattung der Kursgebühren durch die Krankenkassen nach § 20 SGB V spricht gegen eine bloße Freizeitgestaltung. Ebenso hat Aqua-Jogging sowie Aqua-Fitness mit der Zielsetzung der Gesundheitsförderung der Schüler Eingang in die Unterrichtspläne allgemein- und berufsbildender Schulen gefunden.
  • In ähnlichen Fällen ist nicht ohne Weiteres von einer Steuerpflicht oder -befreiung auszugehen, sondern zunächst eine Einzelfallprüfung, ob Freizeitaspekte die Bildungsleistung überlagern, vorzunehmen. Als Abgrenzung zwischen Baby- und Kleinkinderschwimmen kann eine Altersgrenze von 3 Jahren angewandt werden (Abschn. 4.21.2 Abs. 8 S.3 UStAE).
  • Der Begriff des Privatlehrers ist nicht erfüllt, soweit die Lehrgänge von einer dritten Einrichtung angeboten werden, da dann diese Einrichtung, nicht aber der Lehrer Träger der Bildungseinrichtung ist. Dies betrifft Fälle wie z.B. den des Volkshochschullehrers, dessen Umsätze derzeit nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG befreit sein könnten.
  • Bei Supervisionsleistungen (oder auch beim Coaching) ist im Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich eine Bildungsleistung oder vielmehr eine Leistung anderer Art, z.B. eine Unternehmens- oder Lebensberatung, vorliegt. Eine Steuerbefreiung nach EU-Recht kommt in Betracht, wenn die Supervision dazu dient, berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Dies ist bei einer Schulung zur Anwendung bestimmter Methoden für die künftige praktische Arbeit der Teilnehmer der Fall. Dagegen scheidet die Steuerbefreiung in solchen Fällen aus, in denen die Supervision dazu dient, Lösungen für bestimmte Probleme im Unternehmen des Auftraggebers zu erarbeiten oder die Persönlichkeit der Teilnehmer zu entwickeln. Das gilt auch, wenn Inhalt der Supervision die Erkennung ist, welche Arbeitssituationen des Teilnehmers Nöte auslösen und wie diese zu überwinden sind.

AKTUELL hat das FG Berlin-Brandenburg entschieden, dass eine Tanzlehrerin - hier für Tangounterricht - als Privatlehrerin umsatzsteuerfreie Umsätze erbringen kann. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht lägen nicht vor. Allerdings könne auch sie sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL und dessen unmittelbare Anwendung berufen. Dem Merkmal "Privatlehrer" stehe es nicht entgegen, wenn die Unterrichtseinheiten mehreren Tanzschülern gleichzeitig erteilt werden.

STEUERRAT: Die Frage, ob der Begriff des "Privatlehrers" voraussetzt, dass es sich um einen Einzelunternehmer handelt (derzeitige Verwaltungsauffassung), liegt aktuell dem Europäischen Gerichtshof (C-449/17) zur Entscheidung vor. Daher ruhen vergleichbare Fälle kraft Gesetz. Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung kann entsprochen werden. Wer also seine Leistung in einer bzw. über eine GmbH ausübt, sollte sich auf das Verfahren berufen.
Unabhängig davon gilt: Nach Möglichkeit sollten betroffene Privatlehrer in Rechnungen keine Umsatzsteuer offen ausweisen, denn eine Umsatzsteuer, die in der Rechnung aufgeführt wird, muss immer an das Finanzamt abgeführt werden. Das heißt: Selbst wenn eine Tätigkeit dem Grunde nach umsatzsteuerfrei ist, müsste die Umsatzsteuer laut Rechnung an das Finanzamt gezahlt werden. Das gilt auch für einen Kleinunternehmer, dessen Jahresumsatz 17.500 EUR nicht übersteigt.
Ein weiterer Hinweis: Ob eine Berufung auf das EU-Recht tatsächlich sinnvoll ist, muss in jedem Einzelfall entschieden werden, da die Steuerfreiheit auch den Ausschluss vom Vorsteuerabzug mit sich bringt. Das ist nicht immer gewünscht.

 

2. Hotelübernachtung:
Prüfen Sie den korrekten Umsatzsteuer-Ausweis

Wer aktuell in einem Hotel übernachtet und die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen möchte, sollte seine Rechnung etwas genauer studieren. Denn den Hoteliers wird von einigen Steuerberatern - aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs - empfohlen, nur noch den ermäßigten Steuersatz von 7 % für das Frühstück auszuweisen (EuGH-Urteil vom 18.1.2018, Rs. C-463/16). Bislang ist der Ausweis von 19 % vorgeschrieben und auch üblich. Wer also nicht aufpasst, läuft Gefahr, dass ihm 12 % Vorsteuerabzug für das Frühstück "entgehen."

Zum Hintergrund: Während auf die Übernachtungsleistung seit einigen Jahren nur 7 % Umsatzsteuer anfällt, unterliegt das Frühstück nach bisheriger gefestigter Auffassung einem Steuersatz von 19 %. Das Frühstück teilt als eigenständige Leistung nicht das "Schicksal der Hauptleistung Übernachtung". Der EuGH hat in dem Urteil, in dem es um die Leistungen des "Stadion Amsterdam CV" geht, entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus mehreren Bestandteilen besteht, einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz unterfällt. Daraus wird geschlossen, dass auch eine Übernachtungs- und eine Frühstücksleistung zusammengehören.

STEUERRAT: Ob sich diese Auffassung halten lässt, ist sehr fraglich. Wie dem aber auch sei: Die Rechtslage ist erst einmal offen, so dass Hoteliers zuweilen empfohlen wird, gegenüber Privatkunden auf den Ausweis von Umsatzsteuer zu verzichten und gegenüber Geschäftskunden (zunächst) nur 7 % auszuweisen. Als vorsteuerabzugsberechtigter Gast jedenfalls sollte man sich aus heutiger Sicht nur dann mit 7 % zufriedengeben, wenn dieser Prozentsatz zu einer Minderung der Gesamtrechnung führt. Das heißt: Nicht der Hotelier, sondern der Gast sollte profitieren. Die Hotelbetreiber mögen diesen Hinweis verzeihen.

 

3. Trauer- und Hochzeitsredner:
Künstlerische Tätigkeit mit ermäßigtem Steuersatz

Viele Menschen gehören heute zwar keiner Kirche mehr an, möchten aber dennoch, dass bei ihrer Trauerfeier eine Ansprache oder Trauerrede gehalten wird. Gleiches gilt bei Hochzeitsfeiern. Aus diesem Trend heraus hat sich ein neuer Berufszweig entwickelt. Bisher ist nicht eindeutig geklärt, ob Trauer- oder Hochzeitsredner bezüglich der Einkommensteuer eine gewerbliche oder künstlerische (= freiberufliche) Tätigkeit ausüben und ob sie bezüglich der Umsatzsteuer in ihren Rechnungen den regulären oder den ermäßigten Steuersatz anwenden müssen.

  • Bisher müssen Trauerredner auf ihre Leistungen den vollen Umsatzsteuersatz von 19 % erheben (OFD Frankfurt vom 9.2.2012, S 7240 A-24-St 112). Noch im Jahre 2009 hat der Bundesfinanzhof Trauerrednern den ermäßigten Umsatzsteuersatz verweigert und sie zum regulären Steuersatz verpflichtet (BFH-Urteil vom 21.10.2009, V R 8/08). Für die Betroffenen ist die hohe Umsatzsteuer sehr nachteilig, weil ihre Kunden - das sind Hochzeitspaare und trauernde Angehörige - nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind und meist einen Pauschalpreis "inkl. MwSt." zahlen, aus dem dann die höhere Umsatzsteuer herausgerechnet werden muss.
  • Ende 2015 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Trauer- und Hochzeitsredner in ihren Rechnungen nur den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % berechnen müssen, sofern die Tätigkeit als "künstlerisch" zu beurteilen ist. Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen nämlich "die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler" (gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG). Unerheblich sei, dass sich Hochzeits- und Trauerreden nicht als Kulturangebot an die Allgemeinheit, sondern an einen geschlossenen Personenkreis richten. Es spiele auch keine Rolle, dass die Vergütung nicht von den Zuhörern oder Zuschauern, sondern vom Veranstalter gezahlt werde (BFH-Urteil vom 3.12.2015, V R 61/14).

AKTUELL greift die OFD Frankfurt das tolle BFH-Urteil auf, weist aber zunächst darauf hin, dass die Tätigkeit eines Hochzeits- oder Trauerredners grundsätzlich keine künstlerische Tätigkeit darstellt und folglich der allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden sei. Aber die Tätigkeit kann doch als "künstlerisch" zu werten sein: Nämlich dann, wenn die Darbietung des Redners von einer eigenschöpferischen Leistung geprägt wird, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt. Dies erfordert, dass der Vortrag sich nicht auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt. In diesem Fall darf dann der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % angewandt werden (OFD Frankfurt vom 6.3.2018, S 7240 A-24-St 16).

  • Die OFD Frankfurt sieht die Sache so: Die Tätigkeit eines Hochzeits- oder Trauerredners beschränkt sich nicht darauf, den Abnehmern ein Recht an seinem Redemanuskript einzuräumen, sondern er erarbeitet gemeinsam mit dem Kunden die Grundlagen für die Rede, trägt diese Rede als zentralen Punkt der Veranstaltung auch vor und wird dabei moderierend und unterhaltend tätig. Wesentlicher und prägender Teil der erbrachten Leistung ist der Vortrag einer auf den Kunden zugeschnittenen Rede mit moderierender Begleitung des Publikums bei der Veranstaltung. Dabei gewährleistet der Hochzeits- oder Trauerredner eine von den Zuhörern als passend und gekonnt empfundene Leistung. Das kann "künstlerisch" sein.
  • Der BFH hatte bereits klargestellt: Das Wesen einer "künstlerischen" Tätigkeit liegt in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung wird geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt.
  • Einen kleinen Wermutstropfen hält die OFD Frankfurt dann doch noch bereit. Sie verweist auf ein jüngeres Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 26.9.2017 (3 K 1461/16). Dieses hatte entschieden, dass die Tätigkeit einer Hochzeits- und Trauerrednerin keine künstlerische Tätigkeit i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG darstellt. Im entschiedenen Fall würden die Reden einer bestimmten Gestaltungshöhe entbehren. Gegen das Urteil hat die Klägerin die Revision eingelegt. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az. XI R 36/17 geführt.

STEUERRAT: Bei guten Rednern dürfte das "Künstlerische" meistens erfüllt sein: Sie halten individuell zugeschnittene Reden und fungieren gleichzeitig als "Event-Pfarrer" und "Zeremonienmeister" in der Darbietung eines Gesamtkunstwerkes.
Selbstständige Künstler und Publizisten sind in der Künstlersozialversicherung versicherungspflichtig und müssen nur den halben Beitrag zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Im Jahre 2006 hatte das Bundessozialgericht die Einstufung von Trauerrednern als "Künstler" abgelehnt, weil der künstlerische Anteil der Tätigkeit (Gesang und Gedichtvortrag) von untergeordneter Bedeutung sei. Da der Schwerpunkt aber das Verfassen und der Vortrag von Trauerreden sei, komme eine Versicherungspflicht als "Publizist" in Betracht. Der Begriff des Publizisten sei weit auszulegen und umfasse neben schriftlichen auch mündliche Beiträge zum öffentlichen Kommunikationsprozess (BSG-Urteil vom 23.3.2006, B 3 KR 9/05 R). Aufgrund einer Gesetzesänderung zum 1.1.2012 muss jetzt eine publizistische Tätigkeit mit den Tätigkeiten eines Schriftstellers oder Journalisten vergleichbar sein. Somit sind Trauerredner nicht mehr in der KSK versicherungspflichtig. ABER: Möglicherweise können Trauerredner aufgrund des neuen BFH-Urteils nun eine Aufnahme in die KSK als "Künstler" beantragen und damit sozialversicherungspflichtig werden. Das würde andererseits bedeuten: Bestattungsunternehmen, die den Trauerredner engagieren, müssen die Künstlersozialabgabe abführen. Hält der Bestatter selbst oder einer seiner Mitarbeiter die Trauerrede, fällt natürlich keine Künstlersozialabgabe an. Gleiches gilt, wenn der Trauerredner direkt ohne Vermittlung des Bestatters von den Angehörigen engagiert wird.

 

VIII. Steuergrundlagen

 

1. Steuerzinsen:
Endlich hat der BFH doch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit!

Bei Steuernachforderungen, Steuerstundung, Steuerhinterziehung und Aussetzung der Vollziehung berechnet das Finanzamt einen Zinssatz von 6 Prozent pro Jahr, d.h. für jeden vollen Monat des Verzinsungszeitraumes 0,5 % des fälligen Steuerbetrages. Dies ist so im Gesetz festgelegt (§ 238 AO).

  • Ein Zinssatz von 6 % p.a. ist heutzutage außerordentlich hoch, wo doch die Marktzinsen schon seit etlichen Jahren nahe Null und sogar im Negativbereich liegen. Im Vergleich dazu stellt der Zinssatz des Fiskus von 6 % aus dem Jahre 1961 heute ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung dar und erfüllt damit den Tatbestand des Wuchers (§ 138 BGB).
  • Der Bundesfinanzhof hatte im Juli 2014 entschieden, dass der gesetzliche Zinssatz von 6,0 % pro Jahr bis März 2011 (noch) nicht verfassungswidrig sei (BFH-Urteil vom 1.7.2014, IX R 31/13). Ebenfalls als verfassungsgemäß hat der BFH den Zinssatz beurteilt für die Zeit bis 5.12.2011 (BFH-Urteil vom 14.4.2015, IX R 5/14) und bis 19.1.2012 (BFH-Beschluss vom 21.10.2015, V B 36/15). Zuletzt hat der BFH im November 2017 entschieden, dass der Zinssatz von 6 Prozent p.a. auch im Jahre 2013noch verfassungsgemäß ist. Nach unverständlicher Auffassung des 3. Senats verstößt dies weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen das Übermaßverbot (BFH-Urteil vom 9.11.2017, III R 10/16).

AKTUELL kann der Bundesfinanzhof sich nicht länger winden und vor einer realitätsgerechten Entscheidung "im Namen des Volkes" drücken: Jetzt endlich - nach langer Zeit und einigen "irrealen" Urteilen - hat der 9. Senat des Bundesfinanzhofs "schwerwiegende"Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen geäußert - allerdings erst für Verzinsungszeiträume ab 2015! (BFH-Beschluss vom 25.4.2018, IX B 21/18).

  • Der Fall: Nach einer Außenprüfung wurde die Steuerfestsetzung geändert und eine Einkommensteuer von 1,9 Mio. Euro nachgefordert. Zusätzlich verlangte das Finanzamt für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 16. November 2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von 240.831 Euro. Der Steuerzahler begehrte für den Zinsbescheid eine "Aussetzung der Vollziehung", da die Höhe der Zinsen von 0,5 Prozent für jeden Monat verfassungswidrig sei.
  • Die BFH-Richter haben dem Antrag stattgegeben und die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang ausgesetzt. Nach neuer Einsicht der Richter bestehen im Hinblick auf die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob die Zinshöhe mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist und ob er dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Übermaßverbot entspricht.
  • Die Richter sehen endlich ein, dass die Zinshöhe von 0,5 Prozent pro Monat bzw. 6 Prozent pro Jahr völlig realitätsfern ist. Denn das niedrige Marktzinsniveau sei keine vorübergehende Erscheinung mehr, sondern habe sich strukturell und nachhaltig verfestigt. Und deshalb sei der gesetzlich festgelegte Zinssatz von 6 Prozent pro Jahr vollkommen überhöht.
  • Die Richter des 9. Senats widersprechen des Kollegen des 3. Senats, dass das verfestigte Niedrigzinsniveau nicht dadurch widerlegt wird, indem bei Kreditkartenkrediten für private Haushalte Zinssätze von rund 14 Prozent oder bei Girokontenüberziehungen Zinssätze von rund 9 Prozent anfallen (so aber BFH-Urteil vom 9.11.2017, III R 10/16). Anmerkung: Es kann wohl nicht das Motto gelten: Solange der Staat nicht unverschämter ist als die unverschämtesten Geldverleiher, ist alles ok.
  • Die Richter betonen, dass Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung nicht mehr als Grund für die Beibehaltung des hohen Zinssatzes gelten. Denn in anderen Bereichen wird der Zinssatz realitätsgerechter beispielsweise mit zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB berechnet.
  • Die Richter gelangen zur Erkenntnis, dass es für die Höhe des Zinssatzes von 6 Prozent pro Jahr "überhaupt an einer nachvollziehbaren Begründung" fehlt. Die bisherige Begründung, dass potentielle Liquiditäts- oder Zinsvorteile des Steuerzahlers abgeschöpft werden sollen, gelte nicht mehr. Denn es besteht keine Möglichkeit mehr, die zu zahlenden Zinsen durch Anlage der nicht gezahlten Steuerbeträge oder durch die Ersparnis von Aufwendungen auch tatsächlich zu erzielen. Auch für den Fiskus ergibt sich kein Nachteil, weil eine kurzfristige "Fremdfinanzierung" - in Gestalt einer Erhöhung der Neuverschuldung - für den Bund schon seit einigen Jahren praktisch zum Nulltarif zu haben ist. In gleicher Weise würde eine kurzfristige Anlage der geschuldeten Steuerbeträge für den Fiskus keinen Zinsertrag erbringen, der eine Zinshöhe von 0,5 Prozent für jeden Monat rechtfertigen könnte.
  • Die Richter stellen fest, dass die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Einkommensteuer wirkt. Die Belastung des Steuerzahlers werde noch dadurch verschärft, dass die frühere Begrenzung des Zinslaufs auf längstens vier Jahre für Steuerfestsetzungen ab 1994 aufgehoben wurde. In einem strukturell niedrigen Zinsumfeld wirkt der unbefristete Zinslauf für den Steuerzahler weiter verschärfend. Dessen Belastung werde umso größer, je später die Steuer festgesetzt wird. Eine teilweise Kompensation durch eine steuerliche Abzugsmöglichkeit der Nachzahlungszinsen gibt es nicht, denn Nachzahlungszinsen sind nicht steuerlich absetzbar.

STEUERRAT: Falls das Finanzamt Ihnen auf Steuernachforderungen den hohen Zinssatz von 6 % p.a. berechnet, sollten Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch einlegen, auf die Revisionsverfahren vor dem BFH hinweisen (I R 77/15, III R 10/16, III R 16/16, III R 25/17, IX B 21/18) und das Ruhenlassen beantragen. Wegen der Wucherzinsen ist ebenfalls eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig (1 BvR 2237/14). Im Übrigen sind Verfassungsbeschwerden wegen der unterschiedlichen Besteuerung von Erstattungs- und Nachforderungszinsen anhängig (2 BvR 1711/15 und 2 BvR 2671/14).

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen.

 

2. Ehegatten-Einzelveranlagung:
Wie Sonderausgaben u.a. aufzuteilen sind

Seit 2013 ist die Alternative zur Zusammenveranlagung bei Eheleuten nicht mehr die getrennte Veranlagung, sondern die Einzelveranlagung für Ehegatten (§ 26a EStG). Bei der Einzelveranlagung hat jeder Ehegatte eine eigene Einkommensteuererklärung abzugeben und erhält auch einen gesonderten Steuerbescheid. Es werden also zwei Steuerberechnungen jeweils getrennt für die Ehegatten durchgeführt und die Steuer jeweils nach dem Grundtarif berechnet. Bei jedem Ehegatten werden die üblichen Frei-, Pausch- und Höchstbeträge wie bei Ledigen gewährt. Schöpft jedoch ein Partner seine Freibeträge nicht aus, kann der andere den nicht ausgeschöpften Teil nicht beanspruchen. Jeder Ehegatte schuldet nur die Einkommensteuer, die sich aus seinem Steuerbescheid ergibt.

Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG (für Handwerkerleistungen, Haushaltshilfe und haushaltsnahe Dienstleistungen) werden grundsätzlich dem Ehegatten zugerechnet, der die "Aufwendungen wirtschaftlich getragen" hat (§ 26a Abs. 2 Satz 1 EStG). Statt wirtschaftlicher Zuordnung können die Ehegatten aber auch beantragen, dass die Aufwendungen ihnen "jeweils zur Hälfte zugerechnet" werden sollen (§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG). Hierzu genügt ein übereinstimmender Antrag (erfolgt im Steuerhauptformular 2017, Zeile 97).

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg gegen den Fiskus Folgendes entschieden: Beantragen Eheleute die Einzelveranlagung und dabei die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Steuerermäßigungen nach § 35a EStG gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG hälftig aufzuteilen, sind die Aufwendungen unabhängig davon, wer sie wirtschaftlich getragen hat, bei den Ehegatten jeweils hälftig zu berücksichtigen. Sodann sind in einem zweiten Rechenschritt die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen individuell bei jedem der Ehegatten durchzuführen (FG Baden-Württemberg vom 29.11.2017, 2 K 1032/16, Revision III R 11/18).

  • Der Fall: Die Ehefrau hatte die Einzelveranlagung beantragt. Übereinstimmend mit ihrem Ehemann beantragte sie dabei, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Steuerermäßigungen nach § 35a EStG hälftig aufzuteilen. Das Finanzamt berücksichtigte zunächst die Vorsorgeaufwendungen unter Anwendung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung, die die Frau und ihr Ehemann jeweils wirtschaftlich getragen hatten. Anschließend wurde die Summe berechnet, die sodann hälftig auf die Ehegatten aufgeteilt wurde (2.981 EUR). Doch die Frau beantragte, die Sonderausgaben vor der Günstigerprüfung den Ehegatten hälftig zuzuteilen, und die Günstigerprüfung erst im Anschluss an die Aufteilung vorzunehmen. Anstelle der vom Finanzamt angesetzten 2.981 EUR seien bei ihr daher 4.557 EUR als Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen.
  • Das Finanzgericht gab der Frau Recht. Es sei rechtswidrig, zunächst bei jedem Ehegatten die Aufwendungen anzusetzen, die er wirtschaftlich getragen habe, und lediglich die Abzugsbeträge nach Durchführung der Höchstbetragsberechnungen und der Günstigerprüfungen hälftig aufzuteilen. Vielmehr seien die Aufwendungen zunächst unabhängig von der Frage, wer sie wirtschaftlich getragen habe, bei den Ehegatten jeweils hälftig zu berücksichtigen. Und erst nach dieser Halbierung sei die Höchstbetragsberechnung bzw. die Günstigerprüfung zu berücksichtigen. So müssten die Ehegatten nicht nachweisen und das Finanzamt nicht nachprüfen, wer von den Ehegatten die jeweilige Belastung wirtschaftlich getragen habe.

STEUERRAT: Gegen dieses steuerzahlerfreundliche Urteil hat das Finanzamt Revision beim BFH eingereicht (Aktenzeichen: III R 11/18). Denn bisher fehlt eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob nach der Neuregelung des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ab 2013 im Rahmen der Einzelveranlagung von Ehegatten ein hälftiger Abzug der den Eheleuten jeweils entstandenen beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben vor oder nach Durchführung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung vorzunehmen ist.

Weitere Informationen: Welche Veranlagung gilt bei der Einkommensteuer?

 

3. Steuerzahlungen:
Bareinzahlungen sind nur eingeschränkt möglich

Im "Grundgesetz" des Steuerrechts, der Abgabenordnung (AO), heißt, es, dass Zahlungen der Finanzbehörden unbar zu leisten und sie grundsätzlich auch keine baren Einzahlungen annehmen müssen (§ 224 Abs. 3 u. 4 AO). Dennoch kommt es immer wieder vor, dass ein Steuerbürger seine Steuerschulden bar begleichen möchte.

AKTUELL hat das Hessische Finanzgericht (FG) entschieden, dass das Finanzamt Steuerzahler, die ihre Steuern unbedingt bar zahlen möchten, an ein von ihm ermächtigtes Kreditinstitut verweisen kann, bei dem das Amt auch ein Bankkonto unterhält. Eine solche Einzahlung kann zudem an weitere Voraussetzungen geknüpft werden (Urteil vom 12.12.2017, 11 K 1497/16).

Geklagt hatte ein Steuerzahler, der meinte, fällige Steuerschulden einschränkungslos mittels Bargeld (Euro) bei dem vom Finanzamt ermächtigten Kreditinstitut begleichen zu können. Seine Barzahlung mittels gesetzlichem Zahlungsmittel dürfe weder unter dem Vorbehalt einer Bareinzahlungsgebühr stehen noch nach Geldwäschegesichtspunkten eingeschränkt sein oder daran scheitern, dass er selbst bei der vom Finanzamt benannten Bank ein eigenes Konto unterhalte. Das Finanzamt müsse dafür sorgen, dass das Kreditinstitut sein Bargeld ohne weitere Hindernisse zur Steuerschuldentilgung entgegennehme und ihm - dem Kläger - die Ermächtigung des Kreditinstitutes auch bekannt machen, was unterblieben sei.

Das Hessische FG entschied hingegen, dass sich das Finanzamt hinsichtlich der streitigen Art und Weise der Steuertilgung auf § 224 AO stützen könne. Sei - wie vorliegend - die Kasse des Finanzamtes nach der speziellen bundesgesetzlichen Regelung des § 224 Abs. 4 Satz 1 AO für die Übergabe von Zahlungsmitteln gegen Quittung geschlossen, sei dies nach Verfassungsrecht und europäischem Recht unbedenklich. Das Finanzamt könne insofern - wie im Streitfall - durch ein konkretes Schreiben ein oder mehrere Kreditinstitute ermächtigen, für seine (geschlossene) Kasse Zahlungsmittel gegen Quittung anzunehmen. Dass diese Ermächtigung vorliegend den Begriff "Zahlscheine" statt "Zahlungsmittel" enthalte, sei unerheblich, da der bankübliche Begriff des Zahlscheins stets die Dokumentation eines Barzahlungsvorgangs einschließe. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe der erfolgten Ermächtigung gegenüber einem Steuerpflichtigen bestehe entgegen der Auffassung des Klägers nicht.

Auch im Übrigen sei im Streitfall alles ordnungsgemäß verlaufen. Dass Finanzamt müsse dem Kläger insbesondere auch nicht die 6,- Euro Bankgebühren ersetzen, die diesem anlässlich seiner Steuerzahlung über die Bank berechnet worden seien. Denn nach § 270 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der mangels anderweitiger Vorschriften der AO hier als allgemeiner Rechtsgrundsatz zum Tragen komme, habe der Schuldner dem Gläubiger Geld im Zweifel auf seine Kosten zu übermitteln. Die auf gesetzlicher Grundlage erfolgte Schließung der Finanzkasse für Barzahlungen begründe insofern auch keinen Ausnahmefall. Aus § 224 Abs.4 Satz 2 AO ergebe sich, dass die Einzahlung von Bargeld bei der ermächtigten Bank gerade keine Übergabe von Bargeld an die Finanzkasse darstelle. Die Bankgebühren für die Bareinzahlung stellten daher keine Kosten des Steuergläubigers bei der Entgegennahme von Bargeld dar. Schließlich könne der Kläger mit der Klage auch nicht die Feststellung begehren, nicht in Verzug geraten zu sein, weil er sich damit im Kern gegen die Entstehung von Säumniszuschlägen wende; dies sei aber zunächst außergerichtlich durch einen sog. Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 Satz 1 AO zu klären.

Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Nun hat der Bundesfinanzhof das letzte Wort (Az. VIII B 19/18).