SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Umzugskosten: Erhöhung der Umzugskostenpauschale ab März 2018
  • Firmenwagen: Auch Konzernmitarbeiter müssen Kosten einzeln nachweisen
  • Doppelter Haushalt: Anerkennung trotz Zusammenlebens am Arbeitsort
  • Zahnbehandlungskosten: Vorauszahlung kann Steuer mindern 
  • Betriebsrenten: Doppelverbeitragung in der Krankenversicherung bleibt

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief November 2018

Liebe Leserin, lieber Leser,

die EU-Mitgliedsstaaten haben den Kampf gegen "unerwünschte Steuergestaltungen" aufgenommen. Auch Deutschland hat einem Richtlinienentwurf zugestimmt, der vorsieht, dass der jeweiligen Finanzverwaltung grenzüberschreitende Steuergestaltungen anzuzeigen sind. Allerdings kristallisiert sich immer mehr heraus, dass der deutsche Gesetzgeber nicht nur eine Anzeigepflicht für internationale, sondern auch für nationale Gestaltungen einführen möchte. Dabei wird derzeit eine Grenze von 50.000 EUR diskutiert, das heißt Gestaltungen, die zu einer Steuerminderung von mehr als 50.000 EUR führen, müssten dem Finanzamt frühzeitig gemeldet werden.

Sie fragen sich nun sicher: "Was habe ich damit zu tun?" Antwort: sehr viel. Der Gesetzgeber wird es nicht schaffen, eine saubere Trennlinie zwischen erwünschten und unerwünschten Steuergestaltungen zu ziehen. Daher werden alle Gestaltungen anzuzeigen sein, die mehr als 50.000 EUR Steuerminderung bringen. Das klingt viel, ist aber insbesondere in Erbschaftsfällen schnell erreicht.

Beispiel: Sie errichten Ihr Testament. Ein Haus soll im Todesfall nicht unmittelbar auf den überlebenden Ehegatten, sondern gleich auf Ihre beiden Kinder übergehen. Dadurch ergibt sich eine verbesserte Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge, auch wenn dies bei der Abfassung des Testaments nicht im Vordergrund stand. Die "Meldegrenze" von 50.000 EUR ist dennoch überschritten.

Mir drängen sich schon bei diesem Beispiel mehrere Fragen auf: Liegt hier eine Steuergestaltung vor? Müssen das Testament - und in der Folge jede weitere Änderung - sofort nach der Abfassung dem Finanzamt angezeigt werden? Muss das Finanzamt gar schon vor der Errichtung des Testaments gefragt werden? Wie sind Testamente zu behandeln, die schon vor zehn oder fünfzehn Jahren abgefasst worden sind?

Die Anzeigepflicht soll zwar in erster Linie die so genannten Intermediäre, also Steuerberater und Rechtsanwälte, betreffen. Doch auch die Steuerbürger selbst, die eine Steuergestaltung nutzen möchten, müssen in bestimmten Fällen ihrer Anzeigepflicht nachkommen - so der Plan des Gesetzgebers. Und Verletzungen gegen die Anzeigepflicht könnten mit saftigen Bußgeldern von bis zu 100.000 EUR geahndet werden.

Übrigens werden Sie für Ihre "Freundlichkeit" keine Gegenleistung des Staates erhalten. Zwar stützt sich die Politik weitestgehend auf ein Gutachten des Max-Planck-Instituts, das ich vor einiger Zeit selbst einmal als das "Gutachten des Grauens" bezeichnet habe. Wie es aber immer so ist, wenn es um fiskalische Interessen geht, wird eine äußerst wichtige Passage des Gutachtens ausgeblendet. Auf Seite 155 des Gutachtens weist das Max-Planck-Institut unmissverständlich darauf hin, dass das Verlangen des Gesetzgebers gekoppelt werden muss mit einem verbesserten Auskunftsrecht der Bürger. Das heißt: Wenn die Steuergestaltungen schon angezeigt werden, muss der Fiskus kurzfristig sagen, ob er diese genehmigt. Das will er aber keinesfalls, da ein verbessertes Auskunftsrecht die Verwaltung lahmlegen würde.

Ich kann durchaus verstehen, dass jeder Staat sein Steueraufkommen sichern möchte. Aber bevor nun hunderttausenden Steuerbürgern und ihren Beratern enorme Pflichten aufgebürdet werden, sollten Gesetzgeber und Regierung doch zunächst ihre Hausaufgaben machen. Die so genannten Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte, von "Zeit online" als "Der größte Steuerraub in der deutschen Geschichte" bezeichnet, waren dem Staat bekannt und hätten gestoppt werden können. Doch er blieb untätig. Die Milliarden-Einsparungen bei der Erbschaftsteuer mittels Stiftungen (vgl. SteuerSparbrief Juli/August 2018) sind dem Staat bekannt - doch er bleibt untätig. Internationale Gestaltungen laufen bekanntermaßen über Irland und die Niederlande. Sie ahnen es: Man bleibt untätig.

Nur am Rande: Ich höre von Seiten der Politik, man wolle die geplante Neuregelung mit Augenmaß anwenden. Wer diesem Versprechen glaubt, sollte einen Blick auf die heimlichen Kontenabrufe der Finanzverwaltung werfen. Auch diese sollten mit Augenmaß durchgeführt werden - nun haben wir eine jährliche Verdoppelung der Abrufe.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Beruflicher Umzug:
Erhöhung der Umzugskostenpauschale ab März 2018

Bei einem Umzug aus beruflichen Gründen können Sie die Umzugskosten als Werbungskosten absetzen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet bekommen. Dazu zählen neben den Transportkosten, Reisekosten, doppelten Mietzahlungen, Maklergebühren für eine Mietwohnung auch sonstige Umzugsauslagen. Während die erstgenannten Kosten in nachgewiesener Höhe absetzbar sind, können sonstige Umzugsauslagen mit einem Pauschbetrag geltend gemacht werden.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium die Umzugskostenpauschalen für berufliche Umzüge rückwirkend ab dem 1.3.2018 angehoben und erhöht sie nochmals in den beiden kommenden Jahren (BMF-Schreiben vom 21.9.2018).

So hoch ist die Umzugskostenpauschale

 

Umzug

Pauschale

für Verheiratete

Pauschale

für Ledige

Erhöhungsbetrag

für weitere Personen

1.2.2017 - 28.2.2018

1.3.2018 - 31.3.2019

1.4.2019 - 29.2.2020

ab 1.3.2020

1.528 EUR

1.573 EUR

1.622 EUR

1.639 EUR

764 EUR

787 EUR

811 EUR

820 EUR

337 EUR

347 EUR

357 EUR

361 EUR

STEUERRAT: Folgende Feinheit sollten Sie noch kennen: Es kommt genau genommen auf den Tag an, an dem Sie den Umzug beenden. Werden die Möbel beispielsweise am 28.2.2018 eingeladen und am 1.3.2018 ausgeladen, haben Sie Anspruch auf die höheren Beträge.

Benötigen die Kinder nach einem beruflich veranlassten Umzug Nachhilfeunterricht, sind die Kosten dafür bis zu einem Höchstbetrag als Werbungskosten absetzbar. Auch dieser Höchstbetrag wird angehoben.

So hoch ist der Höchstbetrag für Unterrichtskosten je Kind

 

Umzug

in voller Höhe

absetzbar bis zu

mit drei Viertel

absetzbar bis zu

insgesamt

absetzbar

1.2.2017 - 28.2.2018

1.3.2018 - 31.3.2019

1.4.2019 - 29.2.2020

ab 1.3.2020

963,00 EUR

992,00 EUR

1.022,50 EUR

1.033,00 EUR

963,00 EUR

992,00 EUR

1.022,50 EUR

1.033,00 EUR

1.926 EUR

1.984 EUR

2.045 EUR

2.066 EUR

Den neuen Vordruck für Umzüge im Jahre 2019 finden Sie in der Rubrik "Berufliche Ausgaben" sowie unter Umzugskosten.

 

2. Lohnsteuerabzug:
Faktorverfahren ab 2019 für zwei Jahre gültig

Ehegatten, die beide Arbeitslohn beziehen, beide in Deutschland wohnen und nicht dauernd getrennt leben, können bekanntlich für den monatlichen Lohnsteuerabzug wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will.

  • Die Steuerklassenkombination III / V ist für Ehepaare immer dann günstiger, wenn ein Ehegatte deutlich weniger verdient als der andere. In Steuerklasse III ist der Steuerabzug geringer, in Steuerklasse V höher.
  • Hingegen ist die Kombination IV / IV angeraten, wenn beide Partner annähernd gleich viel verdienen.

Seit 2010 ist zusätzlich eine dritte Variante zugelassen: das Faktorverfahren. Berufstätige Eheleute können auf gemeinsamen Antrag die Steuerklassenkombination IV-Faktor / IV-Faktor wählen (§ 39f EStG). Mit dem Faktorverfahren wird erreicht, dass bei jedem Ehegatten mindestens die ihm persönlich zustehenden Steuerentlastungen beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden (Grundfreibetrag, Vorsorgepauschale, Kinderfreibeträge). Grundlage hierfür ist die Steuerklasse IV, die mittels eines Faktors korrigiert wird. Damit wird die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens bereits beim Lohnsteuerabzug während des Jahres berücksichtigt. Eine Steuernachzahlung wird vermieden.

Der Faktor wird vom Finanzamt gebildet. Der gemeinsame Antrag auf den Faktor kann formlos gestellt werden. Hierbei müssen die voraussichtlichen Jahresarbeitslöhne aus den ersten Dienstverhältnissen sowie Abzugs- und Hinzurechnungsbeträge angegeben werden. Der daraus errechnete Faktor hat zurzeit eine Gültigkeit von nur einem Jahr und muss im Folgejahr erneut beantragt werden.

AKTUELL weist die OFD Karlsruhe darauf hin, dass der beim Finanzamt beantragte Faktor erstmals für das Jahr 2019 zwei Jahre lang gültig ist. Die Ermäßigung der Lohnsteuer für 2019 kann ab dem 1.10.2018 beim Finanzamt beantragt werden. Dazu gibt es den Vordruck "Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern" (OFD Karlsruhe vom 1.10.2018, PM Nr. 5/2018).

Die Zweijahresfrist wurde bereits 2015 ins Gesetz geschrieben (§ 39f Abs. 1 Satz 9 EStG, eingefügt mit dem "Bürokratieentlastungsgesetz" vom 28.7.2015), doch die erstmalige Anwendung ab 2019 wurde im Jahre 2017 festgelegt (§ 52 Abs. 37a EStG, eingefügt mit dem "Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz" vom 23.6.2017).

STEUERRAT: Beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt der Arbeitgeber neben der Steuerklasse ggf. auch einen Lohnsteuerfreibetrag, den man sich vom Finanzamt zu den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) aufnehmen lassen kann. Der Lohnsteuerfreibetrag gilt bereits seit 2016 ebenfalls für zwei Jahre (BMF-Schreiben vom 21.5.2015).

Weitere Informationen: Lohnsteuerabzug: Das Faktorverfahren für Ehegatten

 

3. Lohnsteuerabzug:
Wie Sie vom Weihnachtsgeld mehr steuerfrei erhalten

Hatten Sie in diesem Jahr 2018 hohe Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen? Oder Aufwendungen für Kinderbetreuung, Haushaltshilfe, haushaltsnahe Dienstleistungen, Handwerkerleistungen? Dann müssen Sie nicht bis nächstes Jahr warten, um dafür über die Steuererklärung eine Steuererstattung zu erhalten. Wenn Sie wollen, können Sie noch dieses Jahr ein zusätzliches "Weihnachtsgeld" vom Fiskus bekommen.

Die Lösung: Noch bis zum 30. November 2018 können Sie sich beim Finanzamt für den Rest des Jahres 2018 einen Lohnsteuer-Freibetrag als elektronisches Lohnsteuermerkmal (ELStAM) in der Zentraldatei des Fiskus eintragen lassen. Dieser Freibetrag wird auf die verbleibenden Monate des Jahres verteilt. Der Arbeitgeber zieht den anteiligen Freibetrag dann fiktiv von Ihrem Monatsverdienst im November und Dezember ab und berechnet nur vom verminderten Betrag Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. So bekommen Sie in den letzten Monaten ein höheres Nettogehalt.

STEUERRAT: Besonders günstig ist dieser Effekt natürlich, wenn Sie sich den Freibetrag noch vor der Gehaltszahlung im November eintragen lassen, wenn das Weihnachtsgeld bzw. das 13. Monatsgehalt ausgezahlt wird und damit die Lohnsteuer außerordentlich hoch ist. Aufgrund der Steuerfreistellung dürfen Sie sich dann über ein ordentliches "Weihnachtsgeld vom Fiskus" freuen.

Den Antrag auf Lohnsteuerermäßigung können Sie stellen, wenn Ihre Werbungskosten und Sonderausgaben (über die Pauschbeträge von 1.000 EUR bzw. 36 EUR hinaus) sowie Ihre außergewöhnlichen Belastungen insgesamt mehr als 600 EUR betragen. Diese Grenze gilt auch bei Eheleuten, wird also nicht verdoppelt. Wenn Sie einen Lohnsteuerfreibetrag beantragen, sind Sie verpflichtet, nach Ablauf des Steuerjahres eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Besonderheit für verwitwete Alleinerziehende:

Alleinerziehende haben einen Anspruch auf den steuerlichen Entlastungsbetrag. Ist Ihr Ehegatte im Jahre 2017 oder 2018 verstorben, erfolgt der Lohnsteuerabzug im Sterbejahr des Ehegatten und im Folgejahr nach Steuerklasse III, sodass der Entlastungsbetrag nicht über die Steuerklasse II berücksichtigt werden kann. Deshalb können Sie sich den Entlastungsbetrag in diesen beiden Jahren ausnahmsweise als Freibetrag in den ELStAM eintragen lassen (§ 39a Abs. 1 Nr. 8 EStG). Im Sterbejahr wird der Entlastungsbetrag zeitanteilig berücksichtigt, und zwar erstmals schon für den Monat, in dem der Ehegatte verstorben ist. Ab dem zweiten Folgejahr wird der Entlastungsbetrag dann - wie bei anderen auch - mittels Steuerklasse II steuermindernd berücksichtigt.

Neue Formulare:
Bereits seit 2018 gibt es für den "Antrag auf Lohnsteuerermäßigung" nur noch einen Hauptvordruck mit 2 Seiten und - je nach Bedarf - drei Anlagen mit jeweils 2 Seiten: die "Anlage Kinder", die "Anlage Werbungskosten" und die "Anlage Sonderausgaben / außergewöhnliche Belastungen". Dies hat den Vorteil, dass neben dem Hauptvordruck nur noch die Anlage ausgefüllt werden muss, die für den Antrag auf Lohnsteuerermäßigung tatsächlich gebraucht wird. Die bisher üblichen zwei Formen des Antrags - normaler Antrag und vereinfachter Antrag - wurden abgeschafft.

Weitere Informationen: Lohnsteuer: Wie Sie ein zusätzliches "Weihnachtsgeld" bekommen!.

 

4. Unfallkosten:
Behandlungskosten aufgrund Verkehrsunfalls nicht absetzbar?

Im Gesetz ist bestimmt, dass "durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten sind, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind" (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG). Abgegolten sind alle gewöhnlichen Kosten, wie Aufwendungen für Benzin, Reifen, Inspektionen, Kfz-Versicherungen, Kfz-Steuer, Abschreibung, Garagenmiete, Reparaturen, die auf normalem Verschleiß beruhen, Parkgebühren für das Abstellen des Kraftfahrzeugs während der Arbeitszeit, Finanzierungskosten, Beiträge für Kraftfahrerverbände, Versicherungsbeiträge für einen Insassenunfallschutz, Leasing-Sonderzahlung, Austauschmotor.

Doch zusätzlich zur Entfernungspauschale - bei Behinderten zusätzlich zur Dienstreisepauschale - sollen Unfallkosten als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG absetzbar sein. Dies hat die Finanzverwaltung in ihrem Erlass zum neuen Reisekostenrecht zum wiederholten Male klargestellt (BMF-Schreiben vom 31.10.2013, BStBl. 2013 I S. 1376, Nr. 4). Zu solchen Schäden gehören dann nicht nur Sachschäden, sondern auch Personenschäden und damit verbundene ärztliche Behandlungskosten. Das betrifft die eigenen Aufwendungen für Arzt, Apotheke, Krankenhaus, Reha, Massage usw. - auch die Fahrten dorthin.

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass ärztliche Behandlungskosten aufgrund eines Autounfalls auf dem Weg zur Arbeit nicht als Werbungskosten absetzbar sind. Diese seien mit der Entfernungspauschale abgegolten (FG Baden-Württemberg vom 19.1.2018, 5 K 500/17, Revision VI R 8/18).

Nach Auffassung der Richter stellen die Behandlungskosten außergewöhnliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte dar (gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG). Als solche sind sie durch die Entfernungspauschale abgegolten (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die Richter meinen, die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale gelte umfassend, sodass auch außergewöhnliche Kosten unabhängig von ihrer Höhe davon erfasst werden. Es seien Aufwendungen sowohl für Sachschäden als auch für Personenschäden durch die Entfernungspauschale abgegolten.

ACHTUNG: Dieses Urteil halten wir für eine Fehlentscheidung. Und zwar aus folgenden Gründen:

  • Die Finanzverwaltung hat wiederholt die Finanzämter angewiesen: "Unfallkosten, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder auf einer zu berücksichtigenden Familienheimfahrt entstehen, sind als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG weiterhin neben der Entfernungspauschale zu berücksichtigen" (zuletzt BMF-Schreiben vom 31.10.2013, BStBl. 2013 I S. 1376, Nr. 4).
  • Auch in der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 EStG ab 2007 heißt es, dass "Unfallkosten als außergewöhnliche Aufwendungen wieder neben der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind" (BT-Drucksache 16/12099 vom 3.3.2009, Seite 6 und 8).
  • Ferner ist in den Lohnsteuerrichtlinien explizit geregelt, dass "neben der Entfernungspauschale nur Aufwendungen berücksichtigt werden für die Beseitigung von Unfallschäden bei einem Verkehrsunfall auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, auf einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs, auf einer Umwegstrecke zur Abholung der Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft" (Hinweis 9.10 LStH 2018).
  • Zudem äußerte sich die Bundesregierung erst kürzlich wie folgt: "Mit der Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgegolten. Eine Differenzierung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Aufwendungen ist nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht vorgesehen. Aus Billigkeitsgründen wird es von der Verwaltung ausnahmsweise jedoch nicht beanstandet, wenn Aufwendungen für die Beseitigung eines Unfallschadens bei einem Verkehrsunfall neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend gemacht werden" (BT-Drucksache 18/8523 vom 20.5.2016, Seite 35).

STEUERRAT: Das Urteil des FG Baden-Württemberg ist ein Skandal. Die Richter weisen rigoros alle oben genannten Quellen für die steuerliche Absetzbarkeit von Unfallkosten vom Tisch und verweisen auf die angeblich "klare Gesetzeslage". Dabei übersehen Sie, dass bei der Auslegung von Gesetzen auch der Wille des Gesetzgebers zu beachten ist. Und hier ist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich festgehalten, dass Unfallkosten neben der Entfernungspauschale absetzbar sein sollen. Ignoriert wird ebenfalls die Auffassung der Bundesregierung, dass der Abzug aus Billigkeitsgründen zugelassen werde. Besonders krass ist die Überheblichkeit der Richter, wenn sie kundtun: "Eine Anwendung der Weisungen der Finanzverwaltung - insbesondere auch ein Abzug aus Billigkeitsgründen - verbietet sich." Jetzt wird der Bundesfinanzhof die Streitfrage endgültig zu klären haben (Aktenzeichen VI R 8/18).

Weitere Informationen: Fahrten zur Arbeit: Wissenswertes zur Entfernungspauschale

 

5. Firmenwagen:
Auch Konzernmitarbeiter müssen Kosten einzeln nachweisen

Wer einen Firmenwagen auch privat nutzen darf, muss einen Privatanteil versteuern, und zwar entweder nach der so genannten 1 %-Pauschalregelung oder nach der Fahrtenbuchmethode. Letztere ist zwar in der Regel günstiger, allerdings auch mit einem hohen Aufwand verbunden, denn es müssen sämtliche Fahrten in einem Fahrtenbuch eingetragen werden. Und: Die Gesamtkosten des Firmenwagens, die der Arbeitgeber getragen hat, müssen nachgewiesen werden.

AKTUELL hat das Finanzgericht München bestätigt, dass die Gesamtkosten insgesamt belegt werden müssen. Eine Schätzung von Aufwendungen kommt - auch teilweise - nicht in Betracht. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Kosten seiner Dienstwagen nicht im Einzelnen erfasst hat und es dem Arbeitnehmer daher nahezu unmöglich ist, die Aufwendungen zu belegen (Urteil vom 29.1.2018, 7 K 3118/16).

  • Der Fall: Der Kläger durfte einen Firmenwagen seines Arbeitgebers auch für Privatfahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen. Demzufolge wurde vom Arbeitgeber ein monatlicher geldwerter Vorteil in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises für Privatfahrten der Lohnsteuer unterworfen (zuzüglich 0,03 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte). Der Kläger hatte jedoch ein Fahrtenbuch geführt und versteuerte den Privatanteil in seinen Steuererklärungen zunächst mit den tatsächlichen Kosten. Als bei dem Arbeitgeber eine Außenprüfung durchgeführt wurde, teilte dieser dem Finanzamt mit, dass die individuellen Kosten für die Dienstwägen nicht ermittelt werden könnten, da diese von Seiten des Unternehmens nicht gesondert erfasst würden. Stattdessen würden als Anhaltspunkt pauschaliert ermittelte Kosten bestätigt, denen der individuelle Bruttolistenpreis des Dienstwagens, der durchschnittliche Händlerrabatt im Einzelkundengeschäft, der interne Kostenverrechnungssatz für Haftpflicht, Kfz-Steuer und GEZ sowie die fiktive Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung zugrunde gelegt worden seien. Daraufhin änderte das Finanzamt die Steuerbescheide des Arbeitnehmers und wendete die 1 %-Pauschalregelung an. Das FG München sieht dies als rechtens an.
  • Im Streitfall komme die Anwendung der Fahrtenbuchmethode schon deswegen nicht in Betracht, weil die durch die Fahrzeuge insgesamt entstandenen Aufwendungen nicht im Einzelnen durch Belege nachgewiesen worden seien. Durch die Kostenaufstellung, der teilweise keine individuelle Kostenermittlung, sondern für wesentliche Teile ein fiktiver Kostenansatz zu Grunde liegt, werde das Erfordernis, die Aufwendungen lückenlos im Einzelnen zu belegen, nicht erfüllt. Der Kläger könne sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass es aufgrund der Größe des Fuhrparks des Konzerns praktisch unmöglich sei, für jeden einzelnen Firmenwagen zu allen Kosten einzelne Belege vorzulegen und Kosten auszuweisen. Die Gründe für einen unzureichenden Belegnachweis seien grundsätzlich unerheblich.

STEUERRAT: Möchten Sie Ihren Privatanteil nach der Fahrtenbuchmethode versteuern, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als den Arbeitgeber um eine detaillierte Kostenaufstellung zu bitten. Das gilt auch für Mitarbeiter, die in Konzernen arbeiten. Wichtig ist jedoch auch, dass das Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt wird. Aufgesuchte Geschäftspartner und Kunden sind unter Angabe der jeweiligen genauen Adressen hinreichend zu bezeichnen. Bei größeren Unternehmen ist beispielsweise auch anzugeben, welche Abteilung aufgesucht worden ist. Allgemeine Eintragungen reichen nicht. Das neuerdings häufiger gehörte Argument, die EU-Datenschutzgrundverordnung verbiete derartige Eintragungen, wird die Finanzverwaltung übrigens nicht gelten lassen.

 

6. Doppelter Haushalt:
Anerkennung trotz Zusammenlebens am Arbeitsort

Nicht selten nimmt der auswärts beschäftigte Arbeitnehmer seinen Ehegatten oder seinen Lebenspartner mit an den Beschäftigungsort und lebt mit dem Partner gemeinsam in der Zweitwohnung. Gleichzeitig behalten sie am Heimatort ihre Wohnung bei und kehren immer wieder dorthin zurück. Zuweilen arbeiten auch beide Partner gemeinsam an dem auswärtigen Tätigkeitsort. Für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist dann entscheidend, ob die Hauptwohnung noch als Lebensmittelpunkt anzusehen ist oder ob infolge des Zusammenlebens die Zweitwohnung zum Lebensmittelpunkt geworden ist. Das Zusammenleben in der Zweitwohnung ist für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung so lange unschädlich, wie die Zweitwohnung nicht zum neuen Lebensmittelpunkt wird.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass eine doppelte Haushaltsführung selbst dann anzuerkennen sein kann, wenn Ehegatten mit ihrem Kind viele Jahre zusammen am gemeinsamen Beschäftigungsort leben (Urteil vom 26.9.2018, 7 K 3215/16 E).

  • Der Fall: Die miteinander verheirateten Kläger sind seit 1998 in Westfalen berufstätig und lebten hier gemeinsam mit ihrer Tochter in einer angemieteten 80 qm großen Wohnung. In ihrem mehr als 300 km entfernten Heimatdorf ist die Klägerin neben ihrer Mutter und ihrer Schwester Eigentümerin eines Bungalows (120 qm Wohnfläche). Dieser wird von der Mutter sowie von der Familie der Kläger bewohnt. Jedem stehen eigene Wohn- und Schlafzimmer zur Verfügung, den Klägern zusätzlich ein Kinderzimmer. Küche, Bad und Esszimmer nutzen sie gemeinsam mit der Mutter. Die Haus- und Zahnärzte der Kläger und der Tochter befinden sich in der Umgebung des Heimatdorfes und der Kläger ist dort Mitglied im Angelverein. Ferner trugen die Kläger laufende Kosten und Instandhaltungsmaßnahmen am Bungalow.
  • Die Kläger machten wöchentliche Fahrten in das Heimatdorf sowie die Unterkunftskosten am Beschäftigungsort als Werbungskosten geltend, was das Finanzamt ablehnte, da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass der Lebensmittelpunkt inzwischen am Beschäftigungsort liege und die Kläger in ihrem Heimatdorf auch keinen eigenen Hausstand unterhielten. Zur Begründung ihrer Klage führten die Eheleute aus, dass sie sich - aufgrund des Schichtdienstes des Ehemannes gelegentlich auch getrennt - an sämtlichen freien Tagen im Heimatdorf aufhielten, dort auch die Tochter ihren Freundeskreis unterhalte und sie am Beschäftigungsort über keinerlei soziale Kontakte verfügten.
  • Das FG Münster gab der Klage statt. Die Kläger hätten in ihrem Heimatdorf einen eigenen Hausstand unterhalten und seien dort nicht als bloße Gäste der Mutter anzusehen. Dies ergebe sich aus dem Alter der Kläger (beide waren in den Streitjahren über 40), den von ihnen übernommenen laufenden Kosten und den durchgeführten außerordentlichen Instandhaltungsmaßnahmen (z.B. Hofpflasterung). Die Kläger hätten auch ihren Lebensmittelpunkt dort beibehalten. Zwar sei dies bei Verheirateten üblicherweise nicht der Fall. Im Streitfall bestehe aber die Besonderheit, dass sich auch nach so langer Zeit das gesamte Privatleben der Kläger dort abspiele und sie sich sogar getrennt voneinander im Heimatdorf aufhielten. Hierfür sprächen auch die nicht unerheblichen Investitionen in das Anwesen (z.B. Bau eines Gewächshauses) und die Anschaffung zusätzlicher Flächen, die zum Anbau von Obst und Gemüse von der Klägerin selbst genutzt würden. Auch der Umstand, dass sich die Ärzte der gesamten Familie in der Umgebung befinden, werteten die Richter als gewichtiges Anzeichen. Der Vergleich der Wohnsituationen spreche nicht gegen die Annahme eines Lebensmittelpunkts. Zwar sei die Wohnung am Beschäftigungsort als familiengerecht anzusehen, was aber wegen des Kindes notwendig sei. Demgegenüber verblieben den Eheleuten im Bungalow trotz der teilweisen Mitbenutzung durch die Mutter noch genügend Rückzugsmöglichkeiten. Durch die Gartennutzungsmöglichkeit weise das Grundstück eine höhere Wohnqualität auf als die Dachgeschosswohnung.
  • Da die Fahrtkosten nach der gesetzlichen Regelung pauschal zu gewähren seien, könne jeder der Ehegatten unabhängig vom tatsächlichen Aufwand eine Familienheimfahrt pro Woche mit 0,30 EUR pro Entfernungskilometer geltend machen (Quelle: Newsletter FG Münster 10/2018).

STEUERRAT: Damit bei Ihnen trotz Zusammenlebens mit dem Ehegatten / Lebenspartner / Lebensgefährten eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wird, müssen Sie Argumente vortragen, weshalb Ihr Lebensmittelpunkt weiterhin am Hauptwohnort ist: Machen Sie daher möglichst viele Heimfahrten glaubhaft und setzen diese als Kosten der doppelten Haushaltsführung ab. Zudem sollte die Zweitwohnung am Beschäftigungsort nicht größer sein als die Hauptwohnung. Ferner ist es von großem Vorteil, wenn Sie Ihre sozialen Bindungen am Heimatort hervorheben, wie Vereinszugehörigkeiten, Pflege sozialer Kontakte, kulturelle Aktivitäten. Ganz wesentlich für die Beibehaltung des Lebensmittelpunktes spräche, wenn die auswärtige Beschäftigung nur auf eine relativ kurze Dauer beschränkt wäre. Einzelheiten hat der Bundesfinanzhof im Übrigen in seinem Urteil vom 8.10.2014 (VI R 16/14) mit Hinweis auf die Urteile vom 22.2.2001 (z.B. VI R 192/97) vorgegeben.

Weitere Informationen: Doppelter Haushalt: Wann eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wird

 

7. Fahrten zur Arbeit:
Wann ein Unfall auf dem Arbeitsweg nicht mehr versichert ist

Die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gilt als berufliche Fahrt mit der Folge, dass ein Unfall auf dieser Fahrt als versicherter Wegeunfall bzw. Arbeitsunfall von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt wird und ein verbleibender Schaden steuerlich als Werbungskosten absetzbar ist. Normalerweise ist ein Verkehrsunfall, der sich auf der gewöhnlichen Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ereignet, versichert.

AKTUELL hat das Landessozialgericht Stuttgart die Anerkennung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wenn der Versicherte mehrere Stunden früher als gewöhnlich von zu Hause losfährt, um noch private Besorgungen zu erledigen, da es am erforderlichen Zusammenhang mit der versicherten beruflichen Tätigkeit fehlt, auch wenn sich der Unfall auf der gewöhnlichen Strecke ereignet. Fazit: Entscheidend ist nicht der Weg, sondern die Absicht, mit der der Weg zurückgelegt wird (LSG Baden-Württemberg vom 29.6.2018, L 8 U 4324/16).

  • Der Fall: Der zum Unfallzeitpunkt 50jährige Kläger hatte am Unfalltag um 13.30 Uhr Arbeitsbeginn, fuhr mit dem Motorroller aber schon um 9.30 Uhr los, weil er auf dem Weg zur Arbeit noch zu einem Waschsalon wollte, um Kleidung zu waschen. Die übliche Fahrtzeit zur Arbeit beträgt ca. 25-30 Minuten. Auf der Wegstrecke seines gewöhnlichen Arbeitsweges, noch vor Erreichen der Wäscherei, erlitt er bei einem Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma und mehrere Knochenbrüche und musste mehrere Wochen im Krankenhaus behandelt werden.
  • Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da der Versicherte nur wegen des geplanten Zwischenstopps am Waschsalon so früh losgefahren sei. Der Versicherte machte geltend, er habe u.a. Dienstkleidung reinigen wollen und er sei davon ausgegangen, dass Dienstkleidungspflicht bestehe. Auf einem Kleidungsstück sei ein Logo seines Arbeitsgebers gewesen. Doch der Arbeitgeber teilte mit, es bestehe für den Versicherten seit Jahren keine Dienstkleidungspflicht.
  • Das Landessozialgericht hat die Klage abgewiesen: Nach Auffassung der Richter ist entscheidend, dass das Zurücklegen des Weges zum Waschsalon - auch wenn es die normale Strecke zur Arbeit war - nicht in Zusammenhang mit der Arbeit stand. Vielmehr hatte das frühe Losfahren von zu Hause rein private Gründe, da der Kläger in diesem Moment nicht zum Arbeiten, sondern zum Wäschewaschen fahren wollte. Ohne die Absicht, an diesem Tag zum Waschsalon zu gehen, wäre er nicht früher zur Arbeit losgefahren. Dienstkleidung habe der Versicherte nicht zu tragen gehabt, ein etwaiger Irrtum hierüber sei weder glaubhaft noch relevant, da er ohne weiteres vermeidbar gewesen wäre.

Weitere Informationen: Krankheitskosten aus beruflichem Grund.

 

8. Verdienst:
Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2019

Seit 2015 gilt branchenunabhängig ein Mindestlohn von 8,50 EUR brutto pro Zeitstunde. Zum 1.1.2017 wurde er auf 8,84 EUR angehoben. Der Mindestlohn soll verhindern, dass Arbeitnehmer zu Löhnen beschäftigt werden, die unangemessen sind und den elementaren Gerechtigkeitsanforderungen nicht genügen.

AKTUELL hat die Bundesregierung beschlossen, dass ab dem 1.1.2019 der Mindestlohn um 35 Cent auf 9,19 EUR je Zeitstunde steigt. Zum 1.1.2020 soll eine weitere Erhöhung auf 9,35 EUR erfolgen. Die Steigerung orientiert sich an der allgemeinen Lohnentwicklung (Mindestlohnanpassungsverordnung).

Die Anhebung des einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns beruht auf dem Beschluss der Mindestlohnkommission vom 28.6.2016. Die Kommission hatte mit dem Mindestlohngesetz den Auftrag erhalten, alle zwei Jahre über die Anpassung des Mindestlohns zu entscheiden und der Bundesregierung einen entsprechenden Vorschlag zu machen. Die Mindestlohnkommission prüft für ihren Beschluss, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Sie orientiert sich dabei nachlaufend an der Entwicklung der durchschnittlichen Tariflöhne.

HINWEIS: Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer - außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Auch für Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten gilt er nicht.

Weitere Infos: Gesetzlicher Mindestlohn: Ausnahmen und Übergangsregelungen.

 

II. Privater Bereich

1. Pflegegelder:
Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1 ebenfalls steuerfrei

Das Pflegegeld aus der gesetzlichen Pflegeversicherung gemäß § 37 SGB XI steht originär dem Pflegebedürftigen zu, um damit die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung sicherzustellen. Das Pflegegeld ist bei ihm steuerfrei (§ 3 Nr. 1a EStG). Leitet der Pflegebedürftige das Pflegegeld an seine Angehörigen weiter, ist es auch bei diesen steuerfrei. Dasselbe gilt, wenn die Eltern eines pflegebedürftigen Kindes das Pflegegeld erhalten (§ 3 Nr. 36 EStG).

  • Seit 2017 gewährt die Pflegeversicherung einen Entlastungsbetrag von 125 EUR monatlich (§ 45b Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Auf den Entlastungsbetrag haben alle Pflegebedürftigen in den neuen Pflegegraden 1 bis 5 einen Anspruch, bei denen die Pflege im häuslichen Bereich erfolgt.
  • Ein Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI besteht nur für die Pflegegrade 2 bis 5, die den bisherigen Pflegestufen 1 bis 3 vor 2017 entsprechen. Die Fälle, in denen ein Pflegebedürftiger mit einem Pflegegrad 1 nur den Entlastungsbetrag nach § 45b Abs. 1 Satz 1 SGB XI erhält und weiterleitet, werden bisher nicht von der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 36 Satz 1 EStG erfasst. Diese Regelungslücke soll geschlossen werden.

AKTUELL sieht das "Jahressteuergesetz 2018" vor, dass ab 2019 - ebenso wie das Pflegegeld - auch der Entlastungsbetrag nach § 45b Abs. 1 Satz 1 SGB XI für den Pflegebedürftigen und bei Weiterleitung für die Pflegeperson steuerfrei ist (§ 3 Nr. 36 EStG).

 

2. Außergewöhnliche Belastung:
Alte Bescheide werden in Kürze geändert

Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art sind der Höhe nach unbegrenzt absetzbar (§ 33 EStG). Doch vorher müssen Sie einen Teil der Kosten selber übernehmen. Das Finanzamt kürzt Ihre Aufwendungen automatisch um die so genannte zumutbare Belastung, die sich nach der Höhe Ihres Einkommens, der Anzahl der Kinder und Ihrem Familienstand richtet (§ 33 Abs. 3 EStG). Im Januar 2017 hat der Bundesfinanzhof überraschend festgestellt, dass die zumutbare Belastung bisher völlig falsch berechnet wurde. Bei der Berechnung wird nunmehr nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den gesetzlichen Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Steuer-Prozentsatz belastet. Dies führt in der Regel zu einer früheren und etwas stärkeren Entlastung für die Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 19.1.2017, VI R 75/14).

Die Grundsätze der Gerichtsentscheidung werden zwar bereits seit Juni 2017 in allen neuen Fällen bei der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt. Davor bekannt gegebene Steuerbescheide, die bereits im Vorgriff auf das Urteil insoweit vorläufig ergangen sind, sind aber vielfach noch nicht berichtigt worden. Das wird nun aber in einer großen Aktion nachgeholt. Den Beginn macht Bayern, die anderen Bundesländer werden aber in Kürze nachziehen. Ein zusätzlicher Antrag ist üblicherweise nicht erforderlich. So wird nun gerechnet:

Beispiel:

Eheleute mit 2 Kindern haben einen Gesamtbetrag der Einkünfte (G.d.E.) von 60.000 EUR. Die Krankheitskosten betragen 5.000 EUR.

So wurde bisher gerechnet

So wird jetzt gerechnet

G.d.E.

Prozent

Zumutbare
Belastung

G.d.E.

 

Prozent

Zumutbare
Belastung

 

60.000 EUR

 

4 %

 

2.400 EUR

 

bis 15.340 EUR

bis 51.130 EUR

bis 60.000 EUR

2 %

3 %

4 %

306,80 EUR

1.073,70 EUR

354,80 EUR

insgesamt:

1.735,30 EUR

 

Als außergew. Bel. absetzbar

(5.000 EUR ./. 2.400 EUR)

 

2.600 EUR

 

Als außergew. Bel. absetzbar

(5.000 EUR ./. 1.735 EUR)

 

 

3.265 EUR

 

   

Vorteil:

665 EUR

 

3. Zahnbehandlungskosten:
Vorauszahlung kann Steuer mindern

Zahnbehandlungen können teuer und vor allem auch langwierig sein. Die Kosten wirken sich steuerlich als außergewöhnliche Belastungen nur nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung aus, so dass die effektive Steuerermäßigung oftmals nur sehr gering ist. Von daher stellt sich die Frage, ob es aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein kann, die Kosten für eine Heilbehandlung, die sich über den Jahreswechsel hinzieht, vorauszuzahlen, um den Steuerabzug zu erhöhen. Die Antwort hat das FG München mit Urteil vom 12.5.2014 (7 K 3486/11) gegeben. Danach ist ein Abzug einer Vorauszahlung möglich, wenn ein wirtschaftlicher vernünftiger Grund vorliegt.

In den Urteilsgründen heißt es: "Eine Festkostenvereinbarung könnte als wirtschaftlich vernünftiger Grund für eine Vorauszahlung der gesamten Behandlungskosten anzuerkennen sein, wenn sich das genaue Ausmaß der Behandlung noch nicht mit hinreichender Sicherheit absehen lässt und dem Steuerpflichtigen dadurch das Risiko genommen wird, dass die Behandlungskosten aufgrund unvorhersehbarer Maßnahmen höher werden als geplant."

Im Urteilsfall selbst mangelte es allerdings an einem solchen Grund. In der Einkommensteuererklärung 2009 machte der Kläger insgesamt 45.000 EUR für eine Zahnarztrechnung geltend. Die in Rechnung gestellte Summe entfiel auf Abschlagszahlungen für chirurgische und Zahnersatzleistungen. Als Grund für die Vorauszahlung der Zahnbehandlungskosten nannte der Kläger eine mit dem Zahnarzt abgeschlossene Festpreisvereinbarung in Höhe von 45.000 EUR, um Sicherheit darüber zu erhalten, in welcher Höhe sich die zu erbringenden Eigenleistungen belaufen würden. Tatsächlich stand der angebliche Festpreis aber unter dem Vorbehalt, dass sich der Befund, auf dessen Grundlage das Honorar berechnet wurde, nicht ändert.

Damit war er nichts anderes als ein "verkappter" Kostenvoranschlag. Hinzu kam, dass der Steuerpflichtige im Jahre 2009 aufgrund des Erhalts einer hohen Abfindung ausnahmsweise der Spitzenprogression unterlag und so den Argwohn von Finanzamt und Finanzgericht hervorgerufen hatte.

STEUERRAT: Ist abzusehen, dass sich eine Zahnbehandlung über einen längeren Zeitraum hinzieht, ist es ratsam, die Kosten in einer Summe zu zahlen, um zumindest in einem Jahr die zumutbare Eigenbelastung zu übersteigen und die Kosten auch tatsächlich steuermindernd geltend machen zu können. Bei der Zahlung über zwei Jahre bzw. über den Jahreswechsel hinweg wirken sich die Kosten dagegen oftmals nicht aus.

Weitere Hinweise: Außergewöhnliche Belastungen: Wie hoch ist die zumutbare Belastung?

 

III. Kinder

1. Berufsausbildung:
KV-Beiträge des Kindes als Sonderausgaben der Eltern

Seit 2010 sind Beiträge zur gesetzlichen und privaten Basiskrankenversicherung sowie zur gesetzlichen Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe und unbegrenzt als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Absetzbar sind nicht nur Beiträge zur eigenen Absicherung, sondern auch Beiträge zur Absicherung von unterhaltsberechtigten Kindern. Doch die Beiträge für Kinder in der Steuererklärung richtig geltend zu machen, ist sehr kompliziert geworden. Denn es kommt darauf an, ob Sie für das Kind noch Kindergeld bekommen oder nicht mehr, ob Sie oder das Kind Versicherungsnehmer sind und - neuerdings - ob Sie die Beiträge tatsächlich gezahlt oder nur Naturalunterhalt gewährt haben.

  • Sind Sie selber Versicherungsnehmer und zahlen die Beiträge für das kindergeldberechtigte Kind, können Sie die Aufwendungen als Ihre Sonderausgaben absetzen. Die Beiträge zur Basisabsicherung sind in der "Anlage Kind" (Zeile 31 ff.) einzutragen. Beiträge für Wahlleistungen, Auslandskrankenversicherung u. Ä. sind im Rahmen der "anderen Versicherungen" absetzbar und in der "Anlage Kind" (Zeile 37) anzugeben.
  • Ist das Kind Versicherungsnehmer und Sie zahlen die Beiträge, können Sie aufgrund einer Sonderregelung die Beiträge ebenfalls als Sonderausgaben absetzen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG). Die Beiträge zur Basisabsicherung sind in der "Anlage Kind" (Zeile 31 ff.) anzugeben. Beiträge für Wahlleistungen, Auslandskrankenversicherung u. Ä. sind nur beim Versicherungsnehmer - also beim Kind - im Rahmen der "anderen Versicherungen" als Sonderausgaben absetzbar und daher in dessen Steuererklärung in der "Anlage Vorsorgeaufwand" (Zeile 28) anzugeben. Ein Abzug dieser Beitragsanteile bei den Eltern ist nicht möglich.

Die Sonderregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG betrifft Eltern von Kindern, die in Berufsausbildung sind, selber Versicherungsnehmer sind und eigene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen haben, z.B. als Auszubildende, als Referendare, als Beamtenanwärter, als Studenten. Die Eltern können also auch dann die Beiträge fürs Kind absetzen, wenn das Kind diese selber aus eigenem Einkommen zahlen könnte. Bisher war die Finanzverwaltung äußerst großzügig und ließ den Sonderausgabenabzug bei den Eltern zu, egal ob diese die Versicherungsbeiträge tatsächlich gezahlt oder dem Kind erstattet haben. Ausreichend war, dass die Eltern dem Kind Unterhalt in Form von Unterkunft und Verpflegung gewährt haben. Absetzbar sind nur Beiträge zur Basisabsicherung, nicht aber für Wahlleistungen, weil Beiträge zu "sonstigen Versicherungen" nicht unter die Sonderregelung fallen (R 10.4 EStR; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087, Tz. 68).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof dieser großzügigen Auffassung des Fiskus widersprochen: Wenn dem Kind aufgrund seines Ausbildungsverhältnisses die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vom Arbeitgeber einbehalten werden und es diese somit selber zahlt, dürfen die Eltern diese Beiträge nur dann als Sonderausgaben absetzen, wenn sie zum Unterhalt verpflichtet sind und durch die Beitragszahlung oder -erstattung tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sind. Sie müssen dem Kind also die Beiträge erstatten, die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung ist nicht ausreichend (BFH-Urteil vom 13.3.2018, X R 25/15).

  • Der Fall: Das Kind in Berufsausbildung hatte die von seinem Arbeitgeber einbehaltenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben geltend gemacht, ohne dass diese sich im Rahmen seiner Einkommensteuerfestsetzung auswirkten. Daraufhin machten seine Eltern die Aufwendungen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung mit der Begründung geltend, sie hätten ihrem Kind, das noch bei ihnen wohne, schließlich Naturalunterhalt gewährt. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht lehnten den Sonderausgabenabzug der Eltern jedoch ab. Der BFH bestätigte im Ergebnis das FG-Urteil.
  • Nach Auffassung des BFH gilt die Sonderregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG zwar auch für die vom Arbeitgeber des Kindes im Rahmen einer Berufsausbildung einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Doch die Eltern dürfen die Beiträge nur dann als ihre Sonderausgaben absetzen, wenn sie die Beiträge dem Kind aufgrund einer bestehenden Unterhaltsverpflichtung tatsächlich bezahlt oder erstattet haben. Da sie dem Kind jedoch nur Naturalunterhalt gewährt haben, scheidet der Sonderausgabenabzug aus.

STEUERRAT: Voraussetzung für den Abzug nicht unmittelbar selbst geschuldeter Sonderausgaben ist eine entsprechende Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind. Der Unterhaltsanspruch umfasst den gesamten Lebensbedarf des Kindes einschließlich Aufwendungen für eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung. Fallen beim Kind in der Ausbildung eigene Versicherungsbeiträge an, haben die Eltern diese zu tragen, es sei denn, dieser Bedarf des Kindes wird von der Ausbildungsvergütung abgedeckt. Im Rahmen der Unterhaltsbedürftigkeit ist die Ausbildungsvergütung, die ein volljähriges Kind erhält, als Einkommen zu berücksichtigen und deswegen - nach Abzug berufsbedingter Mehraufwendungen - in voller Höhe bedarfsmindernd anzurechnen.

Weitere Informationen: Krankenversicherung: Absicherung von unterhaltsberechtigten Personen.

 

2. Elterngeld:
Elterngeldberechnung bei Schwangerschaft und Arbeitsplatzverlust

Grundlage für das Elterngeld ist das persönliche Nettoeinkommen, nicht das Familieneinkommen. Maßgebend ist das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes, das der betreuende Elternteil durchschnittlich pro Monat erzielt hat. Falls in einzelnen Monaten kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt wurde, drückt dies natürlich das durchschnittliche Monatseinkommen nach unten. Doch in bestimmten Fällen soll aus politischen Gründen ein Absinken des Elterngeldes vermieden werden. Daher bleiben bei der Bestimmung des 12-Monatszeitraums vor der Geburt des Kindes die jeweiligen Kalendermonate in bestimmten Fällen außer Ansatz, wobei sich der Zwölfmonatszeitraum auf weiter zurückliegende Monate verschiebt (§ 2b Abs. 1 BEEG).

So bleiben u.a. Monate unberücksichtigt, in denen die werdende Mutter aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung kein oder nur ein geringeres Einkommen erzielen konnte. Das besondere gesundheitliche Risiko Schwangerer soll ihr bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen. Ob eine Erkrankung während der Schwangerschaft maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführen ist, ist durch ärztliches Attest nachzuweisen. Es kann aber nicht von vornherein angenommen werden, dass jede Erkrankung während der Schwangerschaft auch auf die Schwangerschaft zurückzuführen ist (§ 2b Abs. 1 Nr. 3 BEEG).

AKTUELL hat das Landessozialgericht Celle-Bremen entschieden, dass sich der Zeitraum zur Elterngeldberechnung ausnahmsweise auch dann verschieben kann, wenn die werdende Mutter nach einem Arbeitsplatzverlust wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung keinen neuen Job finden konnte und sich deswegen ihr Erwerbseinkommen in den Monaten vor der Geburt vermindert hat (LSG-Urteil Niedersachsen-Bremen vom 22.8.2018, L 2 EG 8/18).

  • Der Fall: Einer Hotelfachfrau wurde nach langer Mobbingsituation gekündigt. Sie bemühte sich danach um eine neue Anstellung. Zu einer Einstellung kam es aber nicht, weil die Frau mit Zwillingen schwanger wurde und ihre Frauenärztin ein Beschäftigungsverbot wegen Risikoschwangerschaft bescheinigte. Nach der Geburt der Zwillinge berechnete die Behörde das Elterngeld einschließlich des Nulleinkommens in den Monaten zwischen Jobverlust und Geburt. Denn die Ursache des Einkommensverlustes läge in der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und nicht in der Risikoschwangerschaft. Das rechnerische Durchschnittseinkommen der Frau war dadurch rd. 1.000 Euro niedriger.
  • Aber nach Auffassung der Richter kommt es bei der Bemessung des Elterngeldes maßgeblich auf den Zusammenhang zwischen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung und einer dadurch bewirkten Minderung des Erwerbseinkommens an. Dies sei danach zu beurteilen, ob die Mutter ohne die Erkrankung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit einen höheren Verdienst erzielt hätte. Zur Überzeugung des Landessozialgerichts hätte die Frau ohne die Risikoschwangerschaft wahrscheinlich eine neue Arbeit gefunden.

Weitere Informationen: Elterngeld: Wie das maßgebliche Einkommen ermittelt wird.

 

IV. Nebentätigkeit

1. Ehrenamtliche Tätigkeit:
Steuervergünstigung für Versichertenberater

Im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund sind rund 2.600 Versichertenberater und Versichertenälteste ehrenamtlich tätig. Sie beantworten kostenlos alle Fragen rund um die Rentenversicherung, kümmern sich auch nach Feierabend um die Anliegen der Versicherten, helfen bei der Klärung des Versicherungskontos, nehmen Rentenanträge auf und lassen beim zuständigen Rentenversicherungsträger den gegenwärtigen Rentenanspruch berechnen. Im letzten Jahr halfen sie fast 900.000 Versicherten und Rentnern, darunter über 43.000 mal bei Hausbesuchen. Sie sind keine Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung, erhalten aber für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung.

Wie hoch ist die Aufwandsentschädigung? Es gibt eine pauschale monatliche Aufwandsentschädigung für den Zeitaufwand für die Beratung (51 EUR), eine Wohnungspauschale für die Gespräche in der eigenen Wohnung (25 EUR) und die Telefonate (20 EUR). Sachaufwendungen (Materialkosten), die mit Originalbelegen nachgewiesen werden, und Fahrtkosten werden voll durch die Deutsche Rentenversicherung finanziert. Kontenklärungen und Antragstellungen werden gesondert bewertet und finanziert. Die Frage ist, ob die Aufwandsentschädigung durch den Übungsleiterfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuerbegünstigt ist und folglich die Vergütung bis 2.400 EUR im Jahr steuerfrei bleibt.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Aufwandsentschädigungen für die ehrenamtlich tätigen Versichertenberater und Versichertenältesten der Deutschen Rentenversicherung nicht mittels Übungsleiterfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26 EStG begünstigt sind, weil die Tätigkeit keine pädagogische Ausrichtung hat. Auch ist eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 12 EStG nicht möglich, weil die Aufwandsentschädigung nicht aus einer Bundes- oder Landeskasse stammt. Stattdessen aber kommt der Ehrenamtsfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26a EStG in Betracht, der die Vergütung bis zu 720 EUR pro Jahr steuerfrei belässt (BFH-Urteil vom 3.7.2018, VIII R 28/15).

Von den Vergütungen bleibt also ein Betrag in Höhe von 720 EUR steuerfrei. Von den verbleibenden Einnahmen können Betriebsausgaben nur insoweit abgezogen werden, als sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen (§ 3 Nr. 26a Satz 3 EStG).

Beispiel: Die Vergütungen betragen 8.000 EUR. Davon bleiben 720 EUR steuerfrei, sodass 7.280 EUR steuerpflichtig sind. Die Betriebsausgaben betragen 1.500 EUR, die allerdings nur mit dem 720 EUR übersteigenden Betrag absetzbar sind, also mit 780 EUR. Zu versteuern sind folglich 6.500 EUR (7.280 EUR ./. 780 EUR).

STEUERRAT: Welcher Einkunftsart sind die Vergütungen zuzuordnen? Die Vorinstanz - das FG Berlin-Brandenburg - meint, dass die Einnahmen als "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" zu versteuern sind (Urteil vom 1.7.2015, 7 K 7230/13). Dies lässt der BFH in seinem Urteil ungeklärt, weil diese Frage auf die Steuerpflicht keine Auswirkung hat. Wir meinen jedoch, dass die Versteuerung als "Einkünfte aus selbstständiger Arbeit" gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfolgen hat.

Weitere Informationen: Nebentätigkeiten: Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG.

 

2. Übungsleiterfreibetrag:
Auch Nebentätigkeit in der Schweiz steuerbegünstigt

Voraussetzung für die Gewährung des Übungsleiterfreibetrages von 2.400 EUR und des Ehrenamtsfreibetrages von 720 EUR ist, dass die Tätigkeit für eine inländische gemeinnützige Organisation oder eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts geleistet wird. Seit 2009 gilt dies ebenfalls, wenn die Nebentätigkeit für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat ausgeübt wird, z. B. bei einem ausländischen Verein, bei einer ausländischen Schule, Volkshochschule, Universität u.Ä. Ausgeschlossen ist die Steuervergünstigung jedoch für eine Nebentätigkeit im Nicht-EU-Ausland, insbesondere in der Schweiz.

Im Jahre 2016 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Nichtbegünstigung einer Nebentätigkeit im Nicht-EU-Ausland EU-rechtswidrig ist. Die derzeitige Regelung verstoße gegen die Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens über die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer (EuGH-Urteil vom 21.9.2016, C-478/15).

AKTUELL soll mit dem "Jahressteuergesetz 2018" im Gesetz festgeschrieben werden, dass der Übungsleiterfreibetrag und der Ehrenamtsfreibetrag auch dann gewährt werden, wenn eine begünstigte nebenberufliche Tätigkeit im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in der Schweiz ausgeübt wird (§ 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG-neu). Die Neuregelung gilt in allen noch offenen Steuerfällen (§ 52 Abs. 4 Satz 5 EStG-neu).

Arbeitnehmer und Selbstständige, die z.B. nebenberufliche Lehrtätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer in der Schweiz ansässigen juristischen Person des öffentlichen Rechts ausüben, können damit eine Steuerbefreiung für die Einnahmen aus dieser Tätigkeit beanspruchen. Nebenberufliche Tätigkeiten, die in der Schweiz ausgeübt werden, sind damit in der Steuerbefreiung den nebenberuflichen Tätigkeiten gleichgestellt, die im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem EU- oder EWR-Staat ausgeübt werden.

Weitere Informationen:Nebentätigkeiten: Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG.

 

3. Ehrenamtliche Tätigkeit:
Mitarbeit im AStA ist steuerpflichtiger Arbeitslohn

In Baden-Württemberg wurde im Jahre 2012 die Verfasste Studierendenschaft wieder eingeführt. (Auch in anderen Bundesländern gibt es solche Organisationen.) Der Studierendenschaft wurde als Gliedkörperschaft der Hochschule der Status einer rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen. Die Studierendenschaft verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen selbst. Der Allgemeine Studierendenausschuss als exekutives Organ der Studierendenschaft erledigt deren laufenden Geschäfte und ist an die Beschlüsse des Studierendenparlaments gebunden. Die Mitglieder des Allgemeinen Studierendenausschusses üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus, können aber eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten. Wie sind die Tätigkeit und die Vergütung steuerlich zu beurteilen?

AKTUELL gibt das Finanzministerium Baden-Württemberg folgende Auskunft (FinMin. Baden-Württemberg vom 30.3.2017, 3-S 2337/39).

  • Die Mitglieder des Allgemeinen Studierendenausschusses sind nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Rahmen eines Dienstverhältnisses abhängig beschäftigt und als Arbeitnehmer tätig (BFH-Urteil vom 22.7.2008, VI R 51/05).
  • Die gezahlten Aufwandsentschädigungen stellen grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die steuerlichen Arbeitgeberpflichten - insbesondere Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer - sind von der jeweiligen Studierendenschaft der Hochschule wahrzunehmen.
  • Werden die Aufwandsentschädigungen nicht für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt und sind sie dazu bestimmt, Aufwendungen abzugelten, die zumindest teilweise dem Grunde nach als Werbungskosten abziehbar sind, kommt der Steuerfreibetrag für ehrenamtliche öffentliche Tätigkeiten zur Anwendung: Die Aufwandsentschädigungen bleiben monatlich bis zu 200 EUR steuerfrei (gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG). Ein den Höchstbetrag übersteigender Betrag ist dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.

STEUERRAT: Im Hinblick auf die notwendigen organisatorischen Umstellungsarbeiten ist die Finanzverwaltung damit einverstanden, dass der Lohnsteuerabzug erstmals für Arbeitslohnzahlungen ab dem Kalenderjahr 2018 vorgenommen wird.

AKTUELL hat das Sozialgericht Münster entschieden, dass die Vorsitzenden und Referenten des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität Münster als sozialversicherungsrechtliche Beschäftigte der Studierendenschaft anzusehen sind, mit der Folge, dass die Studierendenschaft Sozialversicherungsbeiträge für diese entrichten muss (SG Münster vom 17.10.2017, S 4 R 115/13).

Nach Auffassung des Sozialgerichts ist die Satzung der Studierendenschaft zu beachten, wonach der AStA die Beschlüsse des Studierendenparlaments auszuführen hat. Insoweit liege eine Weisungsgebundenheit vor. Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spreche auch nicht das Hochschulgesetz des Landes.

Was gilt, wenn sich der Student für zwei Semester vom Studium beurlauben lässt, um mit ganzer Kraft und vollem Zeiteinsatz im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) mitzuwirken? Man könnte meinen, hier sei der Bezug zum Studium doch noch vorhanden, weil eine Tätigkeit in der studentischen Selbstverwaltung untrennbar mit dem Status als Studierender verbunden sei. Also müssten die Eltern weiterhin Kindergeld erhalten, oder?

Der BFH hat entschieden, dass die Eltern keinen Anspruch mehr auf Kindergeld haben, wenn das Kind sein Studium unterbricht, um im AStA mitzuarbeiten. Beurlaubte Studierende werden grundsätzlich nicht für einen Beruf ausgebildet, sofern sie in dieser Zeit keine Leistungsnachweise erbringen können. Deshalb haben die Eltern während der Beurlaubung keinen Anspruch auf Kindergeld (BFH-Beschluss vom 4.2.2014, III B 87/13).

Weitere Informationen: Ehrenamtliche Tätigkeit im öffentlichen Bereich.

 

V. Kapitalerträge

1. Aktienverkauf:
Wenn der Verkaufserlös geringer ist als die Verkaufskosten

Verluste entstehen, wenn die Erlöse aus Veräußerung oder Einlösung von Wertpapieren oder anderen Kapitalanlagen niedriger sind als die entsprechenden Erwerbskosten. Solche Verluste können mit positiven Kapitalerträgen saldiert werden und so die Abgeltungsteuer vermindern. Eine "Veräußerung" ist die entgeltliche Übertragung des Eigentums auf einen Dritten. Als "Veräußerung" gilt ebenfalls die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 2 Satz 2 EStG).

ABER: Eine "Veräußerung" soll nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht vorliegen, wenn der Veräußerungspreis niedriger ist als die Transaktionskosten. Ein solcher Verlust wird nicht berücksichtigt. Damit will der Fiskus sicherstellen, dass nicht auf missbräuchliche Weise dem Grunde nach steuerlich unwirksame Forderungsausfälle zu steuerlich wirksamen Veräußerungsverlusten umgewidmet werden (BMF-Schreiben vom 18.1.2016, BStBl. 2016 I S. 85, Tz. 59).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof gegen den Fiskus entschieden, dass die steuerliche Berücksichtigung eines Verlusts aus der Veräußerung von wertlosen Aktien nicht von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängt. Daher liegt eine "Veräußerung" auch dann vor, wenn der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt. In diesem Fall kann sehr wohl ein Veräußerungsverlust steuermindernd mit positiven Kapitalerträgen verrechnet werden. "Eine Veräußerung ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert" (BFH-Urteil vom 12.6.2018, VIII R 32/16).

  • Der Fall: Ein Anleger verkauft wertlose Aktien, die er einstmals für 5.700 EUR erworben hatte, zum Preis von 14 EUR, wobei die Sparkasse in gleicher Höhe Transaktionskosten einbehält. Die Sparkasse verzichtet auf die Einbuchung des entstandenen Veräußerungsverlustes von 5.700 EUR in den Verlustverrechnungstopf.
  • Nach Auffassung des BFH ist eine "Veräußerung" die entgeltliche Übertragung des - zumindest wirtschaftlichen - Eigentums auf einen Dritten. Eine entgeltliche Anteilsübertragung liegt auch dann vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten oder gegen einen lediglich symbolischen Kaufpreis übertragen werden. Hier liege eine entgeltliche Übertragung vor, denn es wurde ein Entgelt bezahlt.
  • Auch liegt kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO vor. Der Anleger hat nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, sondern lediglich von einer ihm durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem erzielbaren Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert.

STEUERRAT: Dass der Anleger keine Steuerbescheinigung der Sparkasse über den entstandenen Verlust vorlegen konnte, steht der Verlustverrechnung nicht entgegen. Die Bescheinigung ist entbehrlich, wenn - wie vorliegend - keine Gefahr der Doppelberücksichtigung des Verlusts besteht.

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Verluste aus Kapitalanlagen verrechnet werden .

 

2. Bargeldkontrollen:
Verschärfte Kontrollen an den Außengrenzen der EU

Schon seit 1998 finden in den Ländern der Europäischen Union Kontrollen des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs statt - alles wie immer "zur Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung". Dabei gelten unterschiedliche Regelungen an den Binnengrenzen und an den Außengrenzen der EU:

  • Bei Reisen innerhalb der EU müssen Sie mitgeführte Barmittel ab 10.000 EUR auf Nachfrage der Zollbeamten mündlich anzeigen.Sie müssen darlegen, woher das Geld stammt, wofür es verwendet werden soll und - wenn es nicht Ihr eigenes Geld ist - für wen Sie es transportieren. Es besteht allerdings keine Pflicht, den Besitz von Barmitteln von sich aus zu offenbaren. Der Betrag von 10.000 EUR gilt pro Person, muss aber richtig verteilt sein.
  • Bei Reisen aus der EU oder in die EU, z.B. in die Schweiz, müssen Sie mitgeführte Barmittel ab 10.000 EUR ohne Aufforderung beim Zoll schriftlich anmelden, und zwar auf amtlichem Formular "Anmeldung von Barmitteln". Eine Angabe erst auf Nachfrage des Zollbeamten ist zu spät! Und Sie haben eine Anmeldepflicht auch dann, wenn der Zollbeamte Sie durchwinkt.
  • Besonderheit Schweiz: In der Schweiz müssen Sie bei der Einreise, Ausreise oder Durchreise seit dem 1.3.2009 - zusätzlich zur schriftlichen Anmeldung auf deutscher Seite - auf Nachfrage der Schweizer Zollbeamten Barmittel von mehr als 10.000 Franken = 8.768 EUR (Stand: Oktober 2018) oder entsprechendem Gegenwert in ausländischer Währung angeben und dabei Auskunft über Ihre Person, Herkunft, Verwendungszweck und wirtschaftlich berechtigte Person des Geldes erteilen.

AKTUELL hat der Rat der EU eine neue EU-Verordnung beschlossen, mit der die Überwachung von Barmitteltransfers in die EU oder aus der EU verbessert werden soll. Oder anders herum: Die Bargeldkontrollen werden weiter verschärft (Rat der EU, Pressemitteilung vom 2.10.2018).

  • Der Begriff "Barmittel" ist in der neuen Verordnung weiter gefasst, sodass hierunter nunmehr nicht nur Banknoten und übertragbare Wertpapiere, sondern auch hochliquide "Rohstoffe" wie Schecks, Reiseschecks, Prepaid-Karten und Gold fallen.
  • Bargeldkontrollen sind künftig auch möglich im Post-, Fracht- oder Kurierverkehr. Werden auf diesem Wege sog. unbegleitete Barmittel versandt, sind die Zollbehörden befugt, vom Absender oder vom Empfänger eine Offenlegungserklärung zu verlangen. Der Zoll kann alle Sendungen, Pakete oder Verkehrsmittel kontrollieren, die unbegleitete Barmittel enthalten können.
  • Die neuen Regeln sehen des Weiteren vor, dass die Zollbehörden bei Verdachtsmomenten im Zusammenhang mit einer kriminellen Handlung schon bei Beträgen unterhalb der Anmeldeschwelle von 10.000 EUR tätig werden können. Der Verdacht auf Steuerhinterziehung könnte genügen. Eine Untergrenze, bei der man sich sicher fühlen darf, wird nicht genannt. Experten gehen davon aus, dass dieser Wert vielleicht bei 1.000 EUR liegen dürfte. Dann werden die Mittel konfisziert und die Informationen nicht nur an den Heimatstaat des Betroffenen, sondern an alle EU-Mitgliedsstaaten und an die Europäische Kommission weitergeleitet.

HINWEIS: Der Rat und das Europäische Parlament müssen die Verordnung jetzt noch unterzeichnen. Der unterzeichnete Text wird im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt am zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
MEINUNG: Zunehmend werden Vorschriften erlassen, die auf eine Einschränkung oder Abschaffung des Bargeld-Gebrauchs abzielen. Die EU-Kommission hatte am 4. Mai 2016 beschlossen, den 500-Euro-Schein abzuschaffen. Seit dem 26. Juni 2017 sind Barzahlungen beim Handel mit Gütern nur noch bis 10.000 EUR (vorher 15.000 EUR) möglich, ohne dass der Kunde identifiziert werden muss. Beispielsweise können Goldbarren und Goldmünzen jetzt nur noch bis 10.000 EUR bar und anonym gekauft werden (Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie). Am 14. Mai 2018 wurde nun die 5. EU-Geldwäscherichtlinie durch den EU-Rat gebilligt. Damit wird u.a. auch das Thema "virtuelle Währungen" und Spielwährungen angegangen. Ausnahmsweise eine gute Nachricht: Soeben hat Bundesfinanzminister Scholz sich gegen eine Bargeld-Obergrenze in Deutschland ausgesprochen und damit Pläne seines Vorgängers Schäuble kassiert. Im Gespräch war eine Obergrenze von 5.000 EUR (Süddeutsche vom 20.9.2018). Zu bedenken ist, dass Bargeld die einzige Möglichkeit der Bürger darstellt, ihre Ersparnisse vor dem Zugriff der Staaten und Banken und etwaiger Sonderabgaben oder Vermögensteuern zu schützen. Zudem erlaubt es Bargeld, anonym zu bezahlen, ohne dass personenbezogene Daten gesammelt werden.Bargeld ist geprägte Freiheit!

Weitere Informationen: EU-Bargeldkontrollen: Verschärfte Kontrollregeln bei Reisen ins Ausland.

 

3. Erstattungszinsen:
Sparer-Pauschbetrag nicht ungenutzt lassen

Wer seinen Steuerbescheid später als 15 Monate nach dem Steuerjahr erhält und sich über eine Erstattung freut, bekommt auf diese Steuererstattung zusätzlich so genannte Erstattungszinsen, und zwar in Höhe von 0.5 Prozent für jeden vollen Monat. Der Wermutstropfen: Die Erstattungszinsen müssen im Jahr der Zahlung als Kapitalertrag wieder versteuert werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG).

AKTUELL ist dabei zu erkennen, dass viele Steuerzahler Geld verschenken, weil sie einfach hinnehmen, dass die Erstattungszinsen mit 25 Prozent versteuert werden und dabei vergessen, den Sparer-Pauschbetrag einzusetzen.

Beispiel:
Herr Steuerle hat seine Steuererklärungen für die Jahre 2014 bis 2016 erst im Jahre 2017 zusammen abgegeben. Er erhält die Steuerbescheide in 2017 mit einer hohen Steuererstattung. Mit dieser werden zusätzlich Erstattungszinsen von 300 EUR auf sein Konto überwiesen. Seine Erklärung für 2017 reicht Herr Steuerle in 2018 ein. Da er dieses Mal nichts "abzusetzen" hat, rechnet er weder mit einer Erstattung noch mit einer Nachzahlung. Kapitalerträge hat Herr Steuerle mit Ausnahme der Erstattungszinsen nicht, so dass er keine Anlage KAP abgibt. Dennoch erhält er plötzlich einen Bescheid mit einer Nachzahlung von 75 EUR Einkommensteuer zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Was ist geschehen?
Das Finanzamt hat die in 2017 gezahlten Erstattungszinsen der Abgeltungsteuer von 25 Prozent (zzgl. Soli und Kirchensteuer) unterworfen. Das Vorgehen ist korrekt. Aber: Herr Steuerle hätte in seiner Steuererklärung angeben sollen, dass er für die Erstattungszinsen den Sparer-Pauschbetrag einsetzen will (Zeilen 12, 13 der Anlage KAP). Dann wären die Erstattungszinsen steuerfrei geblieben.

STEUERRAT: Selbst wenn Sie die Erstattungszinsen nicht erklären würden, könnten Sie einer Versteuerung nicht entgehen. Denn die Finanzverwaltung hat die Höhe der gezahlten Zinsen üblicherweise in ihrem Computersystem und versteuert diese auch ohne Ihr "Zutun" mit 25 Prozent. Daher sollten (und müssen) Sie die Erstattungszinsen von vornherein in der Steuererklärung angeben und hierzu die "Anlage KAP" auszufüllen. Die Zinsen werden dann mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent besteuert. Aber: Beantragen Sie auf jeden Fall den Ansatz des Sparer-Pauschbetrages. Das heißt: Gegebenenfalls ist in Zeile 13 "0" einzutragen. Unterlassen Sie die Angaben, wird der Sparer-Pauschbetrag nicht angesetzt. Unabhängig davon sollten zumindest Steuerzahler mit geringen Einkünften stets die Günstigerprüfung (Zeile 4 der Anlage KAP) beantragen. Denn wenn Ihr Steuersatz unter 25 Prozent liegt, würden bei Durchführung der Günstigerprüfung auch die Kapitalerträge nur mit dem geringeren Steuersatz belastet werden. Die Günstigerprüfung umfasst aber sämtliche Kapitalerträge; ein "Rosinenpicken" ist also nicht möglich.

 

4. Darlehensverlust:
Ausfall ist steuerlich zu berücksichtigen

Darlehen innerhalb der Familie oder gegenüber Freunden sind keine Seltenheit. Aber auch die besten Freunde können in Schwierigkeiten geraten und ein Darlehen kann daher "ausfallen." Darf der Verlust des Darlehens dann steuerlich berücksichtigt werden? Die Finanzverwaltung lehnt dies ab und die Finanzgerichte hatten diese Frage nicht einheitlich beantwortet. Allerdings hat der Bundesfinanzhof in 2017 entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre auch nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt (Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15). Offen blieb jedoch die weitere Frage, in welchem Jahr der Verlust abgezogen werden kann, das heißt, wann das Darlehen als endgültig ausgefallen gilt.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass der Ausfall eines Privatdarlehens mit Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu berücksichtigen ist (Urteil 18.7.2018, 7 K 3302/17 E).

  • Der Fall: Der Kläger gewährte im August 2010 ein mit 5 % zu verzinsendes Privatdarlehen über rund 24.000 EUR. Ab August 2011 erbrachte der Darlehensnehmer keine Tilgungsleistungen mehr. Im Jahr 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Darlehensnehmers eröffnet. Der Kläger meldete daraufhin die Restforderung von rund 19.000 EUR zur Insolvenztabelle an - letztlich ohne Erfolg. Die Insolvenzverwalterin zeigte im Oktober 2012 gegenüber dem Amtsgericht die Masseunzulänglichkeit an. Im Jahr 2016 wurde das Insolvenzverfahren schließlich eingestellt.
  • Die Kläger machten den Verlust aus der Darlehensforderung in ihrer Einkommensteuererklärung für 2012 geltend. Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass der Darlehensverlust nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden könne. Dem ist der Bundesfinanzhof entgegengetreten und hat den Rechtsstreit an das Finanzgericht zurückverwiesen.
  • Die Düsseldorfer Richter haben nunmehr entschieden, dass der Verlust der Kapitalforderung bereits im Streitjahr 2012 berücksichtigt werden könne. Mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit im Jahr 2012 sei klar gewesen, dass die Insolvenzgläubiger wie der Kläger nach der Einschätzung der Insolvenzverwalterin keine Rückzahlungen mehr erhalten würden. Auf den weiteren Fortgang des Verfahrens und etwaige Änderungen der Vermögenslage bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens komme es nicht an.

STEUERRAT: Die Finanzverwaltung tut sich mit der neuen Rechtsprechung noch schwer und hat ihr BMF-Schreiben vom 9.10.2012 (BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 60) noch nicht revidiert. Sie wird aber wohl kaum umhinkommen, die Urteile bald zu akzeptieren. Von daher sollten Betroffene den Ausfall eines Privatdarlehens geltend machen. Der Verlust kann mit anderen Kapitaleinkünften verrechnet oder - falls dies nicht sofort möglich ist - in die Folgejahre "vorgetragen" werden. Aber Achtung: Der mehr oder weniger freiwillige Verzicht auf eine private Kapitalforderung ist nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. Hier gibt es einen kolossalen Unterschied zum zwangsweisen Ausfall eines Darlehens (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.7.2016, 3 K 1133/14).

 

VI. Eigenheim und Vermietung

1. Grundstücksnutzung:
Entschädigung für Hochspannungsleitung ist steuerfrei

Jeder möchte ausreichend und sicher mit Strom versorgt werden, aber gleichzeitig von Windrädern und Hochspannungsleitungen möglichst nicht beeinträchtigt werden. Natürlich führen Stromtrassen über private Grundstücke, leider oftmals auch über bebaute Grundstücke. Dann schließen Eigentümer und Netzbetreiber eine Vereinbarung, die dem Netzbetreiber die Nutzung des Grundstücks "zum Zwecke von Bau, Betrieb und Unterhaltung elektrischer Leitungen nebst Zubehör" erlaubt und den Eigentümer verpflichtet, im Grundbuch eine entsprechende Dienstbarkeit eintragen zu lassen. Dafür erhält der Eigentümer eine Einmalentschädigung. Die Frage ist, wie eine solche Entschädigung steuerlich zu behandeln ist.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf ist eine Entschädigung für die Überbauung eines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung steuerpflichtig. Die Entschädigung werde als Entgelt für die Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit gezahlt und sei daher den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen, gehöre also nicht zu den "sonstigen Einkünften" gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Auch sei das Entgelt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt als Gegenleistung für die Nutzung des Grundstücks anzusehen (FG Düsseldorf vom 20.9.2016, 10 K 2412/13 E).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof zu Gunsten der Grundstückseigentümer entschieden, dass eine Einmalentschädigung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung nicht steuerpflichtig ist. Wird die Erlaubnis erteilt, um einer drohenden Enteignung zuvorzukommen, liegen weder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch sonstige Einkünfte vor. Vielmehr handelt es sich um steuerfreie Einnahmen in der Vermögenssphäre (BFH-Urteil vom 2.7.2018, IX R 31/16).

  • Der Fall: Das selbstbewohnte Hausgrundstück wurde beim Bau einer Stromtrasse mit einer Hochspannungsleitung überspannt. Ein Mast wurde auf dem Grundstück nicht erbaut. Der Grundstückseigentümer nahm das Angebot des Netzbetreibers an, der ihm für die Erlaubnis, das Grundstück überspannen zu dürfen und die dingliche Absicherung dieses Rechts durch eine immerwährende beschränkt persönliche Grunddienstbarkeit, eine Entschädigung in Höhe von rund 18.000 EUR zahlte. Die Höhe der Entschädigung bemaß sich nach der Minderung des Verkehrswerts des überspannten Grundstücks (10 Prozent des Verkehrswertes).
  • Nach Auffassung der BFH-Richter erzielt der Grundstückseigentümer mit der Entschädigung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, denn es wird nicht die zeitlich vorübergehende Nutzungsmöglichkeit am Grundstück vergütet, sondern die unbefristete dingliche Belastung des Grundstücks mit einer Dienstbarkeit und damit die Aufgabe eines Eigentumsbestandteils. Die Nutzung des Grundstücks ist durch die Vereinbarung nicht eingeschränkt. Es liegen aber auch keine Einkünfte aus sonstigen Leistungen vor. Von dieser Einkunftsart werden Vorgänge nicht erfasst, die Veräußerungen oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich darstellen. Außerdem wäre der Grundstückseigentümer wohl teilweise zwangsenteignet worden, wenn er der Überspannung seines Grundstücks nicht zugestimmt hätte. Wer seiner drohenden Enteignung zuvorkommt, erbringt jedoch keine Leistung im Sinne dieser Vorschrift.

 

2. Frührentner:
Vergütungen für Solarstrom als schädlicher Hinzuverdienst

Wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze(65 Jahre plus x Monate)eine vorgezogene Altersrente oder eine Erwerbsminderungsrente bezieht, muss die Hinzuverdienstgrenze beachten, wenn er seinen Rentenanspruch nicht gefährden will (§ 34 Abs. 2 SGB VI). Seit dem 1.7.2017 beträgt die unschädliche Hinzuverdienstgrenze bei Bezug einer Vollrente oder einer Rente wegen voller Erwerbsminderung 6.300 EUR im Kalenderjahr (vorher: 450 EUR pro Monat mit zweimaliger Verdopplung). Als Hinzuverdienst gelten hier Arbeitslohn aus einer abhängigen Beschäftigung, auch 450 Euro-Minijob, und Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit. Außer Betracht bleiben Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Betriebsrenten, beamtenrechtliche Pensionen sowie Einkünfte aus Vermietung und Einkünfte aus Kapitalvermögen. Wenn also Mieteinkünfte beim Hinzuverdienst unschädlich sind, stellt sich die Frage, ob dies auch für die Einspeisevergütung aus einer Fotovoltaikanlage gilt.

Leider nein. Einkünfte aus einer Fotovoltaikanlage oder aus einer Windkraftanlage sind bei Frührentnern als Hinzuverdienst anzurechnen. Es handelt sich hierbei steuerlich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb und damit sozialversicherungsrechtlich um "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit". Angesetzt werden diese Einkünfte mit dem steuerlichen Betrag, d.h. mit dem Gewinn lt. Einkommensteuerbescheid. Sofern sich in den ersten Jahren - aufgrund von Abschreibung und Schuldzinsen - ein steuerlicher Verlust ergibt, so ist dies unschädlich für die Rente (BT-Drucksache 16/12555).

Auch das Sozialgericht Mainz hat entschieden, dass bei einem Frührentner Einkünfte aus dem Betrieb einer Solaranlage auf die vorgezogene Altersrente anzurechnen sind. Bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze kann dies dazu führen, dass bereits ausgezahlte Rentenleistungen zurückerstattet werden müssen (SG Mainz vom 27.11.2015, S 15 R 389/13).

Ein Trost noch: Auch mit der Beteiligung an einem geschlossenen Solaranlagen-Fonds kann die Erfassung des Hinzuverdienstes nicht umgangen werden. Denn der Anleger wird mit seiner Beteiligung Mitunternehmer der Gesellschaft und erzielt ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb (gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

STEUERRAT: Die Zurechnung der Solareinkünfte können Sie vermeiden, wenn Sie die Fotovoltaikanlage auf eine andere Person, z.B. Ihren Ehegatten, übertragen. Tritt für die Zukunftgegenüber dem Netzbetreiber eine andere Person als Vertragspartner auf und wird diese aus dem zivilrechtlich vereinbarten Stromliefervertrag berechtigt und verpflichtet, ist ab dem Zeitpunkt der wirksamen Änderung des zivilrechtlichen Vertrags die unternehmerische Tätigkeit "Betrieb der Fotovoltaikanlage" dieser Person zuzurechnen. Maßgeblich für die geänderte Zurechnung der unternehmerischen Tätigkeit sind die Mitteilung des Namens des neuen Betreibers an den Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur sowie die Abrechnungen des Netzbetreibers gegenüber dem neuen Unternehmer. Unerheblich ist hierbei, ob das Eigentum an der Anlage auf den neuen Unternehmer übergeht (LfSt Bayern vom 17.2.2012, S 7104.1.1-9/2 St33). Doch Vorsicht: Zumindest bei jüngeren Anlagen sollten Sie prüfen (lassen), ob sich dadurch steuerliche Auswirkungen auf die Abschreibungen (AfA) und den Vorsteuerabzug ergeben.

Weitere Informationen:Hinzuverdienstgrenzen bei Renten.

 

VII. Renten und Pensionen

1. Direktversicherung:
KV-Beitragspflicht auch bei Finanzierung aus Abfindung

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es eine interessante Möglichkeit, um Abfindungen und Wertguthaben aus Arbeitszeitkonten steuerfrei für den Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung - insbesondere für eine Direktversicherung - zu nutzen: Die Vervielfältigungsregelung.

  • Für jedes Jahr Ihrer Betriebszugehörigkeit ab dem 1.1.2005 kann der Arbeitnehmer einen Betrag von 1.800 EUR steuerfrei in die Direktversicherung einzahlen. Dienstjahre vor 2005 werden hier nicht berücksichtigt. Die späteren Versorgungsleistungen sind in voller Höhe steuerpflichtig - und auch beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung. Der so vervielfältigte Betrag vermindert sich - falls Sie bereits eine Direktversicherung haben - um die Beiträge, die der Arbeitgeber im laufenden Jahr und in den vorangegangenen sechs Jahren steuerfrei in die Direktversicherung eingezahlt hat. Auch hier werden nur Dienstjahre ab 2005 berücksichtigt(§ 3 Nr. 63 Satz 4 EStG 2017).
  • Ab 2018 wird die Vervielfältigungsregelung verbessert und einfacher gestaltet: Die Grenze wird dynamisch ausgestaltet (4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze des Jahres der Zahlung statt 1.800 EUR). Die Grenze wird mit den Jahren der Betriebszugehörigkeit vervielfältigt, allerdings begrenzt auf 10 Jahre. Auf eine Gegenrechnung des in den letzten sieben Kalenderjahren in Anspruch genommenen steuerfreien Volumens wird verzichtet (§ 3 Nr. 63 Satz 3 EStG 2018).
  • Die Frage ist, ob die Kapitalleistung aus der Direktversicherung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt, obwohl die Prämie für die Direktversicherung nicht durch Gehaltsumwandlung, sondern durch seinen teilweisen Verzicht auf den Nettoabfindungsanspruch geleistet wurde. Zudem ist fraglich, ob die Kapitalleistung mit dem Bruttobetrag oder mit dem Nettobetrag nach Abzug der Kapitalertragsteuer der Beitragspflicht unterliegt.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht entschieden, dass bei einem gesetzlich Krankenversicherten auch die Kapitalleistung einer Direktversicherung, die er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus seiner Abfindung finanziert hat, in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beitragspflichtig ist - und zwar 10 Jahre lang mit 1/120 pro Monat (BSG-Urteil vom 4.9.2018, B 12 KR 20/17 R).

Nach Auffassung des BSG unterliegt die Kapitalleistung aus einer Direktversicherung in voller Höhe als Versorgungsbezug der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung. Sie erfüllt die Voraussetzungen für die Annahme eines beitragspflichtigen Versorgungsbezugs schon deshalb, weil der Rentner den Zahlungsanspruch auf dem Durchführungsweg der Direktversicherung erworben hat. In diesem Fall ist es unerheblich, ob die Kapitalleistung ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitgebers beruht oder allein auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten. Daran hat sich nichts durch den Eintritt des Rentners als Versicherungsnehmer geändert, der in dieser Eigenschaft keine (weiteren) Prämien entrichtet hat. Die Kapitalleistung ist auch nicht um die zu entrichtende Kapitalertragsteuer zu reduzieren. Arbeitsentgelt, Renten und Versorgungsbezüge werden nach dem Bruttoprinzip einheitlich mit ihrem Bruttobetrag der Beitragsberechnung zugrunde gelegt.

HINWEIS: Auch wenn das Urteil krass erscheint - es liegt auf der Linie der bisherigen Entscheidungen des BSG. Versicherungsunternehmen, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringen, müssen die Versorgungsempfänger informieren, inwieweit die Leistungen im Versorgungsfall der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen (§ 144 Abs. 1 Nr. 1g VAG).

Weitere Informationen:Krankenversicherung: Volle Beiträge für Versorgungsbezüge und Kapital.

 

2. Betriebsrenten:
Doppelverbeitragung in der Krankenversicherung bleibt

Seit 2004 müssen Rentner auf Betriebsrenten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung mit dem allgemeinen Beitragssatz in voller Höhe zahlen (vorher nur die Hälfte). Hinzu kommt die Pflegeversicherung, ebenfalls in voller Höhe. Außerdem sind Beiträge auch auf Kapitalleistungen aus Direktversicherungen und Pensionskassen fällig. Hierzu wird die Kapitalleistung auf 10 Jahre verteilt und monatlich mit 1/120 als beitragspflichtige Einnahme behandelt (§ 229 SGB V). Diese Beitragspflicht gilt ohne Vertrauensschutz auch für Verträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden, und auch dann, wenn in der Ansparphase bereits Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Eine ungerechte Doppelverbeitragung!

Noch schlimmer: Mit dem vollen Beitragssatz zahlen die Rentner nun auch noch den Beitragsanteil des Arbeitgebers obendrauf - also eine Dreifachverbeitragung! Eine schlimmere Abzocke gibt's fast nicht! Die betroffenen Rentner fühlen sich vom Gesetzgeber um die Früchte ihrer Altersvorsorge betrogen. Für sie ist dies nichts anderes als eine "kalte Enteignung" durch einen ungerechtfertigten Eingriff in ihre finanzielle Lebensplanung.

Die krasse Neuregelung 2004 bedeutet eine schwerwiegende Belastung für Millionen von Rentnern. Zu verdanken ist dies einer legendären Kungelei von zwei Spitzenpolitikern: "Das war eine der schönsten Nächte meines Lebens", sagte im Juli 2003 der damalige CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer, nachdem er in der Nacht zuvor mit der damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt das sog. GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) mit seinen zahlreichen Einschränkungen und Belastungen verhandelt hatte. Was für den Herrn Seehofer der reinste Traum war, wurde für Millionen von Rentnern zum Albtraum, der bis heute anhält.

AKTUELL sieht Gesundheitsminister Jens Spahn - angeblich - keinen Spielraum für eine Entlastung und will die geltende Regelung mit der Doppelverbeitragung beibehalten. Eine Halbierung der Beiträge wäre schon mal ein großer Schritt, denn diese würde die Kassen nur rund 3 Milliarden Euro im Jahr an Beitragseinnahmen kosten. Eine rückwirkende Halbierung des Beitragssatzes, die wohl utopisch ist, würde etwa 42 Milliarden Euro kosten. Man kann es auch anders sehen: Die betroffenen Rentner werden bzw. wurden um exakt diese Summe geschröpft. Auch wenn es jetzt so im Gesetz steht, so muss das doch nicht rechtmäßig sein. Wie sagte einst der französische Staatsrechtler Charles des Montesquieu (1689-1755): "Etwas ist nicht recht, weil es Gesetz ist, sondern es muss Gesetz sein, weil es recht ist."

HINWEIS:   Die Streckung der Kapitalleistung auf 120 Monate ist ein geschickter Trick des Gesetzgebers, um möglichst viel Geld aus den Direktversicherungen in die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherer zu leiten. Eigentlich werden die Krankenkassenbeiträge durch die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4.350 EUR (2018) monatlich begrenzt, Einkommen darüber hinaus bleibt beitragsfrei. Doch durch die Streckung der Kapitalleistung auf 10 Jahre kann die Krankenkasse die Beitragsbemessungsgrenze nun 120-mal nutzen und so viel mehr abkassieren.

STEUERRAT:  Beitragsfrei in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bleiben nur sehr kleine Betriebsrenten und Kapitalleistungen: Im Jahr 2019 liegt diese Grenze im Westen bei 155,75 EUR (2018: 152,25 EUR) und im Osten bei 143,50 EUR (2018: 134,75 EUR). Eine Kapitalzahlung bleibt beitragsfrei bis zu 18.690 EUR (2018: 18.264 EUR), sofern keine weiteren Versorgungsbezüge vorliegen.

AKTUELL wird mit dem "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" eine KV-Beitragsbefreiung festgeschrieben für Leistungen aus einer Direktversicherung oder Pensionskasse, wenn und soweit der Rentner den Vertrag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer mit eigenen Mitteln privat fortgeführt hatte (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

Mit dieser Gesetzesänderung werden Urteile des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt (BVerfG-Urteil vom 6.9.2010, 1 BvR 739/08, und BVerfG-Urteil vom 28.9.2010, 1 BvR 1660/08 zur Direktversicherung; BVerfG-Urteile vom 27.6.2018, 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15 zur Pensionskasse).

Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

 

VIII. Selbstständige

1. Personengesellschaften:
Haftungsgefahr "Organschaft" droht ab 1.1 2019

Bei dem Wort "Organschaft" denken die meisten Selbstständigen wohl eher an große Konzerne oder komplizierte Firmenstrukturen. Dieser Gedanke ist jedoch leider falsch. Durch eine Änderung der Rechtsprechung werden in Kürze Tausende kleinerer Unternehmen in die Organschaft "hineinrutschen" - mit ungeahnten Folgen für das Steuerrecht und vor allem für die Haftung. Denn ab dem 1.1.2019 könnten viele Gesellschafter einer GmbH & Co. KG plötzlich doch wieder mit ihrem Privatvermögen für Steuerschulden der Gesellschaft haften. Dazu folgender kurzer Fall:

Herr Schubert ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG. Er ist zudem Inhaber eines Grundstücks, das er an seine Gesellschaft verpachtet hat. Die Firmenstruktur ist seinerzeit gewählt worden, damit Herr Schubert bei einer eventuellen Krise der Firma nicht mit seinem Privatvermögen haften muss. Doch mit der "Abschirmwirkung" der GmbH & Co. KG ist ab 1.1.2019 Schluss.

Der Hintergrund: Herr Schubert ist als Vermieter unternehmerisch tätig. "Seine" GmbH & Co. KG ist nicht nur finanziell, sondern aufgrund der Überlassung des Betriebsgrundstücks auch wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert. Es entsteht mithin eine umsatzsteuerliche Organschaft. Folge: Herr Schubert gilt als "Organträger" und haftet persönlich für die Umsatzsteuerschulden des gesamten Organkreises, also auch der KG.

Die Übergangsregelung: Bislang konnten nur Kapital-, nicht aber Personengesellschaften als so genannte Organe wirken. Das heißt: In dem oben genannten Fall konnte es nicht zu einer Organschaft kommen, weil die GmbH& Co.KG als Personengesellschaft keine Organgesellschaft sein konnte. Aufgrund zahlreicher Urteile des Bundesfinanzhofs und vor allem des Europäischen Gerichtshofes ist jedoch eine Änderung der Rechtsauffassung eingetreten. Danach können auch Personengesellschaften Organe sein. Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 26.5.2017 (BStBl 2017 I S.790) sind die neuen Rechtsgrundsätze bis zum 31.12.2018 wahlweise, danach zwingend anzuwenden.

STEUERRAT: Besonders misslich ist es, wenn Unternehmern sozusagen in eine Organschaft ungewollt "hineinrutschen" und dies erst im Rahmen einer Betriebs- oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung nach Jahren festgestellt wird. Zugegebenermaßen bestehen allerdings nur wenig Möglichkeiten, um ungewollte Organschaften zu vermeiden. In der Literatur wird etwa die Aufnahme eines Minderheitsgesellschafters zur Vermeidung der finanziellen Eingliederung oder die Verhinderung einer organisatorischen Eingliederung empfohlen. Für Letztere kommt es darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht und seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Eventuell könnte die organisatorische Eingliederung durch eine Fremdgeschäftsführung abgewendet werden (vgl. Korn, NWB 2017, S. 1856). Ob solche Maßnahmen aus tatsächlicher Sicht heraus sinnvoll sind, muss jedoch sorgfältig abgewogen werden.
Kann oder soll die Organschaft nicht verhindert werden, ist darauf zu achten, dass die Vermietung des Grundstücks im oben genannten Fall als "Innenumsatz" gelten würde und Umsatzsteuer nicht mehr auszuweisen wäre. Betroffene sollten auf jeden Fall mit ihrem Steuerberater sprechen.

 

2. Betriebs-Pkw:
Hinzurechnung eines Pauschalwerts bei Fahrten zur Betriebsstätte

Selbstständige, die einen Pkw im Betriebsvermögen halten und zu mehr als 50 % betrieblich nutzen, müssen die Privatnutzung entweder nach der 1 %-Pauschalregelung oder aber nach der Fahrtenbuchmethode versteuern. Bei der Pauschalregelung werden monatlich 1 % des Listenpreises des Kfz als Privatanteil versteuert. Hinzu kommen noch 0,03 % des Kfz-Listenpreises pro Entfernungs-Km und Monat, wenn der Wagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte genutzt wird. Arbeitnehmer können dem Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte teilweise entgehen, wenn sie ihr Fahrzeug tatsächlich weniger als 15 Tage pro Monat genutzt haben. Sie können dann stattdessen eine Einzelbewertung der Fahrten vornehmen, und zwar mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer und tatsächlicher Fahrt zur Tätigkeitsstätte (der Wert von 0,002 % ergibt sich, wenn man die 0,03 % durch die angenommenen 15 Tage dividiert). Doch gilt dies auch für Selbstständige?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Selbstständige einer Minderung des Zuschlags von 0,03 % nicht entgehen können. Das heißt: Auch wenn Sie Ihren Firmenwagen tatsächlich nur wenige Male im Monat für eine Fahrt zu Ihrer Betriebsstätte nutzen, müssen Sie 0,03 % des Kfz-Listenpreises pro Entfernungs-Km und Monat versteuern (Urteil vom 12.6.2018, VIII R 14/15).

  • Der Fall: Die Klägerin war eine selbstständige Steuerberaterin. Sie war u.a. als freie Mitarbeiterin in den Kanzleiräumen eines Kollegen tätig. Im Streitjahr unternahm sie lediglich 85 Fahrten zwischen ihrer Wohnung und der Kanzlei des Kollegen. Die einfache Entfernung von ihrer Wohnung bis dorthin betrug 30 km. Dementsprechend wollte sie nicht 0,03 % des Listenpreises pro Entfernungs-Km und Monat hinzurechnen, sondern nur 0,002 % des Listenpreises pro Entfernungs-Km und tatsächlichen Fahrten pro Monat. Während die Klägerin so auf eine Hinzurechnung für die Fahrten zur Betriebsstätte von nur 1.096,50 EUR kam, wollte das Finanzamt einen Betrag in Höhe von 3.220,20 EUR versteuern. Letztlich hat der Fiskus vor dem BFH gesiegt.
  • Die Begründung des BFH ist nahezu hanebüchen: Zwar seien die Regelungen für Arbeitnehmer und für Selbstständige nahezu identisch. Aber: Für Gewinnermittler, die ohnehin Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten unterliegen, sei es weder unverhältnismäßig noch unzumutbar, die Führung eines Fahrtenbuches zu verlangen, um die Nachteile der 0,03 %-Regelung zu vermeiden. Dies gelte auch, obwohl in diesem Fall die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch insgesamt zu erfüllen sind und das Wahlrecht zur Fahrtenbuchmethode einheitlich auszuüben ist. Das heißt: Freiberufler und Gewerbetreibende müssen die Fahrtenbuchmethode - mit allen Anforderungen - wählen, wenn sie einer vollkommen überhöhten Besteuerung der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte entgehen wollen.

Weitere Informationen: Betriebs-Pkw: Steuerliche Behandlung von Kosten, Privatnutzung, Fahrten

 

3. Umsatzsteuer:
Doch keine Steuerfreiheit für Fahrschulen und Privatlehrer?

Der Bundesfinanzhof hat im vergangenen Jahr Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht geäußert. Konkret ging es um den Unterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B ("Pkw-Führerschein") und CI. Mit Beschluss vom 16.3.2017 hat er daher dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorgelegt, ob Fahrschulen insoweit steuerfreie Leistungen erbringen (Az. des BFH: V R 38/16).

AKTUELL hat der Generalanwalt beim EuGH der Hoffnung der Fahrschulbetreiber, steuerfreie Leistungen erbringen zu können, aber einen erheblichen Dämpfer versetzt. In seinen Schlussanträgen vom 3.10.2018 heißt es: "Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und Cl nicht vom Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne dieser Vorschrift umfasst ist." Letztlich würden Fahrschulen also doch weiterhin umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen (Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar v. 3.10.2018, Rs. C 449/17).

Nach Ansicht des Generalanwalts kann als Berufsausbildung nur solcher Unterricht angesehen werden, der zum Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten führt, die ausschließlich oder überwiegend zu Berufszwecken genutzt werden, oder ein Unterricht, der sich speziell an Personen richtet, die konkrete Fertigkeiten zu Berufszwecken erwerben möchten. Hingegen würde die Anerkennung einer bestimmten Art von Ausbildung als Berufsausbildung nur deshalb, weil die entsprechend erworbenen Fertigkeiten auch zu Berufszwecken genutzt werden können, zu einer potenziell unbeschränkten Ausweitung dieses Begriffs führen.

STEUERRAT: Natürlich bleibt die Entscheidung der Richter abzuwarten. In der Regel folgen sie jedoch den Schlussanträgen des Generalanwalts. Diese sind auch deshalb von Bedeutung, weil durchaus eine Tendenz zu erkennen ist, sich beim Thema "Steuerfreiheit von Bildungsleistungen" wieder auf den eigentlichen Kern zu besinnen, nämlich in erster Linie nur solche Leistungen zu befreien, die tatsächlich einem allgemeinbildenden Schulunterricht oder einem Unterricht zur beruflichen Zwecken (bzw. einer Berufsausbildung) gleichkommen. Der Generalanwalt geht in seinem Schlussantrag - mehr oder weniger intensiv - weiteren Rechtsfragen nach. Von Bedeutung ist sein Hinweis, dass der Lehrerstatus lediglich natürlichen Personen zusteht. Von daher wären GmbHs ohnehin von einer eventuellen Steuerbefreiung ausgenommen. Letztlich müssen nicht nur Fahrschulen, sondern auch Privatlehrer, die bislang lediglich unter Verweis auf das Europarecht eine Steuerfreiheit ihrer Leistungen gegenüber dem Fiskus durchsetzen konnten, damit rechnen, dass ihre Leistungen doch umsatzsteuerpflichtig werden bzw. bleiben könnten. Falls möglich sollten Betroffene prüfen, ob sie schon heute als Bildungseinrichtung durch die zuständige Landesbehörde anerkannt werden könnten. Denn dann wäre die Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes gesichert.

 

4. Umsatzsteuer-Voranmeldung:
Besonderheit im Januar 2016 und 2021 beachten!

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist jeweils bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes selbst zu berechnen, elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln und auch zur Zahlung fällig. Für den Monat Dezember oder - bei Quartalszahlern - für das vierte Quartal ist die Zahlung also bis zum 10. Januar des Folgejahres zu leisten. Die Frage ist, welchem Jahr diese Zahlung umsatzsteuerlich und ertragsteuerlich zuzuordnen ist.

  • Umsatzsteuer: Zur Berechnung der Umsatzsteuerschuld ist die Zahlung für den Monat Dezember bzw. für das vierte Quartal in der Jahres-Umsatzsteuererklärung dem alten Jahr zuzurechnen (§ 18 Abs. 1 UStG).
  • Einkommensteuer: In der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung wird die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember bzw. für das vierte Quartal als Betriebsausgaben des alten Jahres behandelt. Dies gilt aber nur dann, wenn die Zahlung bis zum 10. Januar des neuen Jahres erfolgt ist. Denn die USt-Zahlung stellt eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe dar, die bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres dem Jahr zugerechnet wird, zu dem sie wirtschaftlich gehört. Also ist bei Einnahmen-Überschussrechnern die Zahlung im Januar noch im alten Jahr als Betriebsausgaben absetzbar (BMF-Schreiben vom 10.11.2008, BStBl. 2008 I S. 958; BFH-Urteil vom 1.8.2007, BStBl. 2008 II S. 282).

Was gilt, wenn der 10. Januar ein Samstag oder ein Sonntag ist, wie im Januar 2015 und 2016, das nächste Mal im Januar 2021?

  • Umsatzsteuer: Hier verschiebt sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung auf den nächsten Werktag - und das ist für die Zahlung Dezember 2015 der 11. Januar 2016, für die Zahlung Dezember 2020 ist es der 11. Januar 2021 (§ 108 Abs. 3 AO).
  • Einkommensteuer: Bezüglich der Einkommensteuer ist der Fiskus sehr streng: Wenn die Umsatzsteuervorauszahlung erst nach dem 10.1.2016 erfolgt, kann sie bei Einnahmen-Überschussrechnern als Betriebsausgabe nicht mehr in der Jahresrechnung 2015 berücksichtigt werden, sondern darf erst in der Jahresrechnung 2016 erfasst werden. Die Zahlung nach dem 10. Januar ist jetzt keine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe mehr (OFD Nordrhein-Westfalen vom 7.3.2014, Kurzinfo ESt 9/2014; bestätigt mit BFH-Urteil vom 11.11.2014, VIII R 34/12).
  • Verschärfend ist die Finanzverwaltung der Meinung, dass nicht nur die Zahlung erfolgt, sondern auch die Fälligkeit bis zum 10. Januar eingetreten sein müsse. Und das sei im Januar 2015 und im Januar 2016 eben nicht der Fall, weil die Fälligkeit gemäß § 18 Abs. 3 UStG auf den nächsten Werktag verlängert werde - und damit außerhalb des 10-Tages-Zeitraums liege. Das heißt: Auch termingerechte Zahlungen vor dem 10.1.2016 würden den Betriebsausgabenabzug im Jahre 2015 generell unmöglich machen. Welch ein Blödsinn - denkt sogar der Steuerlaie!

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof dem Fiskus eine schallende Ohrfeige verpasst: Umsatzsteuervorauszahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt werden, sind auch dann im Vorjahr steuerlich abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt. Auf die verlängerte "Fälligkeitsfrist" am folgenden Werktag kommt es bei der Einkommensteuer überhaupt nicht an (BFH-Urteil vom 27.6.2018, X R 44/16).

Auch wenn der Fiskus fordert, dass die Umsatzsteuervorauszahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums "fällig" sein müsse, sei diese Voraussetzung erfüllt. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit sei allein auf die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist gemäß § 108 Abs. 3 AO. Diese Verlängerung sei im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 EStG bei der Einkommensteuer nicht anwendbar, da es sich lediglich um eine Zufluss- und Abflussfiktion handele.

Weitere Informationen: Einnahmen-Überschussrechnung: Grundlagen

 

IX. Steuergrundlagen

1. Darlehen unter Angehörigen:
Auch auf die Besicherung achten

Nahe Angehörige können ihre Rechtsverhältnisse untereinander so gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Daher werden auch Darlehensverträge grundsätzlich anerkannt. Gewähren also die Eltern dem Sohn oder der Tochter einen verzinslichen Kredit für den Kauf einer vermieteten Wohnung oder eines Mietwohngebäudes, so kann das Kind die Darlehenszinsen, die es an die Eltern zahlt, als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertrag einem Fremdvergleich standhält. Daher ist die Schriftform zu wahren, Zinsen sind vereinbarungsgemäß zu zahlen und das Darlehen ist zu besichern.

Die Praxis zeigt, dass viele Steuerzahler zwar zu Standardverträgen greifen, Zins und Tilgung pünktlich leisten und auch ansonsten alle Kriterien eines Fremdvergleichs erfüllen, sich aber mit dem Thema "Besicherung des Darlehens" schwertun. Grundsätzlich erhalten sie insoweit auch Unterstützung vom Bundesfinanzhof, der entschieden hat, dass einer fehlenden oder unzureichenden Besicherung für sich allein genommen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt (BFH-Urteile vom 19.8.2008, IX R 23/07 und vom 12.5.2009, IX R 46/08).

AKTUELL hat ein Fall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg jedoch gezeigt, dass die Gewährung von Sicherheiten sehr wohl wichtig ist. Die Finanzrichter haben nämlich entschieden, dass eine fehlende Besicherung in bestimmten Fällen als wesentliches Kriterium des Fremdvergleichs zu berücksichtigen sein kann. Das kann sich z.B. aus der Höhe der Darlehensforderung (im Urteilsfall 1,2 Mio. EUR) ergeben. Schwierigkeiten können sich aber auch ergeben, wenn ein - besichertes - Bankdarlehen durch ein - unbesichertes - Angehörigendarlehen abgelöst wird. Auch eine kurzfristige Kündbarkeit des Vertrages in Verbindung mit der fehlenden Sicherheit kann kritisch sein (Urteil vom 19.12.2017, 11 K 3703/16, Rev. unter IX R 15/18).

STEUERRAT: Angehörigendarlehen sollten zumindest ab einer gewissen Höhe besichert werden, um die steuerliche Anerkennung nicht zu gefährden. Wenn eine Besicherung nicht möglich ist, muss sich dies in der Höhe des Zinssatzes widerspiegeln. Der "Ausgleich" über den Zinssatz ist aber stets nur die zweitbeste Lösung.

Weitere Informationen:

 

2. Steuerbescheide:
Nachträgliche Korrektur trotz mehrfacher Prüfung?

Manchmal fällt dem Finanzamt erst nach Jahren auf, dass ein seinerzeit ergangener Steuerbescheid fehlerhaft war, und zwar zulasten der Finanzverwaltung. Bestandskräftige Steuerbescheide können aber nur unter sehr engen Voraussetzungen geändert werden. Eine Möglichkeit ist die Berichtigung sogenannter offenbarer Unrichtigkeiten wie etwa Schreib-, Rechen- oder Eingabefehlern (§ 129 der Abgabenordnung - AO). Das sind rein mechanische Fehler, die - im Gegensatz zu Fehlern bei der rechtlichen Würdigung - korrigiert werden können.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass ein Eingabefehler auch noch dann korrigiert werden kann, wenn die Eintragung eines Wertes in eine falsche Kennziffer erfolgt und diese Eingabe durch mehrere Finanzbeamte intensiv geprüft worden ist (Urteil vom 14.6.2018, 15 K 271/16).

  • Der Fall: Der Kläger war alleiniger Gesellschafter einer GmbH und veräußerte einen Gesellschaftsanteil. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2011 erklärte er daher einen Veräußerungsgewinn. Vom Grundsatz her waren sich der Kläger und auch das Finanzamt über die Besteuerung einig. Offenbar kannten sich aber mehrere Finanzbeamte mit den erforderlichen Kennziffern im maschinellen Veranlagungsverfahren nicht aus. Und so kam es wie es kommen musste: Trotz eines Prüfhinweises haben weder der Veranlagungssachbearbeiter noch die Bearbeiterin in der Qualitätssicherungsstelle noch die zuständige Sachgebietsleiterin des Veranlagungsbezirks den Eingabefehler erkannt, so dass ein Wert von 0 EUR bei der Summe der Einkünfte berücksichtigt worden ist. Später erging aus anderen Gründen sogar noch ein Änderungsbescheid zur Einkommensteuer nach § 164 Abs. 2 AO mit Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung. In der Folgezeit fand eine Betriebsprüfung statt, bei welcher der Fehler in der Einkommensteuerveranlagung bemerkt wurde. Der Fehler sei als ähnliche offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO zu korrigieren.
  • Das FG Köln hat die Änderung nach § 129 AO zugelassen. Begründet wird dies u.a. wie folgt: "Die Frage der Abgrenzung von mechanischem Fehler zu einer (mehr als theoretisch denkbaren) fehlerhaften Rechtsanwendung (oder Sachverhaltsermittlung und -würdigung) stellt sich insbesondere in Fällen der Beteiligung mehrerer Personen in der Finanzbehörde, hierunter sog. "Prüffeld-Fälle", "Intensivprüf-Fälle" oder andere Fälle mit genereller Sachgebietsleiter-Zuständigkeit. Da es auch in solchen Fällen möglich ist, dass einem Sachbearbeiter bei der Dateneingabe ein mechanisches Versehen unterläuft und der Sachgebietsleiter die Eingaben bei der abschließenden Zeichnung ungeprüft übernimmt (vgl. zu einem solchen Fall etwa BFH-Urteil vom 7.11.2013, IV R 13/11), scheidet die Anwendung von § 129 AO auch bei der Beteiligung mehrerer Personen nicht aus."

STEUERRAT: Wenigstens hat das FG Köln die Revision zugelassen, so dass Betroffene gegen ihre Änderungsbescheide vorerst Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen sollten. Unabhängig davon sollten Sie sich Kopien der Prüf- und Bearbeitungshinweise geben lassen, wenn Sie mit der Änderung nicht einverstanden sind. Oftmals ist anhand dieser Hinweise zu erkennen, dass doch eine rechtliche Prüfung stattgefunden hat. In Fällen jüngeren Datums ist zu beachten, dass sich eine Änderung von Schreib- oder Rechenfehlern auch auf § 173a AO stützen kann. Dies erleichtert dem Finanzamt mitunter eine Korrektur.

 

3. Zweitwohnungssteuer:
Ausnahme für Gartengrundstück ohne Wasseranschluss

Die Zweitwohnungssteuer ist für viele Nutzer von Zweit- und Ferienwohnungen ein Ärgernis. Grundsätzlich ist sie zwar zulässig, doch hin und wieder gelingt es hartnäckigen Bürgern, ein für sie positives Urteil zu erstreiten.

AKTUELL hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 8.6.2018 der Klage eines Eigentümers eines bebauten Gartengrundstückes gegen einen Zweitwohnungssteuerbescheid stattgegeben (Az.: VG 4 K 1826/16).

  • In dem zugrundeliegenden Fall wurde das mit einem Bungalow bebaute Gartengrundstück des Klägers über einen auf dem Grundstück liegenden Brunnen mit Wasser versorgt. Das auf dem Grundstück (privat) geförderte Wasser überschritt die Grenzwerte für Eisen, Mangan und Trübung, so dass es sich nicht um Trinkwasser im Sinne der Trinkwasserverordnung handelte. Der Nutzer hat gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid geklagt und vor dem Verwaltungsgericht gewonnen.
  • Die Richter haben ihr Urteil auf den Grundsatz gestützt, dass die Festsetzung einer Zweitwohnungssteuer im Sinne des Zweitwohnungssteuergesetzes voraussetzt, dass die entsprechende Wohnung bzw. das Grundstück mit Trinkwasser versorgt ist. Die Eignung einer Räumlichkeit zum wenigstens vorübergehenden Wohnen setze voraus, dass das dort verfügbare Wasser für alle Zwecke genutzt werden kann, die mit dem "Wohnen" notwendigerweise verbunden sind, insbesondere also zum Trinken und Kochen. Das Trinkwasser muss den Anforderungen der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung) entsprechen. Die Trinkwasserverordnung setzt voraus, dass die dort geregelten Grenzwerte eingehalten werden, was vorliegend nicht der Fall war. Somit war auch keine Zweitwohnungssteuer zu zahlen.

 

X. Schenkung und Erbschaft

1. Erbschaft:
Keine überzogenen Anforderungen an Steuerstundung

Die Erbschaftsteuer auf Immobilien kann eine empfindliche Höhe erreichen. Einerseits sind die Grundstückswerte in den letzten Jahren zum Teil erheblich gestiegen, andererseits gibt es zumindest für vermietete Objekte keine nennenswerte Steuerermäßigung. Das heißt: Je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser können "locker" 30 Prozent Erbschaftsteuern anfallen - berechnet vom Wert des Hauses zuzüglich des Grund und Bodens. Die Erbschaftsteuer wird in der Regel schon wenige Monate nach dem Erbfall fällig; allerdings ist die Liquidität zur Zahlung der Steuer nicht immer vorhanden. Die Erben haben in diesem Fall nur die Möglichkeit, ein Darlehen zur Begleichung der Steuerschuld aufzunehmen, die Immobilie zu verkaufen oder eine Stundung beim Finanzamt zu beantragen.

Der Gesetzgeber hat in § 28 Abs. 3 ErbStG an sich eine "schöne" Regel getroffen: Gehört zum Erbe eine (oder mehrere) Immobilie(n), die zu Wohnzwecken vermietet wird (werden), ist dem Erben die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren zinslos zu stunden, soweit er die Steuer nur durch Veräußerung der Immobilie(n) aufbringen kann. Nur: Die Praxis der Finanzämter zeigt leider, dass an die Gewährung der Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG vollkommen überzogene Anforderungen gestellt werden. Unter anderem werden Negativbescheinigungen der Banken angefordert, wonach der Steuerschuldner keine (weitergehenden) Kredite mehr erhält.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster glücklicherweise entschieden, dass eine zinslose Stundung gemäß § 28 Abs. 3 ErbStG nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Erben zur Finanzierung der Erbschaftsteuerzahlung vorrangig einen Kredit hätten aufnehmen müssen (Urteil vom 20.11.2017, 3 K 396/16 AO).

Die Richter haben dem Finanzamt aber noch einen weiteren Zahn gezogen. Dieses wollte die Stundung doch allen Ernstes mit folgender weiterer Begründung ablehnen: "Da außerdem die Veräußerung von Grundstücken zur Begleichung der Erbschaftsteuer von vornherein beabsichtigt gewesen sei, komme die Schutzfunktion des § 28 Abs. 3 ErbStG nicht zum Tragen." Dazu das FG Münster trocken: "Dem Gesetzestext ist eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen."

STEUERRAT: Die Fälle, in denen die Erbschaftsteuer nicht aus der Erbmasse bezahlt werden kann, sind häufig anzutreffen. Muss daher eine Immobilie verkauft werden, sollten die einkommensteuerlichen Folgen beachtet werden. Denn auch wenn der Verkauf aus einer Zwangslage heraus geschieht, kann dies einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn ("Spekulationsgeschäft") auslösen. Prüfen Sie daher, dass die Zehn-Jahresfrist zwischen Kauf durch den Erblasser und Verkauf durch die Erben verstrichen ist. Wenn ein Verkauf nicht gewollt ist, sollten Sie sehr frühzeitig das Gespräch mit dem zuständigen Finanzamt suchen, um eine zinslose Stundung zu erreichen. Lässt sich das Finanzamt nicht auf eine zinslose, sondern nur auf eine "normale" Stundung ein, verhandeln Sie mit diesem gegebenenfalls über einen teilweisen Erlass der Stundungszinsen. Bieten Sie notfalls eine Sicherheitsleistung an. Allerdings: Die verzinsliche Stundung durch das Finanzamt ist bei den heutigen Zinsen üblicherweise nur dann sinnvoll, wenn ein kurzfristiger Engpass zu überbrücken ist. Bei einer langfristen Kreditaufnahme werden die Konditionen der Banken günstiger sein.

Weitere Informationen: Baugeldrechner

 

2. Erbschaft und Schenkung:
Unbedingt Einspruch gegen Bescheide einlegen

Die Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer bemisst sich zum einen nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser oder Schenker und zum anderen nach der Höhe des erworbenen Vermögens. Zudem gibt es bestimmte persönliche und sachliche Freibeträge. Der Steuersatz für das erworbene Vermögen beträgt zum Beispiel in der Steuerklasse II (z.B. Erwerb von Bruder oder Schwester):

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschl.

Prozentsatz

75.000 EUR

15 %

300.000 EUR

20 %

600.000 EUR

25 %

6.000.000 EUR

30 %

Wer ein Erbe von 150.000 EUR zu versteuern hat, muss in der Steuerlasse II bei einem Steuersatz von 20 % also 30.000 EUR Erbschaftsteuer zahlen (es gibt in bestimmten Fällen lediglich einen gewissen Härteausgleich). Eine pfiffige Idee hatte nun ein Steuerzahler aus Baden-Württemberg. Er war der Meinung, dass der jeweils höhere Steuersatz bei einem Erreichen der nächsten Stufe nur für den übersteigenden Teil angewandt werden darf. In unserem Beispiel müsste also wie folgt gerechnet werden:

75.000 EUR x 15 % =

11.250 EUR

75.000 EUR x 20 % =

15.000 EUR

Summe

26.250 EUR


Die Berechnung ist Ihnen möglicherweise von den außergewöhnlichen Belastungen bekannt. Anfang 2017 hat der BFH entschieden, dass die bisherige Ermittlung der zumutbaren Belastung bei der Einkommensteuer unzutreffend ist (BFH 9.1.2017, VI R 75/14). Bei der Berechnung wird nunmehr nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den gesetzlichen Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Steuer-Prozentsatz belastet. Dies führt in der Regel zu einer früheren und etwas stärkeren Entlastung für die Steuerpflichtigen.

Zwar hat das Finanzgericht Baden-Württemberg die Übertragung dieser Berechnung auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer abgelehnt (Urteil vom 18.7.2018, 7 K 1351/18). Aber: Zwischenzeitlich liegt die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH vor (Az. II B 83/18). Insofern sollten entsprechende Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerbescheide bis auf Weiteres offengehalten werden. Es sollte unbedingt beobachtet werden, ob die Revision zugelassen wird.

Musterformulierung für einen Einspruch:

Hiermit lege ich gegen den .........-Bescheid vom ...... Einspruch ein. Meines Erachtens darf bei der Berechnung der Steuer nur jeweils der Betrag mit dem nächsthöheren Steuersatz versteuert werden, der den jeweiligen gesetzlichen Stufengrenzbetrag übersteigt. Es müsste daher wie folgt gerechnet werden:

..... EUR x ... Prozent = .......... EUR
..... EUR x ... Prozent = .......... EUR
Summe = .......... EUR

Beim BFH ist derzeit unter dem Aktenzeichen II B 83/18 ein Verfahren zu der obigen Frage anhängig. Bis zu einer Entscheidung in der BFH-Sache erkläre ich mich mit einem Ruhen meines Rechtsbehelfs einverstanden. 



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