SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Jahreswagen: Rabattregelung auch für Mitarbeiter von Konzernunternehmen?
  • Doppelbesteuerung: Zweimal Steuern auf den Lohn eines Lkw-Fahrers
  • Vermietung: Gewinnerzielungsabsicht trotz Eigenbedarfsklausel
  • Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug trotz Verlustes der Rechnung?
  • Pflege: Haus des Ehemanns muss für Pflegekosten der Ehefrau herhalten

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Januar 2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

steuerliche Pauschbeträge dienen dem Zweck der Vereinfachung. Nicht jede Ausgabe muss belegt werden; das Finanzamt muss nicht jede Kleinigkeit prüfen. Allerdings sollen - besser müssen - sich Pauschbeträge an der Wirklichkeit orientieren, das heißt, im Durchschnitt müssen sie in etwa den tatsächlichen Kosten entsprechen.

Es gibt eine gewichtige Pauschale, die zum 1. Januar eines jeden Jahres dem Lebenshaltungskostenindex angepasst und damit laufend erhöht wird. Ahnen Sie es? Es ist die Abgeordnetenpauschale nach § 12 Abgeordnetengesetz für die Mitglieder des Deutschen Bundestages. Diese wird unter anderem als Ausgleich von Bürokosten zur Einrichtung und Unterhaltung von Wahlkreisbüros gezahlt und ist gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei.

Nun schauen wir auf die Pauschbeträge, die die Steuerzahler wahrscheinlich eher betreffen werden: Der Arbeitnehmerpauschbetrag ist seit Anfang 2011 unverändert geblieben. Die Behinderten-Pauschbeträge sind sogar seit 1975 unverändert geblieben - als hätte es seit mehr als 35 Jahren keine Kostensteigerung gegeben.

Zuletzt haben die AfD und auch die FDP Stellungnahmen der Bundesregierung bzw. des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags eingeholt, um nähere Auskünfte über Freibeträge, Höchstbeträge und Pauschalen zu erhalten. Die FDP wollte insbesondere wissen, welche Auswirkungen eine Indexierung der Pauschbeträge im Steuerrecht - siehe Abgeordnetenpauschale - hätte. Antworten zum Beispiel:

  • Eine Erhöhung des seit Anfang 2011 unveränderten Arbeitnehmerpauschbetrages um ein Drittel würde zu Steuermindereinnahmen von 1,8 Milliarden Euro führen.
  • Eine Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge um 50 Prozent würde zu Mindereinnahmen von 470 Millionen Euro führen. Würden die Behinderten-Pauschbeträge verdoppelt, würden die Mindereinnahmen rund 930 Millionen Euro betragen.

Eine automatische Anpassung von Pauschalen des Einkommensteuerrechts lehnt die Bundesregierung ab. Zum einen würde das Parlament einen Teil seiner Budgethoheit verlieren, zum anderen sprächen stabilitätspolitische Bedenken dagegen (Quelle: hib 815/2018). Aha: Politische Bedenken sprechen also dagegen, dass behinderte Menschen angemessene Pauschalen erhalten, während diese bei der Indexierung der Abgeordnetenpauschale nicht bestehen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich gönne jedem Politiker die Bezüge und Kostenpauschalen - da kommt bei mir keinerlei Sozialneid auf. Jedoch sperre ich mich gegen die Ungleichbehandlung im Steuerrecht.

Bezeichnend war übrigens die Talkrunde bei "Anne Will" vom 18.11.2018. Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern, beklagte sich darüber, dass jeder "kleine Arbeitnehmer" seine gefahrenen Kilometer zur Arbeit glaubhaft machen und mit kritischen Nachprüfungen des Finanzamts rechnen müsse, während sich Konzerne arm rechnen könnten. Diese Aussage unterstreiche ich gerne. Allerdings würde ich mir wünschen, dass Frau Schwesig ihren politischen Einfluss geltend machen würde, um entweder die Pauschalen für Steuerzahler anzuheben oder zumindest die Indexierung der Abgeordnetenpauschale abzuschaffen. So weit reicht der moralische Anspruch dann aber wohl doch nicht.

Es ist und bliebt ein Trauerspiel: Der Fiskus nutzt Pauschalen und Vereinfachungen nicht, um Kosten wirklichkeitsgerecht auszugleichen. Nein, er nutzt sie als Einnahmequelle. Eines der traurigsten Beispiele lieferten die horrenden Nachzahlungszinsen, die mit ihrer Höhe von sechs Prozent pro Jahr nun rein gar nichts mehr mit der Realität zu tun hatten, die Kassen des Finanzministers aber kräftig klingen ließen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein glückliches, erfolgreiches und gesundes Jahr 2019.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Fahrten zur Arbeit:
Taxi gilt als öffentliches Verkehrsmittel

Für Fahrten zur Arbeit können Sie grundsätzlich 30 Cent pro Entfernungs-Km als Werbungskosten geltend machen. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie Bus und Bahn dürfen Sie ebenfalls die Entfernungspauschale abziehen. Falls die tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel auf das Kalenderjahr bezogen nachweislich höher sind als die Entfernungspauschale, können Sie aber diese geltend machen. Fraglich ist, ob auch ein Taxi als öffentliches Verkehrsmittel gilt.

Zwar hatte das Finanzgericht Düsseldorf dies mit Urteil vom 8.4.2014 (13 K 339/12 E) bestätigt. Das bedeutet: Taxikosten sind - wie öffentliche Verkehrsmittel - über die Entfernungspauschale hinaus mit den tatsächlichen Aufwendungen absetzbar. Allerdings sind Zweifel aufgekommen, nachdem der Bundesfinanzhof die Frage im Urteil vom 15.11.2016 (VI R 4/15) ausdrücklich offengelassen hatte.

AKTUELL hat auch das Thüringer FG entschieden, dass ein Taxi als öffentliches Verkehrsmittel gilt und demnach die vollen Kosten zum Abzug zugelassen. Aber: Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ist die Revision zugelassen worden, so dass nun bis zu einer endgültigen Entscheidung eine erhebliche Unsicherheit verbleibt (Urteil vom 25.9.2018, 3 K 233/18).

  • Der Fall: Der Kläger arbeitet bei einem großen Warenhaus in einer führenden Position. Er kann krankheitsbedingt nicht mehr selbst Auto fahren. Er hat einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 60 %. Da die öffentliche Verkehrsanbindung zeitlich nicht hinreichend flexibel und zu langwierig war, nahm er regelmäßig ein Taxi für den Weg zur Arbeit. Hierzu vereinbarte er Sonderkonditionen mit dem Taxiunternehmer. Es fielen Taxikosten von 6.498 EUR an, die er als Werbungskosten geltend machte. Das Finanzamt hingegen erkannte nur die Entfernungspauschale an. Die Klage des Steuerzahlers war erfolgreich.
  • Begründung des FG: Soweit das Gesetz lediglich von "öffentlichen Verkehrsmitteln" spricht, seien dies zunächst nur solche, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, z.B. Bahn, Bus, Schiff, Fähre und Flugzeug. Da auch Taxis insoweit allgemein zugänglich sind und die Norm nicht "öffentliche Verkehrsmittel im Linienverkehr" bzw. "regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel" voraussetzt, spreche zumindest der Wortlaut des Gesetzes nicht zwingend dagegen, Taxifahrten unter die gesetzliche Privilegierung zu fassen.

STEUERRAT: Berufen Sie sich auf das aktuelle Urteil, wenn das Finanzamt Ihre Taxikosten nicht anerkennen will. Beantragen Sie gegebenenfalls ein Ruhen Ihres Verfahrens, bis der Bundesfinanzhof in der zu erwartenden Revision entschieden hat.

 

2. Jahreswagen:
Rabattregelung auch für Mitarbeiter von Konzernunternehmen?

Werksangehörige von Automobilunternehmen erhalten beim Kauf von neuen Fahrzeugen hohe Personalrabatte. Dieser Personalrabatt stellt einen geldwerten Vorteil dar und gehört damit zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Doch die Höhe des steuerpflichtigen Vorteils richtet sich nach der speziellen Besteuerungsmethode für Mitarbeiterrabatte gemäß § 8 Abs. 3 EStG. Dabei werden berücksichtigt der Personalrabattfreibetrag von 1.080 EUR, ein Bewertungsabschlag von 4 % sowie ein Preisnachlass vom Endpreis, der durchschnittlich beim Verkauf an Endkunden gewährt wird (BMF-Schreiben vom 16.5.2013, BStBl. 2013 I S. 729).

In den Genuss des Rabattfreibetrages kommen Arbeitnehmer nur für Waren und Dienstleistungen, die ihr Arbeitgeber als eigene herstellt, liefert oder erbringt. Preisvorteile, die Arbeitnehmern von dritter Seite - so auch von Konzernunternehmen - eingeräumt werden, gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen oder wenn der Arbeitgeber an der Verschaffung dieser Preisvorteile aktiv mitgewirkt hat (BMF-Schreiben vom 20.1.2015, BStBl. 2015 I S. 143).

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln gegen den Fiskus und zugunsten der Mitarbeiter von Tochterunternehmen der Autokonzerne entschieden: Wenn nämlich ein Autohersteller den Arbeitnehmern eines verbundenen Unternehmens dieselben Rabatte beim Autokauf wie seinen eigenen Mitarbeitern (Werksangehörigenprogramm) gewährt, handelt es sich hierbei nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn (FG Köln vom 11.10.2018, 7 K 2053/17; Revision VI R 53/18).

  • Der Fall: Der Kläger war bei einem Zulieferbetrieb eines Autoherstellers beschäftigt. Der Autobauer war mit 50 % an dem Zulieferer beteiligt und nahm dessen Mitarbeiter in sein Rabattprogramm für Werksangehörige auf. Der Kläger kaufte 2015 ein Neufahrzeug und erhielt dabei im Rahmen der Mitarbeiterkonditionen einen Preisvorteil, der ca. 1.700 EUR über dem üblichen Händlerabschlag lag. Außerdem wurden ihm die Überführungskosten in Höhe von 700 EUR erlassen. Das Finanzamt behandelte diese Vorteile beim Kläger als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Zu Unrecht!
  • Nach Auffassung der Kölner Richter stellen weder der Pkw-Rabatt noch der Verzicht auf die Überführungskosten steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Der Autobauer habe die Rabatte im eigenwirtschaftlichen Verkaufsinteresse und nicht für die Arbeitsleistung des Klägers gewährt. Der Hersteller erschließe sich bei den Mitarbeitern des Zulieferbetriebes eine leicht zugängliche Kundengruppe, die er durch gezielte Marketingmaßnahmen anspreche, um damit seinen Umsatz zu steigern. Dies zeige sich insbesondere auch darin, dass jeder Mitarbeiter jährlich bis zu vier Pkw vergünstigt erwerben und diese auch einem weiten Kreis von Familienangehörigen zugänglich machen könne.

Weitere Informationen: Jahreswagen für Werksangehörige: Wie der geldwerte Vorteil ermittelt wird

 

3. Auslandsreisen:
Neue Verpflegungs- und Übernachtungspauschbeträge 2019

Für beruflich oder betrieblich veranlasste Auslandsreisen und für doppelte Haushaltsführung im Ausland gibt das Bundesfinanzministerium jedes Jahr länderspezifische Verpflegungs- und Übernachtungspauschbeträge bekannt.

  • Die Verpflegungspauschbeträge kann der Arbeitnehmer als Werbungskosten absetzen oder der Arbeitgeber steuerfrei erstatten. Es ist nicht möglich, die tatsächlichen Kosten als Werbungskosten geltend zu machen.
  • Die Übernachtungspauschbeträge dürfen seit 2008 nicht mehr als Werbungskosten abgesetzt werden, gleichwohl darf der Arbeitgeber sie steuerfrei erstatten. Abziehbar sind nur die tatsächlichen und nachgewiesenen Übernachtungskosten.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium für das Jahr 2019 wieder für eine Reihe von Staaten geänderte Reisekostensätze bekannt gegeben (BMF-Schreiben vom 28.11.2018, IV C 5-S 2353/08/10006-009).

STEUERRAT: Die steuerfreie Zahlung des Übernachtungspauschbetrages durch den Arbeitgeber ist auch dann zulässig, wenn Ihnen tatsächlich geringere oder gar keine Übernachtungskosten entstanden sind, z. B. im Fall der Übernachtung bei Freunden. Sind hingegen die tatsächlichen Übernachtungskosten höher, können Sie den Differenzbetrag als Werbungskosten absetzen.

Weitere Informationen: Auslandsreisekosten: Verpflegungs- und Übernachtungspauschbeträge 2019

 

4. Minijob:
Aufgepasst bei der zulässigen Höchstarbeitszeit!

Seit 2015 gilt branchenunabhängig ein Mindestlohn. In den Jahren 2017 und 2018 betrug er 8,84 EUR brutto pro Zeitstunde. Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer - außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Auch für Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten gilt er nicht. Zum 1.1.2019 steigt der Mindestlohn um 35 Cent auf 9,19 EUR je Zeitstunde. Zum 1.1.2020 soll eine weitere Erhöhung auf 9,35 EUR erfolgen. Die Steigerung orientiert sich an der allgemeinen Lohnentwicklung ("Zweite Mindestlohnanpassungsverordnung" vom 13.11.2018).

AKTUELL sind die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien bekanntgegeben worden, die zahlreiche Detailfragen rund um die Minijobs und die kurzfristige Beschäftigung regeln. Sie finden diese hier: hier

Aufgepasst Minijobber:

Mit dem Mindestlohn wurde indirekt eine Höchstarbeitszeit bzw. Maximalstundenzahl eingeführt. Arbeiten Minijobber über diese Stundengrenze hinaus, wird die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Bei einem Stundenlohn von bisher 8,84 EUR (2018) betrug die zulässige Höchstarbeitszeit 50,9 Stunden pro Monat. Aufgrund des erhöhten Stundenlohnes im Jahre 2019 sinkt die Höchstarbeitszeit auf 49 Stunden (450 EUR : 9,19 EUR = 49 Stunden). Das sind 2 Stunden weniger als bisher! Unternehmer, die Minijobber beschäftigen, sollten prüfen, ob ab Januar 2019 die Entgeltgrenze bei diesen Mitarbeitern überschritten wird. Ist dies der Fall und soll der Mitarbeiter weiterhin als Minijobber beschäftigt werden, müssen zwangsläufig die Arbeitsstunden reduziert werden. Die Anhebung des Stundenlohns kann ohne Überprüfung bzw. Anpassung der Arbeitszeit dazu führen, dass der sozialversicherungsfreie Minijob in Gefahr gerät.

STEUERRAT: Die Stundengrenze von 49 Stunden pro Monat ist allerdings nur dann zutreffend, wenn der Mitarbeiter keine Sonderzuwendungen (wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien) erhält. Denn für die Rückrechnung vom Verdienst auf die Stundenzahl muss der gesamte Arbeitslohn im Jahr zugrunde gelegt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende Sonderzuwendung auch für die Berechnung des Mindestlohns miteinbezogen werden darf.

Verspätete Lohnzahlung: Leider kein Anspruch auf neue Schadenspauschale

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber den Lohn nicht pünktlich zahlen. Bislang konnten Beschäftigte dagegen kaum etwas unternehmen. Eine neue Vorschrift sieht nun eine Entschädigung dafür vor. Denn nach einer neuen Regelung im BGB ab 2014 können Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners nicht nur Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen, sondern obendrein noch die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 EUR fordern (§ 288 Abs. 5 BGB).

  • Es ist allerdings umstritten, ob die Vorschrift auch auf das Arbeitsrecht anwendbar ist. Fraglich ist, ob die Pauschale auf den Schadensersatz anzurechnen ist, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Im Arbeitsrecht gibt es aber im Gegensatz zum Zivilrecht keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Während manche meinen, dass die gesetzliche Neuregelung gerade deswegen im Arbeitsrecht relevant wird, sind andere der Auffassung, dass wegen des Fehlens eines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten auch die 40-Euro-Pauschale entfällt.
  • Mehrere Landesarbeitsgerichte hatten zugunsten der Arbeitnehmer entschieden, dass die 40-Euro-Schadenspauschale beim Verzug auch für verspätete Lohnzahlungen von Arbeitgebern gilt. Auch Arbeitgeber müssten bei verspäteter oder unvollständiger (Lohn-)Zahlung gemäß dem neuen § 288 Abs. 5 BGB einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 EUR leisten. Die Vorschrift sei auch im Arbeitsrecht anwendbar (LAG-Urteil Düsseldorf vom 10.10.2017, 8 Sa 284/17; LAG-Urteil Köln vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16; LAG-Urteil Baden-Württemberg vom 13.10.2016, 3 Sa 34/16).

AKTUELL hat das Bundesarbeitsgericht die vorteilhaften Urteile der Landesarbeitsgerichte verworfen und zum Nachteil der Arbeitnehmer entschieden, dass sie bei verspäteter Lohnzahlung keinen Anspruch auf die Schadensersatzpauschale von 40 EUR haben - leider. Zwar finde § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befinde. Allerdings schließe § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus (BAG-Urteil vom 25.9.2018, 8 AZR 26/18).

 

5. Verpflegungskosten:
Keine Begünstigung für Lokführer einer Werksbahn

Aufwendungen im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit sind als Werbungskosten absetzbar. Dazu zählen neben den Fahrtkosten insbesondere die Mehraufwendungen für Verpflegung. Voraussetzung für den Abzug von Verpflegungspauschbeträgen ist jedoch eine Abwesenheit von der Wohnung und auch von der ersten Tätigkeitsstätte.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass das Einsatzgebiet eines Werksbahn-Lokführers eine "erste Tätigkeitsstätte" darstellt. Ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen scheidet bei ihm daher aus, denn er arbeitet nicht außerhalb seiner Tätigkeitsstätte (FG Köln, Urteil vom 11.7.2018, 4 K 2812/17).

  • Der Fall: Der Kläger ist als Lokführer für ein privates Unternehmen auf deren großräumigem Werksgelände tätig, das sich über mehrere Stadtteile erstreckt. Er wird ausschließlich auf dem betriebseigenen Schienennetz und nicht auf Trassen der DB oder anderer öffentlicher Verkehrsbetriebe eingesetzt. Da er jeweils mehr als acht Stunden abwesend war, wollte er Verpflegungsmehraufwendungen von täglich 12 EUR absetzen. Dem widersprachen jedoch das Finanzamt und nun auch das FG.
  • Die Begründung des FG: Das Schienennetz ist eine dauerhafte, betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers. Auch wenn das Einsatzgebiet des Lokführers eine Strecke durch mehrere Ortschaften im Umland umfasst, bleibt es dabei, dass eine "erste Tätigkeitsstätte" vorliegt. Der Kläger bewegt sich nicht im öffentlichen Raum, sondern ausschließlich auf betrieblichem Gelände. Die Geschlossenheit des Gebiets bzw. dessen Zusammenhängen ergibt sich aus der besonderen schienentechnischen Verbindung für die Werksbahn. Ihr kommt im vorliegenden Fall eine nicht unerhebliche betriebliche Funktion zu, die über die eines öffentlichen Transportweges, wie etwa dem öffentlichen Schienen- oder Straßennetz, hinausgeht. Insoweit unterscheidet sich der Einsatzort des Klägers von dem des Lokomotivführers eines öffentlichen Personenzugs.

STEUERRAT: Gegen die Entscheidung des FG liegt zwischenzeitlich die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 36/18 vor. Betroffene sollten daher weiterhin ihre Kosten geltend machen und gegen ablehnende Bescheide Einspruch einlegen. Beantragen Sie unter Berufung auf das BFH-Verfahren ein Ruhen ihres eigenen Falles. Die Erfolgsaussichten sind allerdings nicht sehr groß, da der BFH in einem ähnlichen Fall bereits ablehnend entschieden hat (BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 87/13).

 

6. Auswärtstätigkeit bis 2013:
Lkw-Fahrer hat keine regelmäßige Arbeitsstelle

Aufwendungen im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit sind als Werbungskosten absetzbar. Dazu zählen neben den Fahrtkosten insbesondere die Mehraufwendungen für Verpflegung. Voraussetzung für den Abzug von Verpflegungspauschbeträgen ist jedoch eine Abwesenheit von der Wohnung und auch von der ersten Tätigkeitsstätte (mindestens 8 Stunden bei eintägiger Auswärtstätigkeit).

Bis einschließlich 2013 galt statt des Begriffs der "ersten Tätigkeitsstätte" der Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte". Wer über keine solche regelmäßige Arbeitsstätte verfügte, etwa als Lkw-Fahrer, konnte die Fahrten zur Übernahme des Fahrzeugs mit der Dienstreisepauschale (30 Cent je gefahrenen Km) absetzen und außerdem Verpflegungspauschbeträge beanspruchen. Doch es gab immer wieder Grenzfälle, die auch heute noch die Finanzgerichte beschäftigen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof zugunsten der Steuerzahler entschieden, dass ein Lkw-Fahrer auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte hat, wenn er häufiger in der Werkstatt mit Reparaturarbeiten an Fahrzeugen befasst ist, aber überwiegend eine Fahrtätigkeit ausübt (Urteil vom 29.8.2018, VI R 10/16). Es geht um die Rechtslage bis 2013!

  • Der hier etwas verkürzte dargestellte Fall: Ein Lkw-Fahrer übernahm jeweils am Firmensitz einen Lkw und lieferte Fracht an Kunden aus. Die reine Fahrtätigkeit bestand an 139 Tagen. An 91 Tagen war er in der Werkstatt, die sich am Firmensitz der Arbeitgeberin befand, mit Reparaturarbeiten an Fahrzeugen beschäftigt. Das Finanzamt versagte dem Lkw-Fahrer teilweise den Abzug seiner Verpflegungspauschalen. Da er am Firmensitz seiner Arbeitgeberin eine regelmäßige Arbeitsstätte innehabe, richte sich die Höhe der Mehraufwendungen für Verpflegung nach der Abwesenheitsdauer vom Betrieb und nicht von der Wohnung. Dadurch wurde die Mindestabwesenheitszeit nicht immer erreicht. Auch seien Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale (30 Cent je Entfernungs-Km) abziehbar. Dem ist der BFH entgegengetreten.
  • Begründung: Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit. Im Urteilsfall war dies die auswärtige Fahrtätigkeit des Klägers. Über einen Tätigkeitsmittelpunkt (am Firmensitz) verfügte er somit nicht. Dem steht der Umstand, dass er neben seiner auswärtigen Fahrtätigkeit auch in minderem Umfang mit Reparaturarbeiten in der Werkstatt und damit im "Innendienst" in einer betrieblichen Einrichtung seiner Arbeitgeberin beschäftigt war, nicht entgegen.
  • Die Höhe der Mehraufwendungen für Verpflegung richtet sich mithin nach der Abwesenheitsdauer des Arbeitnehmers von seiner Wohnung (am Ort des Lebensmittelpunkts) und nicht vom Betriebssitz.

STEUERRAT: Das Urteil ist noch zur alten, bis 2013 gültigen Rechtslage ergangen und sollte in anhängigen Streitfällen angeführt werden. Ob es auch auf Fälle zum neuen Reisekostenrecht, das seit 2014 gilt, anzuwenden ist, dürfte fraglich sein. Dennoch sollten Sie sich hierauf aber auch in aktuellen Fällen berufen und die Fahrtkosten mit 30 Cent je gefahrenen Km sowie die Verpflegungspauschalen geltend machen. Es ist davon auszugehen, dass der BFH seine Rechtsgrundsätze zum Beispiel in dem Verfahren VI R 27/17 konkretisieren wird.

 

7. Doppelbesteuerung:
Zweimal Steuern auf den Lohn eines Berufskraftfahrers

Steuerzahler, die - auch - im Ausland tätig sind, müssen sich stets fragen, wo ihre Einkünfte zu versteuern sind. Und vor allem: Sie müssen sehr sorgfältig darauf achten, dass ihre Einkünfte nicht doppelt besteuert werden. Zwar verhindern die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) - soweit vorhanden - üblicherweise den Zugriff beider Staaten. Aber die Praxis zeigt leider, dass es immer wieder ein böses Erwachen gibt. Zumeist liegt es daran, dass die beiden Staaten ein DBA jeweils anders auslegen und ihrerseits das Besteuerungsrecht für sich reklamieren.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf zu der Aufteilung von Arbeitslohn nach dem DBA zwischen Deutschland und den Niederlanden Stellung genommen. Konkret geht es um einen Berufskraftfahrer mit einem Arbeitgeber aus den Niederlanden. Brisant: Die Finanzrichter sehen das Besteuerungsrecht für weite Teile seines Arbeitslohns in Deutschland, obwohl das Gehalt nach den niederländischen Regelungen in unserem Nachbarland zu versteuern ist. Es kommt also zu einer klassischen Doppelbesteuerung (Urteil vom 13.11.2018, 10 K 2203/16 E).

  • Der Fall: Der Kläger hatte seinen Wohnsitz in Deutschland, war aber bei einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmen angestellt. Bei seinen Touren fuhr der Kläger durch Deutschland, die Niederlande sowie sogenannte Drittstaaten (z.B. Belgien und Schweiz). Der Lkw-Fahrer vertrat die Ansicht, dass Deutschland nur den Teil seiner Einkünfte besteuern dürfe, der auf Tage entfalle, an denen er ausschließlich in Deutschland gefahren sei. Er verwies u.a. darauf, dass der übrige Teil seiner Einkünfte bereits in den Niederlanden versteuert worden war.
  • Finanzamt und Finanzgericht folgten dem nicht. Nach ihrer Auffassung war nur der Arbeitslohn, der auf Tage entfiel, an denen der Kläger ausschließlich in den Niederlanden gefahren war, in Deutschland steuerfrei. Soweit der Kläger an einem Tag eine sowohl durch die Niederlande als auch durch andere Staaten führende Fahrtstrecke zurückgelegt hatte, sei der anteilige Arbeitslohn in Deutschland zu versteuern.
  • Deutschland stehe nach dem geltenden DBA das Besteuerungsrecht insoweit zu, als die Arbeit, für die der Kläger Einkünfte bezogen habe, nicht in den Niederlanden ausgeübt worden sei. Bei einem Berufskraftfahrer sei das Fahrzeug der Ort seiner Arbeitsausübung. Die Vergütung für die Tage, an denen der Kläger sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland und/oder in einem Drittstaat Fahrtstrecken zurückgelegt habe, sei aufzuteilen. Entgegen der Verwaltungsauffassung müsse diese Aufteilung nicht zwingend hälftig erfolgen. Eine Aufteilung könne anhand der im jeweiligen Staat erbrachten Arbeitsstunden erfolgen. Fehlten entsprechende Angaben zu den Fahrtzeiten, sei der Umfang der Tätigkeiten zu schätzen. Die dadurch eintretende Doppelbesteuerung könne der Kläger nur durch ein Verständigungsverfahren beseitigen.

STEUERRAT: Das Gericht weist darauf hin, dass die niederländische Besteuerung teilweise zu Unrecht erfolgt sei. Ob ihre niederländischen Kollegen das ähnlich sehen? Wohl nicht. Letztlich ist der Lkw-Fahrer also in eine äußerst missliche Situation geraten. Die Doppelbesteuerung kann er nur durch ein so genanntes Verständigungsverfahren beseitigen oder darauf hoffen, dass er den Streit im Revisionsverfahren gewinnt. Ein Verständigungsverfahren kann recht langwierig sein. Und: Auch wenn es zwar an sich kostenfrei ist, so müssen Betroffene das Honorar für ihren Rechtsbeistand, üblicherweise einen Steuerberater, selbst übernehmen. Das kann teuer werden, denn ganz trivial ist ein solches Verständigungsverfahren nicht. Einzelheiten ergeben sich aus dem aktuellen Merkblatt zum internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren

Weitere Informationen: Tätigkeit in einem DBA-Staat: Besonderheiten für Berufskraftfahrer

 

8. Verdienst:
Aktuelle Verfügung zu Nettolohnvereinbarungen

Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Bruttolohn, auch wenn er seinerseits für ihn die Lohnsteuer sowie die Sozialversicherungsbeiträge unmittelbar abführt. Es kann aber auch eine so genannte Nettolohnvereinbarung getroffen werden. Eine solche liegt vor, wenn der Arbeitgeber vertraglich, z.B. nach Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung, verpflichtet ist, zzgl. zu dem vereinbarten Nettolohn die darauf entfallende Lohnsteuer, die Kirchensteuer, den Solidaritätszuschlag sowie Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu tragen. Oftmals werden solche Vereinbarungen bei Mitarbeitern getroffen, die von ausländischen Abteilungen eines Konzerns nach Deutschland entsandt werden (und umgekehrt).

AKTUELL hat die Oberfinanzdirektion (OFD) Nordrhein-Westfalen eine umfassende Verfügung veröffentlicht, in der sie die Grundsätze und Zweifelsfragen zur steuerlichen Behandlung von Nettolohnvereinbarungen erörtert (Verfügung vom 18.8.2018, S 2367 - 2017/0004 - St 213, S 1301 - 2017/0058 - St 126 / St 127). Sie finden die Verfügung in dem Beitrag "Nettolohnvereinbarungen: Steuerliche Fragen" unter der Rubrik "Verdienst." Wir empfehlen, die Anweisung zur Hand zu nehmen, wenn es um die steuerlichen Besonderheiten von Nettolohnvereinbarungen geht.

Beispielsweise weist die OFD darauf hin, wie Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung zu behandeln sind, wenn diese der Arbeitgeber trägt. Es gilt: Da die Nettolohnvereinbarung nicht im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers abgeschlossen wird, liegt in der Übernahme der Steuerberatungskosten eine Zuwendung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, die als Arbeitslohn zu erfassen ist (BFH-Urteil vom 21.1.2010, VI R 2/08). Aber: Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 21.12.2016 (1 K 1605/14) entgegen der o.g. BFH-Rechtsprechung die Auffassung vertreten, die Übernahme der Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung liege im weitaus überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Die Revision vor dem BFH ist unter dem Az. VI R 28/17 anhängig. Einspruchsverfahren, die sich darauf stützen, ruhen kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).

Weitere Informationen: Nettolohnvereinbarungen: Steuerliche Fragen

 

9. Auslandsentsendung:
Wird der neue Betrieb zur ersten Tätigkeitsstätte?

Werden Mitarbeiter für eine gewisse Zeit ins Ausland entsandt, so sind vertraglich unterschiedliche Konstellationen anzutreffen. Die einen Arbeitnehmer bleiben dem "Mutterhaus" zugeordnet und beziehen auch von diesem weiter ihr Gehalt. Andere Arbeitnehmer wiederum schließen einen Arbeitsvertrag mit der Konzerntochter und lassen den Altvertrag ruhen. Zuweilen geschieht dies freiwillig, in anderen Fällen hingegen aufgrund eines gewissen Drucks des Arbeitgebers oder aufgrund von Sachzwängen. Bei entsprechenden Entsendungen ins Ausland stellt sich regelmäßig die Frage, ob der neue Betrieb zur ersten Tätigkeitsstätte wird oder ob diese weiterhin in Deutschland liegt. Ist eine erste Tätigkeitsstätte im Ausland gegeben, darf der deutsche Arbeitgeber Fahrt- und Verpflegungskosten nicht steuerfrei erstatten. Genauer gesagt erhöhen die Erstattungen den Progressionsvorbehalt und damit den Steuersatz.

AKTUELL hat das Niedersächsische Finanzgericht einem VW-Mitarbeiter den Abzug der erstatteten Reisekosten im Rahmen des Progressionsvorbehalts versagt. Sein Steuersatz war damit wesentlich höher als von ihm beantragt (Urteile vom 19.4.2018, 5 K 262/16, 5 K 256/16 und 5 K 266/16).

  • Der Fall: Der Kläger ist als Diplom-Chemiker beim VW-Konzern beschäftigt, und zwar zunächst im Werk in Wolfsburg. In 2013 schloss er mit der VW AG einen sogenannten "Global Assignment Vertrag". In der Präambel zu diesem Vertrag heißt es, dass der VW-Konzern im Rahmen seiner Globalisierungsstrategie den Auslandseinsatz seiner Mitarbeiter als normales Charakteristikum des Arbeitslebens ansehe und fördere. Der Kläger übernahm mit Wirkung vom 1. Juli 2013 bei der Volkswagen Group of America die Funktion eines Manager Quality Assurance. Die Dauer des Auslandseinsatzes war auf drei Jahre befristet. Das Arbeitsverhältnis mit der Heimatgesellschaft wurde mit Beginn des Auslandseinsatzes ruhend gestellt. Zeitgleich schloss er einen lokalen Arbeitsvertrag mit der US-Gesellschaft. Entsprechend diesem Vertrag trat der Kläger die Stelle in den USA an. Seine Ehefrau begleitete ihn während des Auslandsaufenthaltes.
  • Vom VW-Konzern erhielt der Kläger Reisekosten- und Mieterstattungen in beträchtlicher Höhe. Er ging davon aus, dass diese als steuerfreie Werbungskosten-Erstattungen zu behandeln seien. Das Finanzamt hingegen meinte, dass die Beschäftigungsstätte in den USA zur ersten Tätigkeitsstätte geworden sei mit der Folge, dass die Aufwendungen für Wohnung und Flüge begrifflich keine Werbungskosten seien. Folge: Die Erstattung dieser Kosten sei dem ausländischen Einkommen zuzurechnen und im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
  • Die Begründung der Richter: Nach § 9 Abs. 4 EStG (Fassung ab 2014) ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Das VW-Werk in den USA ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung eines mit der VW AG verbundenen Unternehmens. Dieser Tätigkeitsstätte war der Kläger für die gesamte Dauer seiner Entsendung in die USA dauerhaft zugeordnet. Er hat für die Zeit seiner Entsendung in die USA ein gesondertes arbeitsrechtliches Regelungswerk vereinbart, dass sich aus den Bestimmungen des Entsendevertrages und des lokalen Arbeitsvertrages zusammensetzt.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist mittlerweile die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig (Az. VI R 21/18, 22/18 u. 23/18). Betroffene sollten daher gegen ablehnende Steuerbescheide Einspruch einlegen und ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen, bis der BFH entschieden hat. Unabhängig davon kann das Urteil natürlich auch für innerdeutsche Fälle von Interesse sein, denn auch hier ist nicht ausgeschlossen, dass in eigenständiger Arbeitsvertrag mit dem Tochterunternehmen abgeschlossen wird. Das würde aber nach dem aktuellen Urteil bedeuten, dass steuerfreie Reisekostenerstattungen prinzipiell nicht zulässig wären. Im Übrigen sei erwähnt, dass der BFH zur alten, bis 2013 gültigen Rechtslage zugunsten der Arbeitnehmer wie folgt entschieden hatte: Ein Arbeitnehmer, der zunächst für drei Jahre und anschließend wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber ins Ausland entsandt worden ist, begründet dort keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, auch wenn er mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat (Urteil vom 10.4.2014, VI R 11/13).

 

10. Auslandsentsendung:
A1-Bescheinigung nur noch digital beantragen

Wer von seinem Arbeitgeber vorübergehend ins Ausland entsandt wird, um dort zu arbeiten, möchte üblicherweise weiterhin der deutschen Sozialversicherung unterliegen. Gegenüber den ausländischen Sozialbehörden muss dann belegt werden, dass für den Arbeitnehmer weiterhin das Recht des Entsendestaates, also Deutschland, gilt, sofern der insoweit zulässige maximale Entsendezeitraum nicht überschritten wird. Bei Entsendungen in EU-Staaten sowie nach Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz ist daher vor Aufnahme der Beschäftigung die A1-Bescheinigung anzufordern. Damit wird bescheinigt, dass das geltende Recht des Heimatstaates für einen Auslandseinsatz weiterhin Anwendung findet. Sie wird in Deutschland für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung von der jeweiligen Krankenkasse, für privat Krankenversicherte durch den zuständigen Träger der Rentenversicherung ausgestellt. Bislang konnte die A1-Bescheinigung in Papierform beantragt werden.

AKTUELL ist zu beachten, dass seit dem 1. Januar 2019 ein elektronischer Antrag verpflichtend ist. Allerdings ist in begründeten Ausnahmefällen bis zum 30. Juni 2019 eine papiergebundene Antragstellung weiterhin zulässig. Der Antrag kann nur über systemgeprüfte Entgeltabrechnungsprogramme oder Ausfüllhilfen gestellt werden. Das heißt, das Antragsverfahren ist Bestandteil der Entgeltabrechnung bzw. der entsprechenden Programme. Beginnt die Entsendung, bevor die endgültige A1-Bescheinigung erteilt worden ist, sollte der Arbeitnehmer stets eine Kopie der Eingangsbestätigung und des ausgefüllten Antrags mit sich führen. Schon für extrem kurze oder kurzfristige, selbst stundenweise Entsendungen bedarf es der A1-Bescheinigung. Ohne Vorlage der A1-Bescheinigung drohen mitunter erhebliche Bußgelder. Dem Vernehmen nach sollen Kontrollen drastisch ausgeweitet werden.

Weitere Informationen: Tätigkeit im Ausland: Sozialversicherung bei Entsendung

 

11. Freiflüge bei Fluggesellschaften:
Was als geldwerter Vorteil zu versteuern ist

Fluggesellschaften gewähren ihren Arbeitnehmern im Allgemeinen Freiflüge oder vergünstigte Flüge. Diese sind jedoch für die Mitarbeiter nicht völlig kostenlos, sondern sie müssen als geldwerter Vorteil versteuert werden.

AKTUELL hat die Finanzverwaltung die Besteuerungsregeln für Freiflüge erneuert und dabei die Werte für die Jahre 2019 bis 2021 vorgegeben (Koordinierter Ländererlass vom 16.10.2018):

  • Werden die Flüge unter gleichen Beförderungsbedingungen auch betriebsfremden Fluggästen angeboten, so ist der geldwerte Vorteil der Flüge nach § 8 Abs. 3 EStG (Personalrabattregelung) zu ermitteln, sofern die Lohnsteuer nicht nach § 40 EStG pauschal erhoben wird. Das bedeutet, dass der Ticketpreis um einen Abschlag von 4 % vermindert wird und bis zu 1.080 EUR im Jahr steuerfrei bleibt; nur der übersteigende Betrag ist steuerpflichtig.
  • Werden die Flüge mit bestimmten Beschränkungen im Reservierungsstatus betriebsfremden Fluggästen nicht angeboten (sog. "Standby-Flüge") oder wird die Lohnsteuer nach § 40 EStG pauschal erhoben, erfolgt die Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 2 EStG. Das bedeutet, dass der übliche Ticketpreis um übliche Preisnachlässe vermindert wird. Aus Vereinfachungsgründen kann der Flug mit 96 % des Endpreises bewertet werden.

Anstatt mit dem üblichen Preis kann der Wert des Fluges auch mit Durchschnittswerten bewertet werden, die von der Finanzverwaltung eigens für diesen Zweck festgesetzt werden, sog. "FKM-Regelung" (§ 8 Abs. 2 Satz 10 EStG). Die Durchschnittswerte vermindern sich, wenn Beschränkungen im Reservierungsstatus vorliegen. Der so ermittelte Wert des Fluges ist noch zu erhöhen, und zwar in den Jahren 2019 bis 2021 um 10 % (in den Jahren 2013 bis 2018 um 15 %).

  • Bestehen keine Beschränkungen im Reservierungsstatus (d. h. bei Lohnsteuerpauschalierung), können die Flüge mit folgenden Durchschnittswerten (zu 100 %) angesetzt werden:
    • Bei einem Flug bis 4.000 km mit 0,04 EUR je Flugkilometer,
    • bei einem Flug von 4.001 bis 12.000 km mit 0,04 ./. (0,01 x (FKM - 4.000) : 8.000),
    • bei einem Flug von mehr als 12.000 km mit 0,03 EUR je FKM
  • Bei Beschränkungen im Reservierungsstatus mit dem Vermerk "space available - SA -" beträgt der Wert je Flugkilometer 60 % des vorgenannten Durchschnittswertes.
  • Bei Beschränkungen im Reservierungsstatus ohne Vermerk "space available - SA -" beträgt der Wert je Flugkilometer 80 % des vorgenannten Durchschnittswertes.

Beispiel:
Der Arbeitnehmer erhält einen Freiflug Frankfurt - Palma de Mallorca und zurück. Der Flugschein trägt den Vermerk "SA" (d.h. 60 %). Die Flugstrecke beträgt insgesamt 2 507 km.
Der Wert dieses Fluges beträgt in den Jahren 2019 bis 2021: 0,04 x 2.507 km = 100,20 EUR, davon 60 % = 60,17 EUR, erhöht um 10 % = 66,19 EUR.

Verbilligte Flüge: Bei der Bewertung mit dem "üblichen Preis" sind die von den Arbeitnehmern gezahlten Entgelte abzuziehen. Bei der Bewertung mit "Durchschnittswerten" sind die von den Arbeitnehmern gezahlten Entgelte mit Ausnahme der Nebenkosten (z. B. Steuern, Flughafengebühren, Luftsicherheitsgebühren, sonstige Gebühren, sonstige Zuschläge, Luftverkehrssteuer) abzuziehen.

STEUERRAT: Mit den vorgenannten Durchschnittswerten können auch Freiflüge und Rabattflüge bewertet werden, die Fluggesellschaften betriebsfremden Arbeitgebern gewähren, die diese an ihre Arbeitnehmer weitergeben (z.B. Flüge mit Spezialrabatt zu Firmenraten). Gleiches gilt für Freiflüge und Rabattflüge, die Fluggesellschaften betriebsfremden Arbeitgebern mit bestimmten Beschränkungen im Reservierungsstatus gewähren, die diese an ihre Arbeitnehmer weitergeben.

Weitere Informationen: Kostenlose und verbilligte Flüge von Fluggesellschaften

 

II. Privater Bereich

1. Alternativmedizin:
Amtsärztliches Attest auch bei tödlich endender Krankheit?

Krankheitskosten sind bekanntlich als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art gemäß § 33 EStG absetzbar. Voraussetzung dafür aber ist, dass die medizinische Notwendigkeit, d.h. die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen wird (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). Handelt es sich um wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, ist ein Attest des Amtsarztes oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich (§ 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV).

Die Frage ist, ob bei tödlich verlaufenden Krankheiten, z.B. Krebserkrankungen, auf solche Verordnungen und im Fall der Anwendung von schulmedizinisch nicht anerkannten Behandlungsmethoden auf das amtsärztliche Attest verzichtet werden kann, wenn dies der "letzte Strohhalm" für den Betroffenen ist? Liegt dann eine "notstandsähnliche Zwangslage" vor?

Der Bundesfinanzhof hat erst vor kurzem hierzu entschieden, dass auch in den Fällen einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung die medizinische Notwendigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln durch die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen ist, da die Regelung des § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV keine Differenzierung zwischen bestimmten Krankheitskosten enthält. Und auch bei alternativen Behandlungsmethoden, wie z.B. einer Reiki-Behandlung, wird die Nachweispflicht mittels amtsärztlichen Attestes gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV verlangt, auch wenn dies für den Kranken der "letzte Strohhalm" ist (BFH-Urteil vom 21.2.2018, VI R 11/16).

Nach Auffassung des BFH müssen Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Auch Aufwendungen, denen es objektiv an der Eignung zur Heilung oder Linderung mangelt, können - aber nur bei Nachweis der medizinischen Notwendigkeit - zu den zwangsläufigen Krankheitskosten zählen, wenn der Steuerpflichtige an einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung leidet, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht (BFH-Urteil vom 25.4.2017, VIII R 52/13).

AKTUELL hält der Bundesfinanzhof an dieser doch sehr kaltherzigen Sichtweise fest und hat die vorgenannten Entscheidungen bestätigt: Auch in Fällen einer voraussichtlich tödlich verlaufenden Krankheit müssen - streng bürokratisch - die Nachweise vom Arzt bzw. Amtsarzt eingeholt und dem Finanzamt vorgelegt werden. Es interessiert hier nicht, dass der kranke Mensch sich in seinem Leid "an den letzten Strohhalm klammert" und nicht zuerst an das Finanzamt denkt (BFH-Beschluss vom 24.10.2018, VI B 120/17).

Wesentlich großzügiger - besser: großherziger - sind das Bundesverfassungsgericht und das Bundessozialgericht:

  • Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahre 2005 entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen auch neuartige Behandlungsmethoden bezahlen müssen, "wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht". Dies gilt vor allem dann, wenn es für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung keine wissenschaftlich anerkannte Therapie gibt, die die Krankheit stoppen oder gar heilen kann (BVerfG-Urteil vom 6.12.2005, 1 BvR 347/98).
  • Das Bundessozialgericht hat den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auf den Bereich der Arzneimittelversorgung übertragen: Danach müssen Krankenkassen überlebenswichtige Medikamente auch ohne Zulassung auf dem deutschen Markt bezahlen, wenn kein anderes zugelassenes Präparat hilft. Dies gilt insbesondere bei vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheiten (BSG-Urteil vom 4.4.2006, B 1 KR 7/05 R).

STEUERRAT: Im Jahre 2010 hat der BFH Aufwendungen für eine alternative Behandlungsmethode (immunbiologische Krebsabwehrtherapie) als außergewöhnliche Belastungen anerkannt - und zwar ohne Vorlage eines amtsärztlichen Attestes!! Dies hielt der BFH damals nicht für erforderlich, denn hier ging es nicht um die Abgrenzung echter Krankheitskosten von nur allgemein gesundheitsfördernden oder vorbeugenden Maßnahmen. Vielmehr war die schwerwiegende Erkrankung der zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau des Klägers völlig unstreitig (BFH-Urteil vom 2.9.2010, VI R 11/09).

Weitere Informationen: Krankheitskosten: Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden

 

2. Künstliche Befruchtung:
Kosten auch bei älteren Menschen steuerlich absetzbar?

Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung sind steuerlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ehefrau empfängnisunfähig oder der Ehemann zeugungsunfähig ist. Auch kommt es nach neuerer Rechtsprechung weder auf den Familienstand der Frau noch darauf an, ob sie mit einem männlichen Partner oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Umstritten ist die Frage, ob die Kosten einer künstlichen Befruchtung auch bei einer verheirateten Frau von 44 Jahren absetzbar sind. Jedenfalls verweigert die Krankenkasse die Kostenerstattung für "weibliche Versicherte, die das 40. und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben" (§ 27a Abs. 3 SGB V).

Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Kosten anerkannt. Denn nach Auffassung der Richter entfällt die Bewertung der Empfängnisunfähigkeit als Krankheit nicht aufgrund des Alters. Jedenfalls könne eine derartige Fertilitätsstörung einer Frau im Alter von 44 Jahren weder aus medizinischen Gründen noch unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auffassung als unbeachtlich eingestuft werden (Niedersächsisches FG vom 20.10.2009, 15 K 495/08). Auch das Finanzgericht München hat die Kosten in einem ähnlichen Fall anerkannt (FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08).

In diesen beiden Fällen lag neben dem fortgeschrittenen Alter der Frau eine organische Ursache bei ihr (Fall des Niedersächsischen FG) bzw. bei ihrem Partner (Fall des FG München) vor. Die beiden Gerichte haben in jenen Fällen lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das fortgeschrittene Alter der Frau kein Ausschlusskriterium sei, die hinzutretenden organischen Ursachen als Krankheit im Sinne der Regelungen über den Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anzusehen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg bei einer 41-jährigen Frau Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in Höhe von 12.500 EUR nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Begründet wird die Ablehnung damit, dass bei einem Alter ab 40 Jahren die Fertilität einer Frau nach allgemeinen medizinischen Erkenntnissen im Durchschnitt bereits erheblich gegenüber derjenigen jüngerer Frauen herabgesetzt sei, ohne dass man insoweit von einer "Krankheit" sprechen könnte. Andere organische Ursachen für die Kinderlosigkeit waren nach Aussage der Frau trotz eingehender ärztlicher Untersuchungen nicht festzustellen (FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16).

Nach Auffassung der Richter ist erforderlich, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die auf einer "Krankheit" der Frau (Empfängnisunfähigkeit) oder des Mannes (Zeugungsunfähigkeit) beruhende Kinderlosigkeit zu beheben. Unter einer "Krankheit" in diesem Sinne sei ein objektiv anomaler regelwidriger Körperzustand zu verstehen. Dies sei jedoch nicht der Fall, wenn eine objektiv feststellbare herabgesetzte Fertilität nicht auf anormalen organischen Ursachen, sondern auf dem fortgeschrittenen Alter eines Menschen beruht. Es handele sich dann gerade nicht um einen "regelwidrigen" Körperzustand, sondern um die Folge eines natürlichen biologischen Vorgangs.

STEUERRAT: Nun muss der Bundesfinanzhof die Streitfrage klären, das Aktenzeichen ist noch nicht bekannt. Zu klären ist, ob auch die altersbedingt herabgesetzte Fertilität einer Frau eine der Empfängnisunfähigkeit vergleichbare Krankheit darstellt.

Weitere Informationen: Krankheitskosten: Aufwendungen für künstliche Befruchtung

 

3. Spenden:
IPSC-Schießen jetzt doch als gemeinnützige Sportart steuerbegünstigt

Was ist IPSC? Das ist eine Schießsportdisziplin, die von der International Practical Shooting Confederation durchgeführt wird. Diese rasante Sportart - am besten mit "Sportliches Bewegungsschießen" beschrieben - erfordert überdurchschnittlich hohe Sicherheit bei der Waffenhandhabung, da der Schütze sich mit einer geladenen Waffe im Raum bewegt und in möglichst kurzer Zeit einen festgelegten Parcours mit verschiedenen Zielen absolviert. Geschossen wird auf abstrakte Zielscheiben, auf einfarbige achteckige Pappscheiben mit verschiedenen Trefferzonen oder auf runde/längliche Metallplatten. Die Ausübung des IPSC-Schießens erfolgt nach einem umfassenden Regelwerk des Bundes Deutscher Sportschützen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

  • Seit 2014 bestimmt das Bundesfinanzministerium im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (zu § 52 Ziffer 6 AEAO), dass das "IPSC-Schießen kein Sport im Sinne des Gemeinnützigkeitsrecht ist". Das bedeutet, dass Spenden für diesen Zweck steuerlich nicht absetzbar sind. Grund hierfür ist, dass die Förderung der Allgemeinheit auf geistigem und sittlichem Gebiet zu verneinen ist. Wie auch bei Paintball bzw. Gotcha stehe das wettkampfmäßige Kriegsspiel durch das Nachstellen kriegsähnlicher Situationen im Vordergrund (BMF-Schreiben vom 31.1.2014).
  • Ergänzend dazu bestimmt die OFD Frankfurt, dass bei Schießsportvereinen, die das IPSC-Schießen als Satzungszweck in ihrer Satzung festgeschrieben haben, dies bis Ende 2015 noch als unschädlich erachtet wird. Sollten die Vereine ab dem 1.1.2016 weiterhin das IPSC-Schießen als Satzungszweck verfolgen, komme eine Steuerbegünstigung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht. Vereine, die ausschließlich das IPSC-Schießen betreiben, könnten letztmals für das Jahr 2015 als gemeinnützig anerkannt werden. Bei Schützen- und Schießsportvereinen, bei denen das IPSC-Schießen nur ein Teilbereich ist und nicht aus der Satzung ersichtlich ist, liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Ausschließlichkeit vor und sei damit gemeinnützigkeitsschädlich (OFD Frankfurt vom 7.3.2014, S 0171 A-180-St 53).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof gegen den Fiskus entschieden, dass ein Verein, dessen Zweck die Förderung des Sportschießens, insbesondere des IPSC-Schießens ist, als gemeinnützig anzuerkennen ist. Das bedeutet: Spenden an den Verein sind als Sonderausgaben absetzbar. Mitgliedsbeiträge hingegen sind nicht begünstigt, weil der Sportverein "freizeitnahe" gemeinnützige Zwecke und damit Zwecke "mit Eigennutz" fördert (BFH-Urteil vom 27.9.2018, V R 48/16).

  • Nach Auffassung des BFH ist das IPSC-Schießen ein Sport i.S. des § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 21 AO. Das IPSC-Schießen erfordere im Hinblick auf das schnelle Durchlaufen des Parcours äußerlich zu beobachtende körperliche Anstrengungen und in Bezug auf die dem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung (präzise Schussabgabe) auch Geschick im Umgang mit der Waffe, Konzentrationsfähigkeit und Körperbeherrschung.
  • IPSC-Schießen als "Sport" fördert zugleich die Allgemeinheit. Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Die materielle Förderung der Allgemeinheit betrifft den Bereich des wirtschaftlichen Lebensstandards. Sie liegt vor, wenn die Lebensumstände der Geförderten verbessert werden und kann sich auch auf die körperliche und geistige Gesundheit beziehen.

Weitere Informationen: Spenden: Steuerbegünstigte Zwecke

 

4. Altersvorsorge:
Erhöhung des Sonderausgaben-Abzugsbetrages

Zu den Aufwendungen für die Altersvorsorge zählen die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, berufsständischen Versorgungseinrichtung, landwirtschaftlichen Alterskasse, Rürup-Rentenversicherung sowie seit 2014 zu einer Basis-Berufsunfähigkeitsversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG). Die Beiträge sind als Sonderausgaben absetzbar bis zu einem bestimmten Höchstbetrag, sie wirken sich allerdings bis zum Jahre 2025 tatsächlich nur mit einem bestimmten Prozentsatz steuermindernd aus. Dieser Prozentsatz verändert sich jährlich, begann im Jahre 2005 mit 60 % und steigt bis zum Jahre 2025 auf 100 % (§ 10 Abs. 3 EStG).

  • In den Jahren 2005 bis 2014 betrug der Höchstbetrag 20.000 EUR bzw. 40.000 EUR (Alleinstehende / Verheiratete). Steuermindernd wirken sich die Beiträge in 2014 mit 78 % aus, höchstens 15.600 EUR / 31.200 EUR (das sind 78 % von 20.000 EUR / 40.000 EUR).
  • Ab 2015 ist der Höchstbetrag gekoppelt an den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Euro-Betrag. Für Verheiratete, die zusammen veranlagt werden, verdoppelt sich der Betrag. Zuletzt sind im Jahre 2018 die Altersvorsorgebeiträge insgesamt absetzbar bis zu 23.712 EUR bei Ledigen und 47.424 EUR bei Verheirateten. Diese Beiträge wirken sich mit 86 % steuermindernd aus, also mit höchstens 20.392 EUR / 40.784 EUR.

AKTUELL steigt im Jahre 2019 der abzugsfähige Vorsorgehöchstbetrag: Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, berufsständischen Versorgungseinrichtung, landwirtschaftlichen Alterskasse, Rürup-Rente sowie zu einer bestimmten Berufsunfähigkeitsversicherung sind insgesamt absetzbar bis zu 24.305 EUR bei Ledigen und 48.610 EUR bei Verheirateten. Aber diese Beiträge wirken sich nur mit 88 % steuermindernd aus, also mit höchstens 21.388 EUR bzw. 42.776 EUR.

Da bei Angestellten der Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung zunächst als Beitrag mit erfasst, davon ein Anteil von 88 % angesetzt und dann wieder in voller Höhe abgezogen wird, ist der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2019 tatsächlich nur mit 76 % absetzbar.

Bei Beamten und anderen rentenversicherungsfreien Personen wird der Höchstbetrag von 24.305 EUR bzw. 48.610 EUR zunächst um einen fiktiven Gesamtbeitragzur gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt und erst dann mit 88 % angesetzt. Der Kürzungsbetrag beträgt 18,6 % des Gehalts, maximal 73.800 EUR (Beitragsbemessungsgrenze Ost).

HINWEIS: Der Höchstbeitrag in der knappschaftlichen Rentenversicherung ergibt sich anhand des Beitragssatzes (2019: 24,7 %) und der Beitragsbemessungsgrenze (2019: 8.200 EUR). Das sind im Jahre 2019: 8.200 EUR x 12 = 98.400 EUR x 24,7 % = 24.304,80 EUR, aufgerundet 24.305 EUR. Dieser Wert gilt in West und Ost.

Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Altersvorsorge

 

5. Luftverkehrsteuer:
Geringfügige Absenkung der Steuersätze

Seit 2011 wird die Luftverkehrsteuer erhoben, die zu einer Verteuerung der Flugpreise führt. Die Flugsteuer wird erhoben für In- und Auslandsflüge, wenn der Flug an einem deutschen Flughafen startet. Der Steuersatz ist gestaffelt nach der Entfernung, gerechnet ab Frankfurt/Main zum größten Verkehrsflughafen des Zielstaates. Für Economy- und Business-Class gibt es keinen Gebührenunterschied. Die Luftverkehrsteuer entsteht mit dem Abflug eines Fluggastes von einem deutschen Flughafen. Schuldner der Steuer ist die Fluggesellschaft, doch Zahler ist jemand anders: der Fluggast.

AKTUELL werden ab dem 1.1.2019 die Steuersätze geringfügig gesenkt, und zwarum 1,2 % auf den Stand von 2016(Luftverkehrsteuer-Absenkungsverordnung 2019 vom 27.11.2018). Die Luftverkehrsteuer beträgt künftig

  • 7,38 EUR (2017/2018: 7,47 EUR) für Flüge in ein Land mit einer Entfernung bis maximal 2.500 km, also für Inlandsflüge, Flüge in Europa sowie u.a. nach Marokko, in die Türkei, nach Tunesien, nach Zypern und nach Russland.
  • 23,05 EUR (2017/2018: 23,32 EUR) für Flüge in ein Land mit einer Entfernung über 2.500 bis maximal 6.000 km, z. B. in den Nahen und Mittleren Osten, etwa nach Ägypten, Israel, Saudi-Arabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate und in einige afrikanische Staaten.
  • 41,49 EUR (2017/2018: 41,99 EUR) für Flüge in andere Länder mit einer Entfernung über 6.000 km, z. B. in die USA, nach Kanada, Australien, Neuseeland, China.

Weitere Informationen: Mit dem Flugzeug auf Reisen: Die neue Luftverkehrsteuer ab 2011

 

6. Unfall:
Schadenregulierung auf Gutachtenbasis ohne Umsatzsteuer

Ein Unfall mit dem Kfz ist ärgerlich genug, wird aber von der gegnerischen Kfz-Haftpflicht reguliert, sofern Sie keine Schuld an dem Unfall haben und der Verursacher nicht geflüchtet ist. Lassen Sie Ihr Kfz in einer Fachwerkstatt reparieren, erhalten Sie grundsätzlich die Kosten inklusive Umsatzsteuer ersetzt, sofern es sich um ein Privatfahrzeug handelt. Doch was gilt, wenn Sie auf Gutachtenbasis mit der Versicherung abrechnen?

AKTUELL hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass selbst dann kein Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber der Versicherung besteht, wenn ein Geschädigter seinen Schaden fiktiv per Gutachten abrechnet und ein Ersatzfahrzeug inklusive Umsatzsteuer erwirbt (BGH-Urteil vom 2.10.2018, VI ZR 40/18).

  • Der Fall: Nach einem Verkehrsunfall ermittelte ein Sachverständiger für das verunfallte Fahrzeug einen Brutto-Wiederbeschaffungswert von 22.350 EUR und einen Restwert von 8.000 EUR. Der Geschädigte veräußerte das Unfallfahrzeug und erwarb ein Ersatzfahrzeug für 14.500 EUR inklusive 19 % Umsatzsteuer. Gegenüber der gegnerischen Versicherung rechnete er den Aufwand für die Wiederbeschaffung auf Gutachtenbasis ab, wobei er vom Brutto-Wiederbeschaffungswert als Restwert 8.200 EUR statt 8.000 EUR in Abzug brachte, mithin 14.150 EUR (22.350 EUR ./. 8.200 EUR) verlangte. Die Versicherung zahlte jedoch nur 12.896,63 EUR. Hiergegen wandte sich der Geschädigte. Er ist der Auffassung, es sei von dem im Gutachten ausgewiesenen Brutto-Wiederbeschaffungswert auszugehen, da er ein Ersatzfahrzeug erworben habe, so dass Umsatzsteuer tatsächlich angefallen sei. Während seiner Klage vor dem Amtsgericht und dem Landgericht stattgegeben worden ist, unterlag er vor dem BGH. Im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung sei - trotz einer tatsächlich vorgenommenen, aber nicht konkret abgerechneten Ersatzbeschaffung - nicht vom Brutto-, sondern vom Netto-Wiederbeschaffungswert auszugehen.
  • Der BGH vertritt in seinem Urteil keine wirtschaftliche Betrachtungsweise, sondern eine streng formale: Der Schadenersatz schließt die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Die Umsatzsteuer soll hingegen nicht ersetzt werden, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt. Verzichtet der Geschädigte auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung und verlangt stattdessen den hierfür erforderlichen (gutachterlich ermittelten) Geldbetrag, erhält er nicht den vollen, sondern den um die Umsatzsteuer reduzierten Geldbetrag. Dies gilt auch für den Fall, dass der Geschädigte zwar tatsächlich eine umsatzsteuerpflichtige Ersatzbeschaffung vornimmt, die dabei anfallende Umsatzsteuer also zur Wiederherstellung des früheren Zustands einsetzt, für die Schadensabrechnung aber die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung der Kosten der Ersatzbeschaffung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens wählt. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung sei insoweit unzulässig.

STEUERRAT: Der BGH gibt allen Geschädigten einen Wink mit dem Zaunpfahl: Übersteigen die konkreten Kosten des tatsächlich getätigten Ersatzgeschäfts (einschließlich der Nebenkosten wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer) den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag, bleibt es Ihnen unbenommen, zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung überzugehen. Im Einzelfall sollte also sehr genau überlegt werden, ob die Abrechnung auf Gutachtenbasis wirklich die günstigere Variante ist.

 

7. Krankheitskosten:
Kosten für Bioresonanztherapie steuerlich absetzbar?

Die Bioresonanztherapie ist eine Regulationstherapie, die die körpereigenen Regulations- und Selbstheilungskräfte stärken soll. Sie geht davon aus, dass der menschliche Körper von einem extrem schwachen, aber messbaren elektromagnetischen Feld durchdrungen und umgeben ist. Bei Krankheiten oder auch bei einer Belastung mit Giftstoffen ändern sich diese harmonischen Schwingungen in disharmonische Schwingungen. Sie sind jetzt über das Bioresonanzverfahren messbar. Die Bioresonanz wird aber nicht nur zur Diagnose, sondern auch zur Therapie eingesetzt, indem die disharmonischen Schwingungen nun wieder in harmonische zurückverwandelt werden. Diese Therapie wird bei zahlreichen Erkrankungen eingesetzt. Die Frage ist nur, ob die Aufwendungen dafür steuerlich als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln die steuerliche Anerkennung der Kosten einer Bioresonanztherapie abgelehnt. Und weshalb? Zum einen wurde die Therapie als "wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode" beurteilt, zum anderen wurde der dafür gesetzlich erforderliche Nachweis durch ein vorher ausgestelltes amtsärztliches Attest nicht erbracht (FG Köln vom 21.3.2018, 3 K 544/17; Revision VI B 71/18).

  • Nach Auffassung der Richter handelt es sich bei der Bioresonanztherapie um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode. Sie gehört wie z.B. auch die Homöopathie zu den Verfahren der Regulativen Medizin. Heilpraktiker und Patienten berichten übereinstimmend von guten Erfahrungen mit der Therapie. Die Behandlung wurde hier von einer zugelassenen Heilpraktikerin vorgenommen.
  • Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn die medizinische Notwendigkeit durch ein amtsärztliches Attest oder eine ärztliche Bescheinigung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen nachgewiesen wird und diese Bescheinigung vor Beginn der Behandlung ausgestellt wird (§ 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV).
  • Der so erforderliche Nachweis durch Attest des Amtsarztes wurde nicht erbracht. Dass die Hausärztin in ihrem Attest eine Behandlung mittels Bioresonanztherapie empfohlen hatte, lassen die Richter nicht genügen.

STEUERRAT: Bei alternativen Heilmethoden bzw. wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden müssen Sie die medizinische Notwendigkeit der Behandlung durch ein amtsärztliches Attest oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen nachweisen. Und dieses Attest muss unbedingt vor Beginn der Behandlung eingeholt werden (§ 33 Abs. 4 EStG; § 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV). Sie können das Attest direkt beim Amtsarzt beantragen. "Die zuständigen Gesundheitsbehörden haben auf Verlangen des Steuerpflichtigen die für steuerliche Zwecke erforderlichen Gesundheitszeugnisse, Gutachten oder Bescheinigungen auszustellen" (§ 64 Abs. 2 EStDV).

Weitere Informationen: Krankheitskosten: Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden

 

8. Prozesskosten:
Rechtsstreit wegen Umgangsrecht des Vaters mit seinem Kind

Nach neuer Rechtslage ab 2013 sind Kosten eines Zivilprozesses nur noch im Ausnahmefall als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG - unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung - absetzbar. Und zwar dann, "wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können" (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).

  • Die Frage ist, ob unter Existenzgrundlage nur die "materielle" Existenz zu verstehen ist oder ob dazu auch eine "immaterielle" Grundlage gehört, die den Kernbereich menschlichen Lebens betrifft. Der BFH jedenfalls versteht als Existenzgrundlage bisher allein die "materielle" Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen. Seelische und soziale Bedürfnisse sollen nicht darunterfallen. Die Gefahr des Verlustes einer psychischen oder ideellen Existenzgrundlage soll nicht erfasst werden (BFH-Urteil vom 18.5.2017, VI R 9/16).
  • Kürzlich hat das Finanzgericht Düsseldorf hierzu bereits eine interessante Entscheidung getroffen: Die Richter haben Prozesskosten im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinem Kind und der Rückkehr des bei der Mutter im Ausland lebenden Kindes nach Deutschland als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG anerkannt, weil sie einen "Kernbereich menschlichen Lebens" betreffen. Die Verweigerung des Umgangs mit den eigenen Kindern könne zu einer tatsächlichen Zwangslage führen, die die Anrufung eines Gerichts unabweisbar mache. Die Richter gelangen zu der Erkenntnis, dass ohne ein Umgangsrecht mit der Tochter und deren Rückführung nach Deutschland die (immaterielle) Existenzgrundlage des Vaters gefährdet wäre. Denn die Betroffenheit des Kernbereichs menschlichen Lebens sei als Bedrohung der Existenzgrundlage zu begreifen (FG Düsseldorf vom 13.3.2018, 13 K 3024/17 E, Revision VI R 15/18).

AKTUELL hat das Finanzgericht München in gleichem Sinne und ähnlicher Begründung entschieden, dass die Kosten für einen Rechtsstreit der Mutter über die Abwehr des Umgangsrechts des Vaters mit seinem Kind als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind. Denn es sei verfassungsrechtlich geboten, die Begriffe "Existenzgrundlage" und "lebensnotwendige Bedürfnisse" auch in einem immateriellen Sinn zu deuten und damit auch den Abzug von Rechtsstreitigkeiten, die zwangsläufig erwachsen und den Kernbereich des menschlichen Lebens betreffen, als außergewöhnliche Belastungen zu ermöglichen (FG München vom 7.5.2018, 7 K 257/17; Revision VI R 27/18).

  • Die Richter teilen ausdrücklich nicht die Auffassung des BFH, "dass der Begriff 'Existenzgrundlage' allein die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen erfasst. Vielmehr kann dieser Begriff ebenso wie die Formulierung 'lebensnotwendige Bedürfnisse' in den Fällen, in denen der Kernbereich des menschlichen Lebens betroffen ist, auch die Gefahr des Verlustes psychischer oder ideeller Bedürfnisse erfassen." Denn die Begriffe "Existenzgrundlage" und "lebensnotwendige Bedürfnisse" seien gesetzlich nicht definiert und könnten daher grundsätzlich auch in einem immateriellen Sinn gedeutet werden, wenn der Rechtsstreit den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.
  • ACHTUNG: Im Urteilsfall ging es nicht darum, um - wie im Fall des FG Düsseldorf - ein Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind zu bekommen, sondern im Gegenteil aus der Sicht der Mutter darum, dem Vater den Umgang mit dem Kind zu untersagen, weil nur dadurch das Kindeswohl gewährleistet sei. Da die elterliche Sorge für ein Kind nicht nur die Vermögenssorge, sondern auch die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) umfasst, war die Mutter zum Schutz des Kindeswohls und damit zur Führung des Umgangsrechtsstreits verpflichtet. Sie war damit auch zur Sicherung der immateriellen Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse ihres Kindes angehalten.

STEUERRAT: Nun muss der Bundesfinanzhof die Frage klären, ob Aufwendungen für die Führung eines den Kernbereich des menschlichen Lebens berührenden Rechtsstreits, so über das Umgangsrecht eines Elternteils mit dem Kind, als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG abzugsfähig sind. Machen Sie entsprechende Kosten geltend und legen Sie bei Ablehnung Einspruch gegen den Steuerbescheid ein unter Hinweis auf die anhängigen BFH-Verfahren (Aktenzeichen: VI R 15/18 und VI R 27/18).

Weitere Informationen: Anwalts- und Gerichtskosten im privaten Bereich

 

III. Kinder

1. Elterngeld:
Bei Gewinnverzicht keine Anrechnung von fiktivem Einkommen

Grundlage für das Elterngeld ist das persönliche Nettoeinkommen, nicht das Familieneinkommen. Maßgebend ist das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes, das der betreuende Elternteil durchschnittlich pro Monat erzielt hat. Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit gilt als Einkommen die monatlich durchschnittliche Summe der positiven Gewinneinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit, vermindert um pauschale Abzüge für Steuern und Sozialabgaben. Die Einkommensermittlung gilt gleichermaßen für den Bemessungszeitraum (12 Monate vor der Geburt) und für den Bezugszeitraum (bis zu 14 Monate nach der Geburt).

Bei der Ermittlung der im Bemessungszeitraum zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte ist der Einkommensteuerbescheid für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum maßgebend. Und was gilt für den Bezugszeitraum? Hier werden die zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte aufgrund einer Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, und dabei werden für Betriebsausgaben entweder pauschal 25 Prozent der Einnahmen oder auf Antrag die tatsächlichen Ausgaben abgezogen (§ 2d BEEG). Was aber gilt, wenn ein Partner einer Anwalts- oder Steuerberaterkanzlei während des Bezugszeitraums auf seinen Gewinnanteil verzichtet?

AKTUELL hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein Gewinnanteil nicht anteilig als fiktives Einkommen angerechnet werden darf, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft (Sozius einer Anwalts- oder Steuerberaterkanzlei) für die Zeit des Elterngeldbezugs nicht berufstätig ist und auf seinen Gewinnanteil verzichtet. Denn einen Rückgriff auf den Steuerbescheid und eine Zurechnung von fiktiven Einkünften bei Gewinnverzicht sehe das Gesetz nicht vor (BSG-Urteil vom 13.12.2018, B 10 EG 5/17 R).

Mit dieser Entscheidung ist ein früheres Urteil des Bundessozialgerichts überholt. Damals hatten die Richter auf der Grundlage des alten Elterngeldgesetzes noch entschieden, dass der Jahresgewinn eines Gesellschafters auch dann anteilig als Einkommen in der Bezugszeit anzurechnen war, wenn der Gesellschafter auf seinen Gewinn in der Elternzeit verzichtet hatte (BSG-Urteil vom 21.6.2016, B 10 EG 3/15 R). Das neue Urteil basiert auf der gesetzlichen Neuregelung der Einkommensanrechnung durch das Elterngeldvollzugsvereinfachungsgesetz vom 10.9.2012.

Weitere Informationen: Elterngeld: Wie das maßgebliche Einkommen ab 2013 ermittelt wird

 

2. Kindergeld:
Erlass des Rückforderungsanspruchs der Familienkasse

Die Vorschriften über die Gewährung von Kindergeld halten - gerade im Zusammenspiel mit den Sozialleistungen - einige Tücken bereit. So ist immer wieder folgender Fall anzutreffen: Das Kindergeld wird bei der Berechnung der Höhe des ALG II zunächst als Einkommen (§ 11 SGB II) angesetzt und mindert folglich das ALG II. Später stellt sich heraus, dass das Kindergeld zu Unrecht gewährt wurde. Die Familienkasse fordert daher das Kindergeld zurück. Gleichzeitig weigert sich der Sozialleistungsträger, seine Festsetzung des ALG II aufgrund des entfallenen Kindergeldanspruchs nachträglich anzupassen. Hier ist das Dilemma perfekt: Personen, die ohnehin über wenig Geld verfügen, sehen sich plötzlich mit der Rückzahlung von Leistungen konfrontiert, die an anderer Stelle nicht kompensiert werden, obwohl ihnen diese Kompensation - wenn alles richtig gelaufen wäre - zugestanden hätte.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass die Familienkasse in einem Fall wie dem oben Genannten verpflichtet ist, den Rückforderungsanspruch über das Kindergeld zu erlassen (Urteil vom 11.1.2018, 9 K 1625/17 AO). Dabei spielt es keine Rolle, wenn die Berechtigten zunächst falsche Angaben, zum Beispiel gegenüber einer Ausländerbehörde, gemacht haben. Wichtig ist vielmehr, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht gegenüber der Familienkasse nachgekommen sind.

  • Der Fall: Die Mutter von vier Kindern hatte eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG, die bis zum 18.11.2014 gültig war. Diese hatte sie erhalten, obwohl sie zunächst falsche Angaben über ihre Herkunft gemacht hatte. Bei einer Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen wies die Familienkasse darauf hin, dass die Mutter nicht mehr die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG für den Kindergeldbezug erfülle. Daraufhin hob die Familienkasse die Kindergeldgewährung rückwirkend ab November 2011 auf und forderte gewährtes Kindergeld in Höhe von 28.601 EUR zurück. Die Mutter wehrte sich gegen die Rückforderung, da die ausgezahlten Kindergeldbeträge auf die erhaltenen Leistungen nach dem SGB II angerechnet worden seien. Dies rechtfertige einen Erlass des Rückforderungsbetrages aus sachlichen Billigkeitsgründen. Das FG Düsseldorf hält den Erlass ebenfalls für geboten.
  • Die Richter begründen den Billigkeitserlass unter anderem mit der aktuellen Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (derzeit aktuell V 25.2 DA-KG 2017, www.bzst.de). Danach ist ein Erlass auszusprechen, wenn "die Überzahlung des Kindergeldes nicht auf das Verhalten des Berechtigten zurückzuführen ist." Demgegenüber ist ein Erlass regelmäßig zu versagen, wenn der Kindergeldberechtigte die ungerechtfertigte Weitergewährung und damit letztlich die Überzahlung des Kindergelds durch die Verletzung seiner Mitwirkungspflicht selbst herbeigeführt hat.
  • Im Streitfall habe die Familienkasse den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt und damit einen schwerwiegenden Ermessensfehler begangen, indem sie ein Verschulden der Antragstellerin im Sinne einer Mitwirkungspflichtverletzung angenommen hat. Zwar habe die Klägerin zunächst Kindergeld unter anderer Identität und unter falscher Herkunft beantragt. Nachdem ihr jedoch ein neuer Aufenthaltstitel erteilt worden war, der den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach, habe sie dies der Familienkasse umgehend mitgeteilt. Aufgrund des Aufenthaltstitels hätte die Familienkasse erkennen können, dass der Kindergeldanspruch jedenfalls seit Dezember 2011 von dem Erfordernis des § 32 Abs. 2 Nr. 3 EStG abhängt, und entsprechend nachfragen können und sollen.

STEUERRAT: Man mag in dem konkreten Fall geteilter Meinung sein, ob ein Erlass des Rückforderungsanspruchs trotz der falschen Angaben gerechtfertigt war. Allerdings dürfte das Urteil vielen Menschen helfen, die - auch aus Unkenntnis heraus - Kindergeld beantragt haben, das sie nun zurückzahlen sollen. Hier wäre stets zu prüfen, ob die Nachzahlung sachlich unbillig ist und ein Erlass infrage kommt.

 

3. Freiwilligendienst "weltwärts":
Seit 10 Jahren interessant für Jugendliche

Vor genau zehn Jahren rief das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst "weltwärts" ins Leben. Dieser spricht gezielt junge Menschen in Deutschland an und ermöglicht ihnen einen Aufenthalt in einem Land des Globalen Südens (Afrika, Asien, Lateinamerika, Osteuropa, Ozeanien). Die Freiwilligen sollen dabei an entwicklungspolitische Fragestellungen und an gegenseitiges interkulturelles Lernen in einer globalisierten Welt herangeführt werden. Inzwischen sind ca. 160 Nichtregierungsorganisationen als Entsendeorganisationen aktiv. In den letzten zehn Jahren reisten rund 34.000 Freiwillige für ihr weltwärts-Jahr in ein Land des Globalen Südens (BT-Drucksache 19/5227 vom 22.10.2018).

WICHTIG: Für die Dauer des Freiwilligendienstes haben die Eltern Anspruch auf Kindergeld oder auf die steuerlichen Freibeträge (Kinderfreibetrag und BEA-Freibetrag) sowie auf alle anderen kindbedingten Steuervergünstigungen, die an Kindergeld oder Kinderfreibetrag anknüpfen. Möchte Ihr Kind einen Freiwilligendienst leisten, so ist nicht nur diese Zeit, sondern auch die Übergangszeit davor und danach grundsätzlich durch Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge begünstigt. Vorausgesetzt, die Übergangszeit dauert nicht länger als vier volle Monate.Bei Überschreiten der Viermonatsfrist entfällt auch die Begünstigung für die ersten vier Monate.

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bekommen den erhöhten Ortszuschlag. Seit 2009 sind die Teilnehmer auch in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz einbezogen. Während des Einsatzes zahlt die Entsendeorganisation ein Taschengeld. Notwendige Impfkosten werden bezahlt, sofern die Krankenkasse diese nicht übernimmt. Außerdem wird eine landestypische kostenlose Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung gestellt. Die Entsendeorganisation sorgt für den Transport zum Einsatzort und wieder zurück oder erstattet die Reisekosten. Ein weltwärts-Dienst ist kein Arbeitsverhältnis im sozialrechtlichen Sinne. Daher werden während des Einsatzes keine Beiträge in die Arbeitslosen- und Rentenversicherung gezahlt.

Das Warten auf eine entsprechende Stelle zur Ableistung des Dienstes ist nicht wie das "Warten auf einen Ausbildungsplatz" über vier Monate hinaus begünstigt (gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG). Schädlich wäre es auch, wenn das Kind bereits die Zusage für eine Stelle hat, diese aber erst nach vier Monaten antreten kann.

Falls sich wider Erwarten die Übergangszeit über vier volle Monate hinaus verlängert, zeigt das Finanzgericht Münster eine Lösung auf, wie der Kindergeldanspruch doch aufrecht erhalten werden kann: Das Kind muss sich bei der Arbeitsagentur als "arbeitsuchend" melden. Dann wird es zumindest bis zum 21. Lebensjahr als Kind berücksichtigt (so FG Münster vom 1.6.2011, 11 K 3869/10 Kg).

Die Ableistung eines Freiwilligendienstes stellt grundsätzlich keine Berufsausbildung dar. Im Allgemeinen dient der Dienst nicht zur Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl. Es genügt nicht, dass die gewonnenen Erfahrungen förderlich für die Berufstätigkeit sind. Daher kann für die Dauer des Freiwilligendienstes ein Ausbildungsfreibetrag nicht beansprucht werden (BFH-Urteil vom 7.4.2011, III R 11/09).

STEUERRAT: Den Freiwilligendienst "weltwärts" dürfen die Jugendlichen wohl leisten bis zum 28. Lebensjahr, doch Kindergeld bzw. die steuerlichen Freibeträge bekommen die Eltern nur bis zum 25. Lebensjahr des Kindes! Falls Ihnen das Kindergeld verwehrt ist, können Sie Ihre Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen absetzen (nach § 33a Abs. 1 EStG). Der abzugsfähige Unterhaltshöchstbetrag beträgt im Jahre 2018 pro Monat 750 EUR. Zahlen Sie auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung des Kindes, erhöht sich der abzugsfähige Höchstbetrag um die Versicherungsbeiträge.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit www.weltwaerts.de.

 

IV. Kapitalerträge

1. Investmentbesteuerung 2018:
Erstmalige Versteuerung einer Vorabpauschale

Seit Anfang 2018 gelten neue Regeln zur Investmentbesteuerung. Der Anleger versteuert jetzt grundsätzlich nur die tatsächlichen Zuflüsse aus der Investmentanlage, d.h. die Ausschüttungen des Fonds sowie die Gewinne aus der Veräußerung oder Rückgabe der Fondsanteile. Doch häufig werden die Erträge auch ganz oder teilweise thesauriert. Bei solchen nicht ausschüttenden (thesaurierenden) und teilausschüttenden Fonds müssen Anleger jedes Jahr einen Mindestbetrag versteuern - eine sog. Vorabpauschale.Für diese gelten die gleichen Teilfreistellungen wie für die Besteuerung von Ausschüttungen. Die Höhe des steuerfreien Anteils richtet sich auch hier nach der Art des Fonds.

Die Höhe der Vorabpauschale orientiert sich an einer risikolosen Marktverzinsung, d.h. an dem Betrag, den ein Anleger am Markt für eine risikofreie Geldanlage erhalten würde. Die tatsächlichen Ausschüttungen mindern die Vorabpauschale im Jahr ggf. bis auf null. Darüber hinaus ist die Vorabpauschale auf die tatsächliche Wertsteigerung des Anteils im Jahr begrenzt und fällt somit nicht an, wenn ein Verlust erzielt wurde.

AKTUELL wird zum 2. Januar 2019 der deutsche Fiskus Investmentsparern erstmals eine Vorabpauschale in Rechnung stellen. Mit ihr werden Erträge aus thesaurierenden und teilthesaurierenden Fonds besteuert. Die Vorabpauschale ist - wirtschaftlich betrachtet - eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen. Daher wird sie beim Verkauf der Fondsanteile vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn abgezogen. Die Vorabpauschale orientiert sich nicht an den tatsächlich angefallenen Gewinnen, sondern berechnet sich anhand einer bestimmten Formel.

  • Die Vorabpauschale beträgt 70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank multipliziert mit dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn (sog. Basisertrag). Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis zzgl. der Ausschüttungen ergibt. Wird kein Rücknahmepreis festgesetzt, so gilt stattdessen der Börsen- oder Marktpreis.
  • Für das Jahr 2018 wird zur Berechnung der Vorabpauschale ein Zinssatz von 0,609 Prozent des Anteilswertes am Investmentfonds angesetzt. Bei einem Anteilswert am Anfang des Jahres von beispielsweise 100 Euro würden 0,61 Euro Vorabpauschale anfallen, falls der Wert bis zum Jahresende mindestens um diesen Betrag gestiegen ist. Bei einer Vorabpauschale von 0,61 Euro fallen rund 0,15 Euro Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlags und ggf. Kirchensteuer an.

STEUERRAT: Die Vorabpauschale für die Wertentwicklung des Jahres 2018 fließt Anfang 2019 zu, damit sie mit dem meist noch in voller Höhe vorhandenen Sparerpauschbetrag verrechnet werden kann. Reicht der Sparerpauschbetrag nicht aus oder wurde kein Freistellungsauftrag gestellt, erhebt das depotführende Kreditinstitut Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale in der Weise, dass ein entsprechender Geldbetrag vom Konto des Anlegers eingezogen und an die Finanzverwaltung abgeführt wird. Achten Sie daher auf eine ausreichende Kontodeckung. Wenn das depotführende Institut das Geld für die Steuer nicht einziehen kann, meldet sie dies dem Finanzamt.
STEUERRAT: Den Steuerabzug auf die Vorabpauschale können Sie verhindern, wenn Sie der depotführenden Bank einen Freistellungsauftrag in ausreichender Höhe erteilen. Weil die Steuer auf die Vorabpauschale Anfang 2019 abgezogen wird, sollten Sie Ihren Sparerpauschbetrag für das Jahr rechtzeitig anpassen.

HINWEIS: Investmenterträge - und somit auch eine Vorabpauschale - sind nicht anzusetzen, wenn die Fondsanteile im Rahmen von Riester- oder Rürup-Verträgen gehalten werden. Hier bleibt es bei der nachgelagerten Besteuerung der Erträge in der Auszahlungsphase.

Müssen Anleger von ausländischen thesaurierenden Fonds weiterhin über die Einkommensteuererklärung gehen, um eine Doppelbesteuerung beim Verkauf zu vermeiden? Nein. Denn ab 1.1.2018 verrechnen die depotführenden Stellen in Deutschland beim Verkauf der Fondsanteile die bereits besteuerten Vorabpauschalen automatisch mit dem Veräußerungsgewinn. So wird eine Doppelbesteuerung beim Anleger vermieden. Das macht die Steuererklärung vor allem für Anleger ausländischer thesaurierender Fonds deutlich einfacher. (Quelle: BVI)

Weitere Informationen: Besteuerung von Investmentfonds: Die neuen Steuerregeln ab 2018

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Vermietung:
§ 7b-Sonderabschreibung aufgeschoben oder aufgehoben?

Beiträge zur neuen Förderung des Mietwohnungsneubaus nach § 7b EStG haben üblicherweise wie folgt begonnen: "Der Bundestag hat das hier vorgestellte Gesetz am 29.11.2018 verabschiedet. Die Zustimmung des Bundesrats am 14.12.2018 gilt als sicher, nachdem man sich im Finanzausschuss noch bezüglich einiger Streitpunkte geeinigt hat." Allerdings ist der entsprechende Punkt am 14.12.2018 kurzfristig und vollkommen unerwartet von der Tagesordnung des Bundesrats verschwunden. Auf der Homepage des Bundesrats heißt es nur lapidar: "Der Bundesrat hat am 14. Dezember 2018 kurzfristig den Gesetzesbeschluss des Bundestages zu Sonderabschreibungen beim Mietwohnungsneubau von der Tagesordnung abgesetzt. Das Gesetzgebungsverfahren ist damit allerdings nicht beendet. Theoretisch kann der Gesetzesbeschluss auf Antrag eines Landes oder der Bundesregierung auf eine der nächsten Tagesordnungen des Bundesrates gesetzt werden. Das Gesetz benötigt die Zustimmung des Bundesrates, um in Kraft zu treten."

Fachwelt und Bauherren rätseln nun, wie die Absetzung von der Tagesordnung zu interpretieren ist. War einfach nur Zeitmangel der Grund? Oder gab es sachliche Gründe? Immerhin hatte der Bundesrat am 19.10.2018 zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen und dabei vor allem eine fehlende Begrenzung der Miethöhe bemängelt. Er bat deshalb zu prüfen, wie verhindert werden kann, dass Investoren für ihre Wohnungen die höchstmögliche Miete verlangen. Außerdem hatte er kritisiert, dass die Begrenzung der abschreibungsfähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten auf 3.000 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche allein nicht ausreiche, um neue Wohnungen im bezahlbaren Mietsegment zu schaffen. Allerdings war man nach der Einigung im Finanzausschuss eigentlich sicher, dass die Kritikpunkte nicht weiter verfolgt werden und die Zustimmung nur noch Formsache ist.

Investoren bleibt zu hoffen, dass die Zustimmung zum § 7b EStG doch noch erteilt wird. Die nächste Plenarsitzung des Bundesrats ist allerdings erst für den 15.2.2019 vorgesehen.

Weitere Informationen: Förderung des Mietwohnungsneubaus: Die neue 7b-Sonderabschreibung

 

2. Verbilligte Vermietung:
Keine 2/3-Regelung bei Überlassung für Gewerbezwecke

Werbungskosten bei Vermietungen sind in voller Höhe absetzbar, selbst wenn die vereinbarte Miete nur 66 % bzw. zwei Drittel der ortsüblichen Miete beträgt (§ 21 Abs. 2 EStG). Was viele Vermieter jedoch nicht wissen: Die 2/3-Regelung gilt nur, wenn die Wohnung zu Wohnzwecken vermietet wird und nicht, wenn die Wohnung oder andere Räume zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken vermietet werden. Dann sind die Werbungkosten nämlich nur im Verhältnis der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Miete abziehbar. Bei der Vermietung entsprechender Räumlichkeiten an einen Angehörigen sollte im Zweifel also die ortsübliche Miete vereinbart werden.

AKTUELL ist darauf hinzuweisen, dass nach neuerer Auffassung auch Büros als "gewerbliche Räumlichkeiten" gewertet werden können (BFH-Urteil vom 17.4.18, IX R 9/17; vgl. SteuerSparbrief September 2018). In dem BFH-Urteil ging es um einen Arbeitnehmer, der dem Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke eine Einliegerwohnung vermietet hatte, um es als Heimbüro zu nutzen. Der BFH sieht darin ein gewerbliches Mietverhältnis. Das heißt also: Überlassen Sie dem Sohn, der Tochter, einem anderen Angehörigen oder aber dem Arbeitgeber Räumlichkeiten, die von diesen für freiberufliche oder gewerbliche Zwecke bzw. mitunter auch nur als "Home-Office" genutzt werden, so bleibt Ihnen der Werbungskostenabzug nur dann in voller Höhe erhalten, wenn Sie die ortsübliche Miete berechnen. In vielen Fällen ist das steuerlich für den Mieter ohne Nachteil, denn er kann die Kosten üblicherweise als Betriebsausgabe oder Werbungskosten abziehen.

STEUERRAT: Bei der Überlassung einer "normalen" Wohnung, die freiberuflich oder gewerblich genutzt wird, wird zur Ermittlung der ortsüblichen Miete der Mietspiegel weiterhelfen. Handelt es sich jedoch um größere oder klassische Gewerbeobjekte, muss die übliche Miete bzw. Pacht nach einem besonderen Verfahren ermittelt werden. Mit den Möglichkeiten der Ermittlung der ortsüblichen Miete oder Pacht hat sich das Finanzgericht Sachsen in seinem Urteil vom 13.10.16 (8 K 1569/14) auseinandergesetzt. Gegebenenfalls sollten Sie das Urteil zur Hand nehmen.

 

3. Vermietung:
Gewinnerzielungsabsicht trotz Eigenbedarfsklausel

Verluste aus Vermietung und Verpachtung können steuerlich nur geltend gemacht werden, wenn die Absicht besteht, auf Dauer einen Gewinn zu erwirtschaften. Grundsätzlich wird die Gewinnerzielungsabsicht durch den Fiskus unterstellt, die Vermieter müssen also keine Prognoserechnung oder Ähnliches beim Finanzamt einreichen. Doch es gibt bestimmte Konstellationen, bei denen die Vermutung, einen dauerhaften Überschuss erzielen zu wollen, angezweifelt wird. Das ist zum Beispiel bei einer nur kurzfristigen Vermietung der Fall, wenn die klare Absicht besteht, die Immobilie bereits nach wenigen Jahren wieder zu veräußern.

AKTUELL hat das Finanzgericht Hamburg entschieden, dass eine dauerhafte Vermietungsabsicht aber selbst dann zu bejahen sein kann, wenn sich der Vermieter eine Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt wegen Eigenbedarfs vorbehält, um das Mietobjekt einem Angehörigen entgeltlich zu überlassen (Urteil vom 12.9.2018, 2 K 151/17).

  • Der Fall: Der Kläger erwarb im Jahre 2005 eine Eigentumswohnung. In 2011 vermietete er diese. In dem Mietvertrag heißt es unter anderem: "Das Mietverhältnis beginnt am 15.3.2011 ... Das Mietverhältnis läuft auf unbestimmte Zeit... Es läuft auf bestimmte Zeit und endet am 01.03.2015 ohne dass es einer Kündigung bedarf, nur wenn der Vermieter die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will ... Grund der Befristung ist: Der Vermieter Herr A macht Eigenbedarf für die Nichte Frau B (geb. ... 1994) geltend. Diese wird dann die Wohnung selbst beziehen."
  • Die Vermietung an die Nichte sollte entgeltlich erfolgen, kam aber letztlich nicht zustande, weil diese zwischenzeitlich mit ihrem Freund zusammengezogen war. Der Mieter kündigte Mitte 2014 von sich aus das Mietverhältnis. In 2014 veräußerte der Kläger die Wohnung. Das Finanzamt wollte daraufhin die Verluste nicht anerkennen. Es fehle an der Gewinnerzielungsabsicht, weil die Wohnung befristet wegen Eigenbedarfs vermietet gewesen sei und zwischen Beginn der Vermietung und Veräußerung lediglich vier Jahre lang Verluste erwirtschaftet worden seien. Die hiergegen gerichtet Klage war erfolgreich.
  • Die Begründung der Finanzrichter: Die Einkünfteerzielungsabsicht kann nicht vermutet werden, wenn die Vermietung nicht auf Dauer angelegt ist. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn bereits bei Abschluss des Mietvertrages die Absicht besteht, das Objekt anschließend zu veräußern oder wenn der Steuerpflichtige plant, das Objekt nach einer gewissen Zeit selbst nutzen zu wollen und bis dahin kein Totalüberschuss erwirtschaftet werden kann. Unabhängig hiervon ist Indiz für eine fehlende Dauervermietungsabsicht, wenn das Objekt in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb tatsächlich veräußert wird, in der Regel innerhalb von fünf Jahren. Im Urteilsfall sei aber davon auszugehen, dass der Kläger die Wohnung dauerhaft vermieten wollte. Zunächst sei die Befristung wegen Eigenbedarfs nur für den Eventualfall vorgesehen worden. Dann kam hinzu, dass die Vermietung an die Nichte entgeltlich erfolgen sollte. Und letztlich habe sich der Kläger erst nach der mieterseitigen Kündigung zum Verkauf entschlossen, nachdem die Nichte wegen veränderter persönlicher Verhältnisse die Wohnung nicht mehr habe übernehmen wollen.

STEUERRAT: Auch wenn die Sache für den Immobilienbesitzer hier gut ausgegangen ist, so sollte bei Befristungen von Mietverträgen doch stets im Auge behalten werden, dass das Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht anzweifeln wird.

 

4. Baudenkmal:
Bescheidänderung trotz langsamer Denkmalschutzbehörde

Die Aufwendungen für Baumaßnahmen an einem denkmalgeschützten Eigenheim können als Sonderausgaben abgezogen werden, und zwar im Jahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren mit jeweils bis zu 9 Prozent (§ 10f EStG). Für Baumaßnahmen an einem vermieteten - denkmalgeschützten - Gebäude können hingegen erhöhte Absetzungen für Abnutzung geltend gemacht werden. Diese betragen im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 Prozent und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 Prozent der Herstellungskosten. Voraussetzung für die Steuerbegünstigung ist aber eine Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde, die die Voraussetzungen für das Vorliegen von geförderten Maßmahnen bestätigt. Nun lassen sich die Behörden mitunter Zeit und es kommt vor, dass die Bescheinigung erst vorliegt, wenn der Steuerbescheid längst ergangen ist.

AKUTUELL hat das Finanzgericht Köln aber entschieden, das bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzungen noch zugunsten der Steuerbürger geändert werden können, wenn sie eine Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde nachreichen (Urteil vom 26.4.2018, 6 K 726/16).

  • Die Kläger sind Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses, das sie selbst bewohnen. In den Jahren 2008 bis 2010 hatten sie Erhaltungsaufwand von insgesamt 29.000 EUR. Diese Kosten machten sie beim Finanzamt erst dann als Sonderausgaben für Baudenkmäler (§ 10f EStG) steuermindernd geltend, nachdem sie in 2014 eine entsprechende Denkmalbescheinigung vom Amt für Denkmalschutz erhalten hatten. Das Finanzamt lehnte eine Änderung der bisherigen Steuerfestsetzungen ab, weil diese Veranlagungen endgültig durchgeführt und nach steuerrechtlichen Vorschriften nicht mehr änderbar seien. Insbesondere stelle die Bescheinigung der Denkmalbehörde keinen vollständigen Grundlagenbescheid dar, weil sie nur einige, aber nicht alle verbindlichen Regelungen zum Erhalt der Begünstigung enthalte.
  • Dies sah das FG Köln anders und gab der Klage statt. Die Bescheinigung der Denkmalbehörde stelle einen Grundlagenbescheid dar, auch wenn sie nicht sämtliche Voraussetzungen der Steuerbegünstigung verbindlich regele. Deshalb sei das Finanzamt nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO nachträglich zur Änderung der Einkommensteuerbescheide verpflichtet. Hierfür spreche auch, dass Steuerpflichtige sonst um die Steuerbegünstigung für Baudenkmäler gebracht würden. Dass die Verfahren bei den Denkmalbehörden erfahrungsgemäß lange Zeit in Anspruch nehmen, dürfe schließlich nicht zu Lasten der Steuerbürger gehen. Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen (Az. X R 17/18).

STEUERRAT: Zwar hatte das FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 25.8.2010 (12 K 12222/09) in einem ähnlich gelagerten Fall noch gegen die Steuerzahler entschieden. Allerdings hatte der BFH erst kürzlich geurteilt, dass die Bescheinigung des Bezirksamts materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für die Begünstigung des § 7h EStG (Baumaßnahme im Sanierungsgebiet) sei und einen Grundlagenbescheid i.S. der Abgabenordnung darstelle (Urteil vom 10.10.2017, X R 6/16; vgl. SteuerSparbrief Juni 2018). Da für die Revision im aktuellen Fall des FG Köln wieder der X. Senat des BFH zuständig sein wird, dürfte diese gute Erfolgsaussichten haben. Wer erst gar nicht in die Problematik geraten will, sollte darauf achten, dass seine Steuerbescheide bis zum Erhalt der Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde in diesem Punkt vorläufig ergehen.

Weitere Informationen: Eigenheim: Baumaßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden

 

5. Verbilligte Vermietung:
Vereinbarte Miete ist maßgebend, nicht die Gründe dafür

Eine verbilligte Vermietung liegt vor, wenn die vereinbarte Miete im Vergleich zur ortsüblichen Marktmiete niedriger ist. Das bedeutet vom Grundsatz her, dass die Aufwendungen für die vermietete Wohnung eigentlich nur anteilig als Werbungskosten absetzbar sind, und zwar im Verhältnis der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Miete. Doch wenn Sie bestimmte Regeln einhalten, können Sie vom Vorteil der verbilligten Vermietung profitieren (§ 21 Abs. 2 EStG):

  • Beträgt die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete zuzüglich der umlagefähigen Nebenkosten, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug. Eine Ertragsprognose ist nicht erforderlich.
  • Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 66 % der ortsüblichen Miete mit Umlage, ist eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil vorzunehmen, d.h. die Aufwendungen sind nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.

Das Hessische Finanzgericht hatte entschieden, dass es bei der Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil allein auf das Verhältnis der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Marktmiete ankommt. Maßgebend sei die vereinbarte Miete. Die Gründe, weshalb die ortsübliche Miete unterschritten werde, spielen keine Rolle. Berücksichtigt wird daher auch eine Mietminderung, beispielsweise wegen Unbewohnbarkeit der Wohnung aufgrund eines Wasserschadens oder wegen sonstiger Mängel (Hessisches FG vom 17.11.2009, 5 K 3027/07).

Unerheblich ist also, ob und wie lange die vermietete Wohnung z.B. einen Wasserschaden aufwies, dieser Schaden zu einer Mietminderung berechtigen konnte und in welcher Höhe eine solche Minderung angemessen gewesen wäre. Das Finanzamt wird in einem solchen Fall ganz einfach die ortsübliche Miete ermitteln und die tatsächlich gezahlte Miete hierzu ins Verhältnis setzen. Wenn nun die gezahlte Miete wegen des Schadens niedrig ist, kann dies nachteilig für die Ermittlung der 66 %-Grenze sein.

STEUERRAT: Bei der Gegenüberstellung von vereinbarter Miete und ortsüblicher Marktmiete ist die Kaltmiete zuzüglich der gezahlten Umlagen zu vergleichen mit der ortsüblichen erzielbaren Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Kosten für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung. Die Kostenmiete bildet insofern keine Vergleichsgröße (R 21.3 EStR).

HINWEIS: Das Finanzgericht Düsseldorf hatte gegen den Fiskus entschieden, dass bei der vergleichbaren "ortsüblichen Marktmiete" die zu entrichtenden Betriebskosten nicht in die Vergleichsrechnung einbezogen werden dürfen. Denn der örtliche Mietspiegel beziehe sich üblicherweise auf die ortsübliche Nettokaltmiete. Daher sei nur auf die vereinbarte Nettokaltmiete und die ortsübliche Nettokaltmiete abzustellen (FG Düsseldorf vom 22.6.2015, 4 K 2268/14 E).
ABER der BFH hat das Urteil aufgehoben und geklärt, dass für die Vergleichsberechnung unter "ortsüblicher Miete" die Bruttomiete bzw. Warmmiete zu verstehen ist. Folglich umfasst die ortsübliche Miete die Kaltmiete zuzüglich der Kosten, die nach der Betriebskostenverordnung umlagefähig sind (BFH-Urteil vom 10.5.2016, IX R 44/15).

Weitere Informationen: Verbilligte Vermietung an Angehörige

 

VI. Renten und Pensionen

1. Landwirte:
Pflicht zur Hofabgabe bei Rentenbeginn ist verfassungswidrig

Die Alterssicherung der Landwirte ist die berufsständische Altersvorsorge der Landwirte in Deutschland. Sie ist Teil der gesetzlichen Rentenversicherung. Gesetzliche Grundlage ist das "Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG)". Landwirte müssen Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Nach dem ALG besteht ein Anspruch auf eine Regelaltersrente nur dann, wenn der Landwirt seinen Hof abgibt bzw. auf seine Kinder überträgt (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG).

Es besteht zwar keine Pflicht zur Hofabgabe. Doch im Fall der Nichtabgabe des Unternehmens entfällt die Gegenleistung in Form einer Rente für jahrelange Beitragsleistungen. Der Landwirt unterliegt daher einem faktischen Zwang zur Hofabgabe. Die Frage ist, ob dieser Zwang verfassungsrechtlich in Ordnung ist.

AKTUELL hat das Bundesverfassungsgericht eine höchst erfreuliche Entscheidung zu Gunsten der Landwirte getroffen: Landwirte dürfen nicht vom Staat dazu verpflichtet werden, bei Renteneintritt ihren Hof abzugeben. Dies ist verfassungswidrig! Die maßgebende Vorschrift im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte greife in die Eigentumsfreiheit des Artikels 14 Grundgesetz ein (BVerfG-Urteile vom 23.5.2018, 1 BvR 97/14 und 1 BvR 2392/14).

  • In einem Fall wurde einer Bäuerin die Rente nicht bewilligt, weil ihr Mann bereits die Regelaltersgrenze erreicht hatte und den Hof noch nicht an einen Nachfolger abgegeben hatte. Im anderen Fall bekam ein Landwirt keine Rente, weil er im Rentenalter mehr als die vom Gesetz vorgesehenen Höchstfläche von sechs Hektar weiter bewirtschaftete.
  • Die Pflicht zu einer Hofabgabe wird verfassungswidrig, wenn diese in unzumutbarer Weise Einkünfte entzieht, die zur Ergänzung einer als Teilsicherung ausgestalteten Rente notwendig sind. Darüber hinaus darf die Gewährung einer Rente an den einen Ehepartner nicht von der Entscheidung des anderen Ehepartners über die Abgabe des Hofs abhängig gemacht werden.
  • Die Pflicht zur Hofabgabe als Voraussetzung eines Rentenanspruchs wahrt nicht mehr die Grenze der Zumutbarkeit, soweit das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte keine Härtefallregelung für die Hofabgabe vorsieht. Härtefälle entstehen vornehmlich, wenn der abgabewillige Landwirt keinen zur Hofübernahme bereiten Nachfolger findet. In diesem Fall kann der Landwirt die Hofabgabe nur in einer Form vollziehen, die nicht mit Einkommenserzielung verbunden sind, z.B. Stilllegung, Aufgabe usw. Dann fehlen ein Kaufpreis oder Pachtzins zur Sicherung des Alters und die Hofabgabepflicht wird unzumutbar. Härtefälle entstehen aber auch dann, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen zwar abgegeben werden könnte, dies jedoch nicht zu Einkünften des Landwirts führen würde, mit Hilfe derer er seinen Lebensunterhalt in Ergänzung der Rente sicherstellen kann. In diesen Fällen wird die Pflicht zur Hofabgabe unzumutbar, denn der abgebende Landwirt wird zur Erlangung der Rente gezwungen, seine andere Finanzquelle für das Alter aufzugeben oder zu reduzieren, obwohl seine Rente nur als Teilsicherung angelegt ist und die Einkünfte aus dem abgegebenen Hof dies nicht angemessen ergänzen.
  • Der Gesetzgeber wird verpflichtet, in der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG die Fälle einer Unzumutbarkeit der Hofabgabe zu bestimmen.

HINWEIS: Das Bundesversicherungsamt ist in die Beratung des Sozialversicherungsträgers bezüglich der Auswirkungen des BVerfG-Beschlusses vom 23.5.2018 auf die jetzt zu treffenden Altersrentenbewilligungen eingeschaltet. Für die Frage, wie nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts Rentenanträge zu behandeln sind, gibt es derzeit noch keine gesetzlichen Grundlagen. Vielmehr geht es darum, wie der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auszulegen ist.

Weitere Informationen: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts.

 

VII. Selbstständige

1. Bargeldintensive Betriebe:
Müssen die Umsätze steuerfrei bleiben?

Wenn es nach einem Gastronomen aus Baden-Württemberg geht, dürfen Gaststättenumsätze und -gewinne aufgrund eines so genannten Vollzugsdefizits generell nicht besteuert werden. Zwar ist er mit seinem Anliegen beim Fiskus und auch vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg gescheitert, fast schon sensationell ist aber die Revision zugelassen worden. Und Prozessbeobachter sprechen davon, dass sein Anliegen zumindest vor dem Finanzgericht auch nicht ganz chancenlos war, denn die Richter haben sich tatsächlich intensiv mit seinen Argumenten befasst (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2018, 8 K 501/17). Es bleibt spannend, ob der Kampf für die Rechte der ehrbaren Gastronomen, die aufgrund der zahlreichen Unehrlichen einen Wettbewerbsnachteil hinnehmen müssen, erfolgreich sein wird.

  • Zum Hintergrund: Der Kläger, seines Zeichens Gastronom und auch Jurist, betreibt über eine OHG mehrere Gaststätten und Hotels, also bargeldintensive Betriebe. Er verlangt, dass seine Einnahmen zumindest teilweise von der Besteuerung auszunehmen sind. Er macht geltend, bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen bei bargeldintensiven Betrieben liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das eine gleichmäßige Besteuerung aller Marktteilnehmer verhindere. Der Gesetzgeber habe dies zu verantworten.
  • Ein strukturelles Vollzugsdefizit gab es im Steuerrecht schon einmal: Es betraf die Einkünfte aus Kapitalvermögen und Spekulationsgewinne. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führt die Nichtumsetzung von Besteuerungstatbeständen auf Erhebungsebene zu einer Nichtigkeit der Besteuerungsnorm (BVerfG 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfG 9.3.2004, 2 BvL 17/02). Damals musste der Gesetzgeber handeln, um Kapitaleinkünfte auch weiterhin besteuern zu können. Ausfluss waren etwa eine Lockerung des Bankgeheimnisses sowie die später eingeführte Quellensteuer. Ein anderes Beispiel sind Trinkgelder. Da der Gesetzgeber die Höhe der vereinnahmten Trinkgelder von Angestellten nicht überprüfen kann, hat er diese insgesamt steuerfrei belassen.
  • Im bargeldintensiven Bereich sind Manipulationen von Kassensystemen oder sonstigen Aufzeichnungsgeräten leider ein Massenphänomen. Der Kläger weist darauf hin, dass Finanzbehörden ihrer Verpflichtung zur gleichmäßigen Erhebung der entstandenen Steueransprüche nicht nachkämen. Die vom Staat geduldete Massensteuerhinterziehung führe außerdem zu massiven Wettbewerbsverzerrungen, da die überwiegende Mehrzahl der Marktteilnehmer durch Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erlange. Wenn also ohnehin nicht alle Wettbewerber gleich besteuert werden könnten, dürfte praktisch niemand besteuert werden - so die Logik des Klägers.

AKTUELL wurde die Klage zwar abgewiesen. Begründung: Allein der Umstand, dass es für die Finanzverwaltung nur mit erheblichem Aufwand möglich ist, Manipulationen an Kassensystemen zu entdecken, sei zwar ein Indiz, führe für sich gesehen jedoch nicht zum Vorliegen eines strukturellen Vollzugsdefizits. So ergebe sich ein erhöhtes Entdeckungsrisiko für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb insbesondere dadurch, dass eine Außenprüfung ohne weitere Voraussetzung und nicht nur ausnahmsweise zulässig ist. Ebenso können sich im Regelfall bei den (bargeldintensiven) Gewerbebetrieben auch Hinweise aus einer Umsatzsteuer- oder Kassen-Nachschau ergeben. ABER: Bemerkenswert ist, dass die Revision zugelassen worden ist, da die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei. Und es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Revision eingelegt wird und der Fall bis vor das Bundesverfassungsgericht getragen wird.

STEUERRAT: In einschlägigen Fällen sollten die Steuerbescheide offengehalten werden. Das heißt: Im bargeldintensiven Bereich sollte gegen Bescheide (Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden. In Betriebsprüfungen oder gar in Fällen der Steuerfahndung haben Betroffene zumindest etwas mehr "Verhandlungsmasse." Vielleicht lässt sich der eine oder andere Prüfer "beschwichtigen", wenn er davon ausgehen muss, dass sein Fall sonst nicht zu einem Ende kommt.

 

2. Umsatzsteuer:
Vorsteuerabzug trotz Verlustes der Rechnung?

Im Umsatzsteuerrecht gibt es eine einfache Formel: Rechnung weg = Vorsteuerabzug weg. Dieser eiserne Grundsatz gilt seit Jahrzehnten; eine Ausnahme bildet nur der pauschalierte Vorsteuerabzug für bestimmte Branchen. Selbst im Falle eines Brandes, eines Wasserschadens oder eines Diebstahls von Aktenordnern mit Rechnungen kennt die Finanzverwaltung kein Pardon. Misslich sind auch Rechnungen auf Thermopapier, die nach einer gewissen Zeit unleserlich werden können. Unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 23.10.2014 (V R 23/13) können Sie allenfalls eine Schätzung der abziehbaren Vorsteuerbeträge erreichen. Und wer Glück im Unglück hat, kann möglicherweise Kopien oder Zweitausfertigungen der Originalrechnung vorlegen und die Zulassung als Beweismittel beantragen. Diesen Antrag, eventuell verbunden mit Zeugenaussagen, muss das Finanzamt wohlwollend prüfen. Doch möglicherweise erhalten gebeutelte Unternehmer nun Unterstützung vom Europäischen Gerichtshof (EuGH).

AKTUELL hat der EuGH in einem rumänischen Verfahren wie folgt entschieden: Das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlange, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat. Daraus folge, dass die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigern kann, weil eine Rechnung nicht alle aufgestellten Voraussetzungen erfüllt. Daher verstoße die strikte Anwendung des formellen Erfordernisses, Rechnungen vorzulegen, gegen die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit, da dadurch dem Steuerpflichtigen auf unverhältnismäßige Weise die steuerliche Neutralität seiner Umsätze verwehrt würde.

Der Steuerpflichtige müsse aber durch objektive Nachweise belegen, dass ihm andere Steuerpflichtige auf einer vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Gegenstände oder Dienstleistungen geliefert bzw. erbracht haben, die seinen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen dienten und für die er die Mehrwertsteuer tatsächlich entrichtet hat (EuGH-Urteil vom 21.11.2018, Rs. C-664/16).

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein rumänischer Staatsangehöriger ein Bauprojekt verwirklicht. Er machte geltend, dass er sich weder als mehrwertsteuerpflichtig habe registrieren lassen noch irgendwelche Aufzeichnungen habe führen müssen. Erst später wurde seitens der rumänischen Steuerbehörden die Pflicht zur umsatzsteuerlichen Registrierung festgestellt. Das Recht auf den Vorsteuerabzug wurde verneint, wohl auch, weil nur Kassenzettel vorgelegt werden konnten, die aufgrund der schlechten Qualität der verwendeten Druckerschwärze inzwischen unleserlich geworden waren.

STEUERRAT: Natürlich ist die Entscheidung des EuGH noch kein Freibrief. Und sicherlich wird es noch lange Zeit dauern, bis die Entscheidung zur deutschen Finanzverwaltung "durchdringt." Aber: Sind auch bei Ihnen Rechnungen abhanden gekommen oder unleserlich geworden, sollten Sie das aktuelle Urteil unbedingt anführen. Und: Beantragen Sie, dass als Nachweis auch Unterlagen im Besitz der Lieferer oder Dienstleistungserbringer anerkannt werden. Der EuGH lässt dies ausdrücklich zu. Eine Schätzung per Sachverständigengutachten könne diese Nachweise zwar gegebenenfalls ergänzen oder glaubwürdiger erscheinen lassen, nicht aber ersetzen.

 

3. Freiberufler:
Wenn Sie nach dem Praxisverkauf weiterarbeiten möchten

Wer als Arzt, Anwalt, Ingenieur oder in sonstiger Weise als Freiberufler tätig ist, kann bei Veräußerung seiner Praxis oder Kanzlei bestimmte Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen. Die wesentliche Ermäßigung ist - bei einem Verkauf nach Vollendung des 55. Lebensjahres - sicherlich die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf den Veräußerungsgewinn (§ 34 Abs. 2 EStG). Umgangssprachlich wird oftmals von der Anwendung des "halben Steuersatzes" gesprochen, auch wenn der ermäßigte Steuersatz tatsächlich 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes entspricht. Grob gerechnet unterliegen viele Veräußerungsgewinne einem Steuersatz von rund 25 Prozent anstelle von 42 Prozent. Wer seine Praxis oder Kanzlei erfolgreich veräußern und die Tarifvergünstigung des § 34 EStG "mitnehmen" konnte, sollte diese aber nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, indem er nach dem Verkauf weiter bzw. wieder freiberuflich tätig wird. Zumindest gilt dies, wenn eine bestimmte Umsatzhöhe erreicht wird.

AKTUELL sollte auch beachtet werden, dass selbst eine "ungeplante" Tätigkeit als Freiberufler im bisherigen Wirkungskreis die Tarifvergünstigung rückwirkend entfallen lässt. Diese - teure - Erfahrung musste ein Steuerberater machen, der jüngst vor dem BFH unterlag (BFH 21.8.2018, VIII R 2/15).

  • Dem aktuellen Urteil, das natürlich auf für andere Freiberufler gilt, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger veräußerte seine Steuerberatungskanzlei mit Wirkung zum 1. April 2008 für einen Kaufpreis von 700.000 EUR an eine Steuerberatungsgesellschaft (S-KG). Gegenstand des Kaufvertrags war neben dem mobilen Praxisinventar auch der gesamte Mandantenstamm des Klägers. Er verpflichtete sich, an der Mandatsüberleitung mitzuwirken und darüber hinaus neue Mandate für die S-KG zu akquirieren. Gleichzeitig schloss der Kläger mit der S-KG eine freiberufliche Tätigkeitsvereinbarung. Zum Verhängnis wurde ihm jedoch (erst), dass er seine Tätigkeit für die S-KG zum 28. Februar 2010 - wohl aufgrund eines Streits - aufgegeben und unter Mitnahme des überwiegenden Teils seiner Mandanten wieder eine Beratungstätigkeit im Rahmen einer Einzelpraxis aufgenommen hatte. Nach eigenem Bekunden sei dies ungeplant geschehen. Jedenfalls kam die Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Steuerberatungskanzlei als nicht begünstigter, laufender Gewinn zu erfassen sei. Einspruch, Klage und Revision blieben erfolglos.
  • Der Begründung des BFH: Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis setze voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu müsse der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Die "definitive" Übertragung des Mandantenstamms lasse sich erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen. Sie hänge von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit seien insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate, eine zwischenzeitliche Tätigkeit des Veräußerers als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter des Erwerbers sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen.
  • Und vor allem: Nimmt der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit nach einer gewissen Zeit wieder auf, könne dies im Übrigen auch dann schädlich sein, wenn die Wiederaufnahme zum Zeitpunkt der Übertragung der Praxis nicht geplant war. Maßgebend sei allein, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen ist. Daran könne es allein durch die tatsächliche Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit fehlen, auch wenn diese ursprünglich nicht geplant war. Dass der Kläger im Streitfall allein deshalb wieder im Rahmen einer Einzelpraxis tätig geworden ist, weil es zu einem Zerwürfnis mit der S-KG kam, spiele keine Rolle. Maßgebend sei allein, dass die Zeitspanne von 22 Monaten im konkreten Streitfall nicht ausreichte, um zu einer definitiven Übertragung des Mandantenstamms zu führen.

Wann gelten Ausnahmen von dem "Tätigkeitsverbot"?

Wird der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig, sei dies nach Ansicht des BFH grundsätzlich unschädlich, da der Erwerber trotzdem zivilrechtlich und wirtschaftlich in der Lage ist, die Beziehungen zu den früheren Mandanten des Veräußerers zu verwerten. Zwischen dem Veräußerer und seinen früheren Mandanten bestünden keine Rechtsbeziehungen mehr.

Darüber hinaus sei es auch unschädlich, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige freiberufliche Tätigkeit nur in einem geringen Umfang fortführt (vgl. BFH 20.1.2009, VIII B 58/08). Im Streitfall spielte aber die vom BFH entwickelte Geringfügigkeitsgrenze keine Rolle. Nach den eigenen Angaben des Klägers erreichte er mit denjenigen Mandanten, die nach der Wiedereröffnung der Einzelpraxis zu ihm zurückkehrten, mehr als 50 Prozent seines ehemaligen Umsatzes.

STEUERRAT: Wer nach einem Kanzlei- oder Praxisverkauf weiter oder wieder tätig wird, sollte dies an anderer Stelle oder zumindest nur in einem sehr geringen Umfang tun. Auch wäre es zumindest theoretisch möglich, auf einem anderen Gebiet tätig zu sein, also zum Beispiel anstelle einer rein steuerberatenden Tätigkeit eine ausschließliche Mediatorentätigkeit auszuüben. Zugegebenermaßen wird die Praxis aber in der Regel eine andere sein. Denn wenn Mandanten, Patienten oder Kunden erst einmal erfahren, dass der langjährige Vertraute wieder tätig ist, werden sie sich ihm zuwenden - und er kann oder will sich dagegen zumeist gar nicht wehren. Die betroffenen Freiberufler riskieren in diesen Fällen aber zumeist Ärger mit dem Kanzlei- oder Praxiserwerber (bis hin zu hohen Schadenersatzforderungen) und zudem mit dem Finanzamt. Im Extremfall können Schadenersatz und Entfall der Tarifermäßigung zu einem Aufzehren der Altersversorgung führen.

 

4. Geschäftsveräußerung:
Wann keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden darf

Unternehmer, die umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielen, müssten eigentlich auch bei der Veräußerung ihres Betriebs Umsatzsteuer abführen. Das Umsatzsteuergesetz macht hier allerdings eine gewichtige Ausnahme, die grundsätzlich der Vereinfachung dient: Eine so genannte Geschäftsveräußerung im Ganzen unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a UStG). Der Betriebsveräußerer darf dann keine Umsatzsteuer ausweisen; der Erwerber kann dementsprechend keinen Vorsteuerabzug geltend machen.

In der Praxis gibt es allerdings viele Grenzfälle, in denen nicht gesichert ist, ob tatsächlich eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt. Hier einige Beispiele aus diesem Grenzbereich:

  • Es wird nur eine einzige vermietete Immobile verkauft.
  • Es wird ein Teilbetrieb, zum Beispiel eine Filiale, verkauft.
  • Es wird zwar das Inventar einer Gaststätte oder eines Einzelhandels verkauft, der Erwerber muss aber mit dem Vermieter des Ladenlokals gesondert über einen Eintritt in den Pachtvertrag verhandeln.

Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. Allen Fällen ist gemein, dass es zum Teil nur auf Kleinigkeiten ankommt, die über das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen entscheiden. Beim Verkauf der Immobilie kommt es beispielsweise entscheidend darauf an, ob der Erwerber die Mietverträge übernimmt oder ob sich eine Nutzungsänderung ergibt (BFH-Urteil vom 5.6.2014, V R 10/13). Beim Verkauf des Teilbetriebs ist maßgeblich, inwieweit dessen Eigenständigkeit im Gesamtunternehmen ausgestaltet war. Und beim Inventarverkauf ist der Übergang aller wesentlichen Wirtschaftsgüter entscheidend (BFH-Urteile vom 29.8.2018, XI R 37/17 u. vom 4.2.1015, XI R 42/13).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen auch dann vorliegen kann, wenn der Erwerber des Inventars einer Gaststätte nicht in den zuvor bestehenden Mietvertrag über die Geschäftsräume eintritt, sondern ein neues Mietverhältnis mit dem Eigentümer des Geschäftslokals zur Fortführung des Gastronomiebetriebs begründet (BFH-Urteil vom 29.8.2018, XI R 37/17).

  • Der Fall: Der Kläger übernahm im Frühjahr 2015 einen Gastronomiebetrieb vom vorherigen Betreiber und erwarb das Inventar. Den Mietvertrag über das Ladenlokal schloss er gesondert mit dem Gebäudeeigentümer ab. Der Neu-Gastronom war der Auffassung, er könne die Vorsteuer aus der Übernahme des Inventars abziehen. Das Finanzamt hingegen ließ die Vorsteuer aus dem Kaufvertrag nicht zum Abzug zu, da eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege. Die Klage blieb letztlich erfolglos, denn es lag auch nach Ansicht des BFH tatsächlich eine komplette Geschäftsveräußerung vor.
  • Begründung: Trete der Erwerber zivilrechtlich nicht unmittelbar in den Mietvertrag des Veräußerers über das Ladenlokal ein, sondern schließt diesen gesondert ab, sei dies nicht entscheidend. Wichtig sei nur, dass die vom Alt-Gastronomen übertragenen Gegenstände die Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglichen. Es stehe einer Geschäftsveräußerung im Ganzen auch nicht entgegen, wenn der Übernehmer einzelne Gegenstände von Dritten hinzuerwirbt und es sich hierbei nur um unwesentliche Wirtschaftsgüter handelt, die zur Fortführung des Betriebes nicht zwingend erforderlich sind.

STEUERRAT: Wie oben erwähnt, können Nuancen zu einem anderen Ergebnis führen. In seinem Urteil vom 4.2.2015 (XI R 42/13) hatte der BFH entschieden, dass jedenfalls dann kein hinreichendes Ganzes übertragen wird, wenn der bisherige Pächter einer Gaststätte lediglich die ihm gehörenden Teile des Inventars (im Streitfall Kücheneinrichtung nebst Geschirr und sonstigen Küchenartikeln) an den Erwerber veräußert und dieser zur Fortführung der Gaststätte noch einen Pachtvertrag mit dem Grundstückseigentümer abschließt. Der Unterschied zum aktuellen Fall lag darin, dass seinerzeit nur einzelne Gegenstände veräußert worden sind, die zum Betrieb einer Gaststätte notwendig sind. Es mangelte also an der Übertragung aller wesentlichen Gegenstände.

In ähnlichen Fällen sollte daher unbedingt geprüft werden, ob das erworbene Inventar ausreicht, um den Betrieb fortzuführen. Im Übrigen sollte erwogen werden, vor der Übertragung eine verbindliche Auskunft des Finanzamts einzuholen und im Kaufvertrag eine entsprechende Nachzahlungs- oder Erstattungsklausel für den Fall aufzunehmen, dass das Finanzamt die Ansicht der Vertragsparteien über die umsatzsteuerliche Würdigung nicht teilt. Allerdings hilft eine solche Klausel nicht weiter, wenn derjenige, der später nachzahlen soll, pleite ist. Letztlich wird es besonders kompliziert, wenn auch Grundstücke im Unternehmensvermögen enthallten sind. Hier muss extrem darauf geachtet werden, dass mit der Übertragung nicht plötzlich Vorsteuerkorrekturen einhergehen. Diese können die Existenz bedrohen. Und vor allem: Einmal gemachte steuerliche Fehler können im Nachhinein nicht korrigiert werden. Betroffene sollten zuvor unbedingt das BFH-Urteil vom 21.10.2015 (XI R 40/13) beachten.

 

5. Umsatzsteuer:
Erleichterung für Unternehmer bei Ratenzahlung und Leasing?

Unternehmer, die der Sollversteuerung unterliegen, müssen ihre Umsätze bereits im Zeitpunkt der Ausführung der Leistungen versteuern. Das heißt: Auch wenn Sie von Ihren Kunden noch kein Geld erhalten haben, müssen Sie dennoch die volle Umsatzsteuer für einen Verkauf oder eine erbrachte Dienstleistung ans Finanzamt abführen. Dadurch ergibt sich eine laufende Vorfinanzierung zugunsten des Fiskus.

Während diese bei einigen Wochen noch hingenommen werden kann, ist sie bei einer Vorfinanzierung von einem oder sogar mehreren Jahren nicht mehr tragbar. Daher hat der Bundesfinanzhof bereits im Jahre 2013 entschieden, dass ein Bauunternehmer zumindest in bestimmten Fällen keine Umsatzsteuer auf den Sicherheitseinbehalt seiner Kunden abführen muss. Behalten die Hauseigentümer also - vorerst - 5 Prozent der Baukosten ein, so muss der Bauunternehmer die Umsatzsteuer zunächst nicht von 100 Prozent berechnen, sondern nur von 95 Prozent der Netto-Baukosten (BFH-Urteil vom 24.10.2013, V R 31/12)

AKTUELL kam es aufgrund dieses Urteils in der Fachwelt zu Diskussionen, inwieweit es auf andere Fälle wie etwa Raten- und Mietverkäufe oder Leasingfälle anwendbar ist, denn auch hier kommt es mitunter zu jahrelangen Vorfinanzierungen der Umsatzsteuer durch die leistenden Unternehmer. Der BFH hat daraufhin in einem zweiten Verfahren den Europäischen Gerichtshof um eine Stellungnahme gebeten. Diese liegt nun vor und ist durchaus als positiv zu bezeichnen (EuGH-Urteil vom 29.11.2018, C‑548/17).)

  • Der Fall: Die Klägerin war im bezahlten Fußball als Spielervermittlerin tätig. Sie unterlag der Sollbesteuerung. Bei der Vermittlung von Profifußballspielern erhielt sie Provisionszahlungen von den aufnehmenden Fußballvereinen. Diese Zahlungen waren in Raten verteilt auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages zu leisten, wobei die Fälligkeit und das Bestehen der einzelnen Ratenansprüche unter der Bedingung des Fortbestehens des Arbeitsvertrages zwischen Verein und Spieler standen. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin ihre in 2012 erbrachten Vermittlungsleistungen bereits in 2012 voll zu versteuern habe, obwohl sie das Entgelt zum Teil erst im Jahr 2015 beanspruchen konnte.
  • Der EuGH hat dem Spielervermittler recht gegeben. Es sei davon auszugehen, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch nicht zum Zeitpunkt der Vermittlung, sondern mit Ablauf des Zeitraums eintreten, auf den sich die vom Verein geleisteten Zahlungen beziehen.

STEUERRAT: Die Fachwelt hatte sich vom EuGH erhofft, weitere Ausführungen zur Sollbesteuerung, insbesondere zu Raten- und Leasinggeschäften, zu erhalten. Leider lässt seine Entscheidung wohl einen gewissen Interpretationsspielraum übrig. Als gesichert dürfte gelten, dass diejenigen Leistungen von der neuen Rechtsprechung betroffen sind, bei denen "echte" aufeinanderfolgende Abrechnungszeiträume vorliegen (können), etwa beim Leasing oder beim Mietkauf. Hier wäre die Umsatzsteuer - je nach Vertragsgestaltung - tatsächlich erst im Zeitpunkt der Zahlung abzuführen. Bei "klassischen" Ratenzahlungen hingegen dürfte es wohl bei der Vorfinanzierung bleiben. Betroffene sollten sich jedenfalls auf die aktuelle Entscheidung des EuGH berufen, wenn es zu Streitigkeiten kommt oder eine langfristige Vorfinanzierung von Umsatzsteuern nicht mehr hingenommen werden soll. Wichtig: Das Urteil hat eine Kehrseite: Zwar ist es für die ausführenden Unternehmer von Vorteil, allerdings könnte es - bei konsequenter Anwendung - für die Leistungsempfänger zu einem wesentlich späteren Vorsteuerabzug führen.

 

6. Betriebsvermögen:
Eindeutiger Widmungsakt bei Einlagen erforderlich

Zuweilen gibt es mit dem Finanzamt Streit darüber, ob zum Beispiel ein Kfz oder Wertpapiere zum Betriebsvermögen gehören können. Gerade mit den Wertpapieren ist es so eine Sache. Werfen sie Gewinne ab, möchte man sie lieber im Privatvermögen halten. Kommt es zu Verlusten, würde man diese gerne im Betriebsvermögen realisieren, um die Verluste sofort mit dem betrieblichen Gewinn verrechnen zu können.

Ob die Wertpapiere tatsächlich so genanntes gewillkürtes Betriebsvermögen sein können, ist Bestandteil unzähliger Gerichtsentscheidungen gewesen (Beispiel: BFH-Urteil vom 17.5.2011, VIII R 1/08, zur Einlage von Wertpapieren in das Betriebsvermögen eines Arztes). Vereinfacht gesagt können Wertpapiere dann Betriebsvermögen sein, wenn sie dem Unternehmen dienen oder Bestandteil eines betrieblichen Finanzierungskonzepts sind. Dienen sie hingegen reinen Geldgeschäften, ist eine Einlage nicht möglich. ABER: Bevor man sich mit dem Finanzamt überhaupt darüber streitet, ob etwa Aktien zum Betriebsvermögen gehören können oder nicht, muss eindeutig nachgewiesen werden, dass sie auch tatsächlich in dieses eingelegt worden sind.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass es eines klaren und eindeutigen Widmungsaktes bezüglich der Einlage bedarf (FG Köln, Urteil vom 26.4.2018, 1 K 1896/17, Rev. IV R 17/18). Die Begründung: Der Bundesfinanzhof (BFH) fordere wegen der Besonderheiten bei Wertpapieren, dass für die Bestimmung des Steuerpflichtigen, das Wirtschaftsgut zur Erzielung betrieblicher Einkünfte zu verwenden, ein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter Widmungsakt erforderlich ist. Die weitere Rechtsprechung des BFH habe diese Anforderungen an den Widmungsakt, insbesondere auch das Merkmal der Unumkehrbarkeit, allgemein für das gewillkürte Betriebsvermögen bekräftigt. Dies gelte insbesondere für die EDV-gestützte Buchführung, da dort - im Gegensatz z.B. zu einem Journal im Rahmen der manuellen Buchführung - Buchungen zunächst grundsätzlich ohne deren Dokumentation veränderbar sind.

STEUERRAT: Auch wenn es in dem Urteil nicht konkret um die aktuellen Grundsätze der digitalen Buchführung (GoBD) ging, so lässt es doch auch in dieser Hinsicht aufhorchen. Am Ende des Tages werden Unternehmer nicht umhinkommen, die Einlage ins Betriebsvermögen durch einen entsprechenden Buchungssatz (Festschreibung des Stapels!) zeitgerecht nachzuweisen. Es dürfte sich daher auch bei Quartals- und Jahreszahlern die monatliche Festschreibung von Buchungsstapeln empfehlen. Unabhängig davon kann natürlich der gute alte Brief an das Finanzamt nicht schaden, mit dem diesem die Einlage mitgeteilt wird.

 

7. GmbH:
Passen Sie jetzt Ihre Gesellschaftsverträge an

Der Beginn des Jahres ist der Zeitpunkt, zu dem jeder GmbH-Gesellschafter bzw. GmbH-Geschäftsführer die Satzung der Gesellschaft und seinen Anstellungsvertrag daraufhin überprüfen sollte, ob Anpassungen erforderlich sind. Denn Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern und "ihrer" GmbH müssen stets im Vorhinein getroffen werden. Rückwirkende Vereinbarungen werden von der Finanzverwaltung oft verworfen und führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen. Noch schlimmer sind rückdatierte Vereinbarungen. Diese sind ohnehin unzulässig und können von der Finanzverwaltung mittlerweile auch leicht entlarvt werden. Denn im Zeitalter des digitalen Belegwesens und der "revisionssicheren" Abspeicherung können die Finanzbeamten feststellen, wann Verträge tatsächlich abgeschlossen oder geändert worden sind. Also: Finger weg von Rückdatierungen.

Überprüft werden sollten nun insbesondere die Höhe des Gehalts, der Tantieme und anderer variabler Gehaltsbestandteile sowie des Urlaubs - und Weihnachtsgeldanspruchs. Sofern ein Pensionsanspruch besteht, sollte auch dieser auf seine Angemessenheit hin überprüft werden. Zudem wäre nachzuschauen, ob die Klausel zur Nutzung eines Dienstwagens für den Gesellschafter-Geschäftsführer noch passt. Beispielsweise finden sich in GmbH-Satzungen häufig Formulierungen, nach denen einem Geschäftsführer ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse zusteht, aufgrund des Firmenerfolgs aber ein Fahrzeug einer höheren Kategorie genutzt wird. Bereits im SteuerSparbrief September 2018 haben wir im Übrigen darauf hingewiesen, dass Abfindungsklauseln in GmbH-Satzungen auf den Prüfstand gehören.

Warnen möchten wir vor umsatzabhängigen Tantiemen. Verständlicherweise besteht immer wieder der Wunsch, auch dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Vergütung zu zahlen, die sich nach dem Umsatz richtet. Doch Vorsicht: Diese wird nur in ganz wenigen Ausnahmefällen anerkannt. Also vereinbaren Sie lieber eine Tantieme, die sich am Gewinn orientiert. Der erfolgsabhängige Bestandteil sollte nicht höher sein als ¼ der Gesamtvergütung, das heißt das Verhältnis von Festgehalt zu variablem Gehalt sollte bei 75 zu (max.) 25 liegen.

Natürlich muss die "Gesamtausstattung" eines Gesellschafter-Geschäftsführers noch angemessen sein. Orientieren Sie sich daher an branchenüblichen bzw. betriebsinternen Werten oder an Zahlen aus Vergleichsstudien. Zudem darf sie nicht zu einer so genannten Gewinnabsaugung führen, das heißt, der Gesellschaft muss nach Abzug des Geschäftsführergehalts noch ein angemessener Gewinn verbleiben. Die Finanzverwaltung fordert hier zuweilen einen verbleibenden Gewinn der GmbH von 50 Prozent nach Abzug des bzw. der Geschäftsführergehälter. Bei stark personenbezogenen GmbHs und insbesondere bei Freiberufler-GmbHs darf der verbleibende Gewinn aber auch unter 50 Prozent liegen.

Zu guter Letzt sei auf die Verrechnungskonten hingewiesen. Diese sind ein beliebtes Mittel, um Zahlungen zwischen GmbH und Gesellschafter abzuwickeln und um nicht bei jeder Kleinigkeit einen Darlehensvertrag abschließen zu müssen. Leider zeigt die Praxis, dass der Umgang mit den Verrechnungskonten recht fahrlässig erfolgt. Beispielsweise werden diese nicht oder nicht angemessen verzinst oder die Rückzahlung wird mehr oder weniger ins Belieben gestellt. Der Jahresanfang ist ein guter Zeitpunkt, um die Verrechnungskonten unter die Lupe zu nehmen.

 

8. GmbH:
Refinanzierungskosten nur bei frühzeitigem Antrag abziehbar

Der Erwerb von GmbH-Beteiligungen erfolgt in der Regel nicht als bloße Kapitalanlage, sondern aus einem unternehmerischen Interesse heraus. Häufig werden die Anschaffungen in hohem Maße mittels Darlehen fremdfinanziert. Die Gewinnausschüttungen unterliegen auch bei Beteiligungen im Privatvermögen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Aber: Die Kreditzinsen dürfen nicht als Werbungskosten abgesetzt werden.

Doch für solche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (insbesondere GmbH, auch AG und andere Kapitalgesellschaften) im Privatvermögen gibt es erfreulicherweise eine Veranlagungsoption, um auf diese Weise Schuldzinsen steuerlich absetzen zu können (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Diese Option haben Sie, wenn Sie

  • zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind oder
  • zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig sind. Die berufliche Tätigkeit muss einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft vermitteln.

Das ist die Veranlagungsoption:

  • Sie können beantragen, dass die Gewinnausschüttungen - wie bei einer Beteiligung im Betriebsvermögen - in die Steuerveranlagung einbezogen und mit dem individuellen Steuersatz als "Einkünfte aus Kapitalvermögen" besteuert werden.
  • In diesem Fall gilt das Teileinkünfteverfahren, das ansonsten nur für die betrieblichen Einkunftsarten angewandt wird, ausnahmsweise einmal für die Einkünfte aus Kapitalvermögen.
  • Nach dem Teileinkünfteverfahren werden die Gewinnausschüttungen (und auch die Kosten) lediglich mit 60 % erfasst.
  • Korrespondierend dazu können die Kreditzinsen und andere Aufwendungen zu 60 % als Werbungskosten abgezogen werden.
  • Der Antrag gilt grundsätzlich für fünf Jahre und kann danach erneut gestellt werden.

Wichtig: Um Refinanzierungskosten im Zusammenhang mit einem GmbH-Anteil abziehen zu können, muss der Gesellschafter den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG spätestens mit Abgabe der Einkommensteuererklärung stellen (vgl. BFH 24.10.2017, VIII R 19/16). Diese Frist ist ein Fremdkörper im Steuerrecht, denn üblicherweise können Anträge bis zur Bestandskraft des Steuerbescheides gestellt werden, meistens also selbst noch in einem eventuellen Prozess vor dem Finanzgericht. Daher ist sie mitunter selbst dem einen oder anderen Steuerberater nicht geläufig.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist die Befristung des Antrags verfassungsgemäß, wobei die Frage noch unter dem Az. 2 BvR 2167/15 beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist (BFH 28.7.2015, VIII R 50/14). Die Begründung des BFH: Die Veranlagung und damit der Arbeitsablauf der Finanzbehörde würde zwangsläufig verzögert, wenn durch eine Antragstellung nach Abgabe der Einkommensteuererklärung ein Änderungsbedarf für die Folgejahre ausgelöst werden könnte.

Das Dilemma bei nachträglichen Änderungen

Besonders misslich sind natürlich die Fälle, in denen erst sehr viel später, meist im Zuge einer Betriebsprüfung, erkannt wird, dass die Stellung des Antrags nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 sinnvoll gewesen wäre. Zwar wird der BFH in der Sache VIII R 20/16 noch Stellung nehmen müssen, ob in diesem Ausnahmefall ein nachträglicher Antrag zulässig ist. Er hat aber in einer Pressemitteilung vom 31.10.2018 zu der eingangs erwähnten Entscheidung VIII R 19/16 bereits einen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben. Er stellt nämlich stets und ausnahmslos auf die Abgabe der Einkommensteuererklärung ab. Von daher sind auch einige Fundstellen in Fachkommentaren mit Vorsicht zu genießen, denen sich etwas anders entnehmen lässt.

STEUERRAT: GmbH-Gesellschafter und ihre Berater müssen im Zusammenhang mit Beteiligungen immer die "Glaskugel bemühen." Sprich: Eventuelle Steuerrisiken müssen vorausschauend abgeschätzt werden, um sehr frühzeitig entscheiden zu können, ob der Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG sinnvoll ist. Daher: Prüfen Sie sehr sorgfältig, gegebenenfalls gemeinsam mit Ihrem Berater, ob es Risiken in Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen gibt. Werden diese erst von der Betriebsprüfung festgestellt und haben Sie zuvor keinen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt, müssen Sie für diese Steuern entrichten, obwohl sie möglicherweise hohe Schuldzinsen gezahlt haben.

 

VIII. Schenkung und Erbschaft

1. Erbschaft und Schenkung:
Bei Immobilien den richtigen Gutachter finden

Wer eine Immobilie erbt oder geschenkt bekommt, muss für den Vermögenszuwachs grundsätzlich Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen. Das gilt jedenfalls, wenn die persönlichen Freibeträge überschritten sind und auch keine sachliche Steuerbefreiung - etwa für ein Familienheim - in Betracht kommt. Insbesondere bei der Übertragung von älteren Mietshäusern werden für die Bemessung der Steuer oft vollkommen überhöhte Werte zugrunde gelegt, da diese nach dem so genannten Ertragswertverfahren bewertet werden. Für die Höhe des steuerlichen Werts spielt die - tatsächliche oder übliche - Miete die entscheidende Rolle. Ein erheblicher Renovierungsstau wird dabei nicht berücksichtigt. Es bleibt letztlich nur die Beauftragung eines Sachverständigen, der gegenüber dem Finanzamt per Gutachten einen niedrigeren tatsächlichen Wert der Immobilie nachweist.

Ein Sachverständigengutachten muss eine "methodische Qualität" aufweisen und zudem die Begutachtungsgrundlagen zutreffend erheben und dokumentieren (BFH-Urteil vom 24.10.2017, II R 40/15, vgl. SteuerSparbrief Juni 2018). Oftmals werden die Gutachten daher durch die Finanzverwaltung verworfen. Diese wiederum greift nämlich auf ihre Bausachverständigen zurück, die sich mit Wertermittlungen und Gutachten auskennen. Gefälligkeitsgutachten oder Gutachten von "selbst ernannten" Sachverständigen werden daher schnell enttarnt. Übrigens: Ein Gegengutachten durch das Finanzamt wird nicht erstellt; das in Auftrag gegebene - und bezahlte - Gutachten kann somit im Prinzip wertlos sein.

STEUERRAT: Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hat erfreulicherweise in einem Merkblatt ausgeführt, welche Anforderungen ein Gutachten erfüllen sollte. Zwar ist in dem Merkblatt das aktuelle BFH-Urteil noch nicht eingearbeitet worden, dennoch kann es sich empfehlen, vor der Beauftragung eines Gutachters zu fragen, ob er die in dem Merkblatt genannten Punkte hinreichend würdigen wird. Hier geht es zum Merkblatt der OFD Karlsruhe: Merkblatt

 

IX. Steuergrundlagen

1. Stipendien:
Wann sind sie zu versteuern?

Wer ein Stipendium erhält, kann sich glücklich schätzen, da mit den Mitteln zum Beispiel das Studium erleichtert, die Existenzgründung gefördert oder eine wissenschaftliche Tätigkeit unterstützt wird. Stipendien können nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sein, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So sind Stipendien steuerfrei, die aus öffentlichen Mitteln zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.

AKTUELL hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt/M. mehrere Programme daraufhin untersucht, ob die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 44 EStG gegeben ist (Rundverfügung vom 6.9.2018, S 2121 A - 013 - St 213). Es geht um folgende Stipendien:

  • Heisenbergprogramm
  • Stipendien der Max-Planck-Förderstiftung
  • Förderprogramm "Junges Kolleg" der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften
  • EXIST Gründerstipendien
  • Arbeits- und Aufenthaltsstipendien der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
  • Thüringen-Stipendium für Assistenzärzte
  • Studienbeihilfen für Medizinstudenten
  • Stipendien der Carl-Zeiss-Stiftung

STEUERRAT: Betroffene sollten die Verfügung zur Hand nehmen und schauen, ob sie ihre Einnahmen versteuern müssen. Sie finden die Verfügung unter: Stipendien

 

X. Ausland

1. Vorsorge:
Neue Aufteilung von Beiträgen an ausländische Sozialversicherungen

Ebenso wie Beiträge zur deutschen gesetzlichen Sozialversicherung können auch Beiträge zu ausländischen Sozialversicherungen in der Steuererklärung als Sonderausgaben abgesetzt werden. Doch hierbei sind einige Besonderheiten zu beachten.

Anders als bei der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung gibt es einige ausländische Sozialversicherungen, bei denen nicht nach den verschiedenen Sozialversicherungszweigen unterschieden wird. Vielmehr wird ein einheitlicher Sozialversicherungsbeitrag (Globalbeitrag) erhoben, mit dem Leistungen u.a. bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mutterschutz, Invalidität, Alter und Tod finanziert werden. Es wird also nicht danach differenziert, welcher Anteil des Gesamtbeitrages für die Finanzierung der jeweiligen Sozialversicherungsleistungen eingesetzt wird. Deshalb muss der Globalbeitrag für die ausländische gesetzliche Sozialversicherung in der deutschen Einkommensteuererklärung auf die einzelnen Versicherungszweige aufgeteilt werden.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium die Aufteilungsschlüssel für die Globalbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung in bestimmten Ländern im Jahre 2018 neu bestimmt. Die Aufteilung betrifft folgende Länder: Belgien, Irland, Lettland, Malta, Norwegen, Portugal, Spanien, Großbritannien und Zypern (BMF-Schreiben vom 17.9.2018, BStBl 2018 I S. 1024).

Falls Sie in diesen Ländern Sozialabgaben zahlen, sollten Sie unseren ausführlichen Beitrag zu diesem Thema lesen: Vorsorge: Beiträge an ausländische Sozialversicherungsträger

 

XI. Soziales

1. Pflege:
Haus des Ehemannes muss für Pflegekosten der Ehefrau herhalten

Für die Betreuung der Bewohnerin eines stationären Pflegeheims besteht kein Anspruch auf Pflegewohngeld, wenn deren Ehemann Alleineigentümer eines Hauses ist, aus dessen Verwertung die Kosten gedeckt werden könnten. Dies gilt auch, wenn die Heimbewohnerin über das Haus nicht verfügungsberechtigt ist und ihr Ehemann sich weigert, den Wert des Hauses zur Deckung ihrer Pflegekosten einzusetzen. Dieses negative Urteil hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfallen gefällt und die Klage der inzwischen verstorbenen Heimbewohnerin abgewiesen (OVG-Urteil vom 9.11.2018, 12 A 3076/15).

Zur Begründung führt das OVG aus, Pflegewohngeld werde nur gewährt, wenn das Einkommen und das Vermögen des Heimbewohners und seines nicht getrennt lebenden Ehepartners zur Finanzierung der Investitionskosten ganz oder teilweise nicht ausreiche.

Die Heimbewohnerin habe zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht von ihrem Ehemann getrennt gelebt, so dass dessen Vermögen zu berücksichtigen sei. Das Haus des Ehemannes stelle verwertbares Vermögen dar, das der Bewilligung von Pflegewohngeld entgegenstehe. Daran ändere auch nichts, dass das Haus im Alleineigentum ihres Ehemannes gestanden habe und die Heimbewohnerin darüber nicht habe verfügen können. Das Haus sei auch nicht deshalb unverwertbares Vermögen, weil der Ehegatte sich geweigert habe, es zur Deckung der Kosten der Pflege seiner Ehefrau einzusetzen. Der Gesetzgeber dürfte von der Annahme ausgegangen sein, dass nicht getrennt lebende Ehegatten für einander einstünden. Dafür, dass der Gesetzgeber bei einem Versagen dieser Einstandsgemeinschaft von einer Berücksichtigung auch des Vermögens des Ehegatten absehen wollte, bestünden keine Anhaltspunkte. Die Berücksichtigung des Hauses als verwertbares Vermögen stelle auch trotz der Weigerung des Ehemannes keine unzumutbare Härte dar.

2. Arbeitslosenversicherung:
Verbesserung beim Arbeitslosengeld I

Die Berechnung des Arbeitslosengeldes erfolgt auf der Basis eines pauschalierten Nettoarbeitsentgelts (Leistungsentgelt). Das Leistungsentgelt errechnet sich, indem das Bruttoarbeitsentgelt, das die/der Arbeitslose zuletzt verdient hat, rein rechnerisch um die Entgeltabzüge vermindert wird, die bei Arbeitnehmern ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse gewöhnlich anfallen. Zu diesen Abzügen gehören die Lohnsteuer, der Solidaritätszuschlag sowie die Beiträge zur Sozialversicherung. Der Abzug für Sozialversicherungsbeiträge wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in Form einer Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts berücksichtigt (§ 153Abs. 1 Nr. 1 SGB III).

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung" die Sozialversicherungspauschale für die Berechnung des Arbeitslosengeldes von 21 auf 20 Prozent herabgesetzt. Dies führt dazu, dass Arbeitslose ein höheres Arbeitslosengeld I erhalten (§ 153 SGB III).

Begründet wird die Absenkung damit, dass auch für Arbeitnehmer die Beitragsbelastung ab 2019 sinkt. Es würde der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung sinken (von 3 auf 2,5 %) und bei einem Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung sei nur noch der halbe Beitragsanteil zu zahlen. Übersehen wird dabei jedoch, dass der Beitragssatz in der Pflegeversicherung steigt (von 2,5 auf 3,05 %).

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© Steuerrat24, Erich-Grisar-Weg 13, 45699 Herten - www.steuerrat24.de - Stand 28.12.2018.
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