SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Arbeitszimmer: Neuregelung für Verluste bei Vermietung an Arbeitgeber
  • Fortbildung: Eigene Kosten für Bildungsurlaub absetzbar?
  • Scheidung: Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich mit Ausgleichszahlungen 
  • Kindergeld: Wann sind weiterführende Ausbildungen begünstigt?
  • Nebentätigkeit: Verluste aus ehrenamtlicher Nebentätigkeit sind absetzbar

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Juni 2019

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Steuerjahr 2019 mit seinen zahlreichen Änderungen ist gerade einmal wenige Monate alt, da beglückt uns der Gesetzgeber mit seinen Plänen für weitere - äußerst einschneidende - Gesetzesänderungen. Am 8. Mai hat das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf vorgelegt mit dem schönen Namen "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften". Doch anders als dieser Name vermuten lässt, geht es eben nicht in erster Linie um die Förderung von Elektroautos, sondern vielmehr sind auch belastende Maßnahmen zu finden.

Zuweilen ist es zwar vergebene Mühe, sich mit reinen Referentenentwürfen zu befassen, da diese im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in aller Regel - aus sachlichen oder politischen Gründen - Änderungen erfahren. Wer aber zum Beispiel im Bereich des Lohnsteuerrechts gestalten möchte oder bereits Gestaltungen durchgeführt hat, muss Monate oder gar Jahre vorausschauen, damit ihm diese nicht später auf die Füße fallen.

Eine geplante Änderung mit großer Breitenwirkung findet sich in § 8 des Einkommensteuergesetzes. Diese wird für viele Gestaltungen zur Ausnutzung der 44 Euro-Grenze bei Sachbezügen das Ende bedeuten. Im Klartext: Prepaidkarten, Gutscheinkarten, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, bleiben künftig nicht mehr lohnsteuerfrei. Und vor allem: Auch Zukunftssicherungsleistungen, also insbesondere Beiträge des Arbeitgebers für eine Krankenzusatzversicherung, sollen künftig keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sein und damit nicht mehr unter die 44 Euro-Grenze fallen. Die Lohnsteuerfreiheit wird entfallen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich hierauf einstellen.

Doch es gibt auch positive Aspekte. Beispielsweise ist eine Erhöhung der Verpflegungspauschalen für Auswärtstätigkeiten geplant, und zwar von 12 auf 14 Euro bei einer mehr als achtstündigen Dienstreise und von 24 auf 28 Euro bei einer Abwesenheitsdauer von 24 Stunden, also bei mehrtägigen Dienstreisen. Für Berufskraftfahrer soll eine typisierende gesetzliche Pauschale in Höhe von 8 Euro pro Kalendertag eingeführt werden.

Angesichts der jüngsten - wenig erfreulichen - Steuerschätzung bin ich zwar skeptisch, ob die Erhöhung der Verpflegungspauschalen tatsächlich verabschiedet werden wird, zumal diese den Staat rund 335 Mio. Euro jährlich kosten wird. Aber halten wir es doch mit Kaiser Franz und "schaun mer mal."

Fast schon revolutionär zu nennen ist eine geplante Änderung, die so genannte alternative Wohnformen betrifft, besser bekannt unter dem Titel "Wohnen für Hilfe." Überlassen zum Beispiel Senioren oder junge Familien eine Einliegerwohnung an Studierende, die sich im Gegenzug verpflichten, im Haushalt mitzuhelfen, so sollen die Unterkunft und die übliche Verpflegung des Studenten sowie die Vorteile des Vermieters aus den Hilfeleistungen steuerfrei gestellt werden. Das Vorhaben ist aus sozialen Gründen äußerst lobenswert, wird aber zu vielen Auslegungsfragen führen, die die Gerichte beschäftigen werden.

Um auf die Elektroautos zurückzukommen: Die Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der Dienstwagenbesteuerung, die zunächst befristet auf den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 eingeführt wurde, soll bis zum 31. Dezember 2030 stufenweise verlängert werden. Und Elektrolieferfahrzeuge werden wohl künftig durch eine Sonderabschreibung in Höhe von 50 Prozent gefördert werden.

Steuerrat24 wird selbstverständlich alle wichtigen Änderungen im Auge behalten und Sie in gewohnter Art und Weise frühzeitig informieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

I. Beruflicher Bereich

1. Arbeitszimmer:
Neuregelung für Verluste bei Vermietung an den Arbeitgeber

Immer öfter verlagern Arbeitgeber die Arbeitsplätze und die Arbeitsleistungen teilweise in den häuslichen Bereich ihrer Mitarbeiter. Bei dieser sog. Telearbeit üben die Mitarbeiter ihre Tätigkeit entweder ausschließlich zu Hause oder alternierend teilweise zu Hause und teilweise im Betrieb aus. Im Allgemeinen übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für die Büroausstattung. Die Frage ist, ob und in welcher Höhe der "Heimarbeiter" die Kosten für sein Home-Office steuerlich absetzen kann.

  • Die Aufwendungen können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzbar sein, und zwar begrenzt bis zu 1.250 EUR, wenn für die Heimarbeitstage kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, und in unbegrenzter Höhe, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
  • Die Aufwendungen können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung absetzbar sein. Und zwar dann, wenn der Arbeitgeber mit dem Mitarbeiter einen Heimbüro-Mietvertrag abschließt und ihm für die Nutzung des Arbeitszimmers Miete zahlt. In diesem Fall handelt es sich um ein externes "Büro des Arbeitgebers" (BFH-Urteil vom 20.3.2003, BStBl. 2003 II S. 519). Die Mietzahlungen des Arbeitgebers stellen dann beim Mitarbeiter steuerpflichtige Vermietungseinkünfte dar. Die entsprechenden Aufwendungen für das Arbeitszimmer können ohne die übliche Begrenzung auf 1.250 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abgezogen werden.

Was aber gilt, wenn bei der Vermietung die Arbeitszimmerkosten höher sind als die Mieteinnahmen? Werden dann die Verluste steuerlich anerkannt?

  • Finanzverwaltung und Rechtsprechung haben bisher bei einer auf Dauer angelegten Vermietung stets eine Überschusserzielungsabsicht unterstellt und die Verluste ohne weiteres anerkannt. "Das gilt auch für die Vermietung eines im Haus oder der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenen Büros an den Arbeitgeber. Selbst wenn wegen der Koppelung des Mietvertrags an die Amts- oder Berufszeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf die Höhe des Mietzinses Zweifel am Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht bestehen, steht dies bei vorrangigem betrieblichem Interesse des Arbeitgebers einer Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen" (BMF-Schreiben vom 13.12.2005, BStBl. 2006 I S. 4).
  • Aber im Jahre 2018 hat der BFH - gegen die Auffassung des Fiskus - erstmals die zweckentfremdete Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber zu dessen betrieblichen Zwecken als "Vermietung zu gewerblichen Zwecken" bzw. als Gewerbeimmobilie beurteilt. Vermietet ein Arbeitnehmer eine Einliegerwohnung als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke, kann er Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt (BFH-Urteil vom 17.4.2018, IX R 9/17).

AKTUELL hat auch der Fiskus seine Auffassung geändert und verlangt nun - dem BFH folgend - im Verlustfall eine Überschussprognose, d.h. Verluste aus der Vermietung werden nur noch dann anerkannt, wenn sich auf Dauer ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ergibt. Es handele sich um "Gewerbeimmobilien, für die die Einkünfteerzielungsabsicht ohne typisierende Vermutung durch objektbezogene Überschussprognose festzustellen ist" (BMF-Schreiben vom 18.4.2018, IV C 1-S 2211/16/10003:005).

  • Ist das vorrangige betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Vermietung des Arbeitszimmers oder der als Homeoffice genutzten Wohnung vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber nachgewiesen, handelt es sich um ein externes "Büro des Arbeitgebers" - also um eine Gewerbeimmobilie.
  • Im Verlustfall muss eine Überschussprognose erstellt werden. Fällt diese negativ aus, mangelt es an der Einkünfteerzielungsabsicht (gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Dann handelt es sich um einen steuerlich unbeachtlichen Vorgang auf der privaten Vermögensebene, sodass Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht anerkannt werden, die Mietzahlungen des Arbeitgebers aber auch nicht versteuert werden müssen.
  • Die Mietzahlungen des Arbeitgebers dürfen in diesem Fall nicht alternativ als Arbeitslohn beurteilt und versteuert werden (wegen § 21 Abs. 3 EStG). Folglich können die Arbeitszimmerkosten auch nicht bis 1.250 EUR als Werbungskosten abgesetzt werden.

STEUERRAT: Diese Neuregelung gilt in allen noch offenen Fällen. ABER für Mietverträge, die vor dem 1.1.2019 abgeschlossen wurden, unterstellen die Finanzbeamten im Verlustfall weiterhin eine Einkünfteerzielungsabsicht und erkennen die Verluste ohne Einschränkung als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften an (entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 16.9.2004, BStBl. 2006 II S. 10).

Weitere Informationen: Arbeitszimmer: Zimmervermietung an den Arbeitgeber

 

2. Heimbüro:
Prognosezeitraum bei Vermietung an den Arbeitgeber

Wie in der vorhergehenden Meldung erwähnt, hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Überschussprognose aufzustellen ist, wenn ein Arbeitnehmer eine Einliegerwohnung als Home-Office an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke vermietet. Es wird zwar - wie berichtet - in Altfällen typisierend unterstellt, dass ein Überschuss erzielt wird. Bei Abschluss eines Mietvertrages ab dem 1.1.2019 ist aber eine Prognose erforderlich.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken handelt, da die Räume dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken überlassen werden. Kann ein "Totalüberschuss" nicht erreicht werden, darf der Arbeitnehmer bzw. Vermieter seine Kosten für das Arbeitszimmer nicht abziehen (BFH 17.4.2018, IX R 9/17; vgl. SteuerSparbrief September 2018). In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, wie eine solche Überschussprognose vorzunehmen ist und - vor allem - wie lang der Prognosezeitraum sein muss.

Von Bedeutung ist insoweit das Urteil des Finanzgerichts München vom 16.11.2017 (11 K 1149/14). Im Urteilsfall ging es um die Vermietung eines Hotelkomplexes, mithin ebenfalls um die Vermietung einer Immobilie zu gewerblichen Zwecken. Die Richter haben unter anderem wie folgt entschieden: Bei der Vermietung und Verpachtung von Gewerbeobjekten ist die Überschusserzielungsabsicht anhand einer Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung von grundsätzlich 30 Jahren festzustellen. Der 30-jährige Prognosezeitraum beginnt mit Aufnahme der Verpachtung. Er beginnt nicht neu, wenn die Immobilie Jahre später grundlegend umgebaut und renoviert wird und sich hierdurch keine wesentliche Verbesserung der Einnahmesituation ergibt. Es spricht für die Fortführung einer verpachteten Immobilie (hier: eines Hotelbetriebs) aus privaten Gründen und damit für eine Liebhaberei, wenn nach über 15 Jahren immer noch keine Gewinne erzielt werden.

STEUERRAT: Unseres Erachtens können die Grundsätze auf die Vermietung eines Heimbüros übertragen werden. Innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren muss also ein Totalüberschuss erwirtschaftet werden können, das heißt, in dieser Zeitspanne müssen die voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge die anfallenden Werbungskosten übersteigen. Anders wäre die Sache natürlich, wenn das Mietverhältnis (oder das Arbeitsverhältnis) von vornherein befristet sind oder sich beispielweise "abzeichnet", wann der Arbeitnehmer sein Rentenalter erreicht. Dann wäre lediglich die verbleibende Zeit als Prognosezeitraum zu berücksichtigen. Es wird übrigens sehr interessant sein, wie der BFH die Sache in der nun vorliegenden Revision beurteilen wird (Az. IX R 16/18).

Weitere Informationen: Arbeitszimmer: Zimmervermietung an den Arbeitgeber

 

3. Verlust durch Betrug:
Schaden durch untergeschobenes Falschgeld absetzbar?

Es kann passieren, dass man Geld bei der Verwendung für berufliche Dinge durch unlautere Machenschaften verliert. Sofern eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt, können Verluste aufgrund von Diebstahl, Unterschlagung oder Untreue als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden, "wenn das Schaden stiftende Ereignis entweder dem beruflichen bzw. betrieblichen Bereich entstammt oder die von der Straftat betroffenen Gegenstände oder Geldbeträge zur künftigen beruflichen bzw. betrieblichen Verwendung oder zur Erzielung von Einkünften bestimmt sind" (BFH-Urteil vom 29.3.2000, X R 99/95).

Eher ungewöhnlich und nicht gerade alltäglich, aber dennoch interessant ist folgender Fall:
Ein Arbeitnehmer, der für die Vermittlung von Maschinenverkäufen von seinem Arbeitgeber Provisionen erhält, fiel auf einen Kaufinteressenten herein. Dieser hatte angeblich eine internationale Investorengruppe vertreten, die als Vorbedingung für den Kauf der Maschinen die Durchführung eines Geldwechselgeschäftes mit 500-Euro-Scheinen verlange, weil die Investorengruppe sich ihres entsprechenden Bestandes an 500-Euro-Noten wegen des gerüchteweise insbesondere in Italien bevorstehenden Einzugs solcher Banknoten entledigen wolle. Nachdem die Verkaufsverhandlungen in einen vom Vorgesetzten des Klägers unterschriebenen Vorvertrag gemündet waren, traf sich der Vertriebsmann ohne Wissen seines Vorgesetzten mit dem Interessenten im europäischen Ausland in einem Hotel. Dort übergab er diesem 250.000 Euro in 200-Euro-Banknoten und erhielt im Gegenzug ebenfalls 250.000 Euro, jedoch in 500-Euro-Banknoten. Das von dem Kläger mitgeführte Geld stammte aus dessen privatem Bereich. Zunächst stellte der Kläger die Echtheit des erhaltenen Geldes direkt im Zuge der Übergabe im Hotel mithilfe eines Gerätes fest. Später erkannte er jedoch, dass das erhaltene Geld nach der Übergabe noch im Hotel und von ihm unbemerkt in Falschgeld ausgewechselt worden war. Das Finanzamt lehnte den geltend gemachten Werbungskostenabzug i.H.v. 250.000 Euro ab, da das Geldwechselgeschäft ohne das Wissen des Arbeitgebers durchgeführt worden und dem eigentlichen Kaufvertrag nur vorgeschaltet gewesen sei. Zudem sei hier der strafrechtliche Charakter des Geldwechselgeschäftes offensichtlich.

AKTUELL hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der im Vertrieb auf Provisionsbasis beschäftigt ist und im Zuge eines beruflich veranlassten Geldwechselgeschäftes Falschgeld untergeschoben bekommt, seinen Schaden steuerlich als Werbungskosten abziehen kann (FG Hessen vom 11.3.2019, 9 K 593/18).

  • Nach Auffassung des Finanzgerichts ist der vom Kläger erlittene Verlust aus dem Geldwechselgeschäft ausschließlich beruflich veranlasst. Eine private Mitveranlassung liege nicht vor. So erhalte der Kläger Verkaufsprovisionen für den Verkauf von Maschinen seines Arbeitgebers. Wenn der Verkauf an die angebliche Investorengruppe zustande gekommen wäre, hätte der Kläger von seinem Arbeitgeber eine entsprechende Provision erhalten. Der Interessent habe den Abschluss des Kaufvertrages zudem von dem Geldwechselgeschäft als Vorbedingung abhängig gemacht und den Vorvertrag auch erst im Zuge des Geldwechsels im Hotel unterschrieben. Der Kläger habe damit das Geld in der Erwartung gewechselt, Arbeitslohn in Form einer Provision zu erlangen. Die erforderliche Kausalität zwischen Geldwechselgeschäft und Provision liege damit vor.
  • Dass das Geldwechselgeschäft dem Kaufvertrag vorgeschaltet gewesen sei, lasse die berufliche Veranlassung des Wechselgeschäfts nicht entfallen. Auch seien eine etwaige Fahrlässigkeit des Klägers und der fehlende wirtschaftliche Sinn des Wechselgeschäftes für den Werbungskostenabzug unerheblich. In Betrugsfällen sei die objektive Untauglichkeit der Aufwendungen auch nicht erkennbar. Ein etwaiges strafbares Verhalten des Klägers und ein kriminelles Zusammenwirken des Klägers mit dem Interessenten sei nach den konkreten Umständen nicht ersichtlich.

Weitere Informationen: Beschädigung und Verlust von Privatgegenständen

 

4. Fortbildung:
Sky-Abonnement bei einem Bundesligatrainer als Werbungskosten?

Viele Fußball-Interessierte haben ein Abonnement des Pay-TV-Senders Sky, z.B. für die Programmpakete Fußball Bundesliga und Sport (UEFA Champions League, DFB-Pokal u.a.) zu 49 EUR monatlich oder für das Gesamtpaket zu 59 EUR monatlich. Damit kann das Sportvergnügen gesteigert werden, weshalb die Abo-Gebühren zu den nichtabzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung zählen. Die Frage ist, ob die Abonnementgebühren bei einem Profi-Fußballspieler beruflich veranlasst sein können und deshalb als Werbungskosten absetzbar sind.

In der Vergangenheit haben drei Finanzgerichte die Kosten für ein Sky-Abonnement mit Sportpaket bzw. Bundesliga-Paket als Werbungskosten abgelehnt. Und zwar bei einem Profi-Fußballspieler, bei einem Lizenzfußballspieler der 2. Bundesliga und bei einem Torwarttrainer im Bereich des Lizenzfußballs. Die Betroffenen hatten ihr Begehren damit begründet, das Abonnement diene ihnen zur Spielvorbereitung und damit als Arbeitsmittel. Die Richter verweigerten die Anerkennung, weil das Abonnement eher mit dem Bezug von allgemeinbildenden Tageszeitungen und Zeitschriften vergleichbar sei, deren steuerliche Berücksichtigung ausgeschlossen ist (FG Rheinland-Pfalz vom 18.7.2014, 1 K 1490/12; FG Münster vom 24.3.2015, 2 K 3027/12 E; FG Düsseldorf vom 14.9.2016, 15 K 1712/15 E).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof das Urteil des FG Düsseldorf aufgehoben und zugunsten des Fußballtrainers entschieden: Die Aufwendungen eines hauptamtlichen Torwarttrainers im Bereich des Lizenzfußballs für ein Sky-Bundesliga-Abo können Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sein. Voraussetzung dafür ist, dass das Sky-Abonnement unmittelbar der Erledigung beruflicher Aufgaben dient und ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt wird. Dabei ist eine geringfügige private Mitbenutzung unschädlich. Zur Feststellung der tatsächlichen Verwendung des Sky-Bundesliga-Abonnements hat der BFH die Vernehmung von Trainerkollegen und Spielern angeregt (BFH-Urteil vom 16.1.2019, VI R 24/16).

Der Fall: Der Kläger bezieht als hauptamtlicher Torwarttrainer eines Lizenzfußballvereins Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Er schließt beim Pay-TV-Sender "Sky" ein Abonnement ab, das sich aus den Paketen "Fußball Bundesliga", "Sport" und "Sky Welt" zusammensetzt. Den Aufwand für das Paket "Bundesliga" macht er als Werbungskosten mit der Begründung geltend, dass er die Bundesligaspiele ganz überwiegend nur zum Kenntnisgewinn im Zusammenhang mit seiner Trainertätigkeit schaue. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Werbungskostenabzug ab. Hingegen halten die höchsten Finanzrichter bei einem (Torwart)Trainer eines Lizenzfußballvereins eine weitaus überwiegende berufliche Nutzung des Pakets "Bundesliga" nicht für ausgeschlossen.

Weitere Informationen: Dienstsport - Betriebssport

 

5. Tierhaltung:
Kosten für einen Therapiehund bei Lehrerin als Werbungskosten

Auf der Schulkonferenz der Realschule wurde der Beschluss gefasst, dass ein Therapiehund zur Umsetzung der tiergeschützten Pädagogik angeschafft wird. Das Konzept der tiergestützten Pädagogik wurde an dieser Schule erarbeitet. Hier werden auch emotional- und lernbehinderte Kinder in Inklusionsklassen unterrichtet, in denen der Hund verstärkt eingesetzt wird. Weiteres Einsatzgebiet für den Hund ist der Regelunterricht. Ein weiterer Einsatz erfolgt im Rahmen der Beratungslehrertätigkeit zur Unterstützung verhaltensauffälliger Schüler. An Klassenfahrten nimmt das Tier regelmäßig teil, um eventuelle Trennungsängste der Kinder zu lindern.

Die Lehrerin schafft daraufhin eine Hündin zum Preis von 1.600 EUR an. Sie macht in der Steuererklärung Aufwendungen für den Hund als Werbungskosten geltend. Diese setzen sich zusammen aus einer Abschreibung für die Anschaffung des Hundes auf acht Jahre, Aufwendungen für eine Tierhaftpflichtversicherung, Futtermittel, Hundepflege, Tierarzt und dem Besuch der Hundeschule sowie zur Ausbildung als Therapiehund mitsamt den zugehörigen Fahrtkosten. Das Finanzamt lehnt die steuerliche Anerkennung ab.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass ein privat angeschaffter Schulhund bzw. "Therapiehund" als Arbeitsmittel anzusehen ist und die Aufwendungen folglich als Werbungskosten absetzbar sind. Dabei sind die Kosten für die Ausbildung zum Therapiehund mitsamt notwendiger Fahrtkosten in voller Höhe absetzbar und die übrigen Kosten zu einem Drittel (FG Münster vom 14.3.2019. 10 K 2852/18 E, Revision).

  • Nach Auffassung der Richter ist unstrittig, dass der Hund der Erledigung dienstlicher Aufgaben der Lehrerin dient. Er wird im Rahmen eines Programms, dessen Durchführung die Schulkonferenz beschlossen hat, an den Unterrichtstagen der Lehrerin eingesetzt. Dass diese sich freiwillig bereit erklärt hat, an dem Projekt teilzunehmen, ändert nichts daran, dass der Hund nunmehr integrativer Bestandteil ihres Unterrichts ist und dort sowie auch bei der Wahrnehmung weiterer dienstlicher Aufgaben eingesetzt wird.
  • Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Lehrerin den Hund nicht ausschließlich beruflich nutzt. Die Hündin als "sozialkompetentes Wesen" benötigt auch private Zuwendung. Dementsprechend wird sie auch in intensiver Weise Bestandteil des Privatlebens. Allein die Notwendigkeiten, um deren gesundheitliche Bedürfnisse zu erfüllen, wie z.B. Auslauf, regelmäßiges Gassi gehen und Beschäftigung, nehmen zwangsläufig einen großen Teil der Freizeit in Anspruch. Die Anschaffung eines Hundes bringt damit zwingend eine maßgebliche Veränderung des Privatlebens, aber auch eine Bereicherung desselben mit sich. Dementsprechend ist dieser Teil der Beschäftigung mit dem Hund in zeitlicher und finanzieller Hinsicht einer privaten Veranlassung zuzuordnen.
  • Die geltend gemachten Aufwendungen für die Ausbildung zum Therapiehund, also die Kosten für die Schule und die für die Ausbildung notwendigen Fahrtkosten, sind in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hinsichtlich der verbleibenden weiteren Aufwendungen kann der Anteil der beruflichen Nutzung des Tieres im Schätzwege ermittelt werden. Und hierzu stellt das Gericht auf den zeitlichen Anteil der beruflichen Verwendung ab, der mit einem Drittel anzunehmen ist. Also sind die übrigen Aufwendungen zu einem Drittel als Werbungskosten absetzbar.

STEUERRAT: Die steuerliche Anerkennung eines privat angeschafften "Schulhundes" bei Lehrern wird derzeit von den Finanzgerichten völlig unterschiedlich beurteilt: Das FG Rheinland-Pfalz hatte die Aufwendungen vollständig gestrichen (FG Rheinland-Pfalz vom 12.3.2018, 5 K 2345/15). Hingegen hat das FG Düsseldorf die Aufwendungen zur Hälfte als Werbungskosten anerkannt (FG Düsseldorf vom 14.9.2018, 1 K 2144/17 E). Vor dem BFH ist nunmehr die Revision anhängig: VI R 52/18.

Weitere Informationen: Kosten der Tierhaltung

 

6. Fortbildung:
Eigene Kosten für Bildungsurlaub steuerlich absetzbar?

In vielen Bundesländern besteht für Arbeitnehmer ein Rechtsanspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit für die Weiterbildung, etwa fünf Arbeitstage. Dieser sog. Bildungsurlaub soll für die berufliche, allgemeine oder politische Weiterbildung genutzt werden. Laut Bildungsurlaubsgesetz sind die Kosten für den Lehrgang selbst sowie für Anreise, Unterkunft und Verpflegung vom Arbeitnehmer zu tragen, doch manchmal werden die Kosten teilweise vom Arbeitgeber übernommen. Die Frage ist, ob die Arbeitnehmer die eigenen Kosten des Bildungsurlaubs als Werbungskosten absetzen dürfen.

Falls die Bildungsmaßnahme der beruflichen Weiterbildung dient, sind die Aufwendungen als Werbungskosten absetzbar. Sofern die Bildungsmaßnahme der allgemeinen oder politischen Weiterbildung dient, werden die Kosten steuerlich nicht berücksichtigt.

AKTUELL hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass ein Yogakurs unter bestimmten Voraussetzungen Bildungsurlaub rechtfertigen kann. Es handelt sich um einen von der Volkshochschule angebotenen fünftägigen Kurs "Yoga I - erfolgreich und entspannt im Beruf mit Yoga und Meditation". Der Kurs dient also der beruflichen Weiterbildung (LArbG Berlin-Brandenburg vom 11.4.2019, 10 Sa 2076/18).

Nach Auffassung der Richter erfüllt der Kurs die Voraussetzungen gemäß § 1 Berliner Bildungsurlaubsgesetz. Es reiche aus, dass eine Veranstaltung entweder der politischen Bildung oder der beruflichen Weiterbildung diene. Der Begriff der beruflichen Weiterbildung sei nach der Gesetzesbegründung weit zu verstehen. Hiernach solle unter anderem Anpassungsfähigkeit und Selbstbehauptung von Arbeitnehmern unter den Bedingungen fortwährenden und sich beschleunigenden technischen und sozialen Wandels gefördert werden. Auch ein Yogakurs mit einem geeigneten didaktischen Konzept könne diese Voraussetzungen erfüllen.

 

7. Dienstfahrräder:
Steuerfreiheit bei Umwandlung von Bonus oder Tantieme?

Seit dem 1.1.2019 ist die Überlassung eines Dienstfahrrades steuerfrei, wenn der Arbeitgeber die Kosten zusätzlich zum geschuldeten Lohn Kosten übernimmt (§ 3 Nr. 37 EStG). Andernfalls ist der Nutzungsvorteil weiterhin zu versteuern. In der Praxis gilt die Neuregelung noch nicht in allzu vielen Fällen, da zumeist ein Leasingmodell angewandt wird, bei dem die Leasingraten durch eine - gegebenenfalls anteilige - Gehaltsumwandlung bezahlt werden. Nun hat die FDP-Fraktion an die Bundesregierung die Frage gestellt, ob die Steuerfreiheit der privaten Nutzung für Diensträder auch dann gewährt wird, wenn eine Bonuszahlung oder Sonderzahlung des Arbeitgebers im Rahmen einer Gehaltsumwandlung zur Begleichung der Leasingraten verwendet wird.

Die Antwort der Bundesregierung kommt leider nur sehr verklausuliert daher: "Zur Gewährung von Zusatzleistungen und Zulässigkeit von Gehaltsumwandlungen wird auf das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2013 (BStBl I Seite 728) verwiesen." (BT-Drucksache 19/8656). Doch was heißt das nun? Unseres Erachtens ist wie folgt zu differenzieren:

  • Eine zusätzliche Leistung liegt auch dann vor, wenn sie unter Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung, z.B. freiwillig geleistetes Weihnachtsgeld, erbracht wird. Erhält der Arbeitnehmer also z.B. ein Weihnachtsgeld ohne Rechtsanspruch, so kann er dieses zur Begleichung der Leasingrate umwandeln; das Weihnachtsgeld bleibt steuerfrei. Das Gleiche gilt für Boni, Tantiemen und andere freiwillige Sonderzuschüsse.
  • Unschädlich ist es, wenn der Arbeitgeber verschiedene zweckgebundene Leistungen zur Auswahl anbietet.
  • Die Steuerfreiheit der Umwandlung ist jedoch ausgeschlossen, wenn ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf die Sonderleistung besteht, der sich aus einem Tarifvertrag, dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einer betrieblichen Übung ergibt. Auch der Gleichheitsgrundsatz kann einen arbeitsrechtlichen Anspruch begründen.

Eine betriebliche Übung tritt ein, wenn eine Leistung mindestens dreimal vorbehaltslos gezahlt wird (vgl. z.B. BAG-Urteil vom 13.5.2015, 10 AZR 266/14). Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz darf ein Arbeitgeber, der etwa Sonderzahlungen an eine bestimmte abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern leistet, andere bzw. einzelne Arbeitnehmer nicht von dieser Zahlung ausschließen. Unschädlich ist es aber, wenn einzelne Arbeitnehmer ihre freiwillige Sonderzahlung umwandeln und der jeweilige Betrag ausgezahlt wird. Diejenigen, die sich stattdessen für das Fahrrad entscheiden, profitieren also von der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 37 EStG - vorausgesetzt natürlich, dass das Fahrrad zwischen dem 1.1.2019 und dem 31.12.2021 überlassen wird.

Weitere Informationen: Überlassung von Fahrrädern und Elektrofahrrädern: Geldwerter Vorteil für die Privatnutzung

 

II. Privater Bereich

1. Pfändungsschutz:
Höhere Pfändungsfreigrenzen ab Juli 2019

Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrages für das sächliche Existenzminimum angepasst. Zuletzt wurden die Pfändungsfreigrenzen zum 1. Juli 2017 erhöht.

AKTUELL gibt das Bundesjustizministerium bekannt, dass ab dem 1.7.2019 die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen und Renten erhöht werden. Der monatlich unpfändbare Grundbetrag steigt von 1.133,80 EUR auf 1.178,59 EUR. Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag bis zu einer Obergrenze ebenfalls ein bestimmter Anteil (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2019 vom 4.4.2019).

So hoch sind die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO (gültig ab 1.7.2019):

 

1.178,59 EUR monatlich,

-zuzüglich 443,57 EUR für die erste unterhaltsberechtigte Person und 247,12 EUR für die zweite bis fünfte Person. So erhöht sich der maximal unpfändbare Betrag bei fünf unterhaltsberechtigten Personen auf bis zu 2.610,63 EUR monatlich.

-Der übersteigende Betrag ist unpfändbar zu 30 %, wenn der Schuldner keiner Person Unterhalt gewährt, zu 50 % für die erste unterhaltsberechtigte Person und zu je weiteren 10 % für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person.

-Alles, was über 3.613,08 EUR pro Monat hinausgeht, wird vollständig an die Gläubiger abgeführt - unabhängig von der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen

STEUERRAT: Die verbesserten Pfändungsfreigrenzen gelten auch für das sog. Pfändungsschutzkonto ("P-Konto"). Auf diesem Konto erhält ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages gemäß § 850c ZPO. Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse verlangen, dass sein Girokonto als P-Konto geführt wird.

Hier können Sie die neue Pfändungstabelle aufrufen: Pfändungsfreigrenzen ab dem 1.7.2019 (PDF)

Weitere Informationen: Pfändungsschutz: Verbesserter Pfändungsschutz für die Altersvorsorge

 

2. Scheidung:
Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich mit Ausgleichszahlungen

Nach dem neuen Versorgungsausgleichsgesetz ab 1.9.2009 gibt es neben dem "Wertausgleich bei der Scheidung" weiterhin den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, jetzt als "Ausgleichsansprüche nach der Scheidung" bezeichnet. Bei der Ehescheidung werden im Rahmen des Versorgungsausgleichs die Rentenanwartschaften, die während der gemeinsamen Ehezeit erworben wurden, geteilt. Die Teilung erfolgt grundsätzlich intern, also innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems (interne Teilung), oder ausnahmsweise extern durch Übertragung von Anrechten auf einen anderen Versorgungsträger (externe Teilung). Doch weiterhin können Anwartschaften im Rahmen des "schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs" ausgeglichen werden. Hier bekommt der Ausgleichsberechtigte keinen Anspruch gegenüber einem Versorgungsträger, sondern direkt gegen den Ex-Ehepartner.

Seit 2015 sind solche Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs sowie Zahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs steuerlich wie folgt zu behandeln:

  1. Der Ausgleichsverpflichtete kann die Zahlungen in dem Umfang als Sonderausgaben absetzen, in dem die den Zahlungen zugrunde liegenden Einnahmen bei ihm der Besteuerung unterliegen. Sind die zu Grunde liegenden Einnahmen nicht steuerbar oder steuerfrei, kommt ein Sonderausgabenabzug nicht in Betracht. Nun wird kein Unterschied mehr gemacht, ob der Ausgleich eine beamtenrechtliche, eine öffentlich-rechtliche, eine private, eine geförderte oder eine betriebliche Altersversorgung betrifft (§ 10 Abs. 1a Nr. 3 und 4 EStG). Der Sonderausgabenabzug setzt die Zustimmung des Ausgleichsberechtigten voraus.
  2. Der Ausgleichsberechtigte muss die erhaltenen Zahlungen als "sonstige Einkünfte" versteuern, soweit sie beim Ausgleichsverpflichteten als Sonderausgaben abgezogen werden können. Es gilt hier das strenge Korrespondenzprinzip (§ 22 Nr. 1a EStG).

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass Ausgleichszahlungen, die nach altem Recht vor 2015 im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bzw. zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs vereinbart wurden, als Werbungskosten absetzbar sind (FG Baden-Württemberg vom 19.3.2018, 10 K 3881/16).

  • Der Fall: Der Kläger erzielte im Streitjahr 2010 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und hatte Ansprüche aufgrund Entgeltumwandlungen aus Betriebsrentenanwartschaften erworben. Anlässlich seiner Scheidung im September 2009 vereinbarte er mit seiner Ex-Frau eine "Ausgleichszahlung zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs" der betrieblichen Altersversorgung. Die erste Rate zahlte der Kläger im Streitjahr 2010 und machte die Zahlungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte den Werbungskostenabzug nicht an, da es sich bei der Abfindungszahlung um einen Anschaffungsvorgang für ein bestehendes Anwartschaftsrecht handle.
  • Nach Auffassung des Finanzgerichts sind Ausgleichszahlungen zur Abfindung eines Versorgungsausgleichsanspruchs wegen des Bestehens einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung mit den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Zusammenhang stehende Werbungskosten. Mit der vereinbarten Ausgleichszahlung hat der Kläger die Aufteilung der betrieblichen Versorgungsanwartschaften verhindert. Dem Kläger fließen künftig die ungekürzten Versorgungsbezüge als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu. Kommt es infolge der Vereinbarung nicht "zu einer Verringerung der diesem zufließenden Versorgungsbezüge", stellt die Zahlung keine Einkommensverwendung dar, sondern dient der Sicherung der Einnahmen.
  • Nach neuer Rechtslage ab 2015 sind Ausgleichszahlungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sowie zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 1a Nr. 3 und 4 EStG). AKTUELL hat das FG Köln dies mit Urteil 14.2.2019 (15 K 2800/17) bestätigt. Ein Abzug als vorweggenommene Werbungskosten kommt nicht in Betracht. Ein Abzug als Sonderausgabe beim Verpflichteten - mit der korrespondierenden Versteuerung beim Berechtigten - setzt aber die Zustimmung des Ausgleichsberechtigten voraus.

STEUERRAT: Das Urteil des FG Baden-Württemberg ist für die Betroffenen sehr erfreulich. Bisher konnten derartige Ausgleichszahlungen nur bei Beamten zur Vermeidung einer Kürzung ihrer Versorgungsbezüge als Werbungskosten abgezogen werden (z.B. BFH-Urteil vom 8.3.2006, IX R 107/00; BFH-Urteil vom 8.3.2006, IX R 78/01). Hingegen wurden bei Angestellten die Zahlungen als Vorgang auf der privaten Vermögensebene angesehen. Sie stellten Altersvorsorgeaufwendungen dar und waren nur im Rahmen des Vorsorgehöchstbetrages als Sonderausgaben absetzbar (BFH-Urteil vom 23.11.2016, X R 41/14).

Weitere Informationen: Scheidung: Versorgungsausgleich - Private Ausgleichszahlungen

 

3. Unterhaltsleistungen:
Gilt der BAföG-Anspruch als öffentliche Mittel?

Nicht gesetzlich unterhaltsberechtigt ist der Partner oder die Partnerin in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Damit sind Unterhaltsleistungen der Partner grundsätzlich nicht abziehbar. Doch hier gibt es im Gesetz eine Ausnahmeregelung: Unterhaltsleistungen sind auch dann absetzbar, "wenn beim Lebensgefährten zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden" (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Solche öffentlichen Leistungen, die bei Zusammenleben wegen der "sozialhilferechtlichen Bedarfsgemeinschaft" gekürzt oder verweigert werden können, sind insbesondere Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Wohngeld. Dies erfolgt deswegen, weil bei Prüfung der Hilfsbedürftigkeit das Einkommen des Partners mit berücksichtigt wird.

Folgender Fall ist nicht selten: Die Lebensgefährtin in nichtehelicher Lebensgemeinschaft studiert und hat Anspruch auf eine elternunabhängige BAföG-Ausbildungsförderung. Und genau wegen dieses BAföG-Anspruchs besteht kein Anspruch auf Sozialleistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) oder dem SGB XII (Sozialhilfe). Hier erfolgt der Ausschluss dieser Sozialleistungen also nicht "mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen", sondern wegen der BAföG-Berechtigung dem Grunde nach. Bei der Ausbildungsförderung gemäß § 11 BAföG ist grundsätzlich auf den Bedarf nur das Einkommen des Ehegatten, des eingetragenen Lebenspartners und der Eltern anzurechnen, nicht hingegen das Einkommen des Lebensgefährten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Die Ausbildungsförderung wird also unabhängig vom Einkommen des Partners gezahlt. Es erfolgt mithin keine Kürzung bzw. Versagung des Anspruchs auf Ausbildungsförderung mit Rücksicht auf Unterhaltsleistungen. Damit liegt auch keine Gleichstellung mit einem zivilrechtlich Unterhaltsverpflichteten gemäß § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG vor.

Das FG Düsseldorf hat den nichtehelichen Partner ohne weitere Unterscheidung als gleichgestellte Person gemäß § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG behandelt (FG Düsseldorf vom 26.3.2014, 7 K 3168/13 E).

AKTUELL hat das FG Sachsen entschieden, dass der Partner in nichtehelicher Lebensgemeinschaft, der Unterhalt an die studierende Partnerin zahlt, nicht einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten gem. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gleichgestellt ist, wenn nicht aufgrund von dessen Unterhaltsleistungen, sondern aus anderen Gründen kein Anspruch des Unterhaltsempfängers auf zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Leistungen besteht. Zu den anderen Gründen zählt z.B. die BAföG-Berechtigung des Unterhaltsempfängers aufgrund seines Studiums (FG Sachsen vom 19.11.2018, 6 K 1082/17, Revision VI R 2/19; ebenfalls FG Sachsen vom 5.9.2017, 3 K 1098/16, Revision VI R 43/17).

Nach Ansicht des FG hat die Lebensgefährtin nicht mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Partners, sondern aufgrund ihres Studiums und ihrer BAföG-Berechtigung keinen Anspruch auf Sozialleistungen, wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe. Das bedeutet: Der nichteheliche Partner kann seine Unterhaltsleistungen an die Lebensgefährtin nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG absetzen.

Weitere Informationen: Unterhalt: Wer kann steuerbegünstigt unterstützt werden?

 

III. Kinder

1. Kindergeld:
Wann sind weiterführende Ausbildungen begünstigt?

Auch für volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, gibt es bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld. Allerdings ist entscheidend, ob es sich um eine Erst- oder Zweitausbildung handelt. Denn für die Zweitausbildung besteht nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn nebenher keine Erwerbstätigkeit oder eine Tätigkeit von maximal 20 Wochenstunden ausgeübt wird. Eine so genannte mehraktige Berufsausbildung gilt indes als Teil einer einheitlichen Erstausbildung. Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Wenn das Berufsziel des Kindes erst mit der zweiten "Ausbildung" erreicht wird, gilt diese noch als Teil der Erstausbildung und es gibt Kindergeld auch dann, wenn das Kind nebenher arbeitet. Dazu muss ein enger - sachlicher und zeitlicher - Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten vorliegen.

Kürzlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Studium dann als Zweitausbildung gilt, wenn es berufsbegleitend erfolgt und nicht die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes bildet. Es gibt also kein Kindergeld, wenn nur von einer berufsbegleitenden Weiterbildung auszugehen ist, da die Berufstätigkeit im Vordergrund steht und der weitere Ausbildungsgang nur neben dieser durchgeführt wird. Im Urteilsfall lehnte der BFH das Kindergeld ab, weil die Tochter zusätzlich zum Masterstudium in Vollzeit arbeitete (BFH-Urteil vom 11.12.2018, III R 26/18; vgl. SteuerSparbrief April 2019).

AKTUELL hat der BFH mit einer ganzen Batterie von Urteilen zu weiteren Sachverhalten Stellung genommen und seine Sichtweise präzisiert - aber leider auch verkompliziert. Letztlich kann festgehalten werden, dass immer dann, wenn ein weiterführendes Studium oder eine weiterführende Ausbildung "nur neben dem Beruf" ausgeübt werden, das Kindergeld versagt wird. Unschädlich sind hingegen Nebenjobs (BFH-Urteile vom 11.12.2018, III R 22/18, III R 2/18, III R 32/17, III R 47/17). Die Sachverhalte, bei denen die Familienkasse jeweils das Kindergeld für die weiterführende Ausbildung versagte, waren im Einzelnen:

  • Fall 1: Der Sohn durchlief zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Danach war er in Vollzeit bei der Bank tätig, bei der er die Ausbildung absolviert hatte. Wenige Monate nach Ende der "Erstausbildung" nahm der Sohn an einer zweijährigen berufsbegleitenden Weiterbildung zum Bankfachwirt teil. Der BFH hat zwar nicht endgültig entschieden, aber doch zu erkennen gegeben, dass er das Kindergeld nicht gewähren wird, weil die Ausbildung zum Bankfachwirt wohl eher als berufsbegleitende Weiterbildung zu werten ist. Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen.
  • Fall 2: Die Tochter absolvierte zunächst eine Lehre zur Bankkauffrau. Bereits kurz nach dem Ende der Ausbildung begann sie ein Studium an einem Berufskolleg mit der Fachrichtung Absatzwirtschaft. Das staatlich anerkannte Studium mit dem Abschluss "Staatlich geprüfte Betriebswirtin" erfolgte in Teilzeitform. Zeitgleich war die Tochter zunächst bei der Bank und etwas später bei einem Autohaus beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug jeweils 40 Stunden. Auch hier hat der BFH nicht abschließend entschieden. Die Vorinstanz müsse prüfen, ob das Ausbildungsverhältnis eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis. Wahrscheinlich wird das Kindergeld aber wohl entfallen.
  • Fall 3: Der Sohn legte die Prüfung im Ausbildungsberuf Elektroniker in der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik ab und wurde noch im selben Monat von seinem Ausbildungsbetrieb mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden übernommen. Einige Monate später besuchte der Sohn den zweijährigen Abendlehrgang zum Industriemeister Elektrotechnik IHK. Die Sache wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, das nun prüfen muss, ob die Ausbildung oder der Beruf im Vordergrund standen. Es spricht aber einiges dafür, dass der Beruf im Vordergrund stand und damit kein Kindergeldanspruch besteht.
  • Fall 4: Die Tochter schloss ihre Ausbildung zur Steuerfachangestellten ab. Danach wurde sie von ihrem bisherigen Ausbildungsbetrieb in Vollzeitbeschäftigung übernommen. Unmittelbar nach der Prüfung meldete sich die Tochter an der Fachschule für Wirtschaft an, um in der Fachrichtung Betriebswirtschaft (Schwerpunkt Steuern) den Abschluss einer Staatlich geprüften Betriebswirtin zu erreichen. Die in Teilzeit zu absolvierende Ausbildung dauerte 3 1/2 Jahre. Auch in diesem Fall muss das Finanzgericht nach der Zurückverweisung durch den BFH erneut entscheiden und dabei dessen neue Grundsätze berücksichtigen. Wie in den drei vorherigen Fällen ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass die Eltern den Rechtsstreit gewinnen werden.

Prüfschema:

Die Rechtsprechung zum Kindergeld bei einem weiterführenden Studium oder einer ergänzenden Ausbildung ist äußerst kompliziert geworden. Folgendes Prüfungsschema kann aber bei der Frage, ob Kindergeld zu gewähren ist, weiterhelfen:

  1. Handelt es sich um eine Ausbildung oder um ein Studium, das auf der ersten Ausbildung aufbaut? Falls ja: weiter mit 2. Falls nein, handelt es sich sozusagen um eine andere "Fachrichtung": Kindergeld wird nur gewährt, wenn nebenher keine Erwerbstätigkeit oder eine Tätigkeit von maximal 20 Wochenstunden ausgeübt wird.

  2. Besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten? Falls ja: weiter mit 3. Falls nein: Kindergeld wird nur gewährt, wenn nebenher keine Erwerbstätigkeit oder eine Tätigkeit von maximal 20 Wochenstunden ausgeübt wird.

    Hinweis: Wenn sich Sohn oder Tochter für den nächstmöglichen Ausbildungsabschnitt (z.B. einen Meisterkurs) erst mehrere Monate nach Bestehen der ersten Ausbildung (z.B. der Gesellenprüfung) angemeldet haben, spricht dies nicht gegen eine Verklammerung der Ausbildungsabschnitte (BFH 11.12.2018, III R 32/17).

  3. Nutzt das Kind die Qualifikation, die es nach dem ersten Abschluss erlangt hat, bereits für einen Beruf, den es nun auch tatsächlich ausübt? Falls ja: Es deutet vieles darauf hin, dass die weitere Ausbildung nicht mehr Teil einer "Gesamtausbildung" ist. Folge: Kindergeld für die weitere Ausbildung wird voraussichtlich nicht gewährt, da die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Falls nein: Der Kindergeldanspruch könnte erhalten bleiben, da die weitere Ausbildung im Vordergrund steht. Es ist aber in beiden Fällen eine Gesamtbetrachtung mit Punkt 4 vorzunehmen.

    Beispiele:


    Wird z.B. ein Geselle oder Kaufmann von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete Stelle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher Sachverhalt spricht laut BFH dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. Aushilfstätigkeit in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 Stunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben 3 Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.

  4. Ist die Arbeitstätigkeit der weiterführenden Ausbildung übergeordnet und wird die Ausbildung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild neben dem Beruf durchgeführt? Falls ja: In der Gesamtbetrachtung mit Punkt 3 wird das Kindergeld wohl entfallen. Falls nein: Das Kindergeld dürfte in der Gesamtbetrachtung mit Punkt 3 erhalten blieben, denn die Ausbildung steht im Vordergrund.

    Beispiele:

    Wird etwa eine Teilzeittätigkeit von regelmäßig 22 Wochenstunden so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des Semesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der Semesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur neben der Berufstätigkeit durchgeführt werden. Schließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

HINWEIS: Der guten Ordnung halber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das Gesagte natürlich gleichermaßen für die Frage der Gewährung des Kinderfreibetrages gilt.

Weitere Informationen: Volljährige Kinder: Berücksichtigung ohne Einkommensprüfung

 

2. Kindergeld:
Nichtantritt zur wichtigen Prüfung beendet Anspruch

Anspruch auf Kindergeld oder auf die steuerlichen Freibeträge besteht bis zum Abschluss der Berufsausbildung, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Ein Kind befindet sich in Berufsausbildung, solange es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat und sich ernstlich darauf vorbereitet. Zur Ausbildung gehört auch das Ablegen der Prüfung, so dass die Berufsausbildung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet (BFH-Urteil vom 24.5.2000, VI R 143/99). Was aber gilt, wenn Sohn oder Tochter erst gar nicht zu einer entscheidenden Prüfung im Rahmen eines Studiums angetreten, aber zunächst weiter immatrikuliert sind?

AKTUELL hat das FG Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dass der Nichtantritt zu einer Prüfung den Abbruch der Hochschulausbildung dokumentiert und zum Verlust des Kindergeldes führt. Auf den Zeitpunkt einer späteren Zwangsexmatrikulation komme es dann nicht mehr an (Urteil vom 18.10.2018, 3 K 65/17).

  • Der Fall: Die Mutter erhielt zunächst Kindergeld für ihren Sohn, der ab dem Wintersemester 2013/14 ein Bachelor-Studium absolvierte. Da er offenbar Anfang 2015 eine wichtige Prüfung geschwänzt hat, verlor er seinen Prüfungsanspruch in dem genannten Studiengang endgültig. Der zuständige Prüfungsausschuss stellte dies im Februar 2015 förmlich fest. Im Mai 2015 ist schließlich die Exmatrikulation vollzogen worden. Die Mutter begehrte das Kindergeld auch noch für den Monat März 2015, was ihr jedoch verweigert wurde. Das entsprechende Verfahren vor dem Finanzgericht hat sie verloren.
  • Mit dem Nichtantritt zur Prüfung sei die Ausbildung im Februar 2015 beendet worden. Ein Kind befinde sich nur solange in Berufsausbildung, soweit es sich ernstlich auf einen Berufsabschluss vorbereitet. Nach der Mitteilung des Prüfungsausschusses über den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruches könne hiervon nicht mehr ausgegangen werden.

STEUERRAT: Gegen die Entscheidung liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. III R 65/18 vor. Berufen Sie sich in ähnlichen Streitfällen hierauf. Ungeachtet dessen sollten Eltern, deren Kinder eine Berufsausbildung oder ein Studium abbrechen, möglichst schnell nachweisen, dass das Kind eine andere Ausbildung oder einen anderen Studiengang gewählt hat. Bloße Behauptungen reichen hierzu aber nicht aus. Und eine Immatrikulation nur zum Schein wäre doch äußerst fragwürdig, auch wenn diese in einigen Internetportalen für Studenten mehr oder weniger unverblümt empfohlen wird.

Weitere Informationen: Kinder in Schul- und Berufsausbildung

 

3. Kindergeld:
Rückwirkende Auszahlung trotz Ablauf der Sechs-Monats-Frist

Um Kindergeld zu erhalten, ist ein Antrag zwingend erforderlich. Das Kindergeld ist stets schriftlich bei der zuständigen Familienkasse zu beantragen. Ein Antrag auf Kindergeld ist auch rückwirkend möglich und zwar für die letzten 4 Jahre, da der Anspruch auf Kindergeld erst vier Jahre nach dem Kalenderjahr verjährt, in dem er entstanden ist. ABER: Seit dem 1.1.2018 ist für das Kindergeld eine spezielle Verjährungsregel eingeführt worden: Kindergeld wird - statt für die letzten vier Jahre - rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist (§ 66 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 3 BKKG). Die Regelung soll verhindern, dass für einen mehrjährigen Zeitraum in der Vergangenheit rückwirkend Kindergeld ausgezahlt werden kann.

§ 66 Abs. 3 EStG ist nach Ansicht der Finanzverwaltung bzw. der Kindergeldkassen nur im Auszahlungsverfahren - nicht im Festsetzungsverfahren - anzuwenden. Wird für einen vergangenen Zeitraum Kindergeld festgesetzt und reicht dieser Zeitraum über den Sechs-Monats-Zeitraum des § 66 Abs. 3 EStG zurück, ist das Kindergeld nur für die letzten sechs Kalendermonate auszuzahlen, die vor dem Eingang des Antrags bei der Familienkasse liegen. In diesen Fällen ist in dem Festsetzungsbescheid ein Hinweis auf die Auszahlungsbeschränkung des § 66 Abs. 3 EStG aufzunehmen (BZSt-Schreiben vom 15.10.2017, St II 2-S 2474-PB/17/00001; Dienstanweisung Kindergeld, V 22.2).

Beispiel:

Ein Berechtigter reicht im März 2019 bei der Familienkasse einen Antrag auf Kindergeld für sein 21-jähriges Kind ein. Laut eingereichten Unterlagen befindet sich das Kind bereits seit Oktober 2017 in der Ausbildung für einen Beruf. Das Kind hat noch keine Erstausbildung abgeschlossen. Deshalb besteht für das Kind ab Oktober 2017 ein Anspruch auf Kindergeld. Da die Familienkasse den Anspruch auf Kindergeld ohne weitere Sachverhaltsaufklärung feststellen kann, setzt sie ab Oktober 2017 Kindergeld fest. ABER: Wegen der neuen Auszahlungsbeschränkung des § 66 Abs. 3 EStG wird das Kindergeld erst ab September 2018 ausgezahlt (6 Monate rückwirkend!).

AKTUELL hat das Niedersächsische Finanzgericht jedoch zwei bahnbrechende Entscheidungen zugunsten der Kindergeldberechtigen gefällt: Wird Kindergeld entgegen § 66 Abs. 3 EStG für Zeiträume, die mehr als sechs Monate vor dem Monat der Antragstellung liegen, rückwirkend festgesetzt, steht die Vorschrift der Auszahlung des festgesetzten Kindergeldes nicht entgegen. Das heißt: Die Sechs-Monats-Frist läuft in vielen Fällen ins Leere (Urteil vom 25.9.2018, 8 K 95/18; Urteil vom 25.10.2018, 10 K 141/18).

  • Die Finanzrichter begründen ihre Urteile mit der Systematik des § 66 Abs. 3 EStG: Die Vorschrift sei im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen; sie sei nicht dem Erhebungs- bzw. Auszahlungsverfahren zuzuordnen und biete demnach keine Grundlage dafür, die Auszahlung eines bestandskräftig festgesetzten Kindergeldanspruchs zu verweigern.
  • Dies sei sowohl dem Gesetzeszweck als auch der Gesetzessystematik als auch der Gesetzgebungshistorie zu entnehmen. Indes sei die Gesetzesbegründung nicht eindeutig.

HINWEIS: Da gegen die Urteile mittlerweile die Revisionen beim Bundesfinanzhof anhängig sind, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Betroffene sollten sich auf die Verfahren mit den Az. III R 66/18 und III R 70/18 berufen und ein Ruhen des eigenen Verfahrens bis zu einer endgültigen Entscheidung beantragen.

 

4. Ausbildungsfreibetrag:
Eltern minderjähriger Kinder gehen weiter leer aus

Für volljährige Kinder in Schul- und Berufsausbildung, die außerhalb des elterlichen Haushalts wohnen, gibt es einen Ausbildungsfreibetrag von 924 EUR im Jahr (§ 33a Abs. 2 EStG). Kürzlich hatte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die gesetzliche Regelung bestätigt, dass Eltern für minderjährige Kinder keinen Anspruch auf einen Ausbildungsfreibetrag haben. Dies gilt auch, wenn diese außerhalb des elterlichen Haushalts untergebracht sind. Die Kosten für die auswärtige Unterbringung sind mit dem Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag abgegolten (FG Rheinland-Pfalz vom 27.3.2018, 3 K 1651/16).

Etwas Hoffnung bestand aber noch, da die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden ist. Diese war unter dem Az. VI R 20/18 anhängig, ist nun aber leider zurückgenommen worden. Damit ist klar, dass Eltern minderjähriger Kinder beim Thema "Ausbildungsfreibetrag" weiterhin leer ausgehen.

 

IV. Nebentätigkeit

1. Übungsleiter:
Verluste aus ehrenamtlicher Nebentätigkeit steuerlich absetzbar

Nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer, Pfleger und Künstler sind steuerbegünstigt: Die Vergütungen hierfür bleiben bis zu 2.400 EUR im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei. Der steuerfreie Höchstbetrag ist nicht allzu üppig, doch viele Vereine können selbst diesen Betrag nicht einmal zahlen. So wundert es nicht, dass die Übungsleitertätigkeit nicht nur mit großem Idealismus und Engagement ausgeübt wird, sondern häufig auch mit eigenen Kosten verbunden ist, die die Einnahmen übersteigen. Und dann ist die Frage, ob dieser Verlust aus der Nebentätigkeit wenigstens steuermindernd mit anderen Einkünften verrechnet werden kann

Die Finanzämter lehnen bisher die Anerkennung von Verlusten aus der Nebentätigkeit ab mit dem Argument, die Ausgaben stünden in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen und seien deshalb nicht abziehbar (gemäß § 3c EStG). Ausgaben werden nur anerkannt, soweit sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen. Dabei müssen sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben den Freibetrag von 2.400 EUR übersteigen (z.B. OFD Frankfurt vom 28.12.2015, S 2245 A-2-St 213).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Verluste aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit auch dann absetzbar sind, wenn die Einnahmen den Freibetrag von 2.400 EUR nicht übersteigen. Voraussetzung für die Berücksichtigung des Verlustes ist jedoch, dass die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird und insofern keine sog. Liebhaberei vorliegt (BFH-Urteil vom 20.11.2018, VIII R 17/16).

Der Fall: Ein Übungsleiter erzielt steuerfreie Einnahmen in Höhe von 108 EUR und hat Ausgaben in Höhe von 608 EUR. Er macht die Differenz von 500 EUR als Verlust aus selbstständiger Tätigkeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigt den Verlust jedoch nicht. Der Beamte meint, Betriebsausgaben oder Werbungskosten aus der Tätigkeit als Übungsleiter könnten steuerlich nur dann berücksichtigt werden, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben den Übungsleiterfreibetrag übersteigen.

Nach Auffassung der BFH-Richter kann ein Übungsleiter, der steuerfreie Einnahmen unterhalb des Übungsleiterfreibetrags erzielt, die damit zusammenhängenden Aufwendungen steuerlich geltend machen, soweit sie die Einnahmen übersteigen. Andernfalls würde der vom Gesetzgeber bezweckte Steuervorteil für nebenberufliche Übungsleiter in einen Steuernachteil umschlagen. Allerdings muss die Übungsleitertätigkeit mit der Absicht der Gewinnerzielung ausgeübt werden. Falls eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliegt, wären die Verluste steuerlich nicht zu berücksichtigen.

STEUERRAT: Entstehen Ihnen im Zusammenhang mit einer begünstigten Nebentätigkeit in einem Jahr Aufwendungen, ohne dass Sie entsprechende Einnahmen erzielen, können Sie den Verlust dennoch gegen Nachweis als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen (BFH-Urteil vom 6.7.2005, XI R 61/04). Die Finanzverwaltung akzeptiert diese Entscheidung (OFD Frankfurt vom 28.12.2015, S 2245 A-2-St 213).

Weitere Infos: Nebentätigkeiten: Einzelheiten zu den Steuervergünstigungen

 

2. TV-Preisgelder:
"Zuhause im Glück"-Teilnehmer müssen Renovierung versteuern

Beim Fernsehformat "Zuhause im Glück" werden die Eigenheime bedürftiger Familien umgebaut und renoviert. Dabei überlässt der Eigentümer sein Haus für die Filmaufnahmen der Umbau- und Renovierungsarbeiten. Daneben verpflichtet er sich zu Interviews und zur Kamerabegleitung. Zudem räumt er der Produktionsgesellschaft umfassend die Verwendungs- und Verwertungsrechte an den Filmaufnahmen ein. Hierfür erhält der Eigentümer zwar kein Geld, er braucht jedoch die Renovierungskosten nicht zu bezahlen. Die Frage ist, ob die "erhaltenen" Renovierungsleistungen versteuert werden müssen. Das Finanzamt hat in einem Streitfall 65 Prozent der angefallenen Kosten als zusätzliches Einkommen besteuert.

AKTUELL hat das FG Köln entschieden, dass der Teilnehmer an der Doku-Reality-Show "Zuhause im Glück" die bei ihm durchgeführten Renovierungen als geldwerten Vorteil versteuern muss (FG Köln vom 28.2.2019, 1 V 2304/18). Das Finanzgericht gab dem Finanzamt dem Grunde nach Recht. Denn der Teilnehmer erbringe gegenüber der Produktionsgesellschaft unterschiedliche Leistungen, die als "sonstige Leistungen" nach § 22 Nr. 3 EStG versteuert werden müssten.

Dennoch haben die Finanzrichter die Vollziehung der Steuer überwiegend ausgesetzt. Der Antragsteller muss die Einkommensteuer vorläufig (überwiegend) nicht bezahlen. Denn das Finanzamt habe nicht klar zwischen den Kosten der Renovierung und den allgemeinen Produktionskosten der Sendung differenziert. Nur die reinen Renovierungsleistungen seien steuerpflichtig.

Die Entscheidung ist im vorläufigen Rechtsschutz ergangen, mit dem sich der Antragsteller gegen die Vollziehung und damit die Bezahlung der Einkommensteuer bis zur Entscheidung über seinen Einspruch gewandt hat. Es bleibt also abzuwarten, wie im Hauptverfahren entschieden wird.

Weitere Informationen: Preise und Preisgelder

 

3. eBay:
An- und Verkauf von Artikeln aus Haushaltsauflösungen ist steuerpflichtig

Personen, die Artikel über eBay angeblich privat verkaufen, sind vor einem Zugriff des Fiskus nicht geschützt. Die Finanzbeamten prüfen mitunter recht systematisch, wer auf den Plattformen zwar als Privatmann oder -frau auftritt, tatsächlich aber wie ein gewerblicher Händler tätig ist. Und so führt einmal der Verkauf einer - angeblich geerbten - Sammlung von Pelzmänteln zur Einkommensteuer- und Umsatzsteuerpflicht und ein anderes Mal der Verkauf von Bierdeckeln (vgl. BFH vom 12.8.2015, XI R 43/13 und FG Köln v. 4.3.2015, 14 K 188/13).

AKTUELL hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass der nachhaltig ausgeübte Handel mit Gebrauchsgegenständen auf der Internetplattform eBay, die jeweils mit dem Mindestgebot von 1 EUR eingestellt wurden, grundsätzlich als gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist (Urteil vom 19.7.2018, 2 K 1835/16).

  • Der Fall: Eine Frau hatte beim Stöbern bei Haushaltsauflösungen kostengünstig diverse Gegenstände eingekauft und diese nachfolgend auf eBay in Form von Versteigerungen zum Verkauf angeboten. Sie hat dabei nach Erkenntnissen der Steuerfahndung im Jahr 2009 bei 577 Auktionen Einnahmen von 40.000 EUR generiert; im Jahr 2010 waren es bei 1057 Auktionen Einnahmen von 70.000 EUR. In den Folgejahren erzielte sie Einnahmen zwischen 80.000 EUR und 90.000 EUR. Zur Durchführung dieser Tätigkeiten hatte die Frau 4 eBay-Accounts eingerichtet und 2 Girokonten eröffnet. Auf der Basis der Ermittlungen der Steuerfahndung hat das Finanzamt für die Streitjahre Steuerbescheide erlassen. Mangels Gewinnermittlungen hat das Finanzamt die Betriebsausgaben mit 30 Prozent der Betriebseinnahmen geschätzt.
  • Die eBay-Verkäuferin wehrte sich hiergegen. Der Verkauf der Gegenstände, die sie bei Haushaltsauflösungen erworben habe, sei ein privates Hobby. Ihr mache es Spaß, bei eBay zu zuschauen, wie sich kurz vor Ablauf der Auktion die Preise nach oben bewegen würden. Der Verkauf sei fast wie Lotto spielen. Lottospiele seien jedoch keine einkommensteuerbare gewerbliche Tätigkeit. Sie habe zudem auch zahlreiche Produkte unter Einstandspreis einfach nur für 1 EUR verschleudert oder weggeworfen. Doch die Finanzrichter hatten kein Einsehen. Die eBay-Verkäuferin habe nicht lediglich privates Vermögen verwaltet und veräußert bzw. eine Hobbytätigkeit ausgeübt, sondern eine wirtschaftliche, also nachhaltige gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Sie sei dabei wie ein gewerblicher Händler aufgetreten.
  • Einen Teilerfolg konnte sie dennoch verbuchen: Das Finanzamt habe die Höhe der erzielten Einkünfte nicht zutreffend ermittelt, weil noch weitere Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Das Gericht hält im Streitfall die Schätzung von Betriebsausgaben in Höhe von 60 Prozent des Nettoumsatzes für gerechtfertigt.

STEUERRAT: Gegen das Urteil liegt mittlerweile die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. X R 26/18 vor. Dieser muss entscheiden, wo die Grenze zwischen einem reinen Hobby und einem Gewerbebetrieb liegt. Berufen Sie sich in ähnlichen Fällen auf dieses Verfahren, wenn das Finanzamt bei Ihnen eine Gewerblichkeit annimmt.

Weitere Informationen: Verkäufe über Ebay: Was Sie steuerlich wissen müssen

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Vermietung:
Abstandszahlung an den Mieter als Werbungskosten absetzbar?

Mancher Vermieter möchte seinen Mieter dazu bewegen, vorzeitig die Wohnung zu räumen, und zahlt ihm zur Erleichterung seiner Entscheidung eine Entschädigung. Ob der Vermieter diese Abstandszahlung nun als Werbungskosten absetzen darf, hängt davon ab, welchen Zweck er mit der Wohnung beabsichtigt.

  • Zahlt der Vermieter dem Mieter eine Abfindung, damit er die Wohnung neu und besser vermieten kann, darf er den Betrag als Werbungskosten absetzen. Dies gilt auch, wenn die Räume künftig nicht mehr als Wohnung, sondern als Büroräume vermietet werden, sog. Zweckentfremdung von Wohnraum. Gleiches gilt, wenn der Vermieter sich von einem unliebsamen Mieter trennen will, weil er einen angenehmeren Mieter sucht. Die Abstandszahlung steht hier in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der bisherigen und künftigen Vermietungstätigkeit (BFH-Urteil vom 24.10.1979, VIII R 92/77).
  • Falls der Vermieter beabsichtigt, die Wohnung anschließend selbst zu nutzen, ist ein Werbungskostenabzug leider nicht möglich. Zwar hängt die Abstandszahlung mit der früheren Vermietung zusammen, doch sie wird nicht gezahlt, um Einnahmen zu erwerben und zu sichern. Im Gegenteil: Sie wird gezahlt, um die Vermietungstätigkeit zu beenden. Deshalb ist die Entschädigung nicht mehr der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, sondern der privaten Lebensführung zuzurechnen. Dieser Zusammenhang überlagert die Veranlassung durch die frühere Einkunftsart (BFH-Urteil vom 7.7.2005, IX R 38/03).
  • Will der Vermieter die Wohnung anschließend verkaufen, kann die gezahlte Abfindung ebenfalls nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abgesetzt werden (BFH-Urteil vom 23.9.2003, IX R 20/02). Falls jedoch der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf weniger als 10 Jahre beträgt, liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor, und der Veräußerungsgewinn ist als sonstige Einkünfte zu versteuern. In diesem Fall ist die gezahlte Abfindung als Werbungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns abziehbar (§ 23 Abs. 3 EStG). Es handelt sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit der Veräußerung, die im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft einkünftemindernd vom Veräußerungspreis abgezogen werden. Die durch ein privates Veräußerungsgeschäft veranlasste Abstandszahlung ist - abweichend vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG - in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem der Veräußerungserlös zufließt (BFH-Urteil vom 17.7.1991, X R 6/91; BFH-Urteil vom 6.12.2016, IX R 18/16).

STEUERRAT: Übrigens können Sie als Vermieter Ihrem Mieter die erfreuliche Mitteilung machen, dass er die Abfindung seinerseits nicht zu versteuern braucht. Denn die Abfindung ist eine Entschädigung für die Aufgabe einer vermögenswerten Rechtsposition und damit nicht etwa als "sonstige Einkünfte" gemäß § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 14.9.1999, IX R 89/95).

Zahlt ein Mieter dem Vermieter eine Abstandszahlung für die vorzeitige Beendigung des Mietvertrages, muss der Vermieter diese Zahlung als "Einnahmen aus Vermietung" gemäß § 21 EStG versteuern. Steuerpflichtig ist auch eine Abstandszahlung, die ein Mietinteressent für die Entlassung aus dem Mietvorvertrag leistet. In diesem Fall unterliegt die Zahlung als Entschädigung für entgehende Einnahmen der Einkommensteuer gemäß § 24 Nr. 1a i.V.m. § 21 EStG (BFH-Urteil vom 21.8.1990, VIII R 17/86).

 

2. Kauf einer Immobilie:
Aufteilung des Kaufpreises mit Arbeitshilfe vom Fiskus

Wer ein Gebäude oder eine Eigentumswohnung kauft, erwirbt gleichzeitig auch den dazugehörigen Grund und Boden mit. Falls die Immobilie vermietet werden soll, können die Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung als Werbungskosten abgesetzt werden. Wohlgemerkt: Die Abschreibung ist nur möglich auf den Gebäudeanteil, nicht jedoch auf den Bodenanteil. Allein zu diesem Zweck muss der Gesamtkaufpreis auf das Gebäude und auf den Grund und Boden aufgeteilt werden. Die Kaufpreisaufteilung können entweder Käufer und Verkäufer bereits im Kaufvertrag festlegen, oder aber der Käufer muss die Aufteilung in seiner ersten Steuererklärung nach dem Erwerb vornehmen. Vor allem im zweiten Fall führt die Kaufpreisaufteilung häufig zu Streitereien mit dem Finanzamt, weil der Käufer den Gebäudeanteil und der Fiskus den Bodenanteil möglichst hoch ansetzen will.

Nach BFH-Rechtsprechung ist ein Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück nicht nach der sog. Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits aufzuteilen (z.B. BFH-Urteil vom 10.10.2000, IX R 86/97).

AKTUELL stellen die Finanzbehörden von Bund und Ländern mit Stand Mai 2019 eine verbesserte Arbeitshilfe als Excel-Datei zur Verfügung, die es ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder zu überprüfen, ob das Finanzamt eine Kaufpreisaufteilung korrekt vorgenommen hat. Zusätzlich steht eine Anleitung für die Berechnung zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises bereit (BMF-Schreiben vom 13.5.2019).

STEUERRAT: Bei der Aufteilung des Gesamtkaufpreises muss Ihnen daran gelegen sein, dass ein möglichst großer Batzen davon auf das Gebäude bzw. die Eigentumswohnung entfällt und der Anteil für den Grund und Boden möglichst gering ist. Es lohnt sich, von Anfang an die Weichen richtig zu stellen. Dies ist am leichtesten möglich, wenn Sie bereits im Kaufvertrag den Preis auf Grundstück und Gebäude aufteilen. Das Finanzamt wird im Allgemeinen diese Werte übernehmen, "solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen" (BFH-Urteil vom 10.10.2000, IX R 86/97).

Damit Sie den Gesamtkaufpreis selber ermitteln oder die Berechnung des Finanzamtes überprüfen können, steht hier die Arbeitshilfe mitsamt Anleitung zum Abruf bereit:

Weitere Informationen: Erwerb einer Immobilie: Aufteilung des Gesamtkaufpreises

 

3. Baukindergeld:
Welches Gericht ist bei Streitigkeiten zuständig?

Für die Auszahlung des Baukindergeldes und die Bearbeitung der entsprechenden Anträge ist nicht die Finanzverwaltung, sondern die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zuständig. Dennoch greift diese einerseits auf die Steuerbescheide, andererseits aber auch auf viele Begriffsbestimmungen aus dem Steuerecht zurück. Steuerrat24 hat in den vergangenen Monaten bereits über viele Zweifelsfragen im Zusammenhang mit dem Baukindergeld berichtet. Und in Zukunft werden sicherlich weitere Fragen aufkommen. Doch was gilt, wenn Immobilienbesitzer mit ihrem Antrag auf Gewährung des Baukindergeldes bei der KfW scheitern? Oder das bereits gezahlte Baukindergeld zurückgefordert wird? Wie können sich Betroffene zur Wehr setzen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen?

In dem Merkblatt der KfW heißt es: "Auf eine Förderung besteht kein Rechtsanspruch." Das könnte darauf hindeuten, dass der Anspruch auf Auszahlung des Baukindergeldes nicht einmal einklagbar bzw. gerichtlich überprüfbar ist. Der renommierte Richter am Bundesfinanzhof, Prof. Dr. Gregor Nöcker, weist allerdings in einem Fachaufsatz darauf hin, dass seines Erachtens der Gang zum Gericht zulässig sein muss - jedoch nicht zum Finanzgericht, sondern zum Verwaltungsgericht. Er begründet dies mit einem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/M. vom 21.10.2002 (1 E 4379/01). Das heißt also: Verweigert die KfW die Auszahlung des Baukindergeldes, sollte eine so genannte Gestaltungsklage erhoben werden - natürlich nur, wenn der Antragsteller der Auffassung ist, dass die KfW unrechtmäßig gehandelt hat (Nöcker, AO-StB 2019, S. 93).

Während schon fraglich ist, welches Gericht zuständig ist, wenn das Baukindergeld abgelehnt wird, wird es noch komplizierter, wenn das - bereits ausgezahlte - Baukindergeld zurückgefordert wird. Folgt man der KfW, dass auf die Förderung kein Rechtsanspruch besteht, so könnte die Auffassung vertreten werden, dass eine Rückforderung rein privatrechtlichen Charakter hat. Dann wären die Zivilgerichte zuständig. Das hätte übrigens den positiven Aspekt, dass bei einem Rechtsstreit zahlreiche Rechtsschutzversicherungen greifen würden. Allerdings kann mit guten Argumenten die Ansicht vertreten werden, dass auch in diesem Fall die Verwaltungsgerichte zuständig wären.

Letztlich müssen Betroffene also damit rechnen, dass ihre Klage möglicherweise allein deshalb als unzulässig verworfen wird, weil sie beim - vermeintlich - falschen Gericht eingelegt worden ist. Aus heutiger Sicht kann nur die Empfehlung gegeben werden, sehr frühzeitig das Gespräch mit dem Verwaltungsgericht zu suchen, um zu klären, ob dieses sich als zuständig ansieht. Die Erfahrung zeigt, dass zumindest einige Richter diesbezüglich gegenüber den Bürgern sehr hilfsbereit sind.

MEINUNG: Obwohl die Finanzverwaltung über jahrzehntelange Erfahrung mit der Eigenheimzulage verfügt und eine umfassende Rechtsprechung vorliegt, hat sich die Bundesregierung entschieden, das Baukindergeld - obwohl es mit der Eigenheimzulage durchaus vergleichbar ist - in die Hände der KfW zu legen. Sicherlich kann die KfW die Anträge unbürokratischer abwickeln als die Finanzverwaltung. Allerdings werden in Zukunft die Verwaltungs- oder eventuell die Zivilgerichte über Fragen entscheiden müssen, die seitens der Finanzgerichtsbarkeit längst geklärt waren. Dadurch werden auf Seiten der Gerichte Kapazitäten gebunden, die dringend an anderer Stelle gebraucht würden. Da beschwere sich noch einmal jemand über den Richtermangel.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Wenn es um die Höhe des maßgeblichen Haushaltseinkommens geht, das mittels der Steuerbescheide nachzuweisen ist, sind natürlich die Finanzämter zuständig. Ein potenziell falscher Steuerbescheid kann nur von diesen geändert werden; gegebenenfalls ist der Gang vor das Finanzgericht erforderlich.

Weitere Informationen: Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld

 

4. Gartenarbeiten:
So sparen Sie 12 Prozentpunkte Umsatzsteuer

Wer seinen Garten neu gestalten lassen möchte, wird zwar sicherlich nicht in erster Linie an die Umsatzsteuer denken. Bei aufwendigeren Arbeiten kann es aber schon hilfreich sein zu wissen, ob auf die Arbeiten eines Garten- und Landschaftsbauers der ermäßigte oder der volle Umsatzsteuersatz anzuwenden ist. Denn letztlich geht es für den Auftraggeber um die Frage, ob sich die Arbeiten um 12 Prozent verteuern.

Grundsätzlich gilt: Die Arbeiten eines Garten- und Landschaftsbauers unterfallen dem vollen Steuersatz von 19 Prozent, während die Lieferung von Pflanzen nur dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent unterliegt. Doch wenn ein Garten- und Landschaftsbauer mit der Neugestaltung des Gartens beauftragt wird und dabei auch gleich die Pflanzen beschafft, wird es kompliziert.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Lieferung von Pflanzen mit den Gartenbauarbeiten eine einheitliche komplexe Leistung bildet, wenn auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts eine Gartenanlage geschaffen wird. Folge: Die gesamte Leistung, also auch die Beschaffung der Pflanzen, unterfällt einem Steuersatz von 19 Prozent (BFH-Urteil vom 14.2.2019, V R 22/17).

  • Der Fall: Ein Garten- und Landschaftsbaubetrieb sollte einen Barockgarten errichten. Im Preis zunächst nicht enthalten war die Lieferung der einzusetzenden Pflanzen; diese sollten vom Bauherrn zur Verfügung gestellt werden. Allerdings einigte man sich später doch darauf, dass die Pflanzenlieferung durch den Garten- und Landschaftsbauer erfolgen sollte. Laut Schlussrechnung entfielen auf die Pflanzenlieferung rund 129.000 EUR. Diese sollten nach Ansicht des Unternehmers nur einer Umsatzsteuer von 7 Prozent unterliegen. Finanzamt und letztlich auch der BFH unterwarfen die Pflanzenlieferung aber dem vollen Steuersatz.
  • Mit der Gartenanlage sei etwas Eigenständiges, Neues geschaffen worden. Die Pflanzenlieferung und die Gartenbauarbeiten seien daher einheitlich zu beurteilen; eine Trennung in zwei Leistungen und damit die Anwendung von zwei unterschiedlichen Steuersätzen komme nicht in Betracht.

Wenn Pflanzen in einer Baumschule gekauft werden und diese die Pflanzen anschließend auch eingesetzt, sieht die Sache anders aus. Das bloße Einpflanzen der dort gekauften Pflanzen und die entsprechende Lieferung der Pflanzen können jeweils selbständige Leistungen sein, so dass auf den Pflanzenverkauf der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist (BFH-Urteil vom 25.6.2009, V R 25/07, BStBl 2010 II S. 239). Solange also keine Neugestaltung des Gartens vorliegt, bleibt es bei dem Steuersatz von 7 Prozent für die Pflanzen. Wer soll das noch verstehen?

STEUERRAT: Zugegebenermaßen ging es in dem aktuellen Fall um eine große und aufwendige Gartenanlage. Letztlich wäre der Fall aber bei kleineren Gärten wohl nicht anders zu lösen. Von daher kann es empfehlenswert sein, wenn der Bauherr die Pflanzen separat, also von einem anderen Betrieb erwirbt. Dann bliebe es insoweit bei dem ermäßigten Steuersatz und nur die reine Leistung des Garten- und Landschaftsbauers wäre mit 19 Prozent zu versteuern.

 

5. Ferien auf dem Bauernhof:
Wann ist eine Zimmervermietung gewerblich?

Viele Landwirte vermieten einige Zimmer ihres Bauernhofs oder aber Ferienwohnungen an Urlauber. Es stellt sich dann die Frage, wann die Zimmervermietung gewerbliche Züge annimmt und eine Gewerbesteuerpflicht auslöst.

AKTUELL hat sich die Oberfinanzdirektion Frankfurt/M. mit entsprechenden Abgrenzungsfragen befasst (Verfügung vom 15.2.2019, S 2230 A-008-St 216). Danach gilt:

  • Erträge aus der Vermietung von Zimmern bzw. Ferienwohnungen (Urlaub auf dem Bauernhof) gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn mindestens vier Zimmer oder mindestens sechs Betten zur Beherbergung von Fremden bereitgehalten werden (entsprechend R 15.5 Abs.13 der Einkommensteuer-Richtlinien). Eine Gewerblichkeit ist unabhängig von der Zahl der Zimmer oder Betten auch dann gegeben, wenn außer dem Frühstück mindestens eine Hauptmahlzeit gewährt wird. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, gehören die Erträge aus der Überlassung der Zimmer an Feriengäste entweder zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft oder zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
  • Die Erträge gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn das Zimmer bzw. die Wohnung dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen zuzurechnen sind. Das ist u.a. dann der Fall, wenn auf einem zuvor landwirtschaftlich genutzten Grundstück eine Ferienwohnung errichtet oder in dem noch zum Betriebsvermögen gehörenden Wohngebäude das Dachgeschoss für Feriengäste hergerichtet bzw. ausgebaut wird und die Wohnung und der zugehörige Grund und Boden nicht durch eine eindeutige Entnahmehandlung aus dem Betriebsvermögen (unter Aufdeckung der stillen Reserven) entnommen worden sind. Die Räumlichkeiten gehören dann zum sogenannten gewillkürten (geduldeten) Betriebsvermögen.
  • Hat der Land- und Forstwirt beispielsweise das Zimmer bzw. die Wohnung (und den anteiligen Grund und Boden) aus dem Betriebsvermögen (steuerpflichtig) entnommen oder eine Ferienwohnung auf einem Grundstück errichtet, das bisher zum Privatvermögen gehörte, sind die Einnahmen hieraus bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Eine Einlage in das land- und forstwirtschaftliche Betriebsvermögen ist nicht möglich, da die Räumlichkeiten in keinem objektiven Zusammenhang zur Land- und Forstwirtschaft stehen und auch nicht geeignet sind, diese zu fördern. Das Gleiche gilt, wenn die Zimmer oder die Wohnung auf zugekauften, bisher nicht zum Betriebsvermögen gehörendem Grund und Boden errichtet oder einschließlich Grund und Boden erworben werden.

HINWEIS: Die Finanzverwaltung weist in ihrer Verfügung ausdrücklich darauf hin, dass die Betriebe mit Fremdenbeherbergung durch Auswertung der öffentlichen Werbung oder im Internet ermittelt werden können. Die Finanzbeamten werden von dieser Möglichkeit regen Gebrauch machen - allerdings eher nicht, um selbst Ferienunterkünfte zu finden, sondern um Steuersünder aufzuspüren.

 

6. Vorbehaltsnießbrauch:
Kein Kostenabzug für Eigentümer vor Nießbrauchsende

Viele Eltern übertragen ihren Kindern schon zu Lebzeiten eine - vermietete - Immobilie, behalten sich aber vor, bis zu ihrem Tode weiterhin die Erträge zu vereinnahmen. Man spricht insoweit von einem Vorbehaltsnießbrauch. In einkommensteuerlicher Hinsicht werden die Eltern quasi weiterhin wie Eigentümer betrachtet, das heißt, ihnen werden die Einnahmen zugerechnet. Im Gegenzug können sie die Aufwendungen für die Immobilie weiter als Werbungskosten abziehen.

In der Praxis ist allerdings folgender Fall oft anzutreffen: Mit zunehmendem Alter werden die Renovierungen am Haus nicht mehr von den Eltern getragen, sondern von den Kindern, also den Eigentümern. Bei hohen Kosten ist dafür mitunter die Aufnahme eines Darlehens erforderlich. Können die Kinder die Kosten und die Schuldzinsen dann als vorab entstandene Werbungskosten steuerlich geltend machen? Denn früher oder später erlischt das Nießbrauchsrecht schließlich und die Kosten werden aufgewandt, damit die Immobilie in einem guten Zustand verbleibt. Kurze Antwort: Leider nein, die Kosten werden bei den Eigentümern steuerlich nicht berücksichtigt - so zumindest der Regelfall.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Eigentümer Aufwendungen für sein Grundstück, das mit einem lebenslänglichen Nutzungsrecht belastetet ist, regelmäßig nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehen kann, solange ein Ende der Nutzung durch den Dritten nicht absehbar ist (BFH-Urteil vom 19.2.2019, IX R 20/17).

  • Der Fall (hier etwas vereinfacht dargestellt): Sohn und Tochter erhielten von den Eltern ein Mietwohngebäude. Mutter und Vater behielten sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Einige Jahre später erwarb der Sohn von seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil an dem nießbrauchsbelasteten Grundstück zum Kaufpreis von 250.000 EUR. In seiner Einkommensteuererklärung machte er für diesen Grundstücksanteil eine Absetzung für Abnutzung sowie Schuldzinsen als vorab entstandene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab. Der BFH teilt die Sichtweise des Fiskus.
  • Zwar können Werbungskosten für eine Immobilie schon anfallen, bevor entsprechende Einnahmen erzielt werden. Voraussetzung für einen Abzug solcher vorab entstandener Werbungskosten ist aber, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht. Der Mutter stand ein lebenslänglicher Nießbrauch an dem Grundstück zu; sie hat das Grundstück auch vermietet und die Erträge erzielt. Damit war vorliegend der notwendige wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Kosten und zukünftigen Einnahmen nicht gegeben, da ein Ende der Nutzung nicht absehbar war und der Sohn somit auch nicht in absehbarer Zeit mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung rechnen konnte.

STEUERRAT: Anders wäre der Fall zu beurteilen gewesen, wenn ein Ende der Nutzung durch die Mutter absehbar oder verbindlich zugesagt gewesen wäre. Der BFH hatte diesbezüglich mit Urteil vom 25.2.2009 (IX R 3/07) wie folgt entschieden: "Der Eigentümer eines nießbrauchsbelasteten Mehrfamilienhauses kann die von ihm getragenen Renovierungskosten als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, wenn er die Aufwendungen im eigenen Interesse als zukünftiger Nutzer des Hauses gemacht hat und der auf dem Haus lastende Nießbrauch zeitnah aufgehoben werden soll." Dies ist aber nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen.

 

VI. Renten und Pensionen

1. Hinterbliebenenrenten:
Höhere Hinzuverdienst-Freibeträge ab Juli 2019

Bei der Witwen-/Witwerrente und Erziehungsrente wird eigenes Einkommen grundsätzlich angerechnet. Zunächst wird aus den Bruttoeinnahmen durch verschiedene Pauschalabzüge ein fiktives Nettoeinkommen ermittelt. Dieses Nettoeinkommen bleibt in Höhe bestimmter Freibeträge anrechnungsfrei (siehe Tabelle). Soweit das Nettoeinkommen die Freibeträge übersteigt, wird es zu 40 % auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet.

AKTUELL steigen zum 1.7.2019 die Anrechnungsfreibeträge für Hinzuverdienste, weil der aktuelle Rentenwert angehoben wird (West: 33,05 EUR, Ost: 31,89 EUR). Der Freibetrag für die Einkommensanrechnung ist mit dem aktuellen Rentenwert verknüpft. So ist sichergestellt, dass er mitwächst, wenn die Renten erhöht werden. Er beträgt für Witwen- und Witwerrenten und Erziehungsrenten das 26,4-fache des aktuellen Rentenwertes. Wenn Sie Kinder haben, steigt der Freibetrag für jedes Kind, das grundsätzlich einen Anspruch auf Waisenrente hat, um das 5,6‑fache des aktuellen Rentenwertes. Es ist nicht notwendig, dass Ihr Kind die Waisenrente tatsächlich bezieht.

Das sind die Anrechnungsfreibeträge (ab 1.7.2019) 

 

West

Ost

 

ab 1.7.2019

bisher

ab 1.7.2019

bisher

Witwen-/Witwerrente, Erziehungsrente

- zuzüglich je Kind

872,52 EUR

185,08 EUR

845,59 EUR

179,37 EUR

841,90 EUR

178,58 EUR

810,22 EUR

171,86 EUR

STEUERRAT: Eine Einkommensanrechnung erfolgt nicht in den ersten drei Kalendermonaten nach dem Tod des Versicherten. In diesem "Sterbevierteljahr" wird die Witwen-/Witwerrente stets ungekürzt gezahlt.

Erfreuliche Regelung bei der Waisenrente: Seit dem 1.7.2015 wird bei volljährigen Waisen auf die Anrechnung eigenen Einkommens vollkommen verzichtet. Folglich werden Waisenrenten unabhängig von den Einkommensverhältnissen immer in voller Höhe gezahlt. Bei Waisen, die noch keine 18 Jahre alt sind, wurde schon bisher auf eine Einkommensanrechnung verzichtet (§ 97 SGB VI).

Weitere Informationen: Hinterbliebenenrente: Witwen- oder Witwerrente

 

2. Versorgungsbezüge:
Sterbegeld aus der Beamtenversorgung steuerfrei?

Das Sterbegeld dient der Versorgung der Hinterbliebenen. Beim Tod von Beamten bzw. Ruhestandsbeamten (Pensionären) erhalten der überlebende Ehegatte und die Kinder ein Sterbegeld in zweifacher Höhe der monatlichen Dienstbezüge bzw. Pension. Die Frage ist, ob das Sterbegeld als Bezug aus früheren Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig ist oder ob es als eine der Beihilfe vergleichbare, zweckgebundene Leistung zur Deckung der Beerdigungskosten anzusehen und daher nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist.

Gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden, steuerfrei. R 3.11 Abs. 1 LStR regelt hierzu u.a., dass Beilhilfen in Krankheits-, Geburts- oder Todesfällen oder Unterstützungen in besonderen Notfällen an Arbeitnehmer von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts aufgrund von Beilhilfevorschriften (Beihilfegrundsätzen) oder Unterstützungsvorschriften (Unterstützungsgrundsätzen) des Bundes oder der Länder oder von entsprechenden Regelungen, steuerfrei sind.

AKTUELL hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass das Sterbegeld aus der Beamtenversorgung steuerfrei ist. Zwar handele es sich beim ausgezahlten Sterbegeld um Bezüge aus früheren Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, dennoch sei die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11 EStG anzuwenden. Denn es seien Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden (FG Berlin-Brandenburg vom 16.1.2019, 11 K 11160/18, Revision VI R 8/19).

  • Der Fall: In 2018 verstarb die Mutter von A, welche Ruhestandsbeamtin war. A erhielt als einziger Abkömmling ein Sterbegeld in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats. Die Auszahlung erfolgte nach Abzug von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag. Im Rahmen des Einkommensteuerbescheids 2018 ermittelte das Finanzamt die Einkünfte unter Berücksichtigung eines Versorgungsfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrags und rechnete die bereits einbehalten Steuerabzugsbeträge an. A ist dagegen der Meinung, dass das den nächsten Angehörigen eines Beamten gewährte Sterbegeld nicht als Einkommen zu versteuern ist, sondern als eine der Beihilfe vergleichbare, zweckgebundene Leistung zur Deckung der Beerdigungskosten anzusehen und daher gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei sei.
  • Nach Auffassung der Finanzrichter ist das Sterbegeld steuerfrei. Es wird an den überlebenden Ehegatten und die Abkömmlinge des verstorbenen Beamten typisierend wegen deren - durch den Todesfall bedingten - Hilfsbedürftigkeit gewährt. Es handele sich daher um eine finanzielle Hilfestellung zur Abdeckung des infolge des Todesfalles entstehenden Mehraufwandes. Dies werde zunächst daraus deutlich, dass das Sterbegeld nicht pauschal als Festbetrag ausgezahlt wird, sondern sich in seiner Höhe nach der Höhe der letzten Dienst- bzw. Ruhegehaltsbezüge des verstorbenen Beamten bemisst. Darüber hinaus ergäbe sich der Charakter des Sterbegeldes als Leistung wegen einer typisierend angenommenen Hilfsbedürftigkeit daraus, dass die Gewährung von Sterbegeld an den überlebenden Ehegatten und die Abkömmlinge des verstorbenen Beamten weder deren Erbenstellung voraussetzt noch, ob und in welcher Höhe diesen Sterbegeldberechtigten Sterbefallkosten im engeren Sinne (insbesondere Beerdigungskosten) entstehen.

STEUERRAT: Da höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob das Sterbegeld, welches aufgrund der beamtenrechtlichen Vorschriften zur Hinterbliebenenversorgung gewährt wird, nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist, hat das FG die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde. Vergleichbare Fälle sollten offen gehalten werden, bis der BFH (Az. VI R 8/19) entschieden hat.

 

3. Versorgungsbezüge:
Sterbegeld aus einer Pensionskasse an die Erben

In der betrieblichen Altersversorgung wird eine Hinterbliebenenversorgung (Kapital, Beitragsrückgewähr oder Rente) nur an den Ehepartner, den eingetragenen Lebenspartner, den namentlich benannten Lebensgefährten oder die waisenrentenberechtigten Kinder ausgezahlt. Sind keine der genannten Hinterbliebenen vorhanden, wird ein sog. Sterbegeld an die Erben geleistet, das auf einen bestimmten Betrag, z.B. 8.000 EUR, begrenzt ist.

Die Frage ist, wie die Besteuerung erfolgt. Man könnte annehmen, dass das Sterbegeld von der Einkommensbesteuerung auszunehmen sei. Die Vorschrift des § 22 EStG gelte nur für Vertragspartner des Versicherungsvertrages, nicht aber für bloße Gesamtrechtsnachfolger. Für diese seien allein die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes maßgebend. Die Erben hätten keine Einkünfte bezogen, sondern einen Nachlass erhalten.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass das Sterbegeld von einer Pensionskasse, das an andere Personen als die genannten Hinterbliebenen gezahlt wird, zu den "Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen" gehört und deshalb auch bei den Erben als "sonstige Einkünfte" steuerpflichtig ist (gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG). Diese Norm erfasse jegliche Auszahlung aus Altersvorsorgeverträgen. Auch das Sterbegeld sei eine Leistung aus der Versicherung. Ob die Zahlung an die im Vertrag benannten Begünstigten oder an die Erben erfolge, sei nicht maßgeblich. Entscheidend sei allein die Grundlage nicht des Erbfalls, sondern des Vorsorgevertrages. Ob wegen gleichzeitiger Erfassung bei der Erbschaftsteuer eine Doppelbesteuerung erfolge, könne ebenfalls dahinstehen. Ausweislich der Ermäßigungsvorschrift des § 35b EStG lasse sich dies nicht immer vermeiden (FG Düsseldorf vom 6.12.2018, 15 K 2439/18 E, Revision X R 38/18).

Der Fall: Den Eheleuten war nach dem Tod ihres Sohnes von einer Pensionskasse ein Sterbegeld ausgezahlt worden. Der Auszahlung lag ein Versicherungsvertrag zugrunde, der ursprünglich von einem ehemaligen Arbeitgeber des Sohnes im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen worden war. Nach einem Arbeitgeberwechsel hatte der Sohn die Versicherung übernommen. Im Versicherungsvertrag waren als Bezugsberechtigte im Todesfall die "Hinterbliebenen" - also der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährtin und Kinder - bestimmt. Im Jahr 2012 verstarb der Sohn. Er hinterließ keine "Hinterbliebenen" und wurde von seinen Eltern beerbt. Die Pensionskasse zahlte an die Eltern die Versicherungsleistung begrenzt auf ein Sterbegeld i.H.v. 8.000 EUR aus. Das Finanzamt sah in der Auszahlung einkommensteuerpflichtige sonstige Einkünfte der Eltern und unterwarf sie der Einkommensbesteuerung. Das Finanzgericht hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt, dass die Auszahlung als eine Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag zu besteuern ist.

STEUERRAT: Die hier streitige Frage der Besteuerung des Sterbegeldes an Erben, die nicht zugleich Hinterbliebene i.S. der Altersvorsorgeversicherung sind, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Jetzt muss der BFH diese Frage klären (Az: X R 38/18).

 

4. Steuererklärung:
Vereinfachte Veranlagung von Rentnern und Pensionären

In den Ländern Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen wird die Steuererklärung 2018 für Rentner und Pensionäre ab sofort deutlich einfacher: Hier ist am 2. Mai 2019 ein entsprechendes Pilotprojekt gestartet.

Rentner und Pensionäre können für ihre Steuererklärung 2018 auf die umfangreichen Steuerformulare verzichten und stattdessen ein neues zweiseitiges Formular "Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften" verwenden. Darin machen sie ihre Spenden und Mitgliedsbeiträge, Kirchensteuer, außergewöhnliche Belastungen sowie Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen geltend. Das wars. Damit sind alle steuerlichen Pflichten erledigt.

  • Die überwiegende Anzahl der steuerlich relevanten Informationen hat das Finanzamt bereits von dritter Seite elektronisch erhalten, z.B. die elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelten Renteneinkünfte oder/und Pensionen sowie die Krankenversicherungsbeiträge.
  • Sie können die "Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften" verwenden, wenn Sie ausschließlich Renteneinkünfte und / oder Pensionen bezogen haben und der Rentenversicherungsträger / der Arbeitgeber Ihre Renteneinkünfte / Pensionen elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt hat. Zudem dürfen Sie keine weiteren in- oder ausländischen Einkünfte bezogen haben.
  • Ehegatten / Lebenspartner können die "Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften" verwenden, wenn sie die Zusammenveranlagung wählen und beide Ehegatten / Lebenspartner ausschließlich Renteneinkünfte und / oder Pensionen bezogen haben und die übrigen o.g. Kriterien erfüllen.
  • Sofern allerdings zusätzliche Einkünfte wie z.B. aus Vermietung oder Gewerbe vorliegen, müssen die vollumfänglichen Steuererklärungsvordrucke genutzt werden.

Hier können Sie das neue Formular zur vereinfachten Steuererklärung herunterladen:

- Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften.

 

VII. Selbstständige

1. Minijobs:
20-Stunden-Regelung bei Arbeit auf Abruf wird tatsächlich geprüft

Ob in der Gastronomie, im Baugewerbe oder im Garten- und Landschaftsbau - in diesen und anderen Branchen ist der Einsatz der Mitarbeiter im Voraus nicht immer planbar. Daher greifen Arbeitgeber gerne auf Minijobber zurück, die ihnen "auf Abruf" zur Verfügung stehen. Bereits im SteuerSparbrief März 2019 hat Steuerrat24 darauf hingewiesen, dass es für diese Fälle seit dem 1. Januar 2019 eine wichtige Neuregelung gibt: Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gelten 20 Stunden pro Woche als vereinbart (§ 12 Abs. 1 TzBfG). Bislang galten nur zehn Stunden als vereinbart.

Das heißt: Bei der so genannten "Arbeit auf Abruf" werden nun 20 Wochenstunden als ausgemacht angesehen, wenn keine ausdrücklichen - schriftlichen - Regelungen zur Arbeitszeit existieren. Bei einem Mindestlohn von 9,19 EUR ist die Minijobgrenze von 450 EUR damit stets überschritten und die Beschäftigung wäre sozialversicherungspflichtig. Derzeit geht die Fachpresse davon aus, dass von der Neuregelung nicht nur die eingangs genannten typischen Fälle (Gastronomie etc.) der Arbeit auf Abruf betroffen sind, sondern im Prinzip alle Fälle, in denen keine schriftlichen Vereinbarungen zur Arbeitszeit bestehen. Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn die Anzahl der geleisteten Stunden oder das Gehalt gleichbleiben.

Bislang bestand auf Seiten der Arbeitgeber ein wenig Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm kommen wird. Aber: Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben am 21.3.2019 beschlossen, die neue Regelung "anzuwenden". Was bleibt ihnen auch anderes übrig?

In ihrem Besprechungsergebnis heißt es unmissverständlich: Der auf Basis dieser fiktiven Wochenarbeitszeit bestehende Entgeltanspruch des Arbeitnehmers ist unabhängig davon zu berücksichtigen, ob in diesem Umfang tatsächlich Arbeit geleistet oder vergütet wurde. Angesichts der Erhöhung der Wochenstundengrenze werden - selbst unter Zugrundelegung lediglich des Mindestlohns - die Grenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der Regel überschritten. Somit können Arbeitnehmer mit entsprechenden Abrufarbeitsverhältnissen ohne Festlegung der Arbeitszeit nicht (mehr) geringfügig entlohnt beschäftigt sein (Niederschrift über die Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 21.03.2019, Punkt 4.).

Leider lässt der Beschluss nicht erkennen, wann denn nun konkret von einer "Arbeit auf Abruf" auszugehen ist. Daher muss wohl befürchtet werden, dass die Prüfer der Sozialversicherung in allen Fällen die 20 Wochenstunden unterstellen werden, in denen keine schriftlichen Vereinbarungen zur Arbeitszeit bestehen und die Stundenzahl oder das Gehalt schwanken - man spricht insoweit auch von einem "Phantomlohn."

Auch bei geringfügig Beschäftigten empfiehlt es sich also, die wöchentlich zu erbringende Arbeitszeit schriftlich zu fixieren, da sonst immer 20 Wochenstunden als vereinbart gelten und die dafür fälligen Sozialbeiträge zu entrichten wären. Selbstverständlich muss abgewogen werden, ob die damit gegebenenfalls für den Arbeitgeber einhergehenden weiteren Verpflichtungen hingenommen werden sollen.

Helfen eventuell die Vereinbarung einer Mindest- oder Höchstarbeitszeit weiter? Antwort: nur bedingt. Hier ist nämlich Absatz 2 des § 12 TzBfG zu beachten. Danach gilt:

  • Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen.
  • Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.

STEUERRAT: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.2.2012 (10 AZR 111/11) entschieden, dass die Arbeitsvertragsparteien nicht "gezwungen" sind, ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG zu begründen. Stattdessen können sie eine Rahmenvereinbarung und anschließend jeweils - befristete- Einzelarbeitsverträge abschließen. Auch der Arbeitnehmer könne ein Interesse an einer solchen Vertragskonstruktion haben; denn er kann dadurch über seine Zeit frei verfügen und läuft nicht Gefahr, dass seine anderweitigen Dispositionen und Verpflichtungen mit der Verpflichtung zur Arbeitsleistung kollidieren. Diese Konstruktion könnte also zumindest in bestimmten Fällen weiterhelfen, sollte aber mit einem arbeitsrechtlich versierten Juristen besprochen werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Einrichtung eines (Jahres-)Arbeitszeitkontos. Dieses ist auch für geringfügig Beschäftigte zulässig und ermöglicht, dass ein Minijobber - bei gleichbleibendem monatlichen Arbeitsentgelt - je nach Bedarf unterschiedlich viele Stunden pro Monat arbeitet. Zu Einzelheiten siehe: Arbeitszeitkonten für Minijobs (Information der Knappschaft Bahn See).

MEINUNG: Der Grund der Gesetzesänderung ist durchaus verständlich, da Arbeitnehmer mehr Sicherheit bezüglich ihrer Arbeitszeit und damit auch ihres Lohns erlangen sollen. Für Arbeitgeber ist sie aber nur schwer umsetzbar. Ein schwacher Trost ist lediglich die Regelung zu kurzfristigen Beschäftigungen, wonach keine Sozialabgaben anfallen, wenn die Beschäftigung von vornherein auf längstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt ist. Sie darf zudem nicht berufsmäßig ausgeübt werden, falls das Entgelt über 450 EUR im Monat liegt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

 

2. Umsatzsteuer:
Steuerfreiheit von Supervisionsleistungen

Vor den Finanzgerichten häufen sich die Fälle, in denen Vortragende und Lehrer die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen begehren. Zuletzt hatten wir über die negativen Entscheidungen zum Fahrschul- und zum Tanzunterricht berichtet. Nachfolgend wird aber ein positives Urteil zu so genannten Supervisionsleistungen vorgestellt.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Supervisionsleistungen nach EU-Recht von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn die Leistungen durch einen Privatlehrer erbracht werden und es sich um die Vermittlung von Kenntnissen im Rahmen der beruflichen Fortbildung handelt (FG Münster, Urteil vom 12.3.2019, 15 K 1768/17 U).

  • Der Fall: Die Klägerin erbrachte Supervisionsleistungen für verschiedene Institutionen. Vor Durchführung der Leistungen legte sie mit ihren Auftraggebern den Umfang der durchgeführten Sitzungen für deren Arbeitnehmer schriftlich und mündlich fest. Niederschriften über die erbrachten Supervisionsleistungen wurden dem Auftraggeber nicht übergeben, um zu gewährleisten, dass die jeweiligen Sitzungen innerhalb eines geschützten Rahmens stattfanden. Die Klägerin protokollierte die durchgeführten Sitzungen mit ihren wesentlichen Inhalten. Die Umsätze aus der Tätigkeit als Supervisorin behandelte sie in voller Höhe als nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Für 2014 vertrat das Finanzamt demgegenüber die Auffassung, dass für die Umsätze aus der Tätigkeit als Supervisorin weder eine Steuerbefreiung nach nationalen, noch nach unionsrechtlichen Vorschriften in Betracht komme. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.
  • Die Begründung des FG: Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer. Im Streitfall kommt diese Vorschrift zur Anwendung, da es um eine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler im Rahmen der beruflichen Fortbildung geht. Die Klägerin habe insbesondere durch Vorlage der Sitzungsprotokolle und Supervisionsvereinbarungen dargelegt, dass und wie sie professionelle Sozialarbeiter, Sozialpädagogen sowie andere in der Pflege tätige Arbeitnehmer schult und weiterentwickelt. Anhand der Darstellung der Klägerin sowie der von ihr überreichten Unterlagen sei ersichtlich, dass sie zunächst mit den Auftraggebern eine Absprache über Eckpunkte, beispielsweise Anzahl und Häufigkeit der Einheiten etc., und Inhalte der zu erbringenden Supervisionsleistungen trifft.
  • Die Klägerin habe ihre Tätigkeit auch als "Privatlehrerin" ausgeübt, da der Unterricht auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erfolgte. Der Unterrichtende müsse lediglich bestimmte Mindestqualifikationen vorweisen; hierfür sei es nicht erforderlich, dass er ein Hochschulstudium absolviert oder die Befähigung zum Lehramt erworben hat.

HINWEIS: Das Urteil ist kurz vor der Entscheidung des EuGH zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Fahrschulunterrichts ergangen (EuGH-Urteil vom 14.3.2019, Rs. C-449/17). Allerdings lässt das FG Münster erkennen, dass es den Fall ohnehin anders würdigen würde als den "Fahrschul-Fall", denn die Leistungen der Klägerin stellen - anders als Fahrunterricht - nach Auffassung des FG "dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten" im Sinne von Artikel 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL dar. Gleichwohl hat es die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das FG Köln hat übrigens mit Urteil vom 23.9.2015 in einem ähnlichen Fall die Supervisionsleistungen ebenfalls als steuerfrei angesehen, die Revision seinerzeit aber nicht zugelassen (FG Köln, Urteil vom 23.9.2015, 9 K 1649/14).

 

VIII. Kirchensteuer

1. Kirchgeld:
War das besondere Kirchgeld in Sachsen verfassungswidrig?

Wenn nur ein Ehegatte einer Religionsgemeinschaft angehört, die Kirchensteuer erhebt, wird in vielen Bundesländern bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten ein so genanntes besonderes Kirchgeld erhoben. Hintergrund für die Einführung des Kirchgeldes waren die Fälle, in denen der gut verdienende Ehegatte aus der Kirche ausgetreten ist, um die Kirchensteuer zu sparen, seine Familie jedoch in der Kirche verblieben ist. Über das Kirchgeld wird die Kirchensteuer - wirtschaftlich betrachtet - auch aus dem Einkommen des nicht kirchenangehörigen Ehegatten erhoben. Das besondere Kirchgeld wird von zahlreichen Steuerzahlern als ungerecht empfunden, allerdings ist es bislang als verfassungskonform eingestuft worden. Doch möglicherweise ändert sich die Sichtweise.

AKTUELL hält das Sächsische Finanzgericht die Regelung in Sachsen zum besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe für unvereinbar mit dem Grundgesetz, weil Ehegatten in den Jahren 2014 und 2015 ohne sachlichen Grund schlechter gestellt würden als eingetragene Lebenspartnerschaften. Die Regelung verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Beschluss vom 25.3.2019, 5 K 1549/18).

  • Im zugrundeliegenden Fall geht es um eine kirchenangehörige Steuerzahlerin, die mit ihrem Ehemann, der selbst nicht kirchensteuerpflichtig ist, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Sie wendet sich für 2014 und 2015 gegen die Schlechterstellung gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften, denn diese mussten in den Streitjahren kein besonderes Kirchgeld zahlen. Diese Schlechterstellung von Ehegatten beseitigte der Landesgesetzgeber erst mit Wirkung ab 2016. Seitdem muss das besondere Kirchgeld auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften bezahlt werden.
  • Das Sächsische FG möchte der Klägerin Recht geben, weil nicht einzusehen sei, warum der Sächsische Gesetzgeber Ehegatten und eingetragene Lebensgemeinschaften nicht schon seit 2014 gleichgestellt habe. Die Schlechterstellung hatte folgenden Hintergrund: Nach Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft kam diese einkommensteuerrechtlich zunächst nicht in den Genuss des Ehegattensplittings. Das Splitting wurde erst im Jahr 2013 eingeführt, und zwar rückwirkend für alle offenen Fälle. Der Freistaat Sachsen änderte - anders als alle anderen Bundesländer außer Sachsen-Anhalt - sein Landeskirchensteuergesetz aber zunächst nicht. Es stehe jedoch nicht im Belieben des Gesetzgebers, einen verfassungswidrigen Zustand längere Zeit aufrecht zu erhalten - so das Sächsische FG.
  • Das Sächsische FG hat die Frage, ob das besondere Kirchgeld in den Streitjahren verfassungswidrig war, daher dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Das Verfahren wurde bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt. Das dortige Aktenzeichen lautet: 2 BvL 6/19.

Weitere Informationen: Kirchensteuer in glaubensverschiedener Ehe

 

2. Kirchgeld:
Aufhebung des besonderen Kirchgelds in Bayern

Wenn nur ein Ehegatte einer Religionsgemeinschaft angehört, die Kirchensteuer erhebt, wird in vielen Bundesländern bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten ein so genanntes besonderes Kirchgeld erhoben. Das heißt: Die Kirchensteuer wird im wirtschaftlichen Ergebnis auch aus dem Einkommen des nicht kirchenangehörigen Ehegatten erhoben.

AKTUELL hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen bekannt gegeben, dass in Bayern die Evangelisch-Lutherische Kirche und die Evangelisch-Reformierte Kirche auf die Erhebung des besonderen Kirchgelds verzichten, und zwar rückwirkend ab dem Steuerjahr 2018 (Erlass des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 21.1.2019, BStBl I 2019 S. 213).

Die Evangelisch-Lutherische Kirche begründet ihren Entschluss wie folgt: "Das Besondere Kirchgeld durchbreche den Grundsatz der Individualbesteuerung, der in Bayern gelte. Der jährliche Ertrag liege mit 13,4 Millionen Euro bei weniger als zwei Prozent des Gesamtkirchensteueraufkommens und stehe nicht im Verhältnis zu dem Imageschaden, den die ELKB dadurch erleide. Seit seiner Einführung habe diese Steuer erhebliche, nicht zu behebende Akzeptanzprobleme verursacht" (Quelle: www.kirche-und-geld.de/besonderes-kirchgeld-abgeschafft.php).

Weitere Informationen: Kirchensteuer in glaubensverschiedener Ehe

 

IX. Schenkung und Erbschaft

1. Erbschaft und Schenkung:
Kein Staffeltarif bei der Steuerberechnung

Die Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer bemisst sich zum einen nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser oder Schenker und zum anderen nach der Höhe des erworbenen Vermögens. Zudem gibt es bestimmte persönliche und sachliche Freibeträge. Der Steuersatz für das erworbene Vermögen beträgt zum Beispiel in der Steuerklasse II (z.B. Erwerb von Bruder oder Schwester):

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschl.

Prozentsatz

75.000 EUR

15 %

300.000 EUR

20 %

600.000 EUR

25 %

6.000.000 EUR

30 %

Wer ein Erbe von 150.000 EUR zu versteuern hat, muss in der Steuerlasse II bei einem Steuersatz von 20 % also 30.000 EUR Erbschaftsteuer zahlen. Es gibt zwar in bestimmten Fällen einen gewissen Härteausgleich, das heißt, bei einem (geringfügigen) Überschreiten der jeweils vorhergehende Wertgrenze wird die Steuer gemindert. Doch dieser Härteausgleich ist nach Ansicht vieler Erben nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eine pfiffige Idee hatte indes ein Steuerzahler aus Baden-Württemberg. Er war der Meinung, dass der jeweils höhere Steuersatz bei einem Erreichen der nächsten Stufe nur für den übersteigenden Teil angewandt werden darf (vgl. SteuerSparbrief November 2018). In unserem Beispiel müsste also wie folgt gerechnet werden:

75.000 EUR x 15 % =

11.250 EUR

75.000 EUR x 20 % =

15.000 EUR

Summe

26.250 EUR

Die Finanzgerichtsbarkeit hat allerdings kein Einsehen und entschieden, dass die bisherige Berechnung zutreffend ist. Zunächst das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 18.7.2018, 7 K 1351/18) und nun auch der Bundesfinanzhof haben das Anliegen des Steuerbürgers zurückgewiesen (Beschluss vom 20.2.2019, II B 83/18). Die Prozenttarife der Erbschaftsteuer seien auf den gesamten Erwerb anzusetzen. Eine Aufspaltung des steuerpflichtigen Erwerbs in Teilbeträge mit unterschiedlichen Steuertarifen finde nicht statt. Der Härteausgleich kompensiere Nachteile durch Progressionssprünge abschließend. Der Gesetzgeber habe das Problem des Progressionssprungs gesehen und spezialgesetzlich geregelt.

 

X. Steuergrundlagen

1. Steuererklärung:
Welche Bedeutung das Freitextfeld im Steuerformular hat

In der Einkommensteuererklärung stößt man seit 2017 im Hauptformular in Zeile 98 auf einen kuriosen Text Ergänzende Angaben zur Steuererklärung. "Über die Angaben in der Steuererklärung hinaus sind weitere oder abweichende Angaben oder Sachverhalte zu berücksichtigen. Diese ergeben sich aus der beigefügten Anlage, welche mit der Überschrift 'Ergänzende Angaben zur Steuererklärung' gekennzeichnet ist." Was bedeutet das? In der amtlichen Anleitung zur Einkommensteuererklärung sucht man dazu leider vergebens eine Erläuterung.

Weil die Steuererklärungen in immer stärkeren Maße maschinell bearbeitet werden, will der Fiskus Ihnen mit diesem sog. qualifizierten Freitextfeld die Möglichkeit geben, individuelle Angaben zu machen, die nach Ihrer Auffassung Anlass für eine manuelle Bearbeitung und Prüfung durch den Finanzbeamten sein sollten. Dazu tragen Sie im Auswahlfeld eine "1" ein und machen auf einem Zusatzblatt Ihre Ausführungen zu Angaben und Sachverhalten, die im Formular keinen Platz finden, sowie zu Ihrer Rechtsauffassung, die bewusst von der amtlichen Auffassung abweicht. Hier können Sie auch klärungsbedürftige Sachverhalte darstellen. Die Anlage bezeichnen Sie als "Ergänzende Angaben zur Steuererklärung", und diese wird dann Bestandteil der Steuererklärung. So erreichen Sie, dass Ihre Steuerveranlagung nicht automationsgestützt erfolgt, sondern die Erklärung durch den Finanzbeamten manuell geprüft wird.

Um dies zu verdeutlichen, enthält das Formular folgenden Hinweis: "Wenn über die Angaben in der Steuererklärung hinaus weitere oder abweichende Angaben oder Sachverhalte berücksichtigt werden sollen, tragen Sie bitte eine '1' ein. Gleiches gilt, wenn bei den in der Steuererklärung erfassten Angaben bewusst eine von der Verwaltungsauffassung abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt wurde."

STEUERRAT: Wenn Sie wünschen, dass der Finanzbeamte sich Ihre Steuererklärung genauer ansieht, sollten Sie in Zeile 98 Eintragungen vornehmen. Falls Sie dies nicht wünschen, unterlassen Sie hier einen Eintrag. Sie sollten in Zeile 98 jedoch keine Eintragung vornehmen, wenn Sie mit der Steuererklärung lediglich Belege und Aufstellungen einreichen.

Wenn Sie Ihre Einkommensteuererklärung elektronisch erstellen, öffnet sich im Elster-Formular beim Klick in Zeile 98 auf das Auswahlfeld ein Textfeld, in dem Sie Ihre abweichenden Angaben, Sachverhalte oder Ihre von der Verwaltungsauffassung abweichende Rechtsauffassung niederschreiben können. Der Inhalt dieses Textfeldes wird zusammen mit den übrigen Daten der Steuererklärung elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt. In diesem Fall gibt es keine Anlage "Ergänzende Angaben zur Steuererklärung".

 

2. Steuerzinsen:
Bescheide ergehen vorläufig - Einspruch nicht mehr nötig

Wer seinen Steuerbescheid später als 15 Monate nach dem Steuerjahr erhält, muss bei einer Steuernachzahlung zusätzlich Zinsen zahlen. Diese Nachzahlungszinsen betragen jeweils 0,5 Prozent je vollen Monat. Wer indes eine Steuererstattung erhält, bekommt entsprechende Erstattungszinsen (§§ 233a, 238 AO). Der Bundesfinanzhof hat bereits Zweifel an der Höhe der Zinsen geäußert. Daneben sind derzeit auch beim Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden zur Zinsproblematik anhängig, die die Zinszeiträume ab 2010 betreffen (1 BvIR 2237/14, 1 BvIR 2422/17).

Bislang galt die Empfehlung, gegen Bescheide über Nachzahlungszinsen Einspruch einzulegen, um von einer eventuell positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts profitieren zu können. Doch diese Einsprüche sind nicht mehr erforderlich, da die Bescheide nun vorläufig ergehen und damit jederzeit geändert werden können.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Finanzämter angewiesen, sämtliche erstmaligen Festsetzungen von Zinsen, in denen die Verzinsung mit 0,5 Prozent pro Monat erfolgt, insoweit vorläufig durchzuführen (BMF-Schreiben vom 2.5.2019, IV A 3-S 0338/18/10002). Betroffen sind nicht nur Nachzahlungs- und Erstattungszinsen, sondern z.B. auch Stundungszinsen. Für Fälle von geänderten Steuerbescheiden, zum Beispiel im Anschluss von Betriebsprüfungen oder Änderungsanträgen, enthält das BMF-Schreiben umfassende Regelungen zum Umfang des Vorläufigkeitsvermerks. Wenn sich im Zuge der geänderten Steuerbescheide auch die Festsetzung der Zinsen ändert, ergeht diese grundsätzlich ebenfalls vorläufig.

HINWEIS: Das aktuelle Schreiben der Finanzverwaltung ist sehr erfreulich, da es der Verfahrensvereinfachung dient. Es hat aber eine Kehrseite, denn das BMF weist selbst auf Folgendes hin: "Abhängig von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte unter Umständen auch eine Aufhebung oder Änderung zu Ihren Ungunsten erfolgen." Konkret bedeutet dies: Bereits gezahlte Erstattungszinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat können zurückgefordert werden, wenn der Bescheid vorläufig ergangen ist und die Verfassungshüter den Zinssatz für zu hoch befinden. Denn die eventuelle Verfassungswidrigkeit eines Zinssatzes würde eben nicht nur für die Nachzahlungs-, sondern auch für die Erstattungszinsen gelten.

STEUERRAT: In Fällen von geänderten Steuer- und Zinsbescheiden sollten Betroffene im Übrigen sehr genau prüfen, ob der Vorläufigkeitsvermerk tatsächlich ergangen und auch wirklich umfassend ist. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die Vorläufigkeit nicht mehr die kompletten Nachzahlungszinsen umfasst, sondern nur noch den Differenzbetrag zwischen der neuen und der alten Festsetzung. Dann wäre doch ein - gegebenenfalls erneuter - Einspruch erforderlich.

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