SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Doppelter Haushalt: Kosten für Wohnungseinrichtung zusätzlich absetzbar 
  • Umzugskosten: Auch hohe Taxikosten sind abziehbar 
  • Haushaltsnahe Dienstleistung: Wann sind Gartenarbeiten begünstigt?
  • Kinderfreibetrag: Bald wieder Vergleich mit "gezahltem" Kindergeld 
  • Verkauf von Immobilien: Böse Steuerfallen in der Zehn-Jahres-Frist vermeiden

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Juli - August 2019

  

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Grundsatz von Treu und Glauben ist ein hohes Gut und daher auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 242 BGB) verankert. Dem Steuerrecht ist er aber eigentlich eher fremd. Dennoch gibt es in der Praxis immer wieder Fälle, in denen sich wahlweise die Steuerzahler oder die Finanzverwaltung auf diesen Grundsatz berufen. Das heißt: Ist in der Vergangenheit ein bestimmter steuerlicher Sachverhalt anerkannt worden, zum Beispiel eine doppelte Haushaltsführung, so soll der Steuerzahler darauf vertrauen dürfen, dass das Finanzamt seine Meinung im nächsten Jahr nicht ändert. Andres herum pocht die Finanzverwaltung zunehmend auf den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sich die Rechtsprechung unerwartet zu ihrem Nachteil ändert und sie Steuerschäden in Millionenhöhe befürchtet. Doch wie ist es tatsächlich um den Grundsatz von Treu und Glauben bestellt? Findet er im Steuerrecht Gehör?

Der Bundesfinanzhof jedenfalls hatte schon im Jahre 1989 wie folgt entschieden: "Der Grundsatz von Treu und Glauben ist im Steuerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz uneingeschränkt anerkannt. Er gebietet, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die Belange des anderen Teiles Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setzt, auf das der andere vertraut hat? (BFH 9.8.1989, I R 181/85, BStBl 1989 II S. 990).

Die Praxis zeigt jedoch, dass die Finanzverwaltung sich eher auf das Prinzip der Abschnittsbesteuerung beruft als sich auf eine eventuell andere Behandlung in den Vorjahren "festnageln" zu lassen. Das bedeutet, dass das Finanzamt jedes Jahr erneut prüfen darf, und zwar unabhängig von ihren Beurteilungen in den Vorjahren. Eine einmal anerkannte doppelte Haushaltsführung kann also im Folgejahr gestrichen werden, zum Beispiel weil ein neuer Sachbearbeiter der Ansicht ist, dass die Entfernung zwischen Haupt- und Zweitwohnsitz nicht ausreicht, um die Notwendigkeit eines doppelten Haushalts zu begründen.

Die Abschnittsbesteuerung hat die Finanzverwaltung aber jüngst nicht davon abgehalten, die Steuerzahler in ihr genehmen Fällen ihrerseits auf den Grundsatz von Treu und Glauben hinzuweisen. Sozusagen eskaliert ist der Streit in den so genannten Bauträgerfällen. Vereinfacht gesagt ging es um die Frage, ob bei einem Hausbau der Bauträger oder seine Subunternehmer die Umsatzsteuer zu zahlen hatten. Der Bundesfinanzhof hat die Haltung des Fiskus verworfen, so dass dieser den Bauträgern die bereits gezahlte Umsatzsteuer zu erstatten hatte. Da es aber um hunderte Millionen Euro ging, wehrte sich die Finanzverwaltung mit Händen und Füßen gegen die Rückzahlung und brachte den Grundsatz von Treu und Glauben ins Spiel. Doch sie hat mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.9.2018 (V R 49/17) eine herbe Niederlage einstecken müssen. Der Grundsatz von Treu und Glauben half ihr nicht weiter.

Was bleibt? In der Praxis hilft der Grundsatz von Treu und Glauben aus meiner Sicht weder den Steuerzahlern noch der Finanzverwaltung. Wenn es "hart auf hart" kommt, geht das Prinzip der Abschnittsbesteuerung immer vor. Die eventuell unzutreffende Behandlung von Sachverhalten in den Vorjahren kann also im aktuellen Jahr zumeist "repariert" werden (so auch aktuell: Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.3.2019, 9 K 125/18). Oder es wird das Gesetz geändert (wie in den Bauträgerfällen).

Wer das eingangs zitierte Urteil der obersten Finanzrichter übrigens zu Ende liest, wird feststellen, dass diese ihre Haltung im weiteren Verlauf ziemlich relativiert haben: Trotz der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben konnte kein Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin geschaffen werden. In dem Streitfall ging es um einen Spendenabzug.

Dennoch kann es in Streitfällen natürlich nicht schaden, das Finanzamt hin und wieder an den Grundsatz von Treu und Glauben zu erinnern. Der eine oder andere Finanzbeamte lässt sich vielleicht erweichen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

I. Beruflicher Bereich

1. Auswärtstätigkeit:
Keine erste Tätigkeitsstätte bei wiederholten Zuordnungen

Ob eine auswärtige Einsatzstelle als "erste Tätigkeitsstätte" oder als "Auswärtstätigkeit" zu beurteilen ist, macht steuerlich einen großen Unterschied: Davon hängt ab, ob Fahrten lediglich mit der Entfernungspauschale (30 Cent je Entf-km) oder mit der Dienstreisepauschale (30 Cent je Fahrt-km) absetzbar sind, ob Verpflegungspauschbeträge berücksichtigt werden oder nicht, ob der Arbeitgeber nur Fahrtkostenzuschüsse gewähren darf und diese pauschal versteuern muss oder ob er die gesamten Reisekosten steuerfrei zahlen darf, ob für einen Firmenwagen ein Nutzungswert versteuert werden muss oder nicht.

  • "Erste Tätigkeitsstätte" ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 EStG). Eine dauerhafte Zuordnung zur "ersten Tätigkeitsstätte" erfolgt im Allgemeinen durch den Arbeitgeber anhand von arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen, Absprachen und Weisungen, gleichgültig ob in schriftlicher oder mündlicher Form.
  • Eine dauerhafte Zuordnung zur "ersten Tätigkeitsstätte" ist - auch ohne ausdrückliche Bestimmung des Arbeitgebers - insbesondere dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer an einer Arbeitsstätte längerfristig tätig werden soll. Dies ist der Fall, wenn er unbefristet ("bis auf Weiteres"), für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses (befristet oder unbefristet) oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten dort tätig werden soll.

Das bedeutet: Alle Zuordnungen (Versetzungen, Abordnungen, Kommandierungen), die von Beginn an befristet für längstens 48 Monate erfolgen, begründen noch keine "erste Tätigkeitsstätte", sondern eine steuerlich vorteilhaftere "Auswärtstätigkeit". Bei aneinandergereihten Abordnungen (Kettenabordnungen) ist - so der Fiskus - keine dauerhafte Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte gegeben, wenn die einzelne Abordnung jeweils einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten umfasst. Die auswärtige Tätigkeitsstätte mutiert also nicht zu einer neuen "ersten Tätigkeitsstätte" (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 18).

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster die Auffassung des Fiskus bestätigt und entschieden, dass eine wiederholte befristete Zuordnung zu einer Baustelle von jeweils weniger als 48 Monaten dort keine "erste Tätigkeitsstätte" begründet, auch wenn der Einsatz insgesamt ununterbrochen länger als vier Jahre andauert (FG Münster vom 25.3.2019, 1 K 447/16).

  • Der Fall: Ein angestellter Elektromonteur war seit 2010 ununterbrochen auf der Baustelle des Auftraggebers seines Arbeitgebers eingesetzt. Der Auftraggeber hatte dabei jeweils befristete Aufträge an den Arbeitgeber von längstens 36 Monaten erteilt. Auf dieser Grundlage wurde auch der Monteur auf der Baustelle eingesetzt. Der Arbeitgeber hatte den Monteur im Arbeitsvertrag keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet. Der Monteur machte in seiner Steuererklärung Reisekosten nach den Regeln der Auswärtstätigkeit geltend.
  • Nach Auffassung der Richter hatte der Monteur an der Baustelle keine "erste Tätigkeitsstätte", sondern übte eine "Auswärtstätigkeit" aus. Mangels arbeitsvertraglicher Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitgeber sei nach dem Gesetz maßgeblich, ob der Monteur der Baustelle für die Dauer des Dienstverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugewiesen worden sei. Hierfür sei nicht darauf abzustellen, dass der Monteur rückwirkend betrachtet mehr als 48 Monate auf der Baustelle tätig war. Vielmehr sei im Wege einer Prognosebetrachtung anhand objektiver Umstände zu prüfen, ob der Monteur davon ausgehen konnte, für einen so langen Zeitraum auf der Baustelle eingesetzt zu werden. Dies sei vorliegend aufgrund der stets befristeten Beauftragung seines Arbeitgebers durch den Auftraggeber nicht der Fall. Dementsprechend habe der Monteur insbesondere seine Wohnsituation nicht danach ausrichten können.

STEUERRAT: Bei wiederholt befristeten Zuordnungen (Versetzungen, Abordnungen, Kommandierungen), die jeweils weniger als 48 Monate dauern, liegt eine "Auswärtstätigkeit" vor. Somit können Fahrtkosten mit der Dienstreisepauschale oder mit den tatsächlichen Kosten sowie Verpflegungspauschbeträge für die ersten drei Monate und Übernachtungskosten als Werbungskosten abgesetzt oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.

Weitere Informationen: Das neue Reisekostenrecht ab 2014: Wann liegt eine Auswärtstätigkeit vor?

 

2. Doppelter Haushalt:
Kosten für die Wohnungseinrichtung zusätzlich absetzbar

Im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung sind auch die Unterkunftskosten bzw. die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten absetzbar oder können vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Anerkannt werden stets nur nachgewiesene Kosten, keine Pauschbeträge.

  • Bezüglich der steuerlichen Absetzbarkeit von Unterkunftskosten gilt seit 2014 eine neue Regelung: Bei doppelter Haushaltsführung in Deutschland sind für die Unterkunft die tatsächlichen Aufwendungen gegen Nachweis bis zum Höchstbetrag von 1.000 EUR pro Monat absetzbar (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG 2014).
  • Der Höchstbetrag von 1.000 EUR pro Monat umfasst alle für die Unterkunft oder Wohnung entstehenden Aufwendungen, die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden, insbesondere Miete inklusive Nebenkosten, Reinigung und Pflege der Wohnung, Rundfunkbeitrag, Renovierung, Miete für einen Kfz-Stellplatz und Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten). Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollen auch die Anschaffungskosten für notwendige Hausrats- und Einrichtungsgegenstände, ggf. in Form der AfA, mit dem Höchstbetrag abgegolten sein (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 104).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof gegen den Fiskus entschieden, dass die Kosten für die notwendige Einrichtung der Zweitwohnung im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung nicht zu den Unterkunftskosten gehören, deren Abzug auf 1.000 EUR im Monat begrenzt ist. Vielmehr sind Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat - soweit sie notwendig sind - in vollem Umfang zusätzlich als sonstige notwendige Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG abziehbar (BFH-Urteil vom 4.4.2019, VI R 18/17).

  • Nach Auffassung des BFH werden Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat vom Höchstbetrag nicht erfasst, da diese nur für deren Nutzung und nicht für die Nutzung der Unterkunft getätigt werden. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher gleichzusetzen. Gesetzgeberisches Ziel der Neuregelung sei es, nur die Kosten für die Unterkunft auf 1.000 EUR monatlich zu begrenzen, nicht hingegen sonstige notwendige Aufwendungen.
  • Der maximal abzugsfähige Betrag von 1.000 EUR im Monat umfasst nach der Gesetzesbegründung "alle für die Unterkunft oder Wohnung entstehenden Aufwendungen, z.B. Miete inklusive Betriebskosten, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, auch in Tiefgaragen, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten etc.), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden". Die Festsetzung des Betrags von 1.000 EUR orientiere "sich dabei an einer von der Rechtsprechung bisher immer herangezogenen, nach Lage und Ausstattung durchschnittlichen, ca. 60 qm großen Wohnung".

STEUERRAT: Steht die Zweitwohnung im Eigentum des Arbeitnehmers, sind die tatsächlichen Aufwendungen, z.B. AfA, Schuldzinsen, Betriebskosten, Reparaturkosten, bis zum Höchstbetrag von 1.000 EUR monatlich als Werbungskosten absetzbar. Auch hier sind die Kosten für notwendige Einrichtungsgegenstände und Hausrat zusätzlich zum Höchstbetrag abziehbar (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 103).

STEUERRAT: Bei Nutzung einer möblierten oder teilmöblierten Wohnung ist im Allgemeinen eine höhere Miete zu zahlen. Soweit der Mietvertrag keine Aufteilung der Miete für die Nutzung der Wohnung und die Nutzung der Möbelstücke enthält - wie es in der Regel der Fall sein wird -, kann die gezahlte Miete im Schätzwege nach § 162 AO aufgeteilt werden. Die Wohnungsnutzung ist dann auf 1.000 EUR pro Monat begrenzt absetzbar und die Möbelnutzung darüber hinaus abzugsfähig (BFH-Urteil vom 4.4.2019, VI R 18/17).

STEUERRAT: Falls die Anschaffungskosten für den einzelnen Gegenstand nicht mehr als 800 EUR (ohne MwSt.) betragen, sind sie sofort und in voller Höhe abziehbar. Dies gilt bei Anschaffungen ab 1.1.2018. Zuvor lag die Grenze bei 410 EUR. Höhere Kosten müssen über die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt werden und sind jeweils nur mit dem Jahresbetrag als "Absetzung für Abnutzung" abziehbar. Die Nutzungsdauer für Möbel beträgt 13 Jahre.

STEUERRAT: Falls Sie einen Raum der Zweitwohnung als Arbeitszimmer nutzen und die steuerlichen Bedingungen dafür erfüllt sind, werden dessen anteilige Kosten nicht in die 1.000 EUR-Höchstgrenze einbezogen. Die Arbeitszimmerkosten sind separat als Werbungskosten abziehbar (BFH-Urteil vom 9.8.2007, BStBl. 2009 II S. 722).

Weitere Informationen: Doppelter Haushalt: Was Sie alles absetzen können

 

3. Doppelter Haushalt:
Vorfälligkeitsentschädigung bei Verkauf der Zweitwohnung

Bei Beendigung der doppelten Haushaltsführung, etwa durch Eintritt in den Ruhestand oder infolge einer Versetzung an einen anderen Ort, wird oftmals die bisher als Zweitwohnung beruflich genutzte Eigentumswohnung am auswärtigen Beschäftigungsort verkauft. Dabei kann es vorkommen, dass für die vorzeitige Ablösung des Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung an die finanzierende Bank zu zahlen ist. Die Frage ist, ob diese Zahlung als Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung absetzbar ist.

Der Fall: Ein Beamter ist bis Ende 2011 im Bundesfinanzministerium in Berlin beschäftigt und nutzt dort eine Eigentumswohnung als Zweitwohnung. Anfang 2012 geht er in den Ruhestand und verkauft die Wohnung. Für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens zahlt er eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 9.000 EUR. Das Finanzamt und ebenfalls das Finanzgericht lehnen die Anerkennung ab, weil es sich um einen steuerrechtlich unbeachtlichen Vorgang auf der privaten Vermögensebene handele.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt und entschieden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzbar ist. Es handelt sich dabei nicht um notwendige Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 15/17).

  • Grundsätzlich gilt: Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung sind bei einer Eigentumswohnung neben AfA und Reparaturkosten auch Schuldzinsen als Werbungskosten absetzbar. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung, denn Vorfälligkeitsentschädigungen sind ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital.
  • Maßgeblich für die steuerrechtliche Bewertung ist, welcher Umstand das "auslösende Moment" für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung ist. Wird die Darlehensschuld vorzeitig abgelöst, um das Objekt lastenfrei verkaufen zu können, kann die dafür gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten abgesetzt werden. In diesem Fall ist die Vorfälligkeitsentschädigung durch die Veräußerung des Objekts veranlasst.
  • Ist der Verkauf - innerhalb von 10 Jahren - als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts abzuziehen. Ist der Verkauf nicht steuerpflichtig, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht ersatzweise als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen beruflichen Tätigkeit geltend gemacht werden.

STEUERRAT: Falls die Eigentumswohnung weiterhin beruflich als Zweitwohnung genutzt wird und das Darlehen zu dem Zweck abgelöst wird, um ein zinsgünstigeres Darlehen neu abzuschließen (Umschuldung), so ist - neben dem laufenden Zinsaufwand für den ursprünglichen sowie den neuen Kredit - auch die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung absetzbar.

Weitere Informationen: Doppelter Haushalt: Was Sie alles absetzen können

 

4. Firmenwagen:
Minderung des Nutzungswerts auch durch Garagenkosten?

Für die private Nutzung eines Firmenwagens sind monatlich 1 Prozent des Bruttolistenpreises zu versteuern, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird. Seit 2017 können bei der Ein-Prozent-Methode - ebenso wie schon bisher laufendes Nutzungsentgelt - auch einzelne Kosten des Arbeitnehmers, insbesondere Kraftstoffkosten, den steuerpflichtigen privaten Nutzungswert vermindern (BFH-Urteil vom 30.11.2016, VI R 2/15). Die Finanzverwaltung akzeptiert die neue Regelung zugunsten der Steuerzahler (BMF-Schreiben vom 21.9.2017, BStBl. 2017 I S. 1336, Tz. 4). Wunderbar!

Nun stellen Arbeitnehmer ihren Firmenwagen sehr oft in der eigenen Garage unter. Dann ist die Frage, ob die anteilig auf die Garage entfallenden Gebäudekosten ebenfalls den steuerpflichtigen privaten Nutzungswert vermindern.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die anteilig auf die Garage eines Arbeitnehmers entfallenden Grundstückskosten nicht den geldwerten Vorteil für die Überlassung eines Fahrzeugs durch den Arbeitgeber mindern (FG Münster vom 14.3.2019, 10 K 2990/17, Revision).

  • Der Fall: Der Mitarbeiter bekam von seinem Arbeitgeber ein Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt. Der als Arbeitslohn zu versteuernde Nutzungsvorteil wurde nach der Ein-Prozent-Methode berechnet. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Mitarbeiter anteilige Garagenkosten in Höhe von 1.500 EUR geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab. Zur Begründung seiner Klage reichte der Mitarbeiter eine Bescheinigung seines Arbeitgebers ein, nach der eine mündliche Vereinbarung getroffen worden sei, das Fahrzeug nachts in einer abschließbaren Garage abzustellen.
  • Nach Auffassung der Richter erfolgt eine Minderung des Nutzungsvorteils nur dann, wenn der Arbeitnehmer ein Nutzungsentgelt zahlt oder einzelne "nutzungsabhängige" Kosten des betrieblichen Pkw trägt. Nutzungsabhängige Kosten seien nur solche, die für den Arbeitnehmer notwendig sind, um das Fahrzeug nutzen zu dürfen, etwa Kraftstoffkosten oder Leasingraten. Für die Inbetriebnahme des Fahrzeugs sei die Unterbringung in einer Garage jedoch nicht notwendig. Die vorgelegte Arbeitgeberbescheinigung belege auch nicht, dass die Unterbringung in einer Garage zwingende Voraussetzung für die Überlassung des Fahrzeugs gewesen sei.

Weitere Informationen: Steuern sparen mit dem Firmenwagen

 

5. Stipendium:
Steuerfreie Leistungen an ausländische Gastärztin

Stipendien sind im Allgemeinen steuerfrei. Allerdings sind der Steuerfreiheit enge Grenzen gesetzt. Unter anderem darf ein Stipendium den Empfänger nicht zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichten (§ 3 Nr. 11 u. Nr. 44 EStG).

AKTUELL hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass Stipendiumsleistungen, die eine in Deutschland tätige Gastärztin aus ihrem Heimatland zur Sicherung ihres Unterhalts erhält, nicht steuerbar sind (Urteil vom 14.2.2019, 10 K 247/17).

  • Der Fall: Eine Ärztin hatte nach ihrem Studienabschluss eine Zusage des libyschen Staates für ein Stipendium zur Weiterbildung im Ausland erhalten. Seit April 2014 war sie an einer Klinik in Deutschland als Gastärztin tätig. Sie war insoweit einer Assistenzärztin vergleichbar mit dem Ziel, die Facharztprüfung abzulegen. Der Ärztin war eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Für die Weiterbildung hatte sie eine Zustimmung erhalten unter dem Vorbehalt, dass der Unterhalt aus ausländischen Mitteln finanziert wird. Für die Tätigkeit als Gastärztin erhielt sie kein Entgelt von der Klinik. Indes erhielt sie von der Libyschen Botschaft ein Stipendium zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten. Die libysche Botschaft versicherte, dass die Stipendiatin nach Beendigung ihrer Studienzeit ins Heimatland zurückkehren wird. Das Finanzamt wollte die Zahlungen versteuern, da die Ärztin für das Stipendium eine Gegenleistung erbracht habe. Sie habe sich unter anderem zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet.
  • Die Klage war vor dem Finanzgericht erfolgreich. Die Ärztin erzielte keine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sie erhielt für ihre Tätigkeit in der Klinik keinen Arbeitslohn, und zwar auch nicht von Dritter Seite - so die Richter. Die Zahlung der libyschen Botschaft diente der Ermöglichung der Facharztausbildung im Interesse der Klägerin sowie gegebenenfalls des libyschen Staates. Hingegen bestehe kein Grund für die Annahme, der libysche Staat gewähre die Leistung im Interesse und zur Entlastung der deutschen Klinik. Die Leistungen seien auch nicht als sonstige Einkünfte steuerbar, denn es handele sich um Unterhaltsleistungen, die die Ärztin nicht erwirtschaftet habe.

HINWEIS: Die Finanzrichter weisen darauf hin, dass die Steuerbarkeit von Stipendien umstritten ist. Das Thüringer Finanzgericht zum Beispiel hat die Steuerbarkeit eines Stipendiums ausdrücklich bejaht im Hinblick auf die Verpflichtung des Stipendiaten, sich nach bestehender Facharztprüfung für eine bestimmte Zeit in einer Region niederzulassen und dort an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen (Urteil vom 14.3.2018, 3 K 737/17, Rev. unter IX R 33/18). Insofern ist in dem aktuellen Urteilsfall ebenfalls die Revision zugelassen worden. Jüngst hatte im Übrigen das Finanzgericht Köln entschieden, dass ein Stipendium nicht auf die abzugsfähigen Werbungskosten anzurechnen ist, soweit dieses für die Kosten der Lebensführung bestimmt ist. Nur soweit das Stipendium zur Bestreitung von Bildungsaufwendungen gewährt wird, ist eine Anrechnung erforderlich. Diesen Anteil ermittelte das Finanzgericht entsprechend den Lebenshaltungskosten von Studierenden mit 30 Prozent, d.h. die als Werbungskosten abziehbaren Studienkosten sind um 30 Prozent des Stipendiums zu kürzen (FG Köln vom 15.11.2018, 1 K 1246/16; vgl. SteuerSparbrief April 2019).

 

6. Umzugskosten:
Auch hohe Taxikosten für Wohnungsbesichtigung sind abziehbar

Bei einem Umzug aus beruflichen Gründen können Sie das Finanzamt an Ihren Umzugskosten beteiligen. Es gilt der Grundsatz, dass sich die Höhe der abziehbaren Umzugskosten nach dem Bundesumzugskostengesetz richtet, also nach den Aufwendungen, die nach Beamtenrecht erstattet würden. Vielfach sind die tatsächlichen Kosten jedoch höher. Zwar können diese höheren Kosten per Einzelnachweis geltend gemacht werden, allerdings prüft das Finanzamt, ob und inwieweit die Aufwendungen berechtigt sind und tatsächlich mit dem Beruf zusammenhängen (R 9.9 Abs. 2 LStR). Oftmals wird auch die Angemessenheit unter die Lupe genommen.

Nach Ansicht des Sächsischen Finanzgerichts sind aber selbst hohe Taxikosten für mehrere Wohnungsbesichtigungen als Werbungskosten abziehbar - vorausgesetzt natürlich, dass entsprechende Quittungen vorliegen (Urteil vom 18.5.2018, 4 K 194/18).

  • Der Fall: Der Kläger hat im Jahre 2014 seine Arbeitsstelle gewechselt. Da sich diese offenbar weit entfernt von seiner bisherigen Arbeit befand, benötigte er eine neue Unterkunft am Beschäftigungsort. Er war beruflich stark eingebunden und kannte sich am neuen Ort nicht gut aus. Daher unternahm er die Fahrten zu den Wohnungsbesichtigungen mit dem Taxi. Für insgesamt zwölf Fahrten sind ihm Kosten von 160 EUR entstanden, die das Finanzamt nicht anerkannte. Es seien lediglich die Entfernungspauschalen oder die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel zu erstatten.
  • Die Finanzrichter sind dem entgegengetreten und ließen die Kosten zum Abzug zu. Bei einem beruflich veranlassten Umzug gelten die allgemeinen Grundsätze für den Abzug von Werbungskosten. Das öffentliche Umzugskostenrecht, das vom Finanzamt herangezogen wird, könne dabei Leitlinie sein, sei aber weder den Werbungskostenabzug begründend noch beschränkend. Die Kosten des beruflich veranlassten Umzugs könnten demnach zwar nach den Vorschriften des Bundesumzugskostengesetzes geltend gemacht werden. Es stehe dem Steuerpflichtigen jedoch offen, ihm entstandene höhere Werbungskosten nachzuweisen.

Weitere Informationen: Umzug: Was Sie alles absetzen können

 

7. Geburtstagsfeier:
Was gilt, wenn der Arbeitgeber die Feier ausrichtet?

Für besonders verdiente Mitarbeiter, die einen runden Geburtstag begehen, richten zuweilen die Arbeitgeber die Geburtstagsfeier aus und laden dazu neben Kollegen auch Geschäftspartner und Personen des öffentlichen Lebens ein. Auch Freunde und Familienangehörige des Arbeitnehmers werden eingeladen - manchmal sogar ohne Kenntnis des Arbeitnehmers. Die Finanzverwaltung sieht in der Ausrichtung der Feier regelmäßig weniger ein Interesse des Arbeitgebers, sondern vielmehr eine "Bereicherung" des Arbeitnehmers und möchte die entsprechenden Kosten als Arbeitslohn versteuern. Doch so leicht dürfen es sich die Finanzbeamten nicht machen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster in einem interessanten Fall entschieden, dass die Kosten für eine Geburtstagsfeier (nur) zu zehn Prozent zu versteuern sind (Urteil vom 20.2.2019, 7 K 4084/16 E). In dem Urteilsfall ging es zwar um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Das Gesagte ist aber auf Arbeitnehmer übertragbar.

  • Der Fall: Ein Pfarrer war Vorsitzender des Kuratoriums einer Stiftung. Das Kuratorium beschloss, anlässlich eines runden Geburtstags des Pfarrers eine Feierlichkeit auszurichten. Diese sollte mit einem Gottesdienst beginnen und anschließend in einem Festzelt fortgesetzt werden. Die Gästeliste wurde von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kuratoriums bestimmt. Es haben rund 250 Gäste die Veranstaltung besucht; etwa 25 Personen stammten aus der Familie und dem Freundeskreis des Pfarrers. Das Finanzamt versteuerte dennoch 100 Prozent der Aufwendungen für die Feier bei dem Pfarrer.
  • Die hiergegen gerichtete Klage war weitestgehend erfolgreich. Es seien nur 10 Prozent der Kosten als steuerpflichtige Einnahmen zu berücksichtigen. Die Feierlichkeit erfolgte zu 90 Prozent anlässlich einer Feier der Stiftung. Indem der stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende die Einladungen zu der Feierlichkeit unterschrieben hat, trat nach außen die Stiftung als Gastgeber auf. Die Feier fand lediglich anlässlich des Geburtstags des Klägers statt. Dieser trat hierbei selbst als Ehrengast der Stiftung und nicht als Gastgeber auf. Der Aufteilungsmaßstab von 90/10 ergäbe sich aus der Gästeliste. Die Gäste seien mit rund 90 Prozent vorrangig der Stiftung und in Höhe von rund 10 Prozent (Familie, Freunde und Wegbegleiter) vorrangig dem Pfarrer zuzuordnen. Der vorrangig dem Kläger zuzuordnende Teilnehmerkreis sei nicht unbeachtlich.

STEUERRAT: Das Urteil liegt auf einer Linie mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28.1.2002 (VI R 48/99). Danach gilt: "Lädt ein Arbeitgeber anlässlich eines Geburtstags eines Arbeitnehmers Geschäftsfreunde, Repräsentanten des öffentlichen Lebens, Vertreter von Verbänden und Berufsorganisationen sowie Mitarbeiter zu einem Empfang ein, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) oder um ein privates Fest des Arbeitnehmers handelt." Maßgebend ist unter anderem, wer die Gästeliste bestimmt. Auch kommt es darauf an, ob der Empfang im Haus des Arbeitnehmers oder in den betrieblichen Räumen stattfindet. Lädt der Arbeitgeber ein, bestimmt er also die Gästeliste, und findet das Fest im Betrieb statt, so liegt regelmäßig kein Arbeitslohn vor. Der Einwand des Finanzamts, ein Arbeitnehmer habe eigene Aufwendungen für eine Feier erspart, weil ein gesellschaftlicher Zwang bestehe, höhere runde Geburtstage in einem größeren Rahmen zu begehen, geht dann ins Leere.

 

8. Transferkurzarbeitergeld:
Aufstockungsbeträge sind laufender Arbeitslohn ohne Ermäßigung

Die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist für die betroffenen Mitarbeiter meist sehr schmerzlich. Zur gütlichen Trennung werden sie daher häufig mit einem goldenen Handschlag verabschiedet und erhalten zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung. Die Abfindung ist eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG und gehört damit zu den "außerordentlichen Einkünften". Und für diese außerordentlichen Einkünfte gibt es eine Steuervergünstigung: die ermäßigte Besteuerung nach der sog. Fünftelregelung (§ 34 EStG).

Oftmals kommen die entlassenen Arbeitnehmer in einer Auffanggesellschaft - einer sog. Transfergesellschaft - zum Zwecke der Fortbildung unter und erhalten - gegebenenfalls neben der Abfindung - Transferkurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur sowie Aufstockungsbeträge von der Transfergesellschaft. Betroffen waren zum Beispiel die Mitarbeiter des ehemaligen OPEL-Werks in Bochum. Auf Veranlassung von OPEL wurde mit den Arbeitnehmern und der Firma TÜV NORD Transfer GmbH ein Vertrag geschlossen. In diesem Vertrag wurde das Arbeitsverhältnis zwischen OPEL und dem jeweiligen Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben und beendet. Zudem begründeten der Arbeitnehmer und die TÜV NORD Transfer im Anschluss ein befristetes Arbeitsverhältnis. Das gesetzliche Transferkurzarbeitergeld wurde von der TÜV NORD Transfer durch einen Zuschuss aufgestockt. Die Frage ist, ob diese Aufstockungsbeträge wie laufender Arbeitslohn zu versteuern sind oder ob sie Teil der Abfindung und damit steuerermäßigt sind.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld, die ein Arbeitnehmer von einer Transfergesellschaft erhält, in der er übergangsweise "beschäftigungslos angestellt" ist, laufender Arbeitslohn sind. Sie unterliegen damit nicht dem ermäßigten Steuertarif nach der Fünftelregelung. Der BFH hat das positive Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15.11.2017 (7 K 2635/16 E) aufgehoben (BFH-Urteil vom 12.3.2019, IX R 44/17).

  • Der Fall: Der Kläger wechselte - nach mehr als 24 Jahren Beschäftigungszeit - wegen der Stilllegung eines Werkes des Arbeitgebers zu einer Transfergesellschaft. Für die einvernehmliche Aufhebung des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses zahlte der bisherige Arbeitgeber dem Kläger eine Abfindung. Gleichzeitig schloss der Kläger mit der Transfergesellschaft ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer von zwei Jahren mit dem Ziel ab, dem Kläger Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und seine Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Den Kläger trafen arbeitsvertraglich geregelte Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten. Er hatte den Weisungen der Transfergesellschaft zu folgen. Ein Beschäftigungsanspruch bestand nicht.
  • Grundlage für das neue Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft war die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Transfergesellschaft verpflichtete sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld. Das Finanzamt behandelte die Aufstockungsbeträge als laufenden, der normalen Tarifbelastung unterliegenden Arbeitslohn. Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, es handele sich um eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung für den Verlust seines früheren Arbeitsplatzes.
  • Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Die Aufstockungsbeträge seien dem Kläger aus dem mit der Transfergesellschaft geschlossenen Arbeitsverhältnis zugeflossen und durch dieses unmittelbar veranlasst. Daher stellten sie eine Gegenleistung für die vom Kläger aus dem Arbeitsverhältnis geschuldeten Arbeitnehmerpflichten dar. Der Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit stehe nicht entgegen, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Beschäftigung gegenüber der Transfergesellschaft hatte noch diese zur tatsächlichen Beschäftigung des Klägers verpflichtet war. Der BFH begründete dies damit, dass ein Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters auch ganz verzichten könne, ohne dass dies Einfluss auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses habe.

HINWEIS: Das Urteil betraf das Streitjahr 2015. Viele ehemalige OPEL-Mitarbeiter hatten auch gegen ihre Steuerbescheide 2016 Einspruch eingelegt und beantragt, die Zuschüsse zum Transferkurzarbeitergeld dieses Jahres ebenfalls ermäßigt zu besteuern. Soweit diese Verfahren nicht ohnehin erledigt waren, dürften sie spätestens jetzt “verloren” sein. Doch nicht nur ehemalige OPEL-Mitarbeiter sind betroffen. Vielmehr müssen auch andere Arbeitnehmer, die in Transfergesellschaften tätig sind, mit einer vollen Versteuerung der Zuschüsse zum Transferkurzarbeitergeld rechnen. Im Nordrhein-Westfalen sind das zum Beispiel die Mitarbeiter der Fujitsu Technology Solutions GmbH in Paderborn.

 

II. Privater Bereich

1. Haushaltsnahe Dienste:
Kein Steuervorteil bei Kostenübernahme für Angehörige

Für haushaltsnahe Dienstleistungen gibt es eine Steuervergünstigung in Höhe von 20 Prozent, höchstens 4.000 EUR im Jahr (§ 35a EStG). Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören vor allem hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden und für die ein selbstständiger Dienstleister beauftragt wird. In Betracht kommen auch Pflege- und Betreuungsleistungen. Begünstigt sind ebenfalls Aufwendungen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG).

Die Finanzverwaltung hat in ihrem umfangreichen Erlass erklärt, dass die Steuervergünstigung nicht nur der pflegebedürftigen Person zusteht, sondern auch Angehörigen, wenn diese für die Pflege- und Betreuungsleistungen aufkommen (BMF-Schreiben vom 9.11.2016, BStBl. 2016 I S. 1213, Tz. 13).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof leider gegen den Fiskus entschieden, dass die Steuermäßigung gemäß § 35a EStG nur für Aufwendungen gewährt wird, die einem Steuerbürger für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege entstehen. Hingegen ist der Steuervorteil ausgeschlossen für Aufwendungen, die er für eine andere Person übernimmt (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 19/17).

  • Der Fall: Der Sohn übernimmt die Aufwendungen seiner Mutter für deren Aufenthalt in einem Seniorenheim. Er macht für diese Kosten, soweit sie auf Pflege und Verpflegung seiner Mutter entfallen, die Steuerermäßigung gemäß § 35a EStG geltend. Doch weder das Finanzamt noch das Finanzgericht gewähren die beantragte Steuerermäßigung.
  • Nach Meinung des BFH - im Gegensatz zur Auffassung des Fiskus - kommt eine Steuervergünstigung für die geltend gemachten Aufwendungen nicht in Betracht, weil es sich nicht um Kosten handelt, die dem Sohn wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zu seiner eigenen Pflege erwachsen sind. Für Aufwendungen, die die Unterbringung oder Pflege einer anderen Person betreffen, scheidet die Steuerermäßigung dagegen aus.

Weitere Informationen: Heimunterbringung: Wohnen im Pflegeheim, Behindertenheim, Altenheim

 

2. Krankheitskosten:
Echthaarteil auf Kosten der Krankenkasse

Aufwendungen für Haarwuchs­mittel, Toupets, Haarverpflanzungen u.Ä. sind steuerlich leider nicht absetzbar. Denn Haarausfall ist bei Männern jenseits der 30 in den meisten Fällen nicht ungewöhnlich. Zudem werden Haarteile nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen aus den verschiedensten Gründen der privaten Lebensführung angeschafft.

Und doch kann Haarausfall eine Krankheit sein. Wie etwa der kreisrunde Haarausfall ("alopecia areata"), bei dem ohne erkennbare äußere Ursachen die Haare plötzlich ausfallen. Stellt der Haarausfall eine Krankheit dar, können nicht erstattete Aufwendungen für Kortisonbehandlungen, Tinkturen, Toupets und andere Therapien als außergewöhnliche Belastung absetzbar sein (z.B. FG Rheinland-Pfalz vom 12.11.2008, 2 K 1928/08; FG Düsseldorf vom 18.1.1983, EFG 1983 S. 500). Es gibt aber auch in versicherungsrechtlicher Hinsicht ein positives Urteil.

AKTUELL hat nämlich das Landessozialgericht Celle-Bremen entschieden, dass die Versorgung mit einem maßgefertigten Echthaarteil aus medizinischen Gründen erforderlich sein kann. Dann hat die Krankenkasse die Kosten zu übernehmen. Die Kostenbegrenzung auf einen Höchstbetrag gelte dabei nicht (LSG-Urteil Niedersachsen-Bremen vom 26.3.2019, L 4 KR 50/16).

  • Der Fall: Eine 55-jähige Frau litt an einer Schuppenflechte, die zunehmend zu kreisrundem Haarausfall führte. Um die kahlen Stellen zu bedecken, beantragte sie bei ihrer Krankenkasse ein handgeknüpftes Echthaarteil. Die Kosten beliefen sich auf 1.290 EUR. Die Kasse genehmigte die Kostenübernahme bis zum Höchstbetrag von 511 EUR. Hierfür sei eine gute Versorgung zu bekommen. Die Frau könne auch durchaus eine Perücke tragen, da sie sich nicht überwiegend in der Öffentlichkeit, sondern erhebliche Zeit im privaten Umfeld bewege. Eine Kunsthaarperücke sei zur Wiederherstellung eines unauffälligen Erscheinungsbildes ausreichend. Eine teurere Versorgung sei unwirtschaftlich.
  • Das LSG Celle-Bremen hat die Krankenkasse zur Erstattung der Gesamtkosten verurteilt. Nach Auffassung der Richter ist partieller Haarverlust bei einer Frau als Behinderung zu bewerten. Grundsätzlich schulde die Krankenkasse zum Behinderungsausgleich zwar nur eine Versorgung, die den Haarverlust nicht sogleich erkennbar werden lasse. Die umfassende Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens sei nicht von der Leistungspflicht umfasst. Im Einzelfall könne jedoch auch ein maßgefertigtes Echthaarteil aus medizinischen Gründen erforderlich sein. In einem solchen Falle könne die Klägerin nicht gezwungen werden, eine Perücke zu tragen. Hierzu hat sich das LSG Celle-Bremen auf die Ausführungen des behandelnden Dermatologen gestützt, der eine vollständige Abdeckung des verbliebenen Haupthaars aufgrund der Schuppenflechte für kontraindiziert hielt. Eine Kunsthaarperücke zum Festbetrag sei daher keine zweckmäßige Versorgung.

Weitere Informationen: Krankheitskosten: Aufwendungen für Schönheitsoperationen

 

3. Haushaltsnahe Dienstleistung:
Wann sind Gartenarbeiten begünstigt?

Bei Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen vermindert sich die Einkommensteuer auf Antrag um 20 % der entsprechenden Kosten; höchstens sind 20 % von 20.000 EUR, also 4.000 EUR abziehbar. Für Handwerkerleistungen rund um den Haushalt sind ebenfalls 20 % der Aufwendungen abzugsfähig, höchstens allerdings 20 % von 6.000 EUR, also 1.200 EUR (§ 35a Abs. 2 und 3 EStG).

Gerade bei Arbeiten im häuslichen Garten stellt sich immer wieder die Frage, ob diese ebenfalls als haushaltsnahe Dienstleistung oder als Handwerkerleistung begünstigt sind. Antwort: Ja, die Kosten sind prinzipiell abziehbar. In der Praxis macht die Finanzverwaltung dabei aber einen feinen Unterschied (BMF-Schreiben vom 26.10.2007, BStBl. 2007 I S. 783):

  • Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen rechnen die Beamten übliche Gartenpflegearbeiten, wie Rasenmähen, Heckenschneiden, Unkrautjäten und Ähnliches. Diese sind also bis zum Höchstbetrag von 20.000 EUR begünstigt und mit 20 % abziehbar.
  • Hingegen stellen umfangreiche Erd- und Pflanzarbeiten, Maßnahmen der Gartengestaltung, Anlegen eines Steingartens, Pflasterarbeiten auf dem Wohngrundstück usw. "Handwerkerleistungen" dar. Derartige Arbeitskosten sind jedoch nur bis zum Höchstbetrag von 6.000 EUR begünstigt und mit 20 % abziehbar (§ 35a Abs. 3 EStG). Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung bestätigt (BFH-Urteil vom 13.7.2011, BStBl 2012 II S. 232).

Nicht begünstigt sind handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme. Aber: Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2011 bestätigt, dass umfangreiche Erd- und Pflanzarbeiten für die erstmalige Gartenanlage - ebenso wie die Errichtung einer Stützmauer zum Nachbargrundstück - zu den Handwerkerleistungen zu rechnen sind. Ob der Garten neu angelegt wird (Herstellungskosten) oder ein naturbelassener Garten umgestaltet wird (Erhaltungsaufwand), ist ohne Belang (BFH-Urteil vom 13.7.2011, BStBl. 2012 II S. 232).

Es gibt allerdings eine ganze Reihe von Grenzfällen, in denen fraglich ist, ob die Aufwendungen als haushaltsnahe Dienstleistungen (begrenzt auf 20 % von 20.000 EUR) oder als Handwerkerleistungen (begrenzt auf 20 % von 6.000 EUR) begünstigt sind. Oftmals entbrennt der Streit bei Baumfällarbeiten. Und zugegeben: Es liegt im Auge des Betrachters, ob solche Maßnahmen als "haushaltsnah" anzusehen sind oder als "Handwerkerleistungen", die üblicherweise nur von Fachbetrieben ausgeführt werden. Das BFH-Urteil vom 6.5.2010 (VI R 4/09) und auch das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 23.5.2017 (7 K 7134/15) lassen zwar den Schluss zu, dass solche Arbeiten eher den Handwerkerleistungen zugeordnet werden; ganz eindeutig ist dies jedoch nicht.

STEUERRAT: Im Zweifel sollten die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend gemacht werden, sofern die Begünstigung für Handwerkerleistungen bereits ausgeschöpft ist. Gegen einen ablehnenden Bescheid sollte dann Einspruch eingelegt werden.

STEUERRAT: Die Finanzverwaltung möchte die Steuervergünstigung nach § 35a EStG nur für Maßnahmen innerhalb der Grundstücksgrenze gewähren und lehnt sie für Maßnahmen außerhalb des Grundstücks ab (BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl. 2014 I S. 75, Tz. 15, Anlage 1). Der Bundesfinanzhof hat aber gegen den Fiskus entschieden, dass die Steuervergünstigung nicht auf Leistungen beschränkt ist, die genau innerhalb der Grundstücksgrenzen erbracht werden. Vielmehr ist die erforderliche Verbindung zum Haushalt auch dann noch gegeben, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die die Grundstücksgrenze überschreitet und exklusiv dem Grundstück dient (BFH-Urteil vom 20.3.2014, VI R 55/12 u. VI R 56/12).

Steuerlich abziehbar sind nur reine Arbeitskosten sowie in Rechnung gestellte Fahrt- und Maschinenkosten mitsamt Mehrwertsteuer. Begünstigt sind ebenfalls die Kosten der Entsorgung, allerdings nur, wenn diese als Nebenleistung zur Hauptleistung anzusehen ist (z.B. Grünschnittabfuhr bei Gartenpflege), ferner in Rechnung gestellte Kosten für Verbrauchsmittel (wie Schmier-, Reinigungs- oder Spülmittel, Streugut).

STEUERRAT: Um die Steuervergünstigung zu erhalten, müssen Sie sich unbedingt vom Dienstleister eine Rechnung geben lassen, und diese Rechnung dürfen Sie nur mittels Banküberweisung auf dessen Konto begleichen.

Weitere Informationen: Steuervergünstigung für Handwerkerleistungen

 

4. Riester-Verträge:
Finanzamt muss bei Änderungen eigenständig prüfen

Riester-Verträge werden bekanntlich staatlich gefördert: Die Förderung besteht aus einer Altersvorsorgezulage und gegebenenfalls einem ergänzenden Sonderausgabenabzug. Derzeit stehen viele Riester-Sparer vor dem Problem, dass die Finanzämter die Steuerbescheide für die Vorjahre ändern und den Sonderausgabenabzug streichen, weil sie von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) darüber informiert worden sind, dass die Voraussetzungen für die Zulagengewährung bzw. für den Sonderausgabenabzug nicht vorliegen. Die Änderung der Steuerbescheide erfolgt in aller Regel ohne vorherige Anhörung der Riester-Sparer.

Diese fühlen sich zuweilen "vor den Kopf gestoßen", da sie rückblickend oftmals gar nicht mehr wissen, wo der Fehler lag. Legen Sie dann Einspruch gegen die geänderten Steuerbescheide ein, werden sie von den Finanzämtern wiederum auf die Zulagenstelle und deren Mitteilung verwiesen, die insoweit als Grundlagenbescheid gelte. Einwendungen müssten bei der Zulagenstelle erfolgen. Doch so einfach dürfen es sich die Finanzämter nicht machen, zumal Einwendungen unmittelbar bei der Zulagenstelle in den betroffenen Fällen vielfach wegen Fristablaufs aussichtslos sind.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass das Finanzamt eigenständig prüfen muss, ob die Voraussetzungen für die Rückgängigmachung des Sonderausgabenabzugs tatsächlich vorliegen. Es ist im Zweifelsfall verpflichtet, die Richtigkeit der Mitteilung der Zulagenstelle im Besteuerungsverfahren zu überprüfen (Urteil vom 21.3.2019, 11 K 311/16 E).

Im entschiedenen Fall war die Mitteilung der Zulagenstelle an das Finanzamt falsch. Nach Ansicht der Zulagenstelle gehörte der Kläger nicht zum begünstigten Personenkreis für eine Riester-Förderung; das Finanzamt übernahm dies ungeprüft und änderte die Steuerbescheide, das heißt, der Sonderausgabenabzug für die Vorjahre wurde gestrichen. Dabei übersah es jedoch, dass der Kläger mittelbar begünstigt war, da seine Ehefrau als Beamtin berechtigt war, Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben abzuziehen. Die Klage der Eheleute war daher erfolgreich, das heißt, der Sonderausgabenabzug blieb ihnen erhalten. Genauer gesagt war die Ehefrau im Rahmen des ihr zustehenden Höchstbetrages von 2.100 EUR pro Jahr berechtigt, die Altersvorsorgebeiträge des Ehemannes als Sonderausgaben abzuziehen.

HINWEIS: Die Finanzrichter haben die Revision zugelassen. Das Urteil steht im Übrigen zum Widerspruch zur Entscheidung des FG Hamburg vom 5.12.2018 (1 K 326/16). Dieses ist der Ansicht, dass die Zuständigkeit für die Berechnung und Überprüfung der Zulage sowie für die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs ausschließlich bei der Zentralen Stelle liege. Die Revision gegen das Urteil des FG Hamburg liegt bereits unter dem Az. X R 2/19 vor.

 

III. Kinder

1. Familienförderung:
Erhöhung des Kindergeldes ab Juli 2019

Zum 1. Juli 2019 wird das Kindergeld angehoben - und zwar monatlich um 10 EUR ("Familienentlastungsgesetz" vom 29.11.2018). Das Kindergeld beträgt dann

  • für das erste und zweite Kind: 204 EUR (bisher: 194 EUR)
  • für das dritte Kind: 210 EUR (bisher: 200 EUR)
  • für das vierte und jedes weitere Kind: 235 EUR (bisher: 225 EUR)

Der Kinderfreibetrag bleibt mit 4.980 EUR und der BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) mit 2.640 EUR unverändert.

 

2. Kindergeld:
Anspruch auch, wenn Ausbildung wegen Krankheit nicht beginnt

Für ein volljähriges Kind wird Kindergeld auch dann gezahlt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Kind ernsthaft um eine Ausbildungsstelle oder um die Fortsetzung der Ausbildung bemüht hat. Grundsätzlich sollen ausbildungswillige Kinder ohne Ausbildungsplatz den Kindern gleichgestellt sein, die sich in Ausbildung befinden. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht auch dann, wenn ein Kind seine Ausbildung wegen einer Erkrankung unterbrechen muss, weil es aus objektiven Gründen zeitweise nicht in der Lage ist, die Ausbildung fortzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2003, VIII R 47/02). Doch was gilt, wenn das Kind eine Ausbildung wegen einer Erkrankung gar nicht erst beginnen oder sich um eine Ausbildungsstelle bemühen kann?

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass ein Anspruch auf Kindergeld auch dann besteht, wenn eine Ausbildung wegen einer Erkrankung schon nicht begonnen oder gesucht werden kann. Die Ausbildungswilligkeit muss allerdings glaubhaft gemacht werden (Urteil vom 26.4.2019, 7 K 1093/18 Kg).

  • Der Fall: Der 20 Jahre alte Sohn begann am 1.8.2016 eine Ausbildung, die aber bereits zum 31.10.2016 durch eine Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde. Der Sohn war nach einer ärztlichen Bescheinigung bis Ende 2017 arbeitsunfähig. Der behandelnde Arzt bescheinigte sogar, dass ein Ende der Erkrankung nicht absehbar sei. Gegenüber der Familienkasse erklärte der Sohn, dass er beabsichtige, zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung seiner Erkrankung eine Ausbildung aufzunehmen. Diese Erklärung erreichte die Familienkasse aber erst im September 2017. Die Familienkasse gewährte daraufhin kein Kindergeld für den Zeitraum November 2016 bis August 2017, also für den Zeitraum der Beendigung der Ausbildung bis zur Erklärung gegenüber der Familienkasse. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.
  • Begründung der Richter: Der Sohn sei in dem entsprechenden Zeitraum ausbildungswillig gewesen. Dies ergäbe sich aus seiner klaren und eindeutigen Erklärung vom September 2017. Diese Erklärung sei auch für den zurückliegenden Zeitraum ab dem Beginn der Erkrankung von November 2016 von Bedeutung. Zwar sie die Erklärung erst nachträglich abgegeben worden, was der "Dienstanweisung Kindergeld" widerspreche (DA-KG A 17.2 Abs.1, V 6.1 Abs.1). Eine derartige Erklärung soll danach nur ab dem Zeitpunkt des Eingangs bei der Familienkasse, hier also ab September 2017, gelten. Entgegen dieser Anweisung genüge es aber nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, wenn die Sachverhaltsumstände im Entscheidungszeitpunkt vollständig und glaubhaft dargelegt sind. Entscheidend sei nicht, was erklärt wurde, sondern die tatsächliche Lage.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden, so dass das letzte Wort möglicherweise noch nicht gesprochen ist. Unabhängig davon sollten Eltern gegenüber der Familienkasse die ernsthaften Bemühungen des Kindes um einen Ausbildungsplatz nachweisen oder zumindest glaubhaft machen - und zwar sehr frühzeitig. Der Nachweis für die Ausbildungswilligkeit des Kindes kann z.B. erbracht werden durch schriftliche Bewerbungen unmittelbar an Ausbildungsbetriebe und ggf. darauf erfolgte Zwischennachrichten oder auch Absagen.

Im Falle einer Erkrankung ist das voraussichtliche Ende der Erkrankung durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen; die Bescheinigung ist jeweils nach Ablauf von sechs Monaten zu erneuern. Ist nach den ärztlichen Feststellungen das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht absehbar, muss sehr frühzeitig eine schriftliche Erklärung an die Familienkasse erfolgen, dass der Wille des Kindes besteht, sich unmittelbar nach Wegfall der Hinderungsgründe um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder fortzusetzen. Zudem muss sich das Kind nach Wegfall des Hinderungsgrundes unmittelbar um eine Berufsausbildung bemühen bzw. diese fortsetzen.

Weitere Informationen: Kinder ohne Ausbildungsplatz

 

3. Kinderfreibetrag:
Jetzt wieder Vergleich mit dem "gezahlten" Kindergeld

Es gibt viele Eltern, die vergessen haben, Kindergeld für ihre Sprösslinge zu beantragen. Nun könnte man glauben, dass die Eltern die kindbedingten Vergünstigungen wenigstens im Rahmen ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer erhalten würden. Doch weit gefehlt. Bei der sog. Günstigerprüfung wird nämlich nicht das "tatsächlich gezahlte Kindergeld", sondern der "Anspruch auf Kindergeld" mit der Steuerersparnis aus den Freibeträgen verglichen. Das heißt: Bereits der "Anspruch auf Kindergeld" mindert die Begünstigungen bei der Einkommensteuer. Wird der Anspruch nicht realisiert, kann die Zahlung des Kindergeldes auch nicht über die Einkommensteuererklärung "nachgeholt" werden. Damit gehen Eltern leer aus, die das Kindergeld - aus welchen Gründen auch immer - nicht beantragt haben. Doch es gibt eine Gesetzesänderung, die betroffenen Eltern helfen wird. Lesen Sie dazu die folgenden Hinweise.

Zunächst zum Hintergrund

Wer für ein Kind Kindergeld bekommt, dem steht grundsätzlich auch ein Kinderfreibetrag und BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) zu. Beides zusammen gibt es aber nicht: Als Eltern eines Kindes erhalten Sie entweder Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge. Sie haben jedoch kein Wahlrecht, was Sie denn nun lieber haben möchten. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung prüft das Finanzamt vielmehr von Amts wegen, was für Sie günstiger ist: die Steuerersparnis aus den Steuerfreibeträgen oder das Kindergeld. Das ist die sog. Günstigerprüfung (§ 31 EStG). Hierzu wird die Einkommensteuer für das "zu versteuerndes Einkommen" ohne und mit Kinderfreibeträgen ermittelt. Die Differenz ist die Steuerersparnis, die mit dem Kindergeld verglichen wird:

  • Ist die Steuerersparnis niedriger als das Kindergeld, werden die Steuerfreibeträge nicht abgezogen, und es bleibt beim Kindergeld.
  • Ist die Steuerersparnis höher als das Kindergeld, werden die Steuerfreibeträge bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abgezogen und das Kindergeld zurückgefordert. Dies geschieht in der Form, dass das Kindergeld der Einkommensteuer hinzugerechnet wird.

Wenn Eltern glauben, sie könnten auf die Beantragung von Kindergeld bei der Familienkasse verzichten, weil sie wegen ihres höheren Einkommens ohnehin mit den steuerlichen Freibeträgen - Kinderfreibetrag und BEA-Freibetrag - besser fahren, wird es ein böses Erwachen geben. Bei der Günstigerprüfung wird nämlich nicht das "tatsächlich gezahlte Kindergeld", sondern der "Anspruch auf Kindergeld" mit der Steuerersparnis aus den Freibeträgen verglichen. Das heißt: Ist das Kindergeld trotz Anspruchs nicht ausgezahlt worden, erfolgt keine "Nachholung" über die Einkommensteuererklärung. Nur die Differenz aus der Steuerersparnis laut Freibeträgen und dem "Anspruch auf Kindergeld" mindert die Einkommensteuer. Es ist grundsätzlich Sache des Kindergeldberechtigten, den ihm zustehenden Kindergeldanspruch bei der Familienkasse zu realisieren.

In der Praxis gibt es zahlreiche Fälle, in denen die kindbedingten Vergünstigungen nicht gewährt werden, weil zwar ein anzurechnender "Anspruch auf Kindergeld" besteht, dieses de facto aber nicht gezahlt wurde. Und vor allem: Da die rückwirkende Auszahlung des Kindergeldes zudem per Gesetz auf sechs Monate begrenzt worden ist, kann oftmals auch das Kindergeld nicht mehr nachträglich realisiert werden. Anders ausgedrückt: Eltern, die vergessen haben, Kindergeld rechtzeitig zu beantragen, obwohl ihnen dieses zugestanden hätte, gehen nach derzeitiger Rechtslage (auch) bei der Einkommensteuer mehr oder weniger leer aus, da der "Anspruch auf Kindergeld“ angerechnet wird. Dadurch wird letztlich das Existenzminimum der Kinder besteuert.

Die Gesetzesänderung

AKTUELL gibt es aber Licht am Ende des Tunnels: Sehr versteckt im "Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch“ befindet sich eine gesetzliche Änderung, die die kindbedingten Vergünstigungen bei der Einkommensteuer betrifft. Aufgrund einer Änderung des § 31 EStG kommt es nun nicht mehr auf das zustehende, sondern auf das ausgezahlte Kindergeld an, wenn das Kindergeld zu spät beantragt worden und es damit nicht zur Auszahlung gekommen ist. Betroffene können dann wenigstes von den Freibeträgen bei der Steuerveranlagung profitieren. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu:

„Infolge der neuen Regelung in § 70 Absatz 1 Satz 2 EStG (Artikel 9 Nummer 7) wird die rückwirkende Auszahlung des Kindergeldes auf sechs Monate begrenzt. Um zu verhindern, dass in Fällen, in denen der Kindergeldantrag nicht rechtzeitig gestellt wurde, bei der Einkommensteuer infolge der Hinzurechnung des Anspruchs auf Kindergeld das Existenzminimums eines Kindes nicht vollständig freigestellt wird, ist eine Ausnahmeregelung erforderlich. In diesen Fällen kann nicht auf den Anspruch auf Kindergeld abgestellt werden, da dies zur Folge hätte, dass die Freibeträge für Kinder sich steuerlich nur in Höhe des Betrages auswirken würden, der das verrechnete, aber nicht erhaltene Kindergeld übersteigt. In diesen Fällen muss auf das ausgezahlte Kindergeld abgestellt werden. Trägt der Steuerpflichtige vor, dass die rückwirkende Auszahlung des Kindergeldes auf sechs Monate begrenzt wurde, ist dem Finanzamt der betreffende Kindergeldbescheid oder eine Bescheinigung der Familienkasse nach § 68 Absatz 3 EStG vorzulegen.“ 

STEUERRAT: Der Bundesrat hat dem Gesetz am 28. Juni 2019 zugestimmt. Daher sollten derzeit streitige Fälle im Hinblick auf die Änderung offengehalten werden.

HINWEIS: Mit dem genannten Gesetz gehen zudem weitere Änderungen des Kindergeldrechts einher. So erhält die Familienkasse eigene Prüfungskompetenzen, um Missbrauch von Kindergeld zu verhindern. Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind im Übrigen in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug, also von der Kindergeld-Berechtigung, ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen.

 

4. Trennungskinder:
Verminderung des Unterhaltszahlbetrages ab Juli 2019

Geschiedene und getrennt lebende Elternteile sowie Eltern nichtehelicher Kinder müssen für ihre Kinder, die beim anderen Elternteil leben, Barunterhalt leisten. Beim Kindesunterhalt ist zwischen dem Mindestunterhalt des Kindes und dem Zahlbetrag des Barunterhaltspflichtigen zu unterscheiden: Der Mindestunterhalt ist der Barunterhaltsbetrag, auf den das minderjährige Kind grundsätzlich Anspruch hat und den der Unterhaltspflichtige grundsätzlich zahlen muss. Dieser ist in der sog. Düsseldorfer Tabelle festgelegt. Doch bei der Berechnung des zu zahlenden Kindesunterhalts spielt das Kindergeld eine wichtige Rolle:

  • Das Kindergeld für ein minderjähriges Kind steht den Eltern zu, und zwar beiden Elternteilen je zur Hälfte. Da es in voller Höhe an den betreuenden Elternteil ausbezahlt wird, darf der barunterhaltspflichtige Elternteil die Hälfte des Kindergelds vom Unterhaltsbedarf nach Düsseldorfer Tabelle abziehen.
  • Bei volljährigen Kindern wird das Kindergeld in voller Höhe vom Unterhaltsbedarf des Kindes abgezogen.

Erst nach Abzug des hälftigen Kindergeldes bei Minderjährigen bzw. des vollen Kindergeldes bei Volljährigen ergeben sich die maßgeblichen monatlichen Zahlbeträge für den Barunterhaltspflichtigen, die tatsächlich zu zahlen sind.

AKTUELL wird zum 1.7.2019 das Kindergeld erhöht (siehe oben). Da der Mindestunterhalt des Kindes unverändert bleibt, verringert sich der Zahlbetrag für den Barunterhaltspflichtigen - meist den Vater. Hier sind sämtliche Werte in einer Tabelle: Unterhalt an Kinder: Die Düsseldorfer Tabelle im Jahre 2019

 

5. Trennungskinder:
Absenkung des Unterhaltsvorschusses ab Juli 2019

Kinder, die vom anderen Elternteil getrennt leben und von ihm keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt bekommen, können von Papa Staat einen Unterhaltsvorschuss erhalten. Dies trifft auch bei ungeklärter Vaterschaft zu. Ein gerichtliches Unterhaltsurteil ist nicht nötig. Ist der andere Elternteil ganz oder teilweise leistungsfähig, aber nicht leistungswillig, wird er vom Staat in Höhe des gezahlten Unterhaltsvorschusses in Anspruch genommen.

Der Unterhaltsvorschuss errechnet sich, indem vom Mindestunterhalt des Kindes das Kindergeld in voller Höhe abgezogen wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Unterhaltsvorschussgesetz). Der Unterhaltsvorschuss beträgt seit dem 1.1.2019

  • für Kinder bis zu 5 Jahren: 160 EUR monatlich (354 EUR ./. 194 EUR),
  • für Kinder von 6 Jahren bis 11 Jahren: 212 EUR monatlich (406 EUR ./. 194 EUR),
  • für Kinder von 12 Jahren bis 17 Jahren: 282 EUR monatlich (476 EUR ./. 194 EUR).

AKTUELL vermindert sich ab dem 1.7.2019 der Unterhaltsvorschuss um 10 EUR monatlich, weil das Kindergeld um 10 EUR erhöht wird. Der Unterhaltsvorschuss beträgt somit ab dem 1.7.2019

  • für Kinder bis zu 5 Jahren: 150 EUR monatlich (354 EUR ./. 204 EUR),
  • für Kinder von 6 Jahren bis 11 Jahren: 202 EUR monatlich (406 EUR ./. 204 EUR),
  • für Kinder von 12 Jahren bis 17 Jahren: 272 EUR monatlich (476 EUR ./. 204 EUR).

Weitere Infos: Geschiedene oder nicht verheiratete Eltern: Kindervergünstigungen

 

IV. Kapitalerträge

1. Kontenspionage:
Jahr für Jahr schaut der Staat in immer mehr private Konten

Mit Hilfe der automatisierten Kontenschnüffelei können die Behörden heimlich, still und leise feststellen, wer wo wie viele Konten und Depots hat, wann die Konten eröffnet und geschlossen wurden. Davon erfahren die betroffenen Bürger und Banken nichts. Nicht ersichtlich sind jedoch Kontenstände und Kontenbewegungen. Dafür muss gezielt bei den betreffenden Banken nachgefragt werden. Bei den Kontenabrufen sind zwei Formen und Wege zu unterscheiden:

  • Steuerliche Kontenabrufe: Finanz- und Sozialbehörden können Kontenanfragen über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) starten (§ 93 Abs. 7 und 8 AO). Diesen Weg nutzen auch Gerichtsvollzieher und Jugendämter sowie die Vollstreckungsbehörden von Bund und Ländern.
  • Strafrechtliche Kontenabrufe: Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften dürfen ebenfalls Konten und ihre Besitzer aufspüren und nutzen dazu die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Auch die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter sowie die Zollfahndungsstellen gehen über die BaFin (§ 24c KWG).

AKTUELL ist für das Jahr 2018 - wie bereits in allen Vorjahren - wieder von einem zweifelhaften neuen Rekord bei den Kontenabfragen zu berichten: Finanzämter und Sozialbehörden einschließlich Gerichtsvollzieher und Jugendämter haben im vergangenen Jahr so viele heimliche Kontenabfragen gestartet wie noch nie zuvor - insgesamt 796.600! Und damit über 100.000 mehr als im Jahr zuvor. Beim Start im Jahre 2005 waren es gerade mal 8.700. Doch selbst dieser unrühmliche Rekord ist noch nicht die ganze Wahrheit: Zusätzlich zu den Kontenabfragen der Finanz- und Sozialbehörden haben Polizei, Staatsanwaltschaften, Zoll- und Steuerfahndung weitere 142.888 (Vorjahr: 136.845) Kontenabrufe vorgenommen. Insgesamt sind dies 939.488 Kontenabfragen (Vorjahr: 829.011). Das heißt: Jeden Arbeitstag wurden durchschnittlich rund 4.300 Bürger ausgeforscht (Vorjahr: 3.800)!

Eine Neuerung gibt es ab 2020: Dann werden die Zugriffe noch genauer, d.h. die Möglichkeit von fehlerhaften Datenübermittlungen oder Personenverwechslungen wird verringert. Künftig sind die Banken verpflichtet, neben den bisherigen Parametern (Name, Vorname und Geburtsdatum) auch die Adresse und die steuerliche Identifikationsnummer an das Bundeszentralamt für Steuer zu übermitteln. Durch die Übermittlung dieser weiteren Parameter wird eine noch genauere Auswertung der Abrufergebnisse durch das Bundeszentralamt für Steuern möglich sein (BT-Drucksache 19/9177 vom 8.4.2019).

Weitere Informationen: Kontenabruf: Wie der Fiskus heimlich Konten ausspäht

 

2. Wertpapiere:
Wertlose Aktien möglichst noch in 2019 veräußern

Der Abgeltungsteuer unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Auch Verluste aus Aktienverkäufen werden erfasst und dürfen mit Gewinnen aus entsprechenden Veräußerungen verrechnet werden. Seit Jahren gibt es aber Streit über die Frage, was in den Fällen geschieht, in denen eine Aktie einfach wertlos geworden ist und aus dem Depot ausgebucht wird.

Die Finanzverwaltung will Verluste aufgrund Forderungsausfalls nicht steuermindernd anerkennen, weil die Wertminderungen der privaten Vermögensebene und nicht der Ertragsebene zuzuordnen seien (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl 2012 I S. 953, Tz. 60). Der Bundesfinanzhof hatte hingegen entschieden, dass der endgültige Ausfall (hier: einer Darlehensforderung) als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden kann (BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15). Werden Wertpapiere veräußert, sei die Frage, ob ein Verlust dem Grunde nach anzuerkennen ist, im Übrigen weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (BFH-Urteil vom 12.6.2018, VIII R 32/16; siehe auch BMF-Schrieben vom 10.5.2019, IV C 1 - S 2252/08/10004 :026).

AKTUELL will der Gesetzgeber die Haltung der Finanzverwaltung im Einkommensteuergesetz verankern. Er plant eine Änderung des maßgebenden § 20 Abs. 2 EStG. Sowohl die Ausbuchung wertloser Aktien und anderer Wertpapiere als auch deren Übertragung sollen nicht als Veräußerung gelten. Folge: Die Verluste könnten nicht mit Gewinnen saldiert werden ("Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

STEUERRAT: In der Gesetzesbegründung wird zwar nur von einer "klarstellenden Regelung" gesprochen, so dass durchaus zu befürchten ist, dass die Finanzverwaltung die Neuregelung sogar auf Altfälle anwenden könnte. Wir halten eine derartige Rückwirkung aber nicht für wahrscheinlich und schon gar nicht für rechtmäßig. Ab 2020 muss aber auf jeden Fall mit einer Verschärfung gerechnet werden. Daher sollten Anleger mit (fast) wertlosen Aktien unbedingt in Betracht ziehen, diese noch in 2019 zu veräußern. Das Finanzgericht München hat entschieden, dass selbst eine gegenseitige Veräußerung wertloser Anteile (zu einem symbolischen Preis) zwischen fremden Dritten kein Gestaltungsmissbrauch ist. Dementsprechend können die Verluste verrechnet werden (Urteil vom 17.7.2017, 7 K 1888/16, EFG 2017 S. 1792 Nr. 22, Rev. VIII R 9/17).

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Baukindergeld:
Neue Förderrichtlinien der KfW beachten

Für die Auszahlung des Baukindergeldes und die Bearbeitung der entsprechenden Anträge ist nicht die Finanzverwaltung, sondern die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zuständig. Diese hat jüngst die Förderrichtlinien angepasst und ihr entsprechendes Merkblatt insoweit geändert (gültig ab 17.5.2019). Positiv zu vermerken ist, dass für die Antragstellung nun eine Frist von sechs Monaten (bisher drei Monate) nach dem Einzug in das selbstgenutzte Wohneigentum gilt. Allerdings hat die KfW die Tatbestände, in denen keine Förderung möglich ist, präzisiert - man könnte auch sagen "verschärft." Hier gilt unter anderem:

Gefördert wird der erstmalige Neubau oder Erwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung in Deutschland. Ist bereits selbstgenutztes, vermietetes, durch Nießbrauch genutztes, unentgeltlich überlassenes oder leerstehendes Wohneigentum zur Dauernutzung in Deutschland vorhanden, ist eine Förderung mit dem Baukindergeld ausgeschlossen. Nicht gefördert werden zudem:

  • Ferien- oder Wochenendhäuser sowie Ferienwohnungen,
  • die Übertragung von Wohneigentum im Wege der (vorweggenommenen) Erbfolge, testamentarischen Verfügung oder Schenkung,
  • der Erwerb oder die Eigentumsübertragung zwischen Ehegatten, Lebenspartnern oder Partnern einer sonstigen auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft,
  • der Erwerb oder die Eigentumsübertragung zwischen Verwandten eines Haushaltsmitgliedes in gerader Linie (zum Beispiel: Kinder, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern),
  • der Erwerb von Wohneigentum, das bereits früher im Eigentum eines Haushaltsmitgliedes stand.

Den Nachweis der Selbstnutzung müssen Sie anhand der amtlichen Meldebestätigung erbringen. Bei Kauf einer bereits selbstgenutzten Wohnimmobilie (zum Beispiel: Kauf der gemieteten Wohnung) müssen Sie - da kein Umzug stattfindet - statt der Meldebestätigung eine nach Antragstellung ausgestellte Meldebescheinigung sowie eine formlose Erklärung zum Sachverhalt einreichen. Weitere Informationen:

 

2. Mietwohnungsneubau:
Neue 7b-Sonderabschreibung kommt jetzt

In Deutschland fehlt bezahlbarer Wohnraum, vor allem in Großstädten und Ballungsräumen. Grund dafür sind Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands, die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern, eine zunehmende Zahl von Ein-Personen-Haushalten sowie der Zuzug von Flüchtlingen. Dringend benötigt werden neue Mietwohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment.

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus" eine neue befristete Sonderabschreibung gemäß § 7b EStG eingeführt, mit der private Investoren möglichst schnell zum Neubau von preiswerten Mietwohnungen angeregt werden sollen. Nachdem der Bundestag das Gesetz bereits im Dezember 2018 beschlossen hatte, hat am 28.6.2019 endlich auch der Bundesrat seine Zustimmung erteilt. Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft.

So hoch ist die Sonderabschreibung nach § 7b EStG

Die 7b-Sonderabschreibung beträgt

- im Jahr der Anschaffung oder Herstellung

- in den folgenden drei Jahren

5 %

je 5 %

der AK / HK

bis 2.000 EUR je qm Wohnfläche

Zusätzlich ist die lineare AfA von 2 % p.a. absetzbar, die sich allerdings auf eine andere Bemessungsgrundlage

bezieht, nämlich die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 EStG).

Da eine vergleichbare Regelung wie § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG fehlt, ist davon auszugehen, dass die Sonderabschreibung im Erstjahr bei unterjähriger Anschaffung oder Herstellung nicht zeitanteilig gekürzt werden muss.

FAZIT: Innerhalb des Abschreibungszeitraums von 4 Jahren können somit 28 Prozent der förderfähigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich berücksichtigt werden (4 x 5 Prozent und 4 x 2 Prozent). Die AfA ab dem 5. Jahr ergibt sich als Restwert-AfA gemäß § 7a Abs. 9 EStG: Restwert von 72 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dividiert durch 46 Jahre.

Das sind die wesentlichen Bedingungen im Überblick:

  • Begünstigt sind nur Gebäude, deren Baukosten nicht höher als 3.000 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche sind.
  • Förderfähig sind jedoch nur Baukosten bis höchstens 2.000 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche.
  • Begünstigt sind nur Investitionen, für die ein Bauantrag zwischen dem 1.9.2018 und dem 31.12.2021 gestellt wird. Sofern ein Bauantrag nicht erforderlich ist, muss die Bauanzeige in diesem Zeitraum erfolgen.
  • Die geförderte Immobilie muss mindestens 10 Jahre lang vermietet werden. Eine Mietobergrenze ist allerdings nicht vorgesehen.
  • Begünstigt ist nicht nur die Herstellung neuer Immobilien, sondern auch deren Anschaffung. Dazu muss der Erwerber die neue Wohnung bis zum Ende des Jahres erwerben, in dem sie fertiggestellt wird.
  • Sonderabschreibungen kommen nur in Betracht, wenn durch Baumaßnahmen neue Wohnungen hergestellt werden oder diese bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft werden. Begünstigt sind also auch Investitionen in bestehende Gebäude, wenn dadurch neuer Wohnraum geschaffen wird.

Weitere Informationen: Förderung des Mietwohnungsneubaus: Die neue 7b-Sonderabschreibung

 

3. Verkauf von Immobilien:
Böse Steuerfallen in der Zehn-Jahres-Frist vermeiden

Werden Immobilien innerhalb von zehn Jahren an- und wieder verkauft, so liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Früher sprach man insoweit von Spekulationsgeschäften. Die Gewinne aus Veräußerungen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer. Lediglich folgende Ausnahmen sind zu berücksichtigen:

  • Die Immobilie wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Eine zwischenzeitliche kurze Vermietungsphase wäre steuerschädlich.
  • Die Immobilie wurde im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Nicht erforderlich ist jedoch, dass dieser Zeitraum drei volle Kalenderjahre umfasst. Somit kommt es auf den zeitlichen Umfang der Eigennutzung im ersten und dritten Jahr nicht an.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch dann vor, wenn Sie die Wohnung mit Familienangehörigen oder gemeinsam mit einer anderen Person bewohnen, z.B. dem Lebensgefährten. Leider zeigt die Praxis, dass es im Zusammenhang mit der Berechnung der Zehn-Jahres-Frist und den Voraussetzungen der Steuerbefreiungen immer wieder zu teuren Fehlern kommt. Nachfolgend werden daher einige Steuerfallen aufgezeigt, die es zu vermeiden gilt.

Falle 1: Falsche Berechnung der Zehn-Jahres-Frist

Zur Ermittlung der zehnjährigen Spekulationsfrist sind grundsätzlich die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden. Es kommt also auf den jeweiligen Zeitpunkt des notariellen Vertrages an, zu dem die Immobilie erworben und veräußert wird. Nicht maßgebend ist der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten. Unerheblich ist auch, wann der Eigentumserwerb im Grundbuch eingetragen wird. Gehen Sie also bei einem geplanten Verkauf nicht zu früh zum Notar.

Falle 2: Falsche Berücksichtigung von ausstehenden Genehmigungen

Steht noch die Genehmigung einer Behörde oder anderen Institution bezüglich der Genehmigung des Verkaufs aus, so ist das für die Berechnung der Zehn-Jahres-Frist unerheblich. Beispiel: Am 30.8.2019 wird der Notarvertrag über den Verkauf der Immobilie geschlossen. Am 31.8.2019 wäre die Zehn-Jahres-Frist abgelaufen. Der Verkauf steht aber unter dem Vorbehalt, dass das Eisenbahnbundesamt dem Verkauf zustimmt. Die Genehmigung wird am 30.9.2019 erteilt. Der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt der Genehmigung ist für die Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG jedoch unerheblich (BFH-Urteil vom 10.2.2015, IX R 23/13). Es bliebe im Beispielsfall also bei einem Verkauf zum 30.8.2019 und damit innerhalb der Zehn-Jahres-Frist. Anders ist dies, wenn die Genehmigung einer unmittelbaren Vertragspartei aussteht. Das ist etwa der Fall, wenn der Erwerber durch eine Person ohne Vollmacht, z.B. einen Notariatsangestellten, vertreten wird und er das Rechtsgeschäft erst nach Ablauf der Spekulationsfrist genehmigt. Denn bei einem schwebend unwirksamen Rechtsgeschäft ist nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern auf den Zeitpunkt der Genehmigung abzustellen. Mit der Genehmigung wird der Kaufvertrag zivilrechtlich zwar rückwirkend ab Vertragsabschluss wirksam, steuerrechtlich jedoch erst ab Genehmigung (BFH-Urteil vom 2.10.2001, BStBl 2002 II S. 10). Wichtig: Zur Berechnung der Zehn-Jahres-Frist sollte "Vergangenheitsforschung" betrieben werden, denn nach zehn Jahren erinnert man sich möglicherweise nicht mehr daran, ob seinerzeit bei Erwerb ein "schwebend unwirksames Rechtsgeschäft" vorgelegen hat. Also: Schauen Sie in Ihren Unterlagen sehr genau nach, wann der Kaufvertrag wirksam geworden ist.

Falle 3: Verkauf einer Immobilie nach dem 25. Lebensjahres eines Kindes

Oftmals wird eine Immobilie einem Kind unentgeltlich überlassen, etwa eine Eigentumswohnung am Studienort von Sohn oder Tochter, und z.B. nach dem Studium wieder verkauft. Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass zwar die unentgeltliche Überlassung an ein unterhaltsberechtigtes Kind solange unschädlich ist, wie es in Berufsausbildung ist und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ist das Kind aber älter als 25 Jahre, wird es bei den Eltern nicht mehr steuerlich berücksichtigt, sodass keine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" mehr vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn die zivilrechtliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind über das 25. Lebensjahr hinaus weiter besteht (FG Baden-Württemberg vom 4.4.2016, 8 K 2166/14). Das heißt also; Überschreitet das Kind bereits während der Überlassung der Wohnung die Altersgrenze und wird die Immobilie dann verkauft, wird diese im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt, so dass ein Veräußerungsgewinn in der Spekulationsfrist steuerpflichtig ist. Auch die zweite Alternative der Steuerbefreiung setzt im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken voraus. In Streitfällen könnte zwar das aktuelle Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7.12.2018 (13 K 289/17) weiterhelfen, wonach die Eigennutzung in der zweiten Alternative nicht ununterbrochen sein muss. Darauf verlassen sollte man sich aber nicht, zumal gegen das Urteil die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH anhängig ist. 

Falle 4: Verkauf einer Wohnung nach Trennung und Auszug

Trennt sich der Eigentümer einer Wohnung von seiner Lebensgefährtin und zieht aus der Wohnung aus, während die Lebensgefährtin zunächst weiterhin mit den gemeinsamen Kindern in der Wohnung bleibt, so gilt dies nicht als Selbstnutzung im Sinne des § 23 EStG. Aus der Sicht des überlassenden Eigentümers wird die Wohnung dadurch gerade nicht mehr zu eigenen, sondern zu fremden Wohnzwecken genutzt, da der gemeinsame Haushalt mit dem Kind und der Lebensgefährtin aufgelöst wurde. Folge: Ein Verkauf der Wohnung innerhalb der Zehn-Jahres-Frist wäre steuerpflichtig (Hessisches FG, Urteil vom 30.9.2015, 1 K 1654/14).

Falle 5: Verkauf aus einer Notlage heraus

Erfolgt innerhalb der Spekulationsfrist ein Grundstücksverkauf, ist ein Spekulationsgewinn grundsätzlich ohne Ansehung des Motivs für den Verkauf zu bejahen. Es kommt weder auf eine Spekulationsabsicht an noch ist erheblich, ob die Veräußerung durch Krankheit, drohende Enteignung oder sonstigen Zwang bedingt war (FG Hessen, Urteil vom 19.5.2008, 5 K 477/06). Eine andere Auffassung vertritt zumindest teilweise das FG Münster mit Urteil vom 28.11.2018 (1 K 71/16 E). Danach gilt: Ordnet eine Gemeinde die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück auf sich selbst gegen Zahlung einer Entschädigung an, enteignet sie also den Grundstückseigentümer, ist ein hieraus erzielter Gewinn nicht steuerpflichtig. Das Urteil ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da die Revision zugelassen worden ist (Az. IX R 28/18).

Falle 6: Betriebsaufspaltung und Einbringung in GmbH & Co.KG

In der letzten Steuerfalle geht es um betrieblich genutzte Immobilien. Sie ist nicht ganz leicht zu verstehen, dürfte aber zahlreiche Fälle betreffen und ist nur wenigen bekannt. Hierzu ein durchaus typischer Fall: Ein Gewerbetreibender hält ein Grundstück seit etwa vier Jahren im Privatvermögen. Er vermietet es nun an seine GmbH, so dass eine Betriebsaufspaltung entsteht. Die Einlage des Grundstücks erfolgt zum Teilwert; dennoch gilt die Einlage nicht als Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 EStG. Folglich löst die Einlage keine Einkommensteuer aus. Zwei Jahre später weist der Steuerberater seinen Mandanten darauf hin, dass es doch sinnvoll sei, Grundstück und GmbH-Anteile zum Buchwert gemäß § 24 UmwStG in eine GmbH & Co. KG einzubringen. Der Mandant stimmt dem zu; die Verträge werden entsprechend vorbereitet. Nun kommt es: Die Einbringung nach § 24 UmwStG gilt als rückwirkender Veräußerungstatbestand i.S. des § 23 EStG. Die Einlage eines Grundstücks in das Betriebsvermögen ist nämlich dann nachträglich als Veräußerung zu werten, wenn das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach seiner Anschaffung aus dem Betriebsvermögen veräußert wird (§ 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG). Als Veräußerung wird nach Meinung der Finanzverwaltung auch die Einbringung des Besitzunternehmens ins Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gewertet. Folglich wird rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einlage des Grundstücks vor zwei Jahren die Besteuerung nach § 23 EStG ausgelöst. Sind zwischen Erwerb des Grundstücks und der Einlage stille Reserven entstanden, wären diese zu versteuern - und zwar, obwohl die Einbringung in die GmbH & Co. KG zum Buchwert erfolgt ist. Diese Steuerfalle kennen selbst viele Steuerberater nicht - die Finanzverwaltung dafür umso besser.

STEUERRAT: Wer sein Haus oder seine Eigentumswohnung veräußert, sollte sich zuvor sehr genau erkundigen, ob ein Veräußerungsgewinn zu versteuern ist - und vor allem auch, in welcher Höhe. Auch hier herrschen mitunter falsche Vorstellungen. Denn: Soweit bei der steuerlichen Einkunftsermittlung Abschreibungen, erhöhte Abschreibungen und Sonderabschreibungen als Werbungskosten abgesetzt wurden, müssen diese nun wieder hinzugerechnet, also nachversteuert werden. Im Endergebnis werden so die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die in Anspruch genommenen Abschreibungsbeträge gekürzt. Übrigens würde ein Immobilienmakler nicht für eine falsche Auskunft zur Berechnung der Zehn-Jahres-Frist haften. In einem entsprechenden Fall scheiterte eine gebeutelte Hausverkäuferin in allen Instanzen. Einen Makler trifft im Regelfall keine vertragliche Nebenpflicht, steuerrechtliche Fragen zu prüfen - so der Bundesgerichtshof (Urteil vom 12.7.2018, I ZR 152/17).

Weitere Informationen: Verkauf von Haus, Wohnung oder Grundstück

 

4. Grundstücksnutzung:
Entschädigungszahlungen nicht immer steuerfrei

Der Hochwasser- und Überflutungsschutz wird seit einigen Jahren ernster genommen als früher. Es werden zunehmend Rückhaltebecken errichtet und Überflutungsflächen ausgewiesen. Dazu benötigen Länder und Kommunen oftmals Flächen, die sich im fremden Eigentum befinden. Zur Nutzung zahlt die öffentliche Hand dann Entschädigungen an die Grundstückseigentümer. Doch wie sind diese Entschädigungszahlungen zu versteuern?

Im vergangenen Jahr hatte der Bundesfinanzhof (BFH) zu einem ähnlichen Sachverhalt entschieden, nämlich zur Entschädigungszahlung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung. Danach gilt: Erteilt der Eigentümer die entsprechende Erlaubnis, um einer drohenden Enteignung zuvorzukommen, so liegen weder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch sonstige Einkünfte vor. Vielmehr handelt es sich um steuerfreie Einnahmen in der Vermögenssphäre (BFH-Urteil vom 2.7.2018, IX R 31/16).

AKTUELL hat der BFH zum Fall des Flutungsrechts geurteilt. Doch anders als in dem "Hochspannungsfall" ging es nicht um ein Grundstück im Privat-, sondern im Betriebsvermögen. Und hier gilt: Die Zahlungen sind als Betriebseinnahme zu versteuern - und zwar sofort in voller Höhe und nicht verteilt über einen längeren Zeitraum (BFH-Urteil vom 21.11.2018, VI R 54/16).

  • Der Fall: Eine Landwirtin erhielt vom Land eine Zahlung in Höhe von rund 18.000 EUR für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit räumte dem Land das Recht ein, die Fläche als Überflutungsfläche für den Betrieb einer Hochwasserrückhaltung zu nutzen. Die Landwirtin konnte die landwirtschaftliche Nutzung des mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belasteten Grundbesitzes innerhalb der Hochwasserrückhaltung in gleicher Art und Intensität wie zuvor fortsetzen. Bei Ertragsausfällen und Schäden an landwirtschaftlichen Flächen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Hochwasserrückhaltung war das Land zu Ausgleichszahlungen verpflichtet. Das belastete Grundstück gehörte zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen.
  • Die Landwirtin wollte die Zahlung, wenn sie schon zu versteuern ist, wenigstens auf einen Zeitraum von zehn Jahren verteilen (gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG). Das Finanzamt hingegen behandelte die Zahlung als laufende Betriebseinnahme, die nicht verteilt werden könne. Zurecht, wie der BFH befand. Entschädigungszahlungen für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die das Recht dinglich absichert, das belastete Grundstück als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung zu nutzen, seien bereits im Zuflusszeitpunkt als Betriebseinnahme zu erfassen. Es handele sich bei solchen Entschädigungszahlungen nicht um Einnahmen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG, die auf einer Nutzungsüberlassung beruhen und daher verteilt werden könnten.
  • Das BFH-Urteil vom 2.7.2018 (siehe oben), mit dem der BFH eine Entschädigung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung als steuerfrei angesehen hat, sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn jener Streitfall betraf keine betrieblichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das überspannte Grundstück gehörte nicht zu einem Betriebsvermögen, sondern befand sich im Privatvermögen der Steuerpflichtigen.

STEUERRAT: Das Urteil verdeutlicht, dass bei Entschädigungszahlungen sehr genau darauf zu achten ist, ob diese ein Grundstück im Privat- oder im Betriebsvermögen betreffen. In der Praxis ist dies gerade bei land- und forstwirtschaftlichen Flächen nicht immer leicht zu beurteilen. Bei aktiven Bauernhöfen mag die Entscheidung einfach zu treffen sein. Vielfach werden aber Flächen eines seit Jahren nicht mehr aktiven Betriebs genutzt. Früher durften landwirtschaftliche Flächen - gesetzlich durchaus zulässig - als Privatvermögen behandelt werden und sind erst Anfang der 70er Jahre zwangsweise zu Betriebsvermögen geworden. Das ist aber vielen Personen, insbesondere den Erben, nicht immer klar und erst bei einem Verkauf oder einem Vorgang wie oben beschrieben kommt das böse Erwachen. Das heißt, erst jetzt wird klar, dass die Flächen zum Betriebsvermögen gehören und für die genannten Vorgänge Steuern zu zahlen sind. Im Urteilsfall wäre es im Übrigen sinnvoller gewesen, wenn die Landwirtin mit dem Land vereinbart hätte, dass die Zahlung über einen längeren Zeitraum verteilt zu leisten ist. Dann wäre wenigstens die sofortige Besteuerung vermieden worden.

 

5. Finanzierung:
Ausgleichszahlung für Beendigung eines Zinsswap-Vertrages

Immobilienbesitzer, die Darlehensverträge über hohe Summen mit variablen Zinsen abschließen, wollen das Zinsrisiko oftmals durch so genannte Zinsswap-Geschäfte minimieren. Das heißt zum Beispiel: Es wird mit dem Kreditinstitut ein "Forward Swap" vereinbart, der bestimmt, dass die Anschlussfinanzierung zu demselben Zins erfolgen soll wie bei Abschluss des Darlehensvertrages. Es handelt sich dabei um eine Art Wette, wer die Zinsentwicklung besser einschätzen kann. Sinkt das Zinsniveau, so gewinnt die Bank. Steigen die Zinsen, freut sich der Darlehensnehmer. Aufgrund der anhaltend niedrigen Zinsen war in den vergangenen Jahren aber oftmals das Kreditinstitut auf der glücklichen Seite, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Darlehensnehmer einen Zinsswap-Vertrag vorzeitig beendet haben - natürlich gegen eine entsprechende Ausgleichszahlung.

AKTUELL hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass Ausgleichzahlungen für die vorzeitige Beendigung eines Zinsswap-Vertrages als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind, wenn der Vertrag zur Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken für ein Darlehen abgeschlossen wurde. Voraussetzung ist, dass der Vertrag im Zusammenhang mit einer vermieteten Immobilie steht und diese nach Beendigung des Vertrages auch weiterhin vermietet wird (Urteil vom 9.4.2019, 4 K 1734/17).

  • Der Fall: Die Klägerin nahm zur Finanzierung eines Mietobjekts ein Bankdarlehen über seinerzeit rund 4 Mio. DM auf, wobei ein für 10 Jahre fester und sodann variabler Zinssatz vereinbart wurde. Zur Absicherung der Zinsänderungsrisiken, die nach Ablauf des Zinsbindungszeitraums erwartet wurden, schlossen die Klägerin und die Bank über die dann noch offene Restschuld einen sog. Forward-Zinsswap ab. Dazu verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung eines vereinbarten Festzinses an die Bank, die sich im Gegenzug zur Zahlung von - an einen börsenabhängigen Referenzzinssatz gekoppelte - variable Zinsen an die Klägerin verpflichtete. Damit hatte sich die Klägerin gegen steigende Zinsen abgesichert, allerdings die Möglichkeit verloren, von fallenden Zinsen zu profitieren. In 2014 löste die Klägerin das seinerzeit noch über rund 1,8 Mio. EUR valutierende Darlehen durch ein anderes Darlehen ab, das einen deutlich niedrigeren Festzins aufwies. Außerdem kündigte sie den Zinsswap-Vertrag, wofür sie einen Auflösungsbetrag in Höhe von 171.750 EUR an die Bank zahlen musste. Das Finanzamt lehnte es ab, diese Zahlung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen. Das Gericht hingegen ließ den Werbungskostenabzug zu.
  • Der Bundesfinanzhof habe zwar eine Ausgleichzahlung, die durch die vorzeitige Beendigung eines Swap-Vertrages ausgelöst wird, nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet (BFH-Urteil vom 13.1.2015, IX R 13/14). In dem dort entschiedenen Fall sei allerdings nur die Swap-Vereinbarung und nicht das zu Grunde liegende Darlehen vorzeitig gekündigt worden. Im Streitfall sei die Sachlage allerdings eine andere und vergleichbar mit Situationen, in denen Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zugelassen würden, weil das Objekt nach wie vor vermietet werde.

STEUERRAT: In dem aktuellen Fall war u.a. entscheidend, dass die Immobilie weiter vermietet wurde. Das FG Münster hat kürzlich - ebenfalls zu einem Zinsswap-Fall - entschieden, dass Zinsausgleichszahlungen nicht als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn das Mietobjekt veräußert und das Immobiliendarlehen abgelöst wurde. Für einen fortbestehenden wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen laufenden Zinsausgleichszahlungen aus einem Swapgeschäft und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei Voraussetzung, dass die Immobilienfinanzierung einerseits und das Swapgeschäft andererseits weiterhin verknüpft seien. Das sei im Urteilsfall nicht mehr gegeben (Urteil vom 20.2.2019, 7 K 1746/16 F). In beiden Fällen haben die Finanzrichter die Revision zum BFH zugelassen; in dem Fall aus Rheinland-Pfalz hat das Finanzamt diese aber wohl nicht eingelegt. In einem dritten Fall zu dem Thema hat das FG Köln festgestellt, dass laufende Zahlungen aufgrund eines mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Zusammenhang stehenden Swaps auch bei diesen Einkünften zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hingegen sah in den Aufwendungen gewerbliche Verluste aus Termingeschäften, die nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden dürften (Urteil vom 18.12.2018, 8 K 3086/16). Gegen dieses Urteil liegt die Revision bereits vor (Az. IV R 5/19).

 

6. Umsatzsteuer:
Verlängerung der Zuordnungsfrist für Gebäude und PV-Anlagen

Wer ein Gebäude errichtet, das teilweise gewerblich genutzt werden soll, hat üblicherweise ein Interesse daran, die Umsatzsteuer aus den Baukosten voll als Vorsteuer abzuziehen. Das Gleiche gilt für die Errichtung von Fotovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom zum einen ins Netz eingespeist, zum anderen aber auch selbst verbraucht wird. Auch hier soll die Vorsteuer üblicherweise voll abgezogen werden. Dazu verlangt die Finanzverwaltung aber, dass sehr frühzeitig, mitunter sogar schon in der Bauphase, eine Zuordnung zum so genannten Unternehmensvermögen erfolgt.

Bei reinen Gewerbeimmobilien ist die Zuordnung zum Unternehmensvermögen zumeist relativ unproblematisch. Bei Mischobjekten ist die Entscheidung aber wesentlich schwieriger. Auch wenn in der Bauphase noch nicht sicher ist, ob später wirklich gewerbliche Mieter gewonnen werden können, ist die Entscheidung nicht leicht zu treffen. Aber: Sie muss getroffen werden, denn wer die Zuordnung versäumt, kann sie später nicht nachholen.

Beispiel 1:
Während der Bauphase geht Herr Steuerle davon aus, dass die Immobilie später zu 50 % gewerblich (umsatzsteuerpflichtig) vermietet werden kann. Hinsichtlich der übrigen 50 % geht er davon aus, dass diese von seinem Sohn unentgeltlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Dementsprechend ordnet Herr Steuerle nur 50 % der Immobilie dem Unternehmensvermögen zu. Nach Fertigstellung kann Herr Steuerle aber doch 100 % gewerblich (umsatzsteuerpflichtig) vermieten; sein Sohn zieht in eine andere Wohnung. In diesem Fall bleibt es dabei, dass der Bauherr nur 50 % der angefallenen Vorsteuern abziehen kann. Er darf den Abzug der anderen 50 % nicht nachholen. Er hätte von Anfang an 100 % dem Unternehmensvermögen zuordnen sollen.

Beispiel 2:
Herr Steuerle geht davon aus, dass er den durch seine Fotovoltaikanlage produzierten Strom zu 60 % vermarkten (einspeisen) kann und zu 40 % selbst verbraucht. Er ordnet die Anlage daher zu 60 % dem Unternehmensvermögen zu. Der Vorsteuerabzug ist mithin zu 60 % möglich. Nur durch eine vollständige Zuordnung der Anlage zum Unternehmensvermögen können 100 % abgezogen werden. Ohne eine volle Zuordnung zum Unternehmensvermögen kann der Vorsteuerabzug nicht zu 100 % erfolgen, auch wenn sich in dem Beispiel herausstellen sollte, dass der Strom zu 80 % und nicht nur zu 60 % eingespeist wird. Der Vollständigkeit halber: Bei einer vollen Zuordnung zum Unternehmensvermögen muss im Gegenzug Umsatzsteuer auf den privat verbrauchten Strom zum Marktpreis bezahlt werden.

AKTUELL ist die Frist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen verlängert worden. Für die in 2018 bezogenen Leistungen kann eine Zuordnung bis zum 31. Juli 2019 erfolgen. Bislang galt nur eine Frist bis zum 31. Mai des jeweiligen Folgejahres (Abschnitt 15.2c Abs. 16 UStAE). Der Grund liegt darin, dass auch die Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung um zwei Monate verlängert worden ist. Geben Sie gegenüber dem Finanzamt die Zuordnung klar zu erkennen, also zum einen durch den Vorsteuerabzug in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Jahreserklärung, vor allem aber auch durch eine gesonderte schriftliche Erklärung. Lassen Sie es erst gar nicht auf Auslegungsfragen ankommen.

Achtung:

  • Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärungen haben auf die oben genannte Frist keinen Einfluss.
  • Die Zuordnung zum - einkommensteuerlichen - Betriebsvermögen darf nicht verwechselt werden mit der Zuordnung zum - umsatzsteuerlichen - Unternehmensvermögen. Das sind zwei Paar Schuhe. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen muss also unabhängig und gesondert von der einkommensteuerlichen und ggf. bilanziellen Behandlung erfolgen.

Weitere Informationen: Fotovoltaik: Was Sie bei der Umsatzsteuer beachten müssen

 

VI. Nebentätigkeit

1. E-Sport:
Neues Prüffeld für die Finanzverwaltung

Glaubt man einschlägigen Brancheninformationen, gibt es in Deutschland über 4 Millionen Menschen, die Videospiele in Ligen und auf Events spielen, also den so genannten E-Sport betreiben. Die Spieler, auch als E-Gamer bezeichnet, können bei Turnieren hohe Preisgelder erzielen. Es wird insoweit bereits von Einkommens-Millionären berichtet. Zudem werden in Vereinen E-Sport-Abteilungen gegründet. Selbst Fußballclubs wie der FC Schalke 04 haben eine eigene E-Sport-Abteilung gegründet. Das Thema "E-Sport" bleibt auch der Finanzverwaltung nicht verborgen. Und so ist damit zu rechnen, dass nun einige E-Gamer - und vor allem auch Vereinspräsidenten - mit unangenehmen Fragen der Finanzverwaltung rechnen müssen.

AKTUELL sondiert die Finanzverwaltung verstärkt die "E-Gamer-Branche". Ins Visier genommen werden Vereine, insbesondere in der Fußballbranche mit eigenen E-Sport-Abteilungen, Veranstalter von Gamer-Events und auch Einzelpersonen. Zum einen werden bundesweit Erkenntnisse zu der Branche gesammelt, zum anderen soll näher geschaut werden, ob Vereine, Veranstalter und Spieler ihren steuerlichen Verpflichtungen auch tatsächlich nachgekommen sind.

STEUERRAT: Alle E-Gamer, die schon einmal ein Preisgeld gewonnen haben, sollten unbedingt prüfen (lassen), ob und inwieweit sie ihre Einnahmen nun versteuern müssen. Auch sollten sie eventuelle Ausgaben auflisten und Belege (z.B. für Startgelder, Fahrt- und Übernachtungskosten) sorgfältig aufbewahren. Vereinspräsidenten müssen prüfen, ob ihre E-Gamer möglicherweise lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig sind und Veranstalter müssen gegebenenfalls beachten, dass Quellensteuer nach § 50a EStG fällig wird. Es wäre nicht das erste Mal, dass Vorstände von Vereinen plötzlich - vollkommen ahnungslos - für Steuernachzahlungen des Vereins mit ihrem Privatvermögen haften müssen. Jedenfalls wird das Thema "E-Gaming" steuerlich eine neue Dimension gewinnen.

 

 

VII. Selbstständige

1. Minijob:
Absenkung der Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen

Für einen Minijob muss der Arbeitgeber eine Pauschalabgabe von 30 % (Rentenversicherung 15 %, Krankenversicherung 13 %, Pauschalsteuer 2 %) an die Minijobzentrale zahlen. Für Minijobber im Privathaushalt beträgt die Pauschalabgabe 12 % (Renten- und Krankenversicherung je 5 %, Pauschalsteuer 2 %). Darüber hinaus muss der Arbeitgeber zusammen mit der Pauschalabgabe noch bestimmte Umlagen für Lohnfortzahlung an die Minijobzentrale abführen:

  • Umlage U1 für Krankheitsaufwendungen,
  • Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen,
  • Umlage U3 für Insolvenzgeld (gilt nicht für Privathaushalte).

AKTUELL sinkt ab dem 1.6.2019 die Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen von 0,24 % auf 0,19 %. Der Erstattungssatz beträgt unverändert 100 % der Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber entrichtet die Umlagen zusammen mit der Pauschalabgabe an die Minijobzentrale.

STEUERRAT: Von den Umlagen U1 und U2 profitiert der Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer krank wird, zur Kur muss oder ein Kind kriegt. Die Minijobzentrale erstattet bei Erkrankung und Kur 80 % der Lohnfortzahlung und bei Entbindung 100 % des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung sowie 100 % der Lohnfortzahlung für die Dauer von Beschäftigungsverboten zuzüglich der darauf entfallenden pauschalen Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge.

Weitere Informationen: Minijob: Alles zur geringfügigen Beschäftigung

 

2. Firmenwagen:
Versteuerung des Privatanteils trotz Kfz im Privatvermögen

Für einen Firmenwagen, der sich im Betriebsvermögen befindet, will die Finanzverwaltung stets die Ein-Prozent-Regelung zur Versteuerung der - angeblichen - Privatnutzung anwenden, wenn kein Fahrtenbuch geführt worden ist. Dabei beruft sie sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13.12.2011 (VIII B 82/11), wonach der "Beweis des ersten Anscheins" für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spreche. Nun versuchen Steuerbürger immer wieder, diesen Beweis des ersten Anscheins zu entkräften. Und manchmal gelingt ihnen das auch. So hatte etwa das Finanzgericht (FG) Münster entschieden, dass der Anscheinsbeweis hinsichtlich der Pkw im Betriebsvermögen durch weitere Fahrzeuge im Privatvermögen erschüttert werden kann (Urteil vom 21.3.2018, 7 K 388/17 G,U,F). Allerdings sind die Fälle, in denen Finanzämter und Finanzgerichte davon überzeugt werden können, dass ein Firmen-Pkw ausschließlich betrieblich genutzt wird, höchst selten.

AKTUELL hat das Niedersächsische FG entschieden, dass eine Privatnutzung für einen VW Touareg auch dann anzunehmen ist, wenn sich im Privatvermögen ein Opel Corsa befindet. Denn die Fahrzeuge seien in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar - und darauf komme es entscheidend an. Wenn sich im Privatvermögen hingegen ein Volvo XC 90 befindet, könne der Anscheinsbeweis der Privatnutzung des VW Touareg hingegen erschüttert werden. Allerdings ist dazu Voraussetzung, dass der Volvo dem Betriebsinhaber jederzeit und uneingeschränkt zur Verfügung steht. Wird der Volvo hingegen auch vom Ehepartner genutzt, so sei diese Voraussetzung nicht erfüllt (Urteil vom 20.3.2019, 9 K 125/18). Fazit: Für den VW Touareg ist die Privatnutzung zu unterstellen. Wird kein Fahrtenbuch geführt, erfolgt die Versteuerung der - unterstellten - privaten Nutzung nach der Ein-Prozent-Regelung.

HINWEIS: Das Urteil ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht bemerkenswert, denn das Finanzamt hatte in den Vorjahren die steuerliche Behandlung durch den Betriebsinhaber nicht beanstandet. Sprich: Ein Ansatz der Privatnutzung ist nicht erfolgt und wurde vom Finanzamt akzeptiert. Erst ab dem Jahr 2016 hat das Finanzamt seine Meinung geändert und von nun an die Privatnutzung versteuert. Doch dieses Verhalten begründe weder einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Das Finanzamt sei daher an die Behandlung in einem früheren Veranlagungszeitraum nicht gebunden - so die Finanzrichter.

 

3. Bewirtung:
Aufwendungen für Herrenabende hälftig absetzbare Betriebsausgaben

Die Kosten für Herrenabende von der Steuer absetzen? Das meinte eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten. Solche "Herrenabende" fanden im Garten eines der Partner statt. Eingeladen waren ausschließlich Männer, und zwar Mandanten, Geschäftsfreunde und Persönlichkeiten aus Verwaltung, Politik, öffentlichem Leben und Vereinen. Die bis zu 358 Gäste wurden bewirtet und unterhalten. Die Kosten betrugen über 22.000 EUR! Die Rechtsanwalts-Sozietät machte geltend, dass die Aufwendungen der Pflege und Vorbereitung von Mandaten gedient hätten und daher voll als Betriebsausgaben abzugsfähig seien.

(1) Das FG Düsseldorf hatte im Jahre 2013 die Absetzbarkeit der Bewirtungskosten verneint. Es war der Auffassung, dass aufgrund des ausgewählten und geschlossenen Teilnehmerkreises ein Zusammenhang mit der Lebensführung und gesellschaftlichen Stellung der Eingeladenen bestanden habe. Durch den Rahmen der Feiern hätten diese Eventcharakter gehabt und die Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen geschaffen. Der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen stehe das Abzugsverbot für Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segel- oder Motoryachten und "ähnliche Zwecke" entgegen (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, 10 K 2346/11 F).

(2) Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2016 diese Entscheidung aufgehoben. Das FG habe nicht geprüft, ob der Zweck, die Gäste zu unterhalten, auch hinsichtlich der Durchführung der "Herrenabende" die Grenzen des Üblichen überschritt und der Einladung der Gäste etwa zu einer Jagd, zum Fischen oder auf eine Segel- oder Motorjacht vergleichbar war. Die Vergleichbarkeit mit den im Gesetz genannten Einrichtungen kann sich entweder aus Besonderheiten hinsichtlich des Ortes und Rahmens der Veranstaltung (Beschaffenheit, Lage, Ausstattung) oder einem besonderen qualitativ hochwertigen Unterhaltungsprogramm am Ort der Veranstaltung ergeben. Dies schließt zwar nicht aus, dass auch ein Privatgarten den genannten Einrichtungen vergleichbar ist, setzt aber entweder dessen besondere Beschaffenheit oder ein den Gästen gebotenes besonderes Unterhaltungsprogramm voraus. Die Sache wurde an das FG Düsseldorf zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen (BFH-Urteil vom 13.7.2016, VIII R 26/14).

(3) Das FG Düsseldorf hat nach Aufklärung im Jahr 2018 entschieden, dass Aufwendungen für die Ausrichtung von "Herrenabenden" doch steuerlich berücksichtigt werden, aber wegen der privaten Mitveranlassung nur hälftig als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Nach neuer Auffassung der Richter kommt das Abzugsverbot zwar nach der weiteren Aufklärung des Sachverhalts nicht zur Anwendung, weil den Gästen weder ein besonderes qualitatives Ambiente noch ein besonderes Unterhaltungsprogramm geboten worden ist. Die Aufwendungen für die Herrenabende seien aber gemischt veranlasst, weil sowohl Gäste aus dem privaten wie auch aus dem beruflichen Umfeld der Partner der Klägerin teilgenommen hätten (FG Düsseldorf, Urteil vom 31.7.2018, 10 K 3355/16 F, U). Strittig war jetzt immer noch die Schätzung des abzugsfähigen Kostenanteils.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof nun abschließend geklärt, dass die Bewirtungskosten zu Recht nur zur Hälfte berücksichtigt wurden und der Abzugsbetrag geschätzt wurde. Wenn nämlich tatsächlich ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich bzw. betrieblich veranlasst ist, doch seine Quantifizierung schwierig ist, darf der abzugsfähige Teilbetrag geschätzt werden. Dies gelte auch, wenn im Rahmen eines Kanzleifests ("sog. Herrenabend") Mandanten, potenzielle Neu-Mandanten und Geschäftsfreunde eingeladen werden, sich aber weder abschließend beurteilen lässt, welche der eingeladenen Personen auf der Feier tatsächlich erschienen sind, noch aufgrund der zahlreichen persönlichen und geschäftlichen Beziehungen zu den eingeladenen Gästen abschließend beurteilt werden kann, bei welchem Gast von einer überwiegend beruflich veranlassten Einladung auszugehen ist (BFH-Beschluss vom 21.3.2019, VIII B 129/18).

 

4. Betriebsausgaben:
Kosten für Vermittlung einer Professur können abziehbar sein

Ein Professorentitel ist Anerkennung für eine akademische Leistung und mit einem hohen gesellschaftlichen Prestige verbunden. Doch unbestritten ist er für eine Arztpraxis, eine Rechtsanwaltskanzlei oder ein Ingenieurbüro auch in wirtschaftlicher Hinsicht erstrebenswert. Da Professuren rar sind, nehmen einige Freiberufler die Hilfe von Beratern in Anspruch, die ihnen - gegen recht hohes Entgelt - eine Gast- oder Honorarprofessur im Ausland vermitteln.

AKTUELL hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) entschieden, dass Aufwendungen zur Vermittlung einer nebenberuflichen Professur als Betriebsausgaben, hier als Sonderbetriebsausgaben einer Gemeinschaftspraxis, abziehbar sind (Urteil vom 6.3.2019, 4 K 48/18). Das Urteil ist bemerkenswert, da es sich von einem negativen Urteil des FG Münster abgrenzt. Dieses hatte im Jahre 2017 geurteilt, dass die von einem promovierten Zahnmediziner getätigten Aufwendungen zur Vermittlung einer Gastprofessur nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen seien (Urteil vom 13.10.2017, 4 K 1891/14 F, EFG 2017, 1949).

  • Der Fall: Der Kläger ist Partner einer fachärztlichen Gemeinschaftspraxis. Er verfügte zudem über die universitäre Lehrbefugnis und wurde zum Privatdozenten ernannt. In dieser Eigenschaft ist er im Rahmen eines Lehrauftrags nebenberuflich an einer medizinischen Fakultät tätig. Im Jahre 2013 schloss er mit einer GmbH einen "Wissenschaftsvertrag" ab. Der Zweck des Vertrages war letztlich die Vermittlung einer Professur, Gastprofessur, Honorarprofessur oder außerplanmäßigen Professur an einer Universität oder Hochschule. Die Vertragsparteien vereinbarten ein Honorar von drei Raten zu je 10.000 EUR. Im Streitjahr ging es um den Abzug eines Honorars von 21.900 EUR. Das Finanzamt versagte aber den Abzug als Sonderbetriebsausgabe, unter anderem im Hinblick auf das genannte Urteil des FG Münster. Das Schleswig-Holsteinische FG sah jedoch keine Parallelität zu dem Münsteraner Fall und erkannte den Betrag von 21.900 EUR als Sonderbetriebsausgabe an.
  • Im Streitfall habe der Kläger plausibel dargelegt, dass die Erlangung einer Professur vornehmlich im wirtschaftlichen Interesse der Gemeinschaftspraxis erfolgen sollte. Der Kläger verfügte - im Gegensatz zu dem vom FG Münster entschiedenen Fall - bereits über die volle Qualifikation eines Hochschullehrers, welcher er auch im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Privatdozent und Lehrbeauftragter nebenberuflich nachgekommen ist. Die von ihm beauftragte Vermittlungsleistung sei inhaltlich nicht auf einen bloßen Titelkauf ohne eigenen wissenschaftlichen Hintergrund, sondern auf eine auch nach deutschem Hochschulrecht anerkannte Nebentätigkeit als Professor gerichtet gewesen. Allein der Umstand, dass er zugleich großen Wert auf die Berechtigung zur Titelführung legte, um den Professorentitel auch werbewirksam und gewinnbringend für seine Tätigkeit als Partner einer Gemeinschaftspraxis nutzen zu können, lasse die wirtschaftliche Motivation nicht entfallen oder zurücktreten.

Weitere Informationen: Fortbildung: Promotion und Habilitation

 

5. Minijob:
Hilft eine Facebook-Gruppe zur Vermeidung von "Arbeit auf Abruf"?

Ob in der Gastronomie, im Baugewerbe oder im Garten- und Landschaftsbau - in diesen und anderen Branchen ist der Einsatz der Mitarbeiter im Voraus nicht immer planbar. Daher greifen Arbeitgeber gerne auf Minijobber zurück, die ihnen "auf Abruf“ zu Verfügung stehen. Bereits in den SteuerSparbriefen März und Juni 2019 hat Steuerrat24 darauf hingewiesen, dass es für diese Fälle seit dem 1. Januar 2019 eine wichtige Neuregelung gibt: Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gelten 20 Stunden pro Woche als vereinbart (§ 12 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz). Bislang galten nur zehn Stunden als vereinbart. Das heißt: Bei der so genannten "Arbeit auf Abruf“ werden nun 20 Wochenstunden als ausgemacht angesehen, wenn keine ausdrücklichen - schriftlichen - Regelungen zur Arbeitszeit existieren. Bei einem Mindestlohn von 9,19 EUR ist die Minijobgrenze von 450 EUR damit stets überschritten und die Beschäftigung wäre sozialversicherungspflichtig.

Im SteuerSparbrief Juni 2019 haben wir auf einige Möglichkeiten aufmerksam gemacht, die Arbeitgeber nun nutzen sollten, um teure Fehler bei der Sozialversicherung zu vermeiden. Das können zum Beispiel die Vereinbarung einer Mindest- oder einer Höchstarbeitszeit oder die Führung von Arbeitszeitkonten sein. Auch die Erstellung von Rahmenvereinbarungen kann hilfreich sein, dürfte sich aber eher für etwas größere Betriebe anbieten.

Der Redaktion von Steuerrat24 ist nun ein weiteres Modell bekannt geworden, das in der Praxis offenbar genutzt wird. Wir stellen dieses nachfolgend kurz vor, möchten den betroffenen Arbeitgebern aber raten, dieses bei Interesse mit einem arbeitsrechtlich versierten Juristen zu besprechen. Das so genannte "Gruppenmodell" wird wie folgt durchgeführt:

Der Arbeitgeber, zum Beispiel ein Restaurantbesitzer, benötigt zusätzliche Arbeitskräfte für seine Außengastronomie, wenn sich abzeichnet, dass am Wochenende die Sonne scheinen wird. Er verfügt über einen Pool von Minijobbern, die er üblicherweise anruft, um zu fragen, ob diese Zeit haben. Gerade in diesen Fällen droht aber die genannte "Arbeit auf Abruf" mit den unliebsamen Folgen für den Arbeitgeber. Daher führt der Arbeitgeber eine Internetseite ein, zum Beispiel auf Facebook oder im Rahmen einer professionellen Branchensoftware, auf der er jeweils seinen voraussichtlichen Bedarf an Arbeitskräften für die kommenden Tage einträgt. Die interessierten Minijobber können dann ihrerseits eintragen, ob sie Zeit haben und kommen werden. Wenn sich ein Minijobber einträgt, ist die entsprechende Arbeitszeit sozusagen für die anderen Minijobber "blockiert."

Bei dem genannten Modell soll kein - unmittelbares - Direktionsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf die Einteilung der Arbeitszeit vorliegen. Oder besser ausgedrückt: Der Arbeitgeber hat seine Arbeitskräfte nicht "abgerufen"; vielmehr haben diese sich "angeboten." Folge: Es soll sich nicht um eine "Arbeit auf Abruf" im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes handeln.

HINWEIS: Ob die Prüfer der Sozialversicherung dem genannten Modell ihren "Segen" erteilen werden, muss sicherlich noch abgewartet werden. Auf den ersten Blick hat das Modell aber einen gewissen "Charme."

 

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