Im Jahre 2021 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder aus berufsständischen Versorgungswerken im Grundsatz nicht zu hoch besteuert werden. Die Systematik der Rentenbesteuerung hält der BFH für rechtens. Eine doppelte Besteuerung zeichne sich erst für spätere Rentnerjahrgänge ab. Zwar könne es Einzelfälle geben, bei denen schon heute eine Doppel- oder Übermaßbesteuerung eintritt. Doch den Nachweis einer solchen Doppel- oder Übermaßbesteuerung müsse der Steuerpflichtige selbst erbringen. Dabei hat der BFH die Anforderungen an einen solchen Nachweis sehr hoch gesetzt (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Das Bundesverfassungsgericht hat die hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, da sie unzulässig seien. Sie seien nicht substantiiert genug (BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2023, 2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21). AKTUELL: Der BFH muss erneut über eine mögliche Doppel- bzw. Übermaßbesteuerung von Renten entscheiden. Das Az. des Revisionsverfahrens lautet X R 9/24. Vorausgegangen ist ein ablehnendes Urteil, genauer gesagt ein so genannter Gerichtsbescheid, des Saarländischen Finanzgerichts vom 27.3.2024, 3 K 1072/20.

Der Kläger hatte eine ganze Reihe von Argumenten vorgebracht, warum seine Rente - seiner Ansicht nach - zu hoch besteuert werde. Er beanstandete unter anderem, dass ihm eine mathematische Nachvollziehbarkeit der Ertragsanteilsberechnung anhand des Gesetzeswortlauts von § 22 EStG nicht möglich sei, weil Rechtsbegriffe wie "voraussichtliche Lebenszeit“ zu unbestimmt seien und weil der Norm der Kalkulationszinssatz nicht zu entnehmen sei sowie unterschiedliche Definitionen des Kapitalwerts möglich seien, welche dann unterschiedliche Ertragsanteile zur Folge hätten. 

Zwar konnte er das Finanzgericht damit nicht überzeugen, zumal sich dieses auf die BFH-Rechtsprechung berief, wonach es nicht zu beanstanden ist, die Berechnung der Rentenbesteuerung nach dem Nominalwertprinzip durchzuführen. Doch immerhin hat es die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Soweit ersichtlich sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob § 22 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa und bb EStG gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoßen, weil die dort genannten Ertragsanteile nicht mittels mathematischer Berechnung nachvollziehbar sind.

STEUERRAT: Rentner sollten sich weiterhin gegen die vermeintliche Übermaßbesteuerung ihrer Einkünfte wehren und Einspruch gegen ihre Steuerbescheide einlegen. Bereits eingelegte Einsprüche sollten nicht zurückgezogen werden. Es kann unter Berufung auf das oben genannte aktuelle Verfahren ein Ruhen des eigenen Einspruchsverfahrens beantragt werden.

STEUERRAT: Um noch einmal auf die BFH-Rechtsprechung zurückzukommen: Eine doppelte Besteuerung ist nach Ansicht des BFH nur gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse geringer ist als Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Das ist das erwähnte Nominalwertprinzip. Dieses führt lediglich in Einzelfällen zu einer überhöhten Besteuerung. Wer der Ansicht ist, dass eine Doppelbesteuerung seiner Rente nach den Parametern des BFH eintritt, weil ein entsprechender "Einzelfall" vorliegt, sollte einem Einspruch eine konkrete Berechnung vorlegen, die die Doppelbesteuerung aufzeigt. Dem Einspruch müssen im Übrigen geeignete Unterlagen (Versicherungsverlauf, Steuerbescheide, ggf. Steuererklärungen für die Jahre der Einzahlungsphase) beigefügt werden. Beachten Sie hierzu die Beiträge Doppelbesteuerung von Renten: Verfassungsbeschwerden sind unzulässig - was tun? und Rentenbesteuerung: So weisen Sie die Doppelbesteuerung nach (mit Mustereinspruch und Musterberechnung).