
1. Hintergrund
Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken sind steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen sind Objekte, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung
- ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren (2. Alternative) zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
Der BFH hat entschieden, dass die 2. Alternative - anders als die 1. Alternative - keine Ausschließlichkeit der Eigennutzung voraussetzt. Auf den zeitlichen Umfang der Eigennutzung im ersten und dritten Jahr kommt es nicht an. Nur im zweiten Jahr muss die Eigennutzung dauerhaft gewesen sein. Eine kurzzeitige Vermietung vor dem Verkauf einer langjährig selbstgenutzten Eigentumswohnung ist folglich unschädlich (Urteil vom 3.9.2019, IX R 10/19).
- Der Fall: Der Kläger erwarb 2006 eine Eigentumswohnung, die er bis einschließlich April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte und mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 17.12.2014 wieder veräußerte. Im Zeitraum von Mai 2014 - seinem Auszug - bis zur Veräußerung im Dezember 2014 hatte der Kläger die Wohnung an Dritte vermietet. Das Finanzamt ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 44.338 EUR. Hiergegen wandte sich der Kläger. Seiner Ansicht nach war die Veräußerung nicht steuerbar, da er die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorausgegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe (2. Alternative). Der BFH hat dem Kläger Recht gegeben.
- Die 2. Alternative setzt voraus, dass die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Dabei muss die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben; vielmehr genügt ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie - mit Ausnahme des ersten Jahres vor der Veräußerung ("mittleres Kalenderjahr“) - voll auszufüllen.
STEUERRAT: Ausreichend für die Anwendung der Ausnahmevorschrift ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen - wobei sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken muss, während die eigene Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag zu umfassen braucht.
2. Das Problem des Leerstands
Da beim Verkauf einer Immobilie nahezu immer Leerstandszeiten eintreten, sind diese bei der Beurteilung der Eigennutzung zu Wohnzwecken unschädlich. Das gilt für einen Leerstand
- zwischen Anschaffung und Beginn der Eigennutzung, sofern er mit der Eigennutzung zusammenhängt, z.B. wegen Renovierung,
- zwischen Beendigung der Eigennutzung und Veräußerung, wenn die Veräußerungsabsicht nachgewiesen wird (BMF-Schreiben vom 5.10.2000, BStBl. 2000 I S. 1383).
Was aber gilt, wenn die Eigennutzung bereits im Jahr vor dem Verkauf beendet und die Wohnung erst im Folgejahr verkauft wird? Damit liegt - streng genommen - im Jahr des Verkaufs keine Eigennutzung vor, nicht einmal für einen Tag, und die Veräußerung wäre steuerpflichtig. Das ist die so genannte Neujahrsfalle.
Lange Zeit wertete die Finanzverwaltung die Leerstandszeit als unschädlich. Es gab also hier keine Neujahrsfalle! (BMF-Schreiben vom 5.10.2000, BStBl. 2000 I S. 1383, Tz. 25). Allerdings wurde seinerzeit - vor dem BFH-Urteil aus 2019 - davon ausgegangen, dass bei der 2. Alternative des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ein zusammenhängender Zeitraum von drei Kalenderjahren vorgelegen haben muss. Ein Zeitraum von einem Jahr und zwei Tagen reichte also nach Ansicht des BMF nicht aus.
Aufgrund des BFH-Urteils wurde die besagte Fundstelle in dem BMF-Schreiben zwischenzeitlich - teilweise - aufgehoben (BMF-Schreiben vom 17.6.2020, BStBl 2020 I S. 576). Es heißt nun unter anderem: Wird das Wirtschaftsgut im Vorjahr der Veräußerung kurzfristig zu anderen Zwecken genutzt (z.B. vorübergehende Vermietung) oder kommt es im Vorjahr der Veräußerung zu einem vorübergehenden Leerstand, ist der Veräußerungsgewinn zu versteuern.
Dazu ein - selbst gebildetes - Beispiel:
Dem Erblasser gehörte eine eigengenutzte Immobilie fünf Jahre, bevor er plötzlich am 1. Dezember 2024 verstarb. Zwischen Erwerb und Tod hatte der Erblasser die Immobilie ausschließlich und ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Am 1. April 2025 wird die Immobilie durch den einzigen Erben veräußert. In der Zeit vom Tod des Erblassers bis zum Verkauf stand die Immobilie leer. Ausgehend von dem neueren BMF-Schreiben vom 17.6.2020 würde der Fall (möglicherweise) wie folgt zu werten sein:
- Die Besitzzeit des Erblassers ist dem Erben zwar zuzurechnen, doch die Zehn-Jahres-Frist zwischen Erwerb und Verkauf wird nicht überschritten.
- Zwar hat der Erblasser die Immobilie ausschließlich selbst genutzt, doch im besagten "mittleren" Jahr nur bis zu seinem Tod. Die Immobilie ist also in dem Jahr, "auf das es ankommt", nicht zu 100 Prozent zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden. Und im Verkaufsjahr, dem weiteren entscheidenden Jahr, ist ist sie überhaupt nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden.
- Die Leerstandszeit gilt nicht als Selbstnutzung.
- Es liegt kein Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG vor.
- Ein Veräußerungsgewinn ist zu versteuern.
3. Ist die Auffassung der Finanzverwaltung korrekt?
Vorweg sei darauf hingewiesen, dass Steuerrat24 Fälle bekannt sind, in denen das jeweilige Finanzamt im obigen Sinne argumentiert hat, alle Fälle aber noch offen bzw. nicht abschließend entschieden worden sind. Unseres Erachtens ist die Auffassung der Finanzämter jedoch nicht korrekt, wie nachfolgend dargestellt wird.
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4. Fazit
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