SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Firmenwagen: Günstigere Verteilung der Einmalzahlung?
  • Firmenwagen: Verbesserter Steuervorteil für Elektrofahrzeuge
  • Heimbüro: Rechtsprechungsänderung zur Vermietung an Arbeitgeber 
  • Rente mit 63: Welche Arbeitslosenzeiten angerechnet werden
  • Grunderwerbsteuer: Steuern sparen durch gesonderte Bewertung des Inventars

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief September 2018

Liebe Leserin, lieber Leser,

was waren es doch für herrliche Zeiten, als die gesetzlichen Renten nur mit dem geringen Ertragsanteil von zumeist weniger als 30 Prozent besteuert wurden. Viele Bürger hatten mit dem Eintritt ins Rentnerleben nichts mehr mit dem Finanzamt zu tun und konnten sich an ihren mehr oder weniger hohen Renten ungeschmälert erfreuen. Doch damit ist bereits seit 2005 Schluss und mit großen Schritten nähern wir uns einer vollen Versteuerung der Renten. Zwar dürfen im Gegenzug die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auch nach und nach mit einem höheren Anteil abgezogen werden. Doch bei einer Gesamtbetrachtung gleichen sich der Vorteil des Kostenabzugs und der Nachteil der hohen Versteuerung oftmals nicht aus.

Es gab in den letzten Jahren verständlicherweise eine Reihe von Klagen, um die hohe Besteuerung der Renten zu vermeiden. Doch weder der Bundesfinanzhof noch das Bundesverfassungsgericht haben das System der Rentenbesteuerung für verfassungswidrig gehalten. Der Gesetzgeber habe nun einmal einen breiten Spielraum bei der Festlegung der Rahmenbedingungen für die Einkommensteuer - und diesen hat er in - noch - zulässiger Weise ausgenutzt.

Der BFH-Richter Dr. Kulosa hat in einem aktuellen Aufsatz in der Zeitschrift "Deutsches Steuerrecht" zu den Verfassungsfragen der Rentenbesteuerung Stellung genommen und dabei neben geklärten auch offene Fragen aufgegriffen (DStR 2018 S. 1413). Nicht nur für die Fachwelt, sondern auch für viele Rentner dürfte die Aussage von Bedeutung sein, dass es durchaus Fälle geben kann, in denen eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung erfolgt. Sprich: Entsprechende Steuerbescheide müssen geändert werden. Dies ist nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21.6.2016 (X R 44/14) dann der Fall, wenn die steuerfreien Rentenbezüge geringer sind als der aus versteuertem Einkommen geleistete Teil der Altersvorsorgeaufwendungen. Die Erkenntnis ist zwar nicht neu, aber Dr. Kulosa gebührt die Anerkennung, dass er in seinem jüngsten Aufsatz die Grundlagen für die vorzunehmenden Vergleichsberechnungen darstellt.

Leider haben die Richter - vollkommen unverständlich - in dem zitierten Urteil ausgeführt, dass der Steuerzahler die Beweislast für die Doppelbesteuerung trägt. Das heißt: Es müssen alle Steuerbescheide der Vergangenheit vorgelegt werden - das können mitunter 45 Jahre sein! Alternativ kann der Verlauf der Rentenversicherung dargestellt werden, aus denen das Finanzgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht die weiteren Tatsachen herleiten muss (so BFH-Richter Nöcker in NWB 2016 S. 3432).

Der Aufwand ist also immens, zumal die Aufbereitung des Zahlenwerks wohl nur Fachleute oder in Rentenfragen zumindest äußerst versierte Bürger vornehmen können. Doch er kann sich lohnen, zum Beispiel bei Rentnern, die während ihres Erwerbslebens nicht in den Genuss eines steuerfreien Arbeitgeberanteils zur Rentenversicherung gekommen sind. So ging es im Urteilsfall um einen Freiberufler, der seit 1977 freiberuflich tätig, aber freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war.

Weder von der Bundesregierung noch vom Bundesfinanzministerium ist zu erwarten, dass sie konkretisieren, wann eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliegt. Vielmehr wird das Problem ausgesessen und darauf vertraut, dass schon nicht allzu viele Rentner klagen werden. Dabei ist die Janusköpfigkeit nicht zu übersehen: In Sonntagsreden wird seitens der Politik die Altersarmut beklagt, doch immer dann, wenn es darauf ankommt, diese zu beseitigen, geschieht nichts.

Es bleibt zu hoffen, dass sich weitere mutige Rentner finden, die bereit sind, den Klageweg zu beschreiten, um die Höhe der Rentenbesteuerung gerichtlich überprüfen zu lassen. Alle anderen sollten zumindest Beweisvorsorge treffen. Forschen Sie nach, ob sich in Ihren Unterlagen noch alte Steuerbescheide befinden und bewahren diese auf. So können Sie vielleicht später von positiven Urteilen profitieren - denn diese wird es früher oder später geben.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

 

1. Doppelter Haushalt:
Wenn Soldaten die Gemeinschaftsunterkunft nicht nutzen

Erhalten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber freie oder verbilligte Verpflegung und Unterkunft, so ist der geldwerte Vorteil steuer- und sozialversicherungspflichtig. Für diesen Zweck werden jedes Jahr sog. Sachbezugswerte verbindlich vorgegeben (2018: 226 EUR monatlich für freie Unterkunft). Eine Gemeinschaftsunterkunft sind z. B. Kasernen. Bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft wird bei Angehörigen der Bundeswehr und der Bundespolizei der Sachbezugswert gekürzt, z.B. um 75 % bei Soldaten der Besoldungsgruppe A1 bis A4, um 55 % bei Soldaten der Besoldungsgruppe A5 und A6 und entsprechenden Mannschafts- oder Unteroffiziersdienstgraden, um 15 % bei Soldaten der Besoldungsgruppe A7 und höher sowie entsprechenden Feldwebel- und Offiziersdienstgraden.

Was gilt, wenn der Arbeitgeber eine Gemeinschaftsunterkunft unentgeltlich zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer diese tatsächlich nicht nutzt? Etwa bei Soldaten, die nicht in der Kaserne schlafen, sondern täglich nach Hause fahren ("Ausgang bis zum Wecken")? Die weitere Frage ist, ob die Soldaten dann den ggf. versteuerten Sachbezugswert als Werbungskosten absetzen können.

AKTUELL hat das Finanzgericht Saarland entschieden, dass Berufs- und Zeitsoldaten bei der unentgeltlichen Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne den Sachbezugswert auch dann versteuern müssen, wenn sie nicht in der Kaserne übernachten, sondern arbeitstäglich zu ihrem Wohnort fahren. Und den versteuerten Sachbezugswert dürfen sie nicht als Werbungskosten steuermindernd absetzen (FG Saarland vom 31.1.2018, 2 K 1198/15, Revision VI R 5/18).

  • Bei der Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft handelt es sich um einen geldwerten Vorteil, der zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Form von Sachlohn führt und der zutreffend mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet wird.
  • Wenn der Soldat seine täglichen Fahrten von der Privatwohnung zur Kaserne als Werbungskosten geltend macht, darf er darüber hinaus den versteuerten Sachbezugswert für die nicht genutzte Gemeinschaftsunterkunft sowie die darauf entfallende Lohnsteuer nicht als Werbungskosten absetzen. Grund ist, dass der Soldat nicht mit Kosten belastet war, denn die Gemeinschaftsunterkunft stand ihm unentgeltlich zur Verfügung.
  • Auch der Anrechnungsbetrag gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz, der für die Unterkunft vom Gehalt abgezogen wird, darf nicht als Werbungskosten abgesetzt werden. Es handelt sich hierbei nicht um Aufwendungen, da der entfallende Barlohn durch eine Sachzuwendung ersetzt wird. Es kommt hier nicht auf das tatsächliche Wohnen, sondern auf die Verpflichtung zum Wohnen an.

HINWEIS: Hätte der Soldat auf eigene Kosten eine Unterkunft (Zweitwohnung am Dienstort) angemietet, hätte er die Unterkunftskosten ebenfalls nicht als Werbungskosten absetzen können, weil er bereits die täglichen Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort geltend gemacht hat. Nur bei Verzicht auf die Geltendmachung der täglichen Fahrtkosten sind Unterkunftskosten und wöchentliche Familienheimfahrten - sofern die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung erfüllt sind - als Werbungskosten absetzbar.

STEUERRAT: Der Sachbezugswert für die Unterkunft braucht nicht versteuert zu werden, wenn eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anerkannt wird (weil ein "eigener Hausstand" am Heimatort vorliegt). Bei ledigen Soldaten, die allerdings keinen eigenen Hausstand am Heimatort haben, wird eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt, auch wenn die auswärtige Tätigkeit von vornherein auf längstens drei Jahre befristet ist.

 

2. Auswärtstätigkeit:
Kürzung auch bei Verzicht auf Gemeinschaftsverpflegung?

Bei Fortbildungsveranstaltungen, Seminaren, Tagungen, Verkaufsveranstaltungen und anderen Auswärtstätigkeiten werden die Teilnehmer im Allgemeinen auf Kosten des Arbeitgebers beköstigt, entweder vom Arbeitgeber direkt oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten, z.B. dem Tagungshotel oder einem Cateringunternehmen.

  • Bis 2013 konnten die maßgeblichen Verpflegungspauschbeträge ungekürzt als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Arbeitgeber kostenlose Mahlzeiten spendiert hat. Dafür aber musste der geldwerte Vorteil der Mahlzeiten versteuert werden.
  • Seit 2014 ist bei kostenlosen Mahlzeiten der maßgebliche Verpflegungspauschbetrag zu kürzen um einen bestimmten Prozentsatz des vollen Verpflegungspauschbetrages (§ 9 Abs. 4a Satz 8 EStG). Dies sind 20 % für ein Frühstück (in Deutschland: 4,80 EUR) und 40 % für ein Mittag- oder Abendessen (in Deutschland: je 9,60 EUR). Doch was gilt, wenn man auf das Essen verzichtet?

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass die Kürzung des Verpflegungspauschbetrages auch dann vorzunehmen ist, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber bezahlte Mahlzeit nicht einnimmt. Konkret ging es um einen Berufssoldaten, der an der angebotenen Gemeinschaftsverpflegung nicht teilgenommen hat (FG Baden-Württemberg vom 12.12.2017, 5 K 432/17, Revision VI R 16/18).

  • Der Fall: Der Arbeitgeber - die Bundeswehr - stellt dem Berufssoldaten Mahlzeiten zur Verfügung. Der Soldat hat bei Inanspruchnahme eines Mittag- und Abendessens jeweils eine Zuzahlung von 3 EUR, bei Inanspruchnahme eines Frühstücks eine Zuzahlung von 1,63 EUR zu leisten. Nimmt der Soldat keine Mahlzeit ein bzw. nur ein Mittagessen, werden ihm hierfür 150 % des Sachbezugs als steuerpflichtiges Trennungsgeld ausbezahlt. Der Soldat hat nur das Mittagessen in der Kaserne eingenommen. Dennoch kürzt das Finanzamt den Werbungskostenabzug um den vollen Tagessatz (24 EUR), da vom Arbeitgeber "Mahlzeiten gestellt" wurden.
  • Nach Auffassung der Richter erfolgt die Kürzung der Verpflegungspauschbeträge zu Recht, denn der Arbeitgeber stellt den Soldaten in der Kaserne sowohl Frühstück und Abendessen als auch ein Mittagessen zur Verfügung. Hiernach ist die Kürzung der Verpflegungspauschale um 20 % für Frühstück und jeweils 40 % für Abend- und Mittagessen vorzunehmen. Die Kürzung der Verpflegungspauschale ist unabhängig davon vorzunehmen, ob der Soldat die ihm zur Verfügung gestellten Mahlzeiten tatsächlich eingenommen hat.

STEUERRAT: Eine Zurverfügungstellung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn bzw. soweit sie für den Arbeitnehmer unentgeltlich ist (§ 9 Abs. 4a Satz 10 EStG). Falls Sie für die Mahlzeit ein Entgelt bezahlen müssen (verbilligte Mahlzeit), fällt die Kürzung entsprechend geringer aus. Es erfolgt eine Kürzung der Kürzung. Das FG Baden-Württemberg hat allerdings nicht die Kürzung vermindert, sondern die gezahlten Kostenbeiträge für das Mittagessen (3 EUR pro eingenommener Mahlzeit) zum Werbungskostenabzug zugelassen.

Weitere Informationen: Auswärtstätigkeit ab 2014: Was Sie als Reisekosten absetzen können (Punkt 8a).

 

3. Firmenwagen:
Verteilung der Einmal-Zuzahlung auf vereinbarte Nutzungsdauer?

Geht es bei der Anschaffung des Firmenwagens nach den Wünschen des Mitarbeiters, wird der Wagen teurer als der Arbeitgeber bereit ist zu finanzieren. So kommt es vor, dass mancher Mitarbeiter für die gewünschten Sonderausstattungen oder für ein teureres Modell eine Zuzahlung zu den Anschaffungskosten leistet.

Bei Anwendung der 1 %-Pauschalmethode wird die Zuzahlung auf den ermittelten Nutzungswert angerechnet und vermindert somit den steuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfolgt die Anrechnung zunächst im Jahr der Zahlung. Falls die Zuzahlung höher ist als der Nutzungswert, kann der übersteigende Betrag im folgenden Jahr und ggf. in nachfolgenden Jahren auf den steuerpflichtigen Nutzungswert angerechnet werden (BMF-Schreiben vom 4.4.2018, BStBl. 2018 I S. 592, Tz. 61; R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR).

AKTUELL hat das Niedersächsische Finanzgericht eine Aufsehen erregende Entscheidung gegen den Fiskus gefällt: Eine einmalige Zuzahlung zu den Anschaffungskosten eines Firmenwagens kann - statt im Jahr der Zuzahlung und ggf. im Folgejahr - auch ratierlich auf eine vereinbarte Nutzungsdauer verteilt werden und so über die gesamte Nutzungsdauer den geldwerten Vorteil mindern. Voraussetzung hierfür ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur voraussichtlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs und zur Verteilung der Zuzahlung (FG Niedersachsen vom 16.4.2018, 9 K 162/17, Revision VI R 18/18).

  • Nach Auffassung der Finanzrichter mindert eine einmalige Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des Firmenwagens in Höhe von z.B. 20.000 EUR und einer vereinbarten Nutzungsdauer von z.B. 96 Monaten den geldwerten Vorteil in Höhe von 20.000 EUR : 96 Monate, mithin um rund 200 EUR monatlich.
  • Bereits im Jahre 2007 hatte der BFH geurteilt, dass eine Zuzahlung zu den Anschaffungskosten für ein fremdes Wirtschaftsgut, welches der Arbeitnehmer zur Einkünfteerzielung nutze, wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts zu behandeln und über die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen sei (BFH-Urteil vom 18.10.2007, VI R 59/06).
  • Darüber hinaus ist auch der Rechtsgedanke des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG zu berücksichtigen. Danach sind Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren im Voraus geleistet werden, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Auch diese Regelung zeigt, dass eine gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung über die Nutzungsdauer zu erfolgen hat, wenn von vornherein ein Zeitraum für die Nutzung und dementsprechend für die Zuzahlung zwischen den Beteiligten vereinbart worden ist.

Beispiel:
Der Freiberufler Steuerle überlässt seiner mitarbeitenden Ehefrau einen Firmenwagen zum Bruttolistenpreis von 57.000 EUR auch zur privaten Nutzung (Mercedes-Benz GLK CDI 4 Matic). Die Ehefrau leistet zu den Anschaffungskosten eine einmalige Zuzahlung von 20.000 EUR, die lt. Vereinbarung auf eine Nutzungsdauer von 96 Monaten bzw. 8 Jahren zu verteilen ist. Der private Nutzungswert beträgt monatlich 570 EUR (1 % von 57.000 EUR) bzw. 6.840 EUR im Jahr. Herr Steuerle möchte entgegen der Auffassung des Finanzamtes, dass die Zuzahlung entsprechend der vereinbarten Nutzungsdauer auf den geldwerten Vorteil angerechnet werde. Das sind rund 200 EUR pro Monat bzw. 2.400 EUR im Jahr. Als geldwerter Vorteil sind dann monatlich zu versteuern: 570 EUR ./. 200 EUR = 370 EUR.

 

So rechnet bisher
der Fiskus

So rechnet das
FG Niedersachsen

Zuzahlung des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten

Nutzungswert beträgt: 570 EUR x 12 = 6 840 EUR

20.000 EUR

 

20.000 EUR

 

Im 1. Jahr: anzurechnen auf Nutzungswert

zu versteuern als Nutzungswert

Im 2. Jahr: anzurechnen auf Nutzungswert 

zu versteuern als Nutzungswert

Restbetrag

Im 3. Jahr: anzurechnen auf Nutzungswert

zu versteuern als Nutzungswert

ab dem 4. Jahr: anzurechnen pro Jahr

zu versteuern pro Jahr

./. 6 840 EUR

0 EUR

./. 6.840 EUR

0 EUR

= 6.320 EUR

./. 6.320 EUR

520 EUR

0 EUR

6.840 EUR

./. 2.400 EUR

4.440 EUR

./. 2.400 EUR

4.440 EUR

 

./. 2.400 EUR

4.440 EUR

./. 2.400 EUR

4.440 EUR

STEUERRAT: Die hier beschriebene Verteilung der Zuzahlung über die gesamte Nutzungsdauer des Firmenwagens ist besonders vorteilhaft, wenn der Arbeitslohn mitsamt des geldwerten Vorteils aus dem "Sachbezug Firmenwagen" unter der Geringfügigkeitsgrenze bleibt (monatlich 450 EUR) und deshalb für den Arbeitnehmer gänzlich steuerfrei ist. Der Arbeitgeber hat für den Verdienst lediglich die Pauschalabgabe von 30 Prozent an die Minijobzentrale abzuführen.
Beispiel: Gehalt monatlich 75 EUR zzgl. geldwerter Vorteil für Firmenwagen 370 EUR (570 EUR ./. 200 EUR), macht 445 EUR. Wegen Unterschreitens der Geringfügigkeitsgrenze bleibt dieser Verdienst steuer- und sozialversicherungsfrei. Auch zur "Glättung" der Steuerprogression kann die geschilderte Verteilung günstiger sein.

Weitere Informationen: Steuern sparen mit dem Firmenwagen.

 

4. Firmenwagen und Betriebs-Pkw:
Verbesserter Steuervorteil für Elektrofahrzeuge

Lohnt sich der Kauf oder das Leasing eines Elektrofahrzeugs? Immerhin ist bei Elektrofahrzeugen und Hybridelektrofahrzeugen der Preis deutlich höher als für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Diese Frage stellen sich Unternehmer, wenn sie für sich einen Betriebs-Pkw anschaffen wollen, und Arbeitnehmer, wenn sie vom Arbeitgeber einen Firmenwagen bekommen. Falls Sie momentan überlegen, ein Elektrofahrzeug als Firmenwagen oder Betriebs-Pkw anzuschaffen, sollten Sie noch ein paar Monate warten - genauer: bis zum kommenden Jahr.

  • Selbstständige müssen für die Privatfahrten mit einem betrieblichen Fahrzeug einen Entnahmewert versteuern, d.h. als Betriebseinnahmen ansetzen. Die private Nutzung ist eine unentgeltliche Wertabgabe bzw. Privatentnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG). Der Entnahmewert kann ermittelt werden nach der Pauschalmethode (monatlich 1 % des Listenpreises) oder nach der Fahrtenbuchmethode (Nachweis von Kosten und Fahrten). Voraussetzung für die Pauschalmethode ist allerdings, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird.
  • Arbeitnehmer, die einen Firmenwagen auch für Privatfahrten nutzen dürfen, müssen einen privaten Nutzungswert als geldwerten Vorteil versteuern (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und 4 EStG). Auch hier kann der Nutzungswert nach der 1 %-Pauschalmethode oder nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt werden.

Derzeitige Steuervergünstigung: Bei Anwendung der 1 %-Pauschalmethode werden der Listenpreis und bei der Fahrtenbuchmethode die Anschaffungskosten jeweils um die darin enthaltenen Kosten für das Batteriesystem in Form eines Pauschalbetrages, begrenzt auf einen Abzugshöchstbetrag, vermindert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG).

Die Förderung hat bereits im Jahre 2013 begonnen: Bei Anschaffung oder Leasing eines Elektrofahrzeugs bis 31.12.2013 wurden pauschal 500 EUR pro kWh der Batteriekapazität, max. 10.000 EUR, vom Listenpreis bzw. den Anschaffungskosten abgezogen. Diese Beträge vermindern sich bei Anschaffung in den Folgejahren um 50 EUR pro kWh bzw. um 500 EUR pro Jahr. Bei Anschaffung oder Leasing im Jahre 2018 werden die Anschaffungskosten bzw. der Listenpreis gekürzt um 250 EUR pro kWh Batteriekapazität, höchstens um 7.500 EUR.

AKTUELL sieht der Regierungsentwurf des "Jahressteuergesetzes 2018" vor, dass bei Anschaffung oder Leasing eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs im Zeitraum 1.1.2019 bis 31.12.2021 bei Selbstständigen der private Entnahmewert und bei Arbeitnehmern der steuerpflichtige geldwerte Vorteil - statt mit 1 Prozent - nur noch mit 0,5 Prozent anzusetzen ist. Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode sind die Anschaffungskosten oder vergleichbare Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Nr. 2 EStG-neu). Die derzeitige Steuervergünstigung gilt nur noch für Fahrzeuge, die vor 2019 und nach 2021 angeschafft oder geleast werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 Nr. 1 EStG-neu).

  • Zur 1 %-Pauschalmethode: Die Absenkung des Prozentsatzes von 1 auf 0,5 Prozent ist so im Koalitionsvertrag vereinbart und wird gesetzestechnisch durch eine Halbierung der Bemessungsgrundlage umgesetzt. Die neue Regelung gilt nicht nur für Privatfahrten, sondern auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. Betriebsstätte und für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.
  • Zur Fahrtenbuchmethode: Bei Nachweis der Kosten werden die Anschaffungskosten für das Fahrzeug in Form der Abschreibung (AfA) berücksichtigt. Entsprechend der Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der 1 %-Pauschalmethode sind die hier zu berücksichtigenden Aufwendungen zu halbieren. Nutzt der Steuerpflichtige ein geleastes oder gemietetes Kraftfahrzeug, sind entsprechend die Leasing- oder Mietkosten nur zur Hälfte anzusetzen.

Weitere Informationen: Firmenwagen: Nutzungswert bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen.

 

5. Benzingutscheine:
Übergabe auf Vorrat ist zumeist steuerschädlich

Sachbezüge, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gewährt, bleiben steuerfrei, wenn deren Wert insgesamt 44 EUR im Kalendermonat nicht übersteigt. Wenn Vorteile von vornherein für einen längeren Zeitraum gewährt werden, also zum Beispiel Jobtickets, kann nicht einfach unterstellt werden, dass der hingegebene Vorteil durch 12 zu dividieren ist. Das heißt. Erhält ein Arbeitnehmer im Januar ein Jobticket für ein ganzes Jahr im Wert von 480 EUR, gilt der volle Betrag grundsätzlich auch im Januar als zugeflossen. Folge: Die 44 EUR-Grenze ist überschritten und der Betrag ist zu versteuern. Von daher ist darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer den Sachbezug tatsächlich nur monatlich erhält (vgl. SteuerSparbrief 7-8/2018 zu Jahresverträgen von Fitnessstudios).

AKTUELL hat das Sächsische Finanzgericht entschieden, dass auch Benzingutscheine immer in dem Zeitpunkt als zugeflossen gelten, in dem sie den Arbeitnehmern hingegeben werden. Werden einem Arbeitnehmer also Tankgutscheine für mehrere Monate im Voraus zugewendet, so ist ihm der gesamte Sachbezug bereits bei Erhalt der Gutscheine und nicht erst bei Einlösung des jeweiligen Gutscheines an der Tankstelle zugeflossen. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Merkblatt zum Einlösen der Gutscheine aushändigt, wonach pro Monat immer nur ein Gutschein im Gesamtwert von maximal 44 EUR eingelöst werden darf (Urteil vom 9.1.2018, 3 K 511/17).

STEUERRAT: Statt der Ausgabe von Benzin- oder Warengutscheinen kann es sinnvoll sein, Guthabenkarten zu erwerben und diese an die Mitarbeiter zu verteilen. Das kann das "Handling" im Betrieb erleichtern und auch die Akzeptanz bei den Mitarbeitern fördern. Besonders beliebt sind diesbezüglich Prepaid-Guthabenkarten (Telefon, itunes u. Ä.) und neuerdings auch Kreditkarten, bei denen eine Barauszahlung nicht möglich ist.

Weitere Informationen:

 

6. Zuschläge:
Berichtigung von pauschalen Zuschlägen in Einzelzulagen

Für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht werden häufig Zuschläge gezahlt - als Anreiz und als Ausgleich. Bei diesem Mehrverdienst hält sich sogar das Finanzamt zurück und belässt die Zuschläge in bestimmtem Umfang steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3b EStG). Steuerfrei bleiben aber nur Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Die Zahlung des Zuschlags muss folglich entsprechend zweckbestimmt erfolgen. Pauschale Zulagen sind nicht begünstigt (BFH-Urteile vom 15.2.2017, VI R 20/16 und VI R 30/16, BFH-Urteil vom 16.12.2010, VI R 27/10).

In jüngster Zeit werden vermehrt Fälle bekannt, in denen Zulagen zwar vermeintlich pauschal geleistet worden sind, tatsächlich aber doch bestimmte - abgrenzbare - Arbeiten an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht betreffen. So sind in einem Fall die Zulagen zunächst als steuerpflichtig behandelt worden, weil das EDV-System des Arbeitgebers umgestellt worden ist. Hier können die Arbeitnehmer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung die Steuerbefreiung beantragen und die Erfüllung der Voraussetzungen des § 3b EStG nachträglich nachweisen. Dies kann etwa durch Zeugenaussagen und eine Bescheinigung des Arbeitgebers geschehen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.3.2017,1 K 3342/15). Auch in einem Fall, den das Niedersächsische Finanzgericht entschieden hat, sind die Zulagen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit aufgrund eines Software-Fehlers zunächst nicht steuerfrei gezahlt, sondern der normalen Lohnbesteuerung unterworfen worden. Bei einem solchen Sachverhalt sei sogar die Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids zulässig (Urteil vom 29.3.2017, 3 K 78/16).

AKTUELL beantragen zahlreiche Arbeitnehmer, die den Firmen des Deutsche Telekom-Konzerns angehören, die nachträgliche Steuerfreiheit ihrer so genannten BV-Zuschläge, die bis einschließlich 2014 gezahlt worden sind. Das sind Zulagen, die nach einer bestimmten Betriebsvereinbarung geleistet werden. Eine Gruppe von betroffenen Arbeitnehmern soll sogar ein Programm entwickelt haben, das für jeden Arbeitnehmer auf der Basis von Zeitnachweislisten die Höhe der vorzunehmenden Korrektur des Einkommens berechnen soll. Offenbar besteht zwischen Konzern, Arbeitnehmern und Finanzverwaltung ein Streit darüber, ob die BV-Zuschläge als "pauschal" oder als "Einzelzuschläge" gezahlt worden sind. Die Finanzverwaltung bleibt - soweit ersichtlich - aber noch bei ihrer harten Haltung und lehnt die nachträgliche Steuerfreiheit der Zuschläge ab (so die OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinfo Einkommensteuer 22/15 i.d.F. vom 26.2.2018).

STEUERRAT: Beim FG Köln ist unter dem Aktenzeichen 9 K 1825/16 eine Klage zu dem geschilderten Problem anhängig. Es bestehen laut der genannten Anweisung der OFD Nordrhein-Westfalen keine Bedenken, Einsprüche in entsprechenden Fällen ruhen zu lassen, bis eine Entscheidung in dem Verfahren vorliegt. Betroffene sollten sich also hierauf berufen, um selbst nicht das Risiko einer eigenen Klage vor dem Finanzgericht eingehen zu müssen.

 

7. Heimbüro:
Rechtsprechungsänderung zur Vermietung an Arbeitgeber

Immer öfter verlagern Arbeitgeber die Arbeitsplätze und die Arbeitsleistungen teilweise in den häuslichen Bereich ihrer Mitarbeiter. Schließt der Arbeitgeber aus einem vorrangigen betrieblichen Interesse heraus mit dem Mitarbeiter einen Heimbüro-Mietvertrag ab und zahlt ihm für die Nutzung des Arbeitszimmers eine Miete, so handelt es sich um ein "Büro des Arbeitgebers". Die Mietzahlungen des Arbeitgebers stellen beim Mitarbeiter steuerpflichtige Vermietungseinkünfte dar. Die entsprechenden Aufwendungen für das Arbeitszimmer können ohne die übliche Begrenzung auf 1.250 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abgezogen werden (FG Niedersachsen vom 17.6.2011, 13 K 142/10).

Bislang galt: Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Mitarbeiter beabsichtigt, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften. Dass das Mietverhältnis ein im Hause des Arbeitnehmers gelegenes Büro des Arbeitgebers ist, ändert daran regelmäßig nichts. Selbst wenn wegen der Koppelung des Mietvertrages an die Amts- oder Berufszeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf die Höhe der niedrigen Miete Zweifel am Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht bestehen sollten, stünde dies einer Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen (BMF-Schreiben vom 13.12.2005, BStBl I 2006, S. 4). Mit anderen Worten: Erzielte der Mitarbeiter aus der Vermietung einen Verlust, konnte er diesen steuerlich geltend machen - und zwar auch, wenn dieser dauerhaft entstanden ist.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch wie folgt entschieden: Vermietet der Steuerpflichtige eine Einliegerwohnung als Home-Office an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke, kann er Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt (Urteil vom 17.4.2018, IX R 9/17).

  • Der Fall: Die Kläger sind Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Home-Office des Klägers für 476 EUR monatlich an dessen Arbeitgeber. Der Mietvertrag war zeitlich an den Arbeitsvertrag des Klägers und an die Weisung des Arbeitgebers gebunden, die Tätigkeit in diesen Büroräumen zu betreiben. Die Kläger machten aus der Vermietung einen Verlust in Höhe von 29.900 EUR geltend. Enthalten waren hierin Aufwendungen in Höhe von 25.780 EUR für die behindertengerechte Renovierung des Badezimmers mit Dusche und Badewanne. Das Finanzamt ließ die Renovierungskosten nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben.
  • Demgegenüber hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache an dieses zurück. Aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Nutzung handele es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern (zweckentfremdet) um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken, da die Räume dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken überlassen wurden und der Kläger hinsichtlich der Nutzung dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterlag. Zu berücksichtigen war dabei auch die Koppelung des Mietvertrages an das Bestehen des Dienstverhältnisses. Bei der Vermietung zu gewerblichen Zwecken wird aber die Absicht des Steuerpflichtigen, auf Dauer einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielen zu wollen, nicht vermutet. Der BFH widerspricht insoweit der Auffassung der Finanzverwaltung. Das FG muss nun noch feststellen, ob der Kläger einen Gesamtüberschuss erzielen konnte.

STEUERRAT:   Noch ist das BMF-Schreiben vom 13.12.2005 in Kraft, so dass sich Betroffene unseres Erachtens weiterhin darauf berufen können. Allerdings sollten Sie alsbald eine Überschussprognose erstellen. Verwenden Sie zur Aufstellung der Kosten zum Beispiel die Vordrucke „Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung“ oder „Arbeitszimmer in der Mietwohnung“ (vgl. Arbeitshilfen 2017) und stellen Sie die jeweiligen Mieteinnahmen gegenüber. Sofern sich hier ein - dauerhafter - Verlust ergibt, müssen Sie eventuell gegensteuern. Das heißt: Entweder müssen die Kosten gesenkt oder aber die Miete erhöht werden.

 

II. Privater Bereich

 

1. Krankenversicherung:
Pauschale Bonuszahlungen mindern Sonderausgaben

Grundsätzlich mindern Beitragsrückerstattungen der Krankenkasse den Betrag, der als Sonderausgabe abziehbar ist. Seit einiger Zeit ist aber umstritten, wie Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenversicherungen für gesundheitsbewusstes Verhalten steuerlich zu behandeln sind. Die Finanzverwaltung war lange der Meinung, auch diese Zahlungen müssten die Sonderausgaben mindern. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hingegen mit Urteil vom 1.6.2016 (X R 17/15) die Auffassung vertreten, dass es durchaus Bonusprogramme gibt, bei denen die Zahlungen nicht wie reine Kostenerstattungen zu werten seien. Das Bundesfinanzministerium hat Ende 2016 auf dieses Urteil reagiert und zugelassen, dass Zahlungen im Rahmen eines Bonusprogramms zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens nicht mehr den Sonderausgabenabzug mindern. Das heißt, sie sind nicht wie eine Kostenerstattung zu werten (BMF-Schreiben vom 6.12.2016, BStBl 2016 I Seite 1426). Allerdings legt die Finanzverwaltung das BFH-Urteil insgesamt eng aus, so dass dadurch weitere Zweifelsfragen entstanden sind.

So sollen zum Beispiel - pauschale - Bonuszahlungen ohne Kostennachweis weiterhin den Sonderausgabenabzug mindern. Im Übrigen hat auch der BFH ausdrücklich offengelassen, ob seine Grundsätze für Bonusprogramme gelten, nach der dem Mitglied 40 EUR ohne Inanspruchnahme weiterer Gesundheitsmaßnahmen ausgezahlt werden (vgl. Intemann, KSR 10/2016 Seite 4).

AKTUELL folgt das FG Münster der engen Sichtweise der Finanzverwaltung. Danach gilt: Bonuszahlungen einer Krankenversicherung mindern als Beitragsrückerstattungen den Sonderausgabenabzug jedenfalls dann, wenn die Zahlungen ohne Nachweis von gesundheitsbezogenen Aufwendungen erbracht werden (Urteil vom 13.6.2018, 7 K 1392/17 E).

  • Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger erhielten im Streitjahr 2015 Zahlungen aus einem Bonusprogramm ihrer Krankenkasse, die sich jeweils aus einem Sofortbonus (50 EUR) und einem Vorsorgebonus (100 EUR) zusammensetzten. Nach dem Bonusprogramm waren hierfür mehrere Maßnahmen aus einem Maßnahmenkatalog Voraussetzung (z.B. Nichtraucher, Impfschutz, Zahnvorsorge). Für bestimmte sportliche Maßnahmen (z.B. Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio) gewährte die Krankenkasse einen Sportbonus in Höhe von 75 EUR, den die Kläger im Streitjahr jedoch nicht erhielten. Das Finanzamt behandelte die Bonuszahlungen als Beitragsrückerstattungen und minderte den Sonderausgabenabzug der Kläger für 2015 um insgesamt 300 EUR. Hiergegen wandten die Kläger ein, dass es sich um Leistungen der Krankenkasse handele, weil sie Aufwendungen für eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio getragen hätten. Hierbei handele es sich um Gesundheitsmaßnahmen.
  • Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Sonderausgabenabzug für 2015 sei um 300 EUR zu mindern, weil die Kläger in dieser Höhe nicht endgültig wirtschaftlich belastet seien. Es handele sich nicht um die Erstattung von Gesundheitsaufwendungen. Zwar hätten die Kläger Zahlungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio geleistet. Die Bonuszahlungen stünden hiermit jedoch nicht in einem Zusammenhang, weil die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio nicht Voraussetzung für die Gewährung des Sofortbonus bzw. des Vorsorgebonus sei. Ob und in welchem Umfang die Kläger andere Aufwendungen zur Erfüllung der Bonuszahlungen getragen haben, hätten sie nicht nachgewiesen.

AKTUELL hat im Übrigen das Hessische Finanzgericht entschieden, dass der Erhalt einer so genannten TK-Dividende der Techniker Krankenkasse als Beitragsrückerstattung zu werten ist, die den Sonderausgabenabzug mindert (Urteil vom 22.2.2018, 4 K 174/17). Mit der TK-Dividende wurden Überschüsse an die Versicherten zurückgegeben, nachdem die Rücklagen bis zur gesetzlich zugelassenen Grenze aufgefüllt waren. Auch weil über die TK-Dividende laut der Broschüre "Fragen und Antworten zur Dividende" frei verfügt werden kann, handele es sich nicht um eine Bonusleistung, sondern um eine Prämienzahlung.

Soeben entschieden wurde zudem folgender Fall: Von einer Krankenkasse werden an die Versicherten bei einem Wahltarif gemäß § 53 Abs. 1 SGB V Prämienzahlungen dafür geleistet, dass der Versicherte einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Krankheitskosten übernimmt. Das FG Berlin-Brandenburg hat hierin auch Beitragsrückerstattungen gesehen, die die abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge mindern (Urteil vom 10.10.2017, 6 K 6119/17). Diese Auffassung hat der BFH bestätigt (BFH-Urteil vom 6.6.2018, X R 41/17 - veröffentlicht am 5.9.2018).

STEUERRAT: Mit den aktuellen FG-Urteilen dürften weitere Zweifelsfragen - leider zulasten der Steuerzahler - geklärt sein. Ungeachtet dessen sollte in den Fällen, in denen Zahlungen nicht als Beitragsrückerstattungen gelten, darauf geachtet werden, dass keine Minderung des Sonderausgabenabzugs erfolgt. Zwar sollte dies aufgrund der entsprechenden Übermittlungen der Krankenversicherungen automatisch geschehen. Leider werden aber immer noch nicht alle Daten von den Krankenversicherungen korrekt an die Finanzämter übertragen. Letztlich bedeutet dies, dass Sie doch prüfen müssen, welche Daten dem Finanzamt vorliegen, also ob die Bonuszahlungen als Beitragsrückerstattung gewertet worden sind - oder eben nicht.
Ein weiteres Verfahren scheint noch offen zu sein, wie Gerauer in der Zeitschrift NWB 2018 S. 2913 berichtet. In einem Klageverfahren vor dem Sächsischen FG mit dem Az. 6 K 619/17 geht es offenbar um die Frage, ob die Rückerstattungen aufgrund der Bonusprogramme nach § 65a SGB V als pauschale Prämien (mit entsprechender Minderung der Sonderausgaben) zu werten sind. Betroffene sollten ihre Bescheide daher offen halten.

Weitere Informationen:

 

2. Unterhalt an bedürftige Personen:
Zahlungen für das Folgejahr nicht absetzbar

Unterhaltsleistungen sind als außergewöhnliche Belastungen besonderer Art nach § 33a Abs. 1 EStG absetzbar, begrenzt auf einen bestimmten Unterhaltshöchstbetrag, der sich am steuerlichen Grundfreibetrag orientiert (2018: 9.000 EUR). Eine zumutbare Belastung wird dabei nicht angerechnet.

  • Grundsätzlich beginnt der Unterstützungszeitraum frühestens mit der ersten Unterhaltszahlung. Für jeden vollen Monat vor der ersten Zahlung werden der Unterhaltshöchstbetrag und der Anrechnungsfreibetrag um ein Zwölftel gekürzt. Jedenfalls können Unterhaltsleistungen nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden.
  • Soweit Zahlungen nicht ausschließlich dazu bestimmt sind, den Unterhaltsbedarf des laufenden Jahres, sondern auch des folgenden Jahres abzudecken, können die gesamten Unterhaltsaufwendungen nur im Jahr der Zahlung, nicht jedoch im Folgejahr berücksichtigt werden. Dabei wird zugunsten des Steuerzahlers unterstellt, dass die Zahlung der Bedarfsdeckung bis zum Ende des Kalenderjahres der Zahlung dient (BMF-Schreiben vom 7.6.2010, BStBl. 2010 I S. 588, Tz. 8.2).

Das FG Nürnberg hatte im Jahre 2016 gegen den Fiskus und gegen die geltende BFH-Rechtsprechung entschieden, dass das Ende des Kalenderjahres keine starre Grenze für die berücksichtigungsfähigen Unterhaltszeiträume darstellt. So sollten auch Unterhaltszahlungen, die teilweise für das nächste Jahr bestimmt sind, bereits im Jahr der Zahlung steuerlich absetzbar sein. Daher sei bei einer Zahlung im Dezember der Unterhaltshöchstbetrag nicht auf 1/12 zu kürzen (FG Nürnberg vom 13.7.2016, 5 K 19/16).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof das steuerzahlerfreundliche Urteil des FG Nürnberg verworfen und seine bisherige strenge Rechtsprechung bestätigt: Es bleibt dabei, dass Unterhaltsleistungen immer nur bis zum Jahresende steuerlich berücksichtigt werden und bei unterjähriger Zahlung zu zwölfteln sind (BFH-Urteil vom 25.4.2018, VI R 35/16).

Der Fall: Der Schwiegersohn leistet im Dezember 2010 eine Unterhaltszahlung in Höhe von 3.000 EUR an seinen in Brasilien lebenden Schwiegervater, die für ein ganzes Jahr bestimmt ist. Denn eine monatliche Zahlung sei wegen der hohen Gebühren für Auslandsüberweisungen nicht sinnvoll. Das Finanzamt erkennt diese Zahlung jedoch nur mit einem Zwölftel für Dezember - also 250 EUR - an, da Unterhaltsleistungen nur absetzbar seien, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterhaltenen Person im Kalenderjahr der Leistung dienten. Das FG Nürnberg hat die gesamte Zahlung im Jahre 2010 anerkannt. Dem hat der BFH jetzt widersprochen und von den 3.000 EUR nur 250 EUR für den Monat Dezember anerkannt.

STEUERRAT: Eine einmalige Unterhaltsleistung soll stets dem Unterhaltsbedarf bis zum Jahresende dienen, sodass der Unterhaltshöchstbetrag für die vorangegangenen Monate um jeweils ein Zwölftel gekürzt wird. Bedenken Sie daher Folgendes: Eine Unterhaltszahlung im Januar ist in vollem Umfang - begrenzt auf den Unterhaltshöchstbetrag - absetzbar, eine Zahlung im Dezember wird jedoch nur zu 1/12 berücksichtigt.

Weitere Informationen: Unterhalt an bedürftige Personen: Was alles ist absetzbar?

 

III. Kinder

 

1. Kindergeld:
Kindergeld auch für ein berufsbegleitendes Masterstudium

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war der Bachelorgrad einer inländischen Hochschule ein berufsqualifizierender Abschluss. Daraus folgt, dass der Abschluss eines Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums darstellt und ein nachfolgender Master-Studiengang als weiteres Studium bzw. als Zweitausbildung anzusehen ist. Dann aber besteht ein Kindergeldanspruch nur, wenn das Kind nicht erwerbstätig ist oder höchstens 20 Wochenstunden arbeitet.

ABER ein Masterstudium ist dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist (sog. konsekutives Masterstudium). In diesem Fall besteht auch nach Abschluss eines Bachelorstudienganges weiterhin Anspruch auf Kindergeld, ohne dass es auf den Umfang einer Erwerbstätigkeit ankommt (BFH-Urteil vom 3.9.2015, VI R 9/15; ebenfalls BMF-Schreiben vom 8.2.2016, Tz. 19).

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg zugunsten der Eltern entschieden, dass die Erstausbildung noch nicht mit dem Bachelorabschluss beendet ist. Abgeschlossen sei die erstmalige Berufsausbildung erst mit Abschluss des Masterstudiums. So kann ein Kindergeldanspruch auch bei einem berufsbegleitenden Masterstudium bestehen, obwohl das Kind in Vollzeit arbeitet. Es handelt sich hier um eine sog. "mehraktige Berufsausbildung" (FG Baden-Württemberg vom 16.1.2018, 6 K 3796/16; Revision III R 26/18).

  • Der Fall: Die Tochter hat ihr Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit der Studienrichtung Dienstleistungsmanagement an der Dualen Hochschule am 30.9.2015 mit dem "Bachelor of Arts" abgeschlossen. Ihr Ausbildungsbetrieb beschäftigt sie seit dem 1.10.2015 als Angestellte in Vollzeit. Zeitgleich beginnt die Tochter ein berufsbegleitendes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie mit geplantem Abschluss "Master of Science Wirtschaft und Psychologie". Nach Auffassung der Familienkasse besteht seit Oktober 2015 kein Anspruch auf Kindergeld mehr, weil das Masterstudium ein weiterbildender Studiengang sei und eben nicht die Erstausbildung fortführe.
  • Nach Auffassung der Richter muss eine erstmalige Berufsausbildung nicht bereits "mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein". Entscheidend seien das angestrebte Berufsziel und ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsganges darstelle. Das angestrebte Berufsziel einschließlich des damit erforderlichen Ausbildungsabschlusses müsse "spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der (vorangegangenen) Ausbildungsmaßnahme feststehen und aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein". Im Urteilsfall stünden die Ausbildungsabschnitte zueinander in einem engen sachlichen sowie zeitlichen Zusammenhang. Es bestehe eine inhaltliche Verknüpfung, da beide Studien auf typische kaufmännische Aufgaben in der Wirtschaft, insbesondere in den Bereichen Personal, Organisation und Marketing, vorbereiteten. Der Begriff Berufsausbildung enthalte kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs. Erforderlich sei eine Ausbildungsmaßnahme, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sei. Hierfür spreche auch die Zusage des Arbeitsgebers, das Masterstudium finanziell zu fördern. An einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung auf den angestrebten Beruf fehle es nicht schon, wenn das Kind neben der Ausbildungsmaßnahme arbeite. Der stringente Verlauf des absolvierten Studiums belege die ernsthafte und nachhaltige Durchführung.

Weitere Informationen: Volljährige Kinder: Berücksichtigung ohne Einkommensprüfung.

 

2. Kindergeld:
Zeitpunkt des Ausbildungsendes genau prüfen

Anspruch auf Kindergeld oder auf die steuerlichen Freibeträge besteht bis zum Abschluss der Berufsausbildung, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Ein Kind befindet sich in Berufsausbildung, solange es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat und sich ernstlich darauf vorbereitet. Zur Ausbildung gehört auch das Ablegen der Prüfung, sodass die Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet. Vor der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ist die Berufsausbildung jedoch bereits dann beendet, wenn das Kind nach Erbringung aller Prüfungsleistungen eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt (BFH-Urteil vom 24.5.2000, VI R 143/99).

Was aber gilt, wenn die Ausbildungsdauer in einer Verordnung oder in einem Ausbildungsvertrag festgelegt ist und die Abschlussprüfung bereits vorzeitig vor dem Ausbildungsende abgelegt wird?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass in diesem Fall eine Berufsausbildung und damit die Voraussetzungen für einen Kindergeldbezug mit dem im Ausbildungsvertrag genannten Abschluss endet und nicht bereits vorzeitig mit dem Zeitpunkt der Abschlussprüfung und der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse (BFH-Urteil vom 14.9.2017, III R 19/16, vgl. SteuerSparbrief Februar 2018).

AKTUELL hat das FG Baden-Württemberg wie folgt entschieden: Absolviert ein Kind eine Ausbildung zur Erzieherin, endet der Kindergeldanspruch nicht schon mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung. Das Urteil liegt auf einer Linie mit dem BFH-Urteil, so dass die Rechtsprechung als gesichert gelten kann (Urteil vom 24.4.2018, 10 K 112/18).

  • Der Fall: Die Tochter der Klägerin absolvierte eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie schloss mit der Stadt einen Berufsausbildungsvertrag. Danach dauerte die Ausbildung insgesamt drei Jahre, und zwar vom 9.9.2013 bis zum 8.9.2016. Diese Vereinbarung entspricht der Ausbildungs- und Prüfungsordnung an den Fachschulen für Sozialpädagogik des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. Danach dauert die Ausbildung "unabhängig vom Zeitpunkt der Abschlussprüfung drei Jahre und gliedert sich in theoretische und praktische Ausbildungsinhalte. Die praktische Ausbildung umfasst mindestens 600 Stunden praktische Ausbildung pro Jahr". Die Tochter bestand die Abschlussprüfung im Juli 2016 und führt seit dem 9.9.2016 die Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Erzieherin". Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt sie eine Ausbildungsvergütung. Die Familienkasse hob ab August 2016 die Kindergeldfestsetzung auf und forderte Kindergeld für die Monate August und September 2016 zurück. Das Ausbildungsverhältnis habe mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses im Juli 2016 geendet. Die im Ausbildungsvertrag vereinbarte Ausbildungszeit sei nach ihrer Dienstanweisung (Stand 2017) ohne Belang. Die Klägerin erhob nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.
  • Das FG Baden-Württemberg entschied zugunsten der Klägerin und setzte Kindergeld für die Tochter für die Monate August und September 2016 fest. Im Streitfall sei die Ausbildungsdauer durch eine Rechtsvorschrift festgelegt gewesen. Danach habe die Ausbildung mit Ablauf des 8.9.2016 geendet. Erst zu diesem Zeitpunkt seien neben den theoretischen auch die praktischen Ausbildungsinhalte vollständig vermittelt gewesen. Die Tochter sei auch erst ab dem 9.9.2016 berechtigt gewesen, ihre Berufsbezeichnung zu führen. Das Berufsbildungsgesetz stehe dem nicht entgegen. Die bundesrechtliche Vorschrift, nach der eine bestandene Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ende, komme im Streitfall nicht zur Anwendung. Denn die Tochter habe die Berufsausbildung an einer dem Landesrecht Baden-Württemberg unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Neben der genannten Entscheidung vom 24.4.2018 gibt es ein nahezu inhaltsgleiches Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7.3.2018 (1 K 307/16). Auch hier ging es um eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin. Die bundesrechtliche Vorschrift, nach der eine bestandene Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ende, komme im Streitfall nicht zur Anwendung - so die Richter. Denn die Tochter habe die Berufsausbildung an einer dem Landesrecht Baden-Württemberg unterstehenden berufsbildenden Schule durchlaufen. Im Übrigen bestehe kein Grund, die Berufsausbildung zur Erzieherin anders zu behandeln als die Ausbildungsberufe in der Kranken-, Alten- und Entbindungspflege. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

 

IV. Nebentätigkeit

 

1. Nebentätigkeit:
Wie ein Hobby von der Steuer- zur Rentenfalle wird

Wer vor der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) eine gesetzliche Rente bezieht (vorzeitige Altersrente oder Erwerbsminderungsrente) und noch einer Beschäftigung nachgeht, muss eine Hinzuverdienstgrenze einhalten, damit die Rente nicht gekürzt wird. Anrechnungsfrei bleibt ein Hinzuverdienst bis zu 6.300 EUR (zu Einzelheiten vgl. SteuerSparbrief Juli/August 2018). Doch selbst wer peinlich genau darauf achtet, dass er die Grenze mit seinen laufenden Einkünften nicht überschreitet, kann in eine ungeahnte Steuer- und Rentenfalle tappen.

AKTUELL hat das LSG Hessen wie folgt entschieden: Wird Betriebsvermögen in das Privatvermögen des Versicherten überführt, so sind die daraus resultierenden Einkünfte als rentenschädlicher Hinzuverdienst zu berücksichtigen (Urteil vom 20.4.2018, L 5 R 256/16). In dem Urteil ging es zwar um einen Landwirt, es könnte aber gleichermaßen Frührentner treffen, die ein kleines Gewerbe oder einen anderen Nebenerwerb aufgegeben haben. Gerade die Fälle der so genannten Liebhaberei sind kritisch. Doch zunächst zu dem Ausgangsfall:

  • Ein 1951 geborener Versicherter erhielt seit Juni 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Seit dem Jahr 2009 erzielt er ferner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Seine Pachteinnahmen in Höhe von jährlich rund 3.600 EUR liegen unterhalb der Hinzuverdienstgrenze für die volle Erwerbsminderungsrente. Der Versicherte überführte im Jahr 2012 einen Rinderstall aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen. In der Folge wies sein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von rund 8.000 EUR aus. Die Deutsche Rentenversicherung stellte daraufhin fest, dass der Versicherte lediglich einen Anspruch auf drei Viertel der Vollrente habe und den überzahlten Rentenbetrag in Höhe von rund 1.000 EUR zurückzahlen müsse. Der Versicherte verwies darauf, dass die aufgrund der Überführung des Rinderstalls erzielten Einkünfte kein Arbeitseinkommen oder eine damit vergleichbare Einnahme seien.
  • Die Richter gaben der Rentenversicherung Recht. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung werde abhängig vom erzielten Hinzuverdienst geleistet. Als Arbeitseinkommen sei grundsätzlich der nach dem Einkommensteuerrecht ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit anzurechnen. Dem entspreche die im Einkommensteuerbescheid festgestellte Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit nach Abzug der Betriebsausgaben. Ob der Versicherte diese Einkünfte durch eigene Arbeitskraft erzielt habe, sei hingegen nicht relevant. Aufgrund der über der Hinzuverdienstgrenze liegenden Einkünfte für das Jahr 2012 habe eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vorgelegen. Daher habe die Rentenversicherung den ursprünglichen Rentenbescheid aufheben und die zu viel erbrachten Leistungen von dem Versicherten zurückfordern können.

STEUERRAT: Erzielt ein Steuerbürger aus einer Tätigkeit dauerhaft Verluste, ohne gegenzusteuern, so wird dies als "Liebhaberei" bezeichnet. Der Staat geht davon aus, dass die Verluste in Kauf genommen werden, weil private Motive das geschäftliche Interesse überlagern. Folglich werden die Verluste entweder von Beginn an oder ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr anerkannt. Aber: Die Nichterkennung der Verluste führt (noch) nicht zur Betriebsaufgabe. Vorhandenes Betriebsvermögen bleibt für steuerliche Zwecke sozusagen eingefroren. Wird nun das Betriebsvermögen ganz oder zum Teil verkauft, so kann dieser Verkauf jeweils zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen und ist im Jahr der Veräußerung (!) zu versteuern (BFH, Urteil vom 11.5.2016, X R 15/15).

Beispiel: Ein Fotograf, dessen Verluste schon seit Jahren nicht mehr anerkannt worden sind, verkauft Teile seiner bereits voll abgeschriebenen Kamera-Sammlung. Der Gewinn ist steuerpflichtig und mindert zudem die Rente, wenn die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 EUR überschritten ist. Beachten Sie, dass in die Grenze auch Einkünfte aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage einfließen. Daher gilt: Prüfen Sie sehr genau, welche Auswirkungen der Verkauf von "altem" Betriebsvermögen hat. Warten Sie gegebenenfalls bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Aus steuerlicher Sicht verkaufen Sie das Betriebsvermögen am besten komplett in einem Zuge und nehmen dann den Freibetrag für Betriebsveräußerungen in Anspruch. Dieser beträgt 45.000 EUR, ist aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

 

V. Kapitalerträge

 

1. EU-Quellensteuer:
Zur Anrechnung ab dem Jahr 2017

Die so genannte EU-Zinsrichtlinie wurde grundsätzlich mit Wirkung zum 1.1.2016 aufgehoben. Als Ausnahmeregelung war allerdings insbesondere noch die Erhebung von EU-Quellensteuer in Österreich bis einschließlich 2016 zulässig. Anders ausgedrückt: Weil Österreich für eine Übergangszeit keine Auskünfte über Zinszahlungen an ausländischen Zahlungsempfänger erteilt hat, hat es - sozusagen im Gegenzug - eine Quellensteuer von 35 % erhoben (bis zum 30. Juni 2011 waren es nur 15 % bzw. 20 %). Sparer in Deutschland müssen die Kapitalerträge aus Österreich versteuern, können die EU-Quellensteuer aber auf die deutsche Abgeltungsteuer von 25 % anrechnen. Unterm Strich erhalten sie also eine Steuergutschrift von 10 %, und zwar im Jahr des Zuflusses der mit der Quellensteuer belasteten Zinserträge. Dies gilt gemäß § 17 Abs. 2 ZIV auch für die im Jahr 2016 durch Österreich erhobene Quellensteuer.

Es gibt jedoch offenbar Sparer, die Kapitalforderungen mit aufgeschobener Zinszahlung erst in 2017 vereinnahmt haben. Das heißt: Als Folge der Aufhebung der EU-Zinsrichtlinie ist auf noch nicht ausgezahlte, kapitalisierte Zinsen zwar letztmalig zum 31.12.2016 Quellensteuer einbehalten worden. Die Zinsen werden aber erst insgesamt am Ende der Laufzeit in späteren Veranlagungszeiträumen ausgezahlt. Durch die Erhebung der Quellensteuer zum 31.12.2016 und den späteren Zufluss der Zinserträge fallen das Jahr der Erhebung der Quellensteuer und das Jahr der Versteuerung der Zinserträge auseinander. Wie können diese Sparer nun die Quellensteuer dennoch anrechnen, zumal in der Anlage KAP ab 2017 die nach der Zinsrichtlinie erhobene Quellensteuer nicht mehr in einer eigenen Zeile erfasst wird?

AKTUELL sorgt die OFD Nordrhein-Westfalen für Klarheit. Nach einer internen Anweisung wurden die erforderlichen Kennziffern in der Steuererklärung ab 2017 wieder freigeschaltet, um die Erfassung der o.g. Fallgestaltungen zu ermöglichen (Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 8/2018 vom 13.06.2018). Betroffene Kapitalanleger sollten in ihrer Steuererklärung darauf hinweisen, dass ihr Bearbeiter die erforderlichen Eintragungen in den Kennziffern vornimmt.

 

2. Lebensversicherung:
Was verlangt der Fiskus im Fall der Kündigung?

Lebensversicherungen machen keine rechte Freude mehr, seit die Zinsen so niedrig sind und die Überschussbeteiligung ständig sinkt. Zudem wurde soeben mit dem "Lebensversicherungsreformgesetz" vom 1.8.2014 auch noch die Beteiligung an den Bewertungsreserven stark beschränkt. Bei Kündigung in den ersten Jahren der Vertragslaufzeit ist der Rückkaufswert meistens niedriger als die eingezahlten Beiträge. So fragt der Kündungswillige, was bei Kündigung des Versicherungsvertrages zu versteuern ist und ob ein Verlust steuermindernd abgesetzt werden kann.

Altverträge mit Vertragsabschluss vor 2005

Wird ein "alter" Lebensversicherungsvertrag nach 12 Jahren gekündigt, so ist dies steuerunschädlich. Es fallen keinerlei Steuern an. Doch bei Kündigung innerhalb von 12 Jahren nach Vertragsabschluss müssen die Zinsen stets versteuert werden. Zu versteuern sind sowohl die rechnungsmäßigen Zinsen (garantierten Zinsen) auf die Sparanteile als auch die außerrechnungsmäßigen Zinsen, d.h. die Überschussbeteiligung (§ 52 Abs. 36 Satz 5 EStG). Von diesem Betrag behält das Versicherungsunternehmen die Abgeltungsteuer von 25 % ein.

  • Falls die ausgezahlte Versicherungsleistung (Rückkaufswert) unter den eingezahlten Beiträgen liegt, ist der "Verlust" der Vermögensebene zuzuordnen und daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig (OFD Frankfurt vom 4.11.2008, S 2252A-20-St 219; BFH-Urteil vom 23.9.2013, VIII B 40/13).
  • Auch wenn es schier unglaublich ist: Die Zinsen und Überschüsse sind auch dann steuerpflichtig, wenn ein Verlust entstanden ist und dieser nicht abgezogen werden darf. Obwohl weniger ausgezahlt wird als eingezahlt worden ist, müssen die Zinsen versteuert werden (Niedersächsisches FG vom 18.11.2008, EFG 2009 S. 747).

Neuverträge mit Vertragsabschluss ab 2005

Bei Lebensversicherungen, die ab 2005 abgeschlossen wurden, ist im Fall der Kündigung der Unterschiedsbetrag zwischen dem Rückkaufpreis und der Summe der gezahlten Versicherungsbeiträge steuerpflichtig. Und zwar

  • in voller Höhe, wenn die Versicherungsleistung vor dem 60. Lebensjahr (bei Vertragsabschluss ab 2012: 62. Lebensjahr) oder vor Ablauf von 12 Jahren ausgezahlt wird. Das Versicherungsunternehmen behält die Abgeltungsteuer von 25 % ein.
  • nur zur Hälfte, wenn die Versicherungsleistung erst nach dem 60. bzw. 62. Lebensjahr und nach Ablauf von 12 Jahren seit Vertragsabschluss ausgezahlt wird. In diesem Fall behält das Versicherungsunternehmen die Kapitalertragsteuer von 25 % immer auf den vollen Unterschiedsbetrag ein. Deshalb müssen Sie den halben Unterschiedsbetrag in der Steuererklärung angeben und mit dem individuellen Steuersatz versteuern. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer wird auf die Steuerschuld angerechnet. So beträgt die Steuer selbst bei höchstem Steuersatz nur 21 % des Unterschiedsbetrages (§ 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Falls bei frühzeitiger Kündigung die Versicherungsleistung niedriger als die eingezahlten Beiträge ist, kann der negative Unterschiedsbetrag als negative Einnahmen - nicht als Werbungskosten - aus Kapitalvermögen steuermindernd abgesetzt werden (BMF-Schreiben vom 1.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1172, Tz. 56, 60).

  • Im ersten Fall (Auszahlung vor dem 60. Lebensjahr oder vor Ablauf von 12 Jahren) sollten Sie freiwillig den Differenzbetrag als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in der Steuererklärung in der "Anlage KAP" geltend machen. Hierzu verlangen Sie vom Versicherungsunternehmen eine Verlustbescheinigung. Die Bescheinigung legen Sie der Steuererklärung bei (Wahlveranlagung in bestimmten Fällen gemäß § 32d Abs. 4 EStG).
  • Im zweiten Fall (60/12-Lebensversicherung) besteht für Sie eine Verpflichtung zur Angabe in der Steuererklärung. Deshalb ist hier die normale Verlustverrechnung für negative Einkünfte möglich: Der negative Differenzbetrag wird zunächst mit positiven Kapitalerträgen und darüber hinaus mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet (Pflichtveranlagung für bestimmte Kapitalerträge gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Lebensversicherungen besteuert werden.

 

3. Lebensversicherung:
Kürzung der ausgezahlten Bewertungsreserven zulässig

Seit 2008 müssen Versicherungsnehmer bei Kündigung oder Fälligkeit des Versicherungsvertrages zur Hälfte an den stillen Reserven, den sog. Bewertungsreserven, beteiligt werden (§ 153 Abs. 3 VVG). Bewertungsreserven entstehen bei festverzinslichen Wertpapieren, wenn sinkende Kapitalmarktzinsen zu höheren Kursen führen, d.h. der aktuelle Marktwert einer Anlage ist höher als der ursprüngliche Kaufpreis. Diese Gewinne stehen aber nur in den Büchern, sind also nur ein theoretischer Wertzuwachs. Sie werden weder erwirtschaftet noch angespart und lösen sich im Zeitablauf durch die Auszahlungen der jährlichen Zinsen oder bei einem Zinsanstieg wieder vollständig auf. Entsprechend steht dem Versicherungsunternehmen kein zusätzliches Kapital zur Verfügung - es sei denn, es verkauft die Anlagen vorzeitig und verzichtet damit auf künftige sichere Zinserträge.

Mit dem "Lebensversicherungsreformgesetz" vom 1.8.2014 wurde den Versicherungsunternehmen erlaubt, die Ausschüttung von Bewertungsreserven an ausscheidende Versicherungskunden zu begrenzen, soweit dies zur Sicherung der den Bestandskunden zugesagten Garantien erforderlich ist. Die Ausschüttungsbeschränkung gilt nur für Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren und Zinsabsicherungsgeschäften. Die hälftige Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven aus Aktien und Immobilien bleibt bestehen. Auch die Überschussbeteiligung der Versicherten aus realisierten Kapitalerträgen bleibt unangetastet.

AKTUELL hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Neuregelung aus 2014 zur begrenzten Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven in der Lebensversicherung nicht verfassungswidrig ist. Damit ist es den Lebensversicherungsunternehmen erlaubt, bei Kündigung oder Fälligkeit von Versicherungsverträgen die auszuzahlenden Bewertungsreserven zu kürzen (BGH-Urteil vom 27.6.2018, IV ZR 201/17).

  • Die Neuregelung des § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG führt dazu, dass ein Versicherer Bewertungsreserven aus direkt oder indirekt vom Versicherungsunternehmen gehaltenen festverzinslichen Anlagen und Zinsabsicherungsgeschäften bei der Beteiligung der Versicherungsnehmer an Bewertungsreserven nur insoweit berücksichtigen darf, als sie einen etwaigen Sicherungsbedarf aus den Verträgen mit Zinsgarantie überschreiten. Grund für diese Neuregelung war, dass nach Auffassung des Gesetzgebers ein lang anhaltendes Niedrigzinsumfeld mittel- bis langfristig die Fähigkeit der privaten Lebensversicherungsunternehmen bedrohen würde, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen.
  • Inhaltlich hat der Gesetzgeber verschiedene Maßnahmen getroffen, die sowohl die Interessen der ausscheidenden Versicherungsnehmer als auch derjenigen, die ihre Verträge noch in der Zukunft fortführen, sowie diejenigen der Anteilseigner berücksichtigen. Verfassungsrechtliche Bedenken an der Wirksamkeit der gesetzlichen Neuregelung bestehen nicht. Im Einzelfall auftretende Härten führen nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelung insgesamt.
  • ABER: Die Versicherungsunternehmen müssen die betroffenen Kunden über abweichende Auszahlungsbeträge informieren. Dabei müssen sie ihre Berechnungen offenlegen, dass die Kürzungen durch die wirtschaftliche Situation des Unternehmens gerechtfertigt sind.

Bereits im Jahre 2015 hat der Bundesgerichtshof dem ausscheidenden Versicherungsnehmer das Recht eingeräumt, von dem Versicherungsunternehmen zu erfahren, wie sein Anteil an den Bewertungsreserven ermittelt worden ist. Falls also der Versicherungsnehmer vermutet, dass die ausgezahlte Bewertungsreserve zu gering ist, muss der Versicherer auf Anfrage den mathematischen Rechenweg für seine Berechnung darlegen. Allerdings schuldet er lediglich die entsprechende Auskunft, nicht jedoch eine detaillierte Rechnungslegung (BGH-Urteil vom 2.12.2015, IV ZR 28/15).

 

4. Namensschuldverschreibungen:
Versteuerungszeitpunkt bei Tausch

Der Tausch von Aktien oder anderen Wertpapieren, bei dem die Kleinanleger nicht mitbestimmen können, ist für diese nicht immer vorteilhaft. Zum einen müssen sie mit wirtschaftlichen Nachteilen rechnen, zum anderen kann ein Tauschvorgang aber auch steuerlich nachteilig sein - so geschehen bei der Einbringung von Namensschuldverschreibungen der Deutschen Öl und Gas AG in die Deutsche Öl & Gas S.A. Luxemburg (DOG). Im Oktober 2015 wurde beschlossen, dass die Inhaber von Namensschuldverschreibungen der Deutschen Öl und Gas AG anstatt der fälligen und zukünftigen Zinsen bis zum eigentlichen Ende der Laufzeit vinkulierte Aktien der DOG erhalten, denen ein Wert von 13,50 EUR beigemessen worden ist. Mit diesem Beschluss sind viele Anleger nicht einverstanden.

AKTUELL hat die Finanzverwaltung aber auch kein Einsehen. Der Gewinn aus der Einbringung sei bereits im Jahre 2015 zu versteuern, und zwar bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Es handele sich um die Veräußerung einer verzinslichen Kapitalforderung, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 und. Abs. 2 Nr. 7 steuerpflichtig sei. Die Tatsache, dass die Anleger aufgrund der Vinkulierung der Aktien über diese vorerst gar nicht verfügen könnten, mag zwar den steuerpflichtigen Gewinn mindern. Eine Annahme des Zuflusses erst nach Ablauf der Vinkulierung scheide aber aus. Der Gewinn berechne sich nach § 20 Abs. 4 EStG aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung (13,50 EUR / Aktie x Anzahl der erhaltenen Aktien) nach Abzug der Veräußerungskosten sowie den Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten (OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinfo Einkommensteuer 1/2018 vom 24.1.2018).

STEUERRAT: Bislang ist noch nicht bekannt, ob ein Anleger gegen die Auffassung der Finanzverwaltung geklagt hat. Jedenfalls scheint sie nicht 100-prozentig rechtssicher zu sein, denn der Bundesfinanzhof hatte mit Urteil vom 30.6.2011 (VI R 37/09 BStBl 2011 II S. 923) entschieden, dass ein Zufluss von Aktien nicht vorliegt, solange die Verfügung über die Wertpapiere rechtlich unmöglich ist. Auch die OFD Frankfurt/M. schreibt in ihrer Verfügung vom 18.7.2016 (S 2332 A - 9 - St 211): "Wirtschaftliches Eigentum kann nicht unterstellt werden, wenn umfassende Verfügungsbeschränkungen (z. B. keine Stimm- und Dividendenbezugsrechte in Kombination mit einem Veräußerungsverbot) vereinbart wurden. ... Dies gilt insbesondere auch, wenn eine Übertragung der Aktien in ihrer Wirksamkeit von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig und eine Veräußerung der Aktien ... rechtlich unmöglich ist (vinkulierte Namensaktien) ... Ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot verhindert den Zufluss jedoch nicht, da die Veräußerung (ggf. unter Sanktionierung) rechtlich möglich ist."

 

VI. Eigenheim und Vermietung

 

1. Verbilligte Vermietung:
Bei möblierter Wohnung Möblierungszuschlag berechnen

Bei verbilligter Vermietung an Angehörige können die Aufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten abgesetzt werden, wenn die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt (§ 21 Abs. 2 EStG). Die ortsübliche Marktmiete lässt sich grundsätzlich dem örtlichen Mietspiegel entnehmen. Bei der Gegenüberstellung von "vereinbarter Miete" und "ortsüblicher Marktmiete" ist die gezahlte Kaltmiete zuzüglich Umlagen zu vergleichen mit der ortsüblichen erzielbaren Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Kosten für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung. Was aber gilt, wenn eine Wohnung teilweise oder vollständig möbliert vermietet wird?

  • Nach Auffassung des FG Düsseldorf ist bei der Ermittlung der 66 %-Grenze die Kaltmiete um einen Möblierungszuschlag für die Nutzung der Einbauküche, der Waschmaschine und des Trockners zu erhöhen, soweit dieser nicht bereits in den Ausstattungsmerkmalen des Mietspiegels berücksichtigt ist (FG Düsseldorf vom 3.11.2016, 11 K 3115/14 E).
  • Bereits im Jahr 2010 hat das FG Niedersachsen entschieden, dass bei verbilligter Vermietung einer voll möblierten Wohnung die ortsübliche Marktmiete um einen Möblierungszuschlag zu erhöhen ist. Dieser so erhöhten "ortsüblichen Marktmiete" wird die "vereinbarte Miete" gegenübergestellt und erst dann beurteilt, ob die Grenze von 66 % über- oder doch unterschritten ist (Niedersächsisches FG vom 7.12.2010, 3 K 251/08).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei der Vermietung möblierter oder teilmöblierter Wohnungen grundsätzlich ein Möblierungszuschlag anzusetzen ist, da derartige Überlassungen regelmäßig mit einem gesteigerten Nutzungswert verbunden sind, die sich häufig auch in einer höheren ortsüblichen Miete niederschlagen. Ein solcher Möblierungszuschlag ist allerdings nur dann zu berücksichtigen, wenn er sich aus einem örtlichen Mietspiegel oder aus am Markt realisierbaren Zuschlägen ermitteln lässt. Eine Ermittlung in anderer Weise ist nicht zulässig (BFH-Urteil vom 6.2.2018, IX R 14/17).

  • Der Fall: Die Eheleute vermieten ihrem Sohn verbilligt eine 80 qm große Wohnung, die mit einer neuen Einbauküche ausgestattet ist. Zudem überlassen sie ihm eine Waschmaschine und einen Trockner zur Nutzung. Das Finanzamt erhöht die ortsübliche Vergleichsmiete um einen Möblierungszuschlag für die Einbauküche, Waschmaschine und Trockner in Höhe der monatlichen Abschreibung und kommt so zu einer Entgeltlichkeitsquote unter 66 %. Folglich wurden die geltend gemachten Werbungskosten entsprechend gekürzt. Auch das Finanzgericht hat einen Möblierungszuschlag bejaht und diesen in Höhe der monatlichen Abschreibung zuzüglich eines Gewinnaufschlags von 4 % angesetzt.
  • Nach Auffassung des BFH ist zur Ermittlung des Möblierungszuschlages und der ortsüblichen Miete der örtliche Mietspiegel heranzuziehen:
    (1) Sieht der Mietspiegel z.B. für eine überlassene Einbauküche einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über ein Punktesystem vor, ist diese Erhöhung als marktüblich anzusehen.
    (2) Lässt sich aber dem Mietspiegel hierzu nichts entnehmen, ist ein am örtlichen Mietmarkt realisierbarer Möblierungszuschlag zu berücksichtigen.
    (3) Ist ein marktüblicher Gebrauchswert für die überlassenen Möbel nicht zu ermitteln, kommt ein Möblierungszuschlag nicht in Betracht. Dann ist auf die ortsübliche Marktmiete ohne Möblierung abzustellen.
    (4) ACHTUNG: Es ist - anders als das Finanzgericht meint - nicht zulässig, einen Möblierungszuschlag aus dem Monatsbetrag der linearen Absetzung für Abnutzung für die überlassenen Möbel und Einrichtungsgegenstände abzuleiten. Auch der Ansatz eines prozentualen Mietrenditeaufschlags ist nicht zulässig.

STEUERRAT: Bei möblierten Vermietungen sollten Sie im Mietvertrag Grundmiete, Umlagen und Möblierungszuschlag getrennt vereinbaren und ausweisen. Achten Sie darauf, dass die Beträge ausreichend hoch sind, um die maßgebliche Grenze von 66 % zu überschreiten. Denn wenn die "vereinbarte Miete" im Vergleich zur "ortsüblichen Marktmiete" mindestens 66 % beträgt, können Sie die Aufwendungen aus der Vermietung zu 100 % als Werbungskosten absetzen. Nutzen Sie zur Ermittlung des Möblierungszuschlages die vorgenannten Hinweise, die der BFH in seinem neuen Urteil gegeben hat.

Weitere Informationen: Verbilligte Vermietung an Angehörige.

 

2. Fotovoltaik:
Nach einem Jahr wieder sinkende Vergütungssätze ab August 2018

Nachdem die Vergütungssätze für neu installierte Fotovoltaikanlagen seit dem 1.7.2017 unverändert geblieben sind, sinken sie bei Neuinstallationen ab August 2018 wieder - und zwar um 1 Prozent monatlich. Der Grund für die degressive Absenkung ist, dass der Zubau in den letzten 6 Monaten, hochgerechnet auf ein Jahr, mit etwa 2.727 Megawatt knapp über dem gesetzlich festgelegten Ausbaupfad von 2.400 bis 2.600 Megawatt liegt.

So hoch ist die Einspeisevergütung (in Cent / kWh)

 

 

Inbetriebnahme

Gebäude oder Lärmschutzwand

Freifläche, Nichtwohngebäude

bis 10 kW

bis 40 kW

bis 100 kW

bis 100 kW

ab 1.07.2017

bis 31.07.2018

12,20

11,87

10,61

8,44

ab 1.08.2018

ab 1.09.2018

ab 1.10.2018

12,08

11,95

11,83

11,74

11,62

11,50

10,50

10,39

10,28

8,35

8,27

8,18

So hoch ist die Erlösobergrenze bei Direktvermarktung (in Cent / kWh)

 

 

Inbetriebnahme

Gebäude oder Lärmschutzwand

Freifläche, Nichtwohngebäude

bis 10 kW

bis 40 kW

bis 750 kW

bis 750 kW

ab 1.07.2017

bis 31.07.2018

12,60

12,27

11,01

8,84

ab 1.08.2018

ab 1.09.2018

ab 1.10.2018

12,48

12,35

12,23

12,14

12,02

11,90

10,90

10,79

10,68

8,75

8,67

8,58

Eine garantierte Einspeisevergütung mit einer Laufzeit von 20 Jahren gibt es nur noch für Anlagen mit einer Leistung bis 100 kW bei Inbetriebnahme ab dem 1.1.2016. Für Betreiber von größeren Neuanlagen gilt die verpflichtende Direktvermarktung: Sie erhalten keine Einspeisevergütung mehr, sondern müssen den erzeugten Strom selber vermarkten und sich ggf. einen Direktvermarkter suchen. Dies gilt ab dem 1.1.2016 für Neuanlagen von mehr als 100 kW. Die Anlagebetreiber erhalten zusätzlich zum Erlös aus der Vermarktung (z.B. an der Strombörse) eine sog. Marktprämie. Deren Höhe entspricht der Differenz zwischen dem Erlös und der gesetzlichen Erlösobergrenze. Diese ist um 0,4 Cent/kWh höher als die garantierte Einspeisevergütung.

Weitere Informationen: Fotovoltaik: Wie selbst erzeugter Strom vergütet wird

 

3. "Wohnen für Hilfe":
Beiderseitige Aktivitäten sollen künftig steuerfrei bleiben

Bei dem bundesweiten Projekt "Wohnen für Hilfe" bieten in der Regel ältere Menschen jungen Menschen günstigen Wohnraum an. Die Studierenden und Auszubildenden verpflichten sich regelmäßig, als Gegenleistung den Wohnraumanbieter im Alltag zu unterstützen. Die geleisteten Stunden werden als Mieterlass angerechnet, wobei folgende Faustregel gilt: Pro qm Wohnraum hat der 'Mieter' 1 Stunde Hilfe im Monat zu leisten. Mitmachen können "alle Bürger der Stadt, bei denen nicht die Mieteinnahmen im Vordergrund stehen, die jedoch einem Studierenden mietfreies Wohnen und den geistig, kulturellen Austausch oder die Hilfeleistung miteinander ermöglichen und wünschen sowie Wert auf soziale und gesellschaftliche Unterstützung legen bzw. benötigen" (www.wohnenfuerhilfe.info).

Folgende Wohnmodelle sind zu unterscheiden:
Modell I: Verrichtung praktischer Alltagshilfen durch den Wohnraumnehmer an den Wohnraumgeber (z.B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste).
Modell II: Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten durch den Studenten im unmittelbaren Wohnumfeld des Wohnraumanbieters.
Modell III: Verrichtung einer gemeinnützigen/ehrenamtlichen Tätigkeit durch den Studenten im Stadtgebiet (ohne Zahlung einer Aufwandsentschädigungspauschale).

Wie alles im Leben hat auch dieses gut gemeinte soziale Projekt eine steuerliche Seite. Nichts bleibt dem Fiskus verborgen und bei allem will der Fiskus mitspielen - gleichgültig, ob es sich um alte oder junge Leute handelt. Steuerlich will er die beiderseitigen Aktivitäten von jungen und älteren Menschen, von Leistung und Gegenleistung wie folgt behandeln (FinBeh. Hamburg vom 8.12.2016, S 2253-2016/004-52):

  • Steuerliche Behandlung des Wohnungsnutzers:
    Die vom Wohnraumnutzer vertraglich geschuldeten Dienstleistungen bei Modell 1 (Regelfall - z.B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste) sind als im Rahmen eines Dienstverhältnisses zwischen dem Wohnungsanbieter und Wohnungsnutzer erbrachte Leistungen anzusehen. Es liegen regelmäßig "Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit" vor. Bei den Modellen 2 und 3 ist im Einzelfall zu prüfen, welche Einkunftsart vorliegt. Es bestehen keine Bedenken, von "Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit" auszugehen.
  • Steuerliche Behandlung des Wohnungsanbieters:
    In der Modellvariante 1 erzielt der Wohnungsanbieter regelmäßig "Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung". Bei den Modellvarianten 2 und 3 ist im Einzelfall zu entscheiden ist, ob überhaupt eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt.

AKTUELL haben die Finanzminister der Länder beschlossen, dass das Konzept "Wohnen für Hilfe" von der Steuer befreit werden soll. Die Steuerbefreiung leiste einen wichtigen Beitrag zum Abbau von bürokratischen Hürden und schaffe Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Die Finanzminister bitten den Bundesfinanzminister, eine entsprechende Regelung zur Steuerbefreiung möglichst rasch in ein Gesetzgebungsverfahren einzubringen (FinMin. Rheinland-Pfalz, PM vom 21.6.2018). Über den Fortgang werden wir berichten.

 

4. Erhaltungsaufwand:
Nicht verbrauchte Beträge beim Rechtsnachfolger absetzbar?

Aufwendungen für die laufende Instandhaltung und Instandsetzung sowie Modernisierung einer vermieteten Wohnung sind im Allgemeinen Erhaltungsaufwendungen. Solche Erhaltungsaufwendungen können im Jahr der Bezahlung in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abgesetzt werden. Doch es gibt hier eine vorteilhafte Regelung: Größere Erhaltungsaufwendungen dürfen gleichmäßig auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden (§ 82b EStDV). Wenn nun während des Verteilungszeitraumes das Gebäude durch Tod oder Verkauf auf einen neuen Eigentümer übergeht, ist die Frage, wie der noch nicht verbrauchte Betrag steuerlich behandelt wird. Kann der neue Eigentümer den verbleibenden Restbetrag geltend machen?

  • Verkauf: Wird das Gebäude während des Verteilungszeitraumes veräußert, kann der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr des Verkaufs in einem Betrag als Werbungskosten abgesetzt werden. Das Gleiche gilt, wenn das Gebäude in ein Betriebsvermögen eingebracht oder nicht mehr zur Einkunftserzielung, d.h. zu eigenen Wohnzwecken, genutzt wird. Abzug also beim Verkäufer (§ 82b Abs. 2 EStDV).
  • Erbschaft oder Schenkung: Im Fall der unentgeltlichen Übertragung des Gebäudes kann der Rechtsnachfolger den beim Rechtsvorgänger noch nicht berücksichtigten Teil der Erhaltungsaufwendungen im verbleibenden Verteilungszeitraum geltend machen. Im Jahr des Eigentumswechsels ist die Jahresrate auf Übertragenden und Übernehmenden entsprechend der Besitzdauer aufzuteilen (R 21.1 Abs. 6 Satz 2 EStR).
  • Nießbrauch: Wird der Nießbrauch innerhalb des Verteilungszeitraums vertraglich beendet, kann der Eigentümer den verbleibenden Teil der Aufwendungen nicht als seine Werbungskosten geltend machen. Vielmehr darf der Nießbraucher den noch nicht berücksichtigten Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Beendigung in einem Betrag als Werbungskosten absetzen (FG Münster vom 15.4.2016, 4 K 422/15, rkr.).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof die Frage zum steuerlichen Abzug geklärt, wenn das Nießbrauchsrecht während des Verteilungszeitraums durch Tod des Vorbehaltsnießbrauchers bzw. Erblassers endet: Hatte der Vermieter das Gebäude auf seine Kinder übertragen und sich den Nießbrauch an den Vermietungserträgen vorbehalten (sog. Vorbehaltsnießbrauch) und hat er größere Erhaltungsaufwendungen auf fünf Jahre verteilt, so können die Kinder (Eigentümer) nach dem Tod des Vorbehaltsnießbrauchers innerhalb des Verteilungszeitraumes den verbliebenen Teil des Erhaltungsaufwands nicht als ihre Werbungskosten geltend machen. Denn sie haben die Aufwendungen nicht selbst getragen und sind daher nicht zum Abzug berechtigt. Vielmehr ist der noch nicht verbrauchte Restbetrag des Erhaltungsaufwands beim Erblasser als Werbungskosten anzusetzen (BFH-Urteil vom 13.3.2018, IX R 22/17).

STEUERRAT: Bezüglich Abschreibungen ist gesetzlich geregelt, dass der Rechtsnachfolger die Abschreibung des Vorgängers fortsetzen kann (§ 11d EStDV). Diese Möglichkeit kann auf Erhaltungsaufwendungen nicht analog angewandt werden. Es besteht nämlich kein allgemeiner einkommensteuerrechtlicher Grundsatz, wonach ein Einzelrechtsnachfolger stets die steuerlichen Vergünstigungen seines Vorgängers weiterführen kann.

Weitere Informationen: Vermietung: Renovierungs- und Modernisierungskosten.

 

5. Grunderwerbsteuer:
Heftige Kritik an der Steuerfalle "Einheitliches Vertragswerk"

Beim Kauf eines bebauten oder unbebauten Grundstücks entsteht Grunderwerbsteuer. Sie wird ebenfalls fällig, wenn Sie ein Grundstück von einem Bauunternehmen kaufen und sich von diesem ein Haus darauf errichten lassen oder gleich ein schlüsselfertiges Eigenheim erwerben - und zwar auf den Gesamtpreis! "Erstreckt sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude, ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend" (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG). Nach geltender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellen Kauf des Grundstücks und Bau des Hauses ein "einheitliches Vertragswerk" dar. Dadurch entsteht eine Doppelbelastung, denn die Bauherren müssen einerseits Umsatzsteuer für die Baukosten des späteren Gebäudes und andererseits auch noch Grunderwerbsteuer auf die Herstellungskosten zahlen.

AKTUELL hat das Niedersächsische Finanzgericht (FG) die Rechtsprechung des BFH in heftiger Art und Weise kritisiert (Beschluss vom 22.3.2018, 7 K 150/17). Die Rechtsprechung des II. Senats des BFH verstoße gegen das Grunderwerbsteuergesetz, gegen die Einheit der Steuerrechtsordnung, gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, gegen das Verfahrensgrundrecht des Bürgers auf seinen gesetzlichen Richter und gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Rechtsprechung sei gesetzes- und rechtswidrig.

Der Beschluss ist zwar "nur" in einer Kostensache ergangen. Das heißt, die Kosten des FG-Prozesses wurden dem Finanzamt auferlegt. Die Begründung lässt aber eindeutig darauf schließen, dass der Steuerzahler und Häuslebauer in vollem Umfang obsiegt hat, letztlich also keine Grunderwerbsteuer auf die Baukosten entrichten musste.

STEUERRAT: Betroffene sollten sich in ähnlichen Fällen gegen ihre Grunderwerbsteuerbescheide zur Wehr setzen und auf den aktuellen FG-Beschluss verweisen. Allerdings sind die Erfolgsaussichten zugegebenermaßen eher bescheiden, denn der BFH hat in der Vergangenheit bereits mehrfach die Urteile des Niedersächsischen FG "kassiert" (Urteile des BFH vom 4.12.2014, II R 22/13 und vom 1.10.2014, II R 32/13). Etwas Hoffnung könnte allenfalls dadurch aufkeimen, dass der langjährige Vorsitzende Richter des II. BFH-Senats im Juli 2015, also nach den genannten Urteilen, in den Ruhestand getreten ist. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte des BFH, dass eine Neubesetzung eines Senats zu einer Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung geführt hat.

 

6. Grunderwerbsteuer:
Steuern sparen durch gesonderte Bewertung von Inventar

Beim Kauf eines Hauses oder einer Wohnung muss üblicherweise der Käufer die Grunderwerbsteuer zahlen. Diese beträgt je nach Bundesland zwischen 3,5 Prozent (Bayern und Sachsen) und 6,5 Prozent (Brandenburg, NRW, Saarland, Schleswig-Holstein, Thüringen). Bemessungsgrundlage ist der Kaufpreis für die Immobilie.

Eine beliebte Möglichkeit zur Senkung der Grunderwerbsteuer ist, den Anteil der Inventarliste am gesamten Kaufpreis zu erhöhen. Alles, was keine "wesentlichen Gebäudebestandteile" sind, unterliegt nicht der Steuer. Dazu aber muss im Kaufvertrag detailliert festgelegt werden, welcher Preis auf das Gebäude entfällt und welcher auf das steuerfreie Inventar. Zu solchem Inventar gehören beispielsweise Möbelstücke, Einbauküchen, Markisen, Heizölvorrat, Solaranlage, Sauna usw.

Das Finanzgericht (FG) Köln hat in jüngster Zeit zweimal zu der Frage Stellung genommen, welche Bestandteile des Kaufpreises für eine Immobilie der Grunderwerbsteuer unterliegen. Konkret ging es in dem einen Fall um das übernommene Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage und in dem anderen Fall um die mitverkaufte Einbauküche und die Markisen. Im ersten Fall hat es entschieden, dass die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Erwerb von Teileigentum nicht um ein übernommenes Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage zu mindern ist (Urteil vom 17.10.2017, 5 K 2297/16, vgl. SteuerSparbrief Mai 2018). Das heißt: Die miterworbene Instandhaltungsrücklage unterliegt der Grunderwerbsteuer. Gegen das Urteil ist zwischenzeitlich die Revision beim BFH eingelegt worden (II R 49/17).

AKTUELL hat das FG Köln in dem zweiten Verfahren entschieden, dass für eine mitverkaufte Einbauküche und Markisen keine Grunderwerbsteuer fällig wird (Urteil vom 8.11.2017, 5 K 2938/16).

  • Die Kläger hatten ein Einfamilienhaus für 392.500 EUR erworben und im notariellem Kaufvertrag vereinbart, dass von dem Kaufpreis 9.500 EUR auf die mitverkaufte Einbauküche und Markisen entfielen. Das Finanzamt erhob auch auf diesen Teilbetrag Grunderwerbsteuer, weil es den für die gebrauchten Gegenstände vereinbarten Preis für zu hoch hielt. Den Klägern sei es nur darum gegangen, die Grunderwerbsteuer zu sparen.
  • Hiergegen wehrten sich die Kläger erfolgreich vor dem FG Köln. Dieses führt in seinem Urteil aus, dass die in einem Kaufvertrag gesondert vereinbarten Kaufpreise grundsätzlich der Besteuerung zu Grunde zu legen seien. Dies gelte jedenfalls, solange keine Zweifel an der Angemessenheit der Preise bestünden. Das Finanzamt müsse nachweisen, dass für die beweglichen Gegenstände keine realistischen Verkaufswerte angesetzt worden seien. Insoweit handele es sich um steuerbegründende Umstände, für die das Finanzamt die Feststellungslast trage. Zur Ermittlung des Werts seien weder die amtlichen Abschreibungstabellen noch die auf Verkaufsplattformen für gebrauchte und ausgebaute Gegenstände geforderten Preise als Vergleichsmaßstab geeignet. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Das bedeutet also: Werden zusammen mit einer Immobilie gebrauchte bewegliche Gegenstände verkauft, wird hierfür keine Grunderwerbsteuer fällig. Dies gilt für Gegenstände, die werthaltig sind, und wenn keine Anhaltspunkte für unrealistische Kaufpreise bestehen.

Oftmals ist die Frage, ob auch das im Öltank befindliche Heizöl aus dem Kaufpreis herausgerechnet werden kann und somit frei von Grunderwerbsteuer bleibt. Grundsätzlich gilt: Der Heizölvorrat ist Zubehör des Hauses gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB und wird - sofern keine andere Vereinbarung getroffen wird - mit dem Haus mitverkauft (OLG Schleswig-Holstein vom 5.12.1996, 11 U 129/94). Falls jedoch im notariellen Kaufvertrag ein gesonderter Preis für den Heizölvorrat festgelegt wird, wird darauf keine Grunderwerbsteuer berechnet.

STEUERRAT: Angesichts der hohen Steuersätze lohnt es sich, Inventar aus dem Kaufpreis herauszurechnen und separat im Kaufvertrag auszuweisen. Wenn laut Kaufvertrag die Immobilie 300.000 EUR kosten würde, dann müssten Sie in Nordrhein-Westfalen 6,5 % Grunderwerbsteuer zahlen (= 19.500 EUR). Falls Sie nun im Kaufvertrag z.B. die Küche (10.000 EUR) und die Sauna (3.000 EUR) gesondert ausweisen und bewerten, reduziert sich der Preis für die Immobilie um 13.000 EUR. Die Grunderwerbsteuer ist dann nur für 287.000 EUR fällig. Das bringt Ihnen eine Steuerersparnis von 845 EUR.

Bedenken Sie aber Folgendes: Wenn der Preis für die Einrichtungsgegenstände gesondert ausgewiesen wird, mindert sich der Wert, der auf die Immobilie entfällt, nicht nur steuerlich, sondern auch für die finanzierende Bank. Das heißt: Die Werthaltigkeit der Immobilie wird für die Bank gemindert. Wenn also zum Beispiel bei einem Gesamtkaufpreis von 300.000 Euro rund 13.000 Euro auf Küche und Markisen entfallen, mindert sich der Beleihungswert entsprechend und es könnten höhere Zinsen anfallen.

Weitere Informationen:

 

VII. Renten und Pensionen

 

1. Hinterbliebenenrenten:
Höhere Hinzuverdienst-Freibeträge ab Juli 2018

Bei der Witwen-/Witwerrente und Erziehungsrente wird eigenes Einkommen grundsätzlich angerechnet. Zunächst wird aus den Bruttoeinnahmen durch verschiedene Pauschalabzüge ein fiktives Nettoeinkommen ermittelt. Dieses Nettoeinkommen bleibt in Höhe bestimmter Freibeträge anrechnungsfrei (siehe Tabelle). Soweit das Nettoeinkommen die Freibeträge übersteigt, wird es zu 40 % auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet.

AKTUELL steigen zum 1.7.2018 die Anrechnungsfreibeträge für Hinzuverdienste, weil der aktuelle Rentenwert angehoben wird (West: 32,03 EUR, Ost: 30,69 EUR).

Das sind die Anrechnungsfreibeträge (ab 1.7.2018) 

 

West

Ost

 

ab 1.7.2018

bisher

ab 1.7.2018

bisher

Witwen-/Witwerrente, Erziehungsrente

- zuzüglich je Kind

845,59 EUR

179,37 EUR

819,19 EUR

173,77 EUR

810,22 EUR

171,86 EUR

783,82 EUR

166,26 EUR

STEUERRAT: Eine Einkommensanrechnung erfolgt nicht in den ersten drei Kalendermonaten nach dem Tod des Versicherten. In diesem "Sterbevierteljahr" wird die Witwen-/Witwerrente stets ungekürzt gezahlt.

Erfreuliche Regelung bei der Waisenrente: Seit dem 1.7.2015 wird bei volljährigen Waisen auf die Anrechnung eigenen Einkommens vollkommen verzichtet. Folglich werden Waisenrenten unabhängig von den Einkommensverhältnissen immer in voller Höhe gezahlt. Bei Waisen, die noch keine 18 Jahre alt sind, wurde schon bisher auf eine Einkommensanrechnung verzichtet (§ 97 SGB VI).

Weitere Informationen: Hinterbliebenenrente: Witwen- oder Witwerrente.

 

2. Abschlagsfreie Rente mit 63:
Welche Arbeitslosenzeiten angerechnet werden

Die vorgezogene Altersrente für besonders langjährig Versicherte können Versicherte in Anspruch nehmen, die mindestens 45 Jahre an Versicherungszeiten aufweisen. Seit dem 1.7.2014 gibt's diese Rente ohne Rentenabschläge - statt wie bisher mit 65 Jahren - bereits mit 63 Jahren (§ 236b SGB VI). Allerdings handelt es sich hierbei um eine zeitlich befristete Sonderregelung: Sie begünstigt

  • in erster Linie Versicherte, die zwischen Juli 1951 und Dezember 1952 geboren sind - also gerade einmal eineinhalb Jahrgänge, die voll von der Rente profitieren. Wer vor dem 1.7.1951 geboren ist, war 2014 älter als 63 Jahre und konnte somit weniger als zwei Jahre vor dem 65. Geburtstag in Rente gehen.
  • in zweiter Linie Versicherte, die zwischen 1953 und 1964 geboren sind: Bei ihnen wird die Altersgrenze von 63 Jahren stufenweise auf 65 Jahre angehoben. Die Anhebung erfolgt bereits ab 2016 in Schritten von jeweils 2 Monaten pro Jahrgang. Aus der "Rente mit 63" wird schrittweise die "Rente mit 65".
  • überhaupt nicht Versicherte, die nach dem 1.1.1964 geboren sind: Sie können die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren erst mit 65 Jahren in Anspruch nehmen - es gilt wieder die bisherige Regelung. Sie profitieren nicht von der befristeten Sonderregelung.

Bei der Wartezeit von 45 Jahren werden seit 2014 u.a. ebenfalls Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I angerechnet, nicht jedoch Zeiten mit Arbeitslosengeld II (§ 51 Abs. 3a Nr. 3 und 4 SGB VI). Hierbei gibt es jedoch eine Ausnahme und eine Ausnahme von der Ausnahme:

  • Ausnahme: Um eine Frühverrentung bereits mit 61 Jahren zu verhindern, werden zwei Jahre vor dem individuellen Rentenbeginn keine Arbeitslosenzeiten mehr berücksichtigt und auf die notwendigen 45 Beitragsjahre angerechnet.
  • Ausnahme von der Ausnahme: Beruht jedoch die Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn auf "Insolvenz oder vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers", sollen die Arbeitslosenzeiten doch auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden. Denn hier würden die Arbeitnehmer erwiesenermaßen unfreiwillig arbeitslos. Umstritten ist bislang, ob diese Rückausnahme auch für eine "Kündigung aus betriebsbedingten Gründen" gilt. Diese Arbeitsnehmer würden ebenfalls unfreiwillig arbeitslos und seien daher nicht weniger schutzwürdig.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht entschieden, dass Arbeitslosenzeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur dann berücksichtigt werden, wenn - außer Insolvenz - eine "vollständige Geschäftsaufgabe" vorliegt. Und das bedeutet, dass das gesamte Unternehmen des Arbeitgebers als Basis vorhandener Beschäftigungen wegfällt. Andere Gründe für die Arbeitslosigkeit, wie betriebsbedingte Kündigungen, werden nicht anerkannt (BSG-Urteil vom 28.6.2018, B 5 R 25/17 R).

Nach Auffassung der Richter ist es zwar zutreffend, dass Arbeitnehmer auch aus anderen Gründen als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos werden können. Die Einführung großzügigerer Kriterien als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe wäre jedoch missbrauchsanfällig und daher ungeeignet, Fehlanreize zu verhindern. Denn in anderen als den geregelten Ausnahmefällen sei kein Nachweis darüber möglich, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich waren, die frei von missbräuchlichen Absichten sind. Der Gesetzgeber habe daher wissentlich und willentlich eine nur enge Rückausnahmeregelung geschaffen.

Weitere Informationen: Vorgezogene Altersrenten: Die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren.

 

VIII. Selbstständige

 

1. Fahrscheine:
Überprüfen Sie den korrekten Umsatzsteuerausweis

Das Umsatzsteuerrecht ist kompliziert und ungerecht. Gerade die Höhe des Steuersatzes, also 7 oder 19 Prozent, hält einige Kuriositäten bereit und führt immer wieder zu Streit mit dem Finanzamt. Das betrifft nicht nur den leistenden Unternehmer. Auch die Empfänger von Leistungen müssen prüfen, ob ihnen der korrekte Umsatzsteuerbetrag in Rechnung gestellt worden ist. Wird ein überhöhter Steuersatz in Rechnung gestellt, dürfen Sie nur den korrekten Betrag - also gegebenenfalls nur 7 statt 19 Prozent - als Vorsteuer abziehen. Wird zu wenig Umsatzsteuer ausgewiesen, dürfen Sie nur diesen Betrag als Vorsteuer abziehen. Seit einigen Monaten trifft dieses Problem auch Bahnfahrer, die oft mit dem Zug im Nahverkehr fahren und dabei die 50 Km-Grenze überschreiten - denn die Bahn weist hier nur noch 7 Prozent Umsatzsteuer aus.

Beispiel:
Sie fahren häufiger von Dortmund nach Düsseldorf mit den Nahverkehrszügen. Die Deutsche Bahn weist auf ihren Tickets nur noch 7 Prozent Umsatzsteuer aus, obwohl 19 Prozent richtig wären. Das führt dazu, dass Ihnen 12 Prozent Vorsteuern verloren gehen, da Sie nur den offen ausgewiesenen Betrag als Vorsteuer abziehen dürfen. Warum geht die Bahn diesen Schritt? Und was können betroffene Kunden tun?

Zunächst ein Blick ins Umsatzsteuerrecht: Für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr beträgt die Umsatzsteuer 7 Prozent, wenn diese innerhalb einer Gemeinde stattfindet oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt. Anders ausgedrückt: Bei Fernstrecken sind 19 Prozent Umsatzsteuer fällig. Aufgrund der zunehmend größer werdenden Verkehrsverbünde und des "Wechselspiels" zwischen Nutzung von Zügen der DB und der regionalen Anbieter ist es für die Bahn immer schwieriger festzustellen, ob ein Kunde tatsächlich innerhalb der 50 Km-Grenze bleibt. Also hat sie sich dazu entschieden, von vornherein nur 7 Prozent auszuweisen. Damit ist sie übrigens nicht allein. Einige Verkehrsvertriebe weisen ebenfalls standardmäßig nur 7 Prozent, andere gar keine Umsatzsteuer aus.

Die Bahn begründet ihr Vorgehen wie folgt: "Der bisherige Steuerausweis wird den Leistungsanteilen der befördernden Unternehmen nicht in allen Fällen gerecht. Um den Kunden den Vorsteuerabzug in Höhe von 7 % zu sichern, werden ab dem 10.12.2017 die von der DB ausschließlich für den Nahverkehr erstellten DB-Fahrkarten einheitlich einen Mehrwertsteuersatz von 7 % ausweisen." Die Begründung ist natürlich Unfug. Der Grund liegt einfach und allein darin, dass die Bahn nicht für eine zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer in Haftung genommen werden möchte. Das ist durchaus verständlich. Den Fahrgästen aber zu suggerieren, die neue Handhabung läge in deren Interesse, ist hingegen unredlich.

STEUERRAT: Im Internetauftritt der Bahn finden Sie ein Formular, mittels dessen Sie die Möglichkeit haben, eine Bescheinigung zum korrekten Vorsteuerabzug für DB-Fahrkarten des Nahverkehrs zu beantragen. Das heißt, Sie erhalten eine Rechnung, in der 19 Prozent Umsatzsteuer ausgewiesen sind und der Nettobetrag entsprechend reduziert wurde. Ähnlich gehen einige Verkehrsverbünde vor, zum Teil allerdings mit - recht kurzen - Ausschlussfristen. Das Gesagte ist nicht nur für die Fahrten der Unternehmer selbst wichtig, sondern auch für Dienstreisen der Mitarbeiter. Auch hier besteht für den Arbeitgeber das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn er den Mitarbeitern die Kosten ersetzt, da die Fahrten im Interesse des Unternehmens erfolgen.

Formular der Deutschen Bahn: www.bahn.de/p/view/home/kontakt/antrag-vorsteuerabzug.shtml

 

2. GmbH-Gesellschafter:
Überprüfen Sie Ihre Abfindungsklauseln

So gut wie alle GmbH-Satzungen sehen Regelungen für das Ausscheiden von Gesellschaftern vor, das heißt, es wird bestimmt, wie sich die Höhe einer Abfindung für Gesellschafter bei ihrem Austritt aus der GmbH ermittelt. Auch wird geregelt, welche Abfindung den Erben bei einem Versterben des Gesellschafters zusteht. Nur: Die einmal getroffenen Bestimmungen schauen sich die Gesellschafter nie wieder an. Das kann aber insbesondere für die verbleibenden Gesellschafter zu einem bösen Erwachen führen.

So sehen viele Klauseln vor, dass sich Abfindungen für ausscheidende Gesellschafter "nach den steuerlichen Werten" richten. Früher war das der Wert, der sich nach dem so genannten Stuttgarter Verfahren ermittelt hat - die älteren unter uns werden sich vielleicht noch daran erinnern. Dieses Verfahren kam regelmäßig zu Beträgen, die erheblich unter den Verkehrswerten lagen, so dass die Klauseln oftmals einen gewissen "Strafcharakter" in sich bargen. Man wollte gar nicht, dass ein Gesellschafter die GmbH verlässt oder dass im Todesfalle hohe Abfindungen zu zahlen sind. Scheidet ein Gesellschafter jedoch heute aus, ist das steuerliche Verfahren das Ertragswertverfahren. Und dieses kann zu exorbitant überhöhten Werten führen, weil es auf die Jahresergebnisse der letzten drei Jahre abstellt und zum Beispiel zu erwartende Gewinneinbrüche in den Folgejahren nicht berücksichtigt.

Das heißt: Bestimmungen in GmbH-Satzungen, die eigentlich das Ausscheiden eines Gesellschafters eher verhindern oder aber dessen Abfindung begrenzen sollten, werden plötzlich zum Bumerang. Die verbleibenden Gesellschafter könnten beim unerwarteten Austritt eines Kollegen erheblich belastet werden - Streit ist damit vorprogrammiert.

STEUERRAT: Gesellschaftsverträge sollten laufend überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Abfindungsklauseln sollten das tatsächlich gewünschte Ergebnis enthalten - und zwar unmissverständlich. Das ist gerade auch im Hinblick auf erbrechtliche Regelungen wichtig. Eventuell sollte vereinbart werden, dass die Abfindung von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer nach einem anerkannten betriebswirtschaftlichen Bewertungsverfahren zu ermitteln ist. Zu regeln ist mitunter auch, wie wertvolles Anlagevermögen, insbesondere Grundstücke, zu bewerten sind.

 

3. Gebrauchtwarenhändler:
Wird die Kleinunternehmerschwelle erhöht?

Wer als so genannter Wiederverkäufer tätig ist, kann seine Umsatzbesteuerung auf die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis beschränken. Diese so genannte Margen- oder Differenzbesteuerung betrifft üblicherweise Händler von Gebrauchtwaren, zum Beispiel auf Flohmärkten, kann aber auch Verkäufer von Neuwaren betreffen, wenn diese ihre Waren "von Privat" oder von Kleinunternehmern erwerben. Aufgrund des zunehmenden Internethandels und der diversen Verkaufsplattformen wie Ebay ist die Zahl der Wiederverkäufer stark gestiegen. Viele Betroffene haben in der Vergangenheit die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch genommen, das heißt, sie mussten für ihre "Marge" keine Umsatzsteuer zahlen. Doch aufgrund einer Änderung der Verwaltungsauffassung zum 1.1.2010 galten plötzlich viele Wiederverkäufer nicht mehr als "klein" und müssen seitdem Umsatzsteuer abführen. Ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof lässt die Steuerzahler nun aber hoffen.

Zum Hintergrund: Bei Kleinunternehmern wird die Steuer nach § 19 UStG nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Seit einer Änderung der Verwaltungsauffassung gilt: Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes i. S. des § 19 UStG ist auf die vereinnahmten Entgelte und nicht auf den Differenzbetrag abzustellen (BMF-Schreiben vom 16.6.2009, BStBl I 2009 S. 755).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Der BFH neigt dazu, zur Ermittlung der betreffenden Umsatzgrößen wieder auf die Differenzbeträge abzustellen. Er hält aber eine Klärung durch den EuGH für erforderlich (Beschluss vom 7.2.2018, XI R 7/16).

  • Im Streitfall betrugen die Umsätze eines Gebrauchtwagenhändlers, der der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG unterliegt, bei einer Berechnung nach Verkaufspreisen 27.358 EUR (2009) und 25.115 EUR (2010). Der Gebrauchtwagenhändler ermittelte die Bemessungsgrundlage gemäß § 25a Abs. 3 UStG nach der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (Handelsspanne) mit 17.328 EUR und 17.470 EUR. Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer i.S. des § 19 UStG sei und keine Umsatzsteuer schulde. Das Finanzamt folgte dem nicht und versagte die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010. Der Gesamtumsatz des Klägers habe in dem vorangegangenen Kalenderjahr 2009 über der Grenze von 17.500 EUR gelegen - so die neue Verwaltungsauffassung.
  • Vor dem Finanzgericht hat der Händler bereits einen Sieg errungen. Der BFH hingegen wollte und konnte selbst nicht entscheiden und hat die Sache daher dem EuGH vorgelegt. Seine Begründung lässt aber darauf hoffen, dass wieder die Marge als maßgebende Kleinunternehmerschwelle gilt.

STEUERRAT: Die Entscheidung des EuGH bleibt natürlich abzuwarten. Sollte dieser der Auffassung des BFH entsprechen, könnten aber wesentlich mehr Unternehmer als heute die Kleinunternehmerregelung beanspruchen. Betroffene Unternehmer sollten gegen ihre Umsatzsteuerbescheide Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen.

 

4. Umsatzsteuer:
Vorsteuerabzug trotz ausbleibender Lieferung

Leisten Sie eine Anzahlung für einen Gegenstand oder für eine Dienstleistung, wird diese aber tatsächlich nicht erbracht, so stellt sich die Frage, ob Ihnen der Vorsteuerabzug aus der Anzahlung dennoch erhalten bleibt. Denn der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass die Lieferung oder Dienstleistung empfangen wird, um selbst umsatzsteuerpflichtige Leistungen auszuführen. Der deutsche Fiskus vertritt bislang eine recht harte Haltung zulasten der Unternehmer und streicht den Vorsteuerabzug.

AKTUELL hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu den zahlreichen Betrugsfällen von nicht gelieferten Blockheizkraftwerken Stellung bezogen und die enge Auffassung der deutschen Finanzverwaltung verworfen. Generell steht dem Anzahlenden der Vorsteuerabzug auch dann zu, wenn eine Lieferung ausbleibt (EuGH-Urteil vom 31.5.2018, C-660/16 und C-661/16).

  • Im ersten Fall vor dem EuGH ging es um Herrn Kollroß, der bei der G-GmbH die Lieferung eines Blockheizkraftwerks bestellte. Die G-GmbH bestätigte den Auftrag am 12.4.2010 und erteilte für den Liefergegenstand eine Vorausrechnung über 30.000 EUR mit einem gesonderten Steuerausweis über 5.700 EUR. Herr Kollroß meldete zeitgleich ein Gewerbe zur Erzeugung erneuerbarer Energien an und entrichtete die geforderte Anzahlung am 19.4.2010. Am 15.7.2010 erteilte die G-GmbH eine zweite Anzahlungsrechnung, in der auf die Zahlung vom April hingewiesen wurde. Der Lieferzeitpunkt stand noch nicht fest. Die Anlage wurde jedoch nicht geliefert. Über das Vermögen der G-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und mangels Masse eingestellt. Die für die G-GmbH handelnden Personen wurden wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in 88 Fällen und wegen vorsätzlichen Bankrotts zulasten der Käufer der Blockheizkraftwerke strafrechtlich verurteilt.
  • In dem zweiten Verfahren ging es um Herrn Wirtl, der am 3.8.2010 bei der Gesellschaft zur Förderung erneuerbarer Energien mbH (GB) ein Blockheizkraftwerk zum Preis von 30.000 EUR zuzüglich 5.700 EUR Umsatzsteuer bestellte, dessen Lieferung voraussichtlich 14 Wochen nach Geldeingang erfolgen sollte. Herr Wirtl leistete mit Überweisung vom 27.8.2010 per Vorkasse die angeforderte Zahlung in Höhe von 35.700 EUR. Auch diese Anlage wurde nie geliefert. Im Jahr 2011 wurde über das Vermögen von GB das Insolvenzverfahren eröffnet, und elf für die GB-Gruppe handelnde Personen wurden wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs strafrechtlich verurteilt.
  • In beiden Fällen verweigerten die Finanzämter den Vorsteuerabzug für die Anzahlung der nicht gelieferten Blockheizkraftwerke. Der EuGH hingegen beließ den beiden Klägern letztlich ihren Vorsteueranspruch. Entscheidend war, dass sie selbst nicht an einem Umsatzsteuerbetrug mitgewirkt haben, sondern gutgläubig waren.

Der EuGH stellt folgende Grundsätze auf:

  • Einem potenziellen Erwerber von Gegenständen darf das Recht auf Vorsteuerabzug für eine Anzahlung nicht versagt werden, wenn zum Zeitpunkt der Anzahlung alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem Erwerber bekannt angesehen werden konnten und die Lieferung dieser Gegenstände daher sicher erschien.
  • Dem Erwerber darf ein solches Recht jedoch versagt werden, wenn anhand objektiver Umstände erwiesen ist, dass er zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war.

Die Geschädigten hätten ihre Ansprüche auf Rückerstattung der Anzahlung und auch der geleisteten Umsatzsteuer zwar theoretisch zunächst gegen die Betrüger gelten machen müssen. Aufgrund des "Gesamtkomplexes des Betruges" war jedoch nicht davon auszugehen, dass dieser Weg von Erfolg gekrönt sein würde. Daher sei es nach Ansicht des EuGH rechtens und ermessensgerecht, wenn der Vorsteueranspruch auf die geleisteten Anzahlungen nicht zunächst von den Geschädigten berichtigt, anschließend eingeklagt und später wiederum gegenüber den Finanzbehörden geltend gemacht werden muss.

STEUERRAT: Ein weiterer Punkt ist vom EuGH nur am Rande abgehandelt worden. Ein Vorsteuerabzug setzt nämlich voraus, dass der geplante Leistungsbezug für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet wird. In den beiden Ausgangsverfahren war dies zwar unstreitig; in ähnlich gelagerten Fällen sollte aber der Nachweis erbracht werden, das zum Beispiel bereits Pachtverträge abgeschossen worden sind. Zumindest sollte die Einnahmeerzielungsabsicht glaubhaft gemacht werden.
Einkommensteuerlich sind die Sachverhalte natürlich ebenfalls zu würdigen, das heißt, es ist zu entscheiden, ob die Anzahlungen als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Hierzu hat der BFH mit Urteil vom 7.2.2018 wie folgt entschieden: "Spiegelt ein Geschäftspartner dem Steuerpflichtigen vor, er könne durch den Erwerb eines - tatsächlich nicht existierenden - Blockheizkraftwerks elektrischen Strom erzeugen und im eigenen Namen sowie für eigene Rechnung, wenn auch durch Einschaltung eines Geschäftsbesorgers, vermarkten, sind die dem Steuerpflichtigen zur Durchführung dieser Investition entstandenen Aufwendungen auf die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gerichtet und daher als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar." (Urteil vom 7.2.2018, X R 10/16).

 

IX. Steuergrundlagen

 

1. Erbschaft:
Vorfälligkeitsentschädigung mindert die Erbschaftsteuer

Wer eine Immobilie erbt, möchte diese nicht unbedingt dauerhaft behalten, sondern erwägt einen Verkauf. Das kann persönliche oder wirtschaftliche Gründe haben. Mitunter ist ein Verkauf aber einfach auch notwendig, um die Erbschaftsteuer zahlen oder anderen finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Mit dem Verkauf müssen üblicherweise die Darlehen abgelöst werden, die auf dem Haus lasten. Dafür wird eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig, die das Erbe "unterm Strich" mindert. Die Finanzämter sperren sich regelmäßig gegen einen Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit, das heißt, die Erbschaftsteuer wird nicht reduziert. Dabei konnte sich der Fiskus unter anderem auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 5.2.2009 (9 K 204/07) berufen.

AKTUELL hat jedoch das FG Münster entschieden, dass Vorfälligkeitsentschädigungen, die für die Ablösung von Darlehen angefallen sind, als Nachlassverbindlichkeiten von der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage abzugsfähig sind (Urteil vom 12.4.2018, 3 K 3662/16 Erb).

  • Der Fall ist nicht unbedingt typisch, soll aber dennoch kurz skizziert werden: Der Kläger ist einer von insgesamt 29 Erben der im Jahr 2013 verstorbenen Erblasserin. Da die Erben zunächst nicht bekannt waren, ordnete das Amtsgericht die Nachlasspflegschaft an und bestellte eine Nachlasspflegerin. Diese veräußerte mit Genehmigung des Gerichts vier der zum Nachlass gehörenden Grundstücke und löste damit die für die Grundstücke aufgenommenen Darlehen vorzeitig ab. Hierfür fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an. Nachdem die Erben ermittelt worden waren, setzte das Finanzamt unter anderem gegenüber dem Kläger die Erbschaftsteuer fest. Dieser machte die Vorfälligkeitsentschädigungen (anteilig) als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit der Begründung ab, dass es sich um - nicht abzugsfähige - Kosten für die Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) handele. Das FG Münster gab der Klage statt.
  • Die Aufwendungen seien als Nachlassregelungskosten anzusehen und damit als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Es handele sich nicht um Kosten der Verwaltung, sondern vielmehr um Kosten der Sicherung des Nachlasses. Die Vorfälligkeitsentschädigungen stünden in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Abwicklung bzw. Verteilung des Nachlasses.
  • Von besonderem Interesse ist folgende Passage des Urteils: "Im Übrigen wären die Vorfälligkeitsentschädigungen auch dann abzugsfähig gewesen, wenn nicht die Nachlasspflegerin, sondern .... die Miterben die Darlehen ... vorzeitig abgelöst hätten." Die Münsteraner Richter widersprechen ausdrücklich den Kölner Kollegen.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist zwischenzeitlich die Revision unter dem Aktenzeichen II R 17/18 anhängig. Wenn auch in Ihrem Fall der Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit abgelehnt worden ist, sollten Sie gegen den Erbschaftsteuerbescheid Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen.

 

2. Schenkung:
Mitnahme auf Luxuskreuzfahrt verursacht keine Schenkungsteuer

Bei dem nachfolgend geschilderten Urteil wird so mancher Zuschauer der TV-Serie "Das Traumschiff" ins Schwärmen geraten. Aber vorweg sei gesagt, dass nicht nur der Sachverhalt, sondern auch die Entscheidung an sich von hohem Interesse ist.

AKTUELL hat das Finanzgericht (FG) Hamburg entschieden, dass die Mitnahme auf einer Luxuskreuzfahrt keine freigebige Zuwendung darstellt und somit nicht der Schenkungsteuer unterliegt (Urteil vom 11.6.2018, 3 K 77/17).

  • Der Fall: Ein offenbar äußerst vermögender Herrn lud seine Lebensgefährtin zu einer fünfmonatigen Weltreise in der Luxuskabine eines Kreuzfahrtschiffes ein. Die Kosten für die Reise beliefen sich insgesamt auf rund 500.000 EUR. Noch während der Reise informierte der Einladende das Finanzamt über den Sachverhalt und erbat eine schenkungsteuerrechtliche Einschätzung. Im Rahmen der anschließenden Schenkungsteuererklärung erklärte er nur einen Betrag von rund 25.000 EUR, der auf die Anreisekosten der Lebensgefährtin und ihren Kostenanteil für Ausflüge und Verpflegung entfiel. Das Finanzamt hingegen sah eine Bereicherung in Höhe der hälftigen Gesamtkosten und setzte eine Steuer in Höhe von rund 100.000 EUR fest.
  • Die Reise sei von Anfang an für beide Personen geplant und gebucht worden. Da die Lebensgefährtin von allen Kosten freigehalten worden sei und der Kläger die Reise gezahlt habe, sei der Wert der Schenkung im hälftigen Betrag der Gesamtreisekosten zu sehen. Der Wert der Schenkung könne auch nicht aus der Differenz zwischen Einzelbelegung und Doppelbelegung abgeleitet werden.
  • Der Finanzamtsauffassung ist das FG nicht gefolgt und hat den Schenkungsteuerbescheid ersatzlos aufgehoben. Der Kläger habe seiner Lebensgefährtin zwar ein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Reiseveranstalter eingeräumt, dadurch sei sie aber nicht in dem erforderlichen Maße bereichert worden. Denn sie habe hierüber nicht frei verfügen können, sondern die Zuwendung sei daran geknüpft gewesen, den Kläger zu begleiten. Allein die "Mitnahme" auf die Kreuzfahrt sei im Ergebnis nur als Gefälligkeit zu beurteilen. Eine Vermögensmehrung bei der Lebensgefährtin sei auch nicht durch einen Verzicht des Klägers auf Wertausgleich erfolgt. Denn es handele sich um Luxusaufwendungen, die die Lebensgefährtin sonst nicht aufgewandt hätte. Schließlich sei auch durch das Erleben der Reise selbst keine Vermögensmehrung eingetreten, die Begleitung auf der Reise erschöpfe sich vielmehr im gemeinsamen Konsum.

STEUERRAT: Die Entscheidung kann für ungeahnte Gestaltungsmöglichkeiten sorgen. Beispiel: Kinder wollen ihren Eltern etwas Gutes tun. Schenkungsteuerlich gibt es aber für Zuwendungen an Vater oder Mutter nur einen persönlichen Freibetrag von 20.000 EUR. Da könnte es sich anbieten, die Eltern mehrfach mit in den Urlaub zu nehmen und die Reisen zu bezahlen. Doch noch ist die Entscheidung des FG Hamburg nicht bestandskräftig, denn die Revision zum Bundesfinanzhof ist zugelassen worden.

 

3. Liebhaberei:
Verluste mittels Verfahrensrecht retten

Erzielt ein Steuerbürger aus einer Tätigkeit dauerhaft Verluste, ohne gegenzusteuern, so wird dies als "Liebhaberei" bezeichnet. Der Staat geht davon aus, dass die Verluste in Kauf genommen werden, weil private Motive das geschäftliche Interesse überlagern. Folglich werden die Verluste entweder von Beginn an oder ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr anerkannt. Es kann sich um Verluste aus einem echten Hobby handeln, aber auch zum Beispiel um Verluste aus einer Nebentätigkeit oder der Vermietung einer Ferienwohnung. Die Finanzverwaltung beobachtet das Geschehen eine Weile und erlässt die Steuerbescheide zunächst vorläufig. Stellt sich nach einigen Jahren heraus, dass die Tätigkeit tatsächlich keine Gewinne abwirft und der Steuerzahler auch nichts unternimmt, um die Situation zu verbessern, so werden die Verluste rückwirkend gestrichen.

Gegen negative Steuerbescheide setzen sich die Betroffenen üblicherweise zu Wehr und versuchen, gegenüber dem Finanzamt in irgendeiner Weise glaubhaft zu machen, dass bei ihnen doch eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Mitunter kann aber auch das steuerliche Verfahrensrecht weiterhelfen.

AKTUELL ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 12/17 ein interessantes Verfahren anhängig, das eine Steuerbürgerin in der Vorinstanz gewinnen konnte.

  • Es ging um eine Diplom-Designerin, deren Verlust für das Jahr 2001 zunächst vorläufig anerkannt wurde. In den Erläuterungen zum Steuerbescheid wurde dazu ausgeführt: "Der Bescheid ergeht vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit, weil zur Zeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann." Einige Jahre später wurde der Steuerbescheid in einem anderen Punkt geändert. Auch dieser Bescheid erging vorläufig. In dem Erläuterungsteil fehlte jedoch ein expliziter Hinweis darauf, dass sich die Vorläufigkeit weiterhin auf die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit beziehen sollte. Erneut einige Zeit später wollte das Finanzamt den Verlust für das Jahr 2001 endgültig streichen, verlor diesbezüglich aber den Rechtsstreit vor dem Finanzgericht.
  • Es gäbe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Änderungsbescheid weiterhin in Bezug auf die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit vorläufig sein sollte - so die Finanzrichter. Damit verbleibe der - zunächst vorläufig berücksichtige - Verlust endgültig steuermindernd bestehen. Eine spätere Änderung des Steuerbescheides für das Jahr 2001 scheide in diesem Punkt aus.

STEUERRAT: Die Klägerin konnte mithilfe des Verfahrensrechts einen schönen Etappensieg für sich verbuchen. Es bleibt aber abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird. Die Revision ist unter anderem zugelassen worden, weil das FG Münster in seinem Urteil vom 25.5.2012 (4 K 511/11 E) angenommen hat, dass ein im ursprünglichen Steuerbescheid gesetzter Vorläufigkeitsvermerk selbst dann weiterhin Gültigkeit hat, wenn er in einem nachfolgenden Änderungsbescheid nicht ausdrücklich wiederholt wird.

 

4. Nachzahlungszinsen:
Bayern fordert eine Verzinsung von drei Prozent p.a.

Mit seiner Entscheidung vom 25.4.2018 hat der Bundesfinanzhof erstmals verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Nachzahlungszinsen geäußert - jedenfalls für Verzinsungszeiträume ab 1. April 2015 (Az. IX B 21/18). Daneben sind derzeit auch beim Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden zur Zinsproblematik anhängig, die die Zinszeiträume ab 2010 betreffen (1 BvIR 2237/14, 1 BvIR 2422/17). Zwar gewährt die Finanzverwaltung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 eine Aussetzung der Vollziehung (vgl. SteuerSparbrief Juli/August 2018). Eine generelle Änderung der Steuerverzinsung hält die Bundesregierung aber nicht für geboten, solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat. Hinzuweisen ist insoweit auf die Bundestags-Drucksache 19/2766, Antwort auf Frage 12: "Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sollte nach Auffassung der Bundesregierung Grundlage für das weitere Vorgehen sein."

AKTUELL hält die Bayerische Landesregierung - möglicherweise vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahlen - ein Zuwarten auf die Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nicht mehr für vertretbar. Sie setzt sich für die umgehende Absenkung des gesetzlichen Zinssatzes (§ 238 Abs. 1 S. 1 S.1 AO) von 0,5 auf 0,25 % pro Monat ein (Bundesrats-Drucksache 324/18). Ob der Antrag Erfolg haben wird, kann aus heutiger Sicht zwar nicht beurteilt werden. Er zeigt aber, in welche Richtung sich möglicherweise eine Neuregelung bewegen wird.

Unabhängig davon sollten betroffene Steuerzahler weiterhin alle Zinsbescheide anfechten, und zwar nicht nur die mit Verzinsungszeiträumen ab April 2015. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung hingegen sollten üblicherweise auf die Verzinsungszeiträume ab April 2015 beschränkt werden.

Hier finden Sie einen

Mustereinspruch, verbunden mit einem Muster für einen Aussetzungsantrag:

An das Finanzamt ........................

Steuernummer: ...................................

Hiermit lege ich gegen den Bescheid über die Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer 20.. vom .. . .. . .... Einspruch ein. Die Zinsen sind nach meinem Dafürhalten in einer verfassungsmäßig unzulässigen Höhe festgesetzt worden. Ich verweise zur weiteren Begründung auf die Entscheidung des BFH vom 25.4.2018 (IX B 21/18). Ich erkläre mich damit einverstanden, das Verfahren Ruhen zu lassen, bis das Bundesverfassungsgericht in den Verfahren 1 BvIR 2237/14 und 1 BvIR 2422/17 entschieden hat. Ich erlaube mir im Übrigen, diesbezüglich auf folgende Verfahren vor dem BFH hinzuweisen: III R 25/17, VIII R 19/17, VIII R 36/16, IX R 42/17, X R 15/17.

Ich beantrage ferner die Aussetzung der Vollziehung der festgesetzten Nachzahlungszinsen in Höhe von ........ EUR. Diesbezüglich verweise ich auf das BMF-Schreiben vom 14.6.2018, IV A 3-S 0465/18/10005-01. (Hinweis: Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sollte gegebenenfalls auf den Verzinsungszeitraum ab 1.4.2015 beschränkt werden. Sollte indes ein starkes Interesse an einer Aussetzung der Vollziehung auch für die früheren Verzinsungszeiträume bestehen, wäre der Antrag entsprechend zu erweitern. Er muss dann allerdings umfassend begründet werden).

Datum, Unterschrift

 

5. Selbstanzeige:
Zinsen trotz Verfassungsbedenken in voller Höhe zahlen

Wer Steuern hinterzogen kann, darf den Weg in die Steuerehrlichkeit beschreiten, indem er eine Selbstanzeige abgibt. Diese muss bestimmten formellen Voraussetzungen genügen (der Fall "Hoeneß" lässt grüßen). Wichtig ist aber auch, dass die hinterzogenen Steuern innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist nachgezahlt werden. Und auch die festgesetzten Hinterziehungs- und Nachzahlungszinsen sind fristgerecht zu entrichten. Diese können bei einer Hinterziehung, die viele Jahre zurückliegt oder die sich über mehrere Jahre hingezogen hat, einen erheblichen Betrag ausmachen.

Kürzlich hat sich der BFH nach langem Zögern endlich dazu durchgerungen, an der Höhe der Steuerverzinsung "schwerwiegende" Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit zu äußern (BFH-Beschluss vom 25.4.2018, IX B 21/18). Diese Zweifel betreffen nicht nur die so genannten Nachzahlungs-, sondern auch Aussetzungs-, Stundungs- und Hinterziehungszinsen. Das Bundesfinanzministerium hat bekannt gegeben, dass ab Mitte Juni 2018 im Fall von Steuernachzahlungen für festgesetzte Nachforderungszinsen "Aussetzung der Vollziehung" gewährt wird. Das bedeutet, dass Steuerzahler die Nachforderungszinsen vorerst nicht bezahlen müssen (BMF-Schreiben vom 14.6.2018, IV A 3-S 0465/18/10005-01).

AKTUELL geht die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen in einer internen Anweisung vom 29.6.2018 der Frage nach, wie zu verfahren ist, wenn eine Selbstanzeige abgegeben wird und entsprechend Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und Nachzahlungszinsen nach § 233a AO (die auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden) fällig werden (S 0702 - 2018/0003 - St 422). Nach dem Willen der Finanzverwaltung gilt:

  • Entrichtet der "Selbstanzeiger" auf Grund der vom Finanzamt gewährten Aussetzung der Vollziehung die festgesetzten Zinsen nicht oder nicht in voller Höhe, so kann er nicht in den Genuss des staatlichen Verzichts auf Strafverfolgung gelangen.
  • Entsprechend ist zu verfahren, wenn der Tatbeteiligte die festgesetzten Zinsen zunächst zahlt, dann aber auf Grund eines erfolgreichen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung vom Finanzamt eine entsprechende Erstattung erhält. Auch dann sind die Zinsen nicht im Sinne der §§ 371 Abs. 3, 398a Abs. 1 Nr. 1 AO freiwillig und vorbehaltlos entrichtet. Wird die Erstattung bekannt, können die Ermittlungen wiederaufgenommen werden.
  • Immerhin sollen die Tatbeteiligten aber frühzeitig auf die möglichen Folgen hingewiesen werden.

STEUERRAT: Wer eine Selbstanzeige abgibt, sollte neben der Steuer auch die Zinsen in voller Höhe zahlen. Sofern die Steuerbescheide hinsichtlich der Zinsfestsetzungen nicht ohnehin vorläufig ergehen, sollte hiergegen Einspruch eingelegt werden. Auch wenn die Haltung der Finanzverwaltung angesichts der klaren Worte des BFH unverständlich ist, darf keinesfalls ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Zinsen gestellt werden.

Weitere Informationen: Selbstanzeige: Verschärfte Bedingungen für die Strafbefreiung ab 2015

 

X. Soziales

 

1. Darlehen:
Mindestanforderungen auch bei Geldvergabe im Freundeskreis

Nahe Angehörige können ihre Rechtsverhältnisse untereinander so gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Daher werden auch Darlehensverträge grundsätzlich anerkannt. Gewähren also die Eltern dem Sohn oder der Tochter einen verzinslichen Kredit für den Kauf einer vermieteten Wohnung oder eines Mietwohngebäudes, so kann das Kind die Darlehenszinsen, die es an die Eltern zahlt, als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertrag einem Fremdvergleich standhält. Daher ist die Schriftform zu wahren, Zinsen sind vereinbarungsgemäß zu zahlen und das Darlehen ist zu besichern. Zumindest sollte sich eine fehlende Besicherung in der Höhe der Darlehenszinsen widerspiegeln. Doch die strengen Anforderungen sind nicht nur steuerlich zu beachten. Auch im Sozialrecht kann den Beteiligten eine mangelhafte Form eines Kreditvertrages auf die Füße fallen.

AKTUELL hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachen-Bremen entschieden, dass Geldzahlungen, die von Familienmitgliedern oder Freunden geleistet werden, als Einkommen des Empfängers von Sozialleistungen gewertet werden kann, wenn es keinen ordentlichen Darlehensvertrag gibt, der mindestens die Darlehenshöhe und die Rückzahlungsmodalitäten regelt und den Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennen lässt. Zudem müsse der Vertrag klar und eindeutig tatsächlich durchgeführt worden sein, damit er sich von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten Unterhaltsgewährung abgrenzen lasse (Urteil vom 24.4.2018, L 7 AS 167/16).

Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine Familie, von der das Jobcenter Sozialleistungen zurückgefordert hatte, weil die betroffenen Personen rund 117.000 EUR von vermeintlichen Verwandten erhalten hatten. Das Familienoberhaupt erklärte, das Geld stamme aus mehreren Zahlungen, die darlehensweise gewährt worden seien. Schriftliche Darlehensverträge existierten aber nicht, da Zinsvereinbarungen aus religiösen Gründen verboten seien. Die Richter des LSG folgten dieser Argumentation nicht, werteten die Zahlungen als Einkommen der Familie und bestätigten die Rückforderungsansprüche des Jobcenters.

STEUERRAT: Zwar ging es in der Entscheidung wohl um das Erschleichen von Sozialleistungen; es zeigt aber auch für andere - wahrheitsgetreue - Fälle auf, wie wichtig es ist, schriftliche Darlehensverträge zu schließen. Erforderlich sind eine übliche Verzinsung und die Regelung der Rückzahlungsmodalitäten, da sonst eine verschleierte Schenkung angenommen werden könnte, die bei Überschreiten von bestimmten Freibeträgen auch schenkungsteuerliche Konsequenzen auslösen kann (vgl. SteuerSparbrief Juli-August 2018). Zudem sind spätere erbrechtliche Streitigkeiten nicht ausgeschlossen, wenn Eltern einem ihrer Kinder ein Darlehen gewähren und im Todesfall der Eltern unklar ist, ob und inwieweit ein Darlehen tatsächlich zurückgezahlt werden muss.

 

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