SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Sachbezüge: Versicherungsbeiträge des Arbeitgebers doch steuerfrei?
  • Auswärtstätigkeit: Unterkunftskosten bei Mitnahme der Familie
  • Fotovoltaik: Behandlung nachträglich eingebauter Speicher 
  • Investitionsabzugsbetrag: Bei Firmenwagen Fahrtenbuch führen
  • Lebenspartnerschaft: Umwandlung in Ehe mit steuerlicher Rückwikrung

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Liebe Leserin, lieber Leser,

in jüngster Zeit ist häufiger von dem englischen Begriff  "Framing" (zu deutsch "Einrahmen") zu hören. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Deutungen dieses Begriffs. Ich versuche, sie mit meinen eigenen Worten wiederzugeben: Es wird - insbesondere in der politischen Agenda - ein Schwerpunkt gesetzt. Die politischen Akteure verständigen sich darauf, zu diesem Schwerpunkt ein oder zwei Begrifflichkeiten zu finden, die sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholen und die irgendwann in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen.

Wichtiger aber: Da die Begrifflichkeiten und vor allem ihr Zusammenhang von den Medien ungefiltert und unbedacht übernommen werden, gehen sie nicht nur in den Sprachgebrauch, sondern auch in das "Denken" über. Auch die Steuerpolitik ist nicht frei von "Framing". Ein schönes Beispiel ist insoweit das geplante Familienentlastungsgesetz. Achten Sie in den kommenden Wochen doch einmal bewusst auf offizielle Verlautbarungen der Bundesregierung und der politischen Vertreter.

So heißt es auf der Internetseite der Bundesregierung: "Familien weiter stärken, Steuerzahler spürbar entlasten. Diese Anliegen sind der Bundesregierung sehr wichtig. Sie hat deshalb das Familienentlastungsgesetz auf den Weg gebracht und damit finanzielle Erleichterungen von rund zehn Milliarden Euro jährlich beschlossen." Und weiter: "Mit dem Familienentlastungsgesetz geht die Bundesregierung über das verfassungsrechtlich Notwendige deutlich hinaus und leistet - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - einen spürbaren Beitrag zur finanziellen Stärkung von Familien." (https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bis-zu-zehn-milliarden-euro-fuer-familien-1138410)

Aber: Die Anpassung von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag an die Vorgaben des jährlichen Existenzminimumberichts sind ohnehin verfassungsrechtlich geboten und das "deutliche darüber Hinausgehen" wird angesichts der guten Konjunktur doch eher als ein sehr kleiner Schritt entlarvt. Daher schreibt auch der Bund der Steuerzahler: "Doch anders als der Gesetzentwurf nahelegt, handelt es sich zum größten Teil nicht um Entlastungen, sondern um ein Pflichtprogramm, das die Bundesregierung ohnehin vorlegen muss." (https://www.steuerzahler.de/Familienentlastungsgesetz-ist-mehr-Pflicht-als-Kuer/93901c106072i1p637/index.html).

Sie werden allerdings keinen Politiker von CDU/CSU und SPD treffen, der diese Wahrheit ausspricht. Vielmehr wird sprachlich der Rahmen gesetzt: "Wir stärken Familien" oder "Wir entlasten Familien." Die Begriffe "stärken" oder "entlasten" und "Familien" sorgen für einen Wohlfühleffekt. Leider werden sie von den großen Medienhäusern unreflektiert übernommen. Beispiel: "ZDF heute" bringt die Überschrift: "Was im Koalitionsvertrag versprochen wurde, wird nun sogar noch etwas getoppt: Familien-Entlastungen ab 2019."
(https://www.zdf.de/nachrichten/heute/knapp-10-milliarden-ab-2019-familien-entlastungen-geplant-100.html).

Es liegt mir fern, Medienschelte zu betreiben. Allerdings wird es Zeit, dass Medienvertreter - insbesondere von ARD und ZDF - steuer- und wirtschaftspolitisch kritischer werden. Es gilt, die Worthülsen der Politiker zu entlarven und dem "Framing" energisch entgegenzutreten. Lassen Sie der Politik nicht alles durchgehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Sachbezüge:
Versicherungsbeiträge des Arbeitgebers doch steuerfrei?

Nach Auffassung der Finanzverwaltung fallen Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers seit 2014 nicht mehr unter die Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR. Die Versicherungsbeiträge stellen stetssteuerpflichtigen Barlohn dar. Dabei spielt es keine Rolle, ob Versicherungsnehmer der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber ist. Unter Zukunftssicherungsleistungen versteht man z.B. Zuschüsse des Chefs zur privaten Pflegezusatz- oder Zusatzkrankenversicherung (BMF-Schreiben vom 10.10.2013, BStBl. 2013 I S. 1301).

Es geht hier um die Frage, ob der Versicherungsschutz des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer Barlohn oder Sachlohn darstellt. Im ersten Fall ist der Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig, im zweiten Fall ist er bis zu 44 EUR pro Monat steuer- und sozialversicherungsfrei (kleine Sachbezugsfreigrenze gemäß § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof bezüglich des Versicherungsschutzes eine feine, aber wichtige Unterscheidung vorgenommen: Die Arbeitgeberbeiträge sind Sachlohn (steuerfrei), wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags ausschließlich Versicherungsschutz, nicht aber eine Geldzahlung verlangen kann. Demgegenüber wendet der Arbeitgeber Barlohn (steuerpflichtig) und keine Sache zu, wenn er einen Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass der Arbeitnehmer mit einem vom ihm benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt (BFH-Urteil vom 7.6.2018, VI R 13/16; BFH-Urteil vom 4.7.2018, VI R 16/17).

  • Im Fall VI R 13/16 schloss der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für die Mitarbeiter des Unternehmens bei zwei Versicherungen (Gruppen-)Zusatzkrankenversicherungen für Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen sowie Zahnersatz ab. Die vom Arbeitgeber gezahlten monatlichen Beträge betrugen weniger als 44 EUR pro Monat. Der BFH bestätigt das Vorliegen von Sachlohn, sodass die Arbeitgeberleistung steuerfrei bleibt.
  • Im Fall VI R 16/17 informierte der Arbeitgeber seine Mitarbeiter darüber, ihnen zukünftig eine Zusatzkrankenversicherung über ein privates Versicherungsunternehmen anbieten zu können. Mitarbeiter nahmen das Angebot an und schlossen unmittelbar mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzkrankenversicherungsverträge ab. Die Versicherungsbeiträge wurden von den Mitarbeitern direkt an den Versicherungsträger überwiesen. Hierfür erhielten sie monatliche Zuschüsse vom Arbeitgeber, die weniger als 44 EUR betrugen. Diese Leistung wertet der BFH als Barlohn, der steuerpflichtig ist. Ein Sachbezug liege nur vor, wenn auch ein arbeitsrechtliches Versprechen erfüllt wird, das auf Gewährung von Sachlohn gerichtet ist. Hier aber hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmern letztlich nur den Kontakt zu dem Versicherungsunternehmen vermittelt und bei Vertragsschluss einen Geldzuschuss versprochen. Damit hatte er seinen Arbeitnehmern keinen Versicherungsschutz zugesagt.

STEUERRAT: Diese beiden Urteile verdeutlichen, welche Gestaltungsfreiheit der Arbeitgeber hat. Entscheidet er sich dafür, seinen Arbeitnehmern - wie im ersten Fall - unmittelbar Versicherungsschutz zu gewähren, liegt zwar einerseits begünstigter Sachlohn vor, andererseits ist der Spielraum für weitere Sachbezüge angesichts der monatlichen Freigrenze von höchstens 44 EUR eingeschränkt bzw. ausgeschöpft. Denn ein Überschreiten der Freigrenze führt zum vollständigen Entfallen der Steuerfreiheit. Diesem Risiko kann der Arbeitgeber dadurch begegnen, dass er seinen Arbeitnehmern - wie im zweiten Fall - lediglich einen (von vornherein steuerpflichtigen) Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass diese eine eigene private Zusatzkrankenversicherung abschließen.

Weitere Informationen: Sachbezüge bis 44 Euro monatlich

 

2. Betriebliche Altersversorgung:
Entschädigung für Widerruf ist steuerbegünstigt

Manchmal müssen Arbeitgeber eine betriebliche Versorgungszusage gegenüber ihren Arbeitnehmern widerrufen, etwa weil die bisherige Zusage nicht mehr finanzierbar ist. Derzeit sind Fälle anzutreffen, in denen Arbeitnehmern im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zunächst eine bestimmte Rentenhöhe zugesagt worden ist, diese Zusagen aber widerrufen und ihre Anwartschaften stattdessen in ein "beitragsorientiertes" System überführt werden. Den Arbeitnehmern wird also nicht mehr eine bestimmte Rentenhöhe "garantiert"; vielmehr sagt der Arbeitgeber lediglich zu, einen gewissen monatlichen Beitrag in die Altersversorgung einzuzahlen. Üblicherweise ist damit ein Verlust von Versorgungsansprüchen verbunden, den die Arbeitgeber mit einem Einmalbetrag abfinden.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass es sich bei der Zahlung des Arbeitgebers, die den zukünftigen Einnahmenverlust teilweise ausgleichen soll, um eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG handelt und diese der so genannten Fünftel-Regelung unterliegt. Damit wird zumindest eine kleine Steuerentlastung erreicht (Urteil vom 13.3.2018, IX R 12/1).

  • Der Fall: Der Kläger, ein Angestellter, hatte gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Der Arbeitgeber verfügte über eine eigene Versorgungseinrichtung. Zum 31.12.2009 schloss er diese und bot den Beschäftigten an, die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Anwartschaften nach Maßgabe einer Dienstvereinbarung in ein beitragsfinanziertes System zu überführen. Bei Zustimmung zu diesem Angebot gewährte der Arbeitgeber eine individuell berechnete Wechselprämie. Der Kläger nahm das Angebot zum Wechsel an und vereinnahmte in 2010 eine Wechselprämie von rund 45.600 EUR. Er ging insofern von einer tarifbegünstigten Entschädigung aus. Die zunächst gewährte Zusage hätte bei ihm zu einer Altersrente in Höhe von 71,75 % des letzten Bruttogehalts (rd. 3.700 EUR/Monat) geführt. Die neue Zusage summiere sich dagegen auf voraussichtlich nur 2.699 EUR pro Monat.
  • Das Finanzamt unterwarf die Wechselprämie zwar dem Regeltarif, der BFH hat der Finanzverwaltung jedoch widersprochen. Die vom Kläger vereinnahmte "Wechselprämie" sollte nicht nur einen Anreiz für die Zustimmung zur Umstellung der betrieblichen Altersversorgung bieten, sondern sei auch dazu bestimmt gewesen, den Arbeitnehmer für den Verlust zukünftiger Rentenansprüche (teilweise) zu entschädigen. Widerrufe der Arbeitgeber einseitig die bisherige betriebliche Versorgungszusage und biete er den Beschäftigten eine neue betriebliche Altersversorgung an, die zu wesentlich niedrigeren Ansprüchen führt, so handele es sich bei einer Zahlung des Arbeitgebers, die den zukünftigen Einnahmenverlust teilweise ausgleichen soll, um eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, die der Fünftel-Regelung unterliegt. Weggefallen seien die Anwartschaften aus der bisherigen Versorgungszusage. Die Abfindungszahlung, mit der dieser Verlust teilweise ausgeglichen werden soll, beruhe insoweit auf einer neuen Rechtsgrundlage.
  • Unproblematisch sei, dass der Kläger der Verständigung mit dem Arbeitgeber zugestimmt habe. Eine "Zwangssituation", auf die es nach der Rechtsprechung für die Annahme einer Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 EStG ankomme, sei beim Arbeitnehmer jedenfalls nicht deshalb zu verneinen, weil er einer gütlichen Einigung zugestimmt habe. Das Gesetz verlange nicht die vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es genüge, wenn im Rahmen eines fortgesetzten Rechtsverhältnisses auf neuer Rechtsgrundlage eine Entschädigung für den Verlust (Wegfall) zukünftiger Ansprüche geleistet wird (Teilentschädigung).

STEUERRAT: Die Entscheidung des IX. Senats des BFH ist äußerst erfreulich, zumal ein anderer Senat des BFH im Jahre 2001 entschieden hatte, dass ein Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen nur dann begünstigt sei, wenn das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis beendet worden ist (BFH vom 10.10.2001, XI R 54/00).

 

3. Auswärtstätigkeit:
Aufteilung der Unterkunftskosten bei Mitnahme der Familie

Werden Sie während einer länger dauernden Auswärtstätigkeit von Ihrem Ehegatten, Lebenspartner oder gar von der Familie aus nicht-dienstlichen Gründen begleitet, gibt's Probleme mit der Anerkennung der vollen Übernachtungs- bzw. Unterkunftskosten. Dann sind die Kosten - ggf. im Wege der Schätzung - in einen beruflichen und privaten Anteil aufzuteilen. Nur der auf den Arbeitnehmer entfallende Anteil der Kosten ist beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten absetzbar.

Bei Nutzung eines Mehrbettzimmers im Hotel ist die Sache einfach: Sie können die Aufwendungen absetzen, die bei Inanspruchnahme eines Einzelzimmers im selben Haus entstanden wären (§ 9 Abs. 1 Nr. 5a Satz 3 EStG). Doch was gilt, wenn Sie ein Haus oder eine Wohnung am auswärtigen Tätigkeitsort anmieten?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof die Berechnungsmethode des Niedersächsischen Finanzgerichts zur Ermittlung des privat veranlassten Mehraufwands bestätigt: Wenn am auswärtigen Tätigkeitsort eine Wohnung oder ein Haus angemietet und vom Ehegatten bzw. Lebensgefährten oder gar von Ehefrau und Kind mit bewohnt wird, sind die Unterkunftskosten nur anteilig als Werbungskosten abziehbar. Zur Ermittlung des nicht abzugsfähigen privaten Mehraufwands ist eine "modifizierte Aufteilung nach Köpfen" geeignet (BFH-Urteil vom 3.7.2018, VI R 55/16, bestätigt FG Niedersachsen vom 30.10.2015, 9 K 105/12).

Bei der modifizierten Aufteilung ist zunächst der Gesamtaufwand nach Köpfen zu verteilen, z.B. bei Mitnahme von Frau und Kind auf drei Personen. Dann ist der familienbedingte Mehraufwand um einen Sockelbetrag für einen Einpersonenhaushalt in Höhe von 20 % des Gesamtaufwands zugunsten des beruflichen Kostenanteils zu korrigieren. Die Korrektur um 20 % ist damit begründet, dass ein Mindestaufwand für die Bewirtschaftung eines Einpersonenhaushalts anfällt, der durch die Mitnahme der Familie nicht berührt wird. Damit wird berücksichtigt, dass die Kosten der Unterkunft nicht proportional zur Personenzahl im Haushalt steigen.

Beispiel:

- Tatsächliche Unterkunftskosten: Miete und Mietnebenkosten

- Aufteilung nach Köpfen: 24.000 EUR : 3 Personen

- Privater Mehraufwand für Frau und Kind: 8.000 EUR x 2 Personen

- Korrektur: 24 000 EUR x 20 %

- Korrigierter privater Mehraufwand: 16.000 EUR ./. 4.800 EUR

- Korrigierter beruflicher Aufwand: 8.000 EUR + 4.800 EUR

24.000 EUR

8.000 EUR

16.000 EUR

4.800 EUR

11.200 EUR

12.800 EUR

Dieser berufliche Aufwand ist als Werbungskosten absetzbar oder steuerfrei erstattungsfähig.

ACHTUNG: Der Bezug einer auswärtigen Unterkunft während einer Dienstreise oder einer längeren Abordnung begründet keine doppelte Haushaltsführung. Deshalb sind die Übernachtungskosten hierfür innerhalb der ersten 48 Monate in tatsächlicher Höhe abzugsfähig, da sie beruflich veranlasst sind. Die Höchstgrenze von 1.000 EUR gilt hier nicht. Bei einer privaten Mitveranlassung sind die Kosten im Wege der Schätzung entsprechend aufzuteilen.

STEUERRAT: Wenn Sie die Wohnung am auswärtigen Tätigkeitsort zusammen mit einer anderen Person nutzen, können Sie seit 2014 auf eine Aufteilung der Kosten verzichten, sofern die Wohnung in Deutschland liegt und die Kosten nicht höher als 1.000 EUR im Monat sind. Bis zu diesem Betrag geht das Finanzamt von einer ausschließlich beruflichen Veranlassung aus. Nur wenn die Unterkunftskosten höher als 1.000 EUR sind oder die Wohnung im Ausland liegt, kommt es auf die Kosten der alleinigen Nutzung an. Aber aus Vereinfachungsgründen akzeptiert das Finanzamt auch die ortsübliche Miete für eine Wohnung von 60 qm als beruflichen Mehraufwand (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 117).

Weitere Informationen: Auswärtstätigkeit ab 2014: Was Sie als Reisekosten absetzen können.

 

4. Gehaltsumwandlung:
In bestimmten Fällen keine Steuervergünstigung

Verschiedene Leistungen des Arbeitgebers sind steuerfrei oder steuerbegünstigt. Bei manchen davon gilt dies aber nur dann, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden; bei anderen wiederum gibt es keine weitere Bedingung. Die Frage ist, ob regulär besteuerter Arbeitslohn in solche steuerbegünstigten Leistungen umgewandelt und dadurch ein Steuervorteil erzielt werden kann.

(1) Bei manchen Leistungen ist die Steuerfreiheit oder eine Pauschalversteuerung nur dann zulässig, wenn diese "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" geleistet werden. Mit diesem Zusätzlichkeitserfordernis will der Gesetzgeber verhindern, dass regulär besteuerter Arbeitslohn in steuerbegünstigte Zuschüsse umgewandelt wird. Solche zweckbestimmten Leistungen mit dem Zusätzlichkeitserfordernis ("zusätzlich zum Arbeitslohn") sind:

  • Fahrtkostenzuschüsse zu den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte: Diese kann der Arbeitgeber pauschal mit 15 % versteuern (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG).
  • Zuschüsse zur Internetnutzung: Diese kann der Arbeitgeber pauschal mit 25 % besteuern (§ 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG).
  • Überlassung von Personalcomputern und anderen Datenverarbeitungsgeräten: Diese kann der Arbeitgeber pauschal mit 25 % besteuern (§ 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG).
  • Leistungen zur Kinderbetreuung, z. B. Kindergartenzuschüsse: Diese bleiben steuerfrei (§ 3 Nr. 33 EStG).
  • Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung: Diese bleiben bis zu 500 EUR steuerfrei (§ 3 Nr. 34 EStG).
  • Sachzuwendungen bis 10.000 EUR: Diese kann der Arbeitgeber pauschal mit 30 % besteuern (§ 37b Abs. 1 EStG).

(2) Daneben gibt es auch steuerbegünstigte Zuwendungen ohne Zusätzlichkeitserfordernis. Hier wird eine Gehaltsumwandlungsvereinbarung zugunsten von Sachlohn oder steuerfreiem Arbeitslohn von der Finanzverwaltung anerkannt. Durch die Umwandlung entstehen je nach neuem Vergütungsbestandteil entweder steuerfreie oder pauschal zu besteuernde Lohnbestandteile. Solche Zuwendungen sind z.B.

  • Sachzuwendungen, Warengutscheine bis 44 EUR pro Monat (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG),
  • Menügutscheine oder Restaurantschecks (R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 LStR),
  • Essensmarken (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG),
  • Erholungsbeihilfen (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG),
  • Überlassung eines Firmenwagens oder Firmenfahrrads (BFH-Urteil vom 20.8.1997, BStBl. 1997 II S. 667),
  • Werkzeuggeld, Berufskleidung, Vermögensbeteiligungen des Arbeitgebers, Nutzungsvorteile aus Telekommunikationsgeräten usw.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass die Umwandlung von Gehalt in pauschalversteuerte Zuschüsse für die Internetnutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unzulässig ist. Denn bei diesen Zuschüssen handelt es sich um "Zusatzleistungen mit Zusätzlichkeitserfordernis". Hierbei ist eine pauschale Lohnversteuerung nur dann zulässig, wenn diese Leistungen zusätzlich zum ursprünglich vereinbarten Bruttolohn erbracht werden (FG Düsseldorf vom 24.5.2018, 11 K 3448/15).

Erlaubt ist also, statt einer anstehenden Gehaltserhöhung z.B. einen steuerfreien Kindergartenzuschuss zu zahlen. Es ist aber nicht zulässig, das bereits zustehende Gehalt in einen solchen Zuschuss umzuwandeln (sog. Gehaltsumwandlung). Wird eine zweckbestimmte Leistung des Arbeitgebers unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch Umwandlung des arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohns gewährt, liegt keine zusätzliche Leistung vor.

STEUERRAT: Etwas anderes gilt, wenn eine freiwillige Sonderzahlung, z.B. freiwillig geleistetes Weihnachtsgeld, in eine steuerbegünstigte Zuwendung umgewandelt wird. Seit 2011 ist in den Lohnsteuerrichtlinien neu geregelt, dass eine zusätzliche Leistung auch dann noch vorliegt, wenn sie unter Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung erbracht wird. Unschädlich ist, wenn der Arbeitgeber verschiedene zweckgebundene Leistungen zur Auswahl anbietet oder die übrigen Arbeitnehmer die freiwillige Sonderzahlung erhalten (R 3.33 Abs. 5 LStR).

Weitere Infos:Steuerbegünstigte Leistungen: Gehaltsumwandlung mit Steuervorteil

 

5. Doppelte Haushaltsführung:
Rundfunkbeitrag für Zweitwohnung unzulässig

Liegt der Arbeitsort weit vom Wohnort entfernt, ist dort oftmals eine Zweitwohnung erforderlich. Wenn also aus beruflichen Gründen neben der Hauptwohnung ein Zweithaushalt entsteht, liegt eine doppelte Haushaltsführung vor. Einen Teil der damit verbundenen Kosten können Sie auf das Finanzamt abwälzen. Neben den Fahrtkosten für eine wöchentliche Heimfahrt sowie dem Verpflegungspauschbetrag für die ersten drei Monate sind auch die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten absetzbar.

Bei doppelter Haushaltsführung in Deutschland sind seit 2014 für die Unterkunft die tatsächlichen Aufwendungen gegen Nachweis bis zum Höchstbetrag von 1.000 EUR pro Monat absetzbar (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Dazu gehören insbesondere Miete, bei Eigentum Abschreibung und Schuldzinsen, Nebenkosten, Reinigung und Pflege der Wohnung, Anschaffungskosten für notwendige Hausrat- und Einrichtungsgegenstände, ggf. in Form der AfA, Renovierung, Gartennutzung, Zweitwohnungsteuer sowie der Rundfunkbeitrag, der unabhängig von der Personen- und Gerätezahl für jede Wohnung zu zahlen ist.

AKTUELL hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags für Zweitwohnungen verfassungswidrig ist. Es sei "mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar, dass auch für Zweitwohnungen ein Rundfunkbeitrag zu leisten ist, obwohl der Beitrag bereits für die Erstwohnung gezahlt wird". Eine Neuregelung muss der Gesetzgeber bis spätestens 30.6.2020 vornehmen. Im Übrigen ist der Rundfunkbeitrag jedoch - für einige wider Erwarten - verfassungsgemäß (BVerfG-Urteil vom 18.7.2018, 1 BvR 1675/16 u.a.).

  • Soweit Wohnungsinhaber nach der derzeitigen Regelung für eine Wohnung bereits zur Leistung eines Rundfunkbeitrags herangezogen worden sind, ist der Vorteil abgegolten. Somit werden Zweitwohnungsinhaber für den gleichen Vorteil mehrfach herangezogen. Dies kann nicht mit einer Verwaltungsvereinfachung begründet werden, weil den Rundfunkanstalten die relevanten Meldedaten übermittelt werden und die Anzeigepflicht auf die Angabe von Erst- und Mehrfachwohnung erstreckt werden kann. Auch ist die Regelung nicht aus Gründen einer Missbrauchs- und Umgehungsgefahr gerechtfertigt, da Beitragspflichtige, die eine Wohnung als Erstwohnung innehaben, unabhängig von der zusätzlichen Präsenz von Zweitwohnungsinhabern zur Zahlung verpflichtet sind.
  • Allerdings dürfen die Gesetzgeber (Bundesländer) bei einer Neuregelung Vorkehrungen treffen, um den Verwaltungsaufwand für die Erfassung von Zweitwohnungen im Rahmen zu halten. So können sie die Befreiung von dem Rundfunkbeitrag für Zweitwohnungen von einem Antrag sowie einem Nachweis der Anmeldung von Erst- und Zweitwohnung abhängig machen. Dabei können sie auch für solche Zweitwohnungsinhaber von einer Befreiung absehen, die die Entrichtung eines vollen Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung durch sie selbst nicht nachweisen. Dabei darf dieselbe Person jedoch für die Möglichkeit der privaten Rundfunknutzung nicht zu mehr als einem insgesamt vollen Beitrag herangezogen werden.

STEUERRAT: Die Verfassungshüter weisen darauf hin, dass Nutzer von Zweitwohnungen ab dem 18. Juli 2018 bis zu einer gesetzlichen Neuregelung einen Antrag auf Befreiung stellen können. Dabei müssen sie nachweisen, dass sie bereits für die Erstwohnung den Rundfunkbeitrag zahlen. Wer bereits früher gegen den Beitragsbescheid Widerspruch eingelegt hat und der Bescheid nicht bestandskräftig geworden ist, kann einen Befreiungsantrag auch rückwirkend stellen.

Bereits im Jahre 2005 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Erhebung der Zweitwohnungsteuer von verheirateten Berufspendlern verfassungswidrig ist. Eine Zweitwohnung sei - so die Richter - ein "zwangsläufiger Aufwand für die Vereinbarkeit von Ehe und Beruf unter Bedingungen hoher Mobilität". Diese Steuer auf eine Zweitwohnung, die zu Erwerbszwecken unterhalten wird, diskriminiert die Ehe und verstößt daher gegen das Grundgesetz (BVerfG-Urteil vom 11.10.2005, 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03).

STEUERRAT: Die Steuerbefreiung der Zweitwohnung betrifft nicht nur verheiratete Arbeitnehmer, bei denen eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anerkannt wird. Begünstigt sind auch Verheiratete, bei denen die doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt wird. Wird bei Alleinstehenden eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anerkannt, sind auch die Zahlungen für die Zweitwohnungsteuer als Werbungskosten abziehbar.

Weitere Informationen: Doppelter Haushalt: Was Sie alles absetzen können.

 

6. Midi-Job:
Geringere Sozialbeiträge bei Einkünften unter 850 Euro

Bei einem monatlichen Lohn zwischen 450 EUR und 850 EUR (Gleitzone) gibt es zur Berechnung der Sozialabgaben günstige Regeln (§ 20 Abs. 2 SGB IV). Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet, die nach einer besonderen Berechnungsformel ermittelt wird. Vom Gesamtsozialversicherungsbeitrag muss der Arbeitgeber den vollen Beitragsanteil zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von rund 20 % tragen, die jedoch nicht von der ermäßigten Bemessungsgrundlage, sondern vom Brutto-Monatsverdienst berechnet werden. Der verbleibende Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ist der Arbeitnehmeranteil.

Nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung sollen die Regeln der Gleitzone jedoch dann nicht anwendbar sein, wenn sich das Arbeitsentgelt aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung verringert und deshalb in die Gleitzone absinkt.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht gegen die Rentenversicherung und ihre bisherige Praxis entschieden, dass in der Gleitzone von 450 EUR bis 850 EUR grundsätzlich geringere Sozialbeiträge gelten - egal, ob der Arbeitnehmer vorher mehr verdient hat oder nicht. Das Gesetz sehe Ausnahmen von der Gleitzonenregelung bei Altersteilzeitvereinbarungen nicht vor (BSG-Urteil vom 15.8.2018, B 12 R 4/18 R).

Der Fall: Eine Teilzeitbeschäftigte hat mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeitvereinbarung geschlossen und ab 2008 ihre wöchentliche Arbeitszeit von ursprünglich 16 auf 8 Stunden reduziert. Ab diesem Zeitpunkt verringerte sich ihr monatliches Gehalt von bisher 900 auf 450 EUR, ab 2009 auf 490 EUR und ab 2012 auf 540 EUR. Der Arbeitgeber führte für seine Mitarbeiterin weiter Sozialbeiträge ab, berücksichtigte dabei aber die vorteilhaften Regeln der Gleitzone. Das heißt: Der Arbeitgeber zahlt die regulären Beiträge, und die Beiträge des Arbeitnehmers werden gemindert.

Weitere Informationen: Midijob: Niedriglohn-Beschäftigung mit Gleitzone

 

7. Betriebsfeier:
Absagen gehen steuerlich nicht zu Lasten der feiernden Kollegen

Es kann vorkommen, dass an einem Betriebsfest weniger Mitarbeiter teilnehmen, als der Arbeitgeber bei der Planung zugrunde gelegt hat. Wenn dann die Gesamtkosten auf die tatsächlichen Teilnehmer umgerechnet werden, kann - anders als vorher geplant - der durchschnittliche Kostenbetrag pro Arbeitnehmer den Freibetrag von 110 EUR (vor 2015: 110 EUR-Freigrenze) übersteigen und somit zu einer Steuerpflicht führen bzw. die Steuerpflicht erhöhen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei der Ermittlung der anteiligen Aufwendungen pro Arbeitnehmer auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer abzustellen (BMF-Schreiben vom 7.12.2016, IV C 5-S 2332/15/10001).

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln gegen den Fiskus entschieden, dass Absagen von Kollegen anlässlich einer Betriebsveranstaltung (hier: Weihnachtsfeier) steuerrechtlich nicht zu Lasten der tatsächlich Feiernden gehen. Die vergeblichen Kosten für die Arbeitnehmer, die nach ursprünglicher Anmeldung zur Betriebsfeier kurzfristig wieder absagen, wirken sich auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns der teilnehmenden Arbeitnehmer nicht aus. Es ist nicht einzusehen, aus welchem Grunde diese vergeblichen "No-Show-Kosten" die Zuwendung für die teilnehmenden Arbeitnehmer erhöhen soll (FG Köln vom 27.6.2018, 3 K 870/17, Revision VI R 31/18).

  • Der Fall: Die Firma plante Ende des Jahres 2016 die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier. Nach dem Konzept des Veranstalters durfte jeder Teilnehmer unbegrenzt Speisen und Getränke verzehren. Von den ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmern sagten zwei kurzfristig ab, ohne dass dies zu einer Reduzierung der bereits veranschlagten Kosten durch den Veranstalter führte. Die Firma berechnete im Rahmen der Lohnversteuerung die Zuwendung an die einzelnen Arbeitnehmer, indem sie die Kosten durch 27 Teilnehmer teilte. Demgegenüber teilte das Finanzamt die Kosten auf 25 Arbeitnehmer auf, sodass sich ein höherer zu versteuernder Betrag ergab.
  • Nach Auffassung der Finanzrichter ist es nicht nachvollziehbar, weshalb den Feiernden die vergeblichen Aufwendungen des Arbeitgebers für sog. "No-Show-Kosten" zuzurechnen seien. Dies gelte im vorliegenden Fall gerade deshalb, weil die Feiernden keinen Vorteil durch die Absage ihrer beiden Kollegen gehabt hätten. Denn nach dem Veranstaltungskonzept habe jeder Teilnehmer ohnehin nach seinem Belieben unbegrenzt viele Speisen und Getränke konsumieren dürfen.

HINWEIS: Bereits 2013 hat der BFH geklärt, dass die Durchschnittsberechnung zu unzutreffenden Ergebnissen führt, wenn Arbeitnehmer, deren Teilnahme an der Betriebsveranstaltung vorgesehen war, tatsächlich nicht teilnehmen. In einem solchen Fall seien nicht nur die Kosten für überzählige Speisen und Getränke, sondern auch die Kosten für die überdimensionierten sonstigen Sachleistungen für den äußeren Rahmen aus der Durchschnittsrechnung auszuscheiden. Die Richter stellen klar, dass der einzelne Arbeitnehmer die Kosten für den äußeren Rahmen nicht beeinflussen kann und auch keinen Einfluss auf die Teilnehmerzahl hat. Also muss er keine Speisen, Getränke und Musikdarbietungen versteuern, die anteilig auf nicht teilnehmende Kollegen entfallen. Es sei nicht gerechtfertigt, "für die Beurteilung der Freigrenze allein auf die Aufwendungen des Arbeitgebers und nicht darauf abzustellen, was bei den Arbeitnehmern als Bereicherung ankommt" (BFH-Urteil vom 16.5.2013, VI R 7/11).

Weitere Infos: Betriebsveranstaltungen: Wann die Arbeitgeber-Wohltaten steuerfrei bleiben

 

8. Sachbezug:
Versandkosten in 44 EUR-Grenze einzubeziehen

Sachbezüge, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gewährt, bleiben grundsätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn deren Höhe 44 EUR pro Monat nicht übersteigt. Die Liste der möglichen Sachbezüge ist lang: Es kann sich z.B. um Waren, aber auch um Warengutscheine oder Tankgutscheine handeln. Selbst Prepaidkarten können als Sachbezug gelten.

In jüngster Zeit hat sich ein besonderes Modell etabliert: Danach können Mitarbeiter monatlich Waren aus dem Sortiment einer Firma aussuchen und bestellen, mit der der Arbeitgeber einen Rahmenvertrag abgeschlossen hat. Doch wie es bei Steuergestaltungen immer ist: Das Modell wurde auf die Spitze getrieben und hat daher den Argwohn der Finanzverwaltung hervorgerufen. Sie hat einen Hebel gesucht, um dem Modell den Boden zu entziehen und ihn letztlich wohl auch gefunden: Sie will nämlich die "Handling- und Versandkosten" in die 44 EUR-Grenze einbeziehen. Da die Gestaltungen zumeist darauf basierten, dass sich Mitarbeiter Waren im Wert von exakt 43,99 EUR pro Monat aus dem Sortiment aussuchen konnten, war die Grenze mithin überschritten. Folge: Den Arbeitgebern flatterten Bescheide mit hohen Lohnsteuernachforderungen ins Haus.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Auffassung der Finanzverwaltung zwar generell zutreffend ist (BFH-Urteil vom 6.6.2018, VI R 32/16). Allerdings verlangt er eine differenzierte Sichtweise:

  • Zunächst ist der Wert des Vorteils zu ermitteln, der dem jeweiligen Arbeitnehmer überhaupt zugutegekommen ist. Hier gilt: Es ist der "übliche Endpreis" der Ware anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dieses ist der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt. Zu berücksichtigen sind die Preise aller gewerblichen Anbieter, von denen der Steuerpflichtige die konkrete Ware oder Dienstleistung im Inland beziehen kann. Der BFH weist explizit darauf hin, dass auch allgemein zugängliche Internetangebote einzubeziehen sind.
  • Es ist aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert des Sachbezugs anhand der Kosten zu bemessen, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat, sofern der Arbeitgeber die Ware oder Dienstleistung aus Quellen bezogen hat, die auch Endverbrauchern zugänglich sind, und die Kosten um etwaige Nachlässe (etwa Mengenrabatte) bereinigt werden, die Endverbraucher nicht erhalten hätten. In solchen Fällen kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Ware oder Dienstleistung hätte aufwenden müssen. Wichtig: Wird der günstigste Einzelhandelspreis angesetzt, ist dieser nicht noch zusätzlich um 4 % zu kürzen (R 8.1 Abs. 2 Satz 4 LStR 2015).
  • Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 EUR einzubeziehen. Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung "nach Hause" bei der Berechnung der Freigrenze von 44 EUR zum Warenwert hinzu.
  • Sind die Versandkosten hingegen bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis enthalten, sind sie hingegen nicht (zusätzlich) zu berücksichtigen.

STEUERRAT: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dieses nun die Einzelhandelsverkaufspreise ermittelt. Möglicherweise nimmt das Verfahren für die betroffene Firma dann doch noch ein gutes Ende. Für alle anderen gilt: Übertreiben Sie es nicht und nutzen Sie die 44 EUR-Grenze nicht immer aus. Denn bei dem Betrag von 44 EUR handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Das bedeutet: Wird die Freigrenze auch nur geringfügig überschritten, ist der gesamte Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig. Wird der Betrag in einem Monat nicht ausgeschöpft, kann der Restbetrag nicht in einen anderen Monat übertragen werden. Es ist auch nicht zulässig, den Monatsbetrag auf einen Jahresbetrag von 528 EUR umzurechnen und eine einmalige Sachzuwendung bis zu diesem Betrag steuerfrei zu belassen. Spannend wird übrigens sein, wie die Finanzverwaltung auf Zweifelsfragen reagieren wird, die sich aus dem Urteil ergeben. Beispiel: Sind Versandkosten einzubeziehen, wenn es eine Art "Flatrate" für diese gibt? Viele kennen dies von dem Angebot "Amazon prime."

Weitere Informationen: Sachbezüge bis 44 Euro monatlich

 

II. Privater Bereich

1. Private Krankenversicherung:
Vorauszahlung für die nächsten Jahre leisten

Interessanterweise wird ein eigentlich recht einfaches Steuersparmodell nur selten angewandt: Es geht um die Vorauszahlung von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, genauer gesagt zur so genannten Basisabsicherung. Vielfach sind so auf einfache Weise Steuerminderungen von über 2.500 Euro möglich.

Hintergrund: Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung dürfen bis zum 2,5-fachen des laufenden Jahresbeitrages im Voraus für kommende Jahre gezahlt und in ebenfalls voller Höhe im Zahlungsjahr als Sonderausgaben abgesetzt werden. Beiträge, die darüber hinausgehen, sind in dem Jahr absetzbar, für das sie geleistet wurden (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 EStG). Das Vorauszahlungsmodell ist überlegenswert für Privatversicherte, die über ein besonders hohes Einkommen verfügen und demnach einer hohen Steuerbelastung unterliegen.

Es beruht darauf, dass der Höchstbetrag für Beiträge zu den übrigen Versicherungen von 1.900 bzw. 2.800 Euro bei "geschickter Beitragszahlung" für zwei Jahre ungeschmälert zur Verfügung steht, während er bei laufender Beitragszahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung in den meisten Fällen ungenutzt "verpufft." Es lohnt sich also, einmal durchzurechnen, ob mittels einer Vorauszahlung Steuereinsparungen erzielt werden können.

Selbstverständlich muss die Krankenkasse mitspielen und die Vorauszahlungen auch "annehmen." Eine Anfrage von Steuerrat24 bei mehreren Krankenkassen hat aber ergeben, dass die Vorauszahlungen oft akzeptiert werden - auch wenn sie dort aufgrund des Verwaltungsaufwandes nicht unbedingt gerne gesehen werden. Und die Krankenkasse sollte natürlich über eine gute Bonität verfügen, denn im Falle der Insolvenz könnten die Beiträge verloren sein. Eine höhere "Verzinsung" für geleistete Einzahlungen werden Steuerzahler aber kaum woanders erzielen können.

Beispiel:
Herr Steuerle ist ledig, selbstständig und privat krankenversichert. Der Gesamtbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung - einschließlich Wahlleistungen - beträgt 5.000 EUR. Davon entfallen auf die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung 4.000 EUR. Da er im Jahre 2018 ein außerordentlich hohes Einkommen hat, kann er bis zum 2,5-fachen Jahresbetrag (5.000 EUR x 2,5 = 12.500 EUR) im Voraus für die kommenden Jahre an die Versicherungsgesellschaft einzahlen und davon 10.000 EUR absetzen (4.000 EUR x 2,5 = 10.000 EUR). Herr Steuerle zahlt an Beiträgen zur Kfz-, Unfall-, Arbeitslosen-, und Privathaftpflicht- und anderen Versicherungen rund 3.000 EUR im Jahr.

 

Ohne

Vorauszahlung

Mit

Vorauszahlung

Absetzbar im Jahr 2018:

- Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung:

Vorauszahlung: 2,5-fache von 4.000 EUR

- Beiträge zu anderen Versicherungen:

Nicht absetzbar, weil Höchstbetrag von 2.800 EUR überschritten

 

4.000 EUR

--

 

0 EUR

 

4.000 EUR

10 000 EUR

 

0 EUR

Absetzbar im Jahre 2019:

- Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung:

- Andere Versicherungen, z.B. Unfall-, Privat- und Kfz-Haftpflicht-,

Berufsunfähigkeits-, Risikolebensversicherung usw., höchstens

 

4.000 EUR

 

0 EUR

 

0 EUR

 

2.800 EUR

Absetzbar im Jahre 2020:

- Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung:

- Andere Versicherungen

 

4.000 EUR

0 EUR

 

0 EUR

2.800 EUR

Absetzbar im Jahre 2021:

- Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung:

die Hälfte von 4.000 EUR

- Andere Versicherungen, höchstens (2.800 EUR ./. 2.000 EUR)

 

4.000 EUR

0 EUR

 

 

2.000 EUR

800 EUR

Absetzbar insgesamt

Vorteil durch Vorauszahlung der Beiträge

16.000 EUR

 

22.400 EUR

6.400 EUR

Fazit: Bei einem Steuersatz von 40 Prozent spart Herr Steuerle 2.560 EUR plus Soli und Kirchensteuer.

Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung

 

2. Kfz-Steuer:
Kräftige Steuererhöhung durch die Hintertür

Seit dem 1. September 2018 gelten für alle Neufahrzeuge neue Emissionstests, bevor sie in Europa in Verkehr gebracht werden können. Das neue WLTP-Verfahren (World Harmonised Light Vehicle Test Procedure) wird eingeführt, um realitätsnähere CO2-Emissionswerte zu erhalten. Damit wird eine EU-Richtlinie umgesetzt. Die Neuregelung gilt für alle ab September neu zugelassenen Fahrzeuge, für alle anderen Fälle besteht Bestandsschutz. Bisher gilt in Deutschland das sog. NEFZ-Verfahren (Neuer europäischer Fahrzyklus). ("Sechstes Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes" vom 6.6.2017).

Um zu messen, wie viel Kraftstoff ein Auto verbraucht und ob es die Abgas-Grenzwerte einhält, schreibt der Gesetzgeber den Herstellern Prüfverfahren vor: Das neue WLTP-Testverfahren soll Kraftstoffverbrauch und Emissionswerte realitätsgerechter abbilden. So sollen Käufer Fahrzeuge verschiedener Hersteller besser miteinander vergleichen können. Das Messverfahren hat eine unschöne Kehrseite: Denn in Deutschland ist der CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs auch Grundlage für die Höhe der Kfz-Steuer. Im Vergleich zum alten Prüfstandard werden überwiegend höhere Verbrauchswerte und damit Emissionen erwartet. Dies führt im Regelfall zu einer deutlich höheren Kfz-Steuer.

Experten gehen davon aus, dass der ausgewiesene CO2-Wert steigen wird. Unterm Strich dürfte sich für viele Fahrzeugtypen daher die Steuer erhöhen. So werden bereits bei einem Kleinwagen (Beispiel: VW up GTI) künftig wahrscheinlich gut 80 EUR pro Jahr fällig - statt 50 EUR wie bislang. Bei einem Wagen der Kompaktklasse (Beispiel: BMW 220i Coupé) wird die Kfz-Steuer von 120 EUR auf 206 EUR klettern. Nach ADAC-Rechnungen steigt die Kfz-Steuer für einzelne Modelle um mehr als 70 Prozent. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer erwartet im Durchschnitt 50 EUR mehr Kfz-Steuer. Durch WLTP kommt es zu einem "Papiereffekt": Die tatsächlichen Verbrauchsdaten und Emissionen bleiben gleich, es ändert sich aber die Steuereinstufung. Der Branchenexperte rechnet mit Steuermehreinnahmen von rund 170 Mio. EUR im Jahr.

SERVICE: Wie sich ab 1. September 2018 das realitätsnähere WLTP-Prüfverfahren auf die Kraftfahrzeugsteuer für neue erstzugelassene Pkw auswirken wird, können Sie mit einem Rechner des Bundesfinanzministeriums ermitteln. Zur Berechnung der Steuer sind die Antriebsart (Diesel/Otto-Motor), der Hubraum des Fahrzeugs sowie der CO2-Ausstoß nach WLTP erforderlich. Hier geht es zum Kfz-Steuer-Rechner.

Weitere Informationen:

https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/abgas-diesel-fahrverbote/dieselkauf-abgasnorm/wltp-messverfahren/

 

III. Kinder

1. Kinderförderung in Bayern:
Das neue Bayerische Familiengeld

Am 1. August 2018 ist das Bayerische Familiengeldgesetz (BayFamGG) in Kraft getreten, aufgrund dessen seit dem 1. September 2018 das neue Bayerische Familiengeld gezahlt wird. Dies ist eine Leistung für alle Familien in Bayern, unabhängig von Einkommen, Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuungsform. Mit dem Familiengeld werden das bisherige Betreuungsgeld und das Landeserziehungsgeld gebündelt und aufgestockt.

  • Das Familiengeld wird gewährt für jedes Kind im zweiten und dritten Lebensjahr, d.h. vom 13. bis zum 36. Lebensmonat. Es beträgt 250 EUR pro Monat, ab dem dritten Kind sogar 300 EUR pro Monat. Das bedeutet bei Inanspruchnahme des vollen Bezugszeitraums von zwei Jahren insgesamt 6.000 EUR bzw. 7.200 EUR. Das Familiengeld erhalten Eltern für ihre Kinder, die ab dem 1. Oktober 2015 geboren sind.
  • Das Familiengeld bekommen alle Eltern, unabhängig davon, ob das Kind eine Krippe besucht oder nicht. So werden Familienentwürfe nicht gegeneinander ausgespielt. Alle Eltern erhalten bessere Unterstützung, u.a. für Erziehung und Bildung, egal wie sie ihr Leben und die Kinderbetreuung gestalten wollen.
  • Das Familiengeld wird unbürokratisch ausgezahlt. Wer in Bayern Elterngeld beantragt und bewilligt erhalten hat, muss keinen Antrag stellen. Der Elterngeldantrag gilt zugleich auch als Antrag auf Familiengeld. Für 98 % der Eltern ist damit kein weiteres Tätigwerden erforderlich. Für alle anderen gibt es einen Online-Antrag auf der Website des Zentrum Bayern Familie und Soziales.

Die Gesamtleistung Familiengeld soll immer günstiger sein als das bisherige Betreuungsgeld und Landeserziehungsgeld zusammen. Damit auch in der Übergangsphase alle Eltern profitieren, gilt das Meistbegünstigungsprinzip: Es sichert, dass der monatliche Auszahlungsbetrag (z.B. Landeserziehungsgeld und Betreuungsgeld) für alle zumindest erhalten bleibt oder sich durch den Bezug von Familiengeld steigert.

Familien, die derzeit Betreuungsgeld und Landeserziehungsgeld erhalten, bekommen für das erste Kind zeitweise insgesamt 300 EUR im Monat. Auf den ersten Blick ist das mehr als das Familiengeld. Da jedoch das Betreuungsgeld höchstens für 22 Monate und das Landeserziehungsgeld beim ersten Kind für höchstens 6 Monate gewährt wird, ist das Familiengeld in seiner Gesamtleistung deutlich besser.

Beispiel: Eine Familie mit einem Kind bezieht Betreuungsgeld und Landeserziehungsgeld:
- 22 Monate x 150 EUR Betreuungsgeld = 3.300 EUR
- 6 Monate x 150 EUR Landeserziehungsgeld = 900 EUR
- Insgesamt ergibt dies eine Förderung von 4.200 EUR

Durch das Familiengeld erhält eine Familie mit einem Kind künftig: 24 Monate x 250 EUR = 6.000 EUR.

Ein Streitpunkt ist noch ungeklärt: Die Bayerische Regierung möchte, dass auch Hartz IV-Bezieher, insbesondere Alleinerziehende, vom Familiengeld profitieren und hat deshalb in Artikel 1 des Gesetzes festgeschrieben: "Das Familiengeld soll auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden." Diese großzügige Regelung ist jedoch dem Bundesarbeitsministerium, das bekanntlich von SPD-Minister Heil geführt wird, ein Dorn im Auge. Und so hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 10.8.2018 eine Weisung herausgegeben, dass die Jobcenter das Familiengeld auf Hartz IV-Leistungen anrechnen sollen. Das bedeutet, dass betroffene Familien bei ihrer bisherigen Sozialhilfe dann mit Abzügen rechnen müssen. Für Bayern ist die Auffassung des Bundesministeriums rechtlich nicht nachvollziehbar und falsch. Daher wird das Bayerische Familiengeld entsprechend dem vom Bayerischen Landtag beschlossenen Gesetz auch an Empfänger von SGB II-Leistungen ausgezahlt und nicht auf Hartz IV-Leistungen angerechnet. Das Bayerische Familiengeld soll gerade auch den Schwächsten in der Gesellschaft zugutekommen.

So wie es aussieht, werden sich nun Bundesarbeitsministerium und Bayern vor Gericht streiten, ob das bayerische Familiengeld bei den Sozialhilfeempfängern wieder abgezogen wird oder nicht. Damit wird ohne Not ein weiterer Grund für die ohnehin grassierende Politikverdrossenheit geliefert.

Weitere Informationen. Website des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales.

 

IV. Nebentätigkeit

1. Pflege eines Angehörigen:
Pluspunkte auf dem persönlichen Rentenkonto

Wer einen Angehörigen, der Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat, in häuslicher Umgebung betreut und daneben nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist, ist in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Die Beiträge dazu übernimmt die Pflegekasse und überweist sie direkt an den Rentenversicherungsträger. Das bringt Pluspunkte bei der Rente.

Die Pflegezeit gilt als Pflichtbeitragszeit. Das führt dazu, dass die Pflegeperson Rentenansprüche erwerben oder aufbessern kann und dass die Pflichtbeitragszeit auf die maßgebliche Wartezeit anrechenbar ist. Die Pflichtbeiträge führen außerdem dazu, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllt sind.

Zum 1.1.2017 wurden die bisherigen 3 Pflegestufen in 5 Pflegegrade umgestellt. Während der Pflegeaufwand vor 2017 mindestens 14 Stunden in der Woche umfassen musste, sind jetzt nur noch 10 Stunden pro Woche nötig, die allerdings auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche verteilt sein müssen. Die Höhe der Rentenversicherungsbeiträge, die die Pflegekasse für die Pflegeperson zahlt, hängt vom neuen Pflegegrad und den beanspruchten Pflegeleistungen des Betreuten ab. Je höher der Pflegeaufwand ist, umso höher sind die Beiträge - und damit auch Rentenwartschaften. Seit dem 1.7.2018 gelten höhere Werte.

So hoch sind die Anwartschaften für Pflegepersonen (West) (ab 1.7.2018)

 

 

Pflegegrad *)

Wöchentliche Pflege

an mind. 2 Tagen je Woche

monatliches Entgelt

für die RV

monatlicher Beitrag

in der RV

monatliche Anwartschaft

für ein Jahr Pflege

1

es entstehen keine Anwartschaften in der Rentenversicherung

2 a

b

c

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

575,51 EUR

698,83 EUR

822,15 EUR

107,04 EUR

129,98 EUR

152,92 EUR

5,84 EUR

7,09 EUR

8,34 EUR

3 a

b

c

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

916,55 EUR

1.112,95 EUR

1.309,35 EUR

170,48 EUR

207,01 EUR

243,54 EUR

9,30 EUR

11,29 EUR

13,29 EUR

4 a

b

c

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

1 492,05 EUR

1.811,78 EUR

2.131,50 EUR

277,52 EUR

336,99 EUR

396,46 EUR

15,14 EUR

18,39 EUR

21,63 EUR

5 a

b

c

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

mind. 10 Std.

2.131,50 EUR

2.588,25 EUR

3.045,00 EUR

396,46 EUR

481,41 EUR

566,37 EUR

21,63 EUR

26,27 EUR

30,90 EUR

*) Pflegebedürftige erhalten: a = nur Sachleistung, b = Kombinationsleistung, c = nur Pflegegeld

Weitere Informationen: Pflege von pflegebedürftigen Personen.

 

V. Kapitalerträge

1. Aktiengewinne:
Wertpapiere vor dem Verkauf auf Kinder übertragen

Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und anderen Wertpapieren unterliegen grundsätzlich der 25-prozentigen Abgeltungsteuer, auf Antrag können sie aber auch mit dem individuellen Steuersatz besteuert werden. Dann müssen sie in die Anlage KAP zur Einkommensteuersteuererklärung eingetragen werden; zudem ist die so genannte Günstigerprüfung zu beantragen. Dieses Verfahren ist günstig, wenn der Anleger neben den Kapitalgewinnen und -erträgen nur über geringe weitere Einkünfte verfügt. Bei Kindern und Rentnern ist dies eher die Regel als die Ausnahme.

Wird nun beabsichtigt, Kursgewinne durch den Verkauf von Aktien zu realisieren, so ist die Versuchung groß, die Wertpapiere zunächst - steuerfrei - auf die Kinder zu übertragen, damit diese anstelle der gutverdienenden Eltern die Einkünfte generieren. Bei Kindern, die noch minderjährig sind oder die sich in der Ausbildung befinden, könnten die "Spekulationsgewinne" dann möglicherweise sogar vollkommen steuerfrei vereinnahmt werden, wenn die Versteuerung zum persönlichen Steuersatz beantragt wird. Denn dieser beträgt häufig 0 Prozent.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein solches Vorgehen nicht pauschal als Gestaltungsmissbrauch gewertet werden kann. Selbst ein enger zeitlicher Zusammenhang mit Schenkung und Veräußerung allein reicht nicht aus, um die "Zwischenschaltung" der Kinder als steuerlichen Missbrauch anzusehen (BFH-Urteil vom 17.4.2018, IX R 19/17).

  • Der Fall: Die Klägerin war an einer AG beteiligt und auch Mitglied des Aufsichtsrats. Am 1.12.2014 verschenkte sie jeweils fünf Aktien der AG an ihre im Juli 2013 und im Oktober 2014 geborenen Töchter. Die Kinder veräußerten jeweils zwei Aktien an ein Vorstandsmitglied der AG zum Preis von 4.000 EUR/Aktie. Der Kaufpreis wurde am 16.12.2014 beglichen und auf Konten der Kinder gutgeschrieben. Die minderjährigen Töchter erklärten in ihren Steuererklärungen jeweils einen Veräußerungsgewinn von 4.640 EUR. Sie verfügten über keine weiteren Einkünfte.
  • Das Finanzamt rechnete die Veräußerungsgewinne der Mutter und nicht den Kindern zu. Zur Begründung führte es aus, vor allem wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Erwerb und Verkauf sei ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) anzunehmen. Der BFH ist dem entgegengetreten. Die Klägerin konnte letztlich glaubhaft machen, dass zwischen der Schenkung und dem anschließenden Verlauf kein "innerer Zusammenhang" vorgelegen habe. Nach ihren Ausführungen habe die Übertragung der Aktien der Zustimmung der Gesellschaft bedurft. Erst dadurch habe der spätere Erwerber von der Übertragung erfahren und ein konkretes Kaufangebot unterbreitet. Der BFH hat ihr dies - anders als die Vorinstanz - offenbar geglaubt. Er weist zudem darauf hin, dass die zeitliche Nähe zwischen der Schenkung und der Veräußerung der Aktien keinen Schluss darauf zulasse, dass der Verkauf vor der Schenkung bereits geplant und verhandelt gewesen sein muss.

STEUERRAT: Die Entscheidung des BFH ist bemerkenswert, zumal die Kinder noch äußerst jung waren und ihrerseits selbstverständlich gar keine Rechtshandlungen ausführen konnten. Dennoch ist das Urteil sicherlich kein Freibrief. Wer sich mit dem Gedanken trägt, in ähnlicher Weise vorzugehen, sollte gegenüber dem Finanzamt jedenfalls nachweisen können, dass die Wertpapiere tatsächlich auf die Kinder übertragen worden sind (durch Einbuchung in deren Depot). Zudem ist zwischen Übertragung und Verkauf ein gewisser zeitlicher Abstand hilfreich (eher sechs Monate als 14 Tage). Und es ist von Vorteil, wenn wirtschaftliche Gründe für den Geschehensablauf genannt werden könnten. Beispiel: Die Aktien sollten eigentlich der langfristen Studienfinanzierung der Kinder dienen. Diese haben sich aber aufgrund des guten Kursverlaufs entschieden, die Wertpapiere kurzfristig "zu Geld zu machen." Wichtig ist natürlich, dass bei der Übertragung auf die Kinder die schenkungsteuerlichen Freibeträge im Auge behalten werden.

 

VI. Eigenheim und Vermietung

1. Neue Eigenheim-Förderung:
Das Baukindergeld ab 18. September 2018

Seit dem 18. September 2018 kann das neue Baukindergeld beantragt werden. Diese neue Eigenheim-Förderung gibt es - anders als die frühere Eigenheimzulage oder die vormalige 10e-Förderung - nicht beim Finanzamt, sondern bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Das sind die Regeln:

  • Das Baukindergeld beträgt 1.200 EUR pro Kind und Jahr und wird über einen Zeitraum von zehn Jahren gewährt. Die Zuschussraten werden einmal jährlich gezahlt. So bezuschusst der Staat das Eigenheim insgesamt mit 12.000 EUR bei einem Kind, 24.000 EUR bei zwei und 36.000 EUR bei drei Kindern. Voraussetzung ist allerdings, dass das Eigenheim ununterbrochen 10 Jahre lang selbst genutzt wird.
  • Im Haushalt des Antragstellers muss mindestens ein Kind gemeldet sein, das "zum Zeitpunkt der Antragstellung" das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der Antragsteller muss für das im Haushalt lebende minderjährige Kind kindergeldberechtigt sein oder mit dem Kindergeldberechtigten (Ehe- oder Lebenspartner oder Partner in eheähnlicher Gemeinschaft) in einem Haushalt leben.
  • Das Haushaltseinkommen darf nicht höher sein als 90.000 EUR bei einem Kind. Für jedes weitere Kind unter 18 Jahren erhöht sich die Grenze um 15.000 EUR. Für eine Familie mit zwei Kindern liegt die Einkommensgrenze somit bei 105.000 EUR und mit drei Kindern bei 120.000 EUR. Maßgebend ist das "zu versteuernde Einkommen", das mittels Einkommensteuerbescheides nachzuweisen ist. Hierfür wird der Durchschnitt aus den zu versteuernden Einkommen des zweiten und dritten Jahres vor Antragseingang ermittelt (Beispiel für einen Antrag in 2018 wird der Durchschnitt der Einkommen aus 2015 und 2016 gebildet).
  • Gefördert wird der erstmalige Neubau oder Erwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung in Deutschland. Sofern der Haushalt (Antragsteller sowie Ehe- oder Lebenspartner oder Partner in eheähnlicher Gemeinschaft oder Kinder) bereits Eigentum an einer selbstgenutzten oder vermieteten Wohnimmobilie in Deutschland zur Dauernutzung besitzt, ist eine Förderung mit dem Baukindergeld nicht möglich.
  • Förderfähig sind der Bau oder Kauf von Immobilien: Beim Bau eines Hauses ist erforderlich, dass die Baugenehmigung zwischen dem 1.1.2018 und dem 31.12.2020 erteilt wird. Beim Kauf von Neu- oder Bestandsbauten ist erforderlich, dass der notarielle Kaufvertrag zwischen dem 1.1.2018 und dem 31.12.2020 unterzeichnet wird.

Das Baukindergeld kann zwar erst ab dem 18.9.2018 beantragt werden, doch wird es rückwirkend ab dem 1.1.2018 für seitdem abgeschlossene Kaufverträge oder erteilte Baugenehmigungen gewährt. Auch wenn erst Ende 2020 der Antrag auf Baukindergeld gestellt wird, wird die Summe von 1.200 EUR pro Kind garantiert über zehn Jahre gezahlt werden.

Ausführliche Informationen, auch zur Aufstockung des Baukindergeldes in Bayern, finden Sie in dem Beitrag:
Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld

 

2. Fotovoltaik: Steuerliche Behandlung von nachträglich eingebauten Speichern

Zunehmend werden bestehende Fotovoltaikanlagen mit Batteriespeichern (Solarspeichern) ausgerüstet, um selbst produzierte Energie noch besser nutzen zu können. Das liegt auch an der weiter sinkenden Einspeisevergütung nach dem EEG. Besitzer von Eigenheimen, die sich mit dem Gedanken tragen, einen Batteriespeicher nachzurüsten, stehen - neben der Auswahl der richtigen Systems - vor der Frage, wie der Speicher steuerlich zu behandeln ist.

AKTUELL hat sich die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen in einer internen Stellungnahme mit dem Thema befasst. Danach gilt für Fotovoltaikanlagen, die ab dem 1. April 2012 in Betrieb genommen worden sind: Sofern es sich bei dem Batteriespeicher um ein selbständiges Wirtschaftsgut handelt und dieser allein der Zwischenspeicherung des selbst erzeugten Stroms zur anschließenden privaten Verwendung dient, ist der nachträglich eingebaute Batteriespeicher dem Privatvermögen zuzuordnen (Handbuch OFD NRW, Stand 10.8.2018).

Letztlich bedeutet dies, dass die Kosten des Batteriespeichers steuerlich nicht abgezogen werden können. Viel wichtiger aber: Es besteht üblicherweise kein Vorsteuerabzug aus den Kosten des Batteriespeichers und mit dem Einbau einhergehender weiterer Kosten. Die Finanzverwaltung liegt damit auf einer Linie mit dem Finanzgericht München, das mit Urteil vom 24.8.2017 (14 K 2753/15) wie folgt entschieden hat: Der (jedenfalls zunächst) bewegliche Gegenstand "Speicher" wird durch den Einbau nicht nachträglich Teil der Fotovoltaikanlage, weil er nicht für deren Betrieb erforderlich ist und auch nicht der Erzeugung, sondern der Speicherung des bereits erzeugten Stroms für den späteren Eigenverbrauch dient. Dies gilt ebenso für den mit dem Speicher angeschafften Batteriewechselrichter. Auch er ist für den Betrieb der Fotovoltaikanlage, die zur Umwandlung des erzeugten Gleichstroms in Wechselstrom und zur Einspeisung ins öffentliche Netz bereits über zwei Solarwechselrichter verfügt, nicht notwendig.

Das Gesagte gilt gleichermaßen für den nachträglichen Einbau von "Leistungsoptimierern", die den Energieertrag von Fotovoltaikanlagen verbessern sowie für Systeme zur Überwachung der Anlage usw.

Der Bundesfinanzhof hat die Beschwerde gegen das genannte Urteil am 7.2.2018 (V B 105/17) zurückgewiesen. Begründung: Eine Fotovoltaikanlage besteht im Wesentlichen aus Solarzellen, die in sog. Solarmodulen zusammengefasst werden, einem Wechselrichter, der den Gleichstrom umwandelt und einem Einspeisezähler. Ein Stromspeicher dient nicht der Produktion von Solarstrom und gehört daher nicht zu den (wesentlichen) Komponenten einer Fotovoltaikanlage. Im Übrigen ist die Beschwerde allerdings eher aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückverwiesen worden.

STEUERRAT: Wer die Kosten des Batteriespeichers absetzen und vor allem die Vorsteuer bei einer Anlage abziehen möchte, müsste nachweisen, dass der Speicher unselbständiger Bestandteil der Fotovoltaikanlage ist. Dieser Nachweis wird aber wohl nur gelingen, wenn mit dem Einbau des Batteriespeichers auch umfassende Arbeiten an der Fotovoltaikanlage selbst vorgenommen worden sind. Nach unserem Dafürhalten bestehen gute Aussichten auf Anerkennung als "unselbständiger Bestandteil", wenn der Batteriespeicher vor dem Wechselrichter eingebaut wird. Es wird insoweit zumeist von "DC-Systemen" (DC = Gleichstrom) gesprochen, während Einbauten nach dem Wechselrichter üblicherweise als AC-Systeme (AC = Wechselstrom) bezeichnet werden. Soweit ersichtlich sind bei Nachrüstungen jedoch eher AC-Systeme üblich.

ACHTUNG: Für Fotovoltaikanlagen, die vor dem 1. April 2012 in Betrieb gegangen sind, sind die obigen Ausführungen nicht übertragbar. Der Grund liegt darin, dass es eine gesetzliche Fiktion gibt: Umsatzsteuerlich wird unterstellt, dass der gesamte Strom an den Netzbetreiber geliefert und der Direktverbrauch als Rücklieferung des Netzbetreibers gewertet wird. Deshalb steht dem Anlagenbetreiber der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten und den laufenden Betriebskosten in voller Höhe zu und wird nicht anteilig gekürzt (BMF-Schreiben vom 1.4.2009, BStBl. 2009 I S. 523). Daher gelten auch nachträglich eingebaute Batteriespeicher als ausschließlich unternehmerisch genutzt und der Vorsteuerabzug ist zulässig. Unseres Erachtens müssten für den Batteriespeicher zudem einkommensteuerliche Abschreibungen zulässig sein. Die Kosten des Speichers sind daher entweder selbstständig oder gemeinsam mit den bisherigen Anschaffungskosten der Fotovoltaikanlage über deren Restnutzungsdauer abzuschreiben.

Weitere Informationen: Fotovoltaik: Was Sie zur Einkommensteuer wissen müssen

 

3. Grunderwerbsteuer:
Keine Einbeziehung der Baukosten bei Bezug zum Verkäufer

Beim Kauf eines unbebauten Grundstücks muss regelmäßig der Käufer die Grunderwerbsteuer zahlen. Das gilt ebenso bei Erwerb eines Hauses, d.h. eines bebauten Grundstücks. Grunderwerbsteuer wird ebenfalls fällig, wenn Sie ein Grundstück von einem Bauunternehmen kaufen und sich von diesem ein Haus darauf errichten lassen oder gleich ein schlüsselfertiges Eigenheim erwerben - und zwar auf den Gesamtpreis! "Erstreckt sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude, ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend" (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG).

Nach geltender BFH-Rechtsprechung stellen Kauf des Grundstücks und Bau des Hauses ein "einheitliches Vertragswerk" dar. Und das ist öfter und schneller der Fall als man annehmen möchte. Nicht unbedingt erforderlich ist ein einheitlicher Vertrag, sondern es genügt bereits ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen dem Grundstücksvertrag und dem Bauvertrag. So reicht es aus, dass der Grundstücksverkäufer und das Bauunternehmen - mit oder ohne Kenntnis des Erwerbers - zusammenwirken und das Bauunternehmen ein Angebot für die Bebauung macht, welches der Erwerber tatsächlich annimmt.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Grunderwerbsteuer auf die noch entstehenden Baukosten nicht anfällt, wenn das Grundstück durch eine zur Veräußererseite gehörende Person erworben wird. Baukosten sind demnach nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, wenn der Erwerber bestimmenden Einfluss auf das "Ob" und "Wie" der Bebauung hat (BFH-Urteil vom 25.4.2018, II R 50/15).

  • Der Fall: Der Kläger plante als Immobilienmakler gemeinsam mit einer KG die Bebauung eines Grundstücks mit einem Gebäude, das insgesamt sechs Wohnungen umfasste. Im vom Kläger erstellten Exposé wurde der Erwerb einer Eigentumswohnung "aus einer Hand" angeboten. Das zu bebauende Grundstück stand im Eigentum einer Kirchengemeinde, die hieran ein Eigentümer-Erbbaurecht bestellte und dieses zum Zwecke der Bildung von Sondereigentum teilte. Der Kläger erwarb eines der sechs Erbbaurechte von der Kirchengemeinde selbst und schloss danach mit der KG als Bauherrin einen Werkvertrag über die Erstellung der Eigentumswohnung ab. Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer unter Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage fest. Dies sieht der BFH anders.
  • Nach Auffassung des BFH sind die Baukosten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn der Erwerber bestimmenden Einfluss auf das "Ob" und "Wie" der Bebauung hat. Für den Erwerb eines Grundstücks im bebauten Zustand sei dagegen typisch, dass der Erwerber im Gegensatz zu einem Bauherrn keinen maßgeblichen Einfluss habe. Wenn der Erwerber als zur Veräußererseite gehörende Person wie ein Bauherr zu behandeln sei, liege kein "einheitlicher Erwerbsgegenstand" vor. Im Streitfall habe der Kläger auf die Errichtung der Wohnanlage maßgeblichen Einfluss genommen, weil er an der späteren Vermarktung interessiert gewesen sei. Er habe mit der bauausführenden KG zusammengearbeitet, in Kontakt zur veräußernden Kirchengemeinde gestanden und in einem von ihm gefertigten Exposé den Erwerb aus einer Hand angeboten. Aus diesen Gründen habe er zur Veräußererseite gehört.

STEUERRAT: Wird ein "einheitliches Vertragswerk" von Grundstücksvertrag und Bauvertrag bejaht, wird es teuer: Dann muss bei Erwerb des Grundstücks auch auf die künftigen Baukosten Grunderwerbsteuer gezahlt werden. Dadurch entsteht hier eine Mehrfachbelastung: erstens durch die anfallende Umsatzsteuer auf die Bauleistungen, zweitens durch die Grunderwerbsteuer auf die Bauleistungen und drittens durch die Grunderwerbsteuer auf die Umsatzsteuer. Bauherren sollten daher bemüht sein, kein "einheitliches Vertragswerk" entstehen zu lassen. Dies ist aber oftmals nicht so einfach. Eine getrennte Behandlung von Grundstück und Gebäude und folglich Grunderwerbsteuer nur auf den Grund und Boden kommt dann in Betracht, wenn Sie sich selber um eine passende Baufirma kümmern, die in keiner Beziehung zum Verkäufer des Grundstücks steht.

Weitere Informationen: Informationen zur Grunderwerbsteuer

 

4. Grundstücksgemeinschaften:
So regeln Sie Sondereinnahmen und -kosten

Grundstücksgemeinschaften entstehen entweder gewollt, zum Beispiel weil Eltern gemeinsam mit ihren Kindern eine Immobilie erwerben, oder ungewollt, das heißt im Zuge einer Erbschaft. Grundsätzlich erfolgt die Verteilung von Einnahmen und Ausgaben in der Grundstücksgemeinschaft nach den Miteigentumsanteilen - und zwar sowohl zivilrechtlich als auch steuerlich. Doch diese Zuordnung ist nicht immer gewünscht, etwa wenn einer der Beteiligten die Immobilie verwaltet und er daher einen "Mehranteil" für seine Arbeit erhalten soll, oder weil einer der Gesellschafter zum Beispiel einen höheren Anteil an den Schuldzinsen gezahlt hat. Letzteres ist oftmals der Fall, wenn Kinder an einer Immobilie beteiligt werden, das Darlehen aber noch von Vater oder Mutter bedient wird.

Die Beteiligten gehen in den genannten Fällen zuweilen aus Unkenntnis davon aus, dass das Finanzamt die Mehreinnahmen oder -ausgaben bei den jeweiligen Vermietungseinkünften schon berücksichtigen wird, wenn sie denn in der Feststellungserklärung entsprechend angegeben werden. Doch dem ist nicht immer so. Vielmehr kann - und wird - sich das Finanzamt auf eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main vom 26.2.2002 (Az. S 2253) berufen. Danach gilt:

"Aufwendungen, die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft als solche betreffen bzw. durch diese veranlasst sind, stellen keine Sonderwerbungskosten dar, sondern sind in die Einkünfteermittlung der Gemeinschaft einzubeziehen und entsprechend dem Miteigentumsanteil anteilig sämtlichen Miteigentümern zuzurechnen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Aufwendungen von einem Miteigentümer aus Eigenmitteln beglichen wurden."

Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen nur in Betracht, wenn vorab eine vom Miteigentumsanteil abweichende Zurechnung von Aufwendungen vereinbart worden ist oder der leistende Miteigentümer im Zeitpunkt der Zahlung bereits weiß, dass ein anderer Miteigentümer vermögenslos und zahlungsunfähig ist. Es ist zu beachten, dass eine abweichende Vereinbarung grundstücksbezogen sein und unter nahen Angehörigen zudem einem Fremdvergleich standhalten muss.

STEUERRAT: Regeln Sie schriftlich, warum der eine Miteigentümer höhere Einnahmen erhält oder höhere Aufwendungen trägt als es seinem Anteil entsprechen würde. Beispiel: "Herr Müller erhält neben seinem Anteil von 25 Prozent an dem Überschuss der Grundstücksgemeinschaft XYZ einen zusätzlichen Betrag von 3.000 EUR vorab zugewiesen, da er hinsichtlich der Immobilie XYZ sämtliche Verwaltungsarbeiten übernimmt und zudem einfache Reparaturen, für die es keines Spezialisten bedarf, selbst ausführt. Der Anteil der übrigen Miteigentümer mindert sich insgesamt um den Vorabanteil von Herrn Müller." Bei dieser Formulierung handelt es sich selbstverständlich nur um ein Muster. Im Einzelfall sollte die vertragliche Vereinbarung ggf. durch einen Rechtsanwalt erfolgen.

Es wird übrigens vielfach vergessen, dass die Übernahme von Kosten, insbesondere von Schuldzinsen, eine Schenkung sein und Schenkungsteuer auslösen kann. Übernimmt beispielsweise der Vater Schuldzinsen von 30.000 EUR jährlich allein, obwohl seine Tochter an der Grundstücksgemeinschaft zu 50 Prozent beteiligt ist, so wendet er ihr Jahr für Jahr 15.000 EUR zu. Bei Überschreiten des persönlichen Freibetrages fällt nach einer gewissen Zeit Schenkungsteuer an. Auch umgekehrt ist der Fall natürlich denkbar: Kinder übernehmen in einer Grundstücksgemeinschaft mit ihren Eltern höhere Werbungskosten, weil die Eltern aufgrund ihrer geringen Rente nicht weiter belastet werden sollen. Hier kann eine Schenkung der Kinder auf die Eltern vorliegen. Der Freibetrag beträgt dabei nur 20.000 EUR pro Elternteil und ist schnell erreicht.

 

5. Handwerkerleistungen:
Begünstigung für Maßnahme unmittelbar nach Neubau

Aufwendungen für Handwerkerleistungen an der selbst genutzten Wohnung sind mit 20 %, höchstens 1.200 EUR im Jahr, direkt von der Steuerschuld abziehbar (§ 35a Abs. 3 EStG). Nicht begünstigt sind aber handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen eines Neubaus. Das heißt: Alle Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung sind noch der Neubaumaßnahme zuzuordnen (BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl. 2014 I S. 75, Tz. 21). Fertig gestellt ist ein Gebäude, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau so weit errichtet ist, dass der Bezug der Wohnungen zumutbar ist oder das Gebäude für den Betrieb in all seinen wesentlichen Bereichen nutzbar ist (H 7.4 EStR "Fertigstellung"). Üblicherweise sind damit alle Maßnahmen ab dem tatsächlichen Einzug begünstigt - davor jedoch nicht.

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hatte Ende letzten Jahres zuungunsten der Hauseigentümer entschieden, dass Handwerkerleistungen auch dann noch dem Neubau zuzuordnen sind, wenn diese zwar nach dem Einzug vorgenommen worden, aber bereits im Bauvertrag ausgewiesen worden sind: Beispiele: Außenputz- und Malerarbeiten, Verlegen eines Rollrasens, Errichtung einer Zaunanlage (Urteil vom 7.11.2017, 6 K 6199/16). Das FG hatte die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen, die von dem unterlegenen Steuerzahler auch eingelegt worden ist.

AKTUELL hat die Finanzverwaltung in einer internen Anweisung bekannt gegeben, dass sie - trotz des gewonnen Verfahrens - nicht an ihrer Auffassung festhält. Das heißt: Kosten für Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt sind nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes abziehbar. Ob diese im Werkvertrag ausgewiesen worden sind, ist unerheblich (Fachinformation der Finanzbehörde Hamburg 4/18 vom 6.7.2018). Das Revisionsverfahren wird nicht fortgeführt.

STEUERRAT: Es kommt nicht häufig vor, dass die Finanzverwaltung trotz Obsiegens in der Vorinstanz ein Verfahren nicht weiter betreibt. Es ist zu vermuten, dass ein gewisser politischer Druck dafür gesorgt hat, die Häuslebauer nicht weiter zu belasten. Doch den Steuerzahlern wird es recht sein, zumal sie nun sicher sein können, dass ihre Handwerkerleistungen nach dem Einzug begünstigt sind. Beachten Sie aber, dass das Gebäude auch wirklich fertig gestellt sein muss und allenfalls Restarbeiten fehlen dürfen. Hat ein Gebäude hingegen weder Innentüren, Böden oder Innenputz, ist dieses noch nicht fertig gestellt. Betreiben Sie also in Zweifelsfällen gegebenenfalls Beweisvorsorge, zum Beispiel, indem sie die Türen unmittelbar nach dem Einbau fotografieren.

Weitere Informationen: Steuervergünstigung für Handwerkerleistungen

 

6. Schäden am Eigenheim:
Beseitigung von Baumängeln steuerlich nicht absetzbar

Aufwendungen für das Wohnen im eigenen Haus sind steuerrechtlich grundsätzlich irrelevant. Doch bei Schäden, die durch ein "unabwendbares Ereignis" an einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs (Wohnung) eingetreten sind, kann eine steuerliche Berücksichtigung in Betracht kommen. Die Frage ist, ob auch die Beseitigung von Schäden, die aufgrund von Baumängeln entstanden sind und Ersatzansprüche gegenüber Dritten verjährt sind, wenigstens steuerlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sein können.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die durch Baumängel verursacht wurden, nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden (BFH-Beschluss vom 28.3.2018, VI B 106/17).

  • Grundsätzlich gilt: Auch Kosten zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit des selbst genutzten Hauses können steuerlich abzugsfähig sein, wenn dieses durch ein nicht beeinflussbares außergewöhnliches Ereignis beschädigt wurde. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vermögensgegenstand für den Steuerbürger eine existentiell wichtige Bedeutung hat, keine Anhaltspunkte für ein Verschulden des Bürgers erkennbar sind und realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte nicht gegeben sind.
  • Anders ist dies bei Baumängeln: Schadensbeseitigungskosten, die durch Baumängel verursacht wurden, sind nicht unüblich. Und deshalb fehlt es hier an der Außergewöhnlichkeit, einer wichtigen Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen. Solche Schäden seien nicht vergleichbar mit ungewöhnlichen Schadensereignissen, wie Brand, Hochwasser, Sturm, Hagel, Erdbeben usw. Dies gilt - so der BFH - selbst dann, wenn die Baumängel gesundheitsgefährdender Natur sind (BFH-Urteil vom 20.1.2016, VI R 19/14).

STEUERRAT: Ein steuerlicher Abzug von Schadensbeseitigungskosten - auch aufgrund von Baumängeln - kommt in Betracht bei einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des lebensnotwendigen privaten Wohnens und einer damit einhergehenden existenziellen Betroffenheit. Also dann, wenn die Nutzung des Wohnhauses zu eigenen Wohnzwecken ernsthaft in Frage gestellt ist (BFH-Urteil vom 20.1.2016, VI R 40/13).

Weitere Informationen: Schäden am Eigenheim

 

VII. Renten und Pensionen

1. Bahnpensionäre:
Personalrabatt- und Versorgungsfreibetrag für Jahresnetzkarte

Ruhestandsbeamte der ehemaligen Bundesbahn oder des Bundeseisenbahnvermögens profitieren immer noch von einem Vorteil aus aktiven Tagen: Sie erhalten auch im Ruhestand oftmals eine persönliche Jahresnetzkarte (BahnCard 100) der 1. oder 2. Klasse im Wert von immerhin derzeit 7.225 EUR bzw. 4.270 EUR. Die Frage ist, wie die Versteuerung dieses Vorteils erfolgt. Müssen nur die tatsächlich durchgeführten Freifahrten oder der gesamte Wert der BahnCard versteuert werden? Wird auch für Pensionäre der Personal-Rabattfreibetrag berücksichtigt? Handelt es sich bei den Fahrvergünstigungen um "Vorteile aus füheren Dienstleistungen" und damit um Arbeitslohn oder um Versorgungsbezüge?

  • Zur Frage 1: Bei Überlassung einer Jahresnetzkarte sind nicht die tatsächlich durchgeführten Freifahrten, sondern der Wert der BahnCard 100 als geldwerter Vorteil zu versteuern (BFH-Urteil vom 12.4.2007, VI R 89/04).
  • Zur Frage 2: Auch bei Pensionären erfolgt die Versteuerung der BahnCard gemäß gemäß § 8 Abs. 3 EStG mit einem Bewertungsabschlag von 4 Prozent und dem Personalrabattfreibetrag von 1.080 EUR (BFH-Urteil vom 26.6.2014, VI R 41/13).
  • Zur Frage 3: Ob es sich bei dem Sachbezug "Fahrvergünstigungen" für Ruhestandsbeamte der Bahn um Versorgungsbezüge handelt, ist in der Rechtsprechung noch umstritten. Sofern dies zu bejahen ist, wäre der geldwerte Vorteil der Jahresnetzkarte den Versorgungsbezügen hinzuzurechnen. Die Versorgungsbezüge der Pensionäre sind steuerlich begünstigt durch den Versorgungsfreibetrag, den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag und den Werbungskosten-Pauschbetrag.

AKTUELL hat das Finanzgericht München zur Frage 3 entschieden, dass der geldwerte Vorteil der Jahresnetzkarte Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG darstellt. Wenn einem Ruhestandsbeamten eine Netzkarte für die Dauer des Ruhegehalts zustehe, sei ein altersabhängiger Bezug mit Versorgungscharakter gegeben, weil keine Gegenleistung mehr erbracht werden müsse (FG München vom 8.5.2018, 6 K 2979/17, Revision VI R 26/18).

Zur Versteuerung: Der Wert der Jahresnetzkarte bleibt gemäß § 8 Abs. 3 EStG in Höhe des Personalrabattfreibetrages von 1.080 EUR steuerfrei, wobei zuvor noch ein Bewertungsabschlag von 4 Prozent erfolgt. Der verbleibende Betrag ist - zusammen mit anderen Versorgungsbezügen - begünstigt durch den Versorgungsfreibetrag, den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag und den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR. Es besteht kein Anspruch auf den Altersentlastungsbetrag, weil die Einkünfte bereits durch den Personalrabattfreibetrag begünstigt sind, sowie auf den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 EUR.

STEUERRAT: Der BFH muss nun abschließend entscheiden, ob Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens gewährt, Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG sind (Aktenzeichen: VI R 26/18). Nach Auffassung der Richter kann allein aus dem Umstand, dass der Pensionär auch vor seiner Pensionierung eine Jahresnetzkarte erhalten hat, nicht der Schluss gezogen werden, dass der Bezug der Jahresnetzkarte ab der Pensionierung nicht von einer Altersgrenze abhängt. Der BFH hat es in seinem Urteil VI R 41/13 dahinstehen lassen, ob es sich bei den gewährten Fahrvergünstigungen um Versorgungsbezüge handelt.

Weitere Informationen: Personalrabatte für Waren und Dienstleistungen.

 

2. Erwerbsminderungsrente:
Besteuerung bei rückwirkender Bewilligung

Während einer länger dauernden Krankheit zahlt die gesetzliche Krankenkasse Krankengeld und ggf. die Agentur für Arbeit Übergangsgeld. Oder das Jobcenter zahlt bisher SGB II-Leistungen. Stellt sich dann heraus, dass eine Erwerbsminderung vorliegt, wird eine Rente wegen Erwerbsminderung rückwirkend ab Eintritt des Versicherungsfalls bewilligt. Diese rückwirkend bewilligte Rente ersetzt also das erhaltene Krankengeld oder ggf. die SGB II-Leistungen. Diesen Teilbetrag der Rente zahlt der Rentenversicherungsträger jedoch nicht an den Versicherten aus, sondern erstattet ihn an die Krankenkasse bzw. an die Arbeitsagentur (Erfüllungsfiktion gemäß § 107 Abs. 1 SGB X).

Die Erwerbsminderungsrente ist - als Rente von der gesetzlichen Rentenversicherung - mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern. Die Frage ist, wie bei rückwirkend bewilligter Erwerbsminderungsrente der Nachzahlungsbetrag zu versteuern ist.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei rückwirkender Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente mit Erstattung an den Sozialleistungsträger (Jobcenter wegen SGB II-Leistungen) der Rentennachzahlungsbetrag in Höhe des Erstattungsbetrages mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern ist (BFH-Urteil vom 15.5.2018, X R 18/16).

  • Der Fall: Die Klägerin bezog im Zeitraum vom 1.1.2008 bis 25.5.2010 vom Jobcenter SGB II-Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes und zur Eingliederung in Arbeit. Mit Bescheid vom 25.5.2010 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) der Klägerin rückwirkend ab dem 1.1.2008 für die Zeit bis zum 30.6.2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Nachzahlungsbetrag für die bereits abgelaufenen Bewilligungsmonate in Höhe von insgesamt 27.000 EUR wurde von der DRV nicht an die Klägerin, sondern als Erstattungsleistung nach § 107 SGB X an das Jobcenter ausgezahlt. Von der Erstattung entfielen 11.870 EUR auf Leistungen des Jobcenters im Streitjahr 2008. Das Finanzamt besteuerte diesen Betrag 2008 mit dem Besteuerungsanteil (gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
  • Nach Auffassung des BFH erfolgt die Besteuerung mit dem Besteuerungsanteil zu Recht. Zwar sind die Bezüge zunächst nicht als Erwerbsminderungsrente, sondern als SGB II-Leistungen zugeflossen. Doch entscheidend ist, dass die Leistungen aufgrund des Rentenversicherungsverhältnisses der Klägerin als Rente zustehen. Aufgrund der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X ist dieser sozialversicherungsrechtliche Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der Leistungen maßgebend für deren steuerliche Behandlung.
  • Der Rentennachzahlungsbetrag ist in Höhe des Erstattungsanspruchs als Erwerbsminderungsrente mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern. Und zwar mit dem Besteuerungsanteil, wie er für das Bewilligungsjahr maßgebend ist (2010 = 60 %). Nicht maßgebend ist das Jahr, in dem die rückwirkende Zahlung der Rente erfolgt. "Die Besteuerung der Rentenzahlungen unter Berücksichtigung der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X findet in dem Jahr und in genau der Höhe statt, in dem der Klägerin die Zahlungen tatsächlich zugeflossen sind und sich ihre Leistungsfähigkeit erhöht hat."

Weitere Informationen: Gesetzliche Rente: Wie Erwerbsminderungsrenten versteuert werden.

 

3. Betriebsrente:
Keine KV-Beitragspflicht bei Eigenfinanzierung

Viele Rentner beziehen neben ihrer gesetzlichen Rente noch eine Betriebsrente (aus Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung) oder andere Versorgungsbezüge. Für solche Bezüge müssen Rentner die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mit dem vollen Beitragssatz alleine zahlen. Die jeweilige Zahlstelle der Betriebsrente behält die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge monatlich ein und führt sie direkt an die Krankenkasse ab. Die Frage ist, ob KV-Beiträge auch dann gezahlt werden müssen, wenn die Prämien nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vollständig aus eigenen Mitteln aufgebracht werden.

  • Bezüglich Renten und Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung hatte das Bundesverfassungsgericht im September 2010 klargestellt: Wird nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb der Versicherungsvertrag auf den Arbeitnehmer umgeschrieben, der Arbeitnehmer also neuer Versicherungsnehmer, entfällt die KV-Beitragspflicht für den Teil der Kapitalleistung, der auf die selber gezahlten Prämien nach dem Ausscheiden beruht (BVerfG-Urteil vom 28.9.2010, 1 BvR 1660/08).
  • Bezüglich Pensionskassen hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Leistungen auch dann der KV-Beitragspflicht unterliegen, wenn die Prämien nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb vom Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis weitergezahlt worden sind. Die Regelung bei freiwilliger Fortführung einer Direktversicherung sei auf die Pensionskasse nicht übertragbar (BSG-Urteil vom 23.7.2014, B 12 KR 28/12 R).

AKTUELL hat das Bundesverfassungsgericht gegen das Bundessozialgericht und zugunsten der Rentner entschieden, dass Rentenzahlungen von Pensionskassen in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nicht beitragspflichtig sind, soweit diese auf selbst finanzierten Beiträgen des Arbeitnehmers nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses beruhen. Die Renten sind ebenso wie Leistungen aus privaten Lebensversicherungen bei pflichtversicherten Rentnern beitragsfrei (BVerfG-Urteil vom 27.6.2018, 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15).

  • Der Fall: Ein Arbeitnehmer war über seinen Arbeitgeber bei einer Pensionskasse versichert. Die Satzung der Pensionskasse sah vor, dass die Versicherung bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis freiwillig fortgesetzt werden konnte und in diesem Fall der ehemalige Arbeitnehmer Einzelmitglied in der Pensionskasse und alleiniger Versicherungsnehmer wurde. So zahlte der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis 18 Jahre aus eigenen Mitteln die Beiträge an die Pensionskasse.
  • Als der Arbeitnehmer Rentner wurde, führte die Pensionskasse von den Rentenzahlungen monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an die Krankenkasse ab. Und zwar auch auf den Rententeil, der auf den Einzahlungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruht. Nach Auffassung der Pensionskasse handele es sich insgesamt um "Versorgungsbezüge". Eine Unterscheidung zwischen Einzahlungen vor und nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses müsse nicht getroffen werden. Vor dem Sozialgericht und Bundessozialgericht bekam die Pensionskasse Recht. Der Rentner aber legte Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ein - und kam nun dort zu seinem Recht.
  • Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verstößt es gegen das Gleichheitsgebot, wenn für die Berechnung der Beiträge von Rentnern zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung solche Zahlungen berücksichtigt werden, die auf einem nach Ende des Arbeitsverhältnisses geänderten oder ab diesem Zeitpunkt neu abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag zwischen einer Pensionskasse und dem früheren Arbeitnehmer beruhen, während Erträge aus privaten Lebensversicherungen von pflichtversicherten Rentnern nicht zur Berechnung herangezogen werden. Voraussetzung sei aber, dass der frühere Arbeitgeber an dem Versicherungsvertrag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr beteiligt sei und nur der versicherte Arbeitnehmer die Beiträge eingezahlt habe. Die Differenzierung zwischen betrieblicher und privater Altersversorgung und einer daraus resultierenden Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sei nicht allein nach der auszahlenden Institution vorzunehmen. Es sei vielmehr nach der Vertragsgestaltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu differenzieren.

HINWEIS: Mit der erfreulichen Entscheidung der Verfassungshüter gilt nun bei Pensionskassen gleiches Recht wie bei Direktversicherungen. Wieder einmal haben die Richter des Bundessozialgerichts, die eine "institutionelle" Abgrenzung vertreten und nur den Zusammenhang zwischen dem Versorgungssystem und dem Erwerbsleben betrachten, eine schallende Ohrfeige bekommen - wie schon bei der Direktversicherung im Jahre 2010. Auch damals hatten sie die Leistungen unterschiedslos in voller Höhe in die KV-Beitragspflicht einbezogen - was dann bekanntlich vom Bundesverfassungsgericht kassiert wurde. Jedenfalls nehmen die Verfassungshüter hier die "finanzielle" Abgrenzung vor und beachten stärker den Zusammenhang zwischen früherer Prämienzahlung und späterer KV-Beitragspflicht. Betroffen von dem neuen erfreulichen Urteil sind rund 1,2 Millionen Rentner.

STEUERRAT: Wer schon eine Rente aus einer Pensionskasse bezieht, kann eine Erstattung der zu Unrecht gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge beantragen (§ 26 Abs. 2 und 3 SGB IV). Bis zu vier Jahre rückwirkend können Sie zu viel bezahlte Sozialabgaben zurückfordern. Die Frist beginnt nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (§ 27 Abs. 2 SGB IV). Daher können Sie noch bis zum 31.12.2018 einen Antrag auf Erstattung von Beiträgen stellen, die im Jahr 2014 zu Unrecht gezahlt wurden. Wenden Sie sich schriftlich an Ihre Pensionskasse und informieren Sie auch die Krankenkasse. Weisen Sie dabei auf das neue Urteil des Bundesverfassungsgerichts hin.

Weitere Informationen: Krankenversicherung: Volle Beiträge für Versorgungsbezüge und Kapital.

 

4. Betriebsrente:
Beitragspflicht zur Krankenversicherung verfassungsgemäß

Rentner müssen auf Betriebsrenten und andere Versorgungsbezüge Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen - seit 2004 den vollen allgemeinen Beitragssatz ohne hälftigen Zuschuss der Krankenkasse (§ 248 SGB V). Auch die Beiträge zur Pflegeversicherung müssen sie in voller Höhe alleine tragen. Zusätzlich fällt der kassenindividuelle und einkommensabhängige Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung an. Das gilt allerdings nur, sofern die Betriebsrente höher ist als 152,25 EUR (2018). Vor dem Bundesverfassungsgericht ging es jetzt allgemein um die Frage, ob Versorgungsbezüge überhaupt der Sozialabgabepflicht unterliegen.

Als Versorgungsbezüge gelten auch Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, z.B. aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem berufsständischen Versorgungswerk. Kriterium ist hier der Bezug zum früheren Erwerbsleben. Als monatlicher Zahlbetrag gilt 1/120 der Kapitalleistung, d.h. der Kapitalbetrag wird auf 10 Jahre umgelegt (0,833 % als fiktive monatliche Einnahme). Eine Kapitalleistung, z.B. aus einer Direktversicherung, muss also über 10 Jahre verteilt und dafür der volle allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung gezahlt werden.

AKTUELL hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Beitragspflicht für Versorgungsbezüge in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung verfassungsmäßig in Ordnung ist. Auch die Anhebung auf den vollen allgemeinen Beitragssatz ist verfassungsgemäß, denn es gebe keinen Grundsatz, wonach Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nur einen halben Beitragssatz zu entrichten hätten. Die volle Beitragspflicht der Rente verstoße demnach nicht gegen Art. 3 GG, wenn die Einzahlungen aus dem Arbeitsentgelt geleistet wurden und in der Kranken- und Pflegeversicherung beitragsfrei waren (BVerfG-Urteil vom 9.7.2018, 1 BvL 2/18).

Weitere Informationen: Krankenversicherung: Volle Beiträge für Versorgungsbezüge und Kapital

 

5. Sofortrente:
Bei freiwillig Versicherten Beiträge zur Krankenversicherung fällig

Eine Form der privaten Rentenversicherung ist die Sofort-Rente: Sie investieren eine größere Summe in eine Rentenversicherung und erhalten sofort monatliche Rentenzahlungen. Sie sichern sich damit eine lebenslange, garantierte Rente. Diese erhöht sich zudem durch die Überschussbeteiligung. Die Frage ist, ob für diese Sofort-Rente Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind.

  • Renten aus einer privaten Rentenversicherung sind bei pflichtversicherten Rentnern in der Kranken- und Pflegeversicherung stets beitragsfrei. Doch freiwillig versicherte Rentner müssen auch für private Renten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Zu zahlen ist hier der volle ermäßigte KV-Beitragssatz (2018: 14,0 %) zuzüglich Zusatzbeitrag und 2,55 % für die Pflegeversicherung. Die Beitragspflicht besteht insgesamt bis zu Beitragsbemessungsgrenze (2018: 4.425 EUR).
  • Spannend ist nun die Frage, ob freiwillig versicherte Rentner auch für eine Sofort-Rente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen müssen. Denn immerhin handelt es sich hier lediglich um eine Vermögensumschichtung - Kapitalbetrag gegen Sofort-Rente. Wie bei einer Bankeinlage wird im Wesentlichen nur das eingesetzte Kapital zurückgezahlt. Erst wenn nach vielen Jahren die Summe aller Auszahlungen höher sein sollte als die Einzahlungen, kann dies als Einkommen zu werten sein und darauf eine Beitragspflicht entstehen.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht eine krasse, kaum nachzuvollziehende Entscheidung getroffen: Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung müssen - anders als gesetzlich versicherte Rentner - auf Auszahlungen aus einer Sofort-Rente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Beitragspflichtig sind dabei nicht bloß die Ertragsanteile, sondern die gesamte Auszahlung. Zu zahlen ist der volle KV-Beitragssatz mitsamt Zusatzbeitrag sowie der volle PV-Beitrag (BSG-Urteil vom 15.8.2018, B 12 R 5/17 R; so ebenfalls BSG-Urteil vom 10.10.2017, B 12 KR 16/16 R).

  • Der Fall: Die Klägerin zahlte insgesamt 865.000 EUR in zwei Sofort-Rentenverträge ein. Ab sofort erhielt sie dafür zwei lebenslange Renten in Höhe von zusammen 2.180 EUR monatlich. Da sie in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwilliges Mitglied war, verlangte die Krankenkasse Beiträge. Im Jahre 2018 sind das rund 380 EUR monatlich.
  • Nach Auffassung des Bundessozialgerichts erfolgt die Beitragsforderung zu Recht. Maßgeblich bei freiwilligen Mitgliedern ist "die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds" (§ 240 Abs. 1 SGB V). Die Sofortrente beruhe auf einem privaten Versicherungsvertrag, deren Zahlbetrag die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimme und als Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehe. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, es liege lediglich ein - vergleichbar dem Auszahlungsplan einer Bank - nicht beitragspflichtiger Kapitalverzehr vor.

STEUERRAT: Die Sofort-Rente ist nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Bei einem Renteneintritt mit z.B. 65 Jahren beträgt der steuerpflichtige Ertragsanteil nur 18 Prozent, bei Rentenbeginn mit 60 oder 61 Jahren sind es 22 Prozent. Die relativ moderate Besteuerung von Sofort-Renten ist ein Pluspunkt. Da der persönliche Steuersatz maßgebend ist, dürften viele Personen mit geringer Rente keine oder nur wenig Steuern zu zahlen haben.

Weitere Informationen: Krankenversicherung bei Rentnern

 

6. Hartz IV-Bezieher:
Zwangsverrentung kurz vor abschlagsfreier Rente rechtswidrig

Älteren Beziehern von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) droht ab 63 Jahren eine zwangsweise Frühverrentung (§ 12a SGB II). Leistungsberechtigte, die die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente erfüllen (mindestens 35 Jahre Wartezeit), können vom Jobcenter dazu aufgefordert werden, einen Rentenantrag für die "Rente ab 63" zu stellen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie Rentenabschläge hinnehmen müssen und die Rente gar niedriger ist als das Arbeitslosengeld II. Sofern die betroffenen Menschen einen derartigen Antrag nicht in die Wege leiten, stellen die Jobcenter selbst den Antrag auf Verrentung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Denn ab 63 Jahren hat Altersrente Vorrang vor Sozialhilfe.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht zu Gunsten der Hartz IV-Bezieher entschieden, dass eine Zwangsverrentung kurz vor Anspruch auf abschlagsfreie Altersbezüge rechtswidrig ist. Zwar seien Hartz IV-Bezieher verpflichtet, vorrangig Sozialleistungen anderer Träger zu beantragen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu vermindern. Für die Altersrente gelte dieser Grundsatz jedoch nicht, wenn die Frist bis zum Erreichen der Regelaltersrente nur noch kurz sei und durch einen entsprechend längeren Hartz IV-Bezug unbillige Härten vermieden werden könnten (BSG-Urteil vom 9.8.2018, B 14 AS 1/18 R).

Der Fall: Ein Hartz IV-Bezieher hatte sich ursprünglich auf die "abschlagsfreie Rente mit 63 plus 4 Monaten" gefreut. Nach 45 Jahren sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung hätte er ab Dezember 2017 Anspruch darauf gehabt. Doch es kam anders. Er verlor mit Anfang 60 seinen Job und beantragte Arbeitslosengeld II. Nun wollte die Behörde ihn mit 63 Jahren in die Frühverrentung mit Rentenabschlägen von 9,6 Prozent zwingen - nur vier Monate, bevor er die Rente ohne Abzüge hätte erhalten können. Mit drastischen finanziellen Folgen: Lebenslang sollte er monatlich rund 100 Euro weniger netto bekommen. Die Höhe seiner ungekürzten Bruttorente liegt bei knapp 1.200 Euro. Der Mann bekam vor dem Bundessozialgericht Recht und bekommt nun vom Jobcenter noch vier Monate lang SGB II-Bezüge, bis er die abschlagsfreie Rente beziehen kann.

HINWEIS: Trotz einer 2016 beschlossenen Neuregelung, nach der Hartz IV-Empfänger bei drohendem Grundsicherungsbezug nicht frühestmöglich in Rente gehen müssen, bekamen im Jahre 2017 49.119 Langzeitarbeitslose über 63 Jahre und 22.473 Personen über 64 Jahre keine SGB II-Leistungen mehr. Für die Betroffenen hat dies zum Teil erhebliche und lebenslang wirkende Abschläge auf den monatlichen Rentenanspruch zur Folge.

Weitere Informationen: Vorgezogene Altersrenten: Die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren (Punkt 8).

 

VIII. Selbstständige

1. Investitionsabzugsbetrag:
Bei Anschaffung eines Pkw Fahrtenbuch führen

Für die geplante Anschaffung oder Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können Sie einen so genannten Investitionsabzugsbetrag gewinnmindernd abziehen (§ 7g EStG). Früher nannte man dies Ansparabschreibung. Der Investitionsabzugsbetrag beläuft sich auf bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Er ist an bestimmte Größenmerkmale des Betriebs geknüpft. Voraussetzung ist ferner, dass die geplante Investition innerhalb des Investitionszeitraums von drei Jahren vorgenommen wird und vor allem, dass das Wirtschaftsgut eine gewisse Zeit lang ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, muss der Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht werden - und zwar im Ursprungsjahr.

Im Rahmen von Betriebsprüfungen gibt es immer wieder Streit über die Frage, ob auch die geplante Anschaffung eines betrieblichen Pkw begünstigt ist. Antwort: Grundsätzlich ja, aber es gibt eine hohe Hürde. Wird nämlich für die Versteuerung der Privatnutzung des Pkw lediglich die 1 %-Pauschalmethode angewandt, darf ein Investitionsabzugsbetrag nicht abgezogen werden. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein im Betrieb eingesetzter Pkw, für den die 1 %-Regelung in Anspruch genommen wird, ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird (FG München vom 15.12.2014, 7 K 2748/13; ebenfalls FG Sachsen-Anhalt vom 12.6.2013, 2 K 1191/12). Das heißt also: Wird zunächst ein Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht, später die Privatnutzung aber nur nach der 1 %-Regelung versteuert, wird der ursprüngliche Abzug korrigiert. Die so gut wie ausschließliche Privatnutzung muss letztlich nachgewiesen werden. Aber wie?

Grundsätzlich reicht es aus, über einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten die fast ausschließliche Nutzung glaubhaft darzulegen. Ein Fahrtenbuch wird nicht verlangt. Darauf lassen jedenfalls die Ausführungen im BMF-Schreiben vom 18.11.2009 (BStBl 2009 I S. 1326 Tz. 4) schließen: "Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist vom Steuerpflichtigen darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies kann in jeder geeigneten Form erfolgen. Auch die Eintragungen in Terminkalendern, die Abrechnung gefahrener Kilometer gegenüber den Auftraggebern, Reisekostenaufstellungen sowie andere Abrechnungsunterlagen können zur Glaubhaftmachung geeignet sein. Sind entsprechende Unterlagen nicht vorhanden, kann die überwiegende betriebliche Nutzung durch formlose Aufzeichnungen über einen repräsentativen zusammenhängenden Zeitraum (i. d. R. 3 Monate) glaubhaft gemacht werden. Dabei reichen Angaben über die betrieblich veranlassten Fahrten (jeweiliger Anlass und die jeweils zurückgelegte Strecke) und die Kilometerstände zu Beginn und Ende des Aufzeichnungszeitraumes aus."

Aber: Die Praxis der Betriebsprüfungen sieht häufig anders aus. In vielen Fällen wird darauf bestanden, dass die fast ausschließlich betriebliche Nutzung mittels Fahrtenbuches nachzuweisen ist, und zwar für mindestens zwei Veranlagungszeiträume. Zudem - auch das zeigt die Praxis leider - nehmen die Finanzbeamten die Fahrtenbücher sehr genau unter die Lupe und decken - echte oder angebliche - Fehler auf. Schon ein einheitliches Schriftbild lässt sie vermuten, dass ein Fahrtenbuch nicht laufend geführt, sondern nachgeschrieben worden ist.

STEUERRAT: Die Verlockung, ein vorzeitiges Steuergeschenk über den Investitionsabzugsbetrag zu erhalten, ist zwar groß. Die Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages kann aber teuer werden, weil die Steueränderungen auch zu hohen Nachzahlungszinsen führen. Überlegen Sie also sehr genau, ob Sie die hohen Anforderungen der Finanzverwaltung erfüllen können.

Weitere Informationen: Der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG

 

2. Umsatzsteuer:
Rückzahlung bei Rechnungsberichtigung wichtig

Es kommt vor, dass Unternehmer zunächst eine Rechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer erstellen, sich später aber herausstellt, dass der Vorgang eigentlich umsatzsteuerfrei gewesen wäre. Beispiel: Ein Grundstückseigentümer vermietet Stellplätze an einen kleineren Autohändler, und zwar zunächst mit Ausweis der Umsatzsteuer. Später stellt sich heraus, dass die Vermietung auch steuerfrei hätte erfolgen können, weil die Stellplätze mit den Verkaufseinrichtungen des Kfz-Händlers eng verbunden sind (BFH-Urteil vom 29.3.2017, XI R 20/15). Der Vermieter korrigiert daraufhin die Rechnung und verzichtet nachträglich auf den Umsatzausweis. Dem Kfz-Händler wird es, wenn er selbst Kleinunternehmer ist und die Vorsteuer nicht abziehen kann, egal sein. Grundsätzlich kann der Vermieter in einem solchen Fall die bereits an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuer zurückfordern (§ 14c Abs. 1 UStG).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch entschieden, dass die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 erfordert, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat (BFH-Urteil vom 16.5.2018, XI R 28/16). Das heißt: Angenommen, der Vermieter hat im obigen Fall pro Monat 1.000 EUR zzgl. 190 EUR Umsatzsteuer in der Rechnung ausgewiesen und diese auch vereinnahmt, so reicht es nicht, wenn er nun an den Mieter schreibt: "Hiermit wird rückwirkend auf den Ausweis der Umsatzsteuer verzichtet. Es bleibt jedoch bei dem Gesamtbetrag von 1.190 EUR pro Monat." Will der Vermieter den Betrag von 190 EUR Umsatzsteuer pro Monat vom Finanzamt erstattet haben, muss er diesen dem Mieter zunächst zurückerstatten.

Die Begründung des BFH: Da der Leistende den berichtigten Steuerbetrag vom Leistungsempfänger bereits vereinnahmt hat, würde eine Erstattung durch das Finanzamt den Leistenden ungerechtfertigt bereichern. Letztlich hat er ja einmal bereits 190 EUR vom Mieter erhalten und würde nun ein weiteres Mal 190 EUR vom Finanzamt kassieren.

STEUERRAT: Nach wie vor ist bei einigen Leistungen streitig, ob diese umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig sind. Die zahlreichen Urteile der Finanzgerichte, des Bundesfinanzhofs und auch des Europäischen Gerichtshofs belegen dies. Gehören Sie selbst zu den Betroffenen, bei denen die Rechtslage noch nicht eindeutig geklärt ist, sollten Sie einerseits auf einen offenen Ausweis der Umsatzsteuer in den Rechnungen verzichten. Denn eine ausgewiesene Umsatzsteuer muss immer an das Finanzamt abgeführt werden. Andererseits sollten Sie mit Ihren Vertragspartnern nach Möglichkeit im Vorhinein eindeutig regeln, wie zu verfahren ist, wenn eine Leistung aufgrund einer Rechtsprechungsänderung rückwirkend als steuerfrei gilt. Das heißt: Legen Sie fest, ob es bei dem vereinbarten (Brutto-)Preis auch dann bleibt, wenn sich später eine Änderung der steuerlichen Beurteilung ergibt.

 

3. Google:
Umsatzsteuer bei Nutzung von Adwords deklarieren

Viele Unternehmer nutzen Google Adwords, um potenzielle Kunden auf ihren Internetauftritt aufmerksam zu machen. Sie erhalten von Google anschließend Nettorechnungen über die von Google erbrachte Leistung. Zahlreiche Selbstständige verbuchen nur den Nettobetrag als Ausgabe und ziehen keine umsatzsteuerlichen Folgen aus der Rechnung. Richtigerweise müssen Unternehmer aber üblicherweise die Umsatzsteuer von 19 Prozent, die auf der Leistung von Google "lastet", selbst in der Umsatzsteuer-Voranmeldung deklarieren (§ 13b UStG). Es entsteht eine "Umkehr der Steuerpflicht" von Google auf den hiesigen Unternehmer. Die Umsatzsteuer kann indes als Vorsteuer geltend gemacht werden, wenn Sie vorsteuerabzugsberechtigt sind. Somit handelt es sich zwar in der Regel um ein "Null-Summen-Spiel."

AKTUELL ist aber zu beobachten, dass die Finanzämter dennoch ein Auge auf die richtige Versteuerung der Google-Rechnungen werfen. Das gilt im Übrigen nicht nur für Google Adwords, sondern auch für Google Adsense und gegebenenfalls für die Leistungen anderer Internet-Anbieter mit Sitz im Ausland. Hintergrund ist, dass selbst kleinere Unternehmer plötzlich von umsatzsteuerlichen Quartals- zu Monatszahlern werden können, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen also von Monat zu Monat abgegeben werden müssen.

STEUERRAT: Die umsatzsteuerliche Deklaration der Google-Leistungen ist zugegebenermaßen eine lästige Pflicht. Sie muss jedoch erfüllt werden. Die Rechnungen, die Sie von Google erhalten bzw. aus dem Portal herunterladen, müssen Sie zudem "revisionssicher" abspeichern. Das heißt: Ein Ausdruck der Rechnungen reicht nicht aus. Vielmehr müssen Sie die Rechnungen in einem so genannten Dokumenten-Managementsystem abspeichern. Das gilt im Übrigen für alle digitalen Rechnungen, die Sie erhalten oder selbst erstellen.

Weitere Informationen: GoBD: Sieben Regeln zur Umsetzung der digitalen Buchführung

 

4. Firmenwagen:
Steuermodell "Kostendeckelung bei Leasing" steht vor dem Aus

Viele Einnahmen-Überschussrechner haben in den vergangenen Jahren ein schönes Steuermodell für sich genutzt: Sie haben ihren Betriebs-Pkw geleast, im Erstjahr eine hohe Leasingsonderzahlung geleistet, diese voll als Betriebsausgabe abgezogen und dann in den Folgejahren den Privatanteil nach der 1 %-Regelung ermittelt. Aufgrund der so genannten Kostendeckelung kam es dann vielfach nur zu einem äußerst geringen Privatanteil für die Kfz-Nutzung. Doch mit diesem Modell ist nun Schluss, da die Finanzverwaltung zum Halali geblasen hat.

Beispiel:
Architekt Meier least einen Pkw mit einem Bruttolistenpreis von 120.000 EUR, beginnend im Dezember 2015 (Laufzeit 36 Monate). Im Erstjahr wird eine Sonderzahlung von 30.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Die monatlichen Leasingraten betragen anschließend nur noch 350 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Meier ermittelt seinen Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung und zieht die Leasingsonderzahlung in 2015 voll als Betriebsausgabe ab (ob bei Fahrtenbuch- oder der 1 %-Regelung; darauf soll es hier nicht ankommen). In den Jahren 2016 und 2017 wählt er die 1 %-Regelung und müsste demnach monatlich 1 % des Bruttolistenpreises (jährlich also 14.400 EUR) als Privatentnahme versteuern. Er macht jedoch die Kostendeckelung geltend und versteuert pro Jahr lediglich einen Privatanteil von zum Beispiel 6.000 EUR.

Die Gestaltung ist in der Vergangenheit von den Finanzämtern regelmäßig akzeptiert worden. Das heißt: Die einmal geltend gemachten hohen Betriebsausgaben sind bei den Leasingmodellen selbst dann nicht verloren gegangen, wenn in den Folgejahren die betriebliche Nutzung gesunken ist, da das so genannte Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG gilt. Und zudem führte die Kostendeckelung zu einem weiteren Steuerspareffekt.

AKTUELL weist die Oberfinanzdirektion Karlsruhe darauf hin, dass sich die Finanzbehörden auf Bundesebene verständigt hätten, das Modell nicht länger zu akzeptieren (VASt Aktuell 6/2018 vom 1.8.2018). Für das genannte Beispiel bedeutet dies: Die Leasingsonderzahlung ist für die Prüfung der Kostendeckelung über die Laufzeit zu verteilen. Es ist damit in 2015 lediglich 1/36 der Leasingsonderzahlung für Zwecke der Kostendeckelung mit einzubeziehen. Im Jahr 2016 sind 12/36, im Jahr 2017 ebenfalls 12/36 und im Jahr 2018 11/36 der Leasingsonderzahlung anzusetzen. Die Kostendeckelung in 2016 würde also nicht 6.000 EUR, sondern 6.000 EUR + 10.000 EUR = 16.000 EUR betragen, so dass 14.400 EUR als Privatanteil zu versteuern wären. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Leasingsonderzahlung selbst bleibt bei Zahlung als Betriebsausgabe voll abzugsfähig; es geht hier nur um die Kostendeckelung.

STEUERRAT: Leider werden nun erst wohl die Finanzgerichte zeigen müssen, ob die Haltung der Finanzverwaltung zutreffend ist. Nach unserer Auffassung widerspricht die Anweisung dem BMF-Schreiben vom 18.11.09 (BStBl I 09, 1326, Tz. 5, 20). Im Beispiel unter Tz. 20 heißt es zur Kostendeckelung: "Für ein zu mehr als 50 % für betriebliche Zwecke genutztes Kraftfahrzeug (Bruttolistenpreis 35.600 EUR) sind im Wirtschaftsjahr 7.400 EUR Gesamtkosten angefallen …“. Es wird also eindeutig auf das Wirtschaftsjahr abgestellt. An keiner Stelle wird erwähnt, dass die "Gesamtkosten“ über den Leasingzeitraum verteilt betrachtet werden müssen. Eine solch großzügige Interpretation des Begriffs "Gesamtkosten“ ist daher unseres Erachtens ausgeschlossen. Doch es hilft nichts. Die Finanzämter werden sich die neue Rechtsauffassung zu eigen machen und Betroffene können nur noch den Klageweg beschreiten. Wichtig: Geht man tatsächlich davon aus, dass eine Leasingsonderzahlung für den speziellen Fall der Kostendeckelung tatsächlich über den gesamten Leasingzeitraum verteilt werden muss, so müsste konsequenterweise eine Abschlusszahlung oder Erstattung bei Leasingende für geleistete Mehr- oder Minderkilometer retrograd auf den Leasingzeitraum verteilt werden. Dementsprechend sollten Sie darauf achten, dass Ihre Steuerbescheide - je nach Interessenlage - insoweit vorläufig ergehen. Denn sonst kann es geschehen, dass Sie während der Leasinglaufzeit oder bei Leasingende einen (zu) hohen Privatanteil versteuern, diesen aber nicht mehr korrigieren können.

Weitere Informationen: Steuermodell „Kostendeckelung bei Leasing“ steht vor dem Aus

 

5. Firmenwagen:
Ermäßigung bei Veräußerung oder Entnahme?

Haben Sie einen Firmenwagen in Ihrem Betriebsvermögen, so müssen Sie eine spätere Veräußerung oder Entnahme des Kfz versteuern, und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem Veräußerungs- bzw. Entnahmewert und dem Buchwert. Oftmals sind die Kfz bereits voll abgeschrieben, so dass letztlich der volle Veräußerungs- bzw. Entnahmewert der Einkommensteuer unterliegt. Das ist teuer und ungerecht. Denn in aller Regel werden die Fahrzeuge auch privat genutzt. Nutzen Sie z.B. Ihren Firmenwagen zu 60 % beruflich und zu 40 % privat, müssen Sie dennoch den vollen Veräußerungs- bzw. Entnahmewert versteuern. Das ist gängige Praxis und auch vom X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) so akzeptiert worden (BFH-Urteil vom 25.3.2015, X R 14/12).

AKTUELL gibt es jedoch einen Silberstreif am Horizont. Der VIII. Senat des BFH hat in einem Fall, den das Sächsische Finanzgericht abschlägig beschieden hat, die Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen (Sächsisches FG, Urteil vom 4.5.2017 5 K 1362/15, Az. BFH VIII R 9/18). Das ist enorm bedeutend, denn es könnte ein Indiz sein, dass zumindest ein Senat des BFH von der bisherigen harten Linie abrücken möchte.

Der Fall: Der Kläger war Freiberufler und nutzte seinen Pkw zu 25 % betrieblich und zu 75 % privat. Den Pkw hielt er im gewillkürten Betriebsvermögen. Er war der Auffassung, dass bei der Veräußerung des Kfz auch nur 25 % zu versteuern seien. Er unterlag zwar vor dem Finanzgericht, erhält nun aber vor dem BFH seine zweite Chance.

STEUERRAT: Alle betroffenen Unternehmer sollten gegen ihre Steuerbescheide Einspruch einlegen und unter Berufung auf das Verfahren beim BFH ein Ruhen des eigenen Verfahrens beantragen. Zuweilen wird die Auffassung vertreten, das BFH-Verfahren betreffe nur Einnahmen-Überschussrechner und nur Unternehmer, deren Pkw zu weniger als 50,1 % betrieblich genutzt wird. Diese einengende Auffassung teilen wir aber nicht, sondern sind der Ansicht, dass auch Bilanzierende und Unternehmer mit Kfz im "notwendigen Betriebsvermögen" betroffen sein könnten. Ein Nachweis der jeweiligen betrieblichen und privaten Nutzung wird indes nur durch Führung eines Fahrtenbuchs gelingen.

Musterformulierung:

"Hiermit erhebe ich Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 20.. vom .... (und ggf. gegen den Gewerbesteuermessbescheid). Begründung. Der Gewinn aus der Veräußerung (Entnahme) des Kfz .......... in Höhe von ...... ist zu 100 Prozent der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Ich bin jedoch der Auffassung, dass der Veräußerungsgewinn (Entnahmegewinn)) nur zu ... Prozent versteuert werden darf, da das Kfz in den Jahren ... bis ... nur zu ... Prozent betrieblich genutzt worden ist. Diesbezüglich verweise ich auf die geführten Fahrtenbücher. Ich erlaube mir im Übrigen, Sie insoweit auf das Verfahren VIII R 9/18 zu verweisen, das derzeit beim Bundesfinanzhof anhängig ist. Bis zu einer Entscheidung in dem BFH-Verfahren bitte ich um ein Ruhen meines Rechtsbehelfs."

Hinweis: Gegebenenfalls ist der Einspruch auch gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen einzulegen. Zu beachten ist aber, dass dieser überhaupt nur dann Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn die Umsatzsteuer beim Verkauf nicht offen ausgewiesen worden ist. Denn eine ausgewiesene Umsatzsteuer wird immer geschuldet.

 

IX. Steuergrundlagen

1. Lebenspartnerschaft:
Umwandlung in Ehe steuerlich doch mit Rückwirkung

Seit 2013 werden Lebenspartner in eingetragener Lebenspartnerschaft steuerlich genau wie Ehegatten behandelt. Sie können also auch die Zusammenveranlagung beantragen. Für die Fälle vor 2013 gilt dies aber nur, wenn die Bescheide noch nicht bestandskräftig sind bzw. waren. Am 1.10.2017 ist das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" in Kraft getreten (EheöffnungsG). Dies gibt in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Steuerpflichtigen das Recht, ihre eingetragene Lebenspartnerschaft zivilrechtlich rückwirkend in eine Ehe umwandeln zu lassen.

Viele Eheleute, die dieses Recht in Anspruch genommen haben, haben Anträge auf Änderung von bereits bestandskräftigen und zum Teil verjährten Einkommensteuerbescheiden gestellt. Auch die Änderung bestandskräftiger Grunderwerbsteuerbescheide wird mitunter beantragt. Begründet wird dies damit, dass es sich bei der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe um ein "rückwirkendes Ereignis" i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handele. Dies eröffne die Möglichkeit, die Einkommensteuerfestsetzung rückwirkend im Wege der Zusammenveranlagung vorzunehmen - und zwar auch in Jahren vor 2013. Hinsichtlich der Grunderwerbsteuer sei die Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 - 7 GrEStG möglich. Die Finanzverwaltung konnte sich allerdings nicht dazu durchringen, die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe als rückwirkendes Ereignis anzuerkennen (vgl. SteuerSparbrief Mai 2018).

AKTUELL hat das Finanzgericht (FG) Hamburg der Klage eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares stattgegeben, das die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer begehrte, und zwar rückwirkend ab dem Jahr 2001 (Urteil vom 31.7.2018, 1 K 92/18).

  • Die Kläger hatten nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2001 eine Lebenspartnerschaft begründet, die sie im November 2017 in eine Ehe umwandelten. Sie beantragten, die für Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft, also ab 2001. Weil beide Partner bis in das Jahr 2012 bereits mit bestandskräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren, lehnte das Finanzamt die - rückwirkende - Zusammenveranlagung ab.
  • Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Das EheöffnungsG bestimme in Art. 3 Abs. 2, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend sei. Nach der Umwandlung seien die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Das EheöffnungsG sei ein außersteuerliches Gesetz und damit grundsätzlich geeignet, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darzustellen, das eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide ab 2001 rechtfertige. Diese Rückwirkung sei direkt aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG herzuleiten. Die Bestandskraft sei kein derart tragendes Prinzip des Rechts, dass eine Änderung bestandskräftiger Bescheide infolge einer Gesetzesänderung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der Rückwirkung bedürfe.

STEUERRAT: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass die Entscheidung zunächst nur einen Etappensieg darstellt (Az. beim BFH: III R 57/18). Dennoch sollten sich alle gleichgeschlechtlichen Ehepartner, für die die Zusammenveranlagung vorteilhaft ist, auf das Urteil berufen und ihre Anträge auf rückwirkende Zusammenveranlagung - weiterhin - verfolgen.

Weitere Informationen: Steuerrat für eingetragene Lebenspartnerschaft und gleichgeschlechtliche Ehe

 

2. Steuererklärung:
Elektronische Übermittlung der Bilanz keine unbillige Härte

Alle Steuerbürger, die Gewinneinkünfte erzielen, sind zur elektronischen Abgabe ihrer Steuererklärung verpflichtet. Hierunter fallen Land- und Forstwirte, Gewerbetreibende, Freiberufler und andere Selbstständige. Auch für Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) gilt diese Verpflichtung. Lediglich zur Vermeidung "unbilliger Härten" kann das Finanzamt gestatten, die Steuererklärung weiterhin nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt einzureichen. Solche Ausnahmen werden aber immer seltener erteilt.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof geurteilt, dass die Verpflichtung eines Unternehmers zur elektronischen Übermittlung seiner Bilanz und GuV keine unbillige Härte darstellt. Im aktuellen Fall hat er diesen Grundsatz sogar auf ein Unternehmen übertragen, das sicherungstechnische Einrichtungen herstellt und vertreibt (BFH-Urteil vom 15.5.2018, VII R 14/17). Begründung: Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit ergebe sich - bei offensichtlichem Vorliegen der technischen Möglichkeiten für die elektronische Übermittlung - nicht aus dem behaupteten Ausspähungsrisiko. Das allgemeine Risiko eines "Hacker-Angriffs" sei im überwiegenden Interesse des Gemeinwohls hinzunehmen. Auch die Erkenntnisse aus der "NSA-Affäre" und den "Snowden-Enthüllungen" seien keine neuen Gesichtspunkte, welche eine andere Sichtweise erfordern. Die elektronische Übermittlung der Daten sei nicht manipulationsanfälliger als die papiergebundene Abgabe.

MEINUNG: Dem Urteil ist im Ergebnis wohl zuzustimmen, da die Digitalisierung voranschreitet und daher der digitale Datenaustausch zwischen Bürgern und Behörden zum Alltag gehören muss. Aber: Es hätte dem BFH gut zu Gesicht gestanden, wenn er näher ausgeführt hätte, warum ein möglicher Hacker-Angriff im überwiegenden Interesse des Gemeinwohls hinzunehmen ist. Denn merkwürdigerweise ist das Urteil gerade einmal eine Woche nach der Meldung der Bundesregierung veröffentlicht worden, wonach der Bund eine Agentur für Cybersicherheit gründet. Da hätte sich der BFH fast schon zwingend mit dieser neuen Beurteilung der Sicherheitslage durch die Bundesregierung auseinandersetzen müssen.

 

X. Schenkung und Erbschaft

1. Erbschaftsteuer:
Wenn der Erbe das ererbte Grundstück selbst finanziert hat

Es gibt Gerichtsentscheidungen, die sind nur schwer zu verstehen und widersprechen normalem Menschenverstand. Von einem solchen Urteil ist hier zu berichten. Verständlich ist folgende Regel: Wenn ein Erbe im Zuge der Erbschaft Schulden vom Erblasser übernimmt, können diese Schulden von dem Wert des Erbes abgezogen werden, sodass sich eine mögliche Erbschaftsteuer verringert. Was aber gilt, wenn der Erbe zuvor die Erbschaft selber finanziert hat und so ein unbelastetes Erbe übernehmen kann? Muss er tatsächlich Erbschaftsteuer auf das von ihm selber finanzierte Haus bezahlen?

AKTUELL hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dass für die Erbschaftsteuer die ungeminderten Grundbesitzwerte zugrunde gelegt werden müssen. Die vom Erben zugunsten der Erblasserin aufgenommenen Darlehen und die gezahlten Schuldzinsen mindern die erbschaftsteuerliche Bereicherung des Erben nicht. Die gezahlten Zinsen und Darlehensverbindlichkeiten des Erben werden nicht als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd berücksichtigt (FG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.4.2017, 3 K 233/14).

  • Der Fall: Die Tochter erbte als Alleinerbin von ihrer Mutter drei Eigentumswohnungen. Um ihr den Kauf der Wohnungen zu ermöglichen, hatte die Tochter für die Mutter entsprechende Darlehen aufgenommen und die dafür fälligen Zinsen gezahlt. Schuldrechtliche Vereinbarungen über die Rückzahlung des Geldes oder eine Beteiligung an den Zinszahlungen gab es zwischen Tochter und Mutter nicht. Das Finanzamt verlangte Erbschaftsteuer für die Grundbesitzwerte der Wohnungen und berücksichtigte die Darlehensverbindlichkeiten nicht.
  • Das Finanzgericht bestätigte dies. Die Tochter hat die Wohnungen der Mutter durch das Erbe erhalten. Das Finanzamt hat zu Recht die ungeminderten Werte der Wohnungen berücksichtigt. Die von der Tochter aufgenommenen Darlehen und gezahlten Zinsen mindern diesen Wert nicht. Für die Erbschaftsteuer ist der Nettobetrag der Bereicherung relevant, d.h. der Wert der geerbten Objekte abzüglich etwaiger Verbindlichkeiten. Dass die Tochter die Darlehensverträge zum Erwerb der Wohnungen durch die Erblasserin in eigenem Namen abgeschlossen und die Zinsen für den Erwerb gezahlt hat, hat weder zu einer Werterhöhung der Grundstücke geführt noch war die Tochter aufgrund ihres finanziellen Engagements bereits vor dem Erbfall wirtschaftliche Eigentümerin der Grundstücke.

 

XI. Soziales

1. Krankenversicherung:
Werden Tantiemen bei der Entgeltgrenze berücksichtigt?

Arbeitnehmer sind in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei, wenn ihr Jahreseinkommen die so genannte Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Sie können dann weiterhin freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben oder aber in die private Krankenversicherung wechseln. Für das Jahr 2018 gilt eine Grenze von 59.400 EUR (2019 voraussichtlich 60.750 EUR).

Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt (JAE) wird vorausschauend ermittelt, und zwar auf der Grundlage der gegenwärtigen und bei normalem Verlauf für ein Zeitjahr zu erwartenden Einkommensverhältnisse. Regelmäßige Einmalzahlungen, die mit hinreichender Sicherheit gezahlt werden, sind hinzuzurechnen. Dies ist zum Beispiel beim tarifvertraglich oder einzelvertraglich zugesicherten Weihnachts- und Urlaubsgeld der Fall.

Dem regelmäßigen JAE nicht zuzurechnen sind Arbeitsentgelte bzw. einzelne Bestandteile, bei denen ungewiss ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie gewährt werden. Dies ist der Fall bei variablen Bezügen, die individuell-leistungsbezogen gewährt werden oder vom Unternehmenserfolg abhängen (also Boni, Tantiemen und ähnliche Bezüge).

Nur wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Mindestbetrag oder garantierten Anteil an solchen Vergütungen hat, sind diese Entgeltbestandteile bei der Ermittlung des regelmäßigen JAE zu berücksichtigen (so die "Grundsätzlichen Hinweise zur Versicherungsfreiheit von Arbeitnehmern bei Überschreiten der JAE", GKV-Spitzenverband vom 22.2.2017 unter Ziffer 2.2).

AKTUELL hat der GKV-Spitzenverband seine Grundsätze konkretisiert und ergänzt (Ergebnisniederschrift über die Sitzung der Fachkonferenz Beiträge vom 21.3.2018, "summa summarum" 3/2018 S. 9). Danach gilt:

  • Einmalig gezahlte Prämien: Variable Arbeitsentgeltbestandteile, die individuell-leistungsbezogen oder bezogen auf den Unternehmenserfolg in Form von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt gewährt werden, sind nicht dem regelmäßigen JAE zuzuordnen, da sie nicht vorhersehbar sind (z.B. Jahrestantiemen, Gewinnbeteiligungen). Bei ihnen handelt es sich um unregelmäßige Entgeltbestandteile, die einer prognostischen Betrachtung bzw. einer Schätzung im Wege einer Durchschnittsbetrachtung nicht zugänglich sind. Sofern von einzelnen Arbeitgebern in der Vergangenheit hiervon abweichend verfahren wurde, hat es für zurückliegende Zeiträume damit sein Bewenden.
  • Monatlich gezahlte Prämien: Variable Arbeitsentgeltbestandteile, die individuell-leistungsbezogen gewährt werden, sind allerdings dann dem regelmäßigen JAE zuzurechnen, wenn sie üblicherweise Bestandteil des monatlich zufließenden laufenden Arbeitsentgelts sind und dieses insoweit mitprägen (z.B. Verkaufsprovisionen). Sofern sich das monatlich zufließende Arbeitsentgelt typischerweise aus einem vertraglich fest vereinbarten Fixum sowie einem erfolgsabhängigen und somit variablen Anteil zusammensetzt, wird das monatliche Arbeitsentgelt auch von dem variablen Anteil dergestalt charakterisiert, dass bei dem variablen Bestandteil gleichermaßen von einem regelmäßigen Arbeitsentgelt auszugehen ist; die Höhe des monatlich zufließenden variablen Bestandteils bzw. dessen Relation zum ggf. vertraglich vereinbarten Fixum ist dabei grundsätzlich nicht von Bedeutung. Bei schwankender Höhe des variablen Arbeitsentgeltbestandteils ist der für die Ermittlung des regelmäßigen JAE maßgebende Betrag im Wege einer Prognose bzw. vorausschauenden Schätzung zu ermitteln.

Beispiel:
Herr Steuerle wird befördert und erhält künftig neben einem höheren Fixgehalt einen höheren laufenden (monatlichen) Provisionsanspruch. Mit dem festen und variablen Gehalt erreicht er in 2018 einen Bruttoarbeitslohn von voraussichtlich 57.000 EUR. Es besteht darüber hinaus ein Anspruch auf eine Tantieme, sofern der Betrieb insgesamt seine Umsatz- und Gewinnziele für das Jahr 2018 erreicht. Dieser Anspruch beträgt 3.000 EUR.
Die allgemeine JAE-Grenze (2018: 59.400 EUR) überschreitet Herr Müller nicht, da die mögliche Tantieme von 3.000 EUR nicht einbezogen wird. Herr Müller kann sich also noch nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung befreien lassen.

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