SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Firmenfahrräder: Neue Steuerfreiheit des geldwerten Vorteils
  • Fahrten zur Arbeit: Steuerfreiheit für Zuschüsse und Jobtickets
  • Midijob: Ausweitung der Gleitzone auf 1.300 Euro 
  • Buchführung: Monatliche Buchung auch bei Quartalszahlern Pflicht? 
  • Krankenversicherung: Zahlreiche Änderungen in 2019

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Dezember 2018 

Liebe Leserin, lieber Leser,

einige Jahre herrschte in der steuerlichen Gesetzgebung Ruhe. Dies war zum einen der Großen Koalition und dem damit einhergehenden Stillstand und zum anderen Wolfgang Schäuble persönlich zu verdanken. Der langjährige Bundesfinanzminister war kein Freund von hektischen Gesetzesänderungen. Doch mit dieser Ruhe ist nun Schluss.

Im Jahre 2019 werden umfassende steuerliche Änderungen in Kraft treten, die von Steuerbürgern, Lohnsteuerhilfevereinen und Steuerberatern zu beachten sind. Hinzu kommen zahlreiche Änderungen in der Sozialgesetzgebung.

Es werden eine Reihe von Freibeträgen erhöht, so zum Beispiel der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag. Auch die Ausweitung der Gleitzone bei den so genannten Midi-Jobs und der verbesserte Steuervorteil für Elektrofahrzeuge sind zu begrüßen. Lobenswert sind zudem das bereits eingeführte Baukindergeld sowie die Steuerfreiheit von Jobtickets. Die wichtigsten Änderungen finden Sie in diesem SteuerSparbrief. Den ausführlichen Beitrag zu den Änderungen des Jahres 2019, auch zu den umsatzsteuerlichen Neuregelungen, können Sie hier aufrufen: Steueränderungen 2019 im Überblick

Sicherlich wären mutigere Schritte, insbesondere beim Abbau der "kalten Progression", wünschenswert gewesen. Auch entpuppt sich nicht jede Steuerminderung als Wohltat der Bundesregierung, denn letztlich sind die Erhöhungen vieler Freibeträge bereits verfassungsrechtlich geboten. Zudem hätte die eine oder andere Vergünstigung einfacher ausgestaltet werden können, beispielsweise indem statt der Einführung eines Baukindergeldes einfach die Grunderwerbsteuer gesenkt worden wäre.

Dennoch soll an dieser Stelle nicht verkannt werden, dass die Große Koalition nach zermürbenden Monaten endlich handelt und im Bereich des Steuer- und Sozialversicherungsrechts für nennenswerte Änderungen sorgt. Es bleibt zu hoffen, dass die Konzentration auf die Sachthemen fortgeführt wird. Mir jedenfalls ist dies lieber als eine Politik, die sich über Wochen um den Leiter des Verfassungsschutzes streitet und sich mit Ultimaten und Schuldvorwürfen das Leben schwer macht. Denn die Herausforderungen sind groß.

Als finanzpolitisch wichtigstes Thema der nächsten Jahre ist wohl die Sicherung des Rentenniveaus zu nennen. Die Rentenkommission soll ihren Bericht mit einer Empfehlung für einen "verlässlichen Generationenvertrag" bis März 2020 vorlegen. Ziel soll es sein, Wege zu einer nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme ab dem Jahr 2025 zu finden.

Vielleicht wäre es eine Idee, den vom damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Beck bereits im Jahre 2007 ins Spiel gebrachten "Deutschlandfonds für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" wieder neu zu bedenken. Ich kann mich daran erinnern, dass Kurt Beck seinerzeit viel Kritik für seinen Vorschlag hat einstecken müssen. Unter anderem hat sich Oskar Lafontaine wie folgt geäußert: "Der so genannte Deutschlandfonds ist nicht durchdacht". Angesichts der Lohnentwicklung in Deutschland sei die Idee geradezu absurd (Quelle: Pressemitteilung von Werner Dreibus, Oskar Lafontaine, 26. Juni 2007).

Nur: Wäre der Vorschlag damals aufgegriffen - und vor allem sinnvoll umgesetzt - worden, hätten sich diejenigen, die nun das Rentenalter erreicht haben, angesichts der guten Konjunktur über eine nette Zusatzversorgung aus dem Deutschlandsfonds freuen können und das kommende Weihnachtsfest würde möglicherweise für den einen oder anderen mit größeren Geschenken einhergehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien eine frohe Adventszeit, ein gesegnetes
Weihnachtsfest und alles Gute für das kommende Jahr 2019.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Auswärtstätigkeit:
Reisezeit ins Ausland ist Arbeitszeit

AKTUELL hat das Bundesarbeitsgericht zu Gunsten der Arbeitnehmer ein höchst erfreuliches Urteil gefällt: Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten. Denn die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück erfolgen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Erforderlich ist dabei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt (BAG-Urteil vom 17.10.2018, 5 AZR 553/17).

Der Fall: Der Kläger ist als technischer Mitarbeiter beschäftigt und arbeitsvertraglich verpflichtet, auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland zu arbeiten. Vom 10. August bis zum 30. Oktober 2015 war er auf eine Baustelle nach China entsandt. Auf seinen Wunsch buchte der Arbeitgeber für die Hin- und Rückreise statt eines Direktflugs in der Economy-Class einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai. Für die vier Reisetage zahlte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden, insgesamt 1.149 Euro brutto. Mit seiner Klage verlangt der Mitarbeiter Vergütung für weitere 37 Stunden mit der Begründung, die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle und zurück sei wie Arbeit zu vergüten. Vor dem höchsten Arbeitsgericht - dem Bundesarbeitsgericht - hatte der Arbeitnehmer Erfolg.

 

2. Arbeitszimmer:
Wenn der Steuerfahnder plötzlich klingelt

Zunehmend versucht die Finanzverwaltung, ihre Befugnisse erheblich zu erweitern. Eine dieser - äußerst umstrittenen - Maßnahmen ist der so genannte Flankenschutz. Danach sind Mitarbeiter der Finanzverwaltung befugt, bei Ihnen ohne Ankündigung anzuklingeln, um Sie zu bitten, einen Blick in das von Ihnen geltend gemachte Arbeitszimmer werfen zu dürfen. Zwar sind Sie nicht verpflichtet, dem Finanzbeamten Zutritt zu Ihrer Wohnung zu gewähren. Allerdings setzt die Finanzverwaltung ganz massiv auf den Effekt der "Überrumpelung."

Einen besonders dreisten Fall erlebte eine Steuerzahlerin, die erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machte. Denn plötzlich stand nicht ein "einfacher" Finanzbeamter auf der Matte, sondern ein Mitarbeiter der Steuerfahndung, der sich auch als solcher auswies, um sich im Rahmen des "Flankenschutzes" ein Bild über das Vorhandensein und den Zustand des häuslichen Arbeitszimmers zu machen. Der Beamte betrat die Wohnung, da die Steuerbürgerin der Besichtigung nicht widersprach. Dort stellte er fest, dass ein häusliches Arbeitszimmer tatsächlich vorhanden war. Der Wohnungsgrundriss stimmte aber offenbar nicht mit dem überein, der dem Finanzamt vorlag. Unmittelbare negative Konsequenzen wurden indes nicht gezogen. Der Vermerk des "Flankenschützers" endete mit dem Hinweis an den Veranlagungsbezirk, dass die Klägerin demnächst in die gegenüberliegende Wohnung ziehen werde und abzuwarten sei, welche Raumaufteilung sich dann ergebe.

Gegen die Ortsbesichtigung legte die Steuerzahlerin dennoch Einspruch und später Klage ein. Die unangekündigte Ortsbesichtigung sei rechtswidrig, weil sie unverhältnismäßig gewesen sei. Durch das Auftreten als Steuerfahndung sei eine Drucksituation aufgebaut worden, und zwar auch, obwohl der Steuerfahnder erläuterte, dass er im Veranlagungsverfahren tätig sei. Für einen Laien seien diese Unterschiede nicht ohne Weiteres erkennbar. Im Ergebnis sei deshalb ihr gegenüber der Eindruck erweckt worden, es werde gegen sie wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Hierdurch sei ihr Ansehen erheblich gefährdet worden.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster die Klage als unzulässig abgewiesen, da es der Klägerin am notwendigen Feststellungsinteresse fehle (Urteil vom 11.7.2018, 9 K 2384/17). Zunächst bestehe keine Wiederholungsgefahr, da eine erneute Ortsbesichtigung in absehbarer Zeit nicht drohe. Auch ein Rehabilitationsinteresse aufgrund eines erheblichen Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre, der mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung einherginge, liege nicht vor. Ein solcher Vorwurf sei allein durch den Besuch eines Steuerfahnders nicht verknüpft, da die Steuerfahndung nicht nur für strafrechtliche, sondern auch für steuerliche Sachverhaltsermittlungen zuständig sei. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Grundrecht auf Schutz der Wohnung berufen, da sie den Flankenschützer freiwillig in ihre Wohnung gelassen habe. Durch die Vorlage seines Dienstausweises habe er die Klägerin auch nicht über den tatsächlichen Anlass seines Besuchs getäuscht. Vielmehr habe er die Klägerin über den konkreten Zweck der Maßnahme - die Inspektion des häuslichen Arbeitszimmers - vor dem Betreten der Wohnung informiert.

STEUERRAT: Sie sind nicht verpflichtet, einem Finanzbeamten im Rahmen des Flankenschutzes bzw. des reinen Veranlagungsverfahrens Zutritt zu ihrer Wohnung zu gewähren. Zwar befürchten die Betroffenen, dass ihnen unmittelbar negative Konsequenten drohen, wenn sie den Zutritt verweigern, das heißt, dass ihnen der Werbungskostenabzug für das Arbeitszimmer gestrichen wird. Das ist jedoch - zumindest in der Theorie - nicht zulässig (zugegebenermaßen ist die Praxis wohl eine andere).

 

3. Firmenwagen und Betriebs-Pkw:
Verbesserter Steuervorteil für Elektrofahrzeuge

Lohnt sich der Kauf oder das Leasing eines Elektrofahrzeugs? Immerhin ist bei Elektrofahrzeugen und Hybridelektrofahrzeugen der Preis deutlich höher als für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Diese Frage stellen sich Unternehmer, wenn sie für sich einen Betriebs-Pkw anschaffen wollen, und Arbeitnehmer, wenn sie vom Arbeitgeber einen Firmenwagen bekommen.

  • Selbstständige müssen für die Privatfahrten mit einem betrieblichen Fahrzeug einen Entnahmewert versteuern, d.h. als Betriebseinnahmen ansetzen. Die private Nutzung ist eine unentgeltliche Wertabgabe bzw. Privatentnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG). Der Entnahmewert kann ermittelt werden nach der Pauschalmethode (monatlich 1 % des Listenpreises) oder nach der Fahrtenbuchmethode (Nachweis von Kosten und Fahrten). Voraussetzung für die Pauschalmethode ist allerdings, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird.
  • Arbeitnehmer, die einen Firmenwagen auch für Privatfahrten nutzen dürfen, müssen einen privaten Nutzungswert als geldwerten Vorteil versteuern (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und 4 EStG). Auch hier kann der Nutzungswert nach der 1 %-Pauschalmethode - ohne dass es auf die 50 %-Hürde ankommt - oder nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt werden.

Derzeitige Steuervergünstigung: Bei Anwendung der 1 %-Pauschalmethode werden der Listenpreis und bei der Fahrtenbuchmethode die Anschaffungskosten jeweils um die darin enthaltenen Kosten für das Batteriesystem in Form eines Pauschalbetrages, begrenzt auf einen Abzugshöchstbetrag, vermindert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG).

Die Förderung hat bereits im Jahre 2013 begonnen: Bei Anschaffung oder Leasing eines Elektrofahrzeugs bis 31.12.2013 wurden pauschal 500 EUR pro kWh der Batteriekapazität, max. 10.000 EUR, vom Listenpreis bzw. den Anschaffungskosten abgezogen. Diese Beträge vermindern sich bei Anschaffung in den Folgejahren um 50 EUR pro kWh bzw. um 500 EUR pro Jahr. Bei Anschaffung oder Leasing im Jahre 2018 werden die Anschaffungskosten bzw. der Listenpreis gekürzt um 250 EUR pro kWh Batteriekapazität, höchstens um 7.500 EUR. Diese Vorzugsregelung gilt weiter für Fahrzeuge, die vor 2019 und nach 2021 angeschafft oder geleast werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 Nr. 1 EStG 2019).

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" - manchmal auch als "Jahressteuergesetz 2018" bezeichnet - die Steuervergünstigung für Elektrofahrzeuge deutlich verbessert: Bei Anschaffung oder Leasing eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs im Zeitraum 1.1.2019 bis 31.12.2021 muss bei Anwendung der 1 %-Pauschalmethode der Listenpreis nur noch zur Hälfte angesetzt werden. Oder anders herum: Bei Selbstständigen wird der private Entnahmewert und bei Arbeitnehmern der steuerpflichtige geldwerte Vorteil - statt mit 1 Prozent - nur noch mit 0,5 Prozent bewertet. Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode sind die Anschaffungskosten oder vergleichbare Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Nr. 2 EStG 2019).

ACHTUNG: Begünstigt sind in erster Linie reine Elektrofahrzeuge: Das sind Autos mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden. Begünstigt sind aber auch extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge. Allerdings müssen die Hybridfahrzeuge die Voraussetzungen des Elektromobilitätsgesetzes erfüllen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 EmoG). Gefördert werden also nur ökologisch sinnvolle Fahrzeuge, die eine elektrische Mindestfahrleistung von 40 Kilometer haben oder eine Höchstemission von 50g CO2 pro Kilometer aufweisen.

Falls Hybridelektrofahrzeuge nach dieser Regelung ab 2019 nicht begünstigt sind, gilt für diese der bisherige Nachteilsausgleich durch Minderung des Bruttolistenpreises um die pauschalen Beträge für das Batteriesystem. Das heißt: Bei Anschaffung im Jahre 2019 werden der Listenpreis bzw. die Anschaffungskosten gekürzt um 200 EUR pro kWh Batteriekapazität, höchstens um 7.000 EUR.

Zur 1 %-Pauschalmethode: Die Absenkung des Prozentsatzes von 1 auf 0,5 Prozent ist so im Koalitionsvertrag vereinbart und wird gesetzestechnisch durch eine Halbierung der Bemessungsgrundlage umgesetzt. Die neue Regelung gilt nicht nur für Privatfahrten, sondern auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. Betriebsstätte und für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

Zur Fahrtenbuchmethode: Bei Nachweis der Kosten werden die Anschaffungskosten für das Fahrzeug in Form der Abschreibung (AfA) berücksichtigt. Entsprechend der Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der 1 %-Pauschalmethode sind die hier zu berücksichtigenden Aufwendungen zu halbieren. Nutzt der Steuerpflichtige ein geleastes oder gemietetes Kraftfahrzeug, sind entsprechend die Leasing- oder Mietkosten nur zur Hälfte anzusetzen.

Weitere Informationen: Firmenwagen: Nutzungswert bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen

 

4. Firmenfahrräder:
Neue Steuerfreiheit des geldwerten Vorteils ab 2019

Viele Firmen stellen ihren Mitarbeitern Fahrräder und Elektrofahrräder zur Verfügung, mit denen sie zur Arbeit fahren und die sie auch privat nutzen können (Firmenfahrräder). Wie beim Firmenwagen müssen die Mitarbeiter auch beim Firmenfahrrad seit 2012 einen geldwerten Vorteil versteuern. Und zwar monatlich 1 % des Listenpreises (sog. 1 %-Durchschnittsmethode). Dieser Betrag ist ebenfalls sozialversicherungspflichtig, sofern das Gehalt die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt (koordinierter Ländererlass vom 23.11.2012, BStBl. 2012 I S. 1224).

Für Elektro-Fahrräder, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, z.B. schnelle S-Pedelec und E-Bikes, gelten die Regeln zur Dienstwagenbesteuerung: Besteuerung nach der1 %-Pauschalmethode und zusätzlich ein Zuschlagswert von 0,03 % des Listenpreises für die Fahrten zur Arbeit.

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" eine erfreuliche Steuervergünstigung eingeführt: Ab dem 1.1.2019 ist der private Nutzungswert aus der Überlassung eines Firmenfahrrads für den Mitarbeiter steuerfrei und sozialversicherungsfrei. Voraussetzung ist, dass die Überlassung des Fahrrades zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt, z.B. Gehaltserhöhung, und nicht durch Gehaltsumwandlung finanziert wird (§ 3 Nr. 37 EStG 2019, eingeführt durch das "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

Diese Steuerbefreiung ist zunächst befristet bis zum 31.12.2021 (§ 52 Abs. 4 Satz 7 EStG 2019).

STEUERRAT: Steuerfrei für den Mitarbeiter ist auch der vom Arbeitgeber gestellte Ladestrom und die betriebliche Ladevorrichtung (§ 3 Nr. 46 EStG).

ACHTUNG: Die Steuerbefreiung gilt für "normale" Fahrräder und für Elektrofahrräder. Ist ein Elektrofahrrad jedoch verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen (z.B. Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt), gelten für die Bewertung des geldwerten Vorteils die Regeln der Dienstwagenbesteuerung. Damit greift bei Anschaffung im Zeitraum 2019 bis 2021 auch die Halbierung der Bemessungsgrundlage für Elektrofahrzeuge. Das heißt: Bei Anwendung der 1 %-Pauschalmethode ist der Listenpreis nur zur Hälfte anzusetzen, und für die Fahrten zur Arbeit ist ein Zuschlag von 0,03 % des halben Listenpreises hinzuzurechnen. Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode sind die Anschaffungskosten oder vergleichbare Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen.

 

5. Fahrten zur Arbeit:
Steuerfreiheit für Zuschüsse und Jobtickets des Arbeitgebers

Arbeitgeberleistungen - Zuschüsse und Jobtickets - für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Fahrten zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (z.B. Forstgebiet, Werksgelände) oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt (z.B. Busdepot, Fährhafen) gehören nach derzeitiger Rechtslage zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Solche Leistungen waren vor 2004 vollkommen steuerfrei. Heute können die Leistungen allenfalls

  • vom Arbeitgeber mit 15 % pauschal versteuert werden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG),
  • Jobtickets bis 44 EUR monatlich steuerfrei bleiben (kleine Sachbezugsfreigrenze gemäß § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG),
  • für Mitarbeiter von Verkehrsunternehmen bis zu 1.080 EUR steuerfrei bleiben (Personalrabatt gemäß § 8 Abs. 3 EStG).

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" eine tolle Steuervergünstigung eingeführt: Ab dem 1.1.2019 bleiben Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, Fahrten zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr in vollem Umfang steuerfrei und sozialversicherungsfrei (§ 3 Nr. 15 EStG 2019).

Steuerfrei sind ferner

  • unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (sog. Jobtickets),
  • Zuschüsse für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.

Das müssen Sie wissen:

  • Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Zuschüsse und Jobtickets zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden.
  • In der Einkommensteuererklärung werden die steuerfreien Leistungen auf die Entfernungspauschale angerechnet und vermindern so den als Werbungskosten abzugsfähigen Betrag.
  • Begünstigt werden nun Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Zurverfügungstellung von Fahrausweisen (Jobtickets), Zuschüsse des Arbeitgebers zum Erwerb von Fahrausweisen sowie Leistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) Dritter, die mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis erbracht werden. In die Steuerbefreiung werden auch die Fälle einbezogen, in denen der Arbeitgeber nur mittelbar (z.B. durch Abschluss eines Rahmenabkommens) an der Vorteilsgewährung beteiligt ist. Die Steuervergünstigung wird sogar erweitert auf private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.
  • Nicht begünstigt sind Arbeitgeberleistungen für die Nutzung eines Taxis oder eines Flugzeugs. Nicht begünstigt ist auch die private Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel außerhalb des öffentlichen Personennahverkehrs. Außerdem gilt die Steuerfreiheit nicht für Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge), die durch Gehaltsumwandlung finanziert werden, da nur zusätzliche Leistungen begünstigt werden.

 

6. Arbeitsmittel:
Schwarzer Anzug als typische Berufskleidung absetzbar?

Für die Berufsausübung benötigen viele Menschen eine besondere Kleidung. Die Ausgaben dafür sind steuerlich aber nur dann abziehbar, wenn es sich um "typische" Berufskleidung handelt. Das ist zum einen Spezialkleidung, zum anderen kann es in bestimmten Fällen auch bürgerliche Kleidung sein.

So wurde beispielsweise folgende bürgerliche Kleidung als Berufskleidung anerkannt: schwarzer Anzug bei einem Leichenbestatter (BFH-Urteil Urteil vom 30.9.1970, I R 33/69), schwarzer Anzug und schwarze Hosen bei einem Oberkellner (BFH-Urteil vom 9.3.1979, VI R 171/77), schwarzer Anzug bei einem katholischen Geistlichen (BFH-Urteil vom 10.11.1989, VI R 159/86).

AKTUELL hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg einen schwarzen Anzug bei einem Trauerredner nicht als Berufskleidung anerkannt. Ein schwarzer Anzug, der sich in keiner Weise von dem unterscheidet, was ein großer Teil der Bevölkerung als festliche Kleidung zu besonderen Anlässen trägt, sei keine typische Berufskleidung. Die Kleidung könne jederzeit zu privaten feierlichen Anlässen verwendet werden. Dies gelte für alle Berufe, daher auch für bestimmte Berufsgruppen wie Trauerredner, Leichenbestatter, katholische Geistliche und Oberkellner (FG Berlin-Brandenburg vom 29.8.2018, 3 K 3278/15, Revision VIII R 33/18).

Nach Auffassung der Richter sind ein schwarzer Anzug, schwarze Blusen und schwarze Pullover keine typische Berufskleidung. Ob und in welchem Umfang die Kleidungsstücke vom Steuerpflichtigen auch zu privaten Anlässen tatsächlich verwendet werden, ist unerheblich. Jeder Bestatter - und auch jeder Trauerredner - kann seinen schwarzen Anzug auch privat nutzen, egal, ob er haupt- oder nebenberuflich tätig ist und wie viele Stunden er beruflich tätig ist.

STEUERRAT: Die Entscheidung des Finanzgerichts widerspricht bisherigen BFH-Urteilen. Daher wird der BFH in der Revision die Streitfrage endgültig klären (Revision: VIII R 33/18). Bis dahin empfiehlt es sich, Steuerbescheide mittels Einspruch offen zu halten.

Bisher gilt folgende Rechtsauffassung: Ausnahmsweise können als "typische Berufskleidung" auch Kleidungsstücke gelten, "die ihrer Art nach der bürgerlichen Kleidung zuzurechnen sind, wenn eine Verwendung dieser Kleidungsstücke zum privatenBedarf aufgrund berufsspezifischer Eigenschaften so gut wie ausgeschlossen ist" (BFH-Urteil vom 6.12.1990, IV R 65/90). Als berufsspezifische Eigenschaft gilt vor allem die Tatsache, dass die Kleidung "typisch" für den Beruf ist.

Auch wenn eine private Verwendung so gut wie ausgeschlossen sein muss, heißt das nicht, dass die Kleidung nicht doch privat getragen werden kann. Wichtig ist daher folgende Aussage des BFH: "Typische Berufskleidung setzt nicht voraus, dass ein anderer Gebrauch, nämlich eine Verwendung als so genannte bürgerliche Kleidung, in jedem Falle ausgeschlossen sein muss, sie also als bürgerliche Kleidung überhaupt nicht getragen werden kann" (BFH-Urteil vom 10.11.1989, VI R 159/86).

Weitere Informationen: Arbeitsmittel: Typische Berufskleidung

 

7. Saison-Kurzarbeitergeld:
Winterbeschäftigungsumlage steuerlich absetzbar

In der Schlechtwetterzeit können die Beschäftigten des Baugewerbes, Gerüstbauerhandwerks, Dachdeckerhandwerks sowie des Garten- und Landschaftsbaus das sog. Saison-Kurzarbeitergeld erhalten. DasSaison-Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67 %, für Arbeitnehmer ohne Kinder 60 % des letzten Nettoverdienstes. Das Saison-Kurzarbeitergeld ist steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3 Nr. 2 EStG), wird aber in den Progressionsvorbehalt einbezogen (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG). Daher muss diese Leistung in der Einkommensteuererklärung als Lohnersatzleistung angegeben werden.

Zusätzlich zum Saison-Kurzarbeitergeld können die gewerblichen Arbeitnehmer im Rahmen von Tarifvereinbarungen Zusatzleistungen erhalten, wie das Zuschuss-Wintergeld und das Mehraufwands-Wintergeld. Auch diese beiden Leistungen sind steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3 Nr. 2 EStG) und werden nicht in den Progressionsvorbehalt einbezogen (R 3.2 Abs. 3 LStR). Sie brauchen deshalb diese Zahlungen nicht in Ihrer Steuererklärung anzugeben und der Arbeitgeber braucht sie auch nicht in Ihrer Lohnsteuerbescheinigung einzutragen.

Das Zuschuss-Wintergeld und das Mehraufwands-Wintergeld werden finanziert mittels einer Umlage, der sog. Winterbeschäftigungs-Umlage, durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

So hoch ist die Winterbeschäftigungs-Umlage

 

 

Umlage

Arbeitgeberanteil

Arbeitnehmeranteil

Bauhauptgewerbe

Dachdeckerhandwerk

Garten- und Landschaftsbau

Gerüstbauerhandwerk

2,00 %
2,00 %

1,85 %

1,00 %

1,20 %
1,20 %
1,05 %

1,00 %

0,8 %
0,8 %

0,8 %

--

Der vom Arbeitnehmer zu tragende Anteil an der Umlage ist steuer- und sozialversicherungspflichtig. Der Arbeitnehmeranteil von 0,8 % wird aus dem Bruttolohn des einzelnen Arbeitnehmers errechnet und an die entsprechende Kasse (SOKA-Bau, SOKA-DACH, EWGaLa, SKG) abgeführt. Um diesen Betrag vermindert sich der auszuzahlende Nettolohn.

STEUERRAT: Was nicht immer bekannt ist: Die Arbeitnehmerbeiträge zur Winterbeschäftigungsumlage sind als Werbungskosten absetzbar. Denn die Umlage wird aus dem steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn berechnet und vom Nettolohn einbehalten. Im Allgemeinen hat der Arbeitgeber sie in der Lohnsteuerbescheinigung gesondert ausgewiesen. Tragen Sie diese Beträge in der "Anlage N" in Zeile 46-48 unter "Sonstiges" ein.

ACHTUNG: Manche Finanzämter wollen die Arbeitnehmerbeiträge zur Umlage nicht als Werbungskosten erkennen, weil diese mit späteren Leistungen zusammenhängen, die steuerfrei seien, so mit dem Zuschuss-Wintergeld und dem Mehraufwands-Wintergeld (Abzugsverbot gemäß § 3c Abs. 1 EStG). Dies sollten Sie aber keinesfalls hinnehmen und sich wehren.

Berufen Sie sich auf die OFD Rheinland: Der Abzug als Werbungskosten ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Arbeitnehmerbeiträge mit späteren steuerfreien Leistungen zusammenhängen. Hier besteht tatsächlich kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Denn die Arbeitnehmerbeiträge dienen primär dem Erhalt des gegenwärtigen Arbeitsplatzes und der ununterbrochenen Beschäftigung. Zudem sind die Beiträge unabhängig davon zu zahlen, ob später tatsächlich steuerfreie Leistungen bezogen werden (OFD Rheinland vom 30.4.2007, Nr. 032/2007).

Weitere Informationen: Saison-Kurzarbeitergeld für Beschäftigte der Bauwirtschaft.

 

8. Abfindung:
Steuervergünstigung auch bei eigener Kündigung?

Die Abfindung ist eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG und gehört damit zu den "außerordentlichen Einkünften". Und für diese außerordentlichen Einkünfte gibt es eine Steuervergünstigung: die ermäßigte Besteuerung nach der sog. Fünftelregelung (§ 34 EStG). Dafür ist allerdings u.a. erforderlich, dass es sich um ein "besonderes Ereignis" handelt. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Beendigung oder Änderung des Vertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder wenn der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat.

Nach bisheriger Rechtsauffassung wird die Steuervergünstigung nicht gewährt, wenn Sie die Vertragsauflösung aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben, also ohne jegliche Veranlassung durch den Arbeitgeber selbst gekündigt haben (BFH-Urteil vom 27.6.2004, IX R 64/01).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Abfindung auch bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses mittels Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG steuerbegünstigt ist. Dies gilt auch bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages auf eigene Initiative des Arbeitnehmers. Wenn der Arbeitgeber eine Abfindung zahlt, sind Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dabei unter tatsächlichem Druck stand, regelmäßig entbehrlich. Ob eine Konfliktlage bestanden ist, ist also nicht mehr zu prüfen (BFH-Urteil vom 13.3.2018, IX R 16/17).

Nach Auffassung der Richter ist bei Zahlung einer Abfindung im Zuge der (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat. Wäre das der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Veranlassung, eine Abfindung zu leisten. Stimmt der Arbeitgeber demgegenüber einer Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer zu, kann im Regelfall angenommen werden, dass dazu auch eine rechtliche Veranlassung bestand. Insofern kann ohne Weiteres auch angenommen werden, dass der Arbeitgeber zumindest auch ein erhebliches eigenes Interesse an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte. Dass der Arbeitnehmer unter solchen Umständen bei Abschluss des Vertrags über die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses unter einem nicht unerheblichen tatsächlichen Druck stand, bedarf dann keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr.

Weitere Informationen: Abfindung wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

 

9. Abfindung:
Nachträgliche Vergleiche gefährden Steuerermäßigung

Für die Mitarbeiter des Bochumer Werks der Adam Opel AG (OPEL) gab es eine Rahmenvereinbarung zum sozialverträglichen Abbau von Stellen. Dazu wurde auf Veranlassung von OPEL mit Arbeitnehmern und der Firma TÜV NORD Transfer GmbH ein Vertrag geschlossen. In diesem Vertrag wurde das Arbeitsverhältnis zwischen OPEL und dem Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben und beendet. Zudem begründeten der Arbeitnehmer und die TÜV NORD Transfer im Anschluss ein auf zwölf Kalendermonate befristetes Arbeitsverhältnis.

AKTUELL haben offenbar zahlreiche Arbeitnehmer erreicht, dass ihre ursprünglich gezahlten Abfindungen im Jahre 2018 mittels Vergleichsvereinbarungen erhöht worden sind. Die Finanzämter vertreten die Auffassung, dass die zusätzliche Zahlung in 2018 dazu führt, dass die so genannte Zusammenballung von Einkünften nicht mehr gegeben ist. Das wiederum steht der Steuerermäßigung der Abfindung durch die "Fünftelregelung" entgegen. Das heißt: Nicht nur für die Zusatzzahlung entfällt die Steuerminderung, sondern - rückwirkend - auch für die Ursprungszahlung. Die Finanzämter werden bereits ergangene Steuerbescheide ändern.

STEUERRAT: Betroffene sollten bei Bedarf Anträge auf Erlass einer Billigkeitsregelung stellen, nach der die "in 2018 erhaltene Abfindung und die hierauf einbehaltenen Steuerabzugsbeträge im Ursprungsjahr der Abfindungszahlung zu berücksichtigen sind, die Steuerermäßigung nach § 34 EStG weiterhin gewährt und der Steuerbescheid entsprechend geändert werden soll." Berufen Sie sich auf folgende Fundstelle: BMF-Schreiben vom 1.11.2013, BStBl 2013 I S.1326 Rz. 19 i.V.m. BMF-Schreiben vom 4.3.2016, BStBl 2016 I S.277. Der Fiskus zeigt sich insoweit großzügig und lässt auf Antrag zu, dass die "Hauptentschädigung" und der in 2018 gezahlte Betrag zusammen im Jahr der ursprünglichen Zahlung, zumeist also 2015, zu versteuern sind. Es wird dann - weiterhin - die Fünftelregelung gemäß § 34 EStG gewährt. ABER: Wird der Antrag nicht gestellt, werden die Finanzämter die alten Steuerbescheide ändern und die Begünstigung nachträglich versagen. Übrigens sollte niemand darauf hoffen, dass der Sachverhalt der nachträglichen Zahlung nicht auffällt, denn dem Vernehmen nach liegen den Finanzämtern bereits entsprechende Kontrollmitteilungen vor. Im Übrigen sind nicht nur die OPEL-Mitarbeiter betroffen. Die Ausführungen gelten auch in anderen Fällen.
Unabhängig von den obigen Ausführungen bleibt die Frage, ob die Zuschüsse zum Transferkurzarbeitergeld ebenfalls ermäßigt zu besteuern sind. Hierzu wird demnächst der Bundesfinanzhof entscheiden müssen, so dass entsprechende Einspruchsverfahren bis dahin ruhen (Az. IX R 44/17). Weitere Informationen: SteuerSparbrief April 2018 ("Transferkurzarbeitergeld: Finanzverwaltung will das Jahr 2016 nicht ruhen lassen").

 

10. Abfindung:
Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers ist vererbbar

Wenn Urlaub nicht in Anspruch genommen werden kann, zahlt der Arbeitgeber im Allgemeinen eine Entschädigung zur Abgeltung verfallener Urlaubsansprüche. Doch was passiert, wenn der Arbeitnehmer stirbt und deswegen seinen Urlaub nicht mehr nehmen kann?

  • Im Jahre 2013 hatte das Bundesarbeitsgericht eine schwer nachzuvollziehende Entscheidung gefällt: Stirbt ein Arbeitnehmer und endet dadurch das Arbeitsverhältnis, haben die Erben keinen Anspruch auf die Abgeltung noch offener Urlaubsansprüche. Beim Urlaubsanspruch handele es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch des Arbeitnehmers, der weder übertragbar noch vererblich sei. Nach Auffassung der höchsten Arbeitsrichter gehe der Urlaubsanspruch des Mitarbeiters mit dessen Tod unter und könne sich nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Der Arbeitnehmer konnte den Urlaub nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen, sondern wegen seines Todes, der auch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (BAG-Urteil vom 12.3.2013, 9 AZR 532/11).
  • Im Jahre 2016 hat das Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Urlaubsabgeltung bei Tod eines Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis zur Vorabentscheidung vorgelegt (BAG-Beschluss vom 18.10.2016, 9 AZR 196/16 und 9 AZR 45/16). Nach der Rechtsprechung des BAG können weder Urlaubs- noch Urlaubsabgeltungsansprüche nach § 7 Abs. 4 BUrlG i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben eines Arbeitnehmers übergehen, wenn dieser während des Arbeitsverhältnisses stirbt.

AKTUELL hat der Europäische Gerichtshof die Frage der höchsten Arbeitsrichter aus Deutschland nun entschieden: Die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können von dessen ehemaligem Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den von dem Arbeitnehmer nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen. Der Anspruch des verstorbenen Arbeitnehmers könne im Wege der Erbfolge auf seine Erben übergehen. Der Urlaubsanspruch ist also vererbbar (EuGH-Urteil vom 6.11.2018, C-569/16, C-570/16).

  • Nach Auffassung des EuGH können sich die Erben unmittelbar auf das Unionsrecht berufen, sofern das nationale Recht eine solche Möglichkeit ausschließt und sich daher als mit dem Unionsrecht unvereinbar erweist, und zwar sowohl gegenüber einem öffentlichen als auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber.
  • Der Tod des Arbeitnehmers habe unvermeidlich zur Folge, dass er die Entspannungs- und Erholungszeiten nicht mehr wahrnehmen könne, die mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der ihm zugestanden habe, verbunden seien. Der zeitliche Aspekt sei jedoch nur eine der beiden Komponenten des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, das einen wesentlichen Grundsatz des EU-Sozialrechts darstelle und in der Charta der Grundrechte der EU ausdrücklich als Grundrecht verankert sei. Dieses Grundrecht umfasse auch einen Anspruch auf Bezahlung im Urlaub und - als eng mit diesem Anspruch auf "bezahlten" Jahresurlaub verbundener Anspruch - den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub.
  • Diese finanzielle Komponente sei rein vermögensrechtlicher Natur und daher dazu bestimmt, in das Vermögen des Arbeitnehmers überzugehen, sodass der tatsächliche Zugriff auf diesen vermögensrechtlichen Bestandteil des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub dem Vermögen des Arbeitsnehmers und in der Folge denjenigen, auf die es im Wege der Erbfolge übergehen soll, durch den Tod des Arbeitnehmers nicht rückwirkend entzogen werden könne.

STEUERRAT: Rechtmäßige Erben des verstorbenen Arbeitnehmers können vom Arbeitgeber die Abgeltung der noch offenen Urlaubsansprüche des Erblassers verlangen. Maßgeblich ist die gesetzliche Erbfolge des BGB. Vor der Auszahlung müssen rechtmäßige Erben daher den Nachweis ihrer Erbberechtigung anhand des ihnen vom Nachlassgericht erteilten Erbscheins führen. Dieser beinhaltet bei Erbengemeinschaften zugleich Angaben über die Größe des Erbteils (§ 2353 BGB).

Steuerrechtliche Behandlung

Die nach dem Tod des Arbeitnehmers auf rechtmäßige Erben übergegangene Urlaubsabgeltung gehört als sonstiger Bezug zum steuerpflichtigen Arbeitslohn der rechtmäßigen Erben. Möglicherweise liegt eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten vor, die mittels Fünftelregelung ermäßigt zu besteuern ist. Die Freibeträge für Versorgungsbezüge werden nicht berücksichtigt. Der Lohnsteuerabzug ist stets nach den Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ggf. Steuerklasse VI) der berechtigten Erben durchzuführen.

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

Nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit sind Urlaubsabgeltungen nach Beendigung der Beschäftigung durch Tod des Arbeitnehmers nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen und unterliegen nicht der Beitragspflicht (Besprechung vom 12.11.2014, TOP 4). Diese Beurteilung erfolgte jedoch noch unter Berücksichtigung der nicht EU-konformen alten Rechtsprechung des BAG.

Im April 2016 haben sich die Spitzenverbände erneut mit der Frage beschäftigt: Sie gelangten zu dem Ergebnis, dass an der bisherigen Auffassung festgehalten wird. Aus ihrer Sicht kommt eine beitragsrechtliche Neubewertung erst dann in Betracht, wenn die bisherige Rechtsprechung des BAG vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH unionrechtskonform angepasst worden ist. Diese angekündigte Neubewertung ist nun fällig.

 

11. Sozialabgaben:
Höhere Beiträge für Gutverdiener im Jahre 2019

Wie jedes Jahr werden auch im Jahre 2019 die Werte in der Sozialversicherung neu und höher festgesetzt. Es steigen sowohl die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung als auch die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung sinkt um 0,5 Prozentpunkte, während der Beitragssatz in der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte steigt.

Das sind die Bemessungsgrenzen in der Sozialversicherung

 



 

2019

2018

Monat

Jahr

Monat

Jahr

1. Renten- und Arbeitslosenversicherung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

- Alte Bundesländer

- Neue Bundesländer

6.700 EUR

6.150 EUR

80.400 EUR

73.800 EUR

6.500 EUR

5.800 EUR

78.000 EUR

69.600 EUR

 

 

2. Kranken- und Pflegeversicherung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

- Beitragsbemessungsgrenze

- Versicherungspflichtgrenze allgemein

- Versicherungspflichtgrenze

für PKV-Mitglieder am 31.12.2002

4.537,50 EUR

5.062,50 EUR

 

4.537,50 EUR

54.450 EUR

60.750 EUR

 

54.450 EUR

4.425 EUR

4.950 EUR

 

4.425 EUR

53.100 EUR

59 400 EUR

 

53.100 EUR

Aufgrund der erhöhten Beitragsbemessungsgrenzen steigen die Sozialabgaben für Arbeitnehmer mit einem Gehalt ab 4.537,50 EUR und noch mehr bei einem Gehalt ab 6.700 EUR.

So hoch ist der Sozialversicherungsbeitrag für Gutverdiener (ab 6.700 EUR, West)

 

Beiträge zur...

2019

2018

- Rentenversicherung

- Arbeitslosenversicherung

- Pflegeversicherung *)

- Krankenversicherung *)

- Zusatzbeitrag zur KV **)

18,6 %

2,5 %

3,05 %

14,6 %

je nach Kasse

623,10 EUR

83,75 EUR

69,20 EUR

331,24 EUR

hälftig

18,6 %

3,0 %

2,55 %

14,6 %

je nach Kasse

604,50 EUR

97,50 EUR

56,42 EUR

323,02 EUR

in voller Höhe

Gesamtbeitrag Arbeitnehmer **)

19,375 %

1.107,29 EUR

19,375 %

1.081,44 EUR

*) Beitragsbemessungsgrenze 2019: 4.537,50 EUR, 2018: 4.425 EUR
**) Der KV-Zusatzbeitrag ist unterschiedlich je nach Krankenkasse. Der durchschnittliche Beitragssatz im Jahre 2019 beträgt 0,9 Prozent (2018: 1,0 Prozent). Gesamtbeitrag zuzüglich Zusatzbeitrag.

Weitere Informationen: Werte in der Sozialversicherung 2018 und 2019.

 

12. Midijob:
Ausweitung der Gleitzone auf 1.300 Euro ab Juli 2019

Bei Überschreiten der Minijob-Grenze von 450 EUR monatlich besteht Versicherungspflicht in der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Doch in der sog. Gleitzone von 450 EUR bis 850 EUR (Midijob) werden die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet.Diese wird nach einer komplizierten Berechnungsformel ermittelt.

Aufgrund der ermäßigten Bemessungsgrundlage und der ermäßigten Rentenversicherungsbeiträge werden auch nur verringerte Rentenansprüche erworben. Doch aufgrund einer Aufstockungsoption können die Arbeitnehmer bezüglich der Rentenversicherung auf die Anwendung der ermäßigten Bemessungsgrundlage verzichten und stattdessen Beiträge zur Rentenversicherung vom vollen Monatsverdienst zahlen.

AKTUELL wird mit dem "Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung" ab dem 1.7.2019 die bisherige Gleitzone bis 850 EUR ausgeweitet und umbenannt zu einem Übergangsbereich bis 1.300 EUR, bis zu dem geringere Sozialabgaben fällig werden(§ 20 Abs. 2 SGB IV). Außerdem wird gesetzlich geregelt, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen. Sie brauchen also - anders als bisher - nicht mehr aus eigenen Mitteln auf den AN-Anteil von 9,3 % aufgestockt werden (§ 70 Abs. 1a SGB VI und § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2c SGB IV).

Von der Neuregelung profitieren sowohl die bisher in der Gleitzone bis 850 EUR beschäftigten Arbeitnehmer als auch diejenigen im neuen Übergangsbereich bis 1.300 EUR. Die Neuregelung gilt ebenfalls für Arbeitnehmer, die bisher auf die Anwendung der Gleitzone in der Rentenversicherung verzichtet haben.

Die neue Midijob-Formel, nach der zukünftig das beitragspflichtige Arbeitsentgelt zur Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ermittelt wird, lautet wie folgt:

F x 450 + ([1.300/(1.300-450)] - [450/(1.300-450)] x F) x (AE - 450)

Wie berechnet sich der Faktor F?

Wesentlicher Parameter der Formel ist der Faktor F, der sich an der Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags orientiert und sich ebenfalls zum 1.1.2019 verändern wird. Der Faktor errechnet sich, indem der Wert von 30 % (das ist die Pauschalabgabe für Minijobs) durch den durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungs-Beitragssatz dividiert und dann auf vier Dezimalstellen gerundet wird (§ 163 Abs. 10 SGB VI).

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wird um 0,5 % auf 2,5 % gesenkt. Der Beitrag zur Pflegeversicherung steigt um 0,5 % auf 3,05 %. Für die Berechnung des Faktor F wird mit dem durchschnittlichen KV-Zusatzbeitragssatz gerechnet, der im Jahre 2019 auf 0,9 % abgesenkt wird. Bei der Beitragsberechnung in der Gleitzone wird dann mit dem krankenkassenindividuellen KV-Zusatzbeitrag des Arbeitnehmers gerechnet. Damit wird der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz 39,65 % betragen. Der Faktor F beträgt damit 0,7566 (30 : 39,65).

Wie erfolgt die Berechnung der Sozialabgaben im Übergangsbereich?

  • Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird im Einstiegsbereich von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet. Diese wird nach einer besonderen Berechnungsformel ermittelt.
  • Vom Gesamtsozialversicherungsbeitrag muss der Arbeitgeber den "vollen" Beitragsanteil zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von rund 20 % tragen, die jedoch nicht von der ermäßigten Bemessungsgrundlage, sondern vom Brutto-Monatsverdienst berechnet werden.
  • Der verbleibende Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ist der Arbeitnehmeranteil. Dieser Beitragsanteil beginnt bei 451 EUR mit rund 10 %, steigt mit zunehmendem Arbeitslohn an und erreicht bei 1.300 EUR den normalen Arbeitnehmer-Beitragsanteil von rund 20 %.
  • Die Beitragsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgt für jeden Versicherungszweig getrennt.

Vorteil in der Rentenversicherung:

Aufgrund der ermäßigten Bemessungsgrundlage und der ermäßigten Rentenversicherungsbeiträge erwerben Midijobber bisher auch nur verringerte Rentenansprüche. Doch es besteht eine Aufstockungsoption: Sie können auf die Anwendung der ermäßigten Bemessungsgrundlage verzichten und stattdessen die Differenz zum halben Rentenbeitragssatz aus eigener Tasche bezahlen. Ab dem 1. Juli 2019 bleibt es zwar bei den ermäßigten Rentenversicherungsbeiträgen, doch dies führt nicht mehr zu verringerten Rentenansprüchen. Vielmehr werden Entgeltpunkte für Beitragszeiten aus einer Beschäftigung im Übergangsbereich immer aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet.

 

13. Minijob:
Überschreiten der 450 EUR-Grenze weiterhin dreimal im Jahr erlaubt

Eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) liegt vor, wenn der Arbeitslohn nicht höher ist als 450 EUR im Monat (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Bei der Arbeitslohngrenze von 450 EUR ist vom "regelmäßigen" Bruttoverdienst auszugehen. Maßgebend ist eine Durchschnittsbetrachtung: Der regelmäßige Verdienst darf im Durchschnitt eines Zeitraums von 12 Monaten nicht mehr als 450 EUR betragen (also max. 5.400 EUR bei durchgehender Beschäftigung). Wird diese Grenze überschritten, handelt es sich nicht mehr um eine "geringfügige Beschäftigung" (§ 8 Abs. 2 SGB IV).

Ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der Arbeitslohngrenze führt noch nicht zur Versicherungspflicht. Als "gelegentlich" gilt in Anlehnung an die Zeitgrenze von 3 Monaten bei kurzfristiger Beschäftigung (2015 bis 2018) ein dreimaliges Überschreiten der monatlichen Entgeltgrenze innerhalb eines Zeitjahres. Das "Zeitjahr" entspricht einem Zeitraum von 12 Monaten, welcher mit dem Monat endet, für den aktuell die Beurteilung des Versicherungsstatus wegen nicht vorhersehbaren Überschreitens erfolgen soll.

AKTUELL gilt ab dem 1.1.2019 weiterhin die Regelung der Jahre 2015 bis 2018, dass infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses (z.B. Urlaubs- oder Krankheitsvertretung) die Verdienstgrenze von 450 EUR dreimal im Jahr überschritten werden darf, ohne dass die Beschäftigung versicherungspflichtig wird (Geringfügigkeits-Richtlinien vom 12.11.2014, Tz. 3.1).

Eigentlich hätte ab Januar 2019 wieder die Regelung vor 2015 gelten sollen: Demnach wäre es für die Minijob-Regelung unschädlich gewesen, wenn infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses die Verdienstgrenze von 450 EUR "zweimal" im Jahr überschritten worden wäre.

ACHTUNG: Bei "schwankendem Arbeitslohn" gilt zur Berechnung der 450 EUR-Grenze aus Sicht der Sozialversicherung Folgendes: Bei unvorhersehbar schwankender Höhe des Arbeitsentgelts und in den Fällen, in denen im Rahmen einer Dauerbeschäftigung saisonbedingt vorhersehbar unterschiedliche Arbeitsentgelte erzielt werden, ist der regelmäßige Betrag durch Schätzung bzw. durch eine Durchschnittsberechnung zu ermitteln (Geringfügigkeitsrichtlinie vom 12.11.2014, Tz. 2.2.1.2).

  • Die Finanzverwaltung verneinte bislang das Vorliegen eines Minijobs, wenn ein vorhersehbares Überschreiten der monatlichen Entgeltgrenze von 450 EUR in mehr als drei Monaten innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums vorlag. Dies sollte selbst dann gelten, wenn der monatliche Durchschnitt des Entgelts in dem Zwölfmonatszeitraum 450 EUR nicht übersteigt.
  • ABER nach einem neuen Beschluss der Finanzverwaltung sollen unterschiedliche Auslegungen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht über das Vorliegen eines Minijobs vermieden werden. Dies soll dadurch gewährleistet werden, dass der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung über das Vorliegen eines Minijobs nunmehr auch steuerlich gefolgt wird. Mit einem Erlass der Finanzverwaltung ist in Kürze zu rechnen.

Beispiel:

Ein Kellner im Eiscafé erzielt in den Monaten April bis September monatlich 550 EUR und in den Monaten Oktober bis März monatlich 300 EUR.

Das für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgebende Arbeitsentgelt ist wie folgt zu ermitteln:

Januar bis März: 3 Monate x 300 EUR = 900 EUR

April bis September: 6 Monate x 550 EUR = 3.300 EUR

Oktober bis Dezember: 3 Monate x 300 EUR = 900 EUR

Summe: 5.100 EUR

Verdienst durchschnittlich monatlich: 425 EUR


Die Arbeitsentgeltgrenze von 450 EUR wird nicht überschritten, sodass der Kellner als geringfügig entlohnt versicherungspflichtig beschäftigt ist (Minijob!). Dieser sozialversicherungsrechtlichen Auslegung folgt die Finanzverwaltung nunmehr auch steuerrechtlich, obwohl ein vorhersehbares Überschreiten der 450 EUR-Grenze in mehr als drei Monaten vorliegt.

Weitere Informationen: Minijob: Alles zur geringfügigen Beschäftigung

 

14. Aushilfsjob:
Unbefristete Verlängerung der 70-Tage-Regelung

Beliebt sind kurzfristige Beschäftigungen, wie Saisonarbeit, Erntehilfe, Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, Ferienjob. Der große Vorteil solcher Aushilfsjobs liegt darin, dass in dieser kurzen Zeit beliebig viel Geld verdient werden darf, ohne Sozialabgaben bezahlen zu müssen. Zudem kann der Verdienst pauschal versteuert werden. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn die Beschäftigung in den Jahren 2015 bis 2018

  • von vornherein auf längstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt ist und
  • nicht berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung - Qualifizierungschancengesetz" ab dem 1.1.2019 die bisherige Regelung der Jahre 2015 bis 2018 für kurzfristig Beschäftigte verlängert - und bleibt nun unbefristet bei 3 Monaten oder 70 Arbeitstagen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

Eigentlich hätte ab Januar 2019 wieder die Regelung vor 2015 gelten sollen, d.h. die maximal zulässige Dauer einer kurzfristigen Beschäftigung hätte 2 Monate oder 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres betragen.

STEUERRAT: Der Arbeitslohn aus einer kurzfristigen Beschäftigung ist - gleichgültig, wie hoch dieser ist - versicherungsfreiin der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Auch muss der Arbeitgeber hier - anders als bei einem Minijob - keine Pauschalabgabe an die Minijobzentrale entrichten.

Weitere Informationen: Aushilfsjob: Kurzfristige Beschäftigung

 

15. Mindestlohngesetz:
Anspruch bei Transportunternehmen mit Sitz im Ausland

Das deutsche Transportgewerbe steht unter einem enormen Konkurrenzdruck, unter anderem auch, weil die Löhne der Fahrer von ausländischen Speditionen erheblich unter den deutschen Löhnen liegen.

AKTUELL hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass das deutsche Mindestlohngesetz (MiLoG) auch auf ausländische Transportunternehmen und ihre nur kurzfristig in Deutschland eingesetzten Fahrer anwendbar ist (Urteile vom 22.8.2018, 11 K 544/16 und 11 K 2644/16; Revisionen unter BFH VII R 34/18 u. VII R 35/18).

In zwei gleichgelagerten Fällen hatten sich die ausländischen Transportunternehmen jeweils gegen die Prüfungsverfügung des Hauptzollamts Stuttgart gewandt, mit der Unterlagen angefordert wurden, die die Zahlung des Mindestlohns für die Tätigkeit in Deutschland belegen sollten. Hiergegen hatten die beiden Unternehmen vor dem FG Baden-Württemberg geklagt, insbesondere mit der Begründung, die Anwendung des MiLoG sei nicht mit Europarecht vereinbar. In ihren Urteilen haben sich die Richter eingehend mit europarechtlichen Fragen auseinandergesetzt und schließlich die Rechtmäßigkeit der Mindestlohnprüfungen der Zollverwaltung im internationalen Verkehrssektor bestätigt.

 

16. Firmenwagen:
Einzelbewertung bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren

Arbeitnehmer, die einen Dienstwagen auch privat nutzen dürfen, müssen die Privatnutzung entweder nach der 1 %-Pauschalregelung oder aber nach der Fahrtenbuchmethode versteuern. Bei der Pauschalregelung werden monatlich 1 % des Listenpreises des Kfz als Privatanteil versteuert. Hinzu kommen noch 0,03 % des Kfz-Listenpreises pro Entfernungs-Km und Monat, wenn der Wagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird. Die Arbeitnehmer können dem Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte teilweise entgehen, wenn sie ihr Fahrzeug tatsächlich weniger als 15 Tage pro Monat genutzt haben. Sie können dann stattdessen eine Einzelbewertung der Fahrten vornehmen, und zwar mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer und tatsächlicher Fahrt zur Tätigkeitsstätte (der Wert von 0,002 % ergibt sich, wenn man die 0,03 % durch die angenommenen 15 Tage dividiert).

AKTUELL gibt es im Jahre 2019 eine wichtige Neuregelung zur oben bezeichneten Einzelbewertung. Im Lohnsteuerabzugsverfahren galt bislang nämlich: Der Arbeitgeber ist nicht zur Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte verpflichtet. Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, im Lohnsteuerabzugsverfahren nur die kalendermonatliche Ermittlung des Zuschlags mit 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (0,03 Prozent-Regelung) vorzunehmen, z. B. die Gestellung des betrieblichen Kraftfahrzeugs an die Anwendung der 0,03-Prozent-Regelung zu binden (BMF-Schreiben vom 1.4.2011, BStBl 2011 I S. 301).

Spätestens ab 2019 gilt jedoch: Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers zur Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verpflichtet, wenn sich aus der arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt. Allerdings sind dann die Angaben des Arbeitnehmers zu den tatsächlichen Fahrten zusätzliche Voraussetzung (BMF-Schreiben vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S. 592, Tz. 10e).

STEUERRAT: Verständlicherweise haben Arbeitgeber wenig Interesse an der Berücksichtigung der Einzelbewertung im Lohnsteuerabzugsverfahren. Sie verweisen ihre Arbeitnehmer daher üblicherweise auf deren Einkommensteuererklärung. Aber: Arbeitnehmer, die mit ihrem Bruttoarbeitslohn noch nicht die Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung erreicht haben, sollten beachten, dass sich eine "Korrektur in der Einkommensteuererklärung" nicht (mehr) mindernd auf die Sozialversicherungsbeiträge auswirkt. Von Interesse ist insoweit die Niederschrift über die Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 22.3.2018. Hier heißt es: "Eine steuerrechtliche Minderung des Nutzungswertes im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung führt unter Berücksichtigung des in § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV verankerten Grundsatzes nicht zur nachträglichen Beitragsfreiheit der Minderung des Nutzungswertes." Das bedeutet also: Verzichtet der Arbeitgeber auf die Zugrundelegung der Einzelbewertung, kann der Arbeitnehmer diese zwar im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend machen. Er hat aber keine Möglichkeit, dies auch für Zwecke der Sozialversicherung zu erreichen. Er zahlt dann zu hohe Sozialversicherungsbeiträge. (Allerdings zahlt auch der Arbeitgeber einen eventuell "zu hohen" Arbeitgeberanteil.)

Weitere Informationen: Firmenwagen: Nutzungswert nach der Pauschalmethode

 

II. Privater Bereich

1. Privatinsolvenz:
Kosten für Insolvenzverwalter steuerlich nicht absetzbar

Menschen, die überschuldet sind, haben seit 1999 die Möglichkeit, eine Privatinsolvenz bzw. das Verbraucherinsolvenzverfahren zu beantragen und nach einer gesetzlichen Wohlverhaltensphase von 6 Jahren die Restschuldbefreiung zu erlangen. Das "Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens" vom 15.7.2013 ermöglicht es Schuldnern ab dem 1.7.2014, das Restschuldbefreiungsverfahren vorzeitig schon nach drei oder fünf Jahren zu beenden, wenn sie innerhalb dieser Zeit eine Mindestbefriedigungsquote erfüllen oder zumindest die Kosten des Verfahrens tragen. Für ein solches Verfahren bedarf es der fachlichen Beratung durch eine geeignete Stelle, z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater, Insolvenztreuhänder. Die Frage ist, ob die Vergütung für den Insolvenzverwalter steuerlich absetzbar ist.

Der Bundesfinanzhof hatte im Jahre 2016 entschieden, dass die Vergütung für den Insolvenzverwalter bzw.
-treuhänder im Rahmen einer Privatinsolvenz nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar ist. Der Kläger habe die Ursache für die Kosten selbst gesetzt. Ihn treffe aufgrund der gewählten Gestaltung beim Erwerb der Eigentumswohnungen ein Verschulden am Eintreten der Überschuldung und mithin der Notwendigkeit eines Insolvenzverfahrens mit entsprechenden Kostenfolgen. Er habe sich auf eine Vertragsgestaltung eingelassen, die konkret mit Unsicherheiten behaftet war und deren Risiken sich später realisierten: Deshalb habe er die wesentliche Ursache für die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie seien daher nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG (BFH-Urteil vom 4.8.2016, VI R 47/13).

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster in gleichem Sinne entschieden, dass die Tätigkeitsvergütung eines Insolvenzverwalters nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar ist. Anders als im vorgenannten BFH-Fall hat der Insolvenzschuldner hier jedoch die Ursache seiner Insolvenz nicht selbst verschuldet (FG Münster vom 4.9.2018, 11 K 1108/17 E, Revision VI R 41/18).

Nach Auffassung der Richter ist die Vergütung des Insolvenzverwalters weder als Betriebsausgaben noch als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Ein Betriebsausgabenabzug scheitere daran, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren die wirtschaftliche Stellung des Schuldners als Person und damit seine private Lebensführung betreffe. Der Schuldentilgung als Teil des Vermögensbereichs komme das entscheidende Gewicht zu. Einer Qualifikation der Vergütung als außergewöhnliche Belastung stehe entgegen, dass dem Insolvenzschuldner keine Aufwendungen entstanden seien. Aus seinem Vermögen sei nichts abgeflossen und er habe keine Verfügungsmacht über die Konten gehabt. Der Insolvenzschuldner sei auch wirtschaftlich nicht belastet, da er durch die erteilte Restschuldbefreiung von allen Verpflichtungen frei geworden sei. Die Vergütung mindere vielmehr die zu verteilende Masse.

Weitere Informationen: Anwalts- und Gerichtskosten im privaten Bereich

 

2. Unterhalt bedürftiger Personen:
Erhöhung des Unterhaltshöchstbetrages

Unterhaltsleistungen an bedürftige Personen sind bis zum Unterhaltshöchstbetrag als außergewöhnliche Belastungen besonderer Art absetzbar, ohne dass eine zumutbare Belastung angerechnet wird (§ 33a Abs. 1 EStG). Dieser abzugsfähige Höchstbetrag orientiert sich am steuerlichen Grundfreibetrag. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 13.12.1996, 1 BvR 1474/88) sind zwangsläufige Unterhaltsverpflichtungen mindestens in Höhe des Existenzminimums von der Besteuerung auszunehmen. Die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages muss daher phasengleich auf den Abzug von Unterhaltsaufwendungen in § 33a Abs. 1 EStG übernommen werden.

AKTUELL wird mit dem "Familienentlastungsgesetz" der Unterhaltshöchstbetrag zum 1.1.2019 von 9.000 EUR auf 9.168 EUR angehoben. Zum 1.1.2020 erfolgt eine weitere Anhebung auf 9.408 EUR (§ 33a Abs. 1 EStG).

Der Unterhaltshöchstbetrag wird häufig nicht in dieser Höhe gewährt, sondern gekürzt. Und zwar um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht gegeben sind, um eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfänger, die über den Anrechnungsfreibetrag von 624 EUR hinausgehen, sowie um ein, zwei oder drei Viertel, wenn der Unterhaltsempfänger in einem Land mit niedrigerem Lebensstandard lebt.

STEUERRAT: Falls der Unterhaltszahler für den Unterhaltsempfänger auch Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung übernimmt, sind diese Beiträge seit 2010 über den Höchstbetrag hinaus absetzbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie die Beiträge an die bedürftige Person zahlen, damit diese ihre Beitragspflicht erfüllen kann, oder ob Sie die Beiträge direkt an das Versicherungsunternehmen leisten im Wege des abgekürzten Zahlungsweges.

Weitere Informationen: Unterhalt an bedürftige Personen: Was alles ist absetzbar?

 

3. Heimunterbringung:
Erhöhung der anzurechnenden Haushaltsersparnis

Aufwendungen für die Unterbringung im Pflegeheim oder Behindertenheim wegen Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Krankheit sind wie Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzbar. Das Finanzamt kürzt die Kosten um eine zumutbare Belastung. Zu den abzugsfähigen Aufwendungen gehören nicht nur die Kosten für medizinische Leistungen und Pflege, sondern auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Denn die Aufwendungen für die Heimunterbringung stellen insgesamt Krankheitskosten dar.

Falls im Zuge der Heimunterbringung der eigene Haushalt aufgelöst wird, kürzt das Finanzamt die abzugsfähigen Heimkosten um eine sog. Haushaltsersparniswegen ersparter Verpflegungs- und Wohnungskosten.

AKTUELL: Entsprechend dem Unterhaltshöchstbetrag gemäß § 33a Abs. 1 EStG wird ab 2019 auch die Haushaltsersparnis angehoben.

So hoch ist die Haushaltsersparnis

 

Zeitraum

pro Jahr

pro Monat

pro Tag

2018

2019

2020

9.000 EUR

9.168 EUR

9.408 EUR

750 EUR

764 EUR

784 EUR

25,00 EUR

25,47 EUR

26,13 EUR

Die abzugsfähigen Heimkosten dürfen nicht um eine Haushaltsersparnis gekürzt werden, so lange der Pflegebedürftige seinen Haushalt beibehält. Denn in diesem Fall laufen die Fixkosten des Haushalts, wie Miete, Schuldzinsen, Grundgebühr für Strom, Wasser usw. sowie Reinigungskosten weiter. Es gibt hierfür keine allgemeingültige zeitliche Begrenzung. Vielmehr wird insbesondere auch wegen der psychischen Belastung, die mit einer Auflösung der angestammten Wohnung und der endgültigen Übersiedlung in ein Pflegeheim verbunden ist, von einem Abzug der Haushaltsersparnis solange abzusehen sein, als die Wohnung noch beibehalten wird.

Übrigens: Dies gilt ebenfalls, wenn die Wohnung des Pflegebedürftigen von dessen Ehegatten weiter bewohnt wird. Auch in einem solchen Fall entstehen durch die dann zu große Wohnung bedingte Fixkosten, die den Abzug einer Haushaltsersparnis von den Heimkosten als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 10.8.1990, BFH/NV 1991 S. 231).

Weitere Informationen: Heimunterbringung: Wohnen im Pflegeheim, Behindertenheim, Altenheim

 

4. Riester-Verträge:
Aufgepasst, wenn der Ehegatte nicht unmittelbar berechtigt ist

Riester-Verträge werden bekanntlich staatlich gefördert: Die Riester-Förderung besteht aus einer Altersvorsorgezulage (Grundzulage bis 2017: 154 EUR, ab 2018: 175 EUR; sowie Kinderzulage von 185 EUR oder 300 EUR pro Kind) und ggf. einem ergänzenden Sonderausgabenabzug. Bei dieser Förderung ist zu unterscheiden zwischen Personen, die unmittelbar zulageberechtigt sind, und solchen, die nur mittelbar zulageberechtigt sind.

  • Unmittelbar zulageberechtigt sind Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind. Gleiches gilt für Beamte, Richter und Berufssoldaten sowie Beschäftigte mit einer beamtenähnlichen Altersversorgung. Seit 2008 gehören auch Erwerbsminderungsrentner und Versorgungsempfänger dazu.
  • Mittelbar zulageberechtigt ist der nicht berufstätige Ehegatte, dessen Partner zum begünstigten Personenkreis gehört und daher unmittelbar zulageberechtigt ist, z.B. Hausfrauen, Mini-Jobber, auch Selbstständige (§ 79 Satz 2 EStG).

Gehören beide Ehegatten zum begünstigten Personenkreis, steht jedem von ihnen die Altersvorsorgezulage gesondert zu. Voraussetzung ist, dass jeder einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat und Beiträge leistet. Um die höchstmögliche Zulage zu erhalten, muss jeder Ehegatte den erforderlichen Mindesteigenbeitrag einzahlen. Hat nur ein Ehegatte einen Vertrag abgeschlossen, erhält er nicht die doppelte Grundzulage. Die volle Zulage gibt es, wenn mindestens vier Prozent des Vorjahreseinkommens abzüglich Zulagenanspruch, höchstens 2.100 EUR und mindestens 60 EUR, in den Riester-Vertrag eingezahlt werden.

Auch den Sonderausgabenabzug kann jeder Ehegatte für seine Beiträge mitsamt dem Zulagenanspruch bis in Höhe des Altersvorsorgehöchstbetrages von 2.100 EUR geltend machen. Ein nicht ausgeschöpfter Höchstbetrag eines Ehegatten kann jedoch nicht auf den anderen übertragen werden.

Gehört nur ein Ehegatte zum begünstigten Personenkreis, hat der nicht begünstigte Ehegatte einen abgeleiteten Zulageanspruch, ist also "mittelbar" begünstigt. Auch er kann die Altersvorsorgezulage bekommen, sofern er seit 2012 mindestens 60 EUR jährlich in seinen Riester-Vertrag einzahlt. Weitere Voraussetzung ist, dass auch der "unmittelbar" begünstigte Ehegatte einen Riester-Vertrag abgeschlossen hat und bespart und beide Eheleute in Deutschland oder in einem EU-/EWR-Staat nicht dauernd getrennt leben.

Der Sonderausgabenabzug kommt nur für den "unmittelbar" begünstigten Ehegatten bis zur Höhe des Altersvorsorgehöchstbetrages (2.100 EUR) in Betracht. Falls er seinen Höchstbetrag noch nicht mit eigenen Beiträgen einschließlich Zulage ausgeschöpft hat, kann er auch die Beiträge des "mittelbar" begünstigten Ehegatten mit absetzen. Denn diesem steht ein eigener Sonderausgabenabzug nicht zu. Seit 2012 erhöht sich der Altersvorsorgehöchstbetrag um den gezahlten Sockelbetrag von 60 EUR auf 2.160 EUR (§ 10a Abs. 3 Satz 3 EStG).

AKTUELL stehen viele Riester-Sparer vor dem Problem, dass die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) bereits gutgeschriebene Zulagen zurückfordert und das Finanzamt nachträglich Steuerbescheide ändert, weil die nur "mittelbar" begünstigten Ehegatten den erforderlichen Mindestbetrag von 60 EUR in den Jahren nach 2012 nicht eingezahlt hatten.

STEUERRAT: Ist der Ehegatte nur "mittelbar" zulageberechtigt, weil er oder sie Hausfrau/Hausmann, Minijobber(in) oder Selbstständige(r) ist, kann sich ein Riester-Vertrag wegen der Zulagen sehr wohl lohnen. Aber Sie sollten unbedingt beachten, dass Sie jedes Jahr einen Mindestbetrag von 60 EUR in den Riester-Vertrag einzahlen. Übrigens: Ab dem 1.1.2019 wird die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen eine gesetzliche Frist von 2 Jahren vorgegeben, innerhalb derer sie die Zulage zu überprüfen hat. Die Zulage ist dann innerhalb eines Jahres zurückzufordern (§ 90 Abs. 3 Satz 1 EStG, geändert durch das "Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz)" vom 17.8.2017).

Weitere Informationen:Riester-Rente: Wie Eheleute die Riester-Förderung bestmöglichst nutzen

 

5. Vorsorgeaufwendungen:
Verbesserter Abzug für Auslandsbeschäftigte

Viele Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland sind bei einem Unternehmen im Ausland (z.B. in Luxemburg) beschäftigt oder für ein deutsches Unternehmen längere Zeit im Ausland tätig. Wo der Arbeitslohn dann zu versteuern ist, hängt von den Regelungen im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ab. Bei einer Tätigkeit im Ausland gilt die allgemeine Regelung nach DBA, dass der Arbeitslohn im Tätigkeitsstaat zu versteuern ist und in Deutschland steuerfrei bleibt. Allerdings wird der steuerfreie Arbeitslohn in der deutschen Steuerveranlagung in den Progressionsvorbehalt einbezogen und führt so doch zu einem höheren Steuersatz für das übrige Einkommen, ggf. auch das des Ehegatten.

Im Allgemeinen sind Sozialabgaben nach dem betreffenden Landesrecht an die ausländische Sozialversicherung zu zahlen. Die Frage ist, ob die Sozialversicherungsbeiträge in der deutschen Steuererklärung absetzbar sind.

  • Weil die im Ausland gezahlten Sozialversicherungsbeiträge in "unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang" mit steuerfreien Einnahmen stehen, sind sie in Deutschland nicht als Sonderausgaben absetzbar. Dies gilt auch dann, wenn der ausländische Arbeitslohn in den Progressionsvorbehalt einbezogen wird (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG).
  • Der Europäische Gerichtshof hatte festgestellt, dass der Ausschluss des Sonderausgabenabzugs für Sozialversicherungsbeiträge im Ausland tätiger Arbeitnehmer EU-rechtswidrig ist, denn dies verstößt gegen die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit. Infolge des Abzugsverbots werden Auslandsbeschäftigte schlechter behandelt als solche, die in Deutschland arbeiten. "Es liegt damit eine Ungleichbehandlung vor, die unionsrechtliche Grundfreiheiten verletzt" (EuGH-Urteil vom 22.6.2017, C-20/16).
  • Das Bundesfinanzministerium hatte daraufhin bekannt gegeben, dass ab dem 11.12.2017 im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung für alle noch offenen Fälle der Sonderausgabenabzug für im Ausland gezahlte Sozialabgaben unter bestimmten Bedingungen zugelassen werde (BMF-Schreiben vom 11.12.2017, BStBl. 2017 I S. 1624).

AKTUELL wird ab 2019 eine gesetzliche Regelung zum verbesserten Sonderausgabenabzug für im EU-/EWR-Ausland gezahlte Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung aufgenommen (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG, geändert durch das "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").
Die Neuregelung gilt in allen noch offenen Steuerfällen (§ 52 Abs. 18 Satz 4 EStG).

Vorsorgeaufwendungen sind nunmehr als Sonderausgaben in der deutschen Steuererklärung absetzbar, soweit

  • sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit stehen,
  • diese Einnahmen nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei sind und
  • der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt.

Diese Regelung gilt für Altersvorsorgeaufwendungen der Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG), Beiträge zur Basiskrankenversicherung und gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) sowie für sonstige Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG).

Weitere Informationen: Vorsorge: Überblick über die neuen Steueregeln ab 2010

 

III. Kinder

1. Familienförderung:
Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag

AKTUELL werden mit dem "Familienentlastungsgesetz" das Kindergeld und der Kinderfreibetrag angehoben. Erhöht werden

  • das Kindergeld zum 1.7.2019 um monatlich 10 Euro je Kind; im Januar 2021 wird es um weitere 15 Euro steigen.
  • der Kinderfreibetrag im Jahre 2019 von 2.394 EUR auf 2.490 Euro und im Jahre 2020 auf 2.586 Euro je Elternteil.

So hoch sind Kindergeld und Kinderfreibeträge

 

 

2018 bis 30.6.2019

ab 1.7.2019

2020

Kindergeld - für das erste und zweite Kind

- für das dritte Kind

- für das vierte und jedes weitere Kind

194 EUR

200 EUR

225 EUR

204 EUR

210 EUR

235 EUR

204 EUR

210 EUR

235 EUR

   

2018

 

2019

 

2020

Kinderfreibetrag

BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung, Ausbildung)

4.788 EUR

2.640 EUR

4.980 EUR
2.640 EUR

5.172 EUR

2.640 EUR

Steuerfreibeträge insgesamt

7.428 EUR

7.620 EUR

7.812 EUR

Zur steuerlichen Entlastung und Förderung der Familien werden der Kinderfreibetrag und das Kindergeld erhöht. Der Kinderfreibetrag wird im Jahre 2019 für jeden Elternteil auf 2.490 EUR (insgesamt 4.980 EUR) erhöht und für das ganze Jahr gewährt. Hingegen gibt's das erhöhte Kindergeld nur für das zweite Halbjahr. Die steuerliche Entlastungswirkung aufgrund des erhöhten Kinderfreibetrags um 96 EUR je Elternteil (insgesamt 192 EUR) entspricht dem Jahresbetrag der Kindergelderhöhung (60 EUR).

Im Jahre 2020 wird der Kinderfreibetrag - nicht aber das Kindergeld! - erneut erhöht, um der zum 1. Juli 2019 vorgenommenen Kindergelderhöhung zu entsprechen, die sich im Jahr 2020 mit insgesamt 120 EUR pro Kind erstmals auf das gesamte Jahr auswirkt. Der Kinderfreibetrag wird für jeden Elternteil auf 2.586 EUR (insgesamt 5.172 EUR) angehoben.Im Januar 2021 soll das Kindergeld um weitere 15 EUR je Kind steigen.

Der BEA-Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf wird nicht angehoben. Er beträgt seit 2010 unverändert 2.640 EUR und wird jetzt nicht erhöht. Als ob es in den letzten 8 Jahren keine Kostensteigerungen gegeben hätte!

Geschiedenen sowie nicht miteinander verheirateten Eltern stehen die steuerlichen Freibeträge jeweils zur Hälfte zu. Kindergeld wird in vielen Fällen als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet und verringert so deren Bezug, z.B. beim SGB II. Beim monatlichen Lohnsteuerabzug für Arbeitnehmer wirkt sich der erhöhte Kinderfreibetrag nur auf den Solidaritätszuschlag und ggf. die Kirchensteuer steuermindernd aus. Auf die Lohnsteuer hat die Erhöhung keine Auswirkung. Aber in der Steuerveranlagung erfolgt eine Vergleichsberechnung zwischen der steuerlichen Auswirkung der Kinderfreibeträge und dem unterjährig ausgezahlten Kindergeld (sog. Günstigerprüfung).

Weitere Informationen: Kindergeld und Kinderfreibetrag und BEA-Freibetrag.

 

IV. Nebentätigkeit

1. Spiel und Wette:
Wann Pokergewinne steuerpflichtig werden

Pokern gilt als Glücksspiel, wenngleich es auch auf Geschick ankommt, nämlich auf analytische und psychologische Fähigkeiten. Ein Spieler kann ein Spiel zwar beeinflussen, er gewinnt deshalb aber noch lange nicht. Entscheidend ist das richtige Blatt. Grundsätzlich gilt: Spiel-, Sport-, Wett- und Lotteriegewinne sind in Deutschland nicht steuerpflichtig.

  • Aber das Finanzamt ist wieder einmal ein Spielverderber. Auf einmal interessiert sich der Fiskus für das Pokerspiel, weil bei Teilnahme an Pokerturnieren offenbar hohe Preisgelder erzielt werden und manche aus der Leidenschaft einen Beruf gemacht haben. Und so will auch der Fiskus mitpokern - jedenfalls an den Gewinnen aus Pokerturnieren beteiligt werden. Wenn nämlich das Spiel berufsmäßig und mit Gewinnerzielungsabsicht (wer hat die nicht?) ausgeübt wird, sollen die Pokergewinne steuerpflichtig sein und zu den "Einkünften aus Gewerbebetrieb" rechnen. Nur wenn das Pokerspiel hobbymäßig betrieben wird, sollen die Gewinne steuerfrei bleiben (OFD Frankfurt vom 22.4.2010, S-2240 A-37-St 210).
  • Der Bundesfinanzhof hat ebenfalls entschieden, dass die Gewinne eines erfolgreichen Pokerspielers, der sehr hohe Preisgelder erzielt hat, als "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" steuerpflichtig sind und nicht als Spielgewinne steuerfrei bleiben. Die Pokervarianten "Texas Hold´em" und "Omaha Limit" seien nicht als reines Glücksspiel anzusehen. Poker sei im Allgemeinen eine Mischung aus Glücks- und Geschicklichkeitselementen. Pokergewinne seien nur bei Hobbyspielern steuerfrei (BFH-Urteil vom 16.9.2015, X R 43/12).

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster eine interessante Entscheidung zu der Frage getroffen, wann der Wechsel vom steuerfreien Hobbyspieler zum steuerpflichtigen Berufsspieler anzunehmen ist. Unter welchen Voraussetzungen führt die Teilnahme an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games zu einer gewerblichen Tätigkeit? (FG Münster vom 12.10.2018, 14 K 799/11 E,G; Revision).

  • Der Fall: Der Kläger begann im Jahr 2003 mit dem Pokerspiel und nahm in den Streitjahren 2004 bis 2007 an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games teil. Bis Ende August 2005 war er nichtselbstständig tätig, nahm dann unbezahlten Urlaub und beendete sein Angestelltenverhältnis im Januar 2007. Die Pokergewinne erklärte er gegenüber dem Finanzamt nicht als Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt demgegenüber zu der Auffassung, dass der Kläger als Berufspokerspieler sowohl gewerbliche Einkünfte als auch umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt habe und erließ entsprechende Steuerbescheide, wobei es die Besteuerungsgrundlagen schätzte.
  • Die Richter nehmen bezüglich der Einkommensteuer eine Differenzierung vor:
    (1) In den ersten Jahren nach Aufnahme des Pokerspiels (2004 bis 2006) könne der Kläger noch nicht als geübter Pokerspieler angesehen werden. Auch die vom Finanzamt angeführte Studie weise ausdrücklich darauf hin, dass ein Anfänger auf gute Karten und glückliche Spielverläufe angewiesen sei, wenn er dauerhaft gewinnen wolle. Die Gewinne des Klägers in diesen Jahren seien damit eher auf "Anfängerglück" zurückzuführen. Überdies habe sich der Kläger in der Vereinbarung mit seiner Arbeitgeberin die Möglichkeit gesichert, seine zunächst durch die Beurlaubung unterbrochene nichtselbstständige Tätigkeit wieder aufnehmen zu können.
    (2) Doch ab dem Jahr 2007 war der Kläger nach Auffassung der Richter als "Berufspokerspieler" gewerblich tätig. Ab diesem Jahr sei er seiner Spielertätigkeit intensiv und erfolgreich nachgegangen und habe später sogar eine Wohnung in der Nähe eines Spielcasinos angemietet. Zwischenzeitlich habe der Kläger über eine umfangreiche Turniererfahrung sowie über umfangreiche Kenntnisse und geschulte Fähigkeiten verfügt, sodass seine Gewinne nicht mehr allein vom Glück abhingen. Mangels ordnungsgemäßer Buchführung schätzte der Senat die Einkünfte für das Jahr 2007 (mindestens) in Höhe der vom Finanzamt angesetzten Beträge.

HINWEIS: Bezüglich der Umsatzsteuer hatte der BFH bereits im Jahre 2017 zugunsten des Spielers geurteilt, dass Preisgelder oder Spielgewinne, die ein Berufspokerspieler (nur) bei erfolgreicher Teilnahme an Spielen fremder Veranstalter erhält, keine Entgelte für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Pokerspielers (an den Veranstalter oder die Mitspieler) sind und der Pokerspieler deshalb von seinen Spielgewinnen keine Umsatzsteuer abführen muss (BFH-Urteil vom 30.8.2017, XI R 37/14).

Weitere Informationen: Preise und Preisgelder.

 

V. Kapitalerträge

1. Verluste bei Kapitalanlagen:
15. Dezember Stichtag für Verlustbescheinigung

Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie für jeden Anleger einen sog. virtuellen "Verlustverrechnungstopf". Bis zur Höhe der Verluste wird dann von positiven Kapitalerträgen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder früher einbehaltene Steuer wieder erstattet. Genau genommen bilden die Banken sogar zwei Verlustverrechnungstöpfe, und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Falls nun am Jahresende der Saldo in einem oder in beiden Verlustverrechnungstöpfen negativ ist, gibt es zwei Möglichkeiten (§ 43a Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG):

  • Die Bank kann den nicht ausgeglichenen Verlust auf das nächste Jahr übertragen, um künftig fällige Zins- oder Dividendengutschriften oder Veräußerungsgewinne ohne Steuerabzug auszahlen zu können, sog. Verlustübertrag.
  • Stattdessen können Sie auch beantragen, dass die Bank Ihnen eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf Null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie den Verlustbetrag dann in Ihrer Steuererklärung geltend machen und ggf. mit positiven Kapitalerträgen anderer Bankinstitute verrechnen lassen.

AKTUELL weisen wir auf den Termin 15. Dezember 2018 hin: Bis zu diesem Termin müssen Sie die Verlustbescheinigung bei der Bank beantragen. Die darin bescheinigten noch nicht ausgeglichenen Verluste übernehmen Sie in der Steuererklärung 2018 in die "Anlage KAP" in Zeile 10-11, getrennt nach Verlusten aus Aktiengeschäften und Verlusten aus anderen Anlagen. Geben Sie auch die bescheinigten Gewinne in Zeile 7-9 an. Die sonstigen Verluste können mit allen Arten von Kapitalerträgen, Verluste aus Aktienverkäufen hingegen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden.

Der bescheinigte Verlust aus Kapitalanlagen kann im Rahmen der Steuerveranlagung nur mit positiven Kapitalerträgen verrechnet werden. Ist dieser Verlustausgleich nicht oder nicht vollständig möglich, darf ein verbleibender Verlust leider nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten (wie Arbeitslohn) ausgeglichen werden. Der verbleibende Verlust darf auch nicht in das Vorjahr zurückgetragen werden, sondern nur in den künftigen Jahren mit positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden. Zugelassen ist also ein sog. "Verlustvortrag" innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen, und zwar zeitlich unbegrenzt und in unbeschränkter Höhe (§ 20 Abs. 6 EStG). Hierzu erhalten Sie vom Finanzamt einen "Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages".

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Verluste aus Kapitalanlagen verrechnet werden

 

VI. Eigenheim und Vermietung

1. Baukindergeld:
Wie die neue Förderung steuerlich behandelt wird

Seit dem 18. September 2018 kann das neue Baukindergeld beantragt werden, und zwar nicht beim Finanzamt, sondern bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Förderfähig ist der erstmalige Neubau oder Erwerb von Wohneigentum in Deutschland. Begünstigt sind Familien und Alleinstehende mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren und einem Haushaltseinkommen von höchstens 90.000 Euro. Die Förderung erfolgt in Form eines Zuschusses von 1.200 Euro je Kind 10 Jahre lang.

AKTUELL beantwortet die Bundesregierung die Frage, wie das Baukindergeld steuerlich zu behandeln ist und ob das Baukindergeld als Einkommen auf Sozialleistungen anzurechnen ist (BT-Drucksache 19/5479 vom 5.11.2018, S. 6 und 10).

  • Das Baukindergeld ist steuerfrei gemäß § 3 Nr. 58 EStG. Ohnehin unterliegen Zuschüsse im Rahmen von KfW-Programmen nicht einer steuerpflichtigen Einkunftsart und müssen folglich auch nicht vom Antragsteller versteuert werden.
  • Das Baukindergeld gilt gemäß § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG nicht als Einkommen und wird daher nicht auf die Sozialleistung BAföG angerechnet.
  • Das Baukindergeld wird bei Hartz IV-Leistungen (nach SGB II) und Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (nach SGB XII) nicht als Einkommen berücksichtigt.
  • Das gleiche gilt für die fürsorgerischen Leistungen der sozialen Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz.
  • Für die Berechnung des Kinderzuschlages ist das Einkommen der Eltern nach den Vorschriften des SGB II zu bestimmen.
  • Eine Anrechnung des Baukindergeldes auf das Elterngeld als Sozialleistung im Sinne des § 11 i.V.m. § 25 SGB I erfolgt nicht. Grundsätzlich werden auf das Elterngeld nur Entgeltersatzleistungen, wie z.B. Arbeitslosengeld I, Mutterschaftsgeld, Krankengeld o. ä., angerechnet.
  • Der Unterhaltsvorschuss ist eine einkommensunabhängige Leistung, sodass das Baukindergeld für die Anspruchsprüfung unerheblich ist.
  • Im Wohngeld werden sämtliche Leistungen aus öffentlichen Haushalten, die unmittelbar zweckbestimmt der Senkung der Miete oder Belastung (bei Eigentümern) dienen, von der Miete oder Belastung abgezogen (§ 11 Abs. 2 Nr. 4 Wohngeldgesetz). Bei dem Baukindergeld handelt es sich um eine solche von der Belastung abzuziehende Leistung. Auch die bis zum Jahr 2005 gewährte Eigenheimzulage wurde von der Belastung abgezogen. Da Wohngeld für Haushalte mit geringerem Einkommen konzipiert ist und die Einkommensgrenzen daher niedrig sind, geht die Bundesregierung davon aus, dass die Fallkonstellation der gleichzeitigen Leistung von Wohngeld und Baukindergeld selten sein wird. Denkbar wären allenfalls Fälle, in denen der Haushalt nach dem Erwerb einer Immobilie ein geringeres Erwerbseinkommen als vorher bezieht (z. B. bei Verlust der Arbeitsstelle und Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung). Haushalte ohne Erwerbseinkommen erhalten dagegen i. d. R. kein Wohngeld, sondern Leistungen nach SGB II oder SGB XII.

STEUERRAT: Aktuell ergeben sich weitere Zweifelsfragen zum Baukindergeld. Steuerrat24 hat daher mehrere Fragen an die KfW gerichtet. Beispiel: Wie sind nachträgliche Erhöhungen oder Minderungen des maßgebenden Einkommens zu berücksichtigen? In dem Beitrag "Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld" finden Sie Antworten auf diese und andere wichtige Zweifelsfragen.

Weitere Informationen: Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld

 

2. Verkauf eines Eigenheims:
Kostenabzug bei Kauf einer vermieteten Wohnung

Wer ein selbstgenutztes Haus verkauft, kann die Kosten für die Veräußerung, etwa Maklergebühren, generell nicht steuerlich geltend machen. Aber es gibt eine bedeutende Ausnahme: Wenn nämlich mit dem Veräußerungserlös eine andere Immobilie erworben wird, die vermietet wird und damit der Erzielung von Einkünften dient. Dann ist nämlich ein so genannter Veranlassungszusammenhang gegeben, der zum Abzug der Kosten berechtigt.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln einer Klägerin recht gegeben, bei der das Finanzamt einen solchen Zusammenhang bestritten hatte. Makler-, Rechtsanwalts- und Notarkosten sind danach bei Veräußerung eines eigengenutzten Grundstücks als Werbungskosten eines vermieteten Objekts abziehbar (Urteil vom 21.3.2018, 3 K 2364/15).

  • Der Fall: Eine Steuerberaterin war Eigentümerin eines Einfamilienhauses, das sie ihren Eltern unentgeltlich überließ. In 2013 erwarb sie eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Die Steuerberaterin beabsichtigte, diese anschließend an ihre Eltern zu vermieten, die dann umziehen sollten. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm sie Darlehen auf. Ein Teil dieser Darlehen sollte aus dem Verkauf des Einfamilienhauses getilgt werden. Doch leider ging der Verkauf schief, da die potenziellen Käufer offenbar nicht die nötigen Mittel für den Kauf des Hauses besaßen. Die Steuerberaterin betraute daraufhin Rechtsanwälte mit der Wahrnehmung ihrer Rechte. Erst im Juli 2014 gelang es der Klägerin, das inzwischen leerstehende Einfamilienhaus zu verkaufen. Der notarielle Vertrag kam durch Vermittlung einer Immobilienmaklerin zustande.
  • In der Einkommensteuererklärung deklarierte die Steuerberaterin die Eigentumswohnung als neues Vermietungsobjekt. Die ihr im Zusammenhang mit der Veräußerung des Einfamilienhauses entstandenen Aufwendungen in Höhe von zusammen über 4.000 EUR für die Rechtsanwälte und die Maklerin machte sie als Werbungskosten für die Finanzierung des Erwerbs der Eigentumswohnung geltend. Sie stützte sich dabei auf das zu Maklerkosten ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.2.2014 (IX R 22/13, BFH/NV 2014, 1195). Das Finanzamt hingegen stellte sich auf den Standpunkt, dass die Aufwendungen keine Werbungskosten aus der Vermietung der Eigentumswohnung seien. Es handele sich vielmehr um Kosten, die mit einer Grundstücksveräußerung in Zusammenhang stünden. Doch mit ihrer Klage vor dem FG Köln erreichte die Steuerberaterin, dass immerhin 3.375 EUR als Werbungskosten anerkannt wurden. Im Streitfall überlagere der Zusammenhang der Kosten mit der Einkünfteerzielung den ebenfalls bestehenden Zusammenhang mit der Veräußerung des Einfamilienhauses.

STEUERRAT: Im Urteilsfall liegt mittlerweile die Revision beim BFH unter dem Az. IX R 22/18 vor. Sofern das Finanzamt bei Ihnen in einem ähnlichen Fall die Kosten nicht anerkennen will, sollten Sie sich hierauf berufen und ein Ruhen Ihres eigenen Verfahrens beantragen. Falls Sie aber noch gestalten können, das heißt, wenn Sie sich erst noch mit dem Gedanken tragen, Ihr Eigenheim zu verkaufen und den Erlös in ein Mietobjekt zu reinvestieren, sollten Sie - falls möglich - wie folgt vorgehen: Verfügen Sie im Vertrag über den Verkauf des Eigenheims, dass der Käufer den Kaufpreis unmittelbar auf das Darlehenskonto für die neue Immobile überweist. Vereinbaren Sie zudem sehr frühzeitig mit Ihrer Bank, dass der Kaufpreis zur unmittelbaren Darlehenstilgung der neuen Immobilie verwendet wird. Es reicht nicht aus, wenn Sie die bloße Absicht haben, den empfangenen Kaufpreis zum Ablösen von Krediten zu verwenden.

 

3. Vermietung:
Kommt die neue 7b-Sonderabschreibung für Mietwohnungen?

In Deutschland fehlt bezahlbarer Wohnraum, vor allem in Großstädten und Ballungsräumen. Grund dafür sind Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands, die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern, eine zunehmende Zahl von Ein-Personen-Haushalten sowie der Zuzug von Flüchtlingen. Dringend benötigt werden neue Mietwohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment.

AKTUELL soll mit dem "Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus" eine neue Sonderabschreibung eingeführt werden, mit der private Investoren möglichst schnell zum Neubau von preiswerten Mietwohnungen angeregt werden sollen. Bei Redaktionsschluss stand noch nicht fest, ob die neue Förderung tatsächlich von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden wird, da im Rahmen einer öffentlichen Anhörung erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Sonderabschreibung angemeldet worden sind. Nach dem Gesetzesentwurf sind jedenfalls folgende Änderungen geplant:

So hoch soll die Sonderabschreibung nach § 7b EStG sein

 

Die 7b-Sonderabschreibung beträgt

- im Jahr der Anschaffung oder Herstellung

- in den folgenden drei Jahren

5 %

je 5 %

der AK / HK

bis 2.000 EUR je qm Wohnfläche

 

Zusätzlich ist die lineare AfA von 2 % p.a. absetzbar, die sich allerdings
auf eine andere Bemessungsgrundlage bezieht, nämlich die tatsächlichen
Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 EStG).

Da eine vergleichbare Regelung wie § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG fehlt, ist davon auszugehen, dass die Sonderabschreibung im Erstjahr bei unterjähriger Anschaffung oder Herstellung nicht zeitanteilig gekürzt werden muss. Innerhalb des Abschreibungszeitraums von 4 Jahren können somit 28 Prozent der förderfähigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich berücksichtigt werden (4 x 5 Prozent und 4 x 2 Prozent). Die AfA ab dem 5. Jahr ergibt sich als Restwert-AfA gemäß § 7a Abs. 9 EStG: Restwert dividiert durch 46 Jahre.

Das sind die Regeln:

  • Begünstigt sind nur Gebäude, deren Baukosten nicht höher als 3.000 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche sind.
  • Förderfähig sind jedoch nur Baukosten bis höchstens 2.000 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche.
  • Begünstigt sind nur Investitionen, für die ein Bauantrag zwischen dem 1.9.2018 und dem 31.12.2021 gestellt wird. Sofern ein Bauantrag nicht erforderlich ist, muss die Bauanzeige in diesem Zeitraum erfolgen.
  • Die geförderte Immobilie muss mindestens 10 Jahre lang vermietet werden. Eine Mietobergrenze ist allerdings nicht vorgesehen. Ein Verstoß gegen die Nutzungsvoraussetzung führt zur rückwirkenden Versagung der Sonderabschreibung.
  • Sonderabschreibungen kommen nur in Betracht, wenn durch Baumaßnahmen neue Wohnungen hergestellt werden. Begünstigt ist nicht nur die Herstellung neuer Immobilien, sondern auch die Anschaffung neuer Immobilien. Der Erwerber muss die neue Wohnung bis zum Ende des Jahres erwerben, in dem sie fertiggestellt wird.

Wir halten Sie selbstverständlich über den aktuellen Stand der Gesetzgebung auf dem Laufenden.

 

VII. Renten und Pensionen

 

1. Mütterrente II:
Höhere Rente für Mütter mit Kindsgeburten vor 1992

Die Erziehung von Kindern wird bei der Rente honoriert: Für Kinder, die nach dem 1.1.1992 geboren wurden, wird auf dem Rentenkonto eine Kindererziehungszeit von drei Jahren gutgeschrieben. Diese Regelung wurde im Jahre 1989 eingeführt, um ein familienpolitisches Ziel zu verfolgen, nämlich einen Anreiz zu mehr Geburten zu setzen. Für Kinder, die vor dem 1.1.1992 geboren wurden, wird hingegen eine Kindererziehungszeit von nur 12 Monaten gutgeschrieben. Diese Gutschriften auf dem Rentenkonto werden auch als Mütterrente bezeichnet (§ 56 und § 249 SGB VI).

  • Für die Gutschrift der Kindererziehungszeit wird unterstellt, dass die Mutter den Durchschnittsverdienst erzielt hat. Das bedeutet: Seit dem 1.7.1998 werden Kindererziehungszeiten mit 0,0833 Entgeltpunkten pro Kalendermonat bewertet. Für ein Jahr Kindererziehungszeit ergeben sich so 0,9996 Entgeltpunkte (12 x 0,0833).
  • Treffen Kindererziehungszeiten mit anderen Beitragszeiten (z. B. aus einer Beschäftigung) zusammen, werden die Entgeltpunkte aus Kindererziehungszeiten zusätzlich nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung bzw. bis zu den maximal erreichbaren Entgeltpunkten berücksichtigt (§ 70 Abs. 2 SGB VI).

Seit dem 1.7.2014 wird die Kindererziehungszeit für Kinder, die vor 1992 geboren sind, von 12 auf 24 Monate erweitert. Statt 1 Entgeltpunkt werden nun 2 Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto gutgeschrieben oder als Zuschlag zur laufenden Rente gewährt. Das wird als sog. "Mütterrente I" bezeichnet (§ 249 und § 307d SGB VI, eingefügt durch das "RV-Leistungsverbesserungsgesetz" vom 23.6.2014).

AKTUELL wird mit dem "RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz" ab dem 1.1.2019 die Kindererziehungszeit für Mütter und Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, weiter verbessert und von 24 Monate auf 30 Monate erweitert. Statt 2 Entgeltpunkten werden nun 2,5 Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto gutgeschrieben oder als Zuschlag zur laufenden Rente gewährt, sog. "Mütterrente II". Eine Rentennachzahlung für Zeiten vor 2019 gibt es jedoch nicht(§ 249 und § 307d SGB VI).

Nach neuer Regelung gilt künftig Folgendes:

  • Für Mütter und Väter, die ab dem 1.1.2019 in Rente gehen, wird die Kindererziehungszeit um weitere 6 Monate verlängert bzw. der Rentenanspruch um 0,5 Entgeltpunkte erhöht. Ein halber Entgeltpunkt enspricht derzeit rund 16 EUR (West) und 15,35 EUR (Ost) im Monat.
  • Mütter und Väter, die zu diesem Zeitpunkt schon eine Rente beziehen, erhalten ab dem 1.1.2019 einen Zuschlag, der dem Rentenertrag eines halben Kindererziehungsjahres entspricht.
  • Mütter und Väter, für die in der Rente bereits ein Zuschlag für die Erziehung von Kindern aus der Verlängerung der Kindererziehungszeit im Jahr 2014 enthalten ist, erhalten zukünftig einen um einen halben persönlichen Entgeltpunkt erhöhten Zuschlag, sofern sie im 24. Kalendermonat nach Ablauf des Geburtsmonats das Kind erzogen haben. Die Regelung entspricht grundsätzlich der Regelung, die 2014 mit der Ausweitung der Kindererziehungszeiten auf zwei Jahre erfolgte. Diese pauschale Anrechnungsweise erfolgt, wie schon die Verlängerung der Kindererziehungszeit im Jahr 2014, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, damit die Rentenversicherungsträger nicht Millionen von Renten neu feststellen müssen (§ 307d Abs. 1 SGB VI).
  • Ab dem 1.1.2019 erhalten auch diejenigen einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten, die im Jahr 2014 keinen Zuschlag erhalten haben (weil sie im 12. Kalendermonat keine Kindererziehungszeit im Rentenversicherungskonto hatten), aber die genannten Voraussetzungen erfüllen.
  • Abweichend von den 2014 bei der Verlängerung der Kindererziehungszeiten getroffenen Regelungen soll jetzt unter bestimmten Voraussetzungen ein besonderes Antragsrecht für die Fälle Abhilfe schaffen, die seit 1.7.2014 keinen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten wegen Kindererziehung bekommen oder mit der jetzigen Ausweitung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten keinen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten erhalten, weil pauschal auf die Erziehung in einem bestimmten Kalendermonat (Kindererziehung im 12. beziehungsweise 24. Kalendermonat) abgestellt wird. Das neue Antragsrecht betrifft etwa Adoptionen oder die Erziehung im Inland nach Rückkehr aus dem Ausland, wenn die Adoption bzw. der Wohnsitzwechsel erst nach dem 12. beziehungsweise 24. Kalendermonat nach dem Monat der Geburt erfolgte. Voraussetzung für die Anerkennung ist aber, dass nicht schon anderen Versicherten oder Hinterbliebenen für dasselbe Kind Kindererziehungszeiten oder Zuschläge anzurechnen sind, soweit dies dem Rentenversicherungsträger auch tatsächlich bekannt ist (§ 307d Abs. 5 SGB VI).
  • Auch für Mütter, die vor dem 1.1.1921 geboren wurden und die statt Kindererziehungszeiten eine Kindererziehungsleistung nach § 294 SGB VI erhalten, wird diese Leistung um den Wert von einem halben persönlichen Entgeltpunkt erhöht. Dies entspricht dem Rentenertrag aus der Verlängerung der Kindererziehungszeit um ein halbes Jahr (§ 295 SGB VI).

STEUERRAT: Um die verbesserte Leistung zu erhalten, müssen Sie keinen besonderen Antrag stellen. Die Neubewertung der Zeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, erfolgt von Amts wegen und muss nicht beantragt werden.

HINWEIS: Von der "Mütterrente II" werden circa 9,7 Millionen Rentnerinnen und Rentner profitieren. Die Kosten dafür werden auf rund 3,8 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Für die Mehrausgaben durch die Mütterrente I und II ist keine gesonderte Erstattung aus Steuermitteln vorgesehen. Vielmehr werden die Kosten alleine von den Beitragszahlern finanziert. Dies scheint ungerecht, denn die Honorierung von Kindererziehung in der Rentenversicherung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aus Steuermitteln finanziert werden müsste.

 

2. Erwerbsminderungsrente:
Deutliche Verlängerung der Zurechnungszeit

Wer wegen einer chronischen Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten kann, bekommt von der gesetzlichen Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsminderungsrente. Dabei wird die Rente so berechnet, als wäre der oder die Betroffene bis zum 60. Lebensjahr (bei Rentenbeginn bis 30.6.2014) mit dem bisherigen durchschnittlichen Einkommen erwerbstätig gewesen (sog. Zurechnungszeit gemäß § 59 SGB VI).

  • Zum 1.7.2014 wurde die Zurechnungszeit vom 60. auf das 62. Lebensjahr verlängert. Wenn die Erwerbsminderung z.B. mit 40 Jahren eintritt, wird die Rente so berechnet, als habe der/die Betroffene bis zum 62. Lebensjahr gearbeitet. Begünstigt sind Personen, die ab dem 1.7.2014 im Alter von unter 62 Jahren erstmals eine Erwerbsminderungsrente beziehen.
  • Ab dem 1.1.2018 wird - gemäß derzeitiger Gesetzeslage - die Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente bei neuen Rentenbewilligungen schrittweise vom 62. auf das 65. Lebensjahr verlängert (geändert durch das "EM-Leistungsverbesserungsgesetz" vom 17.7.2017). Die Zurechnungszeit wird im gleichen Zeitraum wie die Anhebung des Referenzalters für die Abschlagsfreiheit der Renten wegen Erwerbsminderung, das heißt von 2018 bis 2024, verlängert. Die Erhöhung beginnt in den Jahren 2018 und 2019 mit einer Anhebung jeweils um drei Monate. Die Stufen der Anhebung betragen anschließend sechs Monate je Kalenderjahr. So jedenfalls sieht es das derzeitige Gesetz vor. Doch es kommt anders:

AKTUELL wird mit dem "RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz" ab dem 1.1.2019 die Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten für neue Rentenzugänge früher und in größerem Ausmaß verlängert:

  • Bei Rentenbeginn im Jahre 2018 endet die Zurechnungszeit gemäß bisheriger Gesetzeslage mit Vollendung des 62. Lebensjahres und 3 Monaten.
  • Bei Rentenbeginn im Jahre 2019 erfolgt eine Verlängerung der Zurechnungszeit in einem Schritt auf das vollendete 65. Lebensjahr und 8 Monate.
  • Bei Rentenbeginn in den Jahren 2020 bis 2031 wird die Zurechnungszeit - genau wie das Renteneintrittsalter - schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr verlängert. Die schrittweise Verlängerung beginnt im Jahr 2020 mit einer Anhebung um einen Monat. Die Stufen der Anhebung betragen anschließend bis zum Jahr 2027 ebenfalls einen Monat je Kalenderjahr. Ab dem Jahr 2028 wird die Zurechnungszeit jeweils um zwei Monate je Kalenderjahr angehoben.
  • Bei Rentenbeginn ab dem Jahre 2031 endet die Zurechnung mit Vollendung des 67. Lebensjahres.

So erfolgt die Anhebung der Zurechnungszeit (§ 253a SGB VI)

 

Bei Beginn der Rente

Anhebung um ... Monate

auf Alter

Jahr

Monate

2018

 

3

62

3

2019 

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

--

1

2

3

4

5

6

7

8

10

12

14

65 

65

65

65

66

66

66

66

66

66

66

66

8 

9

10

11

0

1

2

3

4

6

8

10

Erwerbsgeminderte werden damit ab dem Jahr 2031 so gestellt, als ob sie - entsprechend der Bewertung ihrer Zurechnungszeit - bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet hätten. Die Zurechnungszeit endet mit der Vollendung des 67. Lebensjahres. Entsprechendes gilt für die Renten wegen Todes. Die Verlängerung wird auch auf die Alterssicherung der Landwirte übertragen.

Die Zurechnungszeit endet spätestens mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Hat der verstorbene Versicherte im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie in der vorangegangenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet wurde.

ACHTUNG: Die Leistungsverbesserungen begünstigen nur neue Erwerbsminderungsrenten, die ab dem 1.1.2019 bewilligt werden. Sie gelten leider nicht für Personen, die am 1.1.2019 bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Bestehende Renten werden nicht neu berechnet. Dies ist für Bestandsrentner nicht nachvollziehbar und nicht vermittelbar, weil sich an ihrer Situation nichts ändert.

 

VIII. Selbstständige

1. Umsatzsteuer:
Zahlreiche Änderungen ab 2019 beachten

Neben den vielen Änderungen des Einkommensteuergesetzes und der Sozialgesetze werden in 2019 auch viele umsatzsteuerliche Neuregelungen zu beachten sein. Diese ergeben sich aus dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ("Jahressteuergesetz 2018"). Unter anderem wird die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen neu geregelt. Zudem treffen die Betreiber von elektronischen Marktplätzen künftig besondere Aufzeichnungspflichten.

Gutscheine: Die bisherige Unterscheidung zwischen Wert- und Waren- oder Sachgutscheinen wird nun aufgegeben. Es gilt: Künftig handelt es sich dann um einen Gutschein, wenn der Inhaber berechtigt ist, diesen an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen zu verwenden. Die Regelung gilt ausdrücklich nicht für "Instrumente", die den Erwerber zu einem Preisnachlass berechtigen, ihm aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten. § 3 Abs. 14 und 15 UStG grenzen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine voneinander ab und bestimmen den Zeitpunkt der Steuerentstehung:

  • Einzweck-Gutscheine: Ein Einzweck-Gutschein ist danach ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Die Besteuerung soll demzufolge bereits im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins erfolgen.
  • Mehrzweck-Gutscheine: Alle anderen Gutscheine, bei denen im Zeitpunkt der Ausstellung nicht alle Informationen für die zuverlässige Bestimmung der Umsatzsteuer vorliegen, sind Mehrzweck-Gutscheine. Bei dieser Art von Gutscheinen unterliegt erst die tatsächliche Lieferung bzw. die tatsächliche Ausführung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer, die Besteuerung wird also erst bei Einlösung des Gutscheins, nicht schon bei dessen Ausgabe durchgeführt.

Aufzeichnungspflicht für Betreiber von elektronischen Marktplätzen: Künftig haften Betreiber eines elektronischen Marktplatzes, wenn Händler für die darüber bestellten Waren keine Umsatzsteuer abgeführt haben. Um dieser Haftungsgefahr zu entgehen, müssen die Betreiber die Daten von Unternehmen, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht besteht, aufzeichnen und diese Aufzeichnungen zehn Jahre lang aufbewahren.

Einzelheiten zu den oben genannten und weiteren Änderungen des Umsatzsteuerrechts finden Sie in dem Beitrag: Steueränderungen 2019 im Überblick

 

2. Buchführung:
Monatliche Buchung auch bei Quartalszahlern Pflicht?

Seit Anfang 2015 gelten die "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (kurz GoBD)". Diese GoBD sollen in Kürze überarbeitet werden. Steuerrat24 liegt bereits ein Entwurf vor, der insbesondere Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen sowie umsatzsteuerliche Quartals- und Jahreszahler aufhorchen lassen sollte. Denn bislang haben diese ihre Einnahmen und Ausgaben zwar regelmäßig aufgezeichnet, aber nicht abschließend monatlich verbucht. Die geplante Neuregelung der GoBD sieht jedoch auch bei dieser Personengruppe eine verpflichtende monatliche Verbuchung vor.

Zum Hintergrund: Unternehmer sind gehalten, unbare Geschäftsvorfälle innerhalb von zehn Tagen aufzuzeichnen. Kreditorische Vorgänge sind innerhalb von acht Tagen zu erfassen. Kasseneinnahmen und -ausgaben sind täglich zu erfassen. Informationen dürfen keinesfalls verlorengehen, so dass eine geordnete Ablage von Ein- und Ausgangsrechnungen sowie eine systematische Erfassung der Zahlung erforderlich ist. Üblicherweise geschieht dies insbesondere durch die laufende Nummerierung und Kontierung der ein- und ausgehenden Rechnungen, ferner durch die Ablage in besonderen Ordnern oder auch durch elektronische Aufzeichnungen. Nachträgliche Änderungen im Rechnungswesen wie Stornierungen oder Korrekturen müssen klar dokumentiert werden.

Den GoBD lässt sich hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten keine Vereinfachungsregelung für Quartals- und Jahreszahler oder Unternehmer mit umsatzsteuerfreien Umsätzen entnehmen. Das heißt: Auch hier muss eine lückenlose und zeitgerechte Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle erfolgen. Und: Auch in der elektronischen Buchführung ist grundsätzlich jeder Geschäftsvorfall inklusive aller relevanten Informationen aufzuzeichnen (z. B. Name des Geschäftspartners, Datum und konkrete Leistungsbeschreibung). Aber: Die endgültige Verbuchung (also die so genannte Festschreibung des Buchungsstapels) kann - bislang - später als bei Monatszahlern erfolgen, wenn zuvor eine lückenlose und zeitgerechte Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle erfolgt ist.

In der geplanten Neufassung der Rz. 50 der GoBD ist indes nicht mehr von der "Erfassung der unbaren Geschäftsvorfälle eines Monats" die Rede, sondern von der "Buchung" (bzw. die bei Nichtbuchführungspflichtigen vergleichbare Aufzeichnung) der unbaren Geschäftsvorfälle eines Monats. Das könnte also dazu führen, dass eine monatliche Verbuchung bei allen Unternehmern zur Pflicht wird.

STEUERRAT: Sie sollten ihre Geschäftsvorfälle schon heute monatlich nicht nur aufzeichnen, sondern auch buchen oder durch Ihren Steuerberater verbuchen lassen. Wir werden Sie selbstverständlich über die weiteren Entwicklungen im Bereich der GoBD auf dem Laufenden halten.

Weitere Informationen: GoBD: Sieben Regeln zur Umsetzung der digitalen Buchführung

 

3. Umsatzsteuer:
Vorsicht mit dem Steuerausweis bei Gesamtabrechnungen

Teilweise erstellen Unternehmer Einzel- oder Abschlagsrechnungen mit Umsatzsteuerausweis und später zusätzlich eine Gesamtabrechnung mit erneutem gesondertem Umsatzsteuerausweis. Doch hier sollten Sie vorsichtig sein, denn es gilt: Unternehmer, die für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer erteilen, schulden die in den zusätzlichen Abrechnungen ausgewiesene Steuer, und zwar neben der Umsatzsteuer für den ausgeführten Umsatz. Mit anderen Worten: Die Umsatzsteuer muss doppelt ans Finanzamt gezahlt werden. Es gilt hier § 14c Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes.

AKTUELL weist die Oberfinanzdirektion Karlsruhe darauf hin, dass das Problem der doppelten Rechnungen oder der Gesamtabrechnungen insbesondere in folgenden Branchen und Fällen auftritt: Einzel- und Monatsabrechnungen von Kurierdiensten, von Tankstellen, von zahntechnischen Labors, Abschlags- und Schlussrechnungen von Bauunternehmen, vorläufige und endgültige Rechnungen der Autovermieter, Monats- und Jahresrechnungen über Leasingraten (Verfügung vom 15.8.2018, S 7282). In diesen oder vergleichbaren Fällen sei das Abrechnungsverfahren so zu gestalten, dass nur eine Rechnung (entweder die Einzelrechnung oder die spätere Gesamtabrechnung) den Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt oder die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für eine Voraus- oder Anzahlung in der Gesamtrechnung abgesetzt wird.

STEUERRAT: In einer Endrechnung, mit der Sie über die ausgeführte Leistung insgesamt abrechnen, müssen Sie die Voraus,-Teil- und Abschlagszahlungen sowie die hierauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge absetzen, wenn über diese Zahlungen bereits Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt worden sind. Das heißt: Weisen Sie in der Vorab- und der späteren Endrechnung die Umsatzsteuer entweder insgesamt nur einmal aus oder weisen Sie in der Endrechnung nur die Umsatzsteuer aus, die noch auf den zu zahlenden (offenen) Betrag entfällt. Beispiele für Rechnungen finden Sie in Abschnitt 18.8 Abs. 7 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (siehe Steuerservice - Gesetze - Umsatzsteuer-Anwendungserlass).

 

4. Mindestlohn:
Nach Erhöhung eventuell Arbeitszeiten verringern

Ab dem 1.1.2019 steigt der Mindestlohn um 35 Cent auf 9,19 EUR je Zeitstunde. Zum 1.1.2020 soll eine weitere Erhöhung auf 9,35 EUR erfolgen. Die Steigerung orientiert sich an der allgemeinen Lohnentwicklung (Mindestlohnanpassungsverordnung). Um bei geringfügig Beschäftigten aufgrund der Anpassung des Mindestlohns nicht die 450 EUR-Grenze zu überschreiten, müssen Arbeitgeber nun eventuell mit ihren geringfügig Beschäftigen über eine Verminderung der Arbeitszeiten sprechen.

AKTUELL hat das Land Nordrhein-Westfalen einen "Entwurf eines Gesetzes zur Dynamisierung der Einkommens-grenze für Minijobs und für Verbesserungen für Arbeitnehmer in der Gleitzone" in den Bundesrat eingebracht. Der Entwurf sieht u.a. für geringfügig Beschäftigte die Abschaffung der starren Entgeltgrenze vor. Stattdessen soll die Entgeltgrenze an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt werden und zukünftig das 53fache des gesetzlichen Mindestlohns betragen (BR-Drs. 419/18 v. 30.8.2018). Ob der Gesetzesentwurf erfolgreich sein wird, kann nicht beurteilt werden. Jedenfalls wäre eine dynamische Anhebung der Entgeltgrenze für die Praxis wünschenswert.

 

5. Insolvenzgeldumlage:
Umlage U3 bleibt unverändert

Arbeitgeber müssen neben der Umlage U1 für Krankheitsaufwendungen und der Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen auch noch eine Umlage U3 für Insolvenzgeld zahlen. Wenn ein Betrieb zahlungsunfähig wird und ein Insolvenzverfahren über den Betrieb eröffnet wird, zahlt die Bundesagentur für Arbeit den ausfallenden Arbeitslohn für die letzten drei Monate an die Mitarbeiter, sog. Insolvenzgeld. Die Mittel hierfür bringen alle Arbeitgeber unabhängig von Größe, Branche und Ertragslage des Betriebes auf. Von der Umlage U3 sind Privathaushalte und Arbeitgeber der öffentlichen Hand befreit.

Im Jahre 2018 wurde der gesetzliche Umlagesatz zur Insolvenzgeldumlage von 0,09 auf 0,06 Prozent des Arbeitslohns abgesenkt.

AKTUELL regelt die neue "Insolvenzgeldumlagesatzverordnung 2019" vom 15.10.2018, dass die Insolvenzgeldumlage im Jahre 2019 unverändert bei 0,06 Prozent des Arbeitslohns bis zur Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung bleibt.

Weitere Informationen: Insolvenzgeld und Insolvenzgeldumlage.

 

IX. Steuergrundlagen

1. Steuerentlastung:
Erhöhung des Grundfreibetrages

Der steuerliche Grundfreibetrag stellt sicher, dass der Anteil des Einkommens, der für den Lebensunterhalt absolut notwendig ist, nicht mit Steuern belastet wird (Existenzminimum). Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist von Zeit zu Zeit eine Anpassung an die Inflation erforderlich. Und genau das wird wieder notwendig.

AKTUELL wird mit dem "Familienentlastungsgesetz" im Jahre 2019 der Grundfreibetrag von 9.000 EUR auf 9.168 EUR angehoben. Zum 1.1.2020 erfolgt eine weitere Anhebung auf 9.408 EUR. Für Verheiratete gilt der doppelte Betrag (§ 32a EStG).

HINWEIS: Da die Inflationsrate derzeit etwas mehr als 2 Prozent beträgt, bringt die für 2019 vorgesehene Anhebung des steuerfreien Grundbetrags um 1,9 Prozent wirtschaftlich keine tatsächliche Entlastung.

Weiterer Abbau derkalten Progression

Zum Ausgleich der kalten Progression und zur Verhinderung einer schleichenden Steuererhöhung werden die Eckwerte des Steuertarifs um die geschätzte Inflationsrate erhöht, d.h. "nach rechts" verschoben. Für 2019 erfolgt eine Erhöhung 1,84 Prozent. Im Jahre 2020 erfolgt eine weitere Verschiebung des Steuertarifs nach rechts, und zwar um 1,95 Prozent.Durch diese Anpassung greifen steigende Steuersätze des progressiven Steuertarifs erst bei etwas höherem Einkommen, es bleibt etwas mehr Netto vom Brutto.Ohne diese Anpassung müssten Steuerzahler, deren Einkommen lediglich in Höhe der Inflationsrate steigt, durchschnittlich mehr Steuern zahlen und hätten netto weniger Kaufkraft.

Das Problem der "kalten Progression" entsteht, wenn Lohnerhöhungen nur die Inflation, also die Teuerung von Produkten ausgleichen, die Kaufkraft aber kaum steigt. Durch den Tarifverlauf bei der Einkommensteuer zahlt man dann überproportional mehr Steuern an den Fiskus - quasi eine schleichende Steuererhöhung.

Reichensteuer greift erst bei höherem Einkommen

Seit 2007 gibt es die sog. Reichensteuer, ein Steuerzuschlag von 3 Prozentpunkten für Bestverdiener. Der Spitzensteuersatz beträgt also in der obersten Proportionalzone 45 % und greift bei einem zu versteuernden Einkommen im Jahre 2018 ab 260.533 EUR bzw. 521.065 EUR (Ledige / Verheiratete).

AKTUELL: Im Jahre 2019 beginnt die oberste Proportionalzone mit dem Steuerzuschlag von 3 Prozent erst ab einem zvE von 265.327 EUR bei Ledigen und 530.653 EUR bei Verheirateten. Ab 2020 beginnt die oberste Proportionalzone bei einem zvE von 270.501 EUR bzw. 541.001 EUR.

 

2. Steuerzinsen:
Hoher Zinssatz schon seit 2012 verfassungswidrig?

Bei Steuernachforderungen, Steuerstundung, Steuerhinterziehung und Aussetzung der Vollziehung berechnet das Finanzamt einen Zinssatz von 6 Prozent pro Jahr, d.h. für jeden vollen Monat des Verzinsungszeitraumes 0,5 % des fälligen Steuerbetrages. Dies ist so im Gesetz festgelegt (§ 238 AO).

  • Ein Zinssatz von 6 % p.a. ist heutzutage außerordentlich hoch, wo doch die Marktzinsen schon seit etlichen Jahren nahe Null und sogar im Negativbereich liegen. Im Vergleich dazu stellt der Zinssatz des Fiskus von 6 % aus dem Jahre 1961 heute ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung dar und erfüllt damit den Tatbestand des Wuchers (§ 138 BGB). Zinswucher liegt vor, wenn der verlangte Zinssatz doppelt so hoch ist wie der vergleichbare Marktzins. Schon lange hat das Steuerrecht jeden Bezug zu den aktuellen Marktzinsen verloren.
  • Der Bundesfinanzhof hatte im Juli 2014 entschieden, dass der gesetzliche Zinssatz von 6,0 % pro Jahr bis März 2011 (noch) nicht verfassungswidrig sei (BFH-Urteil vom 1.7.2014, IX R 31/13). Ebenfalls als verfassungsgemäß hat der BFH den Zinssatz beurteilt für die Zeit bis 5.12.2011 (BFH-Urteil vom 14.4.2015, IX R 5/14) und bis 19.1.2012 (BFH-Beschluss vom 21.10.2015, V B 36/15). Zuletzt hat der BFH im November 2017 entschieden, dass der Zinssatz von 6 Prozent p.a. auch im Jahre 2013noch verfassungsgemäß ist (BFH-Urteil vom 9.11.2017, III R 10/16).
  • Endlich - im April 2018 - konnte sich der Bundesfinanzhof, und zwar der 9. Senat, nach etlichen "irrealen" Urteilen nicht mehr länger winden und vor einer realitätsgerechten Entscheidung drücken: Endlich haben die höchsten Finanzrichter "schwerwiegende"Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 6 Prozent geäußert - allerdings erst für Verzinsungszeiträume ab 2015! (BFH-Beschluss vom 25.4.2018, IX B 21/18). Wir berichteten ausführlich im SteuerSparbrief Juni 2018.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof - diesmal der 8. Senat - wieder schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 6 Prozent zugegeben und sich damit der Auffassung des 9. Senats angeschlossen. Noch besser: Die vermutete Verfassungswidrigkeit soll bereits für Verzinsungszeiträume seit November 2012 gelten (BFH-Beschluss vom 3.9.2018, VIII B 15/18).

Die Richter erklären, dass ihre Bedenken sich nicht nur auf Nachforderungszinsen beziehen, sondern auf alle Steuerzinsen mit dem Zinssatz von 6 Prozent p.a. gemäß § 238 AO, also auch auf Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Aussetzungszinsen und Prozesszinsen. Ferner beziehen sich die Bedenken bereits auf den Zeitraum November 2012 bis März 2015.

HINWEIS: Erst kürzlich hat das Finanzgericht Münster für Verzinsungszeiträume ab Januar 2014 verfassungsrechtliche Zweifel am Zinssatz von 6 Prozent geäußert. Denn bereits im Jahre 2014 habe sich die lang andauernde Niedrigzinsphase ernstlich verfestigt (FG Münster vom 31.8.2018, 9 V 2360/18 E).

Die Finanzverwaltung gewährt seit Mitte Juni 2018 im Fall von Steuernachzahlungen für festgesetzte Nachforderungszinsen die Aussetzung der Vollziehung. Das bedeutet, dass Sie als Steuerzahler die Nachforderungszinsen vorerst nicht bezahlen müssen. Dies gilt aber nur dann, wenn Sie einen entsprechenden Antrag - am besten in Form eines Einspruchs - ans Finanzamt richten. Die Aussetzung erstreckt sich dem BFH-Beschluss folgend nur auf Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 (BMF-Schreiben vom 14.6.2018, IV A 3-S 0465/18/10005-01).

STEUERRAT: Aufgrund des neuen BFH-Beschlusses können Sie nun ebenfalls "Aussetzung der Vollziehung" beantragen, falls Sie für Zeiten vor dem 1.4.2015 Nachforderungszinsen zahlen sollen. Derzeit sind noch etliche Verfahren wegen der Wucherzinsen vor dem BFH anhängig. Zudem warten zwei Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht auf eine Entscheidung (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17). Im Übrigen sind Verfassungsbeschwerden wegen der unterschiedlichen Besteuerung von Erstattungs- und Nachforderungszinsen anhängig (2 BvR 1711/15 und 2 BvR 2671/14). Wahrscheinlich wird das BVerfG die beiden erstgenannten Verfahren noch vor Jahresende 2018 entscheiden.

Weitere Informationen: Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen

 

3. Steuererklärung:
Splittingtarif für gleichgeschlechtliche Ehe rückwirkend ab 2001

Seit dem 1.10.2017 ist die "Ehe für alle" - und damit für gleichgeschlechtliche Paare - Wirklichkeit. Gesetzestechnisch war die Einführung eine simple Sache. Es musste lediglich in § 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) klargestellt werden, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Eheeingehen können. Grundlage ist das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" vom 20.7.2017.

  • Bereits seit dem 1.8.2001 besteht für gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu begründen, welche in ihren Wirkungen der Ehe sehr nahe kam und inzwischen der Ehe tatsächlich nahezu gleichgestellt ist (eingeführt mit dem "Lebenspartnerschaftsgesetz" vom 16.2.2001).
  • Im Jahre 2013 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass auch eingetragene Lebenspartnerschaften Anspruch auf die steuerliche Zusammenveranlagung mit dem Splittingtarif haben. Die Ungleichbehandlung von Homo-Ehen und "normalen" Ehen beim Ehegattensplitting sei verfassungswidrig (BVerfG-Urteile vom 7.5.2013, 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07).
  • Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, die Rechtslage rückwirkend ab dem 1.8.2001 - dem Tag, an dem das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft getreten ist - zu ändern. Dies galt allerdings nur für diejenigen, die gegen ihre Steuerbescheide Einspruch eingelegt hatten ("Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts" vom 15.7.2013).

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" zum 1.1.2019 eine sehr vorteilhafte Regelung für gleichgeschlechtliche Ehepaare aufgenommen: Bis zum 31.12.2020 können Ehepaare, die seit Oktober 2017 ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, die Zusammenveranlagung mit Splittingtarif beantragen - und zwar rückwirkend bis zum Beginn der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dies ist auch dann möglich, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind. Voraussetzung ist, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum 31.12.2019 in eine Ehe umgewandelt wird (Artikel 97 § 9 Abs. 5 AO-Einführungsgesetz 2019).

Ist die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in die Ehe ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, welches die Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheides ermöglicht?

  • Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Umwandlung kein rückwirkendes Ereignis, weil die Steuergesetze zur Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten bereits entsprechend den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) angepasst wurden. Die Umsetzung ist für alle offenen Steuerfälle erfolgt. Eine Ungleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern wurde im Jahre 2013 beseitigt. Somit konnte sich durch das Eheöffnungsgesetz im Jahre 2017 keine geänderte und außerdem auch noch rückwirkende Rechtslage ergeben.
  • ABER im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit soll nun ausnahmsweise gesetzlich ein rückwirkendes Ereignis fingiert werden (und damit § 175 Abs. 1 Nr. 2 und Satz 2 AO anwendbar sein), wenn die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe bis zum 31.12.2019 erfolgt und die Ehegatten bis zum 31.12.2020 gemeinsam die Änderung eines Steuerbescheids zwecks nachträglicher Berücksichtigung des Splittingtarifs beantragen.
  • Die nachträgliche Gewährung des Splittingtarifs führt zu einer Steuererstattung. Auf diese Erstattung gibt's dann auch Erstattungszinsen in Höhe von satten 6 Prozent p.a. Der Zinslauf beginnt hier 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Und das ist die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in die Ehe (§ 233a Abs. 2a AO).
  • Mit dieser großzügigen Regelung soll es den Betroffenen innerhalb einer gesetzlich bestimmten Frist ermöglicht werden, die Anpassung von Steuerbescheiden ungeachtet zwischenzeitlich eingetretener Bestandskraft und Festsetzungsverjährung zu beantragen. Dies soll dem Rechtsfrieden dienen. Sehr löblich!

HINWEIS: Im Juli 2018 hat das FG Hamburg entschieden, dass gleichgeschlechtliche Ehepaare, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, die Zusammenveranlagung mit Splittingtarif beantragen können. Dies soll rückwirkend bis zum Beginn der eingetragenen Lebenspartnerschaft möglich sein. Und zwar auch dann, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind (FG Hamburg vom 31.7.2018, 1 K 92/18).

 

4. Steuererklärung:
Erhöhung der Grenze zur Abgabepflicht für Nicht-Arbeitnehmer

Beziehen weder Sie noch Ihr Ehegatte Arbeitslohn aus einem aktiven Beschäftigungsverhältnis oder Versorgungsbezüge aus einem früheren Dienstverhältnis, müssen Sie eine Einkommensteuererklärung abgeben, wenn die steuerpflichtigen Einkünfte - genauer: der "Gesamtbetrag der Einkünfte" - den steuerlichen Grundfreibetrag übersteigen (§ 56 EStDV).

Im Jahre 2018 beträgt dieser "Gesamtbetrag" 9.000 EUR für Alleinstehende und 18.000 EUR für Verheiratete. Dies betrifft insbesondere Rentner und Kinder mit entsprechenden Einkünften aus anderen Einkunftsarten. Das Finanzamt führt dann eine Pflichtveranlagung bzw. eine Veranlagung von Amts wegen durch.

AKTUELL wird mit dem "Familienentlastungsgesetz" die Einkommensgrenze für die Steuererklärungspflicht erhöht: Im Jahre 2019 sind Nicht-Arbeitnehmer zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn ihr "Gesamtbetrag der Einkünfte" höher ist als 9.168 EUR bei Alleinstehenden und 18.336 EUR bei Verheirateten. Im Jahre 2020 erhöht sich die Grenze weiter auf 9.408 EUR bzw. 18.816 EUR (§ 56 EStDV).

Selbst wenn Sie diese Grenze überschreiten und deshalb eine Einkommensteuererklärung abgeben müssen, muss sich nicht unbedingt eine Steuerschuld ergeben. Denn auch Sie können Steuervergünstigungen geltend machen, z. B. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Beiträge zu anderen Versicherungen, Spenden, gezahlte Kirchensteuer, außergewöhnliche Belastungen, Spenden an Parteien, Aufwendungen für Haushaltshilfe, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen usw. Eine Einkommensteuer entsteht nur dann, wenn Ihr "zu versteuerndes Einkommen" höher ist als der o.g. Grundfreibetrag.

Weitere Informationen: Wer muss eine Einkommensteuererklärung abgeben?

 

5. Steuererklärung:
Keine Pflichtveranlagung bei geringem Arbeitslohn

Bei Arbeitnehmern und Pensionären, bei denen bereits monatlich Lohnsteuer einbehalten wird, vermutet der Fiskus, dass diese nicht ausreichend ist und sich aufgrund anderer Einkünfte eine höhere Steuerzahlung ergeben könnte. Und so nennt das Gesetz bestimmte Fälle, in denen Sie verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG). Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht u.a., wenn beim monatlichen Lohnsteuerabzug

  • ein Lohnsteuerfreibetrag für Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt wurde (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG).
  • die Vorsorgepauschale höher ist als die tatsächlich abzugsfähigen Versicherungsbeiträge (§ 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG).

ABER eine Steuererklärung wegen eines eingetragenen Lohnsteuerfreibetrages oder wegen zu hoher Mindestvorsorgepauschale muss nicht abgegeben werden, wenn der Arbeitslohn eine bestimmte Grenze nicht übersteigt. Diese Mindestlohngrenze beträgt im Jahre 2018 11.400 EUR bei Ledigen und 21.650 EUR bei Verheirateten.

AKTUELL wird mit dem "Familienentlastungsgesetz" die Mindestlohngrenze angehoben: Zum 1.1.2019 steigt die Mindestlohngrenze auf 11.600 EUR für Ledige und auf 22.050 EUR für Verheiratete. Im Jahre 2020 erfolgt eine weitere Anhebung auf 11.900 EUR bzw. 22.600 EUR (§ 46 Abs. 2 Nr. 3 und 4 EStG 2019).

Weitere Informationen: Wer muss eine Einkommensteuererklärung abgeben?

 

6. Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag:
Erhöhung des Grenzbetrages

Wer seinen Wohnsitz im Ausland hat und sein Einkommen zum größten Teil in Deutschland erzielt, kann sich hier auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandeln lassen (sog. Grenzpendler nach § 1 Abs. 3 EStG). Dies ist möglich, wenn

  • die inländischen Einkünfte, die in Deutschland versteuert werden, mindestens 90 % der Gesamteinkünfte betragen (relative Grenze), oder
  • die ausländischen Einkünfte, die nicht in Deutschland versteuert werden, den steuerlichen Grundfreibetrag nicht übersteigen (absolute Grenze). Der Grundfreibetrag im Jahre 2018 beträgt 9.000 EUR bzw. 18.000 EUR für Verheiratete.

AKTUELL wird mit dem "Familienentlastungsgesetz" der Grundfreibetrag erhöht: Im Jahre 2019 steigt der steuerliche Grundfreibetrag auf 9.168 EUR für Ledige und 18.336 EUR für Verheiratete. Demzufolge steigt auch die absolute Grenze für ausländische Einkünfte, bis zu denen eine "Einkommensteuerveranlagung auf Antrag" in Deutschland möglich ist. Im Jahre 2020 steigt der Grundfreibetrag weiter auf 9.408 EUR bzw. 18.816 EUR.

Weitere Informationen: Die unbeschränkte Steuerpflicht (Grenzpendler)

 

7. Einspruch:
Fristverlängerung bei Bescheidversand durch Privatunternehmen?

Wer einen Einspruch gegen seinen Steuerbescheid einlegen möchte, hat dafür einen Monat Zeit, und zwar gerechnet ab Bekanntgabe des Bescheides. Erhalten Sie Ihren Steuerbescheid mit einfachem Brief, gilt der Steuerbescheid am dritten Tag, nachdem das Finanzamt den Brief zur Post gegeben hat, als bekannt gegeben (Dreitagesfrist). Das heißt: Trägt Ihr Steuerbescheid das Datum 2. November 2018, gilt er am 5. November als bekannt gegeben und Sie können bis zum 5. Dezember 2018 Einspruch einlegen. (Fällt der letzte Tag der Dreitagesfrist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, gilt der Steuerbescheid erst am darauffolgenden Werktag als bekannt gegeben.)

Die Dreitagesfrist ist eine so genannte Bekanntgabefiktion und gilt seit eh und je. Letztlich stammt sie aus der guten alten Zeit, als die Deutsche Bundespost für die Beförderung von Briefen noch das gesetzliche Monopol hatte und man regelmäßig davon ausgehen konnte, dass ein Brief innerhalb von drei Tagen den Empfänger erreicht hat. Doch seit die Finanzverwaltung immer öfter private Postdienstleister einsetzt, gibt es Zweifel, ob die Bekanntgabefiktion, also die Dreitagesfrist, zu halten ist. In vielen Bezirken soll zum Beispiel angeblich montags keine Zustellung erfolgen. Auch in entlegenen Gemeinden soll die Postzustellung vermeintlich etwas zögerlicher sein.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Bedenken aufgegriffen. Mit Urteil vom 14.6.2018 (III R 27/17) hat er wie folgt entschieden: Die Zugangsvermutung für die Bekanntgabe schriftlicher Verwaltungsakte gilt zwar auch bei der Übermittlung durch private Postdienstleister. Bei der Einschaltung eines privaten Postdienstleisters, der mit einem Subunternehmer tätig wird, ist allerdings zu prüfen, ob die organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen des Dienstleisters tatsächlich ausreichend sind, um eine regelmäßige Zustellung innerhalb von drei Tagen zu gewährleisten. Bei privaten Zustelldiensten werde im Rahmen der Lizensierung die Einhaltung konkreter Postlaufzeiten aber offenbar gerade nicht geprüft.

Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun ermitteln, ob der private Dienstleister im Urteilsfall alle Vorkehrungen getroffen hat, um die Post regelmäßig innerhalb von drei Tagen zuzustellen. Eine solche Prüfung sei insbesondere dann erforderlich, wenn neben einem beauftragten privaten Zustelldienst, der bei bundesweiten Zustellungen regelmäßig nur über Verbundgesellschaften tätig werde, ein weiteres Dienstleistungsunternehmen zwischengeschaltet werde.

STEUERRAT: Falls Sie gegen Ihren Steuerbescheid Einspruch einlegen möchten, sollten Sie die Frist nicht ausreizen. Legen Sie gegebenenfalls zunächst einfach Einspruch ein und reichen Sie die Begründung nach. Diese können Sie auch noch nach der einmonatigen Frist nachschieben. Doch wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und Sie die Frist knapp versäumt haben, sollten Sie das aktuelle Urteil des BFH anführen und auf eine Verlängerung der Einspruchsfrist hinwirken. Machen Sie deutlich, dass der private Dienstleister Ihre Post tatsächlich nicht immer in kürzester Zeit zustellt. Benennen Sie gegebenenfalls Zeugen.

 

X. Soziales

1. Krankenversicherung:
Höhere Freigrenzen für Familienversicherung

In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind Familienangehörige beitragsfrei mitversichert, wenn ihr Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreitet. Da die Bezugsgröße sich meist jährlich ändert, ändert sich folglich auch die Einkommensgrenze für die beitragsfreie Versicherung von Familienangehörigen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Jahre 2018 beträgt die Einkommensgrenze 435 EUR monatlich.

AKTUELL steigt ab dem 1.1.2019 die unschädliche Einkommensgrenze von 435 EUR auf 445 EUR, weil die Bezugsgröße von 3.045 EUR auf 3.115 EUR angehoben wird. Dieser Wert gilt in West und Ost.

Falls der Familienangehörige eine geringfügige Beschäftigung ausübt, darf das zulässige Gesamteinkommen die Minijob-Grenze von 450 EUR nicht übersteigen. Für die Anwendung dieser Grenze spielt es keine Rolle, wie hoch der Verdienst aus dem Minijob tatsächlich ist.

STEUERRAT: Die Einkommensgrenze von 445 EUR bzw. 450 EUR darf in Jahren 2015 bis 2018 dreimal (bis 2014 nur zweimal) im Jahr überschritten werden, ohne dass deswegen die beitragsfreie Familienversicherung verloren geht. Diese Befristung wird aufgehoben und die Regelung unbefristet verlängert. Also darf die Einkommensgrenze auch künftig dreimal im Jahr überschritten werden. Falls die Einkommensgrenze jedoch mehrfach überschritten wird, besteht die Möglichkeit, sich in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig zu versichern.

Weitere Informationen: Beitragsfreie Familienversicherung.

 

2. Krankenversicherung:
Paritätische Finanzierung auch für Zusatzbeitrag

In der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt der allgemeine Beitragssatz 14,6 Prozent und der ermäßigte Beitragssatz 14,0 Prozent. Diese werden jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. von Rentner und Rentenversicherung getragen. Der Arbeitgeberanteil ist mit 7,3 Prozent gesetzlich festgeschrieben.

  • Falls die Krankenkasse mit dem Geld nicht auskommt, kann sie einen kassenindividuellenZusatzbeitrag erheben, der alleine vom Versicherten zu finanzieren ist (gemäß § 242 SGB V). Dieser Zusatzbeitrag ist je nach Krankenkasse unterschiedlich hoch und einkommensabhängig (als Prozentanteil vom Einkommen).
  • Für bestimmte Personengruppen gilt nicht der kassenindividuelle Zusatzbeitrag, sondern ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag, der jährlich zum 1. November vom Bundesministerium für Gesundheit bekannt gegeben wird (gemäß § 242a SGB V). Für das Jahr 2018 beträgt der Beitragssatz 1,0 Prozent, für die Jahre 2016 und 2017 wurde er mit jeweils 1,1 % festgesetzt. Dies betrifft z.B. Hartz IV-Bezieher, behinderte Menschen, Auszubildende mit einer Vergütung unter 325 Euro, Teilnehmer im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr sowie im Bundesfreiwilligendienst.

AKTUELL wird mit dem "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" zum 1.1.2019 - wie beim normalen Beitrag - auch für den Zusatzbeitrag die paritätische Finanzierung eingeführt. Das bedeutet: Ebenso wie der normale KV-Beitrag wird auch der Zusatzbeitrag jeweils in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten bzw. Rentenversicherung und Rentnern getragen.

Die Zusatzbeiträge sollen stabilisiert und möglichst abgesenkt werden. Hierzu sollen die Krankenkassen angesichts der zum Teil hohen Rücklagen verpflichtet werden, ihre Finanzreserven abzuschmelzen. Die Rücklagen dürfen künftig eine Monatsausgabe nicht mehr überschreiten. Überschüssige Beitragseinnahmen müssen ab 2020 innerhalb von drei Jahren abgebaut werden. Krankenkassen mit einer Reserve von mehr als einer Monatsausgabe dürfen ihren Zusatzbeitrag nicht anheben.

AKTUELL hat das Bundesgesundheitsministerium bekannt gegeben, dass im Jahre 2019 der durchschnittliche Zusatzbeitrag - für bestimmte Personengruppen - von 1,0 Prozent auf 0,9 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen herabgesetzt wird (Bundesanzeiger vom 23.10.2018).

Wie hoch der neue kassenindividuelle Zusatzbeitrag Ihrer Krankenkasse für das Jahr 2019 ist, können Sie auf der Website des GKV-Spitzenverbandes einsehen. Der GKV-Spitzenverband ist verpflichtet, eine laufend aktualisierte Übersicht der Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen (§ 242 Abs. 5 SGB V).

 

3. Krankenversicherung:
Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für Selbstständige

Hauptberuflich Selbstständige, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, zahlen ihre Beiträge auf Basis einer Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Diese wird anhand der Bezugsgröße jährlich angepasst. Der Mindestbeitrag entspricht dem 40. Teil dieser Bezugsgröße. Im Jahre 2018 sind das 2.283,75 EUR, davon 14,0 % = 319,73 EUR Monatsbeitrag zzgl. Zusatzbeitrag (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V).

Für Existenzgründer mit Gründungszuschuss und für Härtefälle beträgt die Mindestbemessungsgrundlage die Hälfte der Bezugsgröße. Im Jahre 2018 sind das 1.522,50 EUR, davon 14,0 % = 213,15 EUR Monatsbeitrag zzgl. Zusatzbeitrag (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V).

AKTUELL wird mit dem "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" zum 1.1.2019 die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für Selbstständige (bisher 40. Teil der Bezugsgröße) auf den 90. Teil der Bezugsgröße mehr als halbiert. Damit werden die freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen mit den übrigen freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf ihre Mindestbeiträge gleichgestellt. Das entspricht im Jahr 2019 monatlich 1.038 EUR (3.115 EUR : 90 x 30), was einen durchschnittlichen Mindestbeitrag von monatlich rund 151 EUR bedeutet (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V; die Sätze 2 bis 6 wurden gestrichen).

Die Sonderregelung für Existenzgründer und für Härtefälle (bisher 60. Teils der monatlichen Bezugsgröße) entfällt zukünftig, weil der neue Beitrag unter dem bisherigen Beitrag liegt.

Die Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage bedeutet somit sowohl für Selbstständige mit geringeren Einkünften als auch für Existenzgründer eine erhebliche Entlastung. Für Letztere bedeutet die vereinbarte Absenkung sogar eine deutliche Entlastung über die Existenzgründungsphase hinaus. Durch die Gleichstellung von freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen mit den übrigen freiwillig Versicherten entfällt künftig die Prüfung von neben- oder hauptberuflicher Selbstständigkeit und verringert so den Verwaltungsaufwand für die Krankenkassen zusätzlich.

HINWEIS: Seit dem 1.1.2018 werden die Beiträge für freiwillig Versicherte mit Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und Versorgungsbezüge zunächst vorläufig festgesetzt. Wenn dann der Einkommensteuerbescheid vorliegt, werden die Beiträge auf der Basis der tatsächlich erzielten Einkünfte rückwirkend neu festgesetzt.Ist das tatsächliche Einkommen laut Einkommensteuerbescheid niedriger als die vorläufige Berechnungsgrundlage, erfolgt grundsätzlich eine Erstattung der Beiträge. Im umgekehrten Fall sind Beiträge nachzuzahlen.

 

4. Krankenversicherung:
Ende einer Sonderregelung für Tagespflegepersonen

Für selbstständige Tagesmütter und -väter gibt es in der gesetzlichen Krankenversicherung eine wesentliche Erleichterung, die bis zum 31.12.2018 befristet ist: Sofern eine Tagesmutter nicht mehr als 5 Kinder betreut, wird die Kinderbetreuung als nebenberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit angesehen, nicht als hauptberufliche Tätigkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Diese Regelung hat Vorteile in der Kranken- und Pflegeversicherung:

  • Tagesmütter können beim Ehepartner beitragsfrei in der Familienversicherung versichert bleiben, sofern der Gewinn nicht mehr als ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße beträgt. Dies sind im Jahre 2018 monatlich 435 EUR.
  • Falls die Tagesmutter in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert ist, weil eine Familienversicherung nicht möglich ist, gibt es eine finanzielle Entlastung bei der Beitragsberechnung: Mangels Hauptberuflichkeit wird der Beitrag nicht nach der Mindestbemessungsgrundlage für hauptberuflich selbstständige Erwerbstätige berechnet, sondern nach der geringeren Mindestbemessungsgrundlage (gemäß 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Die Mindestbemessungsgrundlage beträgt bei freiwilligen Mitgliedern, die nicht hauptberuflich tätig sind, pro Kalendertag 1/90 der monatlichen Bezugsgröße (2018: 3.045 EUR : 90 x 30 = 1.015 EUR) - anstatt 1/40 (2 283,75 EUR). Als Beitragssatz kommt der ermäßigte Beitragssatz (14 %) zur Anwendung, weil kein Anspruch auf Krankengeld besteht.

AKTUELL wird mit dem "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" zum 1.1.2019 die Sonderregelung für Tagesmütter in § 10 Abs. 1 Satz 3 SGB V ersatzlos beendet. Künftig gelten die allgemeinen Kriterien zur Feststellung der Hauptberuflichkeit, wie sie für alle anderen selbstständig Erwerbstätigen gelten. Dementsprechend werden Tagespflegepersonen unabhängig von der Anzahl der zu betreuenden Kinder im Einzelfall als "hauptberuflich selbstständig" zu betrachten sein, wenn die selbstständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung des Einzelnen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gibt.

Für hauptberuflich Selbstständige beträgt die Bemessungsgrundlage künftig nicht mehr ein 1/40, sondern nur noch 1/90 der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Das sind im Jahre 2019: 3.115 EUR : 90 x 30 = 1.038 EUR. Des weiteren können Tagespflegepersonen zur Absicherung eines Einkommensausfalls im Krankheitsfall nun auch den gesetzlichen Krankengeldanspruch wählen.

 

5. Krankenversicherung:
Zugang zur GKV für ehemalige Zeitsoldaten

Nach bisheriger Regelung haben ausgeschiedene Soldatinnen und Soldaten auf Zeit während des Anspruchs auf Übergangsgebührnisse einen Anspruch auf Beihilfe. Obwohl diese Personen nach ihrem Ausscheiden aus dem Wehrdienstverhältnis lediglich eine zeitlich begrenzte Übergangsversorgung erhalten, beziehen sie doch typische Fürsorgeleistungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes. Derartige Leistungen stehen sonst nur Angehörigen des öffentlichen Dienstes und Versorgungsempfängern mit Anspruch auf Versorgung auf Lebenszeit zu.

AKTUELL werden mit mit dem "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, die ab dem 31.12.2018 aus dem Dienst ausscheiden, zwei bedeutsame Vergünstigungen eingeführt:

  1. Es wird ihnen ein einheitlicher Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht. Die generellen Zugangsmöglichkeiten zur gesetzlichen Krankenversicherung werden dazu um ein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung erweitert (§ 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V).
  2. Zudem erhalten diese Personen während des Bezugs von Übergangsgebührnissen nach dem Ende ihrer Dienstzeit einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen, der anstelle der bisherigen Beihilfe geleistet wird, sowie die Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitrages (§ 257 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 11b Soldatenversorgungsgesetz).

Der Beitritt zur Krankenkasse kann innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Dienst erklärt werden. Doch bei den Versicherungsberechtigten nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V beginnt die Mitgliedschaft - unabhängig von dem Zeitpunkt der Beitrittserklärung - mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus dem Dienst. Auf diese Weise wird ein nahtloser Übergang der Absicherung im Krankheitsfall - von der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung während des Dienstverhältnisses zur freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung - sichergestellt (§ 188 Abs. 2 SGB V).

Eine Übergangsregelung gibt es für Personen, die als Soldatinnen und Soldaten auf Zeit seit dem 15.3.2012 und vor dem 31.12.2018 aus dem Dienst ausgeschieden sind und am 1.1.2019 das 55. Lebensjahr vollendet haben: Für sie gilt die vorgenannte neue Regelung nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V ebenfalls. Sie müssen ihren Beitritt der Krankenkasse bis zum Ablauf des 31.3.2019 schriftlich anzeigen. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Tag ihres Beitritts zur Krankenkasse (§ 324 SGB V).

 

6. Pflegeversicherung:
Erhöhung des Beitragssatzes

Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung war zuletzt 2017 angehoben worden und beträgt derzeit 2,55 Prozent, für Kinderlose 2,80 Prozent. Bis Ende 2018 rechnet der GKV-Spitzenverband mit rund 3,46 Millionen Leistungsempfängern, nachdem es Ende 2016 noch 2,95 Millionen waren. Der Grund dafür ist u.a. die Umstellung von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade. Dabei nimmt der Anteil höherer Pflegegrade zu, was zu deutlich höheren Ausgaben führt.

AKTUELL wird mit dem "Fünften Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch" zum 1.1.2019 der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte auf 3,05 Prozent angehoben. Für Kinderlose über 23 Jahre beträgt er künftig 3,30 Prozent. Der Beitrag ist zu zahlen bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 4 537,50 EUR (§ 55 SGB XI).

Bei Arbeitnehmern zahlt die Hälfte des Beitrags der Arbeitgeber, aber ohne den Kinderlosenzuschlag von 0,25 Prozent. Der Arbeitnehmeranteil beträgt nun 1,525 % (für Kinderlose 1,775 %) und der Arbeitgeberanteil 1,525 %.

Eine Sonderregelung besteht in Sachsen: Hier tragen die Beiträge zur Pflegeversicherung nicht Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte, sondern der Arbeitnehmer übernimmt einen Anteil von 1 % sowie die Hälfte des übersteigenden Anteils (§ 58 Abs. 3 SGB XI). Also beträgt der Arbeitnehmeranteil 2,025 % (für Kinderlose 2,275 %) und der Arbeitgeberanteil 1,025 %. Das hat folgenden Grund: Bei Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung im Jahre 1995 wurde zum Ausgleich für die Belastung des Arbeitgebers ein gesetzlicher Feiertag, nämlich der Buß- und Bettag, abgeschafft. Nur in Sachsen wurde dieser Feiertag nicht gestrichen. Dafür mussten die Beschäftigten dort den Pflegebeitrag von damals 1 % in voller Höhe tragen. Vom übersteigenden Beitragsanteil übernehmen die Arbeitgeber die Hälfte.

So hoch ist der Beitragssatz zur Pflegeversicherung (ab 2019)

 

Pflegeversicherungsbeitrag

für Eltern

für Kinderlose

allgemein

in Sachsen

allgemein

in Sachsen

Beitragssatz

- Anteil Arbeitnehmer

- Anteil Arbeitgeber

3,05 %

1,525 %

1,525 %

3,05 %

2,025 %

1,025 %

3,30 %

1,775 %

1,525 %

3,30 %

2,275 %

1,025 %

 

7. Arbeitslosenversicherung:
Senkung des Beitragssatzes

Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung müssen nur von einem Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt werden. Darüber hinausgehende Einkommensteile unterliegen nicht der Beitragspflicht. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung beträgt derzeit 3,0 Prozent, zu zahlen vom Gehalt bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 6.500 EUR.

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung" zum 1.1.2019 der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent abgesenkt, zu zahlen vom Gehalt bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 6.700 EUR (§ 341 Abs. 2 SGB III).

Mit dem Gesetz ist eine dauerhafte Senkung auf 2,6 Prozent vorgesehen, und mit einer Verordnung soll befristet bis Ende 2022 eine weitere Absenkung um 0,1 Prozentpunkte erfolgen.

Künftig gehen also nur noch 2,5 statt bisher 3 Prozent vom beitragspflichtgen Bruttogehalt ab. Bei einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 3.156 EUR im Monat (Angaben der Rentenversicherung für 2018) würden 94,68 EUR an Arbeitslosenversicherungsbeitrag anfallen. Wird er im nächsten Jahr um 0,5 Prozent gesenkt wird, macht dies nur noch 78,90 EUR aus.

 

8. Arbeitslosenversicherung:
Erleichterter Zugang zu Arbeitslosengeld I

Um Arbeitslosengeld I beziehen zu können, muss eine bestimmte Anwartschaftszeit erfüllt sein. Diese ist erfüllt, wenn in der Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens zwölf Monate lang eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde (§§ 142, 143 SGB III).

AKTUELL wird mit dem "Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung" ab dem 1.1.2020 der Anspruch auf Arbeitslosengeld I erleichtert, indem die Rahmenfrist von 24 auf 30 Monate erweitert wird. Künftig genügt es, wenn innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate lang Beiträge gezahlt wurden (§ 142 Abs. 1 SGB III).

Besondere Regelung für kurz befristete Beschäftigungen

Der Zugang zum Arbeitslosengeld I ist leichter für Personen, die häufig nur kurzfristig beschäftigt sind, insbesondere für Künstler, Schauspieler, aber auch für Berufsanfänger mit befristeten Jobs: Sie können derzeit bereits nach einer Anwartschaftszeit von 6 Monaten - anstatt erst nach 12 Monaten - Arbeitslosengeld I erhalten. Ansonsten hätten viele, bei denen sich kurze Arbeits- und Arbeitslosigkeitsphasen abwechseln, kaum eine Chance, Arbeitslosengeld zu beziehen. Sie zahlten zwar Beiträge, kämen aber nie auf die nötigen Vorversicherungszeiten. Diese Regelung gilt befristet bis zum 31.7.2021 (§ 142 Abs. 2 SGB III).

AKTUELL wird die Sonderregelung für überwiegend kurz befristete Beschäftigungen verlängert bis zum 31.12.2022 (§ 142 Abs. 2 SGB III).

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