Ist ein naher Angehöriger wegen Pflegebedürftigkeit in einem Pflegeheim, wegen Behinderung in einem Behindertenheim oder wegen Alters in einem Altenheim untergebracht, reicht das eigene Einkommen häufig nicht aus, um die Heimkosten zu bezahlen. Oftmals müssen dann die Kinder für die Eltern zahlen. Sofern Sie die Eltern finanziell unterstützen (müssen), möchten Sie wissen, ob und wie Sie den Fiskus daran beteiligen können. Nachfolgend erfahren Sie, wie Sie die Kosten steuerlich optimal geltend machen.

1. Was Sie vorab wissen sollten

Zahlungen für die Heimunterbringung eines nahen Angehörigen - gleichgültig, ob diese vom Sozialamt gefordert oder von Ihnen freiwillig geleistet werden - sind dann steuerlich absetzbar, wenn die Zahlungen bei Ihnen "zwangsläufig" aus rechtlichen oder sittlichen Gründen entstehen. Wann ist das der Fall?

Eine rechtliche Verpflichtung zum Unterhalt besteht grundsätzlich für Verwandte in gerader Linie (§ 1601 BGB):

  • Nicht nur Eltern sind ihren Kindern gegenüber gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet, sondern auch umgekehrt Kinder ihren Eltern gegenüber. Die Unterhaltsverpflichtung der Kindern kommt vor allem in Betracht, wenn die Eltern im Alter in einem Altenheim oder wegen Pflegebedürftigkeit in einem Pflegeheim untergebracht sind und die hohen Heimkosten nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen finanzieren können. Übernimmt das Sozialamt die ungedeckten Mehrkosten, geht der Unterhaltsanspruch nach dem Bundessozialhilfegesetz auf den Sozialhilfeträger über, und dieser zieht die Kinder entsprechend ihrem Einkommen zur Finanzierung heran.
  • Zu den Verwandten in gerader Linie gehören auch die Großeltern: Vorrangig unterhaltsverpflichtet sind hier jedoch deren Kinder, nicht die Enkelkinder (§ 1606 BGB). Auch wenn die Enkelkinder nicht vom Sozialamt zur Kasse gebeten werden, tragen sie häufig mit freiwilligen Zahlungen zur Unterstützung der Großeltern bei. Hier ist also nicht eine konkrete Unterhaltsverpflichtung gegeben, sondern lediglich eine abstrakte. Dies ist ausreichend, um eine rechtliche Verpflichtung zu bejahen (R 33a.1 Abs. 1 Satz 3 EStR; OFD Frankfurt vom 5.5.1998, DB 1998 S. 1160).
  • Da eine gesetzliche Unterhaltspflicht auch gegenüber dem geschiedenen Ehegatten (§§ 1361, 1569 BGB) oder gegenüber dem Partner in eingetragener Lebenspartnerschaft (§§ 5 und 12 LPartG) entstehen kann, ist auch hier eine rechtliche Verpflichtung gegeben.

Eine sittliche Verpflichtung kann bei anderen Angehörigen im Sinne des § 15 AO in Betracht kommen: Dies ist nach Auffassung des BFH anzunehmen, "wenn nach dem Urteil der Mehrzahl billig und gerecht denkender Mitbürger ein Steuerpflichtiger sich zu einem solchen Verhalten verpflichtet sehen kann. Sittlich zu billigende oder besonders anerkennenswerte Gründe allein reichen deshalb nicht aus. Das sittliche Gebot muss vielmehr ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest eine Erwartung der Gesellschaft in der Weise in Erscheinung treten, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann" (BFH-Urteil vom 22.10.1996, BStBl. 1997 II S. 558).

Bei der Entscheidung ist auf alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf die persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die konkrete Lebenssituation abzustellen (BFH-Urteil vom 24.7.1987, BStBl. 1997 II S. 715).

Zahlungen für die Heimunterbringung der Schwiegereltern

Leisten Sie Zahlungen für die Heimunterbringung Ihrer Schwiegereltern, könnten Sie folgendem Problem begegnen: Das Finanzamt lehnt die Anerkennung Ihrer freiwilligen Zahlungen ab, weil nicht Sie, sondern Ihre Ehefrau als Tochter gesetzlich unterhaltsverpflichtet sei. Da diese aber über kein eigenes Einkommen verfüge, können sie auch keine Zahlungen absetzen. Das mag für den Rückgriff des Sozialamtes gelten, keineswegs aber für das Finanzamt.

STEUERRAT: Für den Abzug außergewöhnlicher Belastungen spielt es bei zusammen veranlagten Eheleuten keine Rolle, für wen die Aufwendungen entstanden sind und wer sie getragen hat (BFH-Urteil vom 22.3.1967, BStBl. 1967 III S. 596). Im Übrigen wäre bei Ihnen zumindest eine sittliche Verpflichtung zur Unterstützung gegeben.

Einschränkungen beim Abzug als außergewöhnliche Belastungen

Müssen Kinder für die Heimunterbringung ihrer Eltern zahlen, wird der steuerliche Abzug im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen durch zwei Maßgaben eingeschränkt (BFH-Urteil vom 30.6.2011, VI R 14/10; BFH-Urteil vom 26.3.2009, BFH/NV 2009 S. 1418):

  • Wenn die Zahlungen der Kinder nicht höher sind als deren zumutbare Belastung, ist ein Abzug als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art nach § 33 EStG nicht möglich.
  • Die geleisteten Zahlungen können nicht als Unterhaltsleistungen im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen besonderer Art nach § 33a Abs. 1 EStG - ohne Ansatz einer zumutbaren Belastung - abgezogen werden, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge der Eltern höher sind als der Unterhaltshöchstbetrag zzgl. Anrechnungsfreibetrag von 624 EUR.

HINWEIS: Es besteht kein Wahlrecht zwischen dem Abzug als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG und dem Abzug als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG. Es ist auch nicht möglich, die Heimrechnung in Unterhaltskosten und in Krankheitskosten aufzuteilen und einen Teilbetrag für Unterhalt ohne Anrechnung der zumutbaren Belastung geltend zu machen (BFH-Urteil vom 30.6.2011, VI R 14/10).

2. Heimunterbringung wegen Pflegebedürftigkeit

Falls Sie wegen Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen für dessen Unterbringung in einem Pflegeheim aufkommen müssen, können Sie eine Unterstützung vom Finanzamt erwarten. Begünstigt sind nur Angehörige, denen gegenüber Sie zum Unterhalt verpflichtet sind. Das sind Eltern und Kinder, auch Eltern des Ehegatten (H 33 EStR "Pflegeaufwendungen Dritter").

Pflegebedürftig sind Personen, für die

  • eine Pflegestufe I, II oder III (bzw. des entsprechenden Pflegegrades - vgl. dazu Pflege von pflegebedürftigen Personen) nach SGB XI bescheinigt ist,
  • ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "H" oder "Bl" ausgestellt ist,
  • eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI festgestellt wurde (Demenz),
  • bei Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim Pflegeleistungen mit Pflegesätzen der Pflegestufe 0 gesondert in Rechnung gestellt werden (BFH-Urteil vom 10.5.2007, BStBl. 2007 II S. 764),
  • das Sozialamt die Kosten der Heimunterbringung teilweise übernimmt. In diesem Fall geht das Finanzamt von einer ordnungsgemäßen Prüfung der Notwendigkeit für die Heimunterbringung aus.

Wenn der Angehörige zu Hause betreut wird, können gelegentliche Aufenthalte in einem Pflegeheim erforderlich werden. Dann sind auch diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen absetzbar (R 33.3 Abs. 2 EStR):

  • Unterbringung in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege.
  • Unterbringung in Einrichtungen der Kurzzeitpflege.
  • Inanspruchnahme von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten, die nach Landesrecht anerkannt sind.
    Darunter versteht man die stundenweise Betreuung von Menschen mit Demenz, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen durch geschulte Helferinnen/Helfer unter Anleitung einer Fachkraft. Die Betreuung erfolgt entweder in Betreuungsgruppen oder als Einzelbetreuung im häuslichen Bereich.

a) Heimkosten

Aufwendungen für die krankheits-, behinderungs- oder pflegebedingte Unterbringung eines Angehörigen in einem Altenpflegeheim oder Pflegeheim sind als Krankheitskosten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar. Abziehbar sind nicht nur die Pflegekosten, sondern auch die Kosten, die auf die Unterbringung und Verpflegung entfallen, soweit es sich hierbei um Mehrkosten gegenüber der normalen Lebensführung handelt. Anders als bei typischen Unterhaltsaufwendungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG kommt ein Abzug aber nur in Betracht, soweit die außergewöhnlichen Belastungen den Betrag der zumutbaren Belastung überschreiten (BFH-Urteil vom 30.6.2011, VI R 14/10; BFH-Urteil vom 24.2.2000, BStBl. 2000 II S. 294).

Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art sind der Höhe nach unbegrenzt absetzbar. Doch vorher müssen Sie einen Teil der Kosten selber übernehmen. Das Finanzamt kürzt Ihre Aufwendungen automatisch um die zumutbare Belastung, die sich nach der Höhe Ihres Einkommens, der Anzahl der Kinder und Ihrem Familienstand richtet (§ 33 Abs. 3 EStG). Das ist Ihr Selbstbehalt, den Sie von den Aufwendungen übernehmen müssen, bevor die Allgemeinheit der Steuerzahler Ihnen hilft. Beispielsweise beträgt bei einem Ehepaar mit einem oder zwei Kindern und einem Einkommen über 51.130 EUR die zumutbare Belastung 4 % des Gesamtbetrags der Einkünfte.

Absetzbar sind sämtliche Kosten des Heimaufenthalts, also nicht nur die Kosten für die ärztliche Betreuung und Pflege, sondern auch die Kosten für Unterbringung und Verpflegung. Denn die Aufwendungen für die Heimunterbringung stellen insgesamt Krankheitskosten dar (BFH-Urteil vom 24.2.2000, BStBl. 2000 II S. 294; BFH-Urteil vom 30.6.2011, VI R 14/10; ebenfalls BMF-Schreiben vom 2.12.2002, BStBl. 2002 I S. 1389; FG Köln, Urteil vom 26.1.2017, 14 K 2643/16).

STEUERRAT: Es spielt keine Rolle, ob Sie Ihre Zahlungen direkt an das Pflegeheim oder an das Sozialamt leisten oder das Geld dem Pflegebedürftigen geben, damit dieser seine Heimkosten zahlen kann (BFH-Urteil vom 11.7.1990, BStBl. 1991 II S. 62, 64).

Ihre Aufwendungen für die Unterbringung wegen Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit stellen - anders als bei Unterbringung in einem normalen Altenheim - keine Unterhaltsleistungen dar, sondern atypische Unterstützungsleistungen. Ihr Aufwendungen sind absetzbar, soweit die eigenen Einkünfte und Bezüge des Angehörigen zur Bezahlung der Kosten nicht ausreichen und er kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt (siehe Punkt 5).

Bei der Berechnung des steuerlich abzugsfähigen Betrages werden die vom Heim in Rechnung gestellten Heimkosten vermindert um

  • Leistungen der Pflegeversicherung,
  • Leistungen des Sozialamtes,
  • eigene Einkünfte und Bezüge über 624 EUR hinaus - gekürzt um einen angemessenen Betrag für zusätzlichen persönlichen Bedarf in Höhe von 1.550 EUR,
  • eine Haushaltsersparnis, sofern der Haushalt des Angehörigen aufgelöst wurde. Die eingesparten Verpflegungs- und Wohnungskosten werden pauschal mit dem Unterhaltshöchstbetrag gemäß § 33a Abs. 1 EStG angesetzt (R 33.3 Abs. 2 EStR; BFH-Urteil vom 22.8.1980, BStBl. 1981 II S. 23). Hinweis: Sind beide Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen (BFH-Urteil vom 4.10.17, VI R 22/16).

So hoch ist die Haushaltsersparnis

Zeitraum

pro Jahr

pro Monat

pro Tag

2010 - 2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

8.004 EUR

8.130 EUR

8.354 EUR

8.472 EUR

8.652 EUR

8.820 EUR

9.000 EUR

9.168 EUR

9.408 EUR

9.744 EUR

10.347 EUR

10.908 EUR

11.604 EUR

667 EUR

677,50 EUR

696,17 EUR

706 EUR

721 EUR

735 EUR

750 EUR

764 EUR

784 EUR

812 EUR

882 EUR

909 EUR

967 EUR

22,23 EUR

22,58 EUR

23,21 EUR

23,53 EUR

24,03 EUR

24,50 EUR

25,00 EUR

25,47 EUR

26,13 EUR

27,07 EUR

28,74 EUR

30,30 EUR

32,23 EUR

Wenn der Pflegebedürftige über eigene Einkünfte und Bezüge verfügt, die über dem Wert der Haushaltsersparnis liegen, wird auf Ihre Zuzahlungen eine Haushaltsersparnis nicht angerechnet! Ihre Zahlungen sind in diesem Fall in voller Höhe und nur vermindert um Ihre zumutbare Belastung abziehbar (BFH-Urteil vom 24.2.2000, BStBl. 2000 II S. 294).

STEUERRAT: Sind die eigenen Einkünfte und Bezüge des Pflegebedürftigen niedriger als der Wert der Haushaltsersparnis und werden deshalb Ihre Zahlungen entsprechend gekürzt, sollten Sie den Kürzungsbetrag als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen.

Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Angehörigen betragen weniger als Unterhaltshöchstbetrag und Anrechnungsfreibetrag

Falls die eigenen Einkünfte und Bezüge des im Heim untergebrachten Angehörigen niedriger sind als der Unterhaltshöchstbetrag und der Anrechnungsfreibetrag, bleibt noch ein Restbetrag, den Sie als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG absetzen dürfen. Bei höherem Einkommen scheidet ein Unterhaltsabzug aus. Der maßgebliche Gesamtbetrag beträgt also

  • 2004-2009: 8.304 EUR (7.680 EUR + 624 EUR)
  • 2010-2012: 8.628 EUR (8.004 EUR + 624 EUR)
  • 2013: 8.754 EUR (8.130 EUR + 624 EUR)
  • 2014: 8.978 EUR (8.354 EUR + 624 EUR)
  • 2015: 9.096 EUR (8.472 EUR + 624 EUR)
  • 2016: 9.276 EUR (8.652 EUR + 624 EUR)
  • 2017: 9.444 EUR (8.820 EUR + 624 EUR)
  • 2018: 9.624 EUR (9.000 EUR + 624 EUR)
  • 2019: 9.792 EUR (9.168 EUR + 624 EUR)
  • 2020: 10.032 EUR (9.408 EUR + 624 EUR)
  • 2021: 10.368 EUR (9.744 EUR + 624 EUR)
  • 2022: 10.971 EUR (10.347 EUR + 624 EUR)
  • 2023: 11.532 EUR (10.908 EUR + 624 EUR)
  • 2024: 12.228 EUR (11.604 EUR + 624 EUR)

Beispiel:
Der pflegebedürftige (Pflegegrad 4) vermögenslose Vater Anton hat seinen eigenen Haushalt aufgelöst und ist während des gesamten Jahres 2017 in einem Pflegeheim untergebracht. Für die Heimunterbringung werden insgesamt 33.000 EUR in Rechnung gestellt. Die Pflegeversicherung übernimmt hiervon 15.348 EUR. Vater Anton zahlt aus seinen eigenen Einkünften und Bezügen in Höhe von 4.500 EUR einen Betrag von 3.300 EUR und behält einen Betrag von 1.200 EUR für zusätzlichen persönlichen Bedarf zurück. Die restlichen Heimkosten von 14.352 EUR (33.000 EUR ./. 15.348 EUR ./. 3.300 EUR) trägt sein Sohn Bruno. Was kann Bruno steuerlich absetzen?

1. Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG

Anteil für typischen Unterhalt in Höhe der Haushaltsersparnis (2017)

 

8.820 EUR

Anrechenbare Einkünfte und Bezüge von Vater Anton

Anrechnungsfreibetrag

4.500 EUR

./. 624 EUR

 

 

./. 3.876 EUR

Anzurechnende Einkünfte und Bezüge von Vater Anton

= 3.876 EUR

Abzugsfähig nach § 33a Abs. 1 EStG bei Sohn Bruno

= 4.944 EUR

2. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

Heimkosten

Leistungen der Pflegeversicherung

 

 

33.000 EUR

./. 15.348 EUR

Eigene Einkünfte und Bezüge von Vater Anton

Angemessener Betrag für zusätzlichen persönlichen Bedarf

4.500 EUR

./. 1.550 EUR

 

 

 

 

 

./.  8.820 EUR

Verbleibender Betrag

Mindestens Haushaltsersparnis (2013)

Der höhere Betrag ist anzusetzen

= 2.950 EUR

8.820 EUR

 

Abzugsfähig nach § 33 EStG bei Sohn Bruno

= 8.832 EUR

3. Fazit

Von Sohn Bruno getragene Heimkosten

davon als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt

14.352 EUR

 ./. 4.944 EUR

Verbleibende Heimkosten

Diese Aufwendungen sind absetzbar nach § 33 EStG mit

Hierauf wird die zumutbare Belastung noch angerechnet.

= 9.408 EUR

8.832 EUR

 

 

Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Angehörigen betragen mehr als Unterhaltshöchstbetrag und Anrechnungsfreibetrag

Sind die eigenen Einkünfte und Bezüge des Angehörigen höher als Unterhaltshöchstbetrag und Anrechnungsfreibetrag, können Sie keine Unterhaltsleistungen mehr geltend machen, sondern nur noch die Heimkosten als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art nach § 33 EStG. 

Beispiel:
Sachverhalt wie im ersten Beispiel. Jedoch hat Vater Anton eigene Einkünfte und Bezüge von 18.000 EUR. Er zahlt daraus auf die Gesamtkosten 15.000 EUR und behält 3.000 EUR für seinen zusätzlichen persönlichen Bedarf zurück. Die restlichen Heimkosten von 2.652 EUR (33.000 EUR ./. 15.348 EUR ./. 15.000 EUR) trägt Sohn Bruno. Was kann Bruno steuerlich absetzen?

1. Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG

Da die anrechenbaren eigenen Einkünfte und Bezüge von Vater Anton höher sind als
die Summe aus Höchstbetrag von 8.130 EUR (2013) und Anrechnungsfreibetrag von 624 EUR,
scheidet ein Abzug hier aus.

 

0

2. Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

Heimkosten

Leistungen der Pflegeversicherung

 

33.000

 ./. 15.348

Anteil des Anton, mindestens aber Haushaltsersparnis

Angemessener Betrag für zusätzlichen persönlichen Bedarf

18.000 EUR

./. 1.550 EUR

 

 

 

 

 

./. 16.450

 

Verbleibender Betrag

Dieser Betrag liegt über der Haushaltsersparnis (2017) von

Daher ist anzusetzen

= 16.450 EUR

 8.820 EUR

 

Abzugsfähig nach § 33 EStG bei Sohn Bruno

= 1.202 EUR

3. Fazit

Von Sohn Bruno getragene Heimkosten

davon als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt

2.652 EUR

./. 0 EUR

Verbleibende Heimkosten

Diese Aufwendungen sind absetzbar nach § 33 EStG mit

Hierauf wird die zumutbare Belastung noch angerechnet.

= 2.652 EUR

1.202 EUR

 

SERVICE:
Damit Sie den abzugsfähigen Betrag einfach und zutreffend ermitteln können, haben wir einen speziellen Berechnungsbogen vorbereitet, den Sie hier aufrufen können:
Vordruck Vordruck: Aufwendungen für Heimunterbringung eines Angehörigen (PDF)

b) Unterhaltsleistungen

Sind die eigenen Einkünfte und Bezüge des im Heim untergebrachten Angehörigen niedriger als Unterhaltshöchstbetrag und Anrechnungsfreibetrag zusammen, können Sie Unterhaltsleistungen, z.B. für Taschengeld, Kleidung, Versicherungen usw., nach § 33a Abs. 1 EStG absetzen. Und zwar in Höhe des Differenzbetrages (BFH-Urteil vom 24.2.2000, BStBl. 2000 II S. 294).

Der maßgebliche Gesamtbetrag beträgt also

  • 2004-2009: 8.304 EUR (7.680 EUR + 624 EUR)
  • 2010-2012: 8.628 EUR (8.004 EUR + 624 EUR)
  • 2013: 8.754 EUR (8.130 EUR + 624 EUR)
  • 2014: 8.978 EUR (8.354 EUR + 624 EUR)
  • 2015: 9.096 EUR (8.472 EUR + 624 EUR)
  • 2016: 9.276 EUR (8.652 EUR + 624 EUR)
  • 2017: 9.444 EUR (8.820 EUR + 624 EUR)
  • 2018: 9.624 EUR (9.000 EUR + 624 EUR)
  • 2019: 9.792 EUR (9.168 EUR + 624 EUR)
  • 2020: 10.032 EUR (9.408 EUR + 624 EUR)
  • 2021: 10.368 EUR (9.744 EUR + 624 EUR)
  • 2022: 10.971 EUR (10.347 EUR + 624 EUR)
  • 2023: 11.532 EUR (10.908 EUR + 624 EUR)
  • 2024: 12.228 EUR (11.604 EUR + 624 EUR

HINWEIS: Der steuerliche Abzug von Unterhaltsleistungen ist nur möglich bei Personen, die Ihnen oder Ihrem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigt sind. Das sind Eltern, Großeltern und Schwiegereltern, nicht aber Geschwister und andere Verwandte.

Sofern die Heimkosten wegen Auflösung des eigenen Haushalts um eine Haushaltsersparnis gekürzt wurden, kann dieser Betrag zusammen mit weiteren getragenen Unterhaltsleistungen (z. B. für Kleidung, Versicherungen) bis zum Unterhaltsbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG abgezogen werden.

Weitere Informationen: Unterhalt an bedürftige Personen.

c) Pflege-Pauschbetrag

Holen Sie den Pflegebedürftigen an den Wochenenden zu sich nach Hause, dürfen Sie den Pflege-Pauschbetrag  geltend machen, und zwar auch dann, wenn Sie Zahlungen zu den Heimkosten leisten und diese als außergewöhnliche Belastung absetzen (§ 33b Abs. 6 EStG).

Nach Auffassung des FG München ist es nach dem Gesetzeszweck gerechtfertigt, "den Pflege-Pauschbetrag auch dann zu gewähren, wenn der Pflegebedürftige in einem Heim untergebracht ist und die zeitweise stattfindende häusliche Pflege letztlich keine finanzielle Entlastung der Dritthilfe bewirkt. Auch in diesem Fall erwachsen der Pflegeperson Aufwendungen" (FG München vom 14.2.1995, EFG 1995 S. 722).

Bis 2020 gilt: Die Pflegeperson kann den Pflege-Pauschbetrag von 924 EUR in Anspruch nehmen (§ 33b Abs. 6 EStG). Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige "hilflos" ist. Und das bedeutet, dass er einen Pflegegrad 4 oder 5 haben muss oder im Behindertenausweis das Merkzeichen "H" bescheinigt ist.

Ab 2021 gilt: AKTUELL wird mit dem "Behinderten-Pauschbetragsgesetz" ab dem 1.1.2021 der Pflege-Pauschbetrag für häusliche Pflege beim Pflegegrad 4 oder 5 verdoppelt und ein Pauschbetrag für die Pflegegrade 2 und 3 neu eingeführt. Der Pauschbetrag beträgt

  • bei Pflegegrad 2: 600 EUR
  • bei Pflegegrad 3: 1.100 EUR
  • bei Pflegegrad 4 oder 5 oder Hilflosigkeit: 1.800 EUR

Auf die Pauschbeträge wird eine zumutbare Belastung nicht angerechnet.

STEUERRAT: Erstmals werden auch für die Pflegegrade 2 und 3 Pflege-Pauschbeträge eingeführt, ohne dass es dabei auf das Kriterium "hilflos" ankommt. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass auch bei den Pflegegraden 2 und 3 die gesetzliche Voraussetzung der "Hilflosigkeit" grundsätzlich vorliegen kann. Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war. Gleiches gilt, wenn der Pflegebedürftige "hilflos" ist.

STEUERRAT: Erforderlich ist, dass Ihre persönliche Pflegeleistung nicht von untergeordneter Bedeutung ist; sie muss mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwands betragen (FG München vom 14.2.1995, EFG 1995 S. 722; OFD Karlsruhe vom 27.2.1998, S 2526 A-34-St 241/242, TOP 26).

d) Fahrten mit dem Pflegebedürftigen

Aufwendungen für notwendige Fahrten mit dem Pflegebedürftigen sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Dies gilt für Arztbesuche und Einkäufe, für Fahrten zu Heilbehandlungen und zu Verwandten usw. (FG Nürnberg vom 22.2.1979, EFG 1979 S. 391; BFH-Urteil vom 6.4.1990, BStBl. 1990 II S. 958).

STEUERRAT: Aufwendungen für Spazierfahrten mit dem Pflegebedürftigen sind abziehbar, sofern diese therapeutisch erforderlich sind (BFH-Urteil vom 10.8.1990, BFH/NV 1991 S. 231).

e) Besuchsfahrten zum Angehörigen ins Pflegeheim

Aufwendungen für normale Besuchsfahrten zum pflegebedürftigen Angehörigen sind nicht absetzbar. Solche Besuche sind üblich und keineswegs außergewöhnlich (BFH-Urteil vom 22.10.1996, BStBl. 1997 II S. 558).

Besuchsfahrten sind jedoch dann als außergewöhnliche Belastungen - unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung - absetzbar, soweit die Besuche öfter stattfinden als üblich.

Wie viele Fahrten sind "üblich"?

  • Das FG Düsseldorf "hält es für angemessen und normal, dass ein Sohn seine alte, in einem weniger als eine Fahrstunde entfernt liegenden Pflegeheim untergebrachte Mutter jedenfalls alle zwei Wochen sowie zu den Festtagen, wie Weihnachten, und zu den persönlichen Ehrentagen, wie Geburtstag und Muttertag, besucht". Von 50 Besuchsfahrten im Jahr zum 85 km entfernten Pflegeheim wurden 20 Fahrten anerkannt (FG Düsseldorf vom 12.9.1995, EFG 1996 S. 24).
  • Das FG Saarland will Fahrten zur Mutter ins Pflegeheim anerkennen, wenn sie hinsichtlich der Häufigkeit den Rahmen des Üblichen überschreiten. Doch eine Fahrt pro Woche betrachten die Richter als üblich (FG Saarland vom 5.1.1998, EFG 1998 S. 567).
  • Nicht anerkannt wurden zehn Fahrten im Jahr zur 89-jährigen Mutter, die in einem Altenheim untergebracht war. Diese entsprechen auch dann der Üblichkeit, wenn das Altenheim 500 km vom Wohnort entfernt liegt (FG Baden-Württemberg vom 23.7.2007, EFG 2008 S. 945).

STEUERRAT: Falls die Besuche entscheidend zur Linderung oder Heilung der Krankheit beitragen und dies durch ein Attest des betreuenden Arztes bestätigt wird, können Sie die Besuchsfahrten als außergewöhnliche Belastungen - unter Anrechnung der zumutbaren Belastung - geltend machen (BFH-Urteil vom 2.3.1984, BStBl. 1984 II S. 484; OFD Köln vom 10.3.1992, DB 1992 S. 965).

Was ist absetzbar?

  • Sind die Fahrten absetzbar, können Sie die Fahrtkosten mit der Dienstreisepauschale von 0,30 EUR je gefahrenen km geltend machen (BFH-Urteil vom 6.4.1990, BStBl. 1990 II S. 958; BFH-Urteil vom 2.3.1984, BStBl. 1984 II S. 484).
  • Auch Verpflegungskosten und - falls erforderlich - Übernachtungskosten sind absetzbar, und zwar in nachgewiesener oder geschätzter Höhe. Die Pauschbeträge wie bei Auswärtstätigkeit werden nicht anerkannt.

f) Übernahme von Krankheitskosten

Übernehmen Sie für den pflegebedürftigen Angehörigen Krankheitskosten, z. B. für einen Krankenhaus- oder Kuraufenthalt oder für eine teure Therapie, die von der Krankenkasse nicht bezahlt wird, können Sie Ihre Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art - unter Anrechnung der zumutbaren Belastung - absetzen (H 33 EStR "Krankheitskosten für Unterhaltsberechtigte").

STEUERRAT: Bei den übernommenen Krankheitskosten handelt es sich nicht um gewöhnlichen Unterhalt, sondern um atypische Unterstützungsleistungen in besonderen Fällen. Voraussetzung für den Steuerabzug ist, dass der Angehörige "nicht in der Lage ist, die Aufwendungen selbst zu tragen" (BFH-Urteil vom 11.7.1990, BStBl. 1991 II S. 62).

Weitere Informationen: Unterstützung von Angehörigen in einer Notlage

3. Heimunterbringung wegen Behinderung

Erfolgt die Heimunterbringung wegen Behinderung, gelten die gleichen Regelungen wie bei Unterbringung wegen Pflegebedürftigkeit (siehe Punkt 2).

Als außergewöhnliche Belastungen anerkannt:

  • Aufwendungen eines geistig behinderten Menschen mit einem Grad der Behinderung von 60 für seine Unterbringung in einer Wohngemeinschaft mit "betreutem Wohnen", die als Heim im Sinne des Heimgesetzes gilt. Nicht erforderlich ist die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes, wenn das Sozialamt aufgrund seiner Feststellung einen Teil der Kosten trägt (BFH-Urteil vom 23.5.2002, BStBl. 2002 II S. 567).
  • Aufwendungen eines behinderten Menschen mit den Merkzeichen "G", "aG" und "H" für seine Unterbringung in einem Wohnstift. Der Umzug erfolgte wegen der Behinderung. Die Heimkosten wurden nach Abzug einer Haushaltsersparnis und der erhaltenen Pflegezulage als außergewöhnliche Belastung anerkannt (BFH-Urteil vom 18.4.2002, BStBl. 2003 II S. 70; ebenfalls BFH-Urteil vom 4.11.2004, BStBl. 2005 II S. 271; FG München vom 13.11.2002, EFG 2003 S. 399).
  • Aufwendungen für die Unterbringung eines behinderten Kindes in einem Wohnheim für Behinderte (FG München vom 27.6.2007, EFG 2008 S. 45).
  • Aufwendungen für die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung für geistig behinderte Menschen. Der Heimaufenthalt ist behinderungsbedingt, weil der Kläger durch einen hirnorganischen Schaden in seiner Intelligenz so beeinträchtigt ist, dass er nicht in der Lage ist, ohne fremde Hilfe eigenständig und alleine zu leben. Die Kosten sind anzuerkennen, ohne dass ein amtsärztliches Attest erforderlich ist oder eine Pflegebedürftigkeit nachgewiesen wird. Hier genügt das ärztliche Gutachten, das im amtsgerichtlichen Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeholt worden war (BFH-Urteil vom 9.12.2010, BStBl. 2011 II S. 1011; FG Köln vom 29.11.2007, EFG 2009 S. 1647).

STEUERRAT: Der Bundesfinanzhof hat in treffender Weise festgestellt, dass es nicht außergewöhnlich ist, wenn ein älterer Mensch in einem Altersheim lebt, weil er nicht mehr für sich sorgen kann oder will. Doch "für Menschen im arbeitsfähigen Alter ist die Unterbringung in einem Heim immer außergewöhnlich, da diese in der Regel entweder allein oder mit anderen leben" (BFH-Urteil vom 23.5.2002, BStBl. 2002 II S. 567).
Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der Heimunterbringung genügt der Schwerbehindertenausweis, eine ärztliche Bescheinigung oder aber die teilweise Übernahme der Heimkosten durch das Sozialamt. In diesen Fällen ist ein Attest des Amtsarztes nicht erforderlich.

4. Heimunterbringung wegen Krankheit

Es kann der Fall eintreten, dass der Angehörige, z. B. Vater oder Mutter, sich aus Krankheitsgründen nicht mehr selbst versorgen kann und deshalb in ein Altersheim oder eine andere Einrichtung umsiedelt. Dann gilt folgende Regelung:

Bei einem Heimaufenthalt aufgrund einer Krankheit können Sie die Heimkosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzen, wobei das Finanzamt eine zumutbare Belastung anrechnet. "Denn zu den Krankheitskosten gehören nicht nur die Aufwendungen für medizinische Leistungen, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung" (BFH-Urteil vom 18.4.2002, BStBl. 2003 II S. 70).

Als außergewöhnliche Belastungen anerkannt:

  • Kosten für die Unterbringung der 90-jährigen Mutter in einem Altenheim. Die Unterbringung wurde erforderlich, weil die Mutter an einer Muskelschwäche litt, sodass sie nicht mehr in der Lage war, sich selbst zu versorgen und ihren Haushalt zu führen. Deshalb zog sie auf Anraten des Arztes in ein Altersheim ein. "Die Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten ist nicht von einer bestimmten Qualität der Krankheit abhängig und ist nicht daran gekoppelt, dass die Voraussetzungen für eine Pflegestufe gegeben sind" (FG München vom 29.9.2004, EFG 2005 S. 442).
  • Eine Frau zog ausschließlich aus Krankheitsgründenund nicht aus Altersgründen - in ein Seniorenheim mit betreutem Wohnen. Gemäß Bescheinigung des Facharztes litt sie an einer bipolaren affektiven Psychose mit schweren Depressionen und war aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, ihr Leben in ihrem bisherigen häuslichen Milieu selbstständig zu führen. Nicht entscheidend ist, dass der Frau keine Pflegestufe zuerkannt worden ist, dass das Heim keine Pflegekosten in Rechnung gestellt hat, dass kein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "H" (hilflos) vorliegt (FG Köln vom 28.4.2009, 8 K 1337/08).
  • Aufwendungen für die Unterbringung in einem sozialtherapeutischen Pflegeheim wegen einer Psychose, die dazu führte, dass der Patient in einem Zustand der Geschäftsunfähigkeit und nicht mehr in der Lage war, irgendwelche Angelegenheiten noch sinnvoll zu regeln. Der Heimaufenthalt ist zwangsläufig, weil er ausschließlich durch die körperliche und mentale Behinderung veranlasst ist. Es ist nicht erforderlich, dass mindestens die Pflegestufe I festgestellt wurde. Auch gibt es - so die Richter - keine Rechtsgrundlage dafür, einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "Bl" oder "H" zu verlangen. Ferner kann auf die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes verzichtet werden, weil die medizinische Indikation offensichtlich auf der Hand liegt (FG München vom 31.7.2007, EFG 2007 S. 1684; Revision: III R 76/07).
  • Eine Frau zog wegen einer psychischen Erkrankung auf Anraten ihres Nervenarztes in ein Alten- und Pflegeheim. Sie war infolge schwerer depressiver Symptomatik nicht mehr zu den elementaren Verrichtungen des täglichen Lebens in der Lage. Das Heim stellte Pflegeleistungen der Pflegestufe "0" für einen Zeitaufwand von unter 45 Minuten pro Tag in Rechnung. Erst bei höherem Pflegeaufwand erfolgt eine Einstufung in Pflegestufe "1" und eine Kostenübernahme durch die Pflegekasse. Solche tatsächlich erbrachten Pflegeleistungen sind als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, unabhängig davon, ob der Umzug in das Alten- und Pflegeheim krankheitsbedingt war und ob für den Nachweis einer krankheitsbedingten Unterbringung privatärztliche Atteste ausreichen. Nach Auffassung des FG Köln genügt ein Attest des behandelnden Arztes; ein amtsärztliches Attest und die Einordnung in eine Pflegestufe ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 10.5.2007, III R 39/05, BStBl. 2007 II S. 764; FG Köln vom 26.10.2004, EFG 2005 S. 1773).
  • Aufwendungen für die Unterbringung eines verhaltensauffälligen Jugendlichen in einer sozialtherapeutischen Wohngruppe. Voraussetzung ist aber der Nachweis durch ein amtsärztliches Attest, dass die Verhaltensauffälligkeiten auf einer Krankheit beruhen und die Unterbringung in der Wohngruppe medizinisch notwendig ist. Dieses Attest muss unbedingt vor der Unterbringung ausgestellt werden (BFH-Urteil vom 21.4.2005, BStBl. 2005 II S. 602).

STEUERRAT: Die Feststellung der Pflegestufe I bzw. des entspechenden Pflegegrades oder die Feststellung einer Behinderung mit den Merkzeichen "H" oder "Bl" mögen zwar praktikabel sein, sie sind aber nicht zwingend erforderlich. Für eine solche Forderung gibt es nämlich keine gesetzliche Grundlage. Der Nachweis, dass ein Umzug ins Altenheim krankheits- und nicht altersbedingt erfolgte, kann daher auch auf andere Weise geführt werden, insbesondere durch ein aussagekräftiges Attest des behandelnden Arztes (so Hessisches FG vom 23.5.2005, EFG 2005 S. 1869; FG Köln vom 26.10.2004, EFG 2005 S. 1773; FG München vom 29.9.2004, EFG 2005 S. 442).

5. Heimunterbringung wegen Alters

a) Heimkosten

Ist der Angehörige aus Altersgründen in ein Altenheim, Altenwohnheim oder Seniorenwohnstift umgezogen, ohne dass er pflegebedürftig ist, wird das Finanzamt Ihre Aufwendungen zu den Heimkosten nicht sonderlich unterstützen.

Aufwendungen für die Unterbringung in einem "normalen" Altenheim zählen zu den typischen Unterhaltsleistungen und sind daher lediglich bis zum Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG absetzbar. Denn "es nichts Außergewöhnliches, dass ein älterer Mensch in einem Altersheim lebt, weil er nicht mehr für sich sorgen kann oder will" (BFH-Urteil vom 12.1.1973, BStBl. 1973 II S. 442).

HINWEIS: Der steuerliche Abzug von Unterhaltsaufwendungen ist nur möglich bei Personen, die Ihnen oder Ihrem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigt sind. Das sind Eltern, Großeltern und Schwiegereltern (korrekt: Eltern des Ehegatten), nicht aber Geschwister und andere Verwandte.

Der Unterhaltshöchstbetrag beträgt
- 2004 bis 2009: 7.680 EUR
- 2010 bis 2012: 8.004 EUR
- 2013: 8.130 EUR
- 2014: 8.354 EUR
- 2015: 8.472 EUR
- 2016: 8.652 EUR
- 2017: 8.820 EUR
- 2018: 9.000 EUR
- 2019: 9.168 EUR
- 2020: 9.408 EUR
- 2021: 9.744 EUR
- 2022: 10.347 EUR
- 2023: 10.908 EUR
- 2024: 11.604 EUR

STEUERRAT: Eine zumutbare Belastung wird auf Unterhaltsleistungen bzw. auf den absetzbaren Unterhaltshöchstbetrag nicht angerechnet.

Ist in den Heimkosten eine Umlagepauschale für eine Grundpflege enthalten, kann dieser Anteil nicht aus den Heimkosten herausgerechnet und als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden (BFH-Urteil vom 6.4.1990, BFH/NV 1991 S. 84).

Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Angehörigen werden - soweit sie höher sind als der Anrechnungsfreibetrag von 624 EUR - auf den abzugsfähigen Unterhaltshöchstbetrag angerechnet. Sobald also die Einkünfte und Bezüge höher sind als Unterhaltshöchstbetrag und Anrechnungsfreibetrag zusammen, ist eine Bedürftigkeit nicht mehr gegeben und ein Steuerabzug für Sie nicht mehr möglich.

Beispiel:
Die Mutter von Herrn Steuerle ist im Altenheim untergebracht, deren Haushalt aber noch nicht aufgelöst. Die Rente beträgt 500 EUR im Monat. Herr Steuerle muss an das Heim monatlich 1.500 EUR zahlen.

Aufwendungen für die Heimunterbringung: 1.500 EUR x 12 Monate

Maximal absetzbar: Unterhaltshöchstbetrag (2017)

18.000 EUR

8.820 EUR

Eigene Einkünfte und Bezüge der Mutter

Anrechnungsfreibetrag

6.000 EUR

./. 624 EUR

 

 

Anzurechnen

= 5.376 EUR

./. 5.376 EUR

Absetzbar als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG

= 3.444 EUR

Weitere Informationen: Unterhalt an bedürftige Personen.

b) Unterhaltsleistungen

Erbringen Sie neben den Heimkosten oder statt der Heimkosten Unterhaltsleistungen, z.B. für Taschengeld, Kleidung, Versicherungen usw., sind Ihre Aufwendungen insgesamt bis zum Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG absetzbar, siehe oben (BFH-Urteil vom 24.2.2000, BStBl. 2000 II S. 294).

Weitere Informationen: Unterhalt an bedürftige Personen.

c) Besuchsfahrten zum Angehörigen ins Altenheim

Aufwendungen für normale Besuchsfahrten zu Angehörigen sind nicht absetzbar. Solche Besuche sind üblich und keineswegs außergewöhnlich (BFH-Urteil vom 22.10.1996, BStBl. 1997 II S. 558).

STEUERRAT: Werden mit dem Angehörigen jedoch Fahrten zu Ärzten oder Kliniken außerhalb des Altenheims unternommen, sind diese Fahrten mit der Dienstreisepauschale von 0,30 EUR je gefahrenen km als außergewöhnliche Belastungen absetzbar.

Nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt:

  • Besuchsfahrten des Sohnes zur 91-jährigen Mutter ins Altenheim, auch wenn diese mehrmals wöchentlich durchgeführt wurden und dabei Medikamente besorgt, Verwaltungsangelegenheiten und andere Besorgungen erledigt wurden. Da Pflege und Betreuung der Mutter durch das Altenheim sichergestellt waren, war eine besondere Betreuung durch den Sohn nicht zwangsläufig notwendig. "Wenn der Sohn trotzdem meinte, wegen des aus seiner Sicht möglicherweise ungenügenden Pflege- und Betreuungsstandards des Altenheims sich in besonderer persönlicher Weise für seine Mutter einsetzen zu sollen, so ist dies anerkennenswert - aber steuerlich nicht zwangläufig geboten" (FG Düsseldorf vom 3.12.1999, 13 K 2117/99 E, veröffentlicht am 16.6.2006!).
  • Zehn Fahrten im Jahr zur 89-jährigen Mutter, die in einem Altenheim untergebracht ist. Diese entsprechen auch dann der Üblichkeit, wenn das Altenheim 500 km vom Wohnort entfernt liegt (FG Baden-Württemberg vom 23.7.2007, EFG 2008 S. 945).

d) Übernahme von Krankheitskosten

Übernehmen Sie für den Angehörigen Krankheitskosten, z. B. für einen Krankenhaus- oder Kuraufenthalt oder für eine teure Therapie, die von der Krankenkasse nicht bezahlt wird, können Sie Ihre Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art nach § 33 EStG - unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung - geltend machen (H 33 EStR "Krankheitskosten für Unterhaltsberechtigte").

STEUERRAT: Bei den übernommenen Krankheitskosten handelt es sich nicht um gewöhnlichen Unterhalt, sondern um atypische Unterstützungsleistungen in besonderen Fällen. Voraussetzung für den Steuerabzug ist, dass der Angehörige "nicht in der Lage ist, die Aufwendungen selbst zu tragen" (BFH-Urteil vom 11.7.1990, BStBl. 1991 II S. 62).

Weitere Informationen: Unterstützung von Angehörigen in einer Notlage.

e) Erfordernis von Pflegeleistungen

Auch im Altenheim können Pflegeleistungen erforderlich werden. Falls der Hilfebedarf weniger als 1,5 Stunden täglich beträgt, erfolgt keine Einstufung in Pflegestufe I und keine Kostenübernahme durch die Pflegekasse. Vielmehr werden die pflegerischen Leistungen mit dem Pflegesatz der sog. Pflegestufe 0 in Rechnung gestellt. Und solche Pflegekosten müssen immer selbst bezahlt werden.

Pflegekosten, die gemäß der Pflegestufe 0 gesondert in Rechnung gestellt werden, sind als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzen, wobei das Finanzamt eine zumutbare Belastung anrechnet. Es handelt sich um unmittelbare Krankheitskosten (BFH-Urteil vom 10.5.2007, BStBl. 2007 II S. 764).

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Umzug in das Alten- und Pflegeheim krankheitsbedingt war und ob für den Nachweis einer krankheitsbedingten Unterbringung privatärztliche Atteste ausreichen. "Werden einem Heimbewohner Pflegesätze der Pflegestufe "0" in Rechnung gestellt, ist davon auszugehen, dass er pflegebedürftig war und das Heim entsprechend erforderliche Pflegeleistungen erbracht hat. Für die Abziehbarkeit dieser Pflegesätze als außergewöhnliche Belastung bedarf es in der Regel keines weiteren Nachweises" (BFH-Urteil vom 10.5.2007, BStBl. 2007 II S. 764).

Beispiel:
Die Mutter von Herrn Steuerle ist im Altenheim untergebracht. Die Rente beträgt 500 EUR im Monat. Herr Steuerle muss an das Heim monatlich 1.500 EUR zahlen. Für Pflegeleistungen werden 5.000 EUR gesondert in Rechnung gestellt.

Pflegekosten, insgesamt

Zumutbare Belastung: (unterstellter Wert)

5.000 EUR

./. 3.200 EUR

(1) Absetzbar als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG

= 1.800 EUR

Heimkosten: 1.500 EUR x 12 Monate

Maximal absetzbar: Unterhaltshöchstbetrag (2017)

18.000 EUR

8.820 EUR

Eigene Einkünfte und Bezüge der Mutter

Anrechnungsfreibetrag

6.000 EUR

./. 624 EUR

 

 

Anzurechnen

= 5.376 EUR

./. 5.376 EUR

(2) Absetzbar als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG

= 3.444 EUR

Insgesamt steuerlich absetzbar: 1.800 EUR + 3.444 EUR

5.244 EUR

f) Eintritt der Pflegebedürftigkeit

Zieht der Angehörige zunächst wegen Alters in ein "normales" Altenheim und wird irgendwann danach pflegebedürftig, gilt folgende Regelung.

Für diesen Fall hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Heimkosten (für Verpflegung und Unterbringung) steuerlich nicht absetzbar sein sollen, sondern nur die Pflegekosten anerkannt würden (BFH-Urteil vom 18.4.2002, BStBl. 2003 II S. 70). Doch ausnahmsweise ist der Fiskus hier einmal großherziger als die BFH-Richter:

Das Finanzamt erkennt die gesamten Heimkosten (Verpflegungs-, Unterbringungs- und Pflegekosten) ab dem Zeitpunkt als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG an, in dem die Pflegestufe Ifestgestellt wird. Auf die Kosten rechnet das Finanzamt die zumutbare Belastung an (BMF-Schreiben vom 20.1.2003, BStBl. 2003 I S. 89).

Bezüglich der Absetzbarkeit gelten hier die Ausführungen zur Unterbringung im Pflegeheim unter Punkt 2 entsprechend.

6. Wenn der Pflegebedürftige eigenes Vermögen besitzt

Besitzt der Pflegebedürftige nennenswertes eigenes Vermögen, ist die Verwertung des Vermögens zumutbar. Ansonsten sind Ihre Pflege- und Unterhaltsaufwendungen nicht "zwangsläufig" und werden deshalb steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Unschädlich ist ein geringes Vermögen bis zu einem Verkehrswert von 15.500 EUR. Außerdem bleiben folgende Vermögenswerte als "Schonvermögen" außer Betracht(R 33a.1 Abs. 2 EStR):

  • ein angemessenes Hausgrundstück, das vom Unterhaltsempfänger allein oder zusammen mit Angehörigen selbst bewohnt wird,
  • Vermögensgegenstände, deren Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten würde,
  • Vermögensgegenstände, die einen besonderen persönlichen Wert, z. B. Erinnerungswert, für den Unterhaltsempfänger haben,
  • Vermögensgegenstände, die zum Hausrat gehören.

Weitere Informationen: Unterstützung bedürftiger Personen: Wie Einkommen und Vermögen angerechnet werden

7. Wenn der Pflegebedürftige Ihnen Vermögenswerte übertragen hat

Bei der steuerlichen Anerkennung von pflegebedingten Aufwendungen, insbesondere von Heimkosten, gibt?s Probleme, wenn in früheren Jahren Vermögensübertragungen stattgefunden haben.

Hat der pflegebedürftige Angehörige Ihnen im Hinblick auf sein Alter oder eine etwaige Pflegebedürftigkeit Vermögenswerte zugewendet, z. B. ein Haus, erkennt das Finanzamt Ihre pflegebedingten Aufwendungen erst dann als außergewöhnliche Belastung an, wenn die Aufwendungen den Wert des Vermögens übersteigen (R 33.3 Abs. 5 EStR).

Das Finanzamt wird zunächst prüfen, ob zivilrechtlich eine Rückforderung der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn seit der Schenkung noch keine 10 Jahre vergangen sind. Die Rückgabe können Sie dadurch abwenden, indem Sie dem verarmten Schenker den benötigten Betrag zahlen bzw. die Pflegeheimkosten tragen (§ 528 Abs. 1, § 529 BGB).

Die Rückgabe von zuvor durch Schenkung erlangten Vermögenswerten oder ein entsprechender Wertausgleich bedeuten steuerlich keine "Belastung" gemäß § 33 EStG und sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar (BFH-Urteil vom 19.12.2000, BFH/NV 2001 S. 769).

HINWEIS: Ihre Zahlungen sind auch nicht als dauernde Last im Rahmen der Sonderausgaben oder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abziehbar (H 10.3 EStR; BFH-Urteil vom 19.12.2000, BStBl. 2001 II S. 342).
Der frühere Schenkungsteuerbescheid ist aber zu korrigieren oder aufzuheben, wenn Sie als Beschenkter wegen Bedürftigkeit in Anspruch genommen werden. Das gilt auch, wenn Sie nicht die geschenkten Werte zurückgeben, sondern für den Unterhalt bzw. die Pflege des verarmten Schenkers aufkommen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG).

Hat die Schenkung vor über 10 Jahren stattgefunden, prüft das Finanzamt weiter, ob die Zahlungen auf familienrechtlicher Unterhaltspflicht beruhen und für Sie "zwangsläufig" sind: Eine Ursache für Ihre Aufwendungen ist sicherlich der Eintritt der Pflegebedürftigkeit und die Unterbringung im Pflegeheim. Weitere wesentliche Ursache ist aber auch die Mittellosigkeit des Pflegebedürftigen. Nach Auffassung des BFH haben Sie die Mittellosigkeit und damit Unterstützungsbedürftigkeit des Pflegebedürftigen mit verursacht, weil Sie sich von ihm zuvor Vermögen haben übertragen lassen. Und deshalb sei die Anerkennung Ihrer Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Die erforderliche Zwangsläufigkeit für die Aufwendungen liege hier nicht vor, da Sie die Möglichkeit hatten, den Aufwendungen auszuweichen - nämlich durch Nichtannahme der Schenkung! (BFH-Urteil vom 12.11.1996, BStBl. 1997 II S. 387). Logisch, oder?

FAZIT: Das Steuerrecht ist hier strenger als das Zivilrecht: Die pflegebedingten Aufwendungen müssen sogar auch dann mit der früheren Schenkung verrechnet werden, wenn zivilrechtlich wegen der 10-Jahresfrist eine Rückforderung der Schenkung bzw. ein Wertausgleich nicht mehr in Betracht kommt.

Wann liegt überhaupt ein Zusammenhang zwischen der Vermögensübertragung und den Pflegeaufwendungen vor, der für den steuerlichen Abzug als außergewöhnliche Belastungen schädlich ist? Das ist - so der BFH - immer der Fall, wenn die Vermögensübertragung im Rentenalter erfolgt ist. "In diesem Alter muss - auch wenn noch keinerlei Anzeichen erkennbar sind - stets mit dem Eintritt einer Pflegebedürftigkeit gerechnet werden" (BFH-Urteil vom 12.11.1996, BStBl. 1997 II S. 387). Im Urteilsfall war der Schenker im Zeitpunkt der Vermögensübertragung 65 Jahre alt.

STEUERRAT: Und wie ist die Verrechnung vorzunehmen? Die einfachste Lösung ist es, den Wert des übertragenen Vermögens im Zeitpunkt der Schenkung festzustellen (ggf. durch Schätzung) und die späteren Zahlungen solange damit zu verrechnen, bis der Wert überschritten ist. Diese Frage aber ist im Detail bislang noch ungeklärt.
STEUERRAT: Falls Sie aufgrund vorangegangener Schenkung in späteren Jahren Zahlungen an den Schenker leisten müssen, um die Rückforderung zu vermeiden, stellen diese Zahlungen nachträgliche Anschaffungskosten des geschenkten Wirtschaftsgutes, z. B. eines Hauses, dar und können bei vermieteten Objekten im Wege der Abschreibung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abgezogen werden (FG Berlin vom 16.10.1996, EFG 1997 S. 467; FG Düsseldorf vom 14.7.1997, EFG 1997 S. 1225).

Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge

Häufig wird bei der Übertragung von Privat- und Betriebsvermögen im Übergabevertrag die "Hege und Pflege in alten und kranken Tagen" vereinbart. Dann liegt die Frage nahe, ob die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Pflege als dauernde Lasten im Rahmen der Sonderausgaben absetzbar sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG).

Hier gilt Folgendes (OFD Frankfurt vom 5.8.2002, StEK EStG § 13/699):

  • Die persönlichen Pflegeleistungen sind nicht absetzbar, da sie keine Aufwendungen darstellen.
  • Aufwendungen für das Begräbnis des Übertragenden sowie für Grabstein und Grabpflegekosten sind ebenfalls nicht abziehbar (BFH-Urteil vom 20.3.1984, BStBl. 1985 II S. 43).
  • Entstehen zur Erfüllung Ihrer Pflegeverpflichtung tatsächliche Aufwendungen, z. B. für die Beschäftigung einer Pflegekraft, für einen ambulanten Pflegedienst oder für die Unterbringung im Pflegeheim, sind die Kosten als dauernde Last absetzbar (BFH-Urteil vom 27.8.1996, BStBl. 1997 II S. 47; BFH-Urteil vom 22.1.1992, BStBl. 1992 II S. 552).
  • Enthält der Übergabevertrag keinen Pflegepassus, stellen die Aufwendungen für die Pflege keine dauernde Last dar. Falls im Übergabevertrag nur die Pflege im häuslichen Bereich vorgesehen ist, sind Aufwendungen für die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht absetzbar.

8. Blick auf die Umsatzsteuer

Das betreute Wohnen ist für viele ältere Menschen attraktiv, weil sie zum einen ihre Eigenständigkeit behalten, zum anderen Unterstützung erhalten, wenn sie aufgrund ihrer Einschränkungen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr verrichten können. Und im Fall der Fälle ist über einen Hausnotruf zumeist für eine schnelle Hilfe gesorgt. Die Kosten des betreuten Wohnens können aber recht hoch sein und werden von den Pflegekassen, wenn überhaupt, zumeist nicht voll übernommen. Da kann es schon einmal wichtig sein, die Abrechnung des Betreibers unter die Lupe zu nehmen. Und wer dort den Ausweis von Umsatzsteuer sieht, sollte ein zweites Mal auf die Rechnung schauen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen umsatzsteuerfrei sind (Urteil vom 25.1.2022, 15 K 3554/18 U).

  • Der Fall: Die Klägerin betreibt eine Seniorenresidenz, bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens. Die Wohnungen befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die Klägerin Betreuungsverträge ab, die diverse Leistungen einer (erweiterten) Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfassten. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass diese Umsätze teilweise steuerfrei seien, soweit die entsprechenden Leistungen eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhingen. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Die gegenüber einzelnen Bewohnern erbrachten Umsätze des betreuten Wohnens seien im von der Klägerin beantragten Umfang gemäß § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
  • Nach dieser Vorschrift sind Leistungen von Einrichtungen steuerfrei, die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbunden sind. Im Streitfall zählten die Bewohner des betreuten Wohnens zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen litten. Die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen seien auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. Die Klägerin biete den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an Leistungen an, die zur ambulanten Pflege gehörten und der Altenhilfe zuzurechnen seien. Hierzu gehörten verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung. Soweit diese Leistungen auch der Befriedigung von Grundbedürfnissen dienten, seien diese spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet, weil auch diese Leistungen durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal erbracht würden.

STEUERRAT: Auch wenn die Leistungen des betreuten Wohnens im Grundsatz umsatzsteuerfrei sind, so müssen einzelne Angebote dennoch gesondert bewertet werden, etwa bestimmte Wahlleistungen wie die Bereitstellung eines Telefonanschlusses. Diese können durchaus umsatzsteuerpflichtig sein. Und der Vollständigkeit halber: Im Einzelfall gibt es Seniorenresidenzen, zumeist für gut betuchte Damen und Herren, die keine Verträge mit Sozialträgern abgeschlossen haben und bei denen auch die Bewohner nicht auf Erstattungen ihrer Kranken- oder Pflegekasse angewiesen sind. In einem solchen Fall sind die Leistungen der Seniorenbetreuung durchaus voll umsatzsteuerpflichtig (BFH-Beschluss vom 1.6.2021, XI B 27/20).