Ein sehr interessantes Modell, um später vorzeitig und abgesichert in den Ruhestand gehen zu können, ist das sog. Wertguthabenkonto oder Zeitwertkonto. Auf ein solches Konto können Mitarbeiter Überstunden- und Urlaubsabgeltungen, Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Tantiemen), Teile des laufenden Arbeitslohns sowie freiwillige Leistungen des Arbeitgebers einbringen (§ 7d SGB IV). Der besondere Vorteil von Zeitwertkonten besteht darin, dass die eingezahlten Beträge nicht mit Steuern und Sozialabgaben belastet sind und auch der eingesparte Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung zusätzlich zugunsten des Arbeitnehmers angelegt wird. Damit entsteht ein Wertguthaben, bei dem am Ende durch Zins- und Zinseszinseffekt ein beachtlicher Betrag angewachsen ist.

Das sind die Vorteile: Während der Ansparphase fallen für gutgeschriebene Beträge keine Steuern an. Weder die Vereinbarung noch die Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto führen steuerlich zum Zufluss von Arbeitslohn. Ebenfalls sind die Einzahlungen auf das Zeitwertkonto sozialversicherungsfrei (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Steuern und Sozialversicherungsbeiträge werden erst dann fällig, wenn das angesparte Wertguthaben später planmäßig für die Freistellung von der Arbeit oder Verringerung der Arbeitszeit verwendet wird (nachgelagerte Besteuerung). Die Erträge aus dem Wertguthaben sind nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig und unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Sie werden erst in der Freistellungsphase versteuert, und dann ebenfalls als Arbeitslohn.

Eine Ausnahme gilt für GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder einer AG: Für sie sollen die beschriebenen Vorteile eines Zeitwertkontos nicht gelten. Wird dennoch ein Zeitwertkonto eingerichtet, führt bereits die Gutschrift des eingezahlten Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn und ist zu versteuern. Die gutgeschriebenen Zinsen auf dem Konto gehören zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen der Abgeltungsteuer. Die spätere Auszahlung in der Freistellungsphase ist dann abgabenfrei (BMF-Schreiben vom 17.6.2009, BStBl. 2009 I S. 1286, Tz. A.IV.2.b).

Im Jahre 2015 hat der Bundesfinanzhof das Zeitwertkonto für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH missbilligt und die strenge Auffassung des Fiskus bestätigt. Mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers sei es nicht vereinbar, dass er durch die Führung eines Arbeitszeitkontos auf seine unmittelbare Entlohnung zu Gunsten später zu vergütender Freizeit verzichte (BFH-Urteil vom 11.11.2015, I R 26/15).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof eine Differenzierung vorgenommen und gegen den Fiskus entschieden, dass - anders als für Gesellschafter-Geschäftsführer - für Fremd-Geschäftsführer einer GmbH die Vorteile des Zeitwertkontos doch gelten: Für sie sind - wie bei Arbeitnehmern - die Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands nicht bereits bei Einzahlung, sondern erst bei Auszahlung als Arbeitslohn zu versteuern. Ebenfalls sind die Erträge aus dem Konto nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, sondern bei Auszahlung als Arbeitslohn. Die bloße Organstellung als Geschäftsführer sei für den Zufluss von Arbeitslohn ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 22.2.2018, VI R 17/16).

AKTUELL akzeptiert die Finanzverwaltung die Rechtsprechung. Und: Nicht nur bei Fremd-, sondern auch bei Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführern kann dem Grunde nach ein Zeitwertkonto anzuerkennen sein. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern bleibt es aber dabei, dass die Einrichtung von Zeitwertkonten zu verdeckten Gewinnausschüttungen führt (BMF-Schreiben vom 8.8.2019, IV C 5-S 2332/07/0004:004).

Weitere Informationen: Zeitwertkonten: Interessantes Modell zur Gestaltung der Lebensarbeitszeit

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