Die Erbschaftsteuer kann mitunter einen beträchtlichen Teil des Erbes aufzehren. Von daher sind Erben gut beraten, möglichst alle Frei- und Pauschbeträge ausnutzen. Besonders gilt dies, wenn die Erben nicht mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt und die persönlichen Freibeträge recht gering sind. Einer dieser Beträge ist die Erbfallkostenpauschale gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG. AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Erbfallkostenpauschale selbst ohne Kosten für die Abwicklung des Erbfalls anzusetzen ist.

Zunächst gilt: Von dem Erbe, das der Erbschaftsteuer unterliegt, sind abzuziehen die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Ohne Nachweis wird für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR abgezogen. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent wird die Erbschaftsteuer folglich um 3.090 EUR gemindert. Doch was gilt, wenn de facto nur 40 EUR oder sogar gar keine Erbfallkosten entstanden sind? Dürfen auch in diesem Fall 10.300 EUR abgezogen werden?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Abzug des Pauschbetrags nicht einmal den Nachweis voraussetzt, dass überhaupt Kosten angefallen sind (BFH-Urteil vom 1.2.2023, II R 3/20).

  • Der Fall: Die Klägerin ist Nacherbin ihrer verstorbenen Tante. Vorerbe war deren Ehemann, der nur wenige Monate nach seiner Frau verstorben ist. Im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung beantragte die Klägerin die Berücksichtigung der Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 EUR. Sie gab u.a. an, Abwicklungskosten hinsichtlich des Nachlasses getragen zu haben. Hierzu reichte sie eine Rechnung des Amtsgerichts über 40 EUR für die Erteilung des Erbscheins und die Testamentseröffnung ein. Die Beerdigungskosten wies sie nicht nach. Das Finanzamt berücksichtigte die Erbfallkostenpauschale nicht. Allenfalls könnten die nachgewiesenen 40 EUR berücksichtigt werden. Die Klage hatte Erfolg; die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen.
  • Der BFH weist einleitend darauf hin, dass es der Gewährung des Pauschbetrages nicht entgegensteht, dass die Klägerin nur Nacherbin war. Bei der Vor- und Nacherbschaft handele es sich um zwei Erwerbsvorgänge, sodass die Erbfallkostenpauschale sowohl dem Vorerben als auch den Nacherben gewährt werden könne. Dann stellt der BFH fest, dass der Abzug des Pauschbetrags nicht den Nachweis voraussetzt, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die der Pauschbetrag erfasst. Das Gesetz gehe davon aus, dass mit dem Erbanfall typischerweise entsprechende Kosten entstehen. Der Abzug der Pauschale sei nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Ein Nachweis darüber, dass Kosten dem Grunde nach entstanden sind, würde dem Vereinfachungszweck entgegenstehen. Anderenfalls müsste der Erwerber zunächst nachweisen, dass Kosten entstanden sind, um anschließend - ohne Nachweis - die Kosten in Höhe des Pauschbetrags geltend machen zu können.

STEUERRAT: Der BFH hat früher eine andere Auffassung vertreten (BFH-Beschluss vom 28.11.1990, II S 10/90, BFH-Beschluss vom 21.1.2005, II B 6/04). Daran hält er aber ausdrücklich nicht mehr fest. Erben sollten daher die Pauschale beantragen, selbst wenn ihnen keine Kosten entstanden ist. Mehrere Erben können die Pauschale allerdings insgesamt nur einmal erhalten. Sofern höhere Kosten angefallen sind, können diese selbstverständlich geltend gemacht werden, doch dann sind sie im Einzelnen nachzuweisen (R E 10.9 ErbStR).

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