Nach dem Erwerb eines gebrauchten Gebäudes werden häufig mehr oder weniger umfangreiche Renovierungsmaßnahmen durchgeführt. Die Aufwendungen sind steuerlich absetzbar, wenn das Gebäude vermietet wird. Die Frage aber ist, ob solche Kosten als Erhaltungsaufwand sofort absetzbar sind oder ob sie als so genannter anschaffungsnaher Herstellungsaufwand nur im Wege der Abschreibung zu berücksichtigen sind, zumeist verteilt über 40 oder 50 Jahre. Hier gilt: Aufwendungen für Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen nach Anschaffung eines Gebäudes gehören zu den Anschaffungskosten, wenn sie innerhalb von drei Jahren höher sind als 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes. Bleiben die Aufwendungen unterhalb dieser Grenze, werden sie als Erhaltungsaufwand gewertet und sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar. Der Bundesfinanzhof hat aber sensationell entschieden, dass Aufwendungen, die zeitlich vor dem Erwerb des Gebäudes entstanden sind, nicht in die 15-Prozent-Grenze einzubeziehen sind.

Zunächst zum Hintergrund:

  • Aufwendungen für Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen nach Anschaffung eines Gebäudes gehören zu den Anschaffungskosten, wenn sie - ohne Umsatzsteuer - innerhalb von drei Jahren höher sind als 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes, so genannte anschaffungsnahe Herstellungskosten. Sie müssen dann den Anschaffungskosten des Gebäudes hinzugerechnet und damit zusammen abgeschrieben werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG).
  • Bleiben die Aufwendungen unterhalb dieser Grenze, werden sie als Erhaltungsaufwand gewertet und sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar.
  • Bei der Ermittlung der 15-Prozent-Grenze werden nicht erfasst "Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen" (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG). Erhaltungsarbeiten sind ausschließlich Schönheitsreparaturen. Schönheitsreparaturen beseitigen Mängel, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Aufwendungen, die zeitlich vor dem Erwerb des Gebäudes entstanden sind, nicht in die 15-Prozent-Grenze einzubeziehen sind. Die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gilt nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Aufwendungen, die innerhalb von drei Jahren "nach" der Anschaffung vom Steuerpflichtigen getragen werden. "Vor" der Anschaffung des Grundstücks getätigte Aufwendungen sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 28.4.2020, IX B 121/19).

Nach der BFH-Rechtsprechung gehören zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer "im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes" vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Die genannte gesetzliche Regelung ordnet den tatbestandlich erfassten Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwand fiktiv den Herstellungskosten des Gebäudes zu. Dies gilt nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut indes nur für solche Aufwendungen, die "innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung" vom Steuerpflichtigen getragen werden.

STEUERRAT: Wer eine Gestaltung wie die oben genannte wählen möchte, mit der Renovierung also vor dem Besitzübergang beginnen will, sollte sich zuvor anwaltlichen Rat einholen und die Möglichkeit der frühzeitigen Renovierung vertraglich absichern, um im Falle von Streitigkeiten mit dem Voreigentümer auf der sicheren Seite zu sein. Eine rechtssichere Formulierung ist auch deshalb vonnöten, weil der BFH den Abzug von Aufwendungen vor dem Besitzübergang zwar prinzipiell zulässt. Der künftige Eigentümer sollte - besser "muss" - aber über eine gesicherte Rechtsposition verfügen und es muss absehbar sein, dass die Nutzung durch den Voreigentümer alsbald endet. Dies ist nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Anderenfalls führen die vor dem Besitzübergang getätigten Aufwendungen zu so genanntem Drittaufwand und sind steuerlich gänzlich verloren (BFH-Urteil vom 25.2.2009, IX R 3/07; BFH-Urteil vom 19.2.2019, IX R 20/17).

STEUERRAT: Sofern tatsächlich Instandsetzungsaufwand und nicht Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegen, müssen die Kosten nicht unbedingt in einer Summe, also in einem Jahr, abgezogen werden, sondern dürfen auf Antrag auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilt werden. Dies gilt bei Gebäuden im Privatvermögen, die überwiegend Wohnzwecken dienen.

Weitere Informationen: 

Beachten Sie auch unsere weiteren Steuertipps in der Rubrik 

 

Steuertipp der Woche vom 11.3.2024