Zum 1. Januar 2023 wurden die Parameter für die Ermittlung der steuerlichen Grundstückswerte angepasst, so dass das Verschenken und Vererben in vielen Fällen noch teurer geworden ist. Die Bayerische Staatsregierung hatte sich - zur Abmilderung der steuerlichen Auswirkungen - für eine Erhöhung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Freibeträge eingesetzt, ist mit ihrem Antrag aber im Bundesrat gescheitert. Albert Füracker, Staatsminister der Finanzen und für Heimat in Bayern, hatte daher unmittelbar nach der Verabschiedung des maßgebenden Jahressteuergesetzes 2022 angekündigt: "Bayern zieht für höhere Freibeträge vor das Bundesverfassungsgericht / Anhebung der persönlichen Erbschaftsteuer-Freibeträge dringend geboten / Staatsregierung stellt Antrag auf abstrakte Normenkontrolle " (Quelle: Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat vom 22.12.2022). Tatsächlich hat Bayern nun Verfassungsklage, konkret einen Normenkontrollantrag, beim Bundesverfassungsgericht gegen das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz eingereicht. Er ist unter dem Az. 1 BvF 1/23 in Karlsruhe anhängig.

In einer Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung vom 23.5.2023 heißt es zur Begründung des Normenkontrollantrags unter anderem: "Mit dem Antrag soll über eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Weg für eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer geöffnet werden. Ziel ist, dass sowohl das Eigenheim in Familienhand als auch viele Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen gesichert werden."

STEUERRAT: Natürlich können die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags nicht abgeschätzt werden und ehrlicherweise kann man sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass er - auch - aus Wahlkampfgründen heraus gestellt worden ist. Zudem dürften bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts viele Jahre vergehen. Und ob die Freibeträge oder die Steuersätze selbst bei einem Erfolg des Antrags rückwirkend angepasst werden, ist erst recht fraglich. Aber sei es drum: Es kann wohl nicht schaden, ab sofort gegen alle Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide Einspruch einzulegen, auf das anhängige Verfahren zu verweisen und ein Ruhen des eigenen Verfahrens zu beantragen, sofern der Bescheid hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht ohnehin vorläufig ergeht. Ein solcher Einspruch, verbunden mit einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens, dürfte auch außerhalb Bayerns Sinn machen. Wichtig: Vorsichtshalber sollten nicht nur die Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide angefochten werden, sondern gegebenenfalls auch die Feststellungsbescheide über den Wert von zugewendetem Grundbesitz. Einen Mustereinspruch finden Sie nachfolgend.

 

 Mustereinspruch

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich / legen wir Einspruch ein gegen den Bescheid über Erbschaft-/Schenkungsteuer vom …….. / gegen den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke vom …….

Begründung: Die Bayerische Staatsregierung hat einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht gegen das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz eingereicht. Er ist unter dem Az. 1 BvF 1/23 anhängig. Mit dem Antrag soll über eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Weg für eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, für eine Senkung der Steuersätze und für eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer geöffnet werden.

Ich beantrage / Wir beantragen ein Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Auch wenn der Normenkontrollantrag durch die Bayerische Staatsregierung eingereicht wurde, hat der doch auch Auswirkungen auf alle Bundesländer, so dass eine Verfahrensruhe auch in meinem / unserem Fall geboten ist.

Hinweis: Bei dem Muster handelt es sich nur um einen Vorschlag, der individuelle Besonderheiten natürlich nicht berücksichtigen kann. Im Einzelfall ist er - gegebenenfalls unter Hinzuziehung einer Steuerfachfrau oder eines Steuerfachmanns - entsprechend anzupassen. Und selbstverständlich kann der Erfolg des Einspruchs nicht garantiert werden.

Weitere Informationen: