Die Energiepreispauschale für Arbeitnehmer aus September 2022 war grundsätzlich über den jeweiligen Arbeitgeber auszuzahlen (§§ 112 ff. EStG). In bestimmten Fällen erfolgte allerdings keine Auszahlung über den Arbeitgeber, insbesondere wenn dieser keine Lohnsteuer-Anmeldungen abgeben musste, weil er lediglich Minijobber beschäftigt hat. Allerdings konnte eine Auszahlung über den Arbeitgeber auch dann nicht erfolgen, wenn ein Arbeitnehmer am 1. September 2022 arbeitslos war und vielleicht erst am 1. Oktober 2022 eine neue Arbeitsstelle gefunden hat oder wenn der Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse 6 erfolgte oder auch bei Grenzgängern und Grenzpendlern. Denn nach § 117 EStG erhielten Arbeitnehmer die Energiepreispauschale nur dann über ihren Arbeitgeber, wenn sie am 1. September 2022 in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis (im Inland) standen. In diesen Fällen kann die Energiepreispauschale über die Steuererklärung beantragt werden, doch Sie sollten unbedingt an den so genannten Härteausgleich denken.

Arbeitnehmer, die die Energiepreispauschale nicht über den Arbeitgeber erhalten haben, obwohl sie anspruchsberechtigt sind, können die Auszahlung des Betrages von 300 EUR mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 beantragen. Dafür müssen sie die "Anlage Sonstiges" zur Steuererklärung ausfüllen oder aber im Hauptvordruck zur Steuererklärung in Zeile 45 eine "1" eintragen und am besten ein gesondertes Schreiben beifügen, mit dem die Festsetzung und Auszahlung der Energiepreispauschale unter Verweis auf § 115 EStG beantragt wird - wobei die Anträge unseres Erachtens gar nicht erforderlich sind bzw. sein sollten; vielmehr sollte Energiepreispauschale bei einer Anspruchsberechtigung automatisch festgesetzt und ausgezahlt werden. Anspruch auf die Energiepreispauschale haben auch Arbeitnehmer, die nur einen einzigen Tag im Jahr in einem Anstellungsverhältnis standen.

Grundsätzlich bleibt Arbeitnehmern die Energiepreispauschale aber nicht zu 100 Prozent erhalten, denn sie müssen sie als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuern. Der Vorteil von 300 EUR mindert sich also um die Einkommensteuer entsprechend des individuellen Steuersatzes. Eine Ausnahme gilt lediglich bei pauschal besteuertem Arbeitslohn, also bei Arbeitnehmern, die die Pauschale aufgrund eines Minijobs erhalten haben (§ 119 EStG).

Im SteuerSparbrief Juli-August 2023 haben wir darauf hingewiesen, dass beispielsweise in dem oben genannten Fall - Arbeitslosigkeit am 1. September 2022, Auszahlung erst mit der Steuerveranlagung - eine Besteuerung de facto zumeist unterbleiben muss. Der Grund liegt in dem so genannten Härteausgleich des § 46 Abs. 3 und 5 EStG. Danach gilt: Einkommensteuerpflichtige Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden ist, sind vom Einkommen wieder abzuziehen, wenn diese Einkünfte insgesamt nicht mehr als 410 EUR betragen.

Den Steuerfachleuten war klar, dass der Härteausgleich nach den Buchstaben des Gesetzes auch hinsichtlich der Energiepreispauschale zu gewähren sein muss, wenn die Pauschale nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt und lohnversteuert wurde. Die Finanzverwaltung hat sich aber trotzdem monatelang gegen die Anwendung des Härteausgleichs gesperrt!

AKTUELL ist darauf hinzuweisen, dass die Finanzverwaltung in Sachen "Härteausgleich für die Energiepreispauschale" endlich eingelenkt hat. Das heißt, die Regelungen zum Härteausgleich werden jetzt bei der Energiepreispauschale angewandt, wenn die Energiepreispauschale nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt worden war. Sofern Einsprüche gegen bereits vorliegende Bescheide eingelegt wurden, werden diese nun bearbeitet und es ergehen geänderte Steuerbescheide. Gleiches gilt, wenn die Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder in dem entsprechenden Punkt vorläufig ergangen sind. Auch die Bearbeitung zurückgestellter Steuererklärungen wird nun wieder aufgenommen, so dass die Energiepreispauschale - sofern ein Anspruch im Rahmen der Steuerveranlagung besteht - nun ausgezahlt wird und die Besteuerung gegebenenfalls über den Härteausgleich vermieden oder vermindert wird.

Die Erkenntnisse von Steuerrat24 beruhen auf den telefonischen Auskünften von Sachbearbeitern mehrerer Landesfinanzverwaltungen sowie entsprechenden Informationen der Firma Köhler Datentechnik GmbH, die insoweit mit dem BMF im Austausch stand und auch frühzeitig auf die Änderung der Programmstruktur der Finanzverwaltung gedrängt hat. Das oben genannte Ergebnis sei aber bundeseinheitlich abgestimmt, so dass die Bearbeitung nun in allen Bundesländern wieder aufgenommen wird. 

STEUERRAT: Wichtig für den Härteausgleich ist natürlich, dass die Nebeneinkünfte inklusive der Energiepreispauschale in 2022 tatsächlich nicht mehr als 410 EUR betragen haben. Die Grenze von 410 EUR wird bei zusammenveranlagten Ehegatten nicht verdoppelt. Wird die Grenze überschritten, entfällt der Härteausgleich aber nicht ganz, sondern wird nach und nach abgeschmolzen. Bei Nebeneinkünften von 820 EUR ist aber Schluss mit dem Härteausgleich. Der Härteausgleich vermindert sich gegebenenfalls noch um den Altersentlastungsbetrag.

STEUERRAT: Die Frage wird nun sein, ob diejenigen, die ihre Steuererklärung sehr früh abgegeben und einen bereits bestandskräftigen Steuerbescheid ohne Härteausgleich erhalten haben, noch irgendwie eine Korrektur der Steuerfestsetzung beantragen können. Unseres Erachtens sollte sich die Finanzverwaltung großzügig zeigen und den Härteausgleich - am besten sogar ohne Antrag - nachträglich gewähren, denn letztlich beruht die falsche Steuerfestsetzung nur auf einer fehlerhaften Programmierung der Steuersoftware der Finanzverwaltung bzw. auf der Tatsache, dass die Referenten des Bundes- und der Landesfinanzministerien über ein halbes Jahr benötigt haben, um eine Regelung anzuwenden, die sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt. Diese zögerliche - und unverständliche - Haltung sollte niemandem zum Nachteil gereichen!

STEUERRAT: Unabhängig von der Frage des Härteausgleichs ist die Besteuerung der Energiepreispauschale insgesamt, also auch für alle anderen Fälle, zweifelhaft. Eine besonders gewichtige Kritik stammt von Herrn Professor Hans-Joachim Kanzler, früherer Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof. Er hält die Besteuerung der Energiepreispauschale für unzulässig. Er begründet dies zum einen damit, dass die Energiepreispauschale eine "Subvention" und keine "Einkunftsart im Sinne des Steuerrechts" ist. Zum anderen bezweifelt er die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Quellen: NWB Nr. 49 vom 9.12.2022, Seite 3417; Finanz-Rundschau 2022, Seite 641). Einen Mustereinspruch zu diesem Thema finden Sie im SteuerSparbrief Juli-August 2023.

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