SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Betriebliche Gesundheitsförderung: Erhöhung des Steuerfreibetrages
  • Weihnachtsfeier: So bleibt der Fiskus der Feier fern
  • Verkauf des Eigenheims: Kein Spekulationsgewinn trotz kurzfristiger Vermietung
  • Umsatzsteuer: Verbesserung der Kleinunternehmerregelung
  • Solidaritätszuschlag: Abschaffung für die meisten Bürger - aber erst 2021

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Dezember 2019

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

zum Jahreswechsel - und dann erneut in 2021 - erwartet uns eine ganze Lawine von steuerlichen Änderungen. Die ersten Gesetzesvorhaben wie das "Dritte Bürokratieentlastungsgesetz" und die Reform der Grundsteuer sind verabschiedet worden. Auch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften", vereinfacht als Jahressteuergesetz 2019 bezeichnet , hat den Bundesrat passiert. Andere Gesetze befinden sich noch in den parlamentarischen Beratungen. So darf das Klimaschutzpaket nicht unerwähnt blieben, das stark ins Steuerrecht eingreifen wird.

Die aktuellen Änderungen stellt Ihnen Steuerrat24 in diesem und den folgenden SteuerSparbriefen zeitnah vor. Einen umfassenden Überblick finden Sie bereis jetzt in einer exklusiven Sonderausgabe, die Sie auf der Startseite unter www.steuerrat24.de abrufen können.

Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz gehen nicht nur, aber doch insbesondere Änderungen für Gewerbetreibende und Freiberufler einher, wie etwa die erhöhte Grenze für Kleinunternehmer. Das Jahressteuergesetz 2019 und das Klimaschutzpaket hingegen werden fast jeden Steuerzahler betreffen. Ob Förderung der Elektromobilität, Erhöhung von Verpflegungspauschalen, Änderungen bei der Entfernungspauschale oder Mobilitätsprämie - die Änderungen sind umfassend und zahlreich.

Selbstverständlich lässt es sich der Gesetzgeber auch dieses Mal nicht nehmen, in typisch deutscher Art und Weise große Änderungen, also die besagte Förderung der Elektromobilität, mit kleinsten Detailfragen zu verbinden. Zum Beispiel wird der Spendenabzug für Mitgliedsbeiträge an Bridge-Vereine gestrichen. Das Gesetz nimmt insoweit schon fast kabarettistische Züge an. Man stelle sich den Bundesfinanzminister und die Bundesumweltministerin vor, die im Bundestag zunächst erklären, wie man das Klima retten möchte, um am Ende der Rede zu verkünden, dass übrigens auch eine wichtige Neuregelung für Bridge-Vereine zu beachten sei (die Mitglieder der betroffenen Vereine mögen mir diesen Seitenhieb verzeihen).

Auch die geplante Mobilitätsprämie für Fernpendler ist möglicherweise gut gemeint, verheddert sich aber in der Bürokratie. Es sind allein sechs Paragrafen erforderlich, um die Mobilitätsprämie zu regeln. Wer sie beantragt, muss mitunter eine "Schattenveranlagung" über sich ergehen lassen, wenn er nicht ohnehin eine Einkommensteuererklärung abgibt. Ich wage die Prognose, dass das "Hemmnis Steuererklärung" dazu beitragen wird, in der Bevölkerung nur wenig Akzeptanz für die Mobilitätsprämie zu finden.

Einige geplante Änderungen, die zunächst durchaus als zentrale Anliegen von Finanzverwaltung oder Politik galten, finden sich übrigens im jüngsten Gesetzentwurf nicht mehr. So sieht der Gesetzgeber für das Thema "Wohnen für Hilfe" keinen Regelungsbedarf. Und ob Totalverluste aus Wertpapiergeschäften nun abziehbar sind oder nicht, wird sich wohl erst zeigen, wenn der Bundespräsident das Gesetz unterschrieben hat. Bis dahin herrscht noch großes Rätselraten.

Man kann - und muss - viele der geplanten oder bereits verabschiedeten Gesetzesänderungen kritisieren. Für mich ist insbesondere die Öffnungsklausel bei der Grundsteuer, die im schlimmsten Fall jedes Bundesland zu einem eigenen Grundsteuermodell verleiten wird, ein Graus. Dass die Bundesländer keinen Konsens gefunden haben, ist beschämend. Was man dem Gesetzgeber jedoch nicht vorwerfen darf, ist Untätigkeit. Und so bleibt das Steuerrecht auf jeden Fall spannend und abwechslungsreich.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien eine frohe Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das kommende Jahr 2020.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Auslandsreisen:
Neue Verpflegungs- und Übernachtungspauschbeträge 2020

Für beruflich oder betrieblich veranlasste Auslandsreisen und für die doppelte Haushaltsführung im Ausland gibt das Bundesfinanzministerium jedes Jahr länderspezifische Verpflegungs- und Übernachtungspauschbeträge bekannt.

Die Verpflegungspauschbeträge kann der Arbeitnehmer als Werbungskosten absetzen oder der Arbeitgeber steuerfrei erstatten. Es ist nicht möglich, die tatsächlichen Kosten als Werbungskosten geltend zu machen.

Die Übernachtungspauschbeträge dürfen seit 2008 nicht mehr als Werbungskosten abgesetzt werden, gleichwohl darf der Arbeitgeber sie steuerfrei erstatten. Abziehbar sind nur die tatsächlichen und nachgewiesenen Übernachtungskosten.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium für das Jahr 2020 wieder für eine Reihe von Staaten geänderte Reisekostensätze bekannt gegeben (BMF-Schreiben vom 15.11.2019, IV C 5-S 2353/19/10010-001).

STEUERRAT: Die steuerfreie Zahlung des Übernachtungspauschbetrages durch den Arbeitgeber ist auch dann zulässig, wenn Ihnen tatsächlich geringere oder gar keine Übernachtungskosten entstanden sind, z.B. im Fall der Übernachtung bei Freunden. Sind hingegen die tatsächlichen Übernachtungskosten höher, können Sie den Differenzbetrag als Werbungskosten absetzen.

Weitere Informationen finden Sie in dem Beitrag: Auslandsreisekosten: Verpflegungs- und Übernachtungspauschbeträge 2020

 

2. Betriebliche Gesundheitsförderung:
Erhöhung des Steuerfreibetrages auf 600 EUR

Viele Arbeitgeber versuchen, Gesundheitsprävention für ihre Mitarbeiter attraktiv zu gestalten und so die Ausfallzeiten zu verringern. So bieten sie den Mitarbeitern beispielsweise die Möglichkeit, Massagen in Anspruch zu nehmen oder an Rückentrainingsprogrammen teilzunehmen und übernehmen dafür die Kosten. Die Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern entweder spezielle Gesundheitsleistungen an oder leisten entsprechende Zuschüsse zu Gesundheitsmaßnahmen externer Anbieter.

Seit 2008 bleiben Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung bis zu 500 EUR pro Mitarbeiter und Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei (Gesundheitsfreibetrag gemäß § 3 Nr. 34 EStG).

AKTUELL wird mit dem "Dritten Bürokratieentlastungsgesetz" ab dem 1.1.2020 der Gesundheitsfreibetrag von 500 EUR auf 600 EUR angehoben (§ 3 Nr. 34 EStG). Dem Gesetz hat der Bundesrat am 8.11.2019 zugestimmt.

STEUERRAT: Der Steuerfreibetrag gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber die Leistungen "zusätzlich zum arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn" gewährt. Falls die Leistungen unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung (Umwidmung) des vereinbarten Arbeitslohns erbracht werden, sind sie nicht steuerfrei. Seit 2011 ist es aber möglich, dass die Gesundheitsleistungen anstelle oder unter Anrechnung auf eine freiwillige Sonderzahlung, z.B. freiwilliges Weihnachtsgeld, gewährt werden (R 3.33 Abs. 5 LStR 2011).

Weitere Informationen: Gesundheitsförderung: Steuerfreibetrag für betriebliche Leistungen

 

3. Gruppenunfallversicherung:
Erhöhung der steuerlichen Pauschalierungsgrenze

Viele Arbeitgeber schließen für ihre Mitarbeiter eine Gruppenunfallversicherung ab, für die sie auch die Beiträge zahlen. Eine solche Gruppenversicherung bietet besonders günstige Konditionen und kann nach individuellen Bedürfnissen gestaltet werden. Zudem gibt es dafür eine Steuervergünstigung: Beträgt der Beitrag je Arbeitnehmer im Durchschnitt nicht mehr als 62 EUR im Jahr, kann der Arbeitgeber den Beitrag pauschal mit 20 % versteuern. Der Beitrag ist sozialversicherungsfrei (§ 40b Abs. 3 EStG).

AKTUELL wird mit dem "Dritten Bürokratieentlastungsgesetz" ab dem 1.1.2020 die lohnsteuerliche Pauschalierungsgrenze für Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung von 62 EUR auf 100 EUR pro Jahr angehoben (§ 40b Abs. 3 EStG, geändert durch das "Dritte Bürokratieentlastungsgesetz").

Wird bei einer Gruppenunfallversicherung der Durchschnittsbetrag von 100 EUR überschritten, ist der gesamte Betrag bei den versicherten Arbeitnehmern dem individuellen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Insofern ist dies ein "Grenzbetrag". Ein Höchstbetrag würde bei übersteigenden Beiträgen eine aufwändige Aufteilung des Versicherungsbeitrages (teilweise Pauschalbesteuerung und teilweise individuelle Besteuerung) erforderlich machen.

Für die steuerliche Beurteilung der Beiträge ist zu unterscheiden, ob aufgrund des Versicherungsvertrages der Arbeitgeber anspruchsberechtigt ist oder ob es der Arbeitnehmer ist:

  • Stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Arbeitgeber zu, stellen die Beitragsleistungen keinen Arbeitslohn dar und sind folglich für den Mitarbeiter steuer- und sozialversicherungsfrei. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Versicherungsleistung an den Arbeitnehmer auskehren muss (BFH-Urteil vom 16.4.1999, BStBl. 2000 II S. 406).
  • Kann der Arbeitnehmer im Fall des Unfalls Ansprüche direkt gegen den Versicherer geltend machen, stellen die Beitragsleistungen des Arbeitgebers steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn dar (BFH-Urteil vom 16.4.1999, BStBl. 2000 II S. 408).

 

4. Kurzfristige Beschäftigung:
Erhöhung der Tages- und Stundenlohngrenze

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn die Beschäftigung von vornherein begrenzt ist, und zwar auf längstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres und nicht berufsmäßig ausgeübt wird, falls das Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

Der Arbeitslohn aus einer kurzfristigen Beschäftigung ist - gleichgültig, wie hoch dieser ist - sozialversicherungsfrei in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Auch muss der Arbeitgeber hier - anders als bei einem Minijob - keine Pauschalbeiträge an die Minijobzentrale entrichten. Aber steuerpflichtig ist der Arbeitslohn dann doch.

Für die Besteuerung der kurzfristigen Beschäftigung gibt es neben der individuellen Besteuerung nach elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen auch die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung (§ 40a Abs. 1 EStG): Arbeitslohn aus einer kurzfristigen Beschäftigung darf der Arbeitgeber pauschal mit 25 % versteuern, sofern

  • die Beschäftigungsdauer höchstens 18 zusammenhängende Arbeitstage umfasst,
  • der Tageslohn im Durchschnitt höchstens 72 EUR pro Arbeitstag beträgt oder die Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich wird, und
  • der Stundenlohn im Durchschnitt nicht höher als 12 EUR ist.

AKTUELL werden mit dem "Dritten Bürokratieentlastungsgesetz" ab dem 1.1.2020 zwei Grenzen für die Lohnsteuerpauschalierung angehoben, und zwar der durchschnittliche Tageslohn von 72 EUR auf 120 EUR und der durchschnittliche Stundenlohn von 12 EUR auf 15 EUR (§ 40a Abs. 1 EStG). Dem Gesetz hat der Bundesrat am 8.11.2019 zugestimmt.

Die durchschnittliche Tageslohngrenze von 72 Euro orientierte sich am bisherigen gesetzlichen Mindestlohn (bis 31.12.2018 von 8,84 EUR pro Arbeitsstunde) und einem achtstündigen Arbeitstag. Der Mindestlohn beträgt seit dem 1.1.2019 nun 9,19 EUR pro Arbeitsstunde (ab dem 1.1.2020 gelten 9,35 EUR). Daher ist eine Erhöhung der durchschnittlichen Tageslohngrenze erforderlich. Um die durchschnittliche Tageslohngrenze bei steigendem Mindestlohn nicht regelmäßig anpassen zu müssen, wird sie nun in einem größeren Schritt erhöht. Dabei wird auch berücksichtigt, dass für verschiedene Branchen höhere Mindestlöhne als der gesetzliche Mindestlohn gelten.

Weitere Informationen: Aushilfsjob: Kurzfristige Beschäftigung

 

5. Mobbing und Diskriminierung:
Entschädigung des Arbeitgebers steuerfrei

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verboten (§ 1 AGG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Der so Benachteiligte kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (§ 15 Abs. 2 AGG).

Eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Diskriminierung, Mobbings oder sexueller Belästigung ist steuerfrei und eben kein steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die behauptete Benachteiligung bestreitet und sich lediglich in einem gerichtlichen Vergleich zur Zahlung bereit erklärt hat. Steuerfrei bedeutet, dass die Zahlung auch sozialversicherungsfrei ist (FinBeh. Hamburg vom 20.4.2015, S 2332-2015/002-52; ebenfalls FG Rheinland-Pfalz vom 21.3.2017, 5 K 1594/14).

STEUERRAT: Die Entschädigung ist nicht nur steuer- und sozialversicherungsfrei, sie wird auch nicht in den Progressionsvorbehalt einbezogen, sodass sie nicht zu einem höheren Steuersatz für das übrige Einkommen führt.

AKTUELL hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden, dass die Herabwürdigung eines Mitarbeiters wegen seiner ostdeutschen Herkunft keine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG wegen Diskriminierung darstelle. Menschen aus Ostdeutschland seien keine Mitglieder einer ethnischen Gruppe oder Träger einer einheitlichen Weltanschauung. Dementsprechend bestehe kein Anspruch auf eine Entschädigung (ArbG Berlin, Urteil vom 15.8.2019, 44 Ca 8580/18).

Der Fall: Der stellvertretende Ressortleiter eines Zeitungsverlags hatte seinen Arbeitgeber auf Entschädigung, Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 800.000 EUR verklagt, weil er von zwei vorgesetzten Mitarbeitern wegen seiner ostdeutschen Herkunft stigmatisiert und gedemütigt worden sei. Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage jedoch abgewiesen und einen Entschädigungsanspruch aus dem AGG abgelehnt. Zwar könne eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte oder der Gesundheit durch die beiden Mitarbeiter unterstellt werden, der Arbeitgeber hafte aber insoweit nicht für deren Handlungen.  

AKTUELL hat das Arbeitsgericht Bonn einen interessanten Fall geklärt: Bei rechtsmissbräuchlicher Bewerbung besteht kein Entschädigungsanspruch nach dem AGG (ArbG Bonn, Urteil vom 23.10.2019, 5 Ca 1201/19).

  • Der Fall: Ein Unternehmen suchte einen "Fachanleiter aus den Bereichen Küche/Hauswirtschaft/Nähen". Auf die Stellenanzeige bewarb sich ein Rentner und bat um ein Gehaltsangebot auf Vollzeitbasis. Der Ausbildungsbereich "Nähen" könne von ihm jedoch nicht erbracht werden. Außerdem benötige er ein vom Arbeitgeber gestelltes Appartement in nächster Betriebsnähe. Das Unternehmen lud den Rentner nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, sondern teilte ihm mit, dass er nicht in die engere Auswahl einbezogen werde. Der Rentner erhob beim Arbeitsgericht Bonn Klage auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von 11.084,58 Euro, da er sich wegen seines Alters diskriminiert sieht.
  • Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat der Rentner keine Indizien dargelegt, welche für eine "Diskriminierung wegen Alters" sprechen. Im Übrigen habe sich der Rentner rechtsmissbräuchlich verhalten. Er habe sich nicht beim Unternehmen beworben, um eine Stelle zu erhalten, sondern es sei ihm ausschließlich um eine Entschädigung gegangen. Dafür enthalte das Bewerbungsanschreiben eine Vielzahl objektiver Indizien. So enthalte dieses keinerlei Ausführungen zu der Qualifikation des Rentners oder seiner Motivation für seine Bewerbung. Ferner habe der Rentner mit der Forderung eines vom Arbeitgeber gestellten, in nächster Betriebsnähe gelegenen Appartements eine Absage heraufbeschwören wollen.

AKTUELL hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass zwei Lehrerinnen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ein Kopftuch tragen und deswegen nicht ins Beamtenverhältnis übernommen wurden, keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach dem AGG haben (OVerwG Nordrhein-Westfalen vom 7.10.2019, 6 A 2170/16 und 6 A 2628/16).

AKTUELL hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Kündigung eines katholischen Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus nach dessen Wiederheirat eine "verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellt". Die Akzeptanz des von der katholischen Kirche befürworteten Eheverständnisses scheine für die Tätigkeit des Mediziners keine wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit zu sein. Schließlich seien ähnliche Stellen auch Ärzten anvertraut worden, "die nicht katholischer Konfession sind" (EuGH-Urteil vom 11.9.2018, C-68/17).

Daraufhin hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Kündigung des Mannes unwirksam ist. Dieser Fall betrifft die Sonderrechte der Kirche als Arbeitgeber von 1,4 Millionen Menschen in Deutschland. Nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der katholischen Kirche gilt eine Wiederheirat als ungültige Ehe. Laut Arbeitsvertrag war der Arzt verpflichtet, die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre zu beachten. Er wollte die Kündigung jedoch nicht hinnehmen, klagte bis zum EuGH - und bekam letztlich Recht (BAG-Urteil vom 20.2.2019, 2 AZR 746/14).

Weitere Informationen: Mobbing, Burnout, Diskriminierung: Was steuerlich wissenswert ist

 

6. Weihnachtsfeier:
So bleibt der Fiskus der Feier fern

In der Vorweihnachtszeit laden die meisten Unternehmen ihre Mitarbeiter zum Dank für gute Arbeit zu einer Weihnachtsfeier ein. Ist der Arbeitgeber großzügig, zeigt sich auch der Fiskus nicht kleinlich: Wenn nämlich bestimmte Bedingungen beachtet werden, bleiben die Zuwendungen des Arbeitgebers für die Mitarbeiter steuer- und sozialversicherungsfrei.

AKTUELL möchten wir hier auf die wichtigsten Regeln hinweisen:

  • Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich einer Weihnachtsfeier bleiben bis zu einem Betrag von 110 EUR (einschließlich Umsatzsteuer) pro Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei. Dabei handelt es sich seit 2015 um einen Freibetrag und nicht mehr - wie vorher - um eine Freigrenze. Falls also die Gaben des Arbeitgebers höher sind, ist nur der übersteigende Betrag zu versteuern und nicht mehr der gesamte Betrag. Statt individueller Besteuerung kann der Arbeitgeber den steuerpflichtigen Vorteil auch pauschal mit 25 % versteuern und so zumindest die Sozialabgaben für Mitarbeiter und Chef vermeiden.
  • Als Zuwendungen gelten alle Aufwendungen des Arbeitgebers, gleichgültig, ob diese einem Arbeitnehmer individuell zurechenbar sind oder ob sie in einem rechnerischen Anteil an den Kosten der Weihnachtsfeier bestehen. Erfasst werden also nicht nur die Kosten für den "Gaumen-, Augen- und Ohrenschmaus", sondern auch die Kosten für den äußeren Rahmen, wie Raummiete, Eventmanager, Musikkapelle, Busfahrt, Eintrittskarten. Zu den Gesamtkosten gehören seit 2015 ebenfalls Geschenke unabhängig von deren Wert.
  • Die Gesamtkosten der Weihnachtsfeier werden durch die Zahl der teilnehmenden Personen geteilt. Falls Angehörige des Arbeitnehmers an der Feier teilnehmen, sind die anteiligen Aufwendungen der Begleitperson dem Arbeitnehmer zuzurechnen. Das bedeutet, dass die Begleitpersonen keinen eigenen Freibetrag erhalten.
  • Der Freibetrag von 110 EUR gilt arbeitnehmerbezogen für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr. Der Arbeitgeber sollte die Zahl der anwesenden Teilnehmer und der Begleitpersonen durch entsprechende Aufzeichnungen nachweisen.

STEUERRAT: Im vergangenen Jahr hat das Finanzgericht Köln gegen den Fiskus entschieden, dass Absagen von Kollegen anlässlich einer Weihnachtsfeier steuerrechtlich nicht zu Lasten der tatsächlich Feiernden gehen. Die vergeblichen Kosten für die Arbeitnehmer, die nach ursprünglicher Anmeldung zur Betriebsfeier kurzfristig wieder absagen, wirken sich auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns der teilnehmenden Arbeitnehmer nicht aus. Es ist nicht einzusehen, aus welchem Grunde diese vergeblichen "No-Show-Kosten" die Zuwendung für die teilnehmenden Arbeitnehmer erhöhen soll (FG Köln vom 27.6.2018, 3 K 870/17, Revision VI R 31/18).

STEUERRAT: Die Kosten für den Hin- und Rücktransport von Arbeitnehmern vom Unternehmen zum Ort der Betriebsveranstaltung (Restaurant, Ausflugslokal) sind Teil der Zuwendungen und müssen daher auf den Freibetrag von 110 EUR angerechnet werden. ABER: Das Finanzgericht Düsseldorf hat gegen die Finanzverwaltung entschieden, dass die Kosten für einen Shuttle-Transfer zu und von einer Betriebsveranstaltung keinen geldwerten Vorteil darstellen und somit nicht in die 110-EUR-Grenze einzubeziehen sind (Urteil vom 22.2.2018, 9 K 580/17). Das Urteil ist zwar noch zu der alten Regelung ergangen, die lediglich in den Lohnsteuer-Richtlinien enthalten war. Das Gesagte ist aber unseres Erachtens auf aktuelle Fälle übertragbar.

 

7. Unfall mit Leasing-Pkw:
Schadenregulierung mit oder ohne Umsatzsteuer?

Seit Jahr und Tag gibt es immer wieder Streit über die Frage, ob ein Kfz-Unfallschaden mit oder ohne Umsatzsteuer zu regulieren ist, ob also die Reparaturkosten brutto oder nur netto zu ersetzen sind. Dies gilt gerade auch im Bereich der Leasingfahrzeuge. Die gegnerischen Versicherungen stellen sich oft auf den Standpunkt, dass der Schaden nur netto zu begleichen ist, und zwar auch dann, wenn der Geschädigte kein Unternehmer und dementsprechend nicht zum Abzug von Vorsteuer berechtigt ist. Die Versicherungen begründen dies damit, dass bei der Regulierung von Schäden auf den Leasinggeber abzustellen ist. Da dieser die Vorsteuer abziehen dürfe, sei er damit nicht belastet. Doch für die Betroffenen gibt es nun ein wichtiges Urteil.

Aktuell hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg entschieden, dass die gegnerische Versicherung die Umsatzsteuer zu erstatten hat, die auf die Reparaturkosten entfällt, wenn der Leasingnehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Auf den - hinter ihm stehenden - Leasinggeber kommt es also nicht an (Urteil vom 22.8.2019, 12 U 11/19).

  • Der Fall: Die Klägerin hat mit ihrem geleasten Kfz einen unverschuldeten Verkehrsunfall erlitten. Das Kfz ließ sie auf eigene Kosten und im eigenen Namen reparieren. Dementsprechend machte sie Schadensersatzansprüche gegen den Unfallverursacher geltend. Der Schaden wurde zwar weitestgehend reguliert; allerdings weigerte sich die gegnerische Versicherung, die auf die Reparaturkosten gezahlte Umsatzsteuer zu erstatten, da der Leasinggeber, also der zivilrechtliche Eigentümer des Kfz, vorsteuerabzugsberechtigt sei und ihn die Umsatzsteuer daher nicht belaste. Während das Landgericht den Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer ablehnte, folgte das OLG der Argumentation der Geschädigten. Die Versicherung muss also auch die Umsatzsteuer erstatten.
  • Begründung: Es ist auf die Verhältnisse des Leasingnehmers abzustellen, wenn er vertraglich verpflichtet ist, die Reparatur auf eigene Kosten und im eigenen Namen durchführen zu lassen. Da der Leasingnehmer selbst den Vertrag mit dem Reparaturunternehmen abschließt und damit auch gegenüber dem Reparaturunternehmen auf Bezahlung der Vergütung haftet, tritt der Schaden unmittelbar bei ihm selbst ein, wenn er die Reparatur durchführen lässt und die Reparaturrechnung begleichen muss. Dies betrifft dann auch die Umsatzsteuer, wenn er - wie im Fall der Klägerin - nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Da die Klägerin im Streitfall die Reparatur auch im eigenen Namen und auf eigene Rechnung hat durchführen lassen, ist der Schadensersatzanspruch auch nicht lediglich auf den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens beschränkt. Anderenfalls würde sie auf der Umsatzsteuer "sitzenbleiben".

HINWEIS: Das OLG hat die Revision zugelassen, da das Urteil von einer Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil vom 16.11.2004, 10 U 186/04) abweicht, insbesondere aber auch die Rechtssache wegen einer Vielzahl von gleichgerichteten Fällen grundsätzliche Bedeutung hat. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung liegt offenbar noch nicht vor. Dennoch sollten sich Geschädigte zunächst auf das Urteil des OLG Brandenburg berufen. Achtung: Im Bereich von Leasing-Kfz ist es zwar nicht üblich, einen Schaden nur auf Gutachtenbasis abrechnen zu lassen. Falls dies aber ausnahmsweise doch geschieht, sollte ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofs berücksichtigt werden: Dieser hat entschieden, dass selbst dann kein Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber der Versicherung besteht, wenn ein Geschädigter seinen Schaden fiktiv per Gutachten abrechnet und ein Ersatzfahrzeug inklusive Umsatzsteuer erwirbt (BGH-Urteil vom 2.10.2018, VI ZR 40/18, vgl. SteuerSparbrief Januar 2019).

 

II. Privater Bereich

1. Kfz-Steuer:
Trotz Dieselfahrverbots keine Steuerermäßigung

Viele Halter von Diesel-Pkw sind von Fahrverboten betroffen. Da ist die Idee nicht ganz abwegig, dass der Staat "im Gegenzug" wenigstens die Kfz-Steuer reduzieren oder gar erlassen müsse, denn schließlich können die Fahrzeuge gar nicht so bewegt werden, wie es ihre Halter möchten. Und tatsächlich hat ein Dieselfahrer den Weg bis vor den Bundefinanzhof gewagt, um eine Ermäßigung der Kfz-Steuer zu erreichen.

AKTUELL hat der BFH jedoch entschieden, dass die Verhängung von Dieselfahrverboten für davon betroffene Kfz keinen Einfluss auf die Höhe der Kfz-Steuer habe (BFH-Beschluss vom 13.8.2019, III B 2/19).

  • Der Fall: Der Kläger ist Halter eines Diesel-Pkw, der die Emissionsklasse Euro 5 erfüllt. Weil in einzelnen Städten und Gemeinden die Straßennutzung für seinen Pkw durch Dieselfahrverbote eingeschränkt werde, widerspreche die Kfz-Steuer-Festsetzung dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - so seine Auffassung. Besteuerungsgrundlage sei der Schadstoffausstoß; infolge des Fahrverbotes sei sein Fahrzeug potentiell weniger schädlich, weil es in den Fahrverbotszonen keine Stickoxyde mehr ausstoße. Dieser Argumentation ist bereits das FG nicht gefolgt. Und auch die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH blieb ohne Erfolg.
  • Für die Bemessung der Kfz-Steuer komme es nicht darauf an, ob das Fahrzeug tatsächlich infolge einer umfangreicheren Nutzung mehr Schadstoffe oder infolge einer nur eingeschränkt möglichen Nutzung weniger Schadstoffe ausstößt. Vielmehr bemesse sich die Höhe der Kfz-Steuer für das streitgegenständliche Fahrzeug nach den Feststellungen zur Fahrzeugklasse, zu den Kohlendioxidemissionen und zum Hubraum. Auch die heutige Fassung des Kfz-Steuergesetzes stelle keinen Zusammenhang zwischen dem durch Fahrverbote beeinflussten Umfang der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit und der Steuerbemessungsgrundlage her.
  • Grundsätzliche Bedeutung komme ferner auch nicht der Rechtsfrage zu, ob darin eine Ungleichbehandlung zu erblicken sei, dass nach der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers Halter von nach Euro 5 und Euro 6 eingestuften Fahrzeugen untereinander gleich und gegenüber Haltern von Fahrzeugen der Klassen Euro 1 bis 4 besser behandelt werden sollten, nun aber der Halter eines Euro 5-Fahrzeugs mehr Opfer für den Umweltschutz erbringen müsse.

 

2. Schuldnerinsolvenz:
Verkürzung der Restschuldbefreiung von 6 auf 3 Jahre

Am 26.6.2019 wurde die "EU-Richtlinie 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz" vom 20.6.2019 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Diese Richtlinie schreibt vor, dass unternehmerisch tätige Personen Zugang zu einem Verfahren haben müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist bis zum 17. Juli 2021 umzusetzen. Die Umsetzungsfrist kann aber einmalig um ein Jahr verlängert werden.

  • Gemäß Art 34 Abs. 1/Art. 35 dieser Richtlinie begann die zweijährige Laufzeit zur Umsetzung der Richtlinie am 16.7.2019. Der deutsche Gesetzgeber hat nun die Verpflichtung, gesetzliche Regelungen zur Umsetzung zu schaffen, die spätestens zum 17.7.2021 in Kraft treten. Dieses Datum ist jetzt der Bezugspunkt für Überlegungen, jetzt oder erst später einen Insolvenzantrag mit Restschuldbefreiung zu stellen. Gespannt wurde erwartet, wie die Bundesregierung die "EU-Restrukturierungsrichtlinie" umsetzen wird.
  • Den Anforderungen der EU-Richtlinie genügt das deutsche Recht derzeit nicht. Zwar können Schuldner bereits heute eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren erlangen. Allerdings setzt dies voraus, dass bis dahin nicht nur die Verfahrenskosten, sondern auch 35 Prozent der Insolvenzforderungen gedeckt werden. Doch dieses Mindestbefriedigungserfordernis kann von weniger als 2 Prozent der Schuldner erfüllt werden.

AKTUELL hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) am 7. November Folgendes bekannt gegeben (PM vom 7.11.2019):

  • Die reguläre Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens wird auch für Verbraucher auf drei Jahre verkürzt. Für unternehmerisch tätige Personen schreibt dies die Richtlinie ausdrücklich vor. Aber das gleiche gilt künftig auch für Privatpersonen bzw. Verbraucher. Auch weiterhin werden sich alle Schuldner die Restschuldbefreiung dadurch verdienen müssen, dass sie ihren Pflichten im Restschuldbefreiungsverfahren hinreichend nachkommen.
  • Die Restschuldbefreiung nach drei Jahren soll auch dann möglich sein, wenn es nicht gelingt, die bisherige Mindestbefriedigungsquote zu erzielen. Ebenso wenig soll es erforderlich sein, dass die Verfahrenskosten gedeckt sind. In den Fällen der Verfahrenskostenstundung soll der Schuldner aber weiterhin einer vierjährigen Nachhaftung unterliegen. Auch weiterhin müssen Schuldner den bestehenden Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um die Restschuldbefreiung zu erlangen. Dazu gehören umfangreiche Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten. Auch muss der Schuldner einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen.

Um einen abrupten Übergang von der sechsjährigen zur dreijährigen Entschuldungsfrist zu verhindern, gibt es eine Übergangsregelung, bei der die Fristen nach und nach verkürzt werden. Die Übergangsregelung soll am 17.12.2019 beginnen. Danach soll die Dauer je abgelaufenen vollen Monat um einen Monat verkürzt werden.

  • Gerechnet vom Tag des Inkrafttretens der Richtlinie am 16.7.2019 soll die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens ab dem 17.12.2019 je abgelaufenen vollen Monat um einen Monat verkürzt werden, um sich im Laufe der Übergangszeit auf die künftige Länge von drei Jahren sukzessive zu reduzieren.
  • Damit wird in der Übergangszeit der Anreiz genommen, die Einleitung des Verfahrens aufzuschieben. Denn für jeden Monat, den der Schuldner oder die Schuldnerin mit der Antragstellung zuwartet, verkürzt sich die Restschuldbefreiungsfrist stets nur um einen Monat. Die Summe aus zugewarteter Zeit und Restschuldbefreiungsfrist ist stets gleich. Immer wird das Verfahren am selben Tag abschlussreif sein.
  • Für die beispielsweise am 17.12.2019 beantragten Verfahren würde dann eine Frist von fünf Jahren und sieben Monaten gelten, da an diesem Tag seit dem Inkrafttreten der Richtlinie fünf Monate vergangen sein werden, die von der derzeitigen sechsjährigen Frist in Abzug zu bringen sind. Für die einen Monat später beantragten Verfahren würde dann eine Frist von fünf Jahren und sechs Monaten gelten. Das Ganze würde sich entsprechend über den am 17.7.2022 endenden Überleitungszeitraum fortsetzen. Dann würde die Restschuldbefreiungsfrist entsprechend den Vorgaben der Richtlinie nur noch drei Jahre betragen. Um für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen, soll die Verabschiedung des Umsetzungsgesetzes zügig erfolgen.
  • Die geplanten verkürzten Fristen lassen sich der folgenden Tabelle entnehmen:

Datum der Insolvenzantragstellung

Dauer der regelmäßigen RSB-Frist

vor dem 17. Dezember 2019

72 Monate (sechs Jahre)

zwischen dem 17. Dezember 2019 und 16. Januar 2020

67 Monate (fünf Jahre und sieben Monate)

zwischen dem 17. Januar 2020 und 16. Februar 2020

66 Monate (fünf Jahre und sechs Monate)

...

...

zwischen dem 17. Juli 2020 und 16. August 2020

60 Monate (fünf Jahre)

...

...

zwischen dem 17. Juli 2021 und 16. August 2021

48 Monate (vier Jahre)

...

...

zwischen dem 17. Mai 2022 und 16. Juni 2022

38 Monate (drei Jahre und zwei Monate)

zwischen dem 17. Juni 2022 und 16. Juli 2022

37 Monate (drei Jahre und ein Monat)

Ab dem 17. Juli 2022

36 Monate (drei Jahre)

Die dreijährige Frist soll allmählich und kontinuierlich eingeführt werden, um einen geordneten Übergang vom geltenden Recht zum künftigen Recht sicherzustellen, insbesondere um zu verhindern, dass Schuldner bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts systematisch dazu übergehen, die Einleitung des Verfahrens zu verzögern, um sich in den Genuss einer substantiell kürzeren Frist zu bringen. Das vermeidet die Ausbildung eines Verfahrensstaus, infolge dessen die Kapazitäten von Schuldnerberatungsstellen, Gerichten und Verwalterbüros zunächst über einen längeren Zeitraum unterbelastet bleiben, um sich dann mit Inkrafttreten der Neuregelung in einer schwer bewältigbaren Verfahrensschwemme aufzulösen. Auch werden Ungerechtigkeiten vermieden, die entstünden, wenn die Frist von heute auf morgen verkürzt werden würde.

 

3. Zweitwohnungssteuer:
Viele Satzungen sind verfassungswidrig - aber anwendbar

Die Zweitwohnungssteuer ist für viele Steuerbürger ein Ärgernis. Zwar ist mit ihr oftmals eine gewisse Lenkungsfunktion der Gemeinden verbunden, die verhindern wollen, dass zu viele Zweitwohnungen als reine Feriendomizile genutzt werden. Tatsächlich ist sie aber eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich zahlreiche Inhaber von Zweitwohnungen gegen die Zweitwohnungssteuer zur Wehr setzen.

AKTUELL hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Erhebung von Zweitwohnungsteuern in den bayerischen Gemeinden Oberstdorf und Sonthofen verfassungswidrig ist. In beiden Gemeinden werden zur Berechnung der Zweitwohnungsteuer die Werte der Einheitsbewertung von Grundstücken - basierend auf den Wertverhältnissen von 1964 - herangezogen und diese entsprechend dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet (BVerfG, Beschluss vom 18.7.2019, 1 BvR 807/12, 1 BvR 2917/13).

  • Die Begründung der Verfassungshüter lautet unter anderem: Die Berechnung der Zweitwohnungsteuer auf Grundlage der Einheitsbewertung zum 1.1.1964, das heißt der auf diesen Zeitpunkt ermittelten fiktiven Jahresrohmiete, verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Grundsteuerurteil vom 10.4.2018 (Az. 1 BvL 11/14 u.a.) die Vorschriften der Einheitsbewertung von Grundstücken auf Grundlage der Wertverhältnisse von 1964 für gleichheitswidrig erachtet. Veränderte Ausstattungsstandards von Gebäuden, mögliche Veränderungen in der Lage oder strukturellen Anbindung von Grundstücken und mietrechtliche Bindungen werden bei einem derart lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt nicht berücksichtigt, so dass es inzwischen zu Verzerrungen bei den Grundstücksbewertungen gekommen ist, die nicht mehr vor dem Gleichheitsrecht gerechtfertigt sind. Diese Wertverzerrungen können nicht durch eine Hochrechnung der auf dieser Grundlage bestimmten fiktiven Jahresrohmiete mit dem Verbraucherpreisindex ausgeglichen werden, da die Steigerungsrate für alle Wohnungen im Gemeindegebiet die gleiche ist, so dass eine Hochrechnung mit diesem Faktor die Wertverzerrungen gerade nicht ausgleichen kann.
  • Die Art der Staffelung des Steuertarifs in der Zweitwohnungsteuersatzung der Gemeinde Markt Oberstdorf verstößt zudem gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
  • Nun kommt aber der Wermutstropfen: Die gemeindlichen Satzungen bleiben bis zum 31.3.2020 übergangsweise anwendbar. Und bis dahin dürften die Gemeinden ihre Satzungen überarbeitet haben.

STEUERRAT: Bereits Anfang 2019 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgerichts (OVG) den Klagen gegen die Erhebung von Zweitwohnungssteuern in zwei Gemeinden stattgegeben. Die angefochtenen Steuerbescheide seien rechtswidrig, weil der von den Gemeinden zur Anwendung gebrachte Steuermaßstab gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße (Urteile vom 30.1.2019, 2 LB 90/18 und 2 LB 92/18). Wie zahlreiche andere Gemeinden haben auch die Gemeinden Friedrichskoog und Timmendorfer Strand durch Satzung bestimmt, dass sich die Zweitwohnungssteuer nach der "Jahresrohmiete" bemisst. Diese wiederum ist laut Bewertungsgesetz anhand eines Mietspiegels aus dem Jahr 1967 auf den Zeitpunkt 1.1.1964 festzustellen und sodann anhand von Preisindizes für die Lebenshaltung hochzurechnen. Das OVG ist zu der Auffassung gelangt, dass dieser Steuermaßstab zu einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung führe. Betroffene sollten sich unter Berufung auf die genannten Urteile umgehend gegen die Bescheide zur Zweitwohnungssteuer zur Wehr setzen. Es bleibt abzuwarten, ob es die betroffenen Gemeinden schaffen, innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist eine neue Satzung zu verabschieden.

 

III. Nebentätigkeit

1. Sozialversicherung:
Vereinsvorstand kann versicherungspflichtig sein

Es gibt viele Vereinsvorstände, die ihre Tätigkeit nicht nur abends und am Wochenende ausüben, sondern die einen gewissen Teil ihrer Arbeitszeit "für den Verein" aufwenden. Das betrifft zumeist Vereine mit vielen Mitgliedern oder Vereine, bei denen der Vorsitzende quasi auch gleichzeitig wie ein Geschäftsführer tätig wird. Erhält der Vereinsvorsitzende dann eine Vergütung, die über eine äußerst geringe Aufwandsentschädigung hinausgeht, kann diese der Sozialversicherung, also insbesondere der Renten- und Arbeitslosenversicherung, unterliegen.

AKTUELL hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass ein Vereinsvorsitzender, der pro Monat rund 4.000 EUR Aufwandsentschädigung erhält und Aufgaben übernimmt, die auch ein Geschäftsführer wahrnehmen könnte, der Sozialversicherung unterliegt (Urteil vom 13.2.2019, L 8 BA 52/18).

  • Der Fall: Kläger ist ein eingetragener Verein, der den Zweck verfolgt, die Berufs- und Standesinteressen der Fahrlehrer zu wahren und zu fördern. Der Verein ist gemeinnützig. Der Vereinsvorsitzende ist selbstständiger Fahrlehrer und betreibt eine Fahrschule. Seine Tätigkeit für den Verein wird mit rund 4.000 EUR pro Monat vergütet. Zudem erhält er ein Kilometergeld für Fahrten zur Geschäftsstelle, ein Tagegeld für die Wahrnehmung auswärtiger Veranstaltungen und ein Sitzungsgeld. Der Verein beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV), ein so genanntes Statusfeststellungsverfahren durchzuführen, um die mögliche Sozialversicherungspflicht des Vorsitzenden prüfen zu lassen. Und tatsächlich kam die DRV zu dem Ergebnis, dass der Vorsitzende bei seinem Verein abhängig beschäftigt sei und folglich der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Das Landessozialgericht hat dieses Ergebnis bestätigt.
  • Begründung: Der Vorsitzende werde zeitlich in einem solchen Maße in Anspruch genommen, dass der hierdurch entgangene Verdienst nur durch Einstellung einer Ersatzkraft in seiner Fahrschule kompensiert werden könne. Im Ergebnis führe dies dazu, dass der Vorsitzende für seine Tätigkeit eine Vergütung mindestens in einem Umfang erhält, wie sie als Arbeitslohn einem angestellten Fahrlehrer gezahlt wird. Der Vorsitzende war zudem auch in die Arbeitsorganisation des Vereins eingegliedert. Er habe Aufgaben des Vereins über die reinen Repräsentationszwecke übernommen. In diesem Zusammenhang sei er auch in das "operative Geschäft" des Vereins eingebunden gewesen.
  • Finanzielle Zuwendungen schließen die Unentgeltlichkeit eines ehrenamtlichen Engagements zwar nicht prinzipiell aus. Sie seien aber nur unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdecken. Wenn die Aufwandsentschädigung pauschal erfolge, müsse allerdings erkennbar sein, dass letztlich tatsächlich entstandener Aufwand bzw. tatsächlich entgangener Verdienst ersetzt wird. Das war hier offenbar nicht der Fall; vielmehr sei von einer verdeckten Entlohnung von Erwerbsarbeit auszugehen.

STEUERRAT: Gegen das Urteil war zwar die Revision beim Bundessozialgericht unter dem Az. B 12 R 13/19 R anhängig; diese ist aber zurückgenommen worden. Vereine, die ihren Vorständen mehr als 2.400 EUR pro Jahr zahlen und bei denen der Vorsitzende auch Aufgaben wahrnimmt, die denen eines Geschäftsführers ähnlich sind, sollten daher gewarnt sein. Die DRV scheint die Vereine "im Visier" zu haben.

 

IV. Kapitalerträge

1. Verluste bei Kapitalanlagen:
15. Dezember Stichtag für Verlustbescheinigung

Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie für jeden Anleger einen sog. virtuellen "Verlustverrechnungstopf". Bis zur Höhe der Verluste wird dann von positiven Kapitalerträgen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder früher einbehaltene Steuer wieder erstattet. Genau genommen bilden die Banken sogar zwei Verlustverrechnungstöpfe, und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Falls nun am Jahresende der Saldo in einem oder in beiden Verlustverrechnungstöpfen negativ ist, gibt es zwei Möglichkeiten (§ 43a Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG):

  • Sie tun nichts. Dann trägt die Bank den nicht ausgeglichenen Verlust auf das nächste Jahr vor, um künftig fällige Zins- oder Dividendengutschriften oder Veräußerungsgewinne ohne Steuerabzug auszahlen zu können, sog. Verlustübertrag.
  • Sie beantragen, dass die Bank Ihnen eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf Null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie den Verlustbetrag dann in Ihrer Steuererklärung geltend machen und ggf. mit positiven Kapitalerträgen anderer Bankinstitute verrechnen lassen

AKTUELL weisen wir auf den Termin 15. Dezember 2019 hin: Bis zu diesem Termin müssen Sie die Verlustbescheinigung bei der Bank beantragen. Die darin bescheinigten noch nicht ausgeglichenen Verluste übernehmen Sie in der Steuererklärung 2019 in die "Anlage KAP", getrennt nach Verlusten aus Aktiengeschäften und Verlusten aus anderen Anlagen. Geben Sie auch die bescheinigten Gewinne an. Die sonstigen Verluste können mit allen Arten von Kapitalerträgen, Verluste aus Aktienverkäufen hingegen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden.

Der bescheinigte Verlust aus Kapitalanlagen kann im Rahmen der Steuerveranlagung nur mit positiven Kapitalerträgen verrechnet werden. Ist dieser Verlustausgleich nicht oder nicht vollständig möglich, darf ein verbleibender Verlust leider nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten (wie Arbeitslohn) ausgeglichen werden. Der verbleibende Verlust darf auch nicht in das Vorjahr zurückgetragen werden, sondern nur in den künftigen Jahren mit positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden. Zugelassen ist also ein sog. "Verlustvortrag" innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen, und zwar zeitlich unbegrenzt und in unbeschränkter Höhe (§ 20 Abs. 6 EStG). Hierzu erhalten Sie vom Finanzamt einen "Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages".

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Verluste aus Kapitalanlagen verrechnet werden

 

2. Forderungsausfall:
Auch Forderungsverzicht eines Gesellschafters absetzbar

Früher wurde bei Verlusten aus Kapitalvermögen stets unterschieden, ob die Wertminderung in der Vermögensebene entstanden ist (dann steuerlich nicht absetzbar) oder ob sie der Ertragsebene zurechnen war (dann als Werbungskosten absetzbar). Doch im Jahre 2009 wurde die Abgeltungsteuer eingeführt, die jeglichen Vermögenszuwachs erfassen soll - und eigentlich auch Vermögensverluste steuermindernd berücksichtigen müsste.

Tatsächlich hat der Bundesfinanzhof seit 2012 in mehreren Urteilen bestätigt, dass durch die Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 ein Wechsel hin zu einer umfassenden Besteuerung von Vermögensänderungen stattgefunden hat. Alle diesbezüglichen Urteile des BFH enthalten die Grundaussage, dass nicht nur eine umfassende Besteuerung von Vermögenszuwächsen, sondern auch von Vermögensminderungen vorzunehmen ist. In den Urteilen wird ausdrücklich bestätigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers mit Einführung der Abgeltungsteuer die "traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene" aufgegeben wurde und dass seit 2009 eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen besteht. Seit Jahren gibt es aber Streit über die Frage, was in den Fällen geschieht, in denen eine Aktie oder eine andere Kapitalforderung wertlos geworden ist und aus dem Depot ausgebucht wird.

  • Die Finanzverwaltung will Verluste aufgrund Forderungsausfalls nicht steuermindernd anerkennen, weil die Wertminderungen der privaten Vermögensebene und nicht der Ertragsebene zuzuordnen seien (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl 2012 I S. 953, Tz. 60).
  • Der Bundesfinanzhof hatte hingegen Wertveränderungen des Vermögensstamms, z.B. den endgültigen Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre, als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anerkannt (BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Verzicht eines Gesellschafters auf eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen kann (BFH-Urteil vom 6.8.2019, VIII R 18/16).

  • Der Fall: Der Kläger war zu mehr als 10 % an einer GmbH beteiligt. Er hatte Forderungen gegen die GmbH im Nennwert von 801.768 EUR für einen Kaufpreis von 364.154 EUR erworben. Der Kläger verzichtete gegenüber der GmbH auf einen Teilbetrag seiner Darlehensforderung in Höhe von 275.000 EUR. Im Hinblick auf einen teilentgeltlichen Erwerb zu 43,5 % ging er davon aus, dass er einen Veräußerungsverlust in Höhe von 119.625 EUR erlitten habe. Dem folgten Finanzamt und Finanzgericht nicht - wohl aber der BFH.
  • Der BFH entschied, dass der Verzicht des Gesellschafters auf den nicht werthaltigen Teil seiner Forderung gegen die Kapitalgesellschaft einer Abtretung gleichkommt und nach Einführung der Abgeltungsteuer im Jahre 2009 zu einem Forderungsausfall führt, der gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerlich zu berücksichtigen ist. Mit diesem Urteil setzt der BFH seine Rechtsprechung fort, nach der seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt.

HINWEIS: Zum 1.1.2020 soll die steuerliche Behandlung von Forderungsverlusten gesetzgeberisch neu geregelt werden. Es bleibt daher abzuwarten, ob und inwieweit die Rechtsprechung auch für künftige Fälle Bedeutung haben wird. Weitere Informationen: Steueränderungen 2020: Überblick über die geplanten Neuerungen

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Verkauf des Eigenheims:
Kein Spekulationsgewinn trotz kurzzeitiger Vermietung

Werden Immobilien innerhalb von zehn Jahren an- und wieder verkauft, so liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor. Früher sprach man insoweit von Spekulationsgeschäften. Ausnahmen von der Steuerpflicht gelten nur bei eigengenutzten Objekten (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Dabei sind zwei Fälle ("Alternativen") zu unterscheiden:

  • Alternative 1: Die Immobilie wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
  • Alternative 2: Die Immobilie wurde im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Nicht erforderlich ist, dass dieser Zeitraum drei volle Kalenderjahre umfasst.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die 2. Alternative - anders als die 1. Alternative - keine Ausschließlichkeit der Eigennutzung voraussetzt. Auf den zeitlichen Umfang der Eigennutzung im ersten und dritten Jahr kommt es nicht an. Nur im zweiten Jahr muss die Eigennutzung dauerhaft gewesen sein. Eine kurzzeitige Eigennutzung vor dem Verkauf einer langjährig selbstgenutzten Eigentumswohnung ist folglich unschädlich (Urteil vom 3.9.2019, IX R 10/19).

  • Der Fall: Der Kläger erwarb 2006 eine Eigentumswohnung, die er bis einschließlich April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte und mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 17.12.2014 wieder veräußerte. Im Zeitraum von Mai 2014 - seinem Auszug - bis zur Veräußerung im Dezember 2014 hatte der Kläger die Wohnung an Dritte vermietet. Das Finanzamt ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 44.338 EUR. Hiergegen wandte sich der Kläger. Seiner Ansicht nach war die Veräußerung nicht steuerbar, da er die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorausgegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe (2. Alternative). Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich; die Revision des Finanzamts hat der BFH sehr schnell und vor allem mit ungewöhnlich knappen Worten abgeschmettert.
  • Begründung: Die 2. Alternative setzt voraus, dass die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Dabei muss die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben; vielmehr genügt ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie - mit Ausnahme des ersten Jahres vor der Veräußerung ("mittleres Kalenderjahr") - voll auszufüllen.

Das bedeutet also: Ausreichend für die Anwendung der Ausnahmevorschrift ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen - wobei sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken muss, während die eigene Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag zu umfassen braucht.

Weitere Informationen: Verkauf von Haus, Wohnung oder Grundstück

 

2. Miete:
Umsatzsteuer auf Abfindung für vorzeitige Auflösung eines Mietvertrages?

Langfristige Miet- und Pachtverträge können - je nach Interessenlage - eine schöne Sache sein. Doch zuweilen zwingen persönliche oder betriebliche Belange des Mieters zur vorzeitigen Auflösung eines solchen Vertrages. Stimmt der Vermieter der vorzeitigen Auflösung zu, wird üblicherweise eine Abstandszahlung an den Vermieter vereinbart. Und dann stellt sich die Frage, ob eine solche Zahlung der Umsatzsteuer unterliegt.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof wie folgt entschieden: Einigen sich Vermieter und Mieter im Interesse des Mieters auf die vorzeitige Auflösung eines langfristigen Mietvertrages und wird dafür eine Abfindungszahlung an den Vermieter geleistet, so liegt insoweit ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vor. Je nachdem, ob die vorherige Vermietung umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig erfolgte, ist auch die Abfindung umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig (BFH-Urteil vom 22.5.2019, XI R 20/17).

  • Der Fall: Unternehmenszweck der Klägerin ist die Entwicklung eines Geländes. Sie erwarb im Jahre 2005 entsprechende Grundstücke und vermietete Teile der Liegenschaft umsatzsteuerpflichtig an den bisherigen Eigentümer zurück, und zwar befristet bis zum 31.12.2015. Aufgrund betrieblicher Belange des Mieters wurde die Laufzeit des Mietvertrages später auf den 31.12.2010 verkürzt. Der Mieter zahlte einen dafür vereinbarten Abfindungsbetrag an die Klägerin, die die Abfindungszahlung als nicht umsatzsteuerbar behandelte und dementsprechend keine Umsatzsteuer abführte. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass die Abfindung umsatzsteuerbar - und aufgrund der Option zur Umsatzsteuer in Bezug auf die "eigentlichen" Vermietungsumsätze - auch umsatzsteuerpflichtig sei. Finanzgericht und BFH sind der Auffassung des Finanzamts gefolgt.
  • Begründung: Verzichtet ein Vermieter im Interesse des Mieters auf seine vertragliche Rechtsposition gegen Zahlung einer Abfindung, so liegt ein so genannter Leistungsaustausch vor. Der Vermietung eines Grundstücks ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gleichzusetzen. Liegt eine steuerbare Verzichtsleistung vor, ist diese zwar von der Umsatzsteuer befreit, soweit sich der Verzicht auf eine umsatzsteuerfreie Vermietung bezieht. Die Verzichtsleistung ist dagegen steuerpflichtig, wenn eine wirksame Option zur Steuerpflicht hinsichtlich der Vermietungsumsätze vorliegt.

STEUERRAT: Der Sachverhalt ist von den Fällen abzugrenzen, in denen die vorzeitige Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses auf einer (fristlosen) Kündigung des Vermieters bzw. Verpächters beruht, weil sich der Mieter bzw. Pächter vertragswidrig verhalten hat. Dann kann eine eventuelle Zahlung als nicht umsatzsteuerbarer Schadensersatz zu beurteilen sein (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 16.1.2014, V R 22/13). Zugegebenermaßen kann die Abgrenzung zwischen - umsatzsteuerbarem - Leistungsaustausch und echtem Schadensersatz im Einzelfall aber schwierig sein. Beispielsweise ist beim BFH zu der Problematik noch die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 28.9.2017 anhängig (Az. 5 K 1117/16 U, Rev. BFH V R 47/17).

 

3. Absetzung für Abnutzung:
Kürzere Nutzungsdauer für Wohngebäude nachweisen

Auch wer einen Altbau erwirbt, den er zu Wohnzwecken vermieten möchte, darf üblicherweise nur 2 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes als Absetzungen für Abnutzung (AfA) geltend machen. Der Gesetzgeber unterstellt eine Nutzungsdauer von 50 Jahren. Bei Wohngebäuden, die bereits vor 1925 fertiggestellt worden sind, werden 40 Jahre und ein AfA-Satz von 2,5 Prozent zugrunde gelegt. In bestimmten Fällen dürfen zwar eine geringere tatsächliche Nutzungsdauer und damit ein höherer AfA-Satz beantragt werden. Doch die Voraussetzungen sind streng und den Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer muss der Hausbesitzer führen.

Üblicherweise verlangt die Finanzverwaltung entsprechende Gutachten und selbst diese werden wieder angezweifelt, denn für Wertermittlungen gibt es unterschiedliche Methoden. Der eine Gutachter stellt auf die Bausubstanz ab, der andere auf die wirtschaftliche Verwendung des Gebäudes. Und so kommt es, dass Streitfälle immer wieder vor Gericht landen, weil sich Fiskus und Steuerzahler nicht einigen können. Aber selbst die Finanzgerichte sind sich nicht einig, welches die richtige Grundlage für ein Wertgutachten darstellt.

AKTUELL hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass die kürzere Restnutzungsdauer für Wohngebäude gemäß Anlage 4 der Sachwertrichtlinie und damit durch Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer ermittelt werden darf, wobei Modernisierungen zu berücksichtigen sind. Ein Bausubstanzgutachten stelle hingegen kein sachgerechteres Verfahren für die Ermittlung der Nutzungsdauer eines Gebäudes dar (Urteil vom 12.7.2019, 3 K 3307/16 F).

Das FG Köln ist jedoch anderer Auffassung: Auszugehen sei in erster Linie von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer ist als die technische Nutzungsdauer, könne sich der Steuerpflichtige hierauf zwar berufen. Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer könne der AfA jedoch nur zugrunde gelegt werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist, d.h. wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist (Urteil vom 30.6.2016, 11 K 3657/14).

STEUERRAT: Gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt (Az. IX R 25/19). Betroffene sollten ihre Fälle also offen halten, bis gegebenenfalls der Bundesfinanzhof entschieden hat. Unabhängig davon gilt aber die Empfehlung, - wenn irgend möglich - im Vorfeld eine Einigung mit dem Finanzamt zu erzielen, denn selbst erfahrenste Sachverständige können keine klare Linie der Gerichte hinsichtlich der Würdigung ihrer Gutachten erkennen.

 

4. Baukindergeld:
Vorsicht, wenn Kinder selbst Wohneigentum erwerben wollen

Mit dem Baukindergeld wird der erstmalige Neubau oder Erwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung in Deutschland gefördert. Ist bereits selbstgenutztes, vermietetes, durch Nießbrauch genutztes, unentgeltlich überlassenes oder leerstehendes Wohneigentum zur Dauernutzung in Deutschland vorhanden, ist eine Förderung mit dem Baukindergeld ausgeschlossen. Dabei kommt es auf den "Haushalt", also auf alle Haushaltsmitglieder an. Wenn auch nur ein einziges Haushaltsmitglied bereits Wohneigentum besitzt, ist eine Förderung ausgeschlossen. Stichtag für dieses Kriterium ist das Datum des Kaufvertrags bzw. der Baugenehmigung oder Bauanzeige für die neu erworbene bzw. geschaffene Wohnimmobilie. Dadurch kann sich eine gemeine "Förderfalle" ergeben, wie nachfolgende Beispiele zeigen:

Beispiel:
Herr und Frau Müller leben in einer Mietwohnung. Sie sind Eltern einer minderjährigen Tochter und eines erwachsenen Sohnes. Letzterer will zuhause ausziehen und auch gleich eine Eigentumswohnung kaufen, da Kauf und Finanzierung günstiger sind als laufende Mietzahlungen. Da die Eltern nun weniger Wohnfläche benötigen, entscheiden sie sich, ihrerseits eine kleine Eigentumswohnung zu erwerben, in die sie nun einziehen möchten. Für die neue Eigentumswohnung möchten sie gerne das Baukindergeld für die noch minderjährige Tochter erhalten. Doch nun kommt es: Unterschreibt der Sohn "seinen" Kaufvertrag eher als die Eltern "ihren" Kaufvertrag und lebt er im Zeitpunkt der Unterschrift noch zuhause, entgeht den Eltern die Förderung. Das heißt: Wenn der Sohn seinen Kaufvertrag auch nur eine Sekunde vor den Eltern unterschrieben hat, entgeht den Eltern das Baukindergeld für den kompletten Förderzeitraum.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Das Gesagte gilt gleichermaßen, wenn ein minderjähriges Kind Wohneigentum erwirbt - oder auch bereits erworben hat.

Beispiel:
Die Eltern einer minderjährigen Tochter und eines ebenfalls noch minderjährigen Sohnes planen den Kauf einer Eigentumswohnung, die sie selbst nutzen und für die sie das Baukindergeld beantragen wollen. Kurze Zeit zuvor haben die Großeltern aber eine Mietwohnimmobile unmittelbar auf eines ihrer beiden Enkelkinder übertragen. Die Mieteinnahmen sollen zum Beispiel der Finanzierung des späteren Studiums dienen. Folge: Da sich bereits ein Wohneigentum im Besitz eines Haushaltsmitglieds befindet, gehen die Eltern beim Baukindergeld leer aus.

STEUERRAT: Es ist extreme Vorsicht angezeigt, wenn ein Haushaltsmitglied bereits vor seinem Auszug einen Kaufvertrag unterschreibt und die Eltern ihrerseits noch das Baukindergeld für ein oder mehrere Kinder beantragen möchten. Dabei ist es egal, dass das auszugswillige Kind bereits volljährig ist und die Eltern für dieses ohnehin kein Baukindergeld erhalten würden. Der renommierte Steuerrechtler Hans Günter Christoffel empfiehlt für diese Fälle, dass sich das Kind vor dem Kauf ummelden sollte (Zeitschrift "Gestaltende Steuerberatung" 9/2019). Wir schließen uns diesem Tipp an. Eventuell könnte das Kind für eine gewisse Zeit zu den Großeltern ziehen. Wir warnen aber vor einer Ummeldung nur zum Schein.

Weitere Informationen: Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld

 

VI. Renten und Pensionen

1. Grundsicherung:
Erhöhung des Freibetrages für Riester- und Betriebsrenten

Menschen, die bedürftig sind und die Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) erreicht haben oder dauerhaft erwerbsgemindert sind, erhalten die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 SGB XII - vergleichbar Hartz IV bei erwerbsfähigen bedürftigen Menschen. Eigenes Einkommen wird angerechnet, wobei hier bestimmte Freibeträge gelten:

  • Freibetrag für Erwerbseinkommen: 30 % des Einkommens aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit, höchstens jedoch 50 % der Regelbedarfsstufe 1 (2019: 212 EUR).
  • Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten: 200 EUR monatlich (gemäß § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b EStG).
  • Freibetrag für zusätzliche Altersvorsorge seit dem 1.1.2018 (§ 82 Abs. 4 und 5 SGB XII). Bei der Anrechnung auf die Grundsicherung bleibt von Betriebs-, Riester- und Rürup-Renten ein bestimmter Betrag anrechnungsfrei, und zwar ein Sockelbetrag von 100 EUR zuzüglich 30 Prozent des übersteigenden Betrages, höchstens jedoch 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 gemäß § 28 SGB XII (2019: 212 EUR). Das bedeutet: Der Rentner mit Grundsicherung darf eine solche Rente bis zum halben Hartz IV-Satz zusätzlich behalten.

AKTUELL steigen zum 1.1.2020 die Freibeträge für zusätzliche Altersvorsorge und für Erwerbseinkommen von 212 EUR auf 216 EUR. Denn im Jahre 2020 wird der Hartz IV-Regelsatz von 424 EUR auf 432 EUR angehoben.

HINWEIS: Der "Freibetrag für Erwerbseinkommen" beträgt bei der Grundsicherung im Alter 30 % des erzielten Einkommens, 2020 maximal 216 EUR. Demgegenüber gibt es beim "Arbeitslosengeld II" (Hartz IV) einen Freibetrag für Erwerbseinkommen von 100 EUR, darüber hinaus gehendes Einkommen wird zu 80 % bzw. zu 90 % angerechnet. Der Einkommensfreibetrag beträgt hier also maximal 330 EUR. Diese "Ungleichbehandlung" ist rechtens (BSG-Urteil vom 25.4.2018, B 8 SO 24/16 R).

AKTUELL wird mit ab dem 1.1.2020 der "Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten" in Höhe von monatlich 200 EUR ausgeweitet auf Taschengeld, das für einen Bundesfreiwilligendienst oder einen Jugendfreiwilligendienst gezahlt wird (§ 82 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, eingefügt mit dem "Gesetz zur Änderung des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften").

Bisher können lediglich 30 % des Taschengeldes abgesetzt werden, bei 200 EUR also 60 EUR monatlich. Künftig sind es 200 EUR. Mit diesem Gesetz wird die Regelung zur Anrechnung und Freilassung von Taschengeld in das SGB XII - Grundsicherung - eingeführt. Eine ähnliche Regelung besteht bereits im SGB II für Hartz-IV-Bezieher (§ 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II).

NEU: Freibetrag für gesetzliche Renten

Im Rahmen der aufstockenden "Grundsicherung im Alter" werden bisher Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich als Einkommen voll angerechnet. Die Einkommensanrechnung betrifft auch die Rente, die sich aus der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ergibt - und so auch voll die Mütterrente I und II.

AKTUELL soll ab dem 1.1.2020 für Rentner in der Grundsicherung, die 35 Jahre Beitragsjahre geleistet haben, ein "Freibetrag für die gesetzliche Rente" eingeführt werden: Bei der Grundsicherung bleibt von der gesetzlichen Rente (Altersrente, Witwenrente, Mütterrente I und II usw.) anrechnungsfrei ein Sockelbetrag von 100 EUR zuzüglich 30 Prozent des übersteigenden Betrages, höchstens jedoch 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 gemäß § 28 SGB XII (2020: 216 EUR).

Das bedeutet: Der Rentner mit Grundsicherung darf eine gesetzliche Rente bzw. Witwenrente bis zum halben Hartz IV-Satz zusätzlich behalten. Dieser Freibetrag wird zusätzlich zum "Freibetrag für zusätzliche Altersvorsorge" seit 2018 (Betriebs-, Riester- und Rürup-Renten) gewährt.

 

2. Rente:
Einführung einer Grundrente für Geringverdiener

Am 10. November 2019 haben sich CDU/CSU und SPD darauf verständigt, eine Grundrente in der Rentenversicherung einzuführen. Damit soll die Lebensleistung von Menschen anerkannt werden, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Die Grundrente soll auch einen Beitrag zum Schutz vor Altersarmut leisten. Sie soll jedenfalls höher sein als die Grundsicherung von derzeit rund 800 EUR.

  • Start: Die neue Grundrente wird für Bestands- und für Neurentner zum 1.1.2021 eingeführt. Ganz zufällig findet gerade in diesem Jahr wieder die Bundestagswahl statt.
  • Berechtigte: Rentner, die 35 Beitragsjahre geleistet haben und deren Beitragsleistung zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittseinkommens liegt (= Durchschnittswert an Entgeltpunkten zwischen 0,3 und 0,8), erhalten mit der Grundrente einen Zuschlag. Den Zuschlag bekommt, wer 35 Jahre "Grundrentenzeiten" vorweisen kann - das sind Pflichtbeitragszeiten für versicherte Beschäftigung und Tätigkeit, Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehung, Pflege und aufgrund der Antragspflichtversicherung für Selbstständige, rentenrechtliche Zeiten wegen des Bezugs von Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege sowie Ersatzzeiten.
  • Aufwertung der Entgeltpunkte: Entgeltpunkte sind die Werteinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, mit der der Rentenanspruch berechnet wird. Ein Durchschnittsverdiener bekommt pro Jahr einen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 EUR Rente und im Osten 31,89 EUR. Wenn die Entgeltpunkte im Schnitt der 35 Jahre nur zwischen 0,4 und 0,8 liegen, wird die Rente für höchstens 35 Jahre auf das Zweifache des EP-Durchschnittswertes, jedoch maximal auf 0,8 EP hochgewertet. Von dem Rentenzuschlag werden dann 12,5 Prozent abgezogen. Damit soll an das sog. Äquivalenzprinzip erinnert werden, wonach die Rente eigentlich von der Höhe der Beiträge abhängt.
  • Einkommensprüfung: Es soll eine "umfassende Einkommensprüfung" stattfinden. Dabei wird das "zu versteuernde Einkommen" unter Hinzurechnung des steuerfreien Anteils der Rente und aller Kapitalerträge zugrunde gelegt. Es gilt ein Einkommensfreibetrag in Höhe von monatlich 1.250 EUR für Alleinstehende und 1.950 EUR für Paare, unabhängig von der Veranlagungswahl. Im Falle eines Rentenbezuges im Ausland ist für die Leistungsgewährung ein entsprechender Einkommensnachweis Voraussetzung. Wie Kapitallebensversicherungen mit unterschiedlichen Auszahlungsweisen vergleichbar berücksichtigt werden, ist im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zu klären. Das Vermögen bleibt unberücksichtigt. Der Einkommensabgleich soll automatisiert und bürgerfreundlich durch elektronischen Datenaustausch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden erfolgen. Dazu aber muss ein entsprechender Datenaustausch neu aufgebaut werden. Noch offen ist, wie die Erfassung von Kapitalerträgen bei der Einkommensprüfung funktionieren soll, da die Abgeltungsteuer für Kapitalerträge von den Banken automatisch und anonym an die Finanzämter überwiesen wird.
  • Finanzierung: Die Finanzierung der Grundrente bleibt vorerst wolkig. Sie soll finanziert werden aus Steuern und ohne Beitragserhöhung in der Rentenversicherung. Entsprechend dazu soll der Bundeszuschuss in der allgemeinen Rentenversicherung erhöht werden. Als einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung soll eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden. Das Problem: Die Querfinanzierung der Rentenversicherung ist bereits der mit Abstand größte Posten im Bundeshaushalt und dürfte durch die Alterung der Gesellschaft noch deutlich zunehmen.

Beispiel:
Friseurin mit 40 Rentenbeitragsjahren, im Durchschnitt 0,4 EP pro Jahr.

Rente ohne Grundrente

Rente mit Grundrenten-Zuschlag

40 Jahre, durschnittlich 0,4 EP

 

40 Jahre x 0,4 EP = 16 EP

Zuschlag für 35 Beitragsjahre

(bis maximal 0,8 EP)

35 Jahre x 0,4 EP = 14 EP

Kürzung um 12,5 %:

14 EP ./. 1,75 (12,5 %) = 12,25 EP

x 33,05 EUR* (Rentenwert) = 528,80 EUR

x 33,05 EUR (Rentenwert) = 404,86 EUR

Monatliche Gesamtrente: 933,66 EUR

*) Rentenwert West 2019 = 33,05 EUR; Rentenwert Ost 2019 = 31,89 EUR

 

3. Berufsunfähigkeitsrente:
Leistung aus Vertreterversorgungswerk voll steuerbar

Viele Versicherungsvertreter erhalten im Ruhestand Zahlungen aus "ihrem" Vertreterversorgungswerk. Es stellt sich die Frage, ob die Leistungen als Renteneinkünfte mit einem geringen Ertragsanteil oder aber als - nachträgliche - gewerbliche Einkünfte voll zu besteuern sind und lediglich der Altersentlastungsbetrag zu gewähren ist.

AKTUELL hat das Finanzgericht Nürnberg entschieden, dass Berufsunfähigkeitsrenten aus einem Vertreterversorgungswerk als nachträgliche gewerbliche Einkünfte voll zu besteuern sind und nicht nur dem Ertragsanteil unterliegen (Urteil vom 25.7.2019, 6 K 1733/18).

  • Der Fall: Der Kläger gab die Tätigkeit für seine Versicherungsgesellschaft aufgrund seiner Berufsunfähigkeit im Mai 2003 auf und bezog seitdem eine Berufsunfähigkeitsrente aus dem Vertreterversorgungswerk. Diese war zunächst als Leibrente erklärt und versteuert worden. Doch nach einer genaueren Prüfung behandelte das Finanzamt die fraglichen Leistungen jeweils als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und besteuerte die Zahlungen von durchschnittlich rund 18.000 EUR pro Jahr in voller Höhe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
  • Die Leistungen aus der (Berufsunfähigkeits-)Rente aus dem Vertreterversorgungswerk seien als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln, da die Zahlungen mit der ehemaligen gewerblichen Tätigkeit als Versicherungsvertreter in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen - so die Finanzrichter. Die (Berufsunfähigkeits-)Rente beruhe im Übrigen nicht auf eigener Beitragsleistung des Klägers. Auch aus der Bemessung der Rentenbeträge nach Bestand des Vertreters und Tätigkeitsdauer ergäbe sich der Zusammenhang mit der früheren gewerblichen Tätigkeit, ebenso wie aus dem Umstand, dass in Höhe des Barwerts der Rente ein Ausgleichsanspruch nicht entsteht.

STEUERRAT: Das Urteil liegt auf einer Linie mit den Entscheidungen des FG Münster (Urteil vom 7.12.2000, 14 K 3127/99 E) und des FG Baden-Württemberg (Urteil vom 5.11.1997, 12 K 168/96). Auch wenn - soweit ersichtlich - noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu der Problematik vorliegt, kann aber wohl doch von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden. Für die Berufsunfähigkeitsrente wird im Übrigen keine Tarifermäßigung nach der so genannten Fünftel-Regelung gewährt, wohl aber der Altersentlastungsbetrag. Dieser wird steuermindernd berücksichtigt, wenn Sie im Jahr vor dem Steuerjahr das 64. Lebensjahr vollendet haben. Betroffen sollten darauf achten, dass sie den Altersentlastungsbetrag richtig einsetzen.

Weitere Informationen: Steuertipp der Woche Nr. 21: Altersentlastungsbetrag richtig einsetzen

 

VII. Selbstständige

1. Umsatzsteuer:
Verbesserung der Kleinunternehmerregelung

Gewerbetreibende und Freiberufler mit eher geringen Umsätzen können sich von den Unannehmlichkeiten der Umsatzsteuer befreien, wenn sie von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen (§ 19 Abs. 1 UStG). Die Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer können sie wählen, wenn ihr Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer

  • im Vorjahr nicht höher als 17.500 EUR war und
  • im laufenden Jahr voraussichtlich nicht höher als 50.000 EUR sein wird.

AKTUELL wird mit dem "Dritten Bürokratieentlastungegesetz" ab dem 1.1.2020 bei der Kleinunternehmerregelung die Vorjahres-Umsatzgrenze von 17.500 EUR auf 22.000 EUR angehoben (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG).

Kleinunternehmer können also bereits im Jahr 2019 (= Vorjahr) einen Umsatz bis 22.000 EUR erzielen und im Jahre 2020 dennoch die Anwendung der Kleinunternehmerregelung wählen.

STEUERRAT: Bei der Kleinunternehmerregelung handelt es sich um ein Wahlrecht. Sie haben also auch die Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren und dann die Vorteile des Vorsteuerabzugs zu nutzen. Diese Option, d.h. der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung, ist dann allerdings für fünf Jahre bindend (§ 19 Abs. 2 UStG).

Weitere Informationen: Die Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer

 

2. Umsatzsteuer:
Erleichterung für Existenz- und Neugründer

Die Umsatzsteuer muss der Unternehmer selbst berechnen, anmelden und abführen. In den sog. Umsatzsteuer-Voranmeldungen sind die erzielten Netto-Umsätze und die daraus erhaltene Umsatzsteuer anzugeben. Davon können die Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer abgezogen werden, die in Eingangsrechnungen berechnet wurden. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraums abzugeben und dabei die Steuer selbst zu berechnen. Ergibt sich eine Zahlpflicht, muss die Umsatzsteuer ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt (zuzüglich Schonfrist von 3 Tagen) gezahlt werden.

Für die Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen gilt Folgendes:

  • Für Existenzgründer bzw. Neugründer gilt: Die Unternehmer müssen unabhängig von der Höhe ihrer Umsätze und vom Umsatzsteuerbetrag im Jahr der Unternehmensgründung und im Folgejahr die Umsatzsteuer-Voranmeldung monatlich abgeben (§ 18 Abs. 2 Satz 4 UStG).
  • Im Übrigen gilt folgende Regelung: Voranmeldungszeitraum ist der Kalendermonat, wenn die Umsatzsteuer im vergangenen Jahr mehr als 7.500 EUR (Umsatzsteuer abzüglich Vorsteuer) betragen hat. War die Steuerschuld im Vorjahr niedriger als 7.500 EUR, braucht die Voranmeldung nur vierteljährlich abgegeben zu werden, also bis zum 10. April, 10. Juli, 10. September des laufenden Jahres und 10. Januar des folgenden Jahres. Falls die Umsatzsteuer im Vorjahr gar weniger als 1.000 EUR betragen hat, kann das Finanzamt Sie von der Abgabepflicht einer Voranmeldung gänzlich befreien, und es genügt eine Jahres-Umsatzsteuererklärung.

AKTUELL wird mit dem "Dritten Bürokratieentlastungsgesetz" in den Jahren 2021 bis 2026 für Neugründer die Verpflichtung zur monatlichen Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung in den beiden ersten Jahren abgeschafft (§ 18 Abs. 2 Satz 6 UStG).

Falls der Unternehmer seine Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, ist die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen. Falls der Unternehmer seine Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, soll die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend sein.

Weitere Informationen: Die Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer

 

3. Künstlersozialversicherung:
Lektoren wissenschaftlicher Texte sind versichert

Der Lektorenberuf gehört regelmäßig zu den publizistischen Berufen und daher sind selbstständige Lektoren auch über die Künstlersozialkasse versichert. Allerdings ist seitens der Künstlersozialversicherung die Auffassung vertreten worden, dass lediglich bei einem stilistischen Lektorat dem Lektor ein hinreichender eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zukomme, während beim Wissenschaftslektorat die vorgegebene wissenschaftliche Methodik eine eigenschöpferische sprachliche Gestaltung des Textes durch den Lektor ausschließe. Eine der journalistischen oder schriftstellerischen Tätigkeit nahe kommende inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Schriftwerken sei nicht erkennbar. Gleiches galt für die Übersetzer wissenschaftlicher Texte. Folge: Die Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung wurde den betroffenen Personen verweigert.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht jedoch entschieden, dass auch Lektoren und Übersetzer wissenschaftlicher Texte Mitglied der Künstlersozialversicherung sein können bzw. Pflichtmitglieder sind (Urteil vom 4.6.2019, B 3 KS 2/18 R). Gerade bei wissenschaftlichen Texten könne sich die sprachliche Gestaltung als sehr kompliziert erweisen, da häufig besonders schwierige Inhalte differenziert und dennoch hinreichend verständlich darzustellen sind. Das werde vielfach der Grund dafür sein, dass der selbst fachlich versierte Autor einen Lektor beauftragt.

Bezüglich der Übersetzer führt das BSG aus, dass es nicht gerechtfertigt sei, Übersetzungen wissenschaftlicher Texte grundsätzlich nicht als publizistische Tätigkeiten anzuerkennen. Denn das Übersetzen komplexer wissenschaftlicher Texte erfordere in der Regel nicht nur eine präzise sprachliche Ausdrucksfähigkeit in beiden Sprachen, sondern auch ein durch hinreichendes Fachwissen geprägtes sprachliches Einfühlungsvermögen, um den Sinngehalt des Ausgangstextes vollständig zu erfassen. Fremdsprachenkenntnisse und Fachwissen einschließlich der Kenntnisse der Fachbegriffe in beiden Sprachen eröffnen dem Übersetzer den erforderlichen sprachlichen und inhaltlichen Gestaltungsspielraum. Ein grundlegender Unterschied sei diesbezüglich zwischen wissenschaftlicher Fachliteratur und künstlerischer Literatur nicht zu erkennen.

 

VIII. Schenkung und Erbschaft

1. Schenkung:
Kettenschenkung statt unmittelbarer Übertragung spart Steuern

Geschenktes schenkt man eigentlich nicht gleich weiter. Doch bei größeren Vermögenswerten kann der Umweg über die so genannte Kettenschenkung attraktive Steuervorteile bieten. Eine Kettenschenkung liegt vor, wenn Vermögenswerte in zwei aufeinander folgenden Schritten an zwei verschiedene Erwerber übertragen werden.

Beispiel:
Die Großeltern möchten Vermögen auf das Enkelkind übertragen: Bei direkter Schenkung beträgt der schenkungsteuerliche Freibetrag 200.000 EUR. Schenken die Großeltern erst an die Eltern, bleibt hingegen ein Betrag von 400.000 EUR steuerfrei. Schenkt anschließend das Kind das Vermögen weiter an das Enkelkind, kommt auch für diese Übertragung der Freibetrag von 400.000 EUR zum Tragen.

Doch drei ganz wesentliche Voraussetzungen müssen bei der Kettenschenkung erfüllt sein, damit sie als solche vom Finanzamt akzeptiert wird und auch tatsächlich die erhöhten Freibeträge gewährt werden:

  • Der Zwischenerwerber darf nicht zur Weitergabe des erhaltenen Vermögens verpflichtet sein.
  • Die erste Schenkung muss ausgeführt sein, bevor die zweite Schenkung vereinbart wird.
  • Jede Schenkung muss einzeln beurkundet werden, um den eigenständigen Charakter zu belegen.

Natürlich wecken Kettenschenkungen stets den Argwohn der Finanzbeamten. Und zugegeben: Fast immer sind die Großeltern in die Weiterschenkung eingeweiht. Zumeist entspricht sie sogar ihrem ausdrücklichen Willen. Dieser steht zwar - aus besagten steuerlichen Gründen - nicht explizit im Schenkungsvertrag. Aber er könnte sich aus einem anderen Dokument, z.B. dem Testament der Großeltern, ergeben.

AKTUELL hat das Finanzgericht Hamburg zugunsten der Beteiligten entschieden, dass es für die Annahme einer Kettenschenkung unschädlich ist, wenn die Weiterübertragung im Testament von Oma und Opa vorgesehen ist. Es bleibt also dabei, dass trotz des ausdrücklich geäußerten Willes im Testament die schenkungsteuerlichen Freibeträge optimal genutzt werden können (Urteil vom 20.8.2019, 3 K 123/18).

  • Der Fall: Die Mutter erhielt von ihrer Mutter eine Immobilie. Letztere behielt sich - gemeinsam mit ihrem Ehemann - ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundstück vor. Am gleichen Tag übertrug die Beschenkte einen Teil des Grundstücks unentgeltlich auf ihre eigene Tochter. Die Großeltern erklärten sich hiermit einverstanden. Die Mutter teilte dem Finanzamt mit, dass sie bezüglich der Verwendung des Grundstücksteils den vollen Entscheidungsspielraum gehabt habe. Sie sei nicht zur Weitergabe an ihre Tochter verpflichtet gewesen. Das Finanzamt hingegen ging von einer Weitergabeverpflichtung aus. Damit liege eine schädliche Kettenschenkung vor, so dass für Zwecke der Schenkungsteuer davon auszugehen sei, dass die Enkeltochter den Grundstücksteil direkt von der Oma erhalten habe. Die Anordnung der Weitergabe sei unter anderem dem Testament der Großeltern zu entnehmen. Dementsprechend wurde eine höhere Schenkungsteuer gegenüber der Enkeltochter festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.
  • Das bloße Einverständnis der Oma mit der Weiterschenkung durch die Mutter reiche nicht aus, um eine Zuwendung der Großmutter an die Enkelin annehmen zu können. Ein aufgrund der familiären Verbundenheit vermutetes abgestimmtes Verhalten der Vertragsbeteiligten sei als solches ebenfalls nicht geeignet, die Schenkungen in schenkungsteuerlicher Hinsicht abweichend von der Zivilrechtslage zu beurteilen. Dies gelte auch bei einem etwaigen Interesse der Großeltern, ihr Vermögen nicht nur ihrer Tochter, sondern zum Teil auch der Enkelin zuzuwenden. Auch aus dem gemeinschaftlichen Testament lasse sich keine derartige Weitergabeverpflichtung herleiten.

Weitere Informationen: Schenkungsteuer: Mittels Kettenschenkung Steuern sparen

 

IX. Steuergrundlagen

1. Solidaritätszuschlag:
Abschaffung für die meisten Bürger - aber erst 2021!

Das Bundestag hat am 14.11.2019 die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags beschlossen: Nicht schon 2020, sondern erst 2021(!) - rein zufällig findet im Jahre 2021 die Bundestagswahl statt - soll der Solidaritätszuschlag für 90 Prozent der Steuerzahler entfallen, weitere 6,5 Prozent werden teilweise entlastet, und 3,5 Prozent müssen ihn vorerst komplett weiterzahlen. Die Einnahmeausfälle 2021 werden 9,8 Milliarden Euro betragen - etwas mehr als die Hälfte des Gesamtaufkommens. Aufgepasst: Der Soli wird nicht zu 90 Prozent, sondern nur gut zur Hälfte abgeschafft, denn die andere Hälfte in Höhe von rund 9 Milliarden EUR müssen die restlichen 10 Prozent der Steuerzahler weiterhin stemmen ("Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995").

Das sind die neuen Regelungen ab 1.1.2021:

  • Freigrenze (Nullzone): Die Grenze, bis zu der kein Solidaritätszuschlag anfällt, wird angehoben. Der Solidaritätszuschlag entfällt, wenn die Einkommensteuer nicht höher ist als
    16.956 EUR bei Alleinstehenden (bisher: 972 EUR),
    33.912 EUR bei Verheirateten (bisher: 1.944 EUR). (§ 3 Abs. 3 SolzG).
    Das bedeutet: Bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 61.717 EUR bzw. 123.434 EUR (Alleinstehende/Verheiratete) wird kein Soli mehr fällig. Die Beträge für das Lohnsteuerabzugsverfahren werden dementsprechend angepasst.
  • Übergangsbereich (Milderungszone): Übersteigt die tarifliche Einkommensteuer die Freigrenze, wird der Solidaritätszuschlag nicht sofort in voller Höhe von 5,5 % erhoben, sondern wächst mit steigendem Einkommen. Innerhalb der Milderungszone zwischen 16.956 EUR und 31.528 EUR (Alleinstehende) bzw. zwischen 33 912 EUR und 63.056 EUR (Verheiratete) beträgt der Soli nunmehr als 11,9 % (bisher: 20 %) des Unterschiedsbetrages zwischen dem Einkommensteuerbetrag und der Nullzone. Das bedeutet: Bei einem zu versteuernden Einkommen zwischen 61.717 EUR und 96.409 EUR (Alleinstehende) bzw. zwischen 123.434 EUR und 192.818 EUR (Verheiratete) steigt der Soli auf bis zu 5,5 % an. Dadurch wird die Mehrheit der noch verbleibenden Soli-Zahler ebenfalls entlastet. Die "Milderungszone" im Anschluss an die Freigrenze vermeidet einen Belastungssprung und stellt einen kontinuierlichen Anstieg der Gesamtbelastung durch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag sicher.
  • Belastungszone: Auf sehr hohe Einkommen oberhalb der neuen Milderungszone ist der bisherige Solidaritätszuschlag unverändert zu entrichten. Das ist der Fall, wenn das zu versteuernde Einkommen über 96.409 EUR (Alleinstehende) bzw. 192.818 EUR (Verheiratete) liegt.

Der Solidaritätszuschlag ab 2021 

 

Einkommensgrenzen (brutto)

 

Alleinstehende

Eheleute ohne Kinder

Eheleute mit 2 Kindern

einer verdient

beide verdienen gleich

einer verdient

Nullzone

(kein Soli)

bis 73.000 EUR

bis 136.000 EUR

bis 148.000 EUR

bis 151.000 EUR

Milderungszone

(0 bis 5,5 %)

bis 109.000 EUR

bis 206.000 EUR

bis 219.000 EUR

bis 221.000 EUR

Belastungszone

(voller Satz 5,5 %)

ab 109.000 EUR

ab 206.000 EUR

ab 219.000 EUR

ab 221.000 EUR

Pauschale Lohnsteuer: Der Solidaritätszuschlag wird als Ergänzungsabgabe auch zur pauschalen Lohnsteuer erhoben. Die Nullzone und der Übergangsbereich kommen hierbei nicht zur Anwendung, sodass insoweit keine Entlastung ab 2021 eintritt.

Kapitalerträge: Bei Sparern und Aktionären wird der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent weiterhin auf die Abgeltungsteuer erhoben, sobald der Sparerfreibetrag von 801 EUR bzw. 1.602 EUR ausgeschöpft ist.

 

2. Einspruch, Klage:
Fristablauf trotz defekten Faxgeräts von Behörde oder Gericht

Für einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid oder eine Klage vor dem Finanzgericht gilt jeweils eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids oder der Einspruchsentscheidung. Natürlich sollte die Frist nicht unbedingt bis zum letzten Tag ausgereizt werden. Aber manchmal geht es halt nicht anders und kurz vor Toresschluss wird dann der Einspruch oder die Klage übermittelt. Sie muss aber tatsächlich innerhalb der Frist beim Finanzamt oder beim Gericht eingegangen sein; es reicht nicht der Tag der Absendung. Doch was gilt, wenn ausgerechnet am letzten Tag der Frist das Faxgerät des Finanzamts oder des Gerichts streikt? Verlängert sich die Frist in diesem Fall oder wird eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" gewährt?

AKTUELL hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass im Prinzip erst dann eine Wiedereinsetzung gewährt werden kann, wenn tatsächlich um 23.59 Uhr, also kurz vor Fristablauf, der Schriftsatz wegen einer Störung des Empfangsgeräts,- nachweislich - nicht übermittelt werden kann. Werden die Übermittlungsversuche hingegen bereits einige Stunden zuvor eingestellt, kommt eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht - und zwar selbst dann nicht, wenn über 50 (!) Versuche erfolglos geblieben sind (Urteil vom 20.8.2019, VIII ZB 19/18).

  • Der Fall: Ein Rechtsanwalt wollte beim Gericht einen Antrag auf Fristverlängerung für die Begründung einer Berufung stellen. Letzter Tag der Frist für die Begründung war der 21. November 2017. Doch an diesem Tag, genauer gesagt in der Zeit von 15.43 Uhr bis 19.22 Uhr, konnte der Schriftsatz nicht an das Gericht übermittelt werden, da dessen Faxgerät die Rückmeldung "besetzt" gegeben hatte. Der Rechtsanwalt ging davon aus, dass offensichtlich ein technischer Defekt des Empfangsgeräts vorgelegen habe. Immerhin habe er insgesamt mehr als 54 Übermittlungsversuche unternommen; weitere Versuche bis 23.59 Uhr könnten von ihm nicht verlangt werden. Erst am darauffolgenden Tag ist der Schriftsatz beim Gericht eingegangen. Doch dieses sah das Schreiben als verspätet an und gewährte auch keine Wiedereinsetzung. Der BGH hat die harte Haltung bestätigt.
  • Die Begründung des BGH hat es in sich: Die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes darf nicht vorschnell abgebrochen werden, wenn eine Übersendung zunächst - insbesondere wegen einer Belegung des Empfangsgeräts mit anderweitigen Sendungen - nicht gelingt. Denn hiermit muss der Rechtsanwalt, der sich für eine Übermittlung per Telefax entschieden hat, stets rechnen und ist deshalb gehalten, geeignete Vorkehrungen zu treffen. Deshalb ist von vornherein eine gewisse Zeitreserve einzuplanen und dürfen die Übermittlungsversuche grundsätzlich nicht vorschnell weit vor Fristablauf abgebrochen werden. Der Rechtsanwalt handelte schuldhaft, indem er am Tag des Fristablaufs bereits ab etwa 20.00 Uhr weitere Sendeversuche unterlassen und damit die Übermittlung vorzeitig abgebrochen hat. Es muss im Prinzip immer mit einer länger andauernden, durchgehenden Belegung des Faxgerätes gerechnet werden. Selbst wenn diese zweieinhalb Stunden beträgt, müssen - auch nach 20.00 Uhr - weitere Übermittlungsversuche unternommen werden.
  • Selbst wenn eine Mitarbeiterin des Gerichts erklärt, dass das Faxgerät in den vorherigen Wochen "immer wieder mal nicht" funktioniert hat, ergibt sich daraus nichts für eine (dauernde) Funktionsunfähigkeit am streitigen Tag. Eine allenfalls zeitlich beschränkte technische Störung des Empfangsgeräts befreit den Prozessbevollmächtigten nicht davon, alle noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung - hier in Form weiterer Übermittlungsversuche nach 20.00 Uhr - zu ergreifen.

MEINUNG: Das Urteil zeigt, dass Gerichte niemals Fehler machen. Schuld sind immer die anderen. Und die müssen die Fehler halt ausbügeln. Aber die Kritik hilft nichts: Letztlich bleibt nur die Empfehlung, stets so viel Zeit einzuplanen, dass Einspruch oder Klage noch auf dem Postweg übersandt oder notfalls persönlich in den Briefkasten eingeworfen werden können. Eine Klageerhebung per einfacher Email ist übrigens nicht zulässig (FG Köln, Urteil vom 25.01.2018, 10 K 2732/17). Die Einreichung von Klagen, Anträgen oder sonstigen Schriftsätzen auf digitalem Wege ist nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig (Nutzung eines zertifizierten DE-Mail-Zugangs oder des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs mit qualifizierter elektronischer Signatur).

 

X. Soziales

1. Krankenversicherung:
Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages

Seit 2015 müssen gesetzlich Krankenversicherte zusätzlich zum KV-Beitrag einen einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag zahlen, der je nach Krankenkasse unterschiedlich hoch ist. Dieser Zusatzbeitrag war bis 2018 alleine vom Versicherten zu tragen. Seit 2019 wird der Zusatzbeitrag wie der normale KV-Beitrag jeweils in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten bzw. Rentenversicherung und Rentnern getragen (geändert durch das "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" vom 11.12.2018).

Doch für bestimmte Personengruppen gilt nicht der kassenindividuelle Zusatzbeitrag, sondern ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag, der jährlich zum 1. November vom Bundesministerium für Gesundheit bekannt gegeben wird. Dieser Beitragssatz wird erhoben von Versicherten, bei denen der allgemeine Krankenversicherungsbetrag von Dritten getragen wird. Im Jahre 2019 beträgt der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz 0,9 Prozent (§ 242a SGB V).

Ab dem 1.1.2020 wird der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz von 0,9 Prozent auf 1,1 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen angehoben. Es ist anzunehmen, dass viele Krankenkassen auch den kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz anheben werden (Bundesanzeiger vom 28.10.2019).

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz gilt beispielsweise für Bezieher von Arbeitslosengeld II, behinderte Menschen in Behindertenwerkstätten, Teilnehmer, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten, sowie Auszubildende mit einer Vergütung bis höchstens 325 EUR monatlich. Auch bei Midijobs wird der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz für die Berechnung des Faktor F im Übergangsbereich zwischen 450 EUR und 1.300 EUR zugrunde gelegt.

  • Zusatzbeitrag bei Auszubildenden: Liegt die Ausbildungsvergütung unter der Geringverdienergrenze von 325 EUR im Monat, hat der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe allein zu tragen. Er hat also nicht nur den allgemeinen KV-Beitrag alleine zu tragen, sondern auch den Zusatzbeitrag, der sich nach dem durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz bemisst.
  • Zusatzbeitrag bei Minijobbern: Bei geringfügig Beschäftigten mit einem Monatsverdienst unter 450 EUR wird ein Zusatzbeitrag nicht erhoben. Der Arbeitgeber zahlt unverändert die Pauschalabgabe an die Minijobzentrale in Höhe von 30 % im gewerblichen Bereich, davon 13 % für die Krankenversicherung und 15 % für die Rentenversicherung. Im Haushaltsbereich beträgt die Pauschalabgabe 12 %, davon jeweils 5 % für die Kranken- und Rentenversicherung.
  • Zusatzbeitrag bei Studenten: Für Studenten, die in der studentischen Krankenversicherung versichert sind, gilt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag.
  • Zusatzbeitrag beim Arbeitgeberzuschuss: Bei Arbeitnehmern, die privat krankenversichert oder in der GKV freiwillig versichert sind, beträgt der KV-Zuschuss des Arbeitgebers die Hälfte des Betrages, der sich unter Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen und des beitragspflichtigen Gehalts ergibt, höchstens die Hälfte des tatsächlich zu zahlenden KV-Beitrages. Seit 2019 übernimmt der Arbeitgeber bei freiwilligen Mitgliedern der GKV auch die Hälfte des kassenindividuellen Zusatzbeitrages und bei privat Versicherten die Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitrages (§ 257 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB).
  • Zusatzbeitrag bei ehemaligen Zeitsoldaten: Seit dem 1.1.2019 wird Soldaten auf Zeit, die aus dem Dienst ausscheiden, ein einheitlicher Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht (§ 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V). Zudem erhalten diese Personen während des Bezugs von Übergangsgebührnissen nach dem Ende ihrer Dienstzeit einen Zuschuss zu den KV-Beiträgen, der anstelle der bisherigen Beihilfe geleistet wird, sowie die Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitrages (§ 257 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 11b Soldatenversorgungsgesetz).

STEUERRAT: Wenn eine Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag erhebt oder wenn sie den Zusatzbeitragssatz erhöht, haben die Versicherten ein Sonderkündigungsrecht. Sie können die Mitgliedschaft bis zum Ablauf des Monats kündigen, für den der (erhöhte) Zusatzbeitrag erstmals erhoben wird. Die Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Mitglieder vor der erstmaligen Erhebung eines Zusatzbeitrags oder Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes auf die Möglichkeit des Sonderkündigungsrechts, auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a SGB V sowie auf die Übersicht des GKV-Spitzenverbandes zu den Zusatzbeitragssätzen der Krankenkassen hinzuweisen. Falls der neu erhobene Zusatzbeitrag oder der erhöhte Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz übersteigt, muss die Krankenkasse zusätzlich darauf hinweisen, dass ein Wechsel in eine günstigere Krankenkasse möglich ist.

Wie hoch der neue kassenindividuelle Zusatzbeitrag Ihrer Krankenkasse für das Jahr 2020 ist, können Sie auf der Website des GKV-Spitzenverbandes einsehen. Der GKV-Spitzenverband ist verpflichtet, eine laufend aktualisierte Übersicht der Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen (§ 242 Abs. 5 SGB V).

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