Ob eine auswärtige Einsatzstelle als "erste Tätigkeitsstätte" oder als "Auswärtstätigkeit" zu beurteilen ist, macht steuerlich einen großen Unterschied: Davon hängt ab, ob Fahrten lediglich mit der Entfernungspauschale (30 Cent je Entfernungs-km) oder mit der Dienstreisepauschale (30 Cent je Fahrt-km) absetzbar sind, ob Verpflegungspauschbeträge berücksichtigt werden oder nicht, ob der Arbeitgeber nur Fahrtkostenzuschüsse gewähren darf und diese pauschal versteuern muss oder ob er die gesamten Reisekosten steuerfrei zahlen darf, ob für einen Firmenwagen ein Nutzungswert versteuert werden muss oder nicht. Die Annahme einer "Auswärtstätigkeit" ist demnach steuerlich vorteilhaft. Das Finanzgericht Münster hat diesbezüglich eine interessante Entscheidung gefällt.

Zur Abgrenzung zwischen einer "ersten Tätigkeitsstätte" und einer "Auswärtstätigkeit" gilt:

  •  "Erste Tätigkeitsstätte" ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 EStG). Eine dauerhafte Zuordnung zur "ersten Tätigkeitsstätte" erfolgt im Allgemeinen durch den Arbeitgeber anhand von arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen, Absprachen und Weisungen, gleichgültig ob in schriftlicher oder mündlicher Form.
  • Eine dauerhafte Zuordnung zur "ersten Tätigkeitsstätte" ist - auch ohne ausdrückliche Bestimmung des Arbeitgebers - insbesondere dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer an einer Arbeitsstätte längerfristig tätig werden soll. Dies ist der Fall, wenn er unbefristet ("bis auf Weiteres"), für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses (befristet oder unbefristet) oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten dort tätig werden soll.

Das bedeutet: Alle Zuordnungen (Versetzungen, Abordnungen, Kommandierungen), die von Beginn an befristet für längstens 48 Monate erfolgen, begründen noch keine "erste Tätigkeitsstätte", sondern eine steuerlich vorteilhaftere "Auswärtstätigkeit". Bei aneinandergereihten Abordnungen (Kettenabordnungen) ist - so der Fiskus - keine dauerhafte Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte gegeben, wenn die einzelne Abordnung jeweils einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten umfasst. Die auswärtige Tätigkeitsstätte mutiert also nicht zu einer neuen "ersten Tätigkeitsstätte" (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 18).

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster die Auffassung des Fiskus bestätigt und entschieden, dass eine wiederholte befristete Zuordnung zu einer Baustelle von jeweils weniger als 48 Monaten dort keine "erste Tätigkeitsstätte" begründet, auch wenn der Einsatz insgesamt ununterbrochen länger als vier Jahre andauert (FG Münster vom 25.3.2019, 1 K 447/16).

  • Der Fall: Ein angestellter Elektromonteur war seit 2010 ununterbrochen auf der Baustelle des Auftraggebers seines Arbeitgebers eingesetzt. Der Auftraggeber hatte dabei jeweils befristete Aufträge an den Arbeitgeber von längstens 36 Monaten erteilt. Auf dieser Grundlage wurde auch der Monteur auf der Baustelle eingesetzt. Der Arbeitgeber hatte den Monteur im Arbeitsvertrag keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet. Der Monteur machte in seiner Steuererklärung Reisekosten nach den Regeln der Auswärtstätigkeit geltend.
  • Nach Auffassung der Richter hatte der Monteur an der Baustelle keine "erste Tätigkeitsstätte", sondern übte eine "Auswärtstätigkeit" aus. Mangels arbeitsvertraglicher Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitgeber sei nach dem Gesetz maßgeblich, ob der Monteur der Baustelle für die Dauer des Dienstverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugewiesen worden sei. Hierfür sei nicht darauf abzustellen, dass der Monteur rückwirkend betrachtet mehr als 48 Monate auf der Baustelle tätig war. Vielmehr sei im Wege einer Prognosebetrachtung anhand objektiver Umstände zu prüfen, ob der Monteur davon ausgehen konnte, für einen so langen Zeitraum auf der Baustelle eingesetzt zu werden. Dies sei vorliegend aufgrund der stets befristeten Beauftragung seines Arbeitgebers durch den Auftraggeber nicht der Fall. Dementsprechend habe der Monteur insbesondere seine Wohnsituation nicht danach ausrichten können.

STEUERRAT: Bei wiederholt befristeten Zuordnungen (Versetzungen, Abordnungen, Kommandierungen), die jeweils weniger als 48 Monate dauern, liegt eine "Auswärtstätigkeit" vor. Somit können Fahrtkosten mit der Dienstreisepauschale oder mit den tatsächlichen Kosten sowie Verpflegungspauschbeträge für die ersten drei Monate und Übernachtungskosten als Werbungskosten abgesetzt oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.

Weitere Informationen: Wann liegt eine Auswärtstätigkeit vor?

Beachten Sie auch unsere weiteren Steuertipps in der Rubrik Steuertipp der Woche .