Eheleute, die getrennt leben, können letztmals für das Jahr der Trennung noch gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden und damit den Vorteil des günstigen Splittingtarifs nutzen. Dies ist immer dann vorteilhaft, wenn einer der beiden keine oder nur geringe Einkünfte hat. Doch in vielen Fällen sind die Ex-Partner so miteinander zerstritten, dass an eine Unterschrift zur Zusammenveranlagung nicht mehr zu denken ist. Und im Übrigen sieht einer der Partner auch oftmals Nachteile auf sich zukommen. Wenn seine Lohnsteuer nämlich nach der Steuerklasse V einbehalten wurde, so kann er bei der Einzelveranlagung zumeist mit einer hübschen Erstattung rechnen. Dass die Zusammenveranlagung für beide Ex-Partner zusammengerechnet die günstigere Variante ist, wird ihn dann nicht weiter interessieren, denn er schaut auf seinen eigenen Geldbeutel. Doch so einfach ist es nicht.

AKTUELL hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden, dass der Zusammenveranlagung auch in dem genannten Fall der vorigen Steuerklasse V zugestimmt werden muss. Ein Ehepartner ist auch nach der Trennung dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch dessen Steuerschuld verringert wird und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt ist. Dabei liegt die Betonung auf dem Wort "zusätzlichen". Dass sich allein die Steuererstattung für den einen Partner mindert, dessen Lohnsteuer nach der Steuerlasse V einbehalten worden ist, gilt insoweit nicht als "zusätzliche Belastung" (Beschluss vom 12.6.2019, Az. 13 UF 617/18).

  • Der Fall: Während des Zusammenlebens wurde der Lohn des Ehemanns aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und der Lohn der Ehefrau nach Steuerklasse V besteuert. Bei Abgabe der Steuererklärung waren die Partner aber bereits zerstritten. Insgesamt war zwar die - noch zulässige - Zusammenveranlagung die günstigere Variante. Allerdings war die gemeinsame Veranlagung für die Ehefrau nachteilig gegenüber einer Einzelveranlagung. Denn nachdem bei ihr im Jahr 2015 der Steuerabzug nach Lohnsteuerklasse V erfolgt war, hätte sie bei einer Einzelveranlagung eine hohe Steuererstattung erhalten. Doch die Richter des OLG sehen dennoch eine Pflicht, der Zusammenveranlagung zuzustimmen. Auch kann die Ehefrau keinen Ersatz ihres "Schadens" verlangen, den sie dadurch erleidet, dass ihr die von ihr gezahlte hohe Lohnsteuer nun nicht mehr allein angerechnet wird.
  • Begründung: Ehepartner sind einander grundsätzlich verpflichtet, die finanziellen Lasten des anderen nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehepartner ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert wird und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Das gilt auch bei getrennt lebenden Ehepartnern, wenn noch eine Zusammenveranlagung für die Zeit des Zusammenlebens verlangt wird. Hingegen kann ein Ehepartner nicht wegen des Scheiterns der Ehe von dem anderen den Betrag ersetzt verlangen, den er nach der im Vergleich zur getrennten Veranlagung ungünstigeren Lohnsteuerklasse V zuvor mehr gezahlt hat. Das Gesagte gilt jedenfalls bis zur Trennung.
  • Der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehepartner gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrbelastungen auszugleichen. Es bedarf deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich ein Ehepartner die Rückforderung der mit der Wahl der Steuerklasse V verbundenen steuerlichen Mehrbelastung für den Fall der Trennung vorbehalten will.
  • Eine solche Vereinbarung war in dem entschiedenen Fall nicht ersichtlich gewesen. Deshalb habe die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht von einem Ausgleich der im Falle der gemeinsamen Veranlagung bestehen bleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden können.

STEUERRAT: Kürzlich hatte auch das OLG Celle in dieser Richtung entschieden. Verletzt ein Ehegatte seine Verpflichtung, der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung der Ehegatten zuzustimmen, kann dem anderen Ehegatten ein Erstattungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB bzw. ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zustehen (Beschluss vom 9.4.2019, 21 UF 119/18).

Gleiches gilt übrigens später für den Abzug von eventuellen Unterhaltszahlungen im Rahmen des so genannten Realsplittings. Der Unterhaltsempfänger ist dazu verpflichtet, seine Zustimmung zum Realsplitting ("Anlage U") zu erteilen. Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass ein geschiedener oder getrennt lebender Ehegatte, der seine Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting verweigert, sich gegenüber dem unterhaltspflichtigen Ehegatten schadensersatzpflichtig machen kann (BGH-Urteil vom 13.4.1988, IVb ZR 46/87, HFR 1989 S. 322). Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Unterhaltsempfänger kann seine Zustimmung zum Realsplitting von einer Verpflichtung des Gebers abhängig machen, dass dieser ihm alle steuerlichen und außersteuerlichen Nachteile infolge der Versteuerung ausgleicht (BGH-Urteil vom 23.3.1983, NJW 1983 S. 1545).

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