Immobilienbesitzer, die eine Wohnung verbilligt vermieten, dürfen ihre Werbungskosten nur dann vollständig geltend machen, wenn die Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Ab 2021 gelten insoweit 50 Prozent, allerdings ist bei Mieten zwischen 50 und 65,9 Prozent der ortsüblichen Miete eine Überschussprognose erforderlich (§ 21 Abs. 2 EStG). Die ortsübliche Miete lässt sich grundsätzlich dem örtlichen Mietspiegel entnehmen. Was aber gilt, wenn es eine vergleichbare Wohnung im selben Haus gibt, die fremdvermietet ist und deren Miethöhe vom örtlichen Mietspiegel abweicht? Ist dann für die Prüfung der 66-Prozent-Grenze auf diese Vergleichsmiete abzustellen oder trotzdem auf den Mietspiegel? Beachten Sie hierzu ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs.

Im Oktober 2019 hatte das Thüringer Finanzgericht entschieden, dass für den Vergleich mit der ortsüblichen Marktmiete auf die Miete abzustellen ist, die der Vermieter von einem fremden Vermieter verlangt, der im selben Haus eine vergleichbare Wohnung nutzt (Urteil vom 22.10.2019, 3 K 316/19; vgl. SteuerSparbrief Juli-August 2020). Gegen das Urteil wurde die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Und siehe da: Der Vermieter war hiermit erfolgreich.

Es gilt nach Auffassung der obersten Finanzrichter: Die ortsübliche Marktmiete zur Prüfung der 66-Prozent-Grenze ist grundsätzlich auf der Basis des Mietspiegels zu bestimmen. Kann ein Mietspiegel nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, kann die ortsübliche Marktmiete per Gutachten, durch die Auskunft aus einer Mietdatenbank oder unter Zugrundelegung der Entgelte für zumindest drei vergleichbare Wohnungen ermittelt werden (BFH-Urteil vom 22.2.2021, IX R 7/20).

  • Der Fall: Eine Steuerzahlerin vermietete eine 57 qm große Eigentumswohnung mit Einbauküche im ersten Obergeschoss an ihre Tochter zu einem Mietpreis von monatlich 300 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 70 EUR. Sie vermietete eine nahezu identische Wohnung im zweiten Obergeschoss desselben Gebäudes an einen Fremdmieter für monatlich 500 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 78 EUR. Das Finanzamt berücksichtigte die Werbungskosten nur mit einem Anteil von 64,01 Prozent. Denn die zwischen der Mutter und ihrer Tochter vereinbarte Miete von 370 EUR für 57 qm betrage nur 64,01 Prozent und damit weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete von 578 EUR/Monat. Als Maßstab für die Ortsüblichkeit zog das Finanzamt die Miete für die vergleichbare, im selben Haus liegende, fremdvermietete Wohnung heran. Einspruch und Klage blieben erfolglos, obwohl die verbilligte Miete - laut Berechnung der Klägerin - weit über 80 Prozent der Marktmiete lag, wenn der örtliche Mietspiegel herangezogen worden wäre. Der BFH ist nun der Argumentation der Klägerin gefolgt und sieht einen Vorrang des Mietspiegels vor dem tatsächlichen Vergleich.
  • Begründung: Die Ableitung der ortsüblichen Marktmiete aus dem örtlichen Mietspiegel entspricht dessen Zweck. Er gehört zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete auf der Grundlage eines breiten Spektrums ermöglichen. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn bei einer Miete innerhalb der vom Mietspiegel vorgesehenen Spanne gleichwohl im Einzelfall ermittelt werden müsste, ob nicht ein anderer Wert innerhalb der Spanne der angemessenere wäre.
  • Der örtliche Mietspiegel kann allerdings ausnahmsweise nicht zugrunde gelegt werden, wenn er nicht regelmäßig an die Marktentwicklung angepasst wird oder an substanziellen Defiziten in der Datenerhebung leidet oder aus sonstigen substantiierten Gründen einen mangelhaften Erkenntniswert hat und daher im Einzelfall kein realitäts- und sachgerechtes Bild über die ortsübliche Marktmiete vergleichbarer Wohnungen wiedergibt. Entsprechendes gilt bei Sonderobjekten, die nicht dem im Mietspiegel definierten Anwendungsbereich unterfallen. Gibt ein Mietspiegel nur Richtwerte für das Mietniveau von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern an, weist das zu beurteilende vermietete Einfamilienhaus aber im Hinblick auf Größe und Ausstattung im Vergleich zu einer Mietwohnung keine Besonderheiten auf, so kann der Vergleichswert des Mietspiegels gleichwohl einen Anhaltspunkt für den Mietwert eines vergleichbaren Einfamilienhauses geben, der durch einen Zuschlag für die gesteigerte Wohnqualität beim Bewohnen eines Einfamilienhauses anzupassen ist.
  • Kann ein örtlicher Mietspiegel nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, kann auf einen der folgenden Ermittlungswege.zurückgegriffen werden, wobei jeder dieser Wege grundsätzlich gleichrangig ist:
    • ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S. des § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB,
    • die Auskunft aus einer Mietdatenbank i.S. des § 558a Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 558e BGB oder
    • die Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen i.S. des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB, wobei hier zumindest drei Wohnungen nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden müssen.

STEUERRAT:  Zu der Thematik gibt es auch ein Urteil des Finanzgerichts Köln, bei dem die Spanne zwischen Mietspiegel und "tatsächlicher" Vergleichsmiete noch wesentlich größer war: Der Vater besaß ein Mehrfamilienhaus mit vier kleinen Apartments. Jeweils ein Apartment überließ er an Tochter und Sohn. Die von den Kindern verlangte Miete lag im Bereich des Mietspiegels von rund 10 EUR/qm. Die Bruttomiete für die fremdvermieteten Wohnungen lag indes über 20 EUR/qm. Und die Tochter hat ihr Apartment unmittelbar nach Anmietung sogar zum Mietpreis von sage und schreibe 26,30 EUR/qm weitervermietet. Auch hier ging das Finanzamt ging davon aus, dass die ortsübliche Marktmiete nicht aus dem Mietspiegel abgeleitet werden könne; die Klage blieb erfolglos (Urteil vom 28.5.2020, 13 K 196/18, vgl. SteuerSparbrief Februar 2021). Leider ist das Urteil rechtskräftig geworden, so dass der BFH nicht auch über diesen Fall entscheiden muss. Ungeachtet dessen können sich Vermieter nun auf das aktuelle BFH-Urteil berufen, wenn bei ihnen die Werbungskosten gekürzt worden sind.

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