Wer ein Gebäude oder eine Eigentumswohnung kauft, erwirbt grundsätzlich auch den dazu gehörigen Grund und Boden mit. Falls die Immobilie vermietet ist oder vermietet werden soll, können die Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung (AfA) als Werbungskosten abgesetzt werden. Die AfA ist aber nur möglich auf den Gebäude-, nicht jedoch auf den Bodenanteil. Zu diesem Zweck muss der Gesamtkaufpreis auf das Gebäude und den Grund und Boden aufgeteilt werden. Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich eine vereinfachte Wertermittlung durch die Finanzverwaltung verworfen, zumal diese oftmals zu ungerechten Ergebnissen führte. Kann nun eine zu niedrige bemessene AfA nachgeholt werden?

Zum Hintergrund:

Wer ein Gebäude oder eine Eigentumswohnung kauft, erwirbt grundsätzlich auch den dazu gehörigen Grund und Boden mit. Falls die Immobilie vermietet ist oder vermietet werden soll, können die Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung (AfA) als Werbungskosten abgesetzt werden. Die AfA ist aber nur möglich auf den Gebäude-, nicht jedoch auf den Bodenanteil. Zu diesem Zweck muss der Gesamtkaufpreis auf das Gebäude und den Grund und Boden aufgeteilt werden. Zwar ist zu empfehlen, bereits im notariellen Kaufvertrag eine Aufteilung des Kaufpreises vorzunehmen. Das Finanzamt ist an diese Werte gebunden, "solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen" (BFH-Urteil vom 16.9.2015, IX R 12/14). Doch falls diese Aufteilung nicht erfolgt ist oder angezweifelt wird, greifen die Finanzbeamten auf eine Arbeitshilfe in Form einer Excel-Datei zurück, die das Bundesfinanzministerium zur Verfügung stellt. Danach erfolgt die Kaufpreisaufteilung in einem typisierten Verfahren. Doch der Bundesfinanzhof hat die erwähnte Arbeitshilfe im Prinzip verworfen. Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Boden und Gebäude, die die realen Verhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, könne nicht durch die nach Maßgabe der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen werden (BFH-Urteil vom 21.07.2020, IX R 26/19).

In aktuellen Streitfällen bietet das Urteil des BFH eine gute Grundlage, um einen höheren Gebäudeanteil und damit eine höhere AfA durchzusetzen. Das dürfte gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten wichtig sein, denn hier hat die Finanzverwaltung gerade beim Kauf von Eigentumswohnungen sehr häufig einen hohen Bodenanteil und einen recht geringen Gebäudeanteil ermittelt, so dass die AfA niedrig, mitunter zu niedrig, ausfiel.

Doch wie sieht es in den Altfällen aus?

Können nun Altfälle, in denen die Aufteilung bereits rechtskräftig vorgenommen und eine möglicherweise zu geringe AfA abgezogen wurde, neu aufgerollt werden? Antwort: Üblicherweise wird man die alten Steuerbescheide nicht mehr anfechten können, es sei denn, diese sind ausnahmsweise unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder speziell in dem Punkt "AfA" vorläufig ergangen. Doch damit ist die "teilweise unterlasse" AfA nicht endgültig verloren, denn die AfA darf nachgeholt werden.

Beispiel:
Frau Steuerle hat im Jahre 2014 eine vermietete Eigentumswohnung erworben. Ihres Erachtens hätte der Gebäudeanteil 200.000 EUR und der Anteil des Grund und Bodens nur 50.000 EUR betragen müssen. Doch das Finanzamt ist von diesem Wert gemäß seiner Arbeitshilfe abgewichen und hat einen Gebäudewert von nur 150.000 EUR und einen Grund und Boden-Anteil von 100.000 EUR angesetzt. Dementsprechend ist die AfA in den Jahren 2014 bis 2020 jeweils mit 2 % von 50.000 EUR = 1.000 EUR zu niedrig ausgefallen. Frau Steuerle kann den höheren Gebäudeanteil anhand der Grundsätze des aktuellen BFH-Urteils auch tatsächlich glaubhaft machen. Ist die AfA für die ersten Jahre verloren?

Nein, das ist sie nicht. Zwar können die Bescheide 2014 bis 2020, wenn sie rechtskräftig sind, nicht mehr geändert aber. Aber: Ab dem Jahre 2021 ist die "neue", man kann auch sagen die "korrekte" Bemessungsgrundlage von 200.000 EUR für die AfA anzusetzen, so dass nun 2 % von 200.000 EUR = 4.000 EUR statt 2 % von 150.000 EUR = 3.000 EUR abgezogen werden dürfen. Vor allem aber: Die in den ersten sieben Jahren zu niedrig angesetzte AfA wird nach Ablauf der gesetzlichen Nutzungsdauer berücksichtigt. Das heißt, der Abschreibungszeitraum verlängert sich insoweit.

STEUERRAT: Es ist zugegebenermaßen nicht zu erwarten, dass sich die Finanzverwaltung kampflos geschlagen gibt. Weder hat sie Lust, erneut über die Bemessungsgrundlage für die AfA zu diskutieren, noch will sie unterlassene AfA nachholen. Doch wer sich sicher ist, dass der Gebäudeanteil zu niedrig angesetzt wurde, sollte aktuelle Bescheide anfechten und nicht rechtskräftig werden lassen. Legen Sie Ihre Berechnung dar und begründen diese. Fordern Sie das Finanzamt auf, notfalls den Bausachverständigen der Finanzverwaltung einzuschalten. Zwar können Sie auch selbst einen Gutachter beauftragen, doch die Kosten werden sie vermutlich nicht erstattet bekommen. Der Nutzen wird die Kosten hier wohl nur bei hohen Streitbeträgen überwiegen. Zur Frage der AfA-Nachholung sollten Sie das Finanzamt auf folgende Fundstelle hinweisen: EStH H 7.4; Stichwort "Unterlassene oder überhöhte AfA".

STEUERRAT: Unabhängig von den hier dargestellten Fragen gilt natürlich weiterhin die Empfehlung, die Weichen von Beginn an richtig zu stellen. Dies ist am leichtesten möglich, wenn Sie bereits im Notarvertrag den Kaufpreis auf Grund und Boden und Gebäude aufteilen.

STEUERRAT: Die Finanzverwaltung hat ihre Arbeitshilfe mitlerweile angepasst. Ob sie aber den Anforderungen des BFH genügt, ist sehr fraglich.

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