In vielen Berufen besteht ein erhöhtes Risiko, für Fehler aus der Berufstätigkeit in Haftung genommen zu werden. Eine Berufshaftpflichtversicherung schützt dann im Schadensfall vor den finanziellen Folgen. Die Beiträge zu einer solchen Versicherung sind bei selbstständig Tätigen als Betriebsausgaben abziehbar. Doch was gilt, wenn Arbeitgeber die Beiträge für ihre Arbeitnehmer übernehmen oder die Mitarbeiter über ihren Chef mitversichert sind? Liegt dann insoweit lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn? Oder ist ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers gegeben, das nicht zu einem geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers führen würde. Die Frage stellt sich gleichermaßen bei der Übernahme von Kammerbeiträgen und Mitgliedsbeiträgen für Berufsverbände.

1. Kostenübernahme zur Berufshaftpflicht bei Rechtsanwälten

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof zwei Entscheidungen zur Kostenübernahme in Rechtsanwaltssozietäten gefällt, die für Klarheit sorgen (BFH-Urteile vom 1.10.2020, VI R 11/18 und VI R 12/18). Danach gilt: Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten.

  • Sofern der Arbeitgeber für einen angestellten Rechtsanwalt die Beiträge zu dessen - zwingend erforderlicher - Berufshaftpflichtversicherung übernimmt, liegt daher steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.
  • Soweit angestellte Rechtsanwälte in die Versicherung der Sozietät einbezogen sind und sich eigene Beiträge mithin ersparten, stellt der Prämienanteil Arbeitslohn dar - aber nur, soweit er auf die vorgeschriebene Mindestversicherungssumme entfällt.
  • Ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse liegt vor, soweit der Arbeitgeber eine Versicherungssumme gewählt hat, die über dem Mindestversicherungsschutz liegt, also eine Höherversicherung abgeschlossen hat.

Schon länger entschieden ist im Übrigen, dass die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GmbH und einer Rechtsanwalts-GbR nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten führt (BFH-Urteil vom 19.11.2015, BStBl 2016 II S. 303; BFH-Urteil vom 10.3.2016, BStBl 2016 II, 621; SenFin Berlin v. 22.9.2016, III B-S 2332-3/2008).

Fazit: Verfügt der angestellte Anwalt bereits über eine eigene Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, ist ein Einbezug in die Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers lohnsteuerlich unerheblich. Verfügt er selbst nicht über eine Versicherung, sondern ist beim Arbeitgeber mitversichert, darf ein geldwerter Vorteil üblicherweise nur in Höhe der Versicherungsprämie für einen Mindestversicherungsschutz angenommen werden. Etwas anderes gilt, wenn der Anwalt seinerseits im nennenswerten Umfang nebenberuflich tätig wäre. Dann könnte auch die übernommene Höherversicherung zu Arbeitslohn führen; das wird aber nur ausnahmsweise der Fall sein.

2. Was gilt bei anderen Freiberuflern?

Das Besondere bei Rechtsanwälten ist, dass diese stets verpflichtet sind, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Zwar kann die Pflichtversicherung auch in der Form bereitgestellt werden, dass sich die Gesellschaft versichert, in der der Rechtsanwalt tätig ist. In diesem Fall ist nicht erforderlich, dass der einzelne Rechtsanwalt sich zusätzlich in Höhe der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestdeckung selbst durch eine getrennte Police versichert. Allerdings genügt eine Sozietätsdeckung nur dann der Versicherungspflicht, wenn der angestellte Rechtsanwalt auch dann Versicherungsschutz genießt, falls er ausnahmsweise außerhalb der Sozietät tätig wird. Das ist ein gravierender Unterschied zu vielen anderen Freiberuflern.

Angestellte Steuerberater beispielsweise sind nicht eigenständig versicherungspflichtig. Vielmehr umfasst die Berufshaftpflichtversicherung, zu deren Abschluss der ihn beschäftigende Steuerberater verpflichtet ist, auch die aus der Berufstätigkeit seiner Angestellten ergebenden Haftpflichtgefahren. Mithin führt die Beitragserstattung des Arbeitgebers für eine Versicherung eines angestellten Steuerberaters bei diesem nicht zu Arbeitslohn (SenFin Berlin vom 7.7.2009, III B-S 2506-1/2007, DStR 2009, 1828).

Das Gleiche gilt bei angestellten Klinikärzten. Deren Mitversicherung in der Betriebshaftpflichtversicherung eines Krankenhauses führt ebenfalls nicht zu Arbeitslohn, weil die Mitversicherung keine Gegenleistung für die Beschäftigung ist. Da für angestellte Ärzte keine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung besteht, liege kein geldwerter Vorteil vor (BFH 19.11.2015, BStBl 2016 II S. 301).

3. Übernahme von Beiträgen zu Kammern und Berufsverbänden

Die Übernahme der Kammerbeiträge durch den Arbeitgeber führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn eines angestellten Rechtsanwalts. Ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Kanzlei scheidet aus - so der BFH im oben zitierten Urteil VI R 11/18. Für andere Kammerberufe dürfte dies sinngemäß gelten. Und auch die Übernahme der Beiträge zu einem Berufsverband, etwa zum Deutschen Anwaltverein, beurteilt die Rechtsprechung als Arbeitslohn. Die personenbezogene Mitgliedschaft in einem Interessenverbund liegt nach Ansicht des BFH nicht im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern in beträchtlichem Umfang auch im Interesse der Arbeitnehmer. Ob und inwieweit ein Anwalt als Vereinsmitglied die entsprechenden Vorteile der Mitgliedschaft tatsächlich in Anspruch nimmt, sei dabei unerheblich.

STEUERRAT: Wenn der Arbeitgeber die Kosten trägt und der Arbeitnehmer diese versteuern muss, liegen beim Mitarbeiter Werbungskosten vor, denn die - lohnsteuerpflichtige - Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber stellt de facto einen abgekürzten Zahlungsweg dar. Sofern der Arbeitnehmer also ohnehin Werbungskosten oberhalb des Arbeitnehmer-Pauschbetrages hat, ist unterm Strich durch die Kostenübernahme keine steuerliche Belastung gegeben. Eine Auswirkung ergibt sich dann allenfalls sozialversicherungsrechtlich. Bei Streitigkeiten mit dem Finanzamt sollte dieses auf folgende Fundstellen hingewiesen werden: BFH-Urteil vom 15.11.2005, BStBl II 2006, 623; EStH H 4.7 und R 9.1 Abs. 4 Satz LStR). Ganz davon abgesehen: Praktikabel ist die Haltung des BFH natürlich nicht, denn es gibt auch Berufsverbände mit "Firmenmitgliedschaften". Hier kann eine Aufteilung dann allenfalls im Schätzungswege erfolgen.

4. Das Bundessozialgericht muss noch entscheiden

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat entschieden, dass beitragsrechtlich Arbeitsentgelt auch in Höhe der übernommenen Beiträge vorliegt, die über den Versicherungsschutz hinausgehen (Urteil vom 11.3.2020, L 1 BA 27/18). Das Urteil ist noch vor den BFH-Urteilen ergangen, so dass die Sozialrichter die aktuelle Haltung der obersten Steuerrichter noch nicht kennen konnten. Immerhin ist derzeit die Revision beim Bundessozialgericht unter dem Az. B 12 R 1/20 R anhängig. Man darf gespannt sein, wie das BSG die Sache sieht. Vorerst sind Diskussionen mit den Prüfern der Sozialversicherung sicherlich vorprogrammiert.

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