Alleinerziehenden steht ein steuerlicher Entlastungsbetrag zu, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das sie Kindergeld oder den steuerlichen Kinderfreibetrag erhalten, und ansonsten im Haushalt keine andere erwachsene Person lebt (§ 24b EStG). 2020 bis 2022 beträgt der Entlastungsbetrag 4.008 EUR zuzüglich eines Erhöhungsbetrages für das zweite und jedes weitere Kind (jeweils 240 EUR).  Ab 2023 beträgt der Entlastungsbetrag 4.260 EUR zuzüglich eines Erhöhungsbetrages für das zweite und jedes weitere Kind (jeweils 240 EUR). Nach dem Willen der Finanzverwaltung soll der Entlastungsbetrag komplett verlorengehen, wenn Alleinerziehende heiraten und zusammenziehen. Das heißt, im Jahr der Eheschließung verlieren die Ehepartner eine hohe Steuerentlastung. Gleiches gilt im Jahr der Trennung von Ehegatten: Da sie noch das Splitting-Verfahren wählen können, sollen beide Elternteile keinen Entlastungsbetrag erhalten, wenn einer der beiden aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Doch hier gilt es unbedingt, zwei aktuelle Urteile des Bundesfinanzhofs zu beachten.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch zusammen veranlagte Ehegattenden Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung zeitanteilig in Anspruch nehmen können, sofern sie vor der Heirat nicht mit einer anderen volljährigen Person in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt haben (BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 57/20).

  • Der Fall: Frau A, alleinerziehend, heiratet am 17.12.2015 Herrn B, ebenfalls alleinerziehend. Am gleichen Tag ziehen die Ehegatten in eine gemeinsame Wohnung. Bei Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung für 2015 wählen sie die Zusammenveranlagung und beantragen für ihre Kinder jeweils den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Doch das Finanzamt verweigert die Entlastungsbeträge, da die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens gegeben sind.
  • Nach Auffassung der Richter sprechen Sinn und Zweck des Entlastungsbetrages für die Anwendung des Monatsprinzips im Jahr der Eheschließung und damit für die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrages.
  • In der Situation eines Alleinerziehenden befinden sich auch Steuerpflichtige, die vor der Heirat im Jahr der Eheschließung allein mit ihren berücksichtigungsfähigen Kindern leben und die in dieser Zeit die alleinige Verantwortung für Haushalt und Kinder tragen. Die damit typischerweise verbundenen Belastungen entstehen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sind, weil der Steuerpflichtige im selben Veranlagungszeitraum auch einige Tage/Monate mit seinem Ehegatten zusammenlebt. Die zeitanteilige Entlastung dieser Elternteile entspricht somit dem Gesetzeszweck.
  • Die entstandenen Belastungen entfallen nicht rückwirkend durch die Ehegattenveranlagung. Die Anwendung des Splitting-Verfahrens kompensiert den in der Versagung der Steuerentlastung liegenden Nachteil nicht. Das Splitting-Verfahren dient dazu, Ehen, in denen sich die Ehepartner für die Möglichkeit der Zusammenveranlagung entschieden haben, unabhängig von der Verteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten gleich zu besteuern. Die Zusammenveranlagung wirkt sich kaum aus, wenn beide Ehegatten erwerbstätig sind und Einkünfte in ähnlicher Höhe erzielen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass im Trennungsjahr der Entlastungsbetrag zeitanteilig für die Monate nach der Trennung zu gewähren ist, wenn die Einzelveranlagung gewählt wird und im Haushalt keine andere volljährige Person lebt (BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 17/20).

  • Nach Auffassung der Richter sprechen Sinn und Zweck des Entlastungsbetrages für die Anwendung des Monatsprinzips im Jahr der Trennung der Ehegatten und damit für die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrages.
  • In der Situation eines Alleinerziehenden befinden sich auch Steuerpflichtige, die nach der Trennung der Ehegatten im Trennungsjahr allein mit ihren berücksichtigungsfähigen Kindern leben und die in dieser Zeit die alleinige Verantwortung für Haushalt und Kinder tragen. Die damit typischerweise verbundenen Belastungen entstehen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens allein deshalb erfüllt sind, weil der Steuerpflichtige im selben Veranlagungszeitraum auch einige Tage/Monate mit seinem Ehegatten zusammengelebt hat. Die zeitanteilige Entlastung dieser Elternteile entspricht somit dem Gesetzeszweck.

STEUERRAT: Der Tenor des Urteils lautet: "Steuerpflichtige, die als Ehegatten nach §§ 26, 26a EStG einzeln zur Einkommensteuer veranlagt werden, können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Trennung zeitanteilig in Anspruch nehmen ...". Daraus kann geschlossen werden, dass die zeitanteilige Gewährung nur bei Wahl der Einzelveranlagung in Betracht kommt. Schaut man sich aber das BFH-Urteil III R 57/20 vom gleichen Tage an (siehe oben), kann gefolgert werden, dass der zeitanteilige Entlastungsbetrag auch bei Wahl der Zusammenveranlagung im Trennungsjahr zu gewähren ist. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich der BFH hier klarer ausgedrückt hätte.

Weitere Informationen: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende 

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