Wenn eine Immobilie auf Sohn oder Tochter übertragen wird, behalten sich die Eltern oftmals ein Nießbrauchs- oder ein Wohnrecht vor. Manchmal ändern sich aber die Lebensumstände und so kann es sinnvoll sein, ein Nießbrauchs- oder Wohnrecht abzulösen. Doch sind die Zahlungen für die Aufgabe eines solchen Rechts als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die Immobilie vermietet ist oder vermietet werden soll?  Nachfolgend stellen wir Ihnen die aktuelle Rechtsprechung vor, weisen aber auch auf steuerliche Risiken bei der Aufgabe von Rechten hin.

Ein Gebäude ohne irgendwelche Nutzungsrechte kann besser vermietet werden als ein Gebäude, das mit einem Wohnungsrecht belastet ist. Die Frage ist, ob Aufwendungen für die Ablösung eines Wohnungsrechts als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind oder ob sie zu den Anschaffungskosten des Grundstücks gerechnet werden und nur im Wege der AfA berücksichtigt werden.

Allgemeiner Rechtsgrundsatz: Aufwendungen sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzbar, wenn sie durch diese Einkünfte veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines noch zu renovierenden Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Vorausgesetzt, es besteht ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart.

Derartige - vorab entstandene - Aufwendungen sind jedoch nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es sich um Anschaffungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich auch für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 HGB. Anschaffungskosten sind danach diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen.

In jüngerer Zeit hat der Bundesfinanzhof Aufwendungen des Grundstückseigentümers zur Ablösung dinglicher oder schuldrechtlicher Nutzungsrechte Dritter zu den sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gerechnet, wenn sie dem Abschluss eines neuen Nutzungsüberlassungsvertrages und mithin der (künftigen) Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienten:

  • Aufwendungen für die Aufhebung eines Erbbaurechts wurden als vorab entstandene Werbungskosten anerkannt, da der Steuerpflichtige die Aufwendungen getätigt hatte, um ein mit einem höheren Erbbauzins verbundenes neues Erbbaurecht zu bestellen (BFH-Urteil vom 26.1.2011, IX R 24/10).
  • Zahlungen für den (schuldrechtlichen) Verzicht eines Angehörigen auf die Ausübung eines (unentgeltlichen) Wohnungsrechts wurden als vorab entstandene Werbungskosten anerkannt, da der Steuerpflichtige die aufgrund des Verzichts freigewordene Wohnung nunmehr vermieten konnte und damit die bisher gewährte unentgeltliche Nutzungsüberlassung durch eine entgeltliche ersetzte (BFH-Urteil vom 11.12.2012, IX R 28/12).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof die Aufwendungen für die Aufgabe des Wohnungsrechts als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt (BFH-Urteil vom 20.9.2022, IX R 9/21).

  • Der Fall: Der Kläger hatte im Jahr 2012 das Erbbaurecht für ein Grundstück erworben. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude (Doppelhaushälfte). Das Erbbaurecht war mit einem Wohnungsrecht zugunsten der A belastet. Im Jahre 2017 verzichte A gegen Zahlung einer einmaligen "Ausgleichsentschädigung" in Höhe von 40.000 EUR auf ihr Wohnungsrecht und verpflichtete sich, das Gebäude zu räumen. Nach einer umfassenden Renovierung wird die Doppelhaushälfte seit 2018 vom Kläger dauerhaft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Das Finanzamt wertete die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnungsrechts nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten des Wohngebäudes und berücksichtigte nur eine anteilige lineare AfA in Höhe von 2 Prozent.
  • Nach Auffassung des BFH ist ein für die Annahme vorab entstandener Werbungskosten erforderlicher, ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen, wenn der Berechtigte eines mit einem dinglich gesicherten Wohnungsrecht belasteten Erbbaurechts dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser der Löschung seines Wohnungsrechts zustimmt und das Gebäude räumt und es so erreicht, das Wohngebäude zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen. Mithin seien im Urteilsfall vorab entstandene Werbungskosten in Gestalt der Ausgleichsentschädigung (40.000 EUR) sowie auch der Notarkosten für die Beurkundung des Verzichts auf das Wohnungsrecht abzuziehen.

ACHTUNG: Zahlungen des Eigentümers für die Aufgabe eines Wohnrechts sind zu unterscheiden von Renovierungskosten, die die Kinder (= die Eigentümer) übernehmen, bevor das Wohnrecht entfällt. Im Jahre 2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Eigentümer Aufwendungen für sein Grundstück, das mit einem lebenslänglichen Nutzungsrecht belastetet ist, regelmäßig nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehen kann, solange ein Ende der Nutzung durch den Dritten nicht absehbar ist (BFH-Urteil vom 19.2.2019, IX R 20/17). In 2022 hat der BFH seine Linie fortgeführt: Aufwendungen, die der Eigentümer für eine wohnungsrechtsbelastete Immobilie erbringt, sind auch dann nicht als vorab entstandene Werbungskosten abzuziehen, wenn sie im Hinblick auf eine nach Erlöschen des Wohnungsrechts beabsichtigte Vermietung der Wohnung getätigt werden. Dies gilt jedenfalls, solange und soweit der Wohnungsrechtsinhaber einer Vermietung nicht zugestimmt und insoweit auf sein Wohnungsrecht verzichtet hat (BFH-Beschluss vom 15.9.2022, IX B 27/22; vgl. SteuerSparbrief Dezember 2022).

STEUERRAT: Die entgeltliche Ablösung eines Wohn- oder Nießbrauchsrechts kann einkommensteuerlich also vorteilhaft sein. Aber auch schenkungsteuerlich kann dies eher angebracht sein als der unentgeltliche Verzicht. Letzteres wäre nämlich eine - weitere - Schenkung an die Kinder, die auch der Schenkungsteuer unterliegt. Doch anders als man denken könnte, wird nun nicht der damalige Wert der Immobilie oder der seinerzeit ermittelte (und gegengerechnete) Kapitalwert versteuert. Vielmehr wird ein neuer Kapitalwert ermittelt, der sich wiederum nach den Erträgen der Immobilie und dem jetzigen Lebensalter der Eltern ermittelt. Das kann schenkungsteuerlich sehr teuer sein. Zumindest sollte man vorher genau ausrechnen (lassen), mit welcher steuerlichen Belastung bei der unentgeltlichen Ablösung eines Wohn- oder Nießbrauchsrechts zu rechnen ist, denn hier hat so mancher Steuerzahler schon eine böse Überraschung erlebt. Ausführliche Informationen zu dem Thema finden Sie in dem Beitrag Nießbrauch: Steuerliche Risiken bei Verzicht auf Vorbehaltsnießbrauch .

Weitere Informationen: Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung

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