Wird ein selbst genutztes Haus oder eine Eigentumswohnung verkauft, so bleibt ein Veräußerungsgewinn von der Einkommensteuer verschont. Ein Spekulationsgewinn ist auch dann nicht zu versteuern, wenn zwischen An- und Verkauf nur wenige Jahre vergangen sind. Voraussetzung ist aber, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen und ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (Alternative 1) oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (Alternative 2). Eine Vermietung gilt nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken und ist somit schädlich. Aber gilt das ausnahmslos? Das Niedersächsische Finanzgericht zeigte sich hier gnädig: Der Gewinn aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum sei auch dann in vollem Umfang von der Besteuerung ausgenommen, wenn in den Jahren vor der Veräußerung wiederkehrend einzelne Räume des Gebäudes lediglich an einzelnen Tagen an Messegäste vermietet wurden (Urteil vom 27.05.2021, 10 K 198/20). AKTUELL hat der Bundesfinanzhof das positive Urteil aber verworfen:

Wird ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Reihenhaus innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn insoweit nicht von der Besteuerung ausgenommen, als er auf tageweise an Dritte vermietete Räume entfällt (BFH-Urteil vom 19.7.2022, IX R 20/21).

  • Der Fall: Ein Ehepaar erwarb im Jahre 2011 ein Reihenhaus, das sie mit ihren Kindern selbst bewohnten. In den folgenden Jahren vermieteten sie einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses daneben tageweise an Messegäste und erzielten daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Konkret waren es zwischen 12 und 25 Tagen pro Jahr. Im Jahre 2017 wurde die Immobilie mit Gewinn verkauft. Das Finanzamt ging wegen der zeitweise erfolgten Vermietung einzelner Zimmer des Hauses davon aus, dass durch die Veräußerung ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG ("Spekulationsgeschäft") zu berücksichtigen sei. Es ermittelte Einkünfte nach § 23 EStG in Höhe von rund 34.000 EUR, indem es die Fläche des Dachgeschosses ins Verhältnis zur gesamten Wohnfläche setzte. Dies sei zutreffend - so der BFH.
  • Begründung: Die vorübergehende Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung schließt die "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" aus, soweit der Mieter die vermieteten Räume unter Ausschluss des Vermieters nutzt. Das heißt, die oben genannte erste Alternative wird nicht insgesamt ausgeschlossen, sondern nur soweit einzelner Räume durch fremde Dritte vorübergehend genutzt werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 1. Alternative EStG). Der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist danach nicht erfüllt, soweit die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich, das heißt zeitlich durchgängig, zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Nur soweit das nicht der Fall war (vorübergehend fremdvermieteter Teil), liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor.
  • Maßstab für die Ermittlung des anteilig steuerbaren Veräußerungsgewinns ist das Verhältnis der Wohnflächen zueinander (durchgängig zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnfläche zu vorübergehend zu fremden Wohnzwecken überlassener Wohnfläche). In diesem Zusammenhang ist auf die Wohn- und nicht auf die Nutzflächen abzustellen. Unschädlich ist hingegen die Überlassung von Bad und Flur zur Mitbenutzung durch die Mieter; denn dies schließt die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken und die Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht aus. Für ein in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenes Badezimmer und den Flur verbleibt auch bei deren Vermietung zur Mitnutzung eine jedenfalls geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.

STEUERRAT: Der Bundesfinanzhof hat zugunsten der Arbeitnehmer und gegen den Fiskus entschieden, dass ein Gewinn aus dem Verkauf des Eigenheims voll steuerfrei bleibt, auch wenn ein Teil des Gewinns auf ein häusliches Arbeitszimmer entfällt (BFH-Urteil vom 1.3.2021, IX R 27/19). Obwohl das Arbeitszimmer nicht unmittelbar zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, blieb der Veräußerungsgewinn in diesem Ausnahmefall insgesamt steuerfrei.

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