Im Rahmen von Scheidungsfolgenvereinbarungen kommt es zuweilen vor, dass der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, zumeist verbunden mit einer angemessenen Ausgleichsleistung. Manchmal wird die Scheidungsfolgenvereinbarung - zulässigerweise - auch erst nach dem Scheidungstermin getroffen. Dann kann eine Steuerfalle drohen!

1. Hintergrund

Versorgungsanwartschaften und Rentenansprüche, die während der Ehe erworben wurden, gelten als gemeinschaftliche Lebensleistung. Bei einer Scheidung werden alle Ansprüche auf Versorgung und Rente beider Partner ausgeglichen (Versorgungsausgleich). Für die meisten Paare findet der Versorgungsausgleich als interne Teilung statt. Hierbei gibt jeder Partner jeweils die Hälfte des während der Ehe erworbenen Anrechts an den anderen Partner ab. Wenn die Eheleute bei unterschiedlichen Versorgungsträgern rentenversichert sind, kann es beim Versorgungsausgleich in Ausnahmefällen zu einer externen Teilung kommen. Dann werden die Rentenanrechte vom Versorgungsträger des jeweiligen Partners auf einen Versorgungsträger ihrer/seiner Wahl übertragen (Quelle: Deutsche Rentenversicherung).

2. Übertragung von Versorgungsanrechten im Wege der internen Teilung

Die Übertragung von Versorgungsanrechten im Wege der internen Teilung ist steuerfrei. Dies gilt sowohl für den Ausgleichsverpflichteten als auch für den Ausgleichsberechtigten (§ 3 Nr. 55a EStG). Dem Ausgleichsverpflichteten steht keine Steuerentlastung zu, da die Auszahlung später geringer ist. Er hat dann nur seine - späteren - Bezüge zu versteuern. Beim Ausgleichsberechtigten gehören die Leistungen aus den übertragenen Anrechten zu den Einkünften, zu denen die Leistungen beim Ausgleichsverpflichteten ohne Berücksichtigung der Teilung gehören würden. Also sind die späteren Versorgungsleistungen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG), aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) oder sonstige Einkünfte (§ 22 EStG).

3. Ausschluss des Versorgungsausgleichs

Im Rahmen von Scheidungsfolgenvereinbarungen kommt es zuweilen vor, dass der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, zumeist verbunden mit einer angemessenen Ausgleichsleistung. In diesem Fall gelten (seit 2015) folgende steuerliche Regeln:

  • Der Ausgleichsverpflichtete kann seine Zahlungen nunmehr steuerlich als Sonderausgaben geltend machen (§ 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG).
  • Der Ausgleichsberechtigte muss die erhaltenen Leistungen als "sonstige Einkünfte" versteuern (§ 22 Nr. 1a EStG 2015).
  • Dazu sind ein Antrag des Ausgleichsverpflichteten und eine Zustimmung des Ausgleichsberechtigten erforderlich. So können beide genau festlegen, in welchem Umfang ein steuerlicher Abzug und damit korrespondierend die Besteuerung erfolgen sollen. Für Antrag und Zustimmung ist die "Anlage U" auszufüllen und der Steuererklärung beizufügen. Üblicherweise werden die Noch-Ehepartner von ihren Rechtsanwälten oder steuerlichen Beratern auf diese Rechtsfolgen hingewiesen und bereits in der Scheidungsfolgenvereinbarung wird geregelt, dass die Zustimmung zur "Anlage U" erteilt wird.

4. Scheidungsfolgenvereinbarung erst nach dem Scheidungstermin

Die steuerlichen Folgen können also recht kompliziert sein, doch immerhin sind sie weitestgehend geregelt. Noch schwieriger wird es aber, wenn die Scheidungsfolgenvereinbarung - zulässigerweise - erst nach dem Scheidungstermin getroffen wird und hierin der Verzicht auf den Versorgungsausgleich gegen eine Abfindung erklärt wird. Mit diesem Fall, also dem Verzicht auf eine Pension nach der bereits durchgeführten internen Teilung, musste sich aktuell das Finanzgericht Baden-Württemberg befassen. Um es vorweg zu nehmen: Die Richter haben entschieden, dass der Verzicht nicht zu einer sofortigen Versteuerung eines Pensionsanspruchs führt. ABER: Es wurde die Revision zugelassen, die auch bereits beim Bundesfinanzhof vorliegt. Damit gibt es für diese Fälle eine enorme Rechtsunsicherheit (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.5.2022, 12 K 2861/19, Az. des BFH: IX R 15/22).

  • Der Fall: Die Eheleute wurden im Jahre 2012 rechtskräftig geschieden. In diesem Zusammenhang erhielt die Ehefrau im Wege der internen Teilung die hälftigen Pensionsansprüche des Ehemannes, die dieser aufgrund einer Pensionszusage erworben hatte. Mit späterem notariellen Vertrag schlossen die geschiedenen Eheleute sodann eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Danach verpflichtete sich der geschiedene Ehemann, jeweils seinen hälftigen Miteigentumsanteil an zwei Grundstücken auf die Ex-Frau zu übertragen. Diese verpflichtete sich im Gegenzug zur Zahlung einer Abstandssumme und zur Übernahme von Verbindlichkeiten. Als weitere Gegenleistung verzichtete die Ehefrau auf die ihr zustehenden hälftigen Pensionsansprüche aus der besagten internen Teilung. Die Parteien schlossen die Durchführung des Versorgungsausgleichs aus und das Pensionsanrecht des Ehemannes wurde nicht geteilt.
  • Das Finanzamt berücksichtigte den Verzicht auf das Anrecht aus dem internen Versorgungsausgleich bei der Ehefrau in Höhe des Barwerts als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG). Der Betrag sei ihr im Jahr 2012 mit der Scheidung zugeflossen. Somit handele es sich bei der Vereinbarung nicht um einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich. Der Ausgleich aufgrund der Scheidung sei nach wie vor bestandskräftig. Die Ehefrau habe den Versorgungsanspruch an den geschiedenen Ehemann zurückübertragen und dafür eine Gegenleistung erhalten. Dieser Vorgang sei steuerpflichtig. Der hiergegen gerichteten Klage der Ehefrau wurde aber entsprochen. Der - spätere - Ausschluss der Durchführung des Versorgungsausgleiches führt nicht zum Zufluss von Einkünften im Sinne von § 19 EStG.
  • Begründung: Arbeitslohn wird grundsätzlich im Zeitpunkt seines Zuflusses besteuert. Das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten führt den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei und begründet damit auch noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss ist grundsätzlich vielmehr erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben, also wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. Folglich fließt mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, Arbeitslohn erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft. Der Zufluss von Arbeitslohn ist ferner zu bejahen, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Auch in diesem Fall wird der Zufluss aber nicht durch das Versprechen des Arbeitgebers, zum Beispiel Versicherungsschutz zu gewähren, herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung dieses Versprechens, insbesondere durch die Leistung der Versicherungsbeiträge in der Weise, dass ein eigener unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf die Versicherungsleistung entsteht.
  • Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass erst im Zeitpunkt der Zahlung der Pension ein Zufluss anzunehmen ist. Allerdings, und das ist interessant: Die Zahlung der Pension an den geschiedenen Ehemann soll dann jeweils zum Zufluss bei der ehemaligen Ehefrau führen. Über die Pensionsjahre verteilt muss sie die Zahlungen versteuern - und zwar so, als ob die Abtretung nicht stattgefunden hätte! Im zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob aufgrund der Abtretung in der notariellen Scheidungsfolgevereinbarung gegebenenfalls ein steuerlicher Abzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG in gleicher Höhe zum Tragen kommt. Doch zum einen musste das Gericht diese Frage nicht klären. Und zum anderen würde ein Abzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG voraussetzen, dass der Ehemann dazu seine Zustimmung erklärt, denn er muss die Zahlungen dann im Rahmen des so genannten Realsplittings als Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG versteuern.

STEUERRAT: Man darf gespannt sein, wie der Bundesfinanzhof in der Revision entscheiden wird. Auch an diesem Urteil wird aber deutlich, dass bei Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen Familien- und Steuerrechtler Hand in Hand arbeiten sollten. Vor allem aber sollten die Steuerfachleute frühzeitig informiert werden, auch wenn das bei zerstrittenen Ehepartnern wohl leichter gesagt als getan ist. Im Übrigen sei noch einmal eindringlich darauf hingewiesen, dass die Übertragung von Immobilien(-anteilen) im Zuge von Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft auslösen kann.

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