Zum 1.7.2011 wurde die Wehrpflicht ausgesetzt - und damit auch die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes. Stattdessen gibt es jetzt einen freiwilligen Wehrdienst für Männer und Frauen. Können Eltern auch während der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes von Sohn oder Tochter Kindergeld erhalten? Antwort: Grundsätzlich "nein", doch in bestimmten Fällen "ja".

Der freiwillige Wehrdienst besteht aus 6 Monaten Probezeit und bis zu 17 Monaten anschließendem zusätzlichen Wehrdienst(§ 58b Soldatengesetz). Mit dem Freiwilligen Wehrdienst wird für den militärischen Bereich ein Angebot unterbreitet, staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen und sich ein persönliches Bild von der Bundeswehr zu machen, ohne sich als Soldat auf Zeit verpflichten zu müssen. Der freiwillige Wehrdienst ermöglicht es, nach dem Prinzip der Freiwilligkeit einen Dienst für die Gesellschaft zu leisten und ergänzt damit bereits bestehende freiwillige Dienste, wie zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk oder in sozialen Einrichtungen.

Ebenso wie beim früheren gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst werden Kinder auch beim neuen freiwilligen Wehrdienst steuerlich grundsätzlich nicht berücksichtigt, denn es handelt sich hierbei nicht um einen Freiwilligendienst gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2d EStG, wie etwa dem Bundesfreiwilligendienst oder dem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr. Eine Begünstigung des freiwilligen Wehrdienstes "im Wege der Analogie" ist leider nicht möglich. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass den Eltern während des freiwilligen Wehrdienstes im Unterschied zu anderen Freiwilligendiensten keine Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes entstehen (so BFH-Urteil vom 3.7.2014, III R 53/13).

ABER auch während des freiwilligen Wehrdienstes - und bei Soldaten auf Zeit - kann ein Anspruch auf Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge bestehen: Und zwar wegen

  • Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG),
  • Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG),
  • Übergangszeiten vor und nach dem freiwilligen Wehrdienst (§ 32 Abs. 4 Nr. 2b EStG).

AKTUELL hat das Finanzgericht Bremen entschieden, dass ein Kind im freiwilligen Wehrdienst zwar nicht gemäß § 32 Abs. 4 Nr.2d EStG zu berücksichtigen ist, denn dieser Dienst gehört nicht zu den begünstigten Freiwilligendiensten. Eine analoge Anwendung zugunsten freiwillig Wehrdienstleistender komme ebenfalls nicht in Betracht. Gleichwohl aber ist ein Kind, das nach der Grundausbildung freiwillig Wehrdienst leistet und sich während dieser Zeit entscheiden möchte, ob es die Offizierslaufbahn mit einer damit verbundenen weiteren Ausbildung bei der Bundeswehr einschlagen oder nach dem freiwilligen Wehrdienst aufhören und einen zivilen Studiengang an einer Hochschule beginnen wird, für den die Bewerbungsfrist erst nach Antritt des freiwilligen Wehrdienstes beginnt, nach § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG (Berufsausbildung konnte mangels Ausbildungsplatzes nicht begonnen werden) zu berücksichtigen (FG Bremen, Urteil vom 3.11.2022, 2 K 51/22).

STEUERRAT: Das Urteil ist zu begrüßen, doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Beim Bundesfinanzhof liegt die Revision unter dem Az. III R 43/22 vor.

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