Erhalten Arbeitnehmer eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, beispielsweise eine Lohnnachzahlung für mehrere Jahre, muss diese zwar voll versteuert werden, doch immerhin wird die Steuer ein Stück weit ermäßigt. Es greift nämlich die so genannte Fünftel-Regelung (§ 34 EStG). Diese sorgt dafür, dass die Steuerprogression für die Vergütung "geglättet" wird, der Steuersatz also wegen der Einmalzahlung nicht in die Höhe schießt. Aber: Die Vergütung muss - von wenigen Ausnahmen abgesehen - in einem Betrag festgesetzt und zusammengeballt in einem Jahr gezahlt werden. Wird sie in unterschiedlichen Jahren ausgezahlt, wird die Steuervergünstigung nicht gewährt. Diese bittere Erfahrung mussten schon viele Steuerzahler machen. Eigentlich ist die Rechtsprechung seit Jahren bekannt, doch es gibt immer wieder neue Facetten, die die Steuergerichte beleuchten müssen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden: Die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit ist regelmäßig nicht mittels Fünftel-Regelung tarifbegünstigt, wenn die Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zahlung ursprünglich in einer Summe vereinbart war und die Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen auf Gründen beruht, die der Gestaltungsfreiheit des Steuerpflichtigen entzogen sind (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 19/21).

  • Der Fall: Der Klägerin wurde schon vor vielen Jahren eine Pensionszusage von "ihrer" GmbH erteilt. In einem Nachtrag wurde aber vereinbart, dass die zugesagte Altersrente wertgleich in ein Alterskapital in Höhe von 543.000 EUR umzuwandeln ist, auf das die Klägerin mit Erreichen des 64. Lebensjahres Anspruch haben sollte. Nachdem die Klägerin ihr Pensionsalter erreicht hatte, schied sie aus dem Dienst aus. Die GmbH zahlte der Klägerin das Alterskapital jedoch nicht wie vereinbart in einer Summe aus. Vielmehr wurde der Betrag in Teilbeträgen über drei Jahre hinweg ausgezahlt. Die Klägerin beantragte, den im Streitjahr bezogenen Betrag (473.000 EUR) als ermäßigt zu besteuernde Vergütung für mehrere Jahre zu berücksichtigen. Das Finanzamt folgte dem nicht. Eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG komme nicht in Betracht, da das Alterskapital nicht als Einmalzahlung im Streitjahr geleistet worden sei. Klage und Revision scheiterten.
  • Begründung: Die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG setzt voraus, dass die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgt. Im Streitfall fehlte es jedoch an einer zusammengeballten Arbeitslohnzahlung. Zwar können sich auch bei einer Zahlung in zwei (oder mehr) Veranlagungszeiträumen Progressionsbelastungen ergeben. Diese Belastungen müssen aber in Kauf genommen werden. Auch wenn die Zahlung des Alterskapitals ursprünglich in einer Summe vereinbart war und seine Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen auf Gründen beruhte, für die die Klägerin nichts konnte, so rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Es kommt nicht daran an, ob die Modalitäten des Zuflusses vereinbart waren oder dem Zahlungsempfänger aufgezwungen wurden.

STEUERRAT: Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen ist eine Auszahlung über mehr als einen Veranlagungszeitraum hinweg unschädlich. So ist die Fünftel-Regelung trotz des Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen ausnahmsweise auch dann anzuwenden, wenn der Steuerbürger nur eine geringfügige Teilleistung erhält und die ganz überwiegende Leistung in einem Betrag ausgezahlt wird, wobei sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen müssen und die Nebenleistung nur geringfügig sein darf. Eine weitere Ausnahme hält der BFH in solchen Fällen für geboten, in denen - neben der Hauptleistung - in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden (BFH-Urteil vom 14.8.2001, XI R 22/00, BStBl II 2002, 180; BFH-Urteil vom 24.1.2002, XI R 43/99, BStBl II 2004, 442; BFH-Urteil vom 14.4.2005, XI R 11/04, BFH/NV 2005, 1772). Sollte ein solcher Fall vorliegen, empfehlen wir aber trotzdem, die Anwendung der Fünftel-Regelung zuvor durch eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim Finanzamt absichern zu lassen. Die Anrufungsauskunft ist kostenlos.

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