SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Beruflicher Umzug: Erhöhung der Umzugskostenpauschale 
  • Abfindungen: Steuern mittels Windkraft und Sonne senken 
  • Kindergeld: Wann sind berufsbegleitende Studiengänge begünstigt?
  • Baukindergeld: Keine Billigkeitsregelung bei zu früh gestelltem Antrag 
  • Vorgezogene: Altersrente: Was gilt bei Ausgleichszahlungen des Arbeitgebers?

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief April 2019

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

während meines Studiums sprach mein Professor für Einkommensteuerrecht häufig den Satz: "Das Leben ist kompliziert, also muss auch das Steuerrecht kompliziert sein." Er brachte insoweit das folgende - fiktive - Beispiel:

Vor über hundert Jahren gab es kaum Brillen, sondern vielmehr waren Monokel das Mittel der Wahl. Angenommen, solche Monokel seien steuerlich begünstigt gewesen und es hätte diesbezüglich eine gesetzliche Norm gegeben, so hätte diese mit dem Aufkommen von Brillen erweitert werden müssen. Aus Gründen der Einfachheit hätte es der Gesetzgeber natürlich bei der Steuerbegünstigung für Monokel belassen können. Der Aufschrei der Brillenträger wäre aber groß gewesen. Was tun? Es musste also eine Begünstigung für Brillen her. Doch die Monokel-Träger durften natürlich nicht schlechter gestellt werden. Sie waren weiterhin zu begünstigen. Doch in welcher Höhe? Mit 100 oder nur mit 50 Prozent? Schließlich ging es ja nur um ein Glas und nicht um zwei. Und natürlich waren neben den Fragen zum Einkommensteuerrecht, etwa zu den außergewöhnlichen Belastungen, auch Fragen des Mehrwertsteuerrechts zu beantworten. Voller oder ermäßigter Steuersatz für Brillen und Monokel?

An diesem einfachen Beispiel wird deutlich, dass es der Gesetzgeber nicht immer leicht hat. Derzeit kämpft er mit hunderten Sachverhalten rund um das Internet, die es noch vor wenigen Jahren so nicht gab. Händler aus China konnten nicht ohne Weiteres ihre Waren in Deutschland anbieten. Es gab keine Blogger und Instagrammer. Und Bücher wurden gedruckt und nicht auf einem Kindle lesbar gemacht.

Dennoch: Gerade weil das Leben schon kompliziert genug ist, könnte sich der Gesetzgeber darauf besinnen, wenigstens die Sachverhalte einfach zu regeln, die eigentlich nicht besonders schwierig sind und bei denen sich auch keine wesentlichen Änderungen ergeben haben. Hier möchte ich die Vorsorgeaufwendungen erwähnen, also insbesondere den steuerlichen Abzug von Lebens-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen sowie die Ermittlung der Vorsorgepauschale. Um auf mein Studium zurückzukommen: Damals, also zu Beginn der 90er Jahre, konnte ich relativ schnell ausrechnen, in welcher Höhe sich die Versicherungsaufwendungen steuerlich auswirkten. Heute ist dies ohne ein umfassendes Schema kaum möglich.

Kleine Kostprobe zur Ermittlung von Höchst- und Abzugsbeträgen: Einmal ist die Beitragsbemessungsgrenze Ost maßgebend, einmal der Höchstbeitrag in der knappschaftlichen Rentenversicherung, einmal sind die Werte von 2018 maßgebend, für "Riester" dann wiederum die Werte aus 2017. Dann erfolgt noch ein Vergleich mit den Werten 2004. Für die Vorsorgepauschale sind hingegen die Beitragsbemessungsgrenzen Ost und West maßgeblich. Einmal sind 100 Prozent abzugsfähig, ein anderes Mal nur 88 Prozent. Und, und, und. Es ist schier zum Verzweifeln.

Ein anderes Beispiel: Wenn Sie in die Anlage Kind für das Jahr 2018 schauen, werden Sie die neuen Zeilen 38 und 39 finden, und zwar für übernommene Beiträge zu einer ausländischen "Basisabsicherung", also im Ausland gezahlte Beiträge zu einer Kranken- und Pflegeversicherung des Kindes. An dieser Stelle hat selbst diejenigen der Mut verlassen, die die amtlichen Anleitungen zur Einkommensteuererklärung erstellt haben, denn dazu wussten sie wahrscheinlich auch keine Erläuterung. Vor allem auch, warum anzugeben ist, ob das Kind einen Anspruch auf Krankengeld erworben hat (= Kürzung der abziehbaren Beiträge um 4 Prozent). Übrigens: Auch viele steuerlich äußerst versierte Kollegen wussten anfangs nichts mit den neuen Zeilen anzufangen.

Auf jeden Fall bleibt das Steuerrecht spannend und ich hoffe, dass der Steuerrat24 Licht ins Dickicht des Steuerdschungels bringen kann. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre der aktuellen Ausgabe,

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Beruflicher Umzug:
Erhöhung der Umzugskostenpauschale ab April 2019

Bei einem Umzug aus beruflichen Gründen können Sie die Umzugskosten als Werbungskosten absetzen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet bekommen. Dazu zählen neben den Transportkosten, Reisekosten, doppelten Mietzahlungen, Maklergebühren für eine Mietwohnung auch sonstige Umzugsauslagen. Während die erstgenannten Kosten in nachgewiesener Höhe absetzbar sind, können sonstige Umzugsauslagen mit einem Pauschbetrag geltend gemacht werden.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium die Umzugskostenpauschalen für berufliche Umzüge ab dem 1. April 2019 angehoben (BMF-Schreiben vom 21.9.2018, IV C 5 - S 2353/16/10005).

So hoch ist die Umzugskostenpauschale

 

Umzug

Pauschale

für Verheiratete

Pauschale

für Ledige

Erhöhungsbetrag

für weitere Personen

1.3.2018 - 31.3.2019

1.4.2019 - 29.2.2020

ab 1.3.2020

1.573 EUR

1.622 EUR

1.639 EUR

787 EUR

811 EUR

820 EUR

347 EUR

357 EUR

361 EUR

STEUERRAT: Folgende Feinheit sollten Sie noch kennen: Es kommt genau genommen auf den Tag an, an dem Sie den Umzug beenden. Werden die Möbel beispielsweise am 31.3.2019 eingeladen und am 1.4.2019 ausgeladen, haben Sie Anspruch auf die höheren Beträge.

Benötigen die Kinder nach einem beruflich veranlassten Umzug Nachhilfeunterricht, sind die Kosten dafür bis zu einem Höchstbetrag als Werbungskosten absetzbar. Auch dieser Höchstbetrag wird zum 1.4.2019 angehoben.

So hoch ist der Höchstbetrag für Unterrichtskosten je Kind

 

Umzug

in voller Höhe

absetzbar bis zu

mit drei Viertel

absetzbar bis zu

insgesamt

absetzbar

1.3.2018 - 31.3.2019

1.4.2019 - 29.2.2020

ab 1.3.2020

992,00 EUR

1.022,50 EUR

1.033,00 EUR

992,00 EUR

1.022,50 EUR

1.033,00 EUR

1.984 EUR

2.045 EUR

2.066 EUR

Hier gibt es den neuen Vordruck für Umzüge im Jahre 2019: Umzugskosten 2019

Weitere Informationen: Umzug: Was Sie alles absetzen können.

 

2. Studium:
Aufstiegsstipendium teilweise auf Werbungskosten anrechenbar

Wer aus einer Berufstätigkeit heraus ein Studium in Vollzeit oder berufsbegleitend an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule aufnehmen möchte, kann mit einem sog. Aufstiegsstipendium gefördert werden. Diese Förderung erfolgt aus Mitteln des Bildungsministeriums durch die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB). Das Stipendium beträgt für Studierende in Vollzeit derzeit monatlich 735 EUR plus 80 EUR Büchergeld. Zusätzlich wird eine Betreuungspauschale für Kinder unter zehn Jahren gewährt (130 EUR für jedes Kind). Die Förderung erfolgt als Pauschale und damit einkommensunabhängig. Studierende in einem berufsbegleitenden Studiengang können jährlich 2.400 EUR für Maßnahmekosten erhalten. Da die Studierenden über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, können sie ihre Studienkosten in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machen, auch wenn dies zu einem negativen Betrag führt. Spannend ist die Frage, ob das Stipendium auf die abzugsfähigen Werbungskosten angerechnet werden muss.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass das Stipendium nicht auf die abzugsfähigen Werbungskosten anzurechnen ist, soweit dieses für die Kosten der Lebensführung bestimmt ist. Nur soweit das Stipendium zur "Bestreitung von Bildungsaufwendungen" gewährt wird, ist eine Anrechnung erforderlich. Diesen Anteil ermittelt das Finanzgericht entsprechend den Lebenshaltungskosten von Studierenden mit 30 Prozent, d.h. die als Werbungskosten abziehbaren Studienkosten sind um 30 Prozent des Stipendiums zu kürzen (FG Köln vom 15.11.2018, 1 K 1246/16).

Nach Auffassung der Richter sollen mit dem Stipendium die finanziellen Einbußen bzw. Mehrbelastungen ausgeglichen werden. Damit entfallen die Stipendiumsleistungen nach dem Förderungszweck sowohl auf den Einnahmeausfall als auch auf die zusätzlichen Bildungsaufwendungen und sind entsprechend aufzuteilen. Grundlage für eine Aufteilung sind die allgemeinen Lebenshaltungskosten eines Studenten. Darauf basierend entfallen 30 Prozent der Ausgaben eines Studierenden bei Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung auf ausbildungsspezifische Kosten. Da das Stipendium - auch das Büchergeld in Höhe von 80 EUR - zur Tragung des gesamten Lebensbedarfs des Stipendiaten gewährt wird, sind die abzugsfähigen Werbungskosten um 30 Prozent zu kürzen.

Weitere Informationen: Aus- und Fortbildung: Welche Aufwendungen steuerlich absetzbar sind.

 

3. Abfindungen:
Steuern mittels Windkraft und Sonne senken

Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz - freiwillig oder unfreiwillig - gegen eine Abfindung aufgeben, sind stets daran interessiert, diese möglichst gering besteuert zu wissen. Als unmittelbare Vergünstigung kommt hier allenfalls die "Fünftel-Regelung" des § 34 Abs. 1 EStG in Betracht. Dadurch wird aber zumeist nur eine geringe Entlastung erreicht - insbesondere, wenn die Abfindung in einem Jahr zufließt, in dem hohe laufende Einkünfte vorliegen. Daher ist es sinnvoll, nach einer Gestaltung zu suchen, um die Steuern auf die Abfindung drastisch zu senken. Die Bildung eines so genannten Investitionsabzugsbetrags kann hier die Rettung sein.

Ein typischer Fall

Scheuerle ist 62 Jahre alt und verheiratet. Sein Arbeitgeber schlägt ihm vor, er möge gegen eine Abfindung von 120.000 EUR vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden. Scheuerle hofft, aufgrund seiner 45 Berufsjahre in den Genuss einer vorgezogenen Rente zu kommen. Die Aufnahme einer weiteren Tätigkeit ist nicht geplant. Die Abfindung soll noch im Oktober des laufenden Jahres ausgezahlt werden; eine spätere Fälligkeit ist nicht gewünscht. Folglich fällt die Abfindung mit dem laufenden Bruttoarbeitslohn zusammen, der 100.000 EUR beträgt. Scheuerle möchte wissen, wie die Abfindung möglichst gering besteuert werden kann. Die Ehefrau ist nicht berufstätig, verfügt aber über eigenes Vermögen. Scheuerle gehört seit fünf Jahren eine Windkraftanlage. Zudem gehört ihm eine Fotovoltaikanlage.

Eine mögliche Lösung

Schauen wir zunächst einmal, wie sich die Zahlung der Abfindung steuerlich auswirkt. Doch hier muss ernüchternd festgestellt werden: Die Zusammenballung von laufenden Einkünften und Abfindung wird - trotz der Fünftel-Regelung - steuerlich ein teurer Spaß. Der Steuersatz dürfte sich etwa zwischen 38 und 42 Prozent bewegen, und zwar plus Solidaritätszuschlag. Ein Verschieben der Abfindung in das Folgejahr, in dem die Progressionswirkung mangels laufender Einkünfte deutlich geringer wäre, könnte daher angezeigt sein. Oftmals ist ein solches Verschieben aber weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber gewollt. Ein Verschieben der Fälligkeit wäre übrigens nicht steuerschädlich, kann also in anders gelagerten Fällen durchaus eine Option sein (vgl. BFH 2.9.92, BStBl II 1993, S. 831; BMF 1.11.13, BStBl I 2013, S. 1326, Tz. 8).

Sinnvoll könnte daher folgende Lösung sein: Scheuerle veräußert seine Windkraftanlage und/oder die Fotovoltaikanlage an seine Ehefrau. Der Kaufvertrag wird im Jahr der Abfindungszahlung geschlossen; der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums erfolgt allerdings erst im Folgejahr. Die Ehefrau macht bereits jetzt einen so genannten Investitionsabzugsbetrag geltend, und zwar in Höhe von 40 Prozent ihrer Anschaffungskosten. Dieser mindert das zu versteuernde Einkommen und damit auch den Steuersatz im Jahr der Abfindungszahlung entscheidend. Der Veräußerungserlös wird erst im nächsten Jahr versteuert, wenn Scheuerle schon sein Rentnerdasein genießt. Dadurch ergeben sich enorme Progressionsvorteile.

Da Scheuerle bereits das 55. Lebensjahr überschritten hat, kann er für die Veräußerung den Freibetrag des § 16 EStG und den ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch nehmen, wenn Windkraft- und Fotovoltaikanlage einen (einheitlichen) Gewerbebetrieb darstellen. Selbstverständlich bedarf das Modell einer Vorgehensweise wie unter fremden Dritten mit ordnungsgemäßen Verträgen und tatsächlich geleisteten Zahlungen. Dazu müssen zum Beispiel auch die Gewährleistungspflichten vertraglich klar und eindeutig geregelt sein.

Wichtig ist, dass die Verkaufspreise der beiden Anlagen realistisch ermittelt werden. Diesbezüglich kann sich ein Gutachten empfehlen. In der Branche finden sich aber auch vereinfachte Formeln, die schon weiterhelfen können:

Jährliche Vergütung x restliche Betriebsjahre / 1 + (restliche Betriebsjahre/gesamte Betriebsjahre)

Fazit: Je nach Höhe der Einkünfte, des Investitionsabzugsbetrages sowie weiterer steuerlich wirksamer Ausgaben könnte die steuerliche Belastung eventuell sogar auf unter 20 Prozent "gedrückt" werden. Das muss im Einzelfall natürlich genau ausgerechnet werden.

Was ist zu beachten?

Bei der Durchführung des Modells sind einige Punkte zu beachten, damit kein böses Erwachen kommt:

  • Bei einem Erwerb der Anlagen durch die Ehefrau sind die Voraussetzungen des § 7g Abs. 1 EStG zu erfüllen (Behaltensfrist, Betriebsgröße etc.). Fotovoltaikanlagen gelten trotz ihrer Verbundenheit mit Gebäuden in der Regel als Betriebsvorrichtungen und damit als bewegliche Wirtschaftsgüter. Eine andere Beurteilung würde sich ergeben, wenn es sich nicht um eine "Auf-Dach-Anlage" handeln würde, sondern um eine Anlage, die mit dem Gebäude fest verbunden ist, bei denen also die Fotovoltaikanlage selbst das Dach darstellt.
  • Der erwerbende Ehepartner muss über eigenes Vermögen verfügen, um den Kaufpreis zu finanzieren; oder er muss zumindest eigenständig einen Kredit bei einer finanzierenden Bank erhalten. Im letzteren Fall sollte unbedingt ein marktübliches Disagio vereinbart werden, um die Steuerbelastung weiter zu senken.
  • Sofern der gesamte Betrieb in einem Rechtsvorgang an die Ehefrau veräußert wird, handelt es sich um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG. Daher darf im Kaufvertrag bzw. in den Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Die Ehefrau tritt umsatzsteuerlich "in die Fußstapfen" ihres Ehemanns. Insofern erübrigt sich eine nähere Prüfung, welche Auswirkungen die Veräußerung auf den bereits vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 15a UStG) haben wird.
  • Es sollte darüber hinaus geprüft werden, ob der Ehemann mit seinem Gewerbebetrieb einen Totalüberschuss erwirtschaftet hat. Für den Fall, dass in den Vorjahren hohe Verluste angefallen sind, die durch spätere Gewinne nicht kompensiert wurden, könnte das Finanzamt anderenfalls Liebhaberei unterstellen. Das Finanzamt könnte darüber hinaus für die Ehefrau eine Totalüberschussprognose anfordern. Das heißt, es ist gegebenenfalls darzulegen, dass in der Restlaufzeit ein Gesamtgewinn erzielt werden kann.
  • Die Auswirkungen auf die Sozialversicherung sollten beachtet werden. Das heißt, es ist zu prüfen, ob bei der Ehefrau durch den Erwerb einer Einkunftsquelle eine Kürzung einer vorgezogenen Rente droht oder eine eigenständige Krankenversicherungspflicht begründet wird.

Mustervertrag

Einen Mustervertrag zum Verkauf einer Windkraftanlage finden Sie unter Steuern auf Abfindungen mittels Windkraft senken senken. Wir weisen darauf hin, dass es sich hierbei - wie es der Name sagt - lediglich um ein Muster handelt. Individuelle Besonderheiten kann ein Mustervertrag natürlich nicht berücksichtigen. Daher sollte bei der Vertragserstellung ein versierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden.

 

4. Anwaltskosten:
Verteidigung gegen Vorwurf sexueller Belästigung absetzbar?

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder gar - noch schlimmer - sexueller Missbrauch sind leider keine Seltenheit. Manchmal sind Beschuldigungen wegen eines Sexualdelikts allerdings auch frei erfunden. Falsche Anschuldigungen machen den vermeintlichen Täter zum Opfer. Für die Betroffenen steht dann viel auf dem Spiel: Umsetzung im Betrieb, Freistellung vom Dienst, Abmahnung, Disziplinarverfahren, Gehaltskürzung, Kündigung, Untersuchungshaft, Eintrag ins Führungszeugnis, Verurteilung, hohe Anwaltskosten, Gegenwehr wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung. Oft sind trotz eines gerichtlichen Freispruchs der Ruf und die Karriere ruiniert. Die Frage ist, ob die Betroffenen ihre Kosten für die Strafverteidigung und zur Wiederherstellung des guten Rufs nach einem Freispruch steuerlich als Werbungskosten absetzen dürfen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Aufwendungen für die Strafverteidigung wegen Beschuldigung der sexuellen Belästigung nicht als Werbungskosten absetzbar sind. Leider können sie auch nicht im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG steuermindernd berücksichtigt werden (FG Münster vom 20.11.2018, 15 K 655/16 E).

  • Nach geltender Rechtslage kommt ein Werbungskostenabzug nur dann in Betracht, wenn die vorgeworfenen Handlungen in Ausübung der beruflichen Tätigkeit (und nicht nur bei Gelegenheit) begangen werden. Auch eine "in Ausübung der beruflichen Tätigkeit" begangene Tat kann keinen Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten mit den Einkünften begründen, wenn die Handlungen nicht im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen oder ein beruflicher Veranlassungszusammenhang durch einen überlagernden privaten Veranlassungszusammenhang ausgeschlossen wird.
  • Im Urteilsfall weisen die Kosten der Strafverteidigung zwar einen "mittelbaren" Zusammenhang zur Berufstätigkeit auf, gleichwohl wird aber der erforderliche ausschließliche und unmittelbare Zusammenhang hierdurch nicht hergestellt. Die Handlungen, wegen derer jeweils der Strafvorwurf erhoben wurde, gehören nicht zu den beruflichen Pflichten des Mitarbeiters. Die Aufnahme körperlicher oder sexueller Kontakte ist keine Handlung, die auch nur ansatzweise zum obliegenden Pflichtenkreis eines Betreuers gehören könnte. Die Richter führen aus, dass bei einem derartigen Vorwurf sexueller Belästigung ein unmittelbarer und ausschließlicher Zusammenhang zu keinem Beruf hergestellt werden kann.
  • Bei der Beurteilung der Frage, ob ein unmittelbarer und ausschließlicher Zusammenhang zum ausgeübten Beruf besteht, sind nur die konkreten vorgeworfenen Handlungen zu berücksichtigen. Nur zur Abwehr der Anschuldigungen wegen dieser vorgeworfenen Handlungen werden die Strafverteidigerkosten aufgebracht. Für die Berücksichtigung von Strafverteidigerkosten als Werbungskosten hängt es nicht vom Ausgang des Strafverfahrens ab. Da im Falle eines Freispruchs womöglich überhaupt keine Handlungen des Steuerpflichtigen vorliegen, die außerhalb seines beruflichen Pflichtenkreises liegen, kann es für die Beurteilung des unmittelbaren und ausschließlichen Zusammenhangs nur auf die vorgeworfenen Handlungen ankommen.

Ist der Werbungskostenabzug möglich wegen Wiederherstellung des guten Rufs? Eine berufliche Veranlassung kann sich doch ergeben in den Folgewirkungen, z.B. Fortführung der Anstellung als Gruppenleiter, Bewerbung um diese Position bei einem anderen Arbeitgeber, Arbeitsplatzverlust u.Ä. Die Verteidigung gegen durch das Strafverfahren nachteilige Folgen begründen einen nur "mittelbaren" Zusammenhang. Ist bei der Straftat selbst keine hinreichende Verbindung zur beruflichen Tätigkeit gegeben, so wird der erforderliche Bezug nicht - mittelbar - durch mögliche strafrechtliche Folgen der Tat für dessen Berufstätigkeit hergestellt. Ein zumindest teilweise privater Veranlassungszusammenhang, insbesondere zur Wahrung des guten Rufs, gerade bei einem Vorwurf wegen sexuellen Missbrauchs, ist nicht auszuschließen. Doch eine Aufteilungsmöglichkeit gemäß § 12 Nr. 1 EStG ist nicht erkennbar. FAZIT: Eine höchst unbefriedigende Rechtslage und Entscheidung des FG Münster! Gut wäre es, in einem solchen Fall eine Arbeitsrechtschutzversicherung zu haben.

Weitere Informationen: Anwalts- und Gerichtskosten im beruflichen Bereich.

 

5. Firmenwagen und Betriebs-Pkw:
Besonderer Gruppen-Listenpreis ohne Bedeutung

Viele Selbstständige nutzen ihren Betriebs-Pkw, für den sie sämtliche Kosten als Betriebsausgaben absetzen, auch für Privatfahrten. Für die Privatnutzung müssen sie dann einen Entnahmewert versteuern, d.h. eine sog. unentgeltliche Wertabgabe als Betriebseinnahmen ansetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG). Bei Arbeitnehmern kommt es immer öfter vor, dass der Arbeitgeber ihnen einen Firmenwagen zur Verfügung stellt, den sie auch privat nutzen dürfen. Und diese Privatnutzung müssen sie als geldwerten Vorteil versteuern (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und 4 EStG). Für die Ermittlung und Versteuerung der Privatnutzung gibt es zwei Methoden: die 1 %-Pauschalmethode (monatlich 1 % des Listenpreises) und die Fahrtenbuchmethode (Nachweis von Kosten und Fahrten). Bei Selbstständigen ist die Pauschalmethode nur zulässig, wenn das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird.

  • Bei der 1 %-Pauschalmethode wird ganz einfach jeden Monat 1 % des Listenpreises versteuert. Der Listenpreis ist die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für das Fahrzeug auf dem deutschen Markt - einschließlich Umsatzsteuer. Dieser Wert ist auf volle 100 EUR abzurunden. Maßgebend ist der Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung. Hinzugerechnet werden die Kosten für werkseitige Sonderausstattungen, z.B. Autoradio, Sonderlackierung, Klimaanlage, Anhängerkupplung, Diebstahlssicherungssystem, Sportfelgen, CD-Wechsler. Der ursprüngliche Listenpreis ist auch bei gebraucht erworbenen Fahrzeugen sowie bei Importfahrzeugen maßgebend.
  • Neben der allgemeinen Preisempfehlung bieten die Autohersteller für bestimmte Berufsgruppen besondere Preislisten mit deutlich günstigeren Preisen, so etwa für Taxiunternehmen, Mietwagenfirmen u.a. Strittig ist die Frage, ob in diesen Fällen der günstigere Listenpreis für die Pauschalmethode angesetzt werden darf.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der allgemeine Listenpreis des Herstellers auch dann Grundlage für die 1 %-Pauschalmethode ist, wenn es für bestimmte Berufsgruppen besondere Herstellerpreislisten gibt, etwa für Taxen und Mietwagen. Listenpreis ist dabei nur der Preis, zu dem ein Steuerpflichtiger das Fahrzeug als Privatkunde erwerben könnte. Betriebliche Besonderheiten auf Käuferseite müssen unberücksichtigt bleiben (BFH-Urteil vom 8.11.2018, III R 13/16).

  • Der Fall: Ein selbstständiger Taxiunternehmer nutzt sein Taxi nicht nur für sein Taxiunternehmen, sondern auch privat. Die Privatnutzung versteuert er nach der 1 %-Pauschalmethode, d.h. monatlich 1 Prozent des Listenpreises. Doch als Listenpreis nimmt er den Bruttolistenpreis aus einer vom Hersteller herausgegebenen Preisliste für Taxen und Mietwagen (37.500 EUR). Das Finanzamt meint, dass der höhere, mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer abgefragte Listenpreis heranzuziehen sei (48.100 EUR). Dies hat der BFH bestätigt.
  • Nach Auffassung des BFH ist der für die 1 %-Regelung maßgebliche Listenpreis derjenige, zu dem ein Steuerpflichtiger das Fahrzeug als Privatkunde erwerben könnte. Denn der im Gesetz erwähnte "Listenpreis" soll nicht die Neuanschaffungskosten und auch nicht den gegenwärtigen Wert des Fahrzeugs abbilden, vielmehr handelt es sich um eine generalisierende Bemessungsgrundlage für die Bewertung der Privatnutzung eines Betriebs-Pkw. Der tatsächliche geldwerte Vorteil entspricht dem Betrag, der vom Steuerpflichtigen als Privatperson für eine vergleichbare Nutzung aufgewandt werden müsste und den er durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs erspart.

STEUERRAT: Das Urteil betrifft einen Taxiunternehmer. Es hat darüber hinaus auch Bedeutung für alle Sonderpreislisten mit Sonderrabatten, die ein Fahrzeughersteller bestimmten Berufsgruppen gewährt, z.B. Beamten, Journalisten, behinderten Menschen.

Weitere Informationen: Firmenwagen: Nutzungswert nach der Pauschalmethode.

 

6. Dienstreisen:
Pauschale Km-Sätze trotz Nutzung von Bahn oder Flugzeug?

Wer eine Dienstreise mit der Bahn oder dem Flugzeug durchführt, erhält seine Kosten üblicherweise vom Arbeitgeber in voller Höhe erstattet. Insofern entstehen dem Arbeitnehmer keine Aufwendungen und es können daher keine Werbungskosten geltend gemacht werden. Allerdings kann das Einkommensteuerrecht auch so interpretiert werden, dass der Arbeitnehmer wenigstens die Pauschalen geltend machen kann, die ihm als Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz zustehen. Das wären grundsätzlich 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke, höchstens jedoch 130 Euro. Angenommen, die - vom Arbeitgeber erstattete - Bahnfahrtkarte kostete 80 Euro, so könnten also bei einer längeren Fahrt bis zu 50 Euro als Werbungskosten geltend gemacht werden. So jedenfalls sah die Sache ein Betriebsprüfer der Bundesfinanzverwaltung.

AKTUELL hat das Finanzgericht Hamburg diese Auffassung jedoch nicht geteilt. Es hat entschieden, dass bei auswärtiger Tätigkeit nur die tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden können, wenn die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt wurden. Pauschale Kilometersätze kommen nicht in Betracht. ABER: Das FG hat die Revision ausdrücklich zugelassen, die zwischenzeitlich auch unter dem Aktenzeichen VI R 50/18 vorliegt.

  • Der Fall: Der Kläger war als Bundesbetriebsprüfer im Außendienst eingesetzt. Die Erstattung seiner Reisekosten richtete sich nach dem Bundesreisekostengesetz. Im Rahmen einer längeren Prüfung fuhr er per Bahn bzw. S-Bahn täglich 378 Kilometer. Der Arbeitgeber erstattete hierfür die tatsächlich entstandenen Bahnfahrtkosten von 1.726 EUR. Dem Prüfer waren also unterm Strich keine Kosten entstanden. In seiner Steuererklärung rechnete er aber wie folgt: Pauschaler Kilometersatz 0,20 EUR x 378 Km tägliche Strecke x 60 Tage = 4.536 EUR abzüglich Erstattung 1.726 EUR, als Werbungskosten abzuziehen also 2.810 EUR.
  • Der Prüfer berief sich auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG, in dem es heißt: "Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind." Das FG folgte dem jedoch nicht. Es begründete seine Entscheidung mit der Gesetzessystematik. Regelmäßig verkehrende Beförderungsmittel - wie die Bahn oder das Flugzeug -, die im Bundesreisekostengesetz erfasst sind, seien von der Anwendung einer Pauschale gerade ausgeschlossen.

STEUERRAT: In ähnlich gelagerten Fällen sollten Sie - wie der Kläger - ebenfalls die pauschalen Km-Sätze nach dem Bundesreisekostengesetz geltend machen, sofern dies für Sie günstig ist. Legen Sie gegen einen ablehnenden Steuerbescheid Einspruch ein und beantragen Sie ein Ruhen Ihres Falles, bis der Bundesfinanzhof in der Revision entschieden hat.

 

7. Firmenfahrrad:
Neue Steuerbegünstigung bei Gehaltsumwandlung

Seit dem 1.1.2019 ist der private Nutzungswert aus der Überlassung eines Firmenfahrrads für den Mitarbeiter steuerfrei und sozialversicherungsfrei. Voraussetzung ist, dass das Fahrrad zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird, z.B. anstelle einer Gehaltserhöhung (§ 3 Nr. 37 EStG). Diese Steuerbefreiung ist zunächst befristet bis zum 31.12.2021. Sie gilt für Fahrräder und Elektro-Fahrräder, die verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen sind, z.B. Pedelecs. Gesetzlich nicht begünstigt ist die Überlassung eines Firmenfahrrads im Rahmen einer Gehaltsumwandlung. Dabei verzichtet der Mitarbeiter für die Überlassung eines Fahrrades (Sachlohn) auf einen Teil des Gehalts (Barlohn), der z.B. der Leasingrate einschließlich Versicherung entspricht.

AKTUELL haben sich dich Länderfinanzbehörden darauf verständigt, auch in Fällen der Gehaltsumwandlung eine Steuerermäßigung einzuführen. Hier gibt es zwar nicht die Steuerfreistellung, stattdessen muss der geldwerte Vorteil aus der Überlassung aber nur zur Hälfte versteuert werden (koordinierter Ländererlass vom 13.3.2019, S 2334-66-V B 3). Die Einzelheiten:

  • Für die private Nutzung von Firmen-Fahrrädern, die "nur" im Wege der Gehaltsumwandlung überlassen werden, muss ein geldwerter Vorteil versteuert werden.
  • Als geldwerter Vorteil steuerpflichtig ist seit dem 1.1.2019 bis zum 31.12.2021 monatlich 1 % des halbierten Listenpreises. Für die Anwendung der Neuregelung kommt es auf die erstmalige Überlassung des Fahrrads an. Wurde das betriebliche Fahrrad vor dem 1.1.2019 vom Arbeitgeber bereits einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen, bleibt es - auch bei einem Wechsel des Nutzungsberechtigten - nach dem 31.12.2018 für dieses Fahrrad bei den alten Regelungen vor 2019, d.h. Anwendung des vollen Listenpreises. In Altfällen bleibt es also bei der bisherigen Versteuerung der Nutzungsvorteils.
  • Der geldwerte Vorteil ist sozialversicherungspflichtig, sofern das Gehalt die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt. Da sich die o.g. steuerliche Begrenzung auf den halben Listenpreis nicht aus dem Gesetz, sondern nur aus der Verwaltungsanweisung ergibt, ist derzeit noch fraglich, inwieweit die Begünstigung sozialrechtlich gilt. Es ist zwar wahrscheinlich, dass sie von den Trägern der Sozialversicherung übernommen wird. Bis dahin muss aber für das Sozialversicherungsrecht von einer Verbeitragung nach dem vollen Listenpreis ausgegangen werden.

HINWEIS:  Für Elektro-Fahrräder, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, gilt die Begrenzung auf die halbe Bemessungsgrundlage seit dem 1.1.2019 ohnehin per Gesetz. Bei der Neuregelung hat der Gesetzgeber aber geschlafen, denn sie führte dazu, dass Fahrräder und Pedelecs, die per Gehaltsumwandlung überlassen wurden, schlechter gestellt waren als "echte" E-Bikes. Daher hat die Finanzverwaltung nun reagiert. Unterm Strich ist die Neuregelung aber äußerst kompliziert geworden. Einzelheiten, auch zu den jeweiligen Anwendungszeitpunkten, finden Sie in dem Beitrag Überlassung von Fahrrädern und Elektrofahrrädern: Geldwerter Vorteil für die Privatnutzung .

STEUERRAT:  Zwar wird der Nutzungswert vom Arbeitgeber monatlich zu Ihren Lasten versteuert. Dafür können Sie aber am Jahresende in Ihrer Steuererklärung die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend machen. Für diese Fahrten können Sie - genau wie bei Pkw-Nutzung - die Entfernungspauschale von 30 Cent pro Entfernungskilometer absetzen. Falls Sie das Fahrrad auch für dienstliche Fahrten nutzen (z. B. für Botengänge oder auf dem Werksgelände), sind dafür keine Werbungskosten absetzbar.

Beispiel:
Der Arbeitgeber stellt dem Mitarbeiter ein Firmenfahrrad zur privaten Nutzung zur Verfügung. Es erfolgt insoweit eine Gehaltsumwandlung. Der Mitarbeiter nutzt das Fahrrad auch für die 6 km lange Strecke zur Arbeit.

 

Fall 1

Fall 2

Der inländische Listenpreis für das Fahrrad beträgt

Als geldwerter Vorteil zu versteuern: 1 % des halben Listenpreises pro Monat

800 EUR

4 EUR

3.000 EUR

15 EUR

Insgesamt im Jahr zu versteuern

Als Werbungskosten absetzbar: 220 Tage x 6 km x 0,30 EUR

48 EUR

396 EUR

180 EUR

396 EUR

 

II. Privater Bereich

1. Scheidung:
Auch bei Scheidung auf ärztlichen Rat kein steuerlicher Abzug

Das Steuerrecht ist deshalb so interessant, weil es in alle Bereiche des prallen Lebens hineinspielt. So facettenreich das Leben ist, so vielseitig ist das Steuerrecht. Hier berichten wir von einem bemerkenswerten Fall, den wir trotz langjähriger Erfahrung so auch noch nicht erlebt haben: Es geht um eine Ehescheidung auf ärztlichen Rat zur Heilung bzw. Linderung einer Krankheit - und in der Folge darum, ob die Ehescheidungskosten dann quasi wie Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar sind.

Einerseits gilt: Nach neuer Rechtslage ab 2013 sind Ehescheidungskosten generell nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
Andererseits gilt: Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Bürger ohne Prozess Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. "Ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse" (BFH-Urteil vom 18.5.2017, VI R 9/16). Zum Dritten: Aufwendungen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit entstehen zwangsläufig aus tatsächlichen Gründen und sind daher als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art nach § 33 EStG absetzbar.

AKTUELL hat das Sächsische Finanzgericht entschieden, dass die Kosten einer Ehescheidung auch dann nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, wenn die Scheidung auf ärztlichen Rat erfolgte, also medizinisch indiziert war (FG Sachsen vom 19.4.2018, 8 K 80/18).

  • Der Fall: Ein Geschiedener macht in seiner Steuererklärung 2015 - also nach neuem Recht - Kosten für seine Ehescheidung als außergewöhnliche Belastung geltend. Er begründet dies damit, dass die Ärzte im Asklepios Fachklinikum W. und auch sein Hausarzt ihm zur Ehescheidung geraten hätten, um seine Depressionen zu lindern. Auch seine ehemalige Ehefrau hätte unter Depressionen gelitten und sei arbeitsunfähig gewesen. Ihm sei neben Antidepressiva die Ehescheidung sozusagen als Medikament verordnet worden. Ohne die Scheidung wäre er nicht mehr in der Lage gewesen, seiner Arbeit nachzugehen. Auch die beiden Töchter hätten stark unter dem Zustand vor der Trennung gelitten.
  • Zunächst klären die Richter, dass Prozesskosten ausnahmsweise nicht vom Abzug ausgeschlossen sind, wenn ohne Prozess der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Weil es dabei aber ausschließlich um die materielle Existenz bzw. um materiell notwendige Bedürfnisse geht, zählen die Kosten für ein Scheidungsverfahren nicht dazu, denn diese werden regelmäßig nicht zu deren Sicherung erbracht. Dies treffe im Urteilsfall zu.
  • Sodann erläutern die Richter, dass Scheidungskosten auch dann nicht zu den Aufwendungen gehören, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, wenn die Ehescheidung medizinisch indiziert ist. Denn die dabei allein maßgebliche materielle Existenzgrundlage sei in diesem Fall nur mittelbar betroffen. Unmittelbarer Anlass für eine medizinische Indikation seien seelische oder körperliche Beeinträchtigungen, die zwar ebenfalls schlussendlich zum Verlust der materiellen Existenzgrundlage führen könnten. Das aber genüge hier nicht für das Eingreifen der Rückausnahme vom Abzugsverbot.
  • FAZIT: Der Urteilsfall ist sehr interessant und das Urteil irgendwie enttäuschend. Dies beruht auf der etwas diffusen und fragwürdigen Begründung der Finanzrichter. Zumal die Richter auf die Frage der Krankheitskosten gar nicht eingehen.

Weitere Informationen: Geschiedene: Kosten der Ehescheidung.

III. Kinder

1. Kindergeld:
Wann sind berufsbegleitende Studiengänge begünstigt?

Auch für volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, gibt es bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld. Allerdings ist entscheidend, ob es sich um eine Erst- oder Zweitausbildung handelt. Denn für die Zweitausbildung besteht nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn nebenher keine Erwerbstätigkeit oder eine Tätigkeit von weniger als 20 Wochenstunden ausgeübt wird. Eine so genannte mehraktige Berufsausbildung gilt indes als Teil einer einheitlichen Erstausbildung. Vereinfacht gesagt bedeutet dies:

Wenn das Berufsziel des Kindes erst mit der zweiten "Ausbildung" erreicht wird, gilt diese noch als Teil der Erstausbildung und es gibt Kindergeld auch dann, wenn das Kind nebenher arbeitet. Dazu muss ein enger - sachlicher und zeitlicher - Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten vorliegen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Studium dann als Zweitausbildung gilt, wenn es berufsbegleitend erfolgt und nicht die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes bildet. Es wird also kein Kindergeldanspruch begründet, wenn nur von einer berufsbegleitenden Weiterbildung auszugehen ist, da bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund steht und der weitere Ausbildungsgang nur neben dieser durchgeführt wird. Diese leider recht strenge Sichtweise des BFH wird wohl bei vielen Eltern zum Verlust oder zur Versagung des Kindergeldes führen (BFH-Urteil vom 11.12.2018, III R 26/18).

  • Der Fall: Die Tochter der Klägerin beendete ihr duales Studium der Betriebswirtschaftslehre erfolgreich mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Im Zeitpunkt des Studienabschlusses war sie 22 Jahre alt. Mit ihrem bisherigen Ausbildungsbetrieb vereinbarte sie ein kurz darauf beginnendes Vollzeitarbeitsverhältnis. Etwa zeitgleich begann die Tochter ein fünfsemestriges Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie. Die Vorlesungen fanden abends und teilweise auch am Samstag statt. Die Familienkasse lehnte eine weitere Kindergeldfestsetzung ab Aufnahme der Vollzeitbeschäftigung ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Tochter mit dem Bachelorabschluss bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer zu umfangreichen und damit den Kindergeldanspruch ausschließenden Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage zwar statt. Letztlich unterlag die Mutter aber vor dem BFH.
  • Dessen Begründung lautet: Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammenzufassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte) zueinanderstehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung muss jedoch von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung abgegrenzt werden. Für diese Abgrenzung kommt es darauf an, ob nach Erlangung des ersten Abschlusses weiterhin die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt oder ob bereits die aufgenommene Berufstätigkeit im Vordergrund steht. Als Anzeichen für eine bloß berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung kann sprechen, dass das Arbeitsverhältnis zeitlich unbefristet oder auf mehr als 26 Wochen befristet abgeschlossen wird und auf eine vollzeitige oder nahezu vollzeitige Beschäftigung gerichtet ist. Ebenso deutet der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis den erlangten ersten Abschluss erfordert, auf eine Weiterbildung im bereits aufgenommenen Beruf hin. Zudem spielt auch eine Rolle, ob sich die Durchführung des Ausbildungsgangs an den Erfordernissen der Berufstätigkeit orientiert (z.B. Abend- oder Wochenendunterricht). Da insoweit noch weitere Feststellungen erforderlich waren, wies der BFH die Sache zur erneuten Prüfung an das FG zurück.

Kürzlich hatte auch das Finanzgericht Münster zuungunsten der Eltern entschieden. Ein Ausbildungsgang zum AOK-Betriebswirt, der nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten aufgenommenen wird, sei nicht mehr Teil einer mehraktigen Berufsausbildung (Urteil vom 13.12.2018, 3 K 577/18 Kg).

  • Der Fall: Der volljährige Sohn der Klägerin bestand im Juni 2013 die Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Im Folgemonat nahm er erfolgreich an einem Potenzialanalyseverfahren der AOK teil, woraufhin er im Oktober 2014 den betriebsinternen Studiengang zum AOK-Betriebswirt neben einer Vollzeitbeschäftigung bei der AOK aufnahm. Nach den Zulassungsrichtlinien kann hiermit frühestens ein Jahr nach der Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden. Der Studiengang ist staatlich nicht anerkannt und kann auch nicht im Rahmen anderer staatlich anerkannter Studiengänge angerechnet werden.
  • Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin ab Oktober 2014 ab, weil der Sohn bereits eine Ausbildung abgeschlossen habe. Das Gericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Ein Kindergeldanspruch bestehe nicht, weil der Sohn der Klägerin einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen sei und eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen habe. Der AOK-interne Studiengang zum AOK-Betriebswirt sei bereits deshalb nicht Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung, weil er nicht staatlich anerkannt und ohne die Beteiligung staatlicher Stellen konzipiert worden sei. Bei einer mehraktigen Berufsausbildung sei es erforderlich, dass der zweite Abschnitt nach Abschluss einer öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildung ebenfalls im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges stattfinde. Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Betroffene Eltern sollten gegen ablehnende Bescheide der Kindergeldkasse Einspruch einlegen.

Doch es gibt auch - noch - positive Entscheidungen:

Derzeit sind beim Bundesfinanzhof zwei Verfahren unter den Aktenzeichen III R 69/18 und III R 72/18 anhängig, in denen es ebenfalls um "mehraktige Berufsausbildungen" geht. Hier hatten die Vorinstanzen jeweils zugunsten der Eltern wie folgt geurteilt:

  • Eine weiterführende Ausbildung in Form eines Masterstudiums kann noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein, wenn die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinanderstehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (FG Münster 31.10.2018, 7 K 1015/18 Kg).
  • Bei der von vornherein angestrebten Weiterbildung einer Industriekauffrau zur Betriebswirtin (B.A.) im Rahmen eines bereits vor der kaufmännischen Prüfung begonnenen berufsbegleitenden Studiums handelt es sich noch um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung. Der Kindergeldanspruch wird nicht durch die Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen. Der notwendige enge Zusammenhang liegt auch dann vor, wenn die für die Aufnahme des Bachelorstudiums vorausgesetzte Berufstätigkeit in der teilweise während des Studiums absolvierten kaufmännischen Ausbildung besteht (FG Düsseldorf 7.11.2018, 7 K 1532/18 Kg).

Inwieweit die beiden letztgenannten Entscheidungen vor dem BFH Bestand haben werden, wird sich noch zeigen. Zumindest im zweiten Fall scheinen die Erfolgsaussichten nicht sehr groß zu sein.

 

2. Kindergeld:
Nicht bei sozialen Erfahrungen und Persönlichkeitsbildung

Ein Kind befindet sich in "Berufsausbildung", solange es "sein Berufsziel" noch nicht erreicht hat. Dieser weite Berufsausbildungsbegriff bedeutet aber nicht, dass jedweder Erwerb von Fertigkeiten jeglicher Art als Berufsausbildung anzusehen ist. Denn wichtiges Kriterium für die Berufsausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG ist, dass der Erwerb der Kenntnisse regelmäßig einen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen muss. Dieser Bezug wird grundsätzlich unterstellt, wenn ein Kind eine Ausbildung absolviert, die im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsgangs erlernt wird. Der konkrete Bezug zu einem angestrebten Beruf erlangt jedoch entscheidende Bedeutung, wenn der Ausbildungscharakter der Maßnahmen zweifelhaft ist.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Berufsausbildung nicht anzunehmen ist und folglich kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn der Besuch einer nicht allgemeinbildenden Schule vorrangig der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl sowie der Persönlichkeitsbildung und Charakterbildung dient (BFH-Urteil vom 13.12.2018, III R 25/18).

  • Eine Abgrenzung ist erforderlich insbesondere bei der Vermittlung oder dem Erwerb von Fähigkeiten, die beispielsweise (auch) der Erlangung sozialer oder religiöser Erfahrungen, der Persönlichkeits- und Charakterbildung oder der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl dienen. In diesen Fällen reicht es für die Annahme einer "Berufsausbildung" nicht aus, wenn die Maßnahmen einen gewissen zeitlichen Mindestaufwand und eine ausreichende theoretische Systematisierung aufweisen, einen inhaltlich hinreichenden Zusammenhang zu einem von dem Kind angestrebten Beruf aber nicht erkennen lassen.
  • Nicht als Berufsausbildung anerkannt wird der Besuch einer Missionsschule, die eine Einrichtung der Freikirche ist und den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat. Unter Berücksichtigung der Lernziele und des Studienplans dient der Schulbesuch nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern in einem weit überwiegenden Umfang der Persönlichkeits- und Charakterbildung. Für eine spätere Tätigkeit in einem sozialen, theologischen oder gesundheitlichen Beruf sind die vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen ohne ausschlaggebende Bedeutung. Zudem vermittelt der Schulbesuch keinen Abschluss, der für eine spätere Tätigkeit innerhalb der Freikirche qualifiziert.

HINWEIS: Nicht als Berufsausbildung anerkannt wird grundsätzlich die Ableistung von Freiwilligendiensten. Dies gilt unabhängig von ihrer Ausgestaltung, da sie in der Regel nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl dienen (BFH-Urteil vom 7.4.2011, III R 11/09; BFH-Urteil vom 18.6.2014, III B 19/14).

Weitere Informationen: Kinder in Schul- und Berufsausbildung.

 

IV. Kapitalerträge

1. Stille Beteiligung:
Abgeltungsteuer trotz Familienangehörigkeit

Wer Zinserträge erzielt, muss darauf grundsätzlich nur 25 % Abgeltungsteuer zahlen. Allerdings gibt es eine gewichtige Ausnahme. Die Erträge werden beim Empfänger mit dem persönlichen Steuersatz besteuert, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG): 1. Gläubiger und Schuldner der Zinsen sind "einander nahestehende Personen". 2. Der Schuldner setzt die Schuldzinsen steuermindernd ab, z.B. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Mit dieser Ausnahmeregelung will der Fiskus familiäre Steuervorteile verhindern: Denn es soll nicht möglich sein, dass einerseits der Darlehensnehmer die gezahlten Schuldzinsen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzt und eine Steuerersparnis in Höhe seines persönlichen Steuersatzes von bis zu 45 % erzielt, andererseits aber der Darlehensgeber für die vereinnahmten Zinsen nur die Abgeltungsteuer von 25 % zahlen muss. Insbesondere gilt dies bei der Gewährung von Darlehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in der strikten Anwendung der Regelung allerdings eine Diskriminierung der Familie. Deshalb sei nicht allein das Angehörigenverhältnis maßgebend, sondern ein Beherrschungs- oder Abhängigkeitsverhältnis. Da dies bei volljährigen Angehörigen im Allgemeinen nicht vorliegt, gibt es keine Einschränkung der allgemeinen Regelung: Also kann etwa der Darlehensgeber die Kapitalerträge mit dem günstigen Abgeltungsteuersatz von 25 % versteuern. Und zwar auch dann, wenn der Darlehensnehmer die gezahlten Schuldzinsen mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45 % als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzt (BFH-Urteile vom 29.4.2014, VIII R 44/13, VIII R 9/13, VIII R 35/13).

AKTUELL hat das Hessische Finanzgericht (FG) die Sichtweise des BFH auch auf stille Beteiligungen ausgedehnt. Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes Interesse begründe ohne Vorliegen besonderer Umstände, aus denen sich eine Beherrschungssituation ergibt, kein Näheverhältnis im Sinne von § 32d Abs. 2 S. 1Nr. 1b EStG. Anders sei der Fall zu beurteilen, wenn der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibe (Urteil vom 22.10.2018, 6 K 49/17).

  • Im Urteilsfall hatte sich der Sohn als typisch stiller Beteiligter an der GmbH seines Vaters beteiligt. Ihm standen 20% am Gewinn und Verlust der Gesellschaft zu. Das Finanzamt unterwarf die Einnahmen des Sohnes aus dessen stiller Beteiligung dem tariflichen Steuersatz anstatt dem Abgeltungsteuersatz von 25 %.
  • Das FG war anderer Ansicht und ließ den Abgeltungsteuersatz zu. Das Verwandtschaftsverhältnis reiche zur Begründung des Näheverhältnisses allein nicht aus. Und auch wenn der Vater aufgrund seiner Geschäftsführerstellung einen gewissen Einfluss auf Entscheidungen des Sohnes haben sollte, vermag das FG ein absolutes Abhängigkeitsverhältnis nicht festzustellen.

STEUERRAT: Die stille Gesellschaft, egal ob typisch oder atypisch, ist in der Praxis eine vielfach unterschätzte Steuergestaltung. Das aktuelle Urteil zeigt jedenfalls, dass sich mittels einer solchen Beteiligung mitunter nennenswerte Steuervorteile erzielen lassen. Gegen das Urteil liegt allerdings die Revision (Az. VIII R 46/18) vor, so dass eine gewisse Unsicherheit verbleibt.

 

2. Verlustverrechnung:
Verlust aus Knock-Out-Zertifikaten steuerlich absetzbar

Mithilfe von Knock-out Zertifikaten können chancenorientierte und risikofreudige Anleger auf eine Vielzahl von Basiswerten spekulieren oder ihr Depot absichern. Knock-out Zertifikate sind eine bestimmte Form von Hebelpapieren. Mit diesen Zertifikaten haben Anleger die Chance, mithilfe von Knock-outs eine Spekulation auf verschiedene Basiswerte (z.B. Aktien, Indizes, Währungen, Rohstoffe etc.) mit hohen Hebeln vorzunehmen. Doch dabei besteht ein hohes Risiko: Wird eine Knock-out Schwelle nach unten durchbrochen, werden die Zertifikate automatisch wertlos und führen zu einem Totalverlust in Höhe des eingesetzten Kapitals. Die Frage ist, ob dieser Verlust steuerlich berücksichtigt wird.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof gegen den Fiskus entschieden, dass bei Knock-Out-Zertifikaten, die infolge Erreichens der Knock-Out-Schwelle wertlos werden, der Verlust in Höhe der Anschaffungskosten steuermindernd bei den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden kann (BFH-Urteil vom 20.11.2018, VIII R 37/15).

  • Der Fall: Ein Anleger hat 2011 verschiedene Knock-Out-Zertifikate erworben, die je nach Kursverlauf der Basiswerte auf Zahlung eines Differenzausgleichs gerichtet waren. Noch während des Jahres 2011 wurde die sog. Knock-Out-Schwelle erreicht. Dies führte zur Ausbuchung der Kapitalanlagen ohne jeglichen Differenzausgleich bzw. Restwert. Das Finanzamt erkannte die daraus resultierenden Verluste nicht an.
  • Nach Auffassung des BFH sind die in Höhe der Anschaffungskosten angefallenen Verluste steuerlich zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen eines Termingeschäfts vorgelegen haben. Liege ein Termingeschäft vor, folge dies aus dem neuen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a EStG, der jeden Ausgang eines Termingeschäfts erfasst. Die gegenteilige Auffassung zur alten Rechtslage vor 2009 sei überholt. Liege kein Termingeschäft vor, sei ein Fall der "Einlösung" gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG gegeben. Diese Auslegung sei aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, um die Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit auszurichten.

STEUERRAT: Mit dieser Entscheidung setzt der BFH seine Rechtsprechung fort, dass seit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahre 2009 grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt (so bereits BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15, zum insolvenzbedingten Ausfall einer privaten Darlehensforderung). Der Verlust kann gemäß § 20 Abs. 6 EStG mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Dies gilt u.E. unabhängig davon, ob es sich bei den Zertifikaten zivilrechtlich um Optionen oder Festgeschäfte handelt.

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Verluste aus Kapitalanlagen verrechnet werden

 

3. Falschberatung:
Keine Kapitalertragsteuer auf Schadensersatz

Schadensersatzprozesse wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Falschberatung durch Banken und Anlageberater sind leider keine Seltenheit. Oftmals enden die Rechtsstreitigkeiten mit einem Vergleich. Aber wie es im Leben immer ist: Eine steuerliche Komponente hat auch dieser Sachverhalt und so geht der Streit weiter.

AKTUELL hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm eine interessante Entscheidung zur Frage der Kapitalertragsteuerpflicht von Schadensersatzzahlungen gefällt. Danach gilt: Ein Abzug von Kapitalertragsteuer durch das Kreditinstitut von einer Vergleichszahlung wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung bei der Zeichnung eines Schiffsfonds ist nicht gerechtfertigt (Urteil vom 23.10.2018, Az. 34 U 10/18).

  • Der Fall: Ein Kreditinstitut wurde zunächst in einem Vorprozess wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Es ging um einen Anlageschaden im Zusammenhang mit einem Schiffsfonds, zu dem das Kreditinstitut geraten hatte. Dieser Schiffsfonds basierte darauf, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen war und als solcher Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Zur Verfahrensbeendigung schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Kreditinstitut eine Zahlung von 4.000 EUR leisten und die Beteiligung an dem Schiffsfonds bei dem Geschädigten verbleiben sollte. Das Kreditinstitut zahlte lediglich 3.248,16 EUR. Den Restbetrag behielt es als Kapitalertragssteuer ein und führte sie ab. Der Geschädigte verlangte allerdings weiterhin den Restbetrag, weil nach seiner Auffassung die Vergleichszahlung nicht der Kapitalertragsteuer unterlag. Zu Recht, wie das OLG Hamm entschieden hat.
  • Für das Kreditinstitut sei eindeutig erkennbar gewesen, dass die Vergleichssumme - soweit sie der Abgeltung des Anlageschadens und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gedient habe - nicht der Kapitalertragsteuer unterliege. Die steuerliche Konzeption des Schiffsfonds habe nämlich darauf abgezielt, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen sei und gewerbliche Einkünfte erziele. Bei einer solchen Gestaltung erhielte der Anleger gerade keine Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, so dass auch keine Kapitalertragsteuerpflicht bestehe. Aufgrund der Angaben in dem Verkaufsprospekt zu dem Schiffsfonds hätte dem klagenden Kreditinstitut dies bewusst sein müssen. 

STEUERRAT: Es handelt sich um die Entscheidung eines Zivilgerichts. Ob die Schadensersatzzahlung letztlich zu versteuern ist, entscheidet aber natürlich die Finanzverwaltung. Das Bundesfinanzministerium vertritt im aktuellen BMF-Schreiben vom 17.1.2019 (IV C 1 - S 2252/08/10004 :023) folgende Auffassung: "Erhalten Anleger Entschädigungszahlungen für Verluste, die auf Grund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, sind diese Zahlungen besondere Entgelte und Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 oder 2 EStG, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer konkreten einzelnen Transaktion besteht, bei der ein konkreter Verlust entstanden ist oder ein steuerpflichtiger Gewinn vermindert wird. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung ohne eine rechtliche Verpflichtung erfolgt und im Übrigen auch bei Entschädigungszahlungen für künftig zu erwartende Schäden. Sofern die Zahlungen in Zusammenhang mit Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds erfolgen, findet der zum Zeitpunkt der Zahlung geltende Teilfreistellungssatz Anwendung." Die Haltung der Finanzverwaltung dürfte gleichermaßen für gewerbliche Einkünfte gelten. Doch unumstritten ist die Auffassung nicht, wie das Urteil des FG Münster vom 13.5.2016 (7 K 3799/14 E) zeigt. Betroffene sollten sich ggf. auf diese Entscheidung berufen und ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen, bis der BFH in der Revision mit dem Az. VIII R 16/16 entschieden hat.

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Baukindergeld:
Keine Billigkeitsregelung bei "zu früh gestelltem" Antrag

Das neue Baukindergeld hält einige Kuriositäten und auch Ungerechtigkeiten bereit. So ist folgender Fall häufiger anzutreffen: Herr und Frau Müller sind zweifache Eltern. Das zweite Kind wurde 2017 geboren. Im Herbst 2018 haben sie ein Eigenheim gekauft; auch der Einzug erfolgte in 2018. Dementsprechend ist der Antrag auf das Baukindergeld noch in 2018 gestellt worden. Nach den Förderrichtlinien sind nun die Haushaltseinkommen aus den Jahren 2015 und 2016 für den Antrag auf das Baukindergeld maßgebend. In diesen Jahren lag das maßgebende Haushaltseinkommen über dem Betrag von 105.000 EUR, weil Frau Müller vor der Geburt des zweiten Kindes noch gearbeitet hat. Würde man die Jahre 2016 und 2017 betrachten, läge das maßgebliche Einkommen, genauer gesagt der Durchschnitt aus den beiden maßgebenden Jahren, unterhalb des Betrages von 105.000 EUR.

Steuerrat24 hat an die KfW die Frage gerichtet, ob es insoweit eine Billigkeitsregelung gibt, das heißt, ob nicht ausnahmsweise doch das Haushaltseinkommen aus den Jahren 2016 und 2017 zugrunde gelegt werden kann. Doch die KfW verweist darauf, dass es Kulanzregelungen nicht gibt. Für die Ermittlung des zu versteuernden Haushaltseinkommens sind die Einkommensteuerbescheide des zweiten und dritten Jahres vor Antragseingang entscheidend. Die Antragstellung muss innerhalb von drei Monaten nach dem Umzug (entsprechend amtlicher Meldebestätigung) erfolgen. Wurde der Antrag in 2018 gestellt, sind also die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2015 und 2016 entscheidend.

HINWEIS: Die Antwort der KfW zeigt, dass die jungen Eltern den Antrag auf das Baukindergeld eventuell zu früh gestellt haben. Wenn sie die Drei-Monats-Frist ausgereizt hätten, wären die Steuerbescheide 2016 und 2017 maßgebend gewesen und das maßgebende Haushaltseinkommen wäre unterschritten worden. Auf eine Billigkeitsmaßnahme können die Eigenheimbesitzer nicht hoffen.

Weitere Informationen: Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld

 

2. Umsatzsteuer auf Holzhackschnitzel:
Mal 7 Prozent, mal 19 Prozent

Pellets-Heizungen sind derzeit groß in Mode - wie überhaupt Öfen und Kamine, die mit Holz befeuert werden. Da möchte man doch gerne mal wissen, ob das Befeuerungsmaterial, wie Brennholz, Pellets, Holzbriketts usw. mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % oder mit dem normalen Steuersatz von 19 % belastet ist.

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % kann nur für solche Gegenstände angewendet werden, die in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes aufgeführt sind. Gemäß dieser Anlage unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder "ähnlichen Formen" (Nr. 48 Buchstabe a). Ferner gehören dazu Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst (Nr. 48 Buchstabe b). Na prima, denkt der geneigte Steuerbürger, da werden ja wohl Holzhackschnitzel unter "ähnliche Formen" passen. Tatsächlich hatte das Finanzgericht München Holzhackschnitzel als eine "ähnliche Form" von Brennholz beurteilt (FG München vom 19.12.2017, 2 K 668/16). Auch das Niedersächsische Finanzgericht hat für die Lieferung von Holzhackschnitzeln aus landwirtschaftlich gewonnenem Holz den ermäßigten Steuersatz von 7 % berechnet (Niedersächsisches FG vom 16.11.2017, 11 K 113/17).

Doch für Holzhackschnitzel und Holzhackspäne ist die Rechtslage diffiziler:

  • Diese unterliegen nur dann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn sie erst nach weiterer Aufbereitung zum entsprechenden Zerfasern verwendet werden können und dadurch den Charakter von Holzabfällen haben.
  • Umsätze mit Holzhackschnitzeln, die nicht als Holzabfälle eingestuft werden, unterliegen hingegen dem allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 %. Dabei ist es hier unerheblich, ob die Holzhackschnitzel in der Forstwirtschaft, einem Sägewerk, einer Schreinerei oder einer Zimmerei entstehen (BT-Drucksache 16/6904, S. 13).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof diesen steuerlichen Schwachsinn bestätigt und entschieden, dass Holzhackschnitzel, die nicht aus Sägespänen, Holzabfällen oder Holzausschuss hergestellt werden, - anders als gewöhnliches Brennholz - mit einer Umsatzsteuer von 19 % belastet sind. Dies betrifft Schnitt- und Kronenholz, das bei Waldarbeiten anfällt und bei dem es sich nicht um Abfälle oder Ausschuss, sondern um Rohholz handelt (BFH-Urteil vom 26.6.2018, VII R 47/17).

STEUERRAT: Für Holzhackschnitzel aus Rohholz gilt die Mehrwertsteuer von 19 %, während Holzhackschnitzel aus Industrieabfällen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Betroffene müssen sich nun fragen, ob sich anhand eines Hackschnitzels zweifelsfrei feststellen lässt, ob es Industrieabfall ist oder aus Rohholz produziert wurde. Verkäufer von Holzhackschnitzeln, die bisher zum ermäßigten Steuersatz von 7 % verkauft haben, müssen damit rechnen, dass das Finanzamt Umsatzsteuer von ihnen nachfordert. Derzeit ist zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Holzhackschnitzel noch ein Revisionsverfahren vor dem BFH anhängig (Az: V R 6/18).

Aha! Ob Pellets oder Holzbriketts aus Holzabfall oder aus Meterholz hergestellt wurden, macht für Sie von vornherein schon mal einen Preisunterschied von 12 % aus. Diese Differenzierung ist irrwitzig und unverständlich, weil nämlich Brennholz - ganz gleich in welcher Form, auch aus Meterholz - immer mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von nur 7 % belastet ist! Man fasst sich an den Kopf: Die BFH-Richter meinen allen Ernstes, dass Holzhackschnitzel aus Rohholz einerseits und Brennholz andererseits nicht gleichartig seien. Nur weil Brennholz dem ermäßigten Steuersatz unterliege, muss dies nicht auch für Holzhackschnitzel gelten!? Was soll man dazu sagen?

 

3. Fotovoltaik:
Einnahmen aus Fotovoltaik beim Hartz IV-Bezug anrechenbar?

Bei der Gewährung vieler Sozialleistungen wird das eigene Einkommen berücksichtigt. Falls Freibeträge oder Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, führt dies zu einer Kürzung oder zum Wegfall der Leistungen. Zum eigenen Einkommen gehören auch die Einnahmen - besser der Gewinn - aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage.

Das Arbeitslosengeld II ist eine Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige (SGB II). Hier wird jegliches Einkommen berücksichtigt. Die Frage ist, wie die Einnahmen aus einer Fotovoltaikanlage (Einspeisevergütung, Marktprämie nach dem EEG, Mieterstromzuschlag) im Rahmen der Einkommensanrechnung bei Hartz IV-Leistungen zu behandeln sind? Stellen sie Erwerbseinkommen dar mit der Folge, dass die günstigeren Erwerbstätigenfreibeträge greifen?

AKTUELL hat das Landessozialgericht Stuttgart entschieden, dass Einkünfte aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage bei der Berechnung des Leistungsanspruchs nach dem SGB II grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen sind. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit i.S.d. § 11b SGB II, sodass kein Anspruch auf die Erwerbstätigenfreibeträge besteht (§ 11b Abs. 2 sowie Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 SGB II). Die Einnahmen aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage seien strukturell mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vergleichbar (LSG-Urteil vom 23.2.2018, L 1 AS 3710/16).

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist erwerbstätig, wer unter Einsatz seiner Arbeitskraft eine wirtschaftlich verwertbare Leistung gegen Entgelt erbringt, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dem Umstand, dass der Kläger wegen seiner Fotovoltaikanlage ein Gewerbe angemeldet hat und die entsprechenden Einkünfte steuerrechtlich als solche aus Gewerbebetrieb behandelt würden, sei keine entscheidende Bedeutung zuzumessen. Einnahmen aus der Fotovoltaikanlage seien strukturell solchen aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen vergleichbar, bei denen der Einsatz der eigenen Arbeitskraft nicht im Vordergrund stehe. Anders als eine selbstständige Erwerbstätigkeit bedinge der Betrieb einer Fotovoltaikanlage keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb, da trotz etwaigen Wartungs- und Verwaltungsaufwandes gerade nicht die Arbeit des Eigentümers vergütet werde, sondern der Einsatz eines seiner Vermögensgegenstände. Die Einzelheiten der Einkommensberechnung richten sich nach der Alg II-Verordnung.

HINWEIS: Der Erwerbstätigenfreibetrag beträgt für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, 20 Prozent und für den Teil des monatlichen Einkommens, das 1.000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.200 Euro beträgt, 10 Prozent (§ 11b Abs. 3 SGB II). Außerdem gibt es für erwerbstätige Leistungsbezieher weitere Freibeträge, die vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit abgesetzt werden können (§ 11b Abs. 2 SGB II).

Weitere Informationen: Fotovoltaik: Schädliche Einnahmen bei vorzeitiger Rente / Sozialleistungen.

 

4. Grundsteuer:
Musterklage gegen Erhöhung vorerst abgewiesen

In zahlreichen Gemeinden ist die Grundsteuer in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen: Der Grund: Die klammen Kassen der Kommunen müssen gefüllt werden. Nun wehren sich jedoch immer mehr Bürger gegen die - aus ihrer Sicht ungerechtfertigten - Erhöhungen. Und so hat der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Flensburg e.V. ("Haus und Grund") eine Musterklage gegen die Stadt Flensburg eingereicht.

AKTUELL hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht die Klage zwar abgewiesen, allerdings ist wohl davon auszugehen, dass die Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt wird und bis zu einer endgültigen Entscheidung noch einige Jahre ins Land ziehen werden (Urteil vom 6.3.2019, 4 A 612/1). Worum geht es?

  • Die Stadt Flensburg hatte im Jahre 2016 die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 480 % auf 690 % für das Jahr 2017 beschlossen. In dem entsprechenden Beschluss der Ratsversammlung war festgehalten worden, dass die Erhöhung der Finanzierung von verschiedenen Maßnahmen im KiTa-Bereich (u.a. Verbesserung des Betreuungsschlüssels) diene sollte. Gegen die entsprechenden Grundsteuerbescheide wurden insgesamt ca. 14.000 Widersprüche eingelegt. Auch Haus und Grund legte (als betroffener Grundstückseigentümer) Widerspruch ein und erhob nachfolgend Klage, über die entschieden wurde.
  • Mit der Klage wird die Rechtswidrigkeit des Grundsteuerbescheides geltend gemacht. Der zugrunde liegende Beschluss der Ratsversammlung verstoße gegen das Willkürverbot, da Steuern grundsätzlich nicht zweckgebunden erhoben werden dürften. Weiterhin verlange das Gemeindehaushaltsrecht, dass erforderliche Finanzmittel in erster Linie aus Leistungsentgelten zu beschaffen seien. Daher hätten zunächst die Gebühren für KiTa-Plätze erhöht werden müssen. Zudem habe die Steuererhöhung eine erdrosselnde Wirkung für Grundstückseigentümer. Die Stadt Flensburg verteidigt die Erhöhung der Grundsteuer und macht geltend, dass die zugrundeliegende Satzung nicht gegen Haushaltsgrundsätze verstoße.
  • Das Verwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung den Bedenken des Klägers nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Als wesentlich hat es zunächst herausgestellt, dass hinsichtlich der Festsetzung von Grundsteuer-Hebesätzen ein sehr weitgehender, verfassungsrechtlich begründeter Spielraum der Stadt Flensburg bestehe, der durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbar sei. Die maßgeblichen rechtlichen Grenzen, die sich insbesondere aus dem Haushaltsrecht ergeben, seien hier nicht überschritten worden. Es handele sich nicht um eine Zwecksteuer, da eine rechtlich verbindliche Zwecksetzung fehle. Die von dem Kläger ins Feld geführten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seien im Hinblick auf die kommunale Grundsteuer nicht von maßgeblicher Bedeutung. Auch eine Erdrosselungswirkung sei nicht erkennbar, da der durchschnittliche Steuerpflichtige durch die Erhöhung nicht übermäßig belastet werde.

 

VI. Renten und Pensionen

1. Amtsveranlagung für Rentner:
Steuererklärung vom Finanzamt erledigen lassen

Seit 2017 haben Rentnerinnen und Rentner in Mecklenburg-Vorpommern die Möglichkeit, ihre Steuererklärung vom Finanzamt machen zu lassen. Dieses neue Verfahren wird "Amtsveranlagung" genannt.

  • Die Renteneinkünfte werden bereits vom Rententräger in zutreffender Höhe an das Finanzamt übermittelt.
  • Daher ist eine Steuererklärung entbehrlich, wenn neben der Rente keine weiteren steuerrelevanten Sachverhalte vorliegen.
  • Für die Steuererklärung 2018 können erstmals auch Spenden, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen sowie außergewöhnliche Belastungen ganz einfach berücksichtigt werden. Tragen Sie Ihre Aufwendungen in den Erklärungsvordruck ein.
  • In diesem Fall besteht - vorerst nur in Mecklenburg-Vorpommern - die Möglichkeit, dass das Finanzamt die Einkommensteuer eigenständig festsetzt.

Wer die genannten Voraussetzungen erfüllt und künftig auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verzichten möchte, kann dies dem Finanzamt einfach mitteilen. Dafür gibt es einen knapp eine Seite umfassenden Erklärungsvordruck: Hier können Sie den Erklärungsvordruck für die Amtsveranlagung aufrufen (PDF).

Weitere Informationen: Amtsveranlagung für Rentner: Steuererklärung vom Finanzamt erledigen lassen.

Soeben, das heißt mit Wirkung zum 2. Mai 2019 für den Veranlagungszeitraum 2018, haben übrigens die Länder Brandenburg, Bremen und Sachsen "nachgezogen." Sie bieten die neue "Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften“ an.

SERVICE:  Hier können Sie den Erklärungsvordruck zur Veranlagung von Alterseinkünften aufrufen (PDF).

 

2. Betriebliche Altersvorsorge:
Auszahlung aus US-Pensionsplan begünstigt

Zahlreiche Arbeitnehmer haben für eine gewisse Zeit in den USA gearbeitet und dort auch Pensionsansprüche erworben. Bei der späteren Auszahlung der Pension stellt sich die Frage, wie diese zu besteuern ist, wenn der Arbeitnehmer mittlerweile wieder in Deutschland wohnt.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass die Auszahlung aus dem US-amerikanischen 401 (k) Pension Plan lediglich in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Leistung und der Summe der entrichteten Beiträge der deutschen Besteuerung unterliegt (Urteil vom 9.8.2018, 11 K 2738/14).

  • Der Fall: Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er war mehrere Jahre in den USA tätig. Der US-amerikanische Arbeitgeber ermöglichte dem Kläger, an einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan, dem sogenannten 401 (k) Pension Plan teilzunehmen, bei dem sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer für seine Altersversorgung Beiträge an eine US-amerikanische Altersvorsorgeeinrichtung zu leisten hatten. Im Jahre 2011 erhielt der Kläger, der nun wieder in Deutschland lebte, Leistungen aus dem US-Pensionsplan. Er vertrat gegenüber dem Finanzamt die Auffassung, dass die ihm zugeflossenen Auszahlungen nur mit dem Unterschiedsbetrag zwischen der Leistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge zu versteuern seien, da die in der Ansparphase geleisteten Beiträge in Deutschland nicht gefördert worden seien. Das Finanzamt ließ den Abzug vorheriger Einzahlungen nicht zu, unterlag aber vor dem FG Köln, das der Auffassung des Pensionärs folgte.
  • Die Begründung der Richter: Versorgungsleistungen würden zwar vollumfänglich besteuert, wenn die Beiträge zuvor nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert worden seien, wenn also die Arbeitgeberbeiträge auf der Grundlage dieser Vorschrift steuerfrei geblieben seien. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt, wenn Arbeitgeberbeiträge (nur) auf der Grundlage ausländischen Rechts steuerlich gefördert worden seien.

STEUERRAT: Betroffene Pensionäre sollte gegen ablehnende Steuerbescheide Einspruch einlegen und ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen, denn mittlerweile liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. BFH X R 29/18 vor.

 

3. Betriebsrente:
Pensionskassen-Urteil gilt auch für Versorgungsanstalten

Im vergangenen Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zugunsten der Rentner entschieden, dass Rentenzahlungen von Pensionskassen in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nicht beitragspflichtig sind, soweit diese auf selbst finanzierten Beiträgen des Arbeitnehmers nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses beruhen. Die Renten sind ebenso wie Leistungen aus privaten Lebensversicherungen bei pflichtversicherten Rentnern beitragsfrei (BVerfG-Urteil vom 27.6.2018, 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15). Wer schon eine Rente aus einer Pensionskasse bezieht, kann eine Erstattung der zu Unrecht gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge beantragen (§ 26 Abs. 2 und 3 SGB IV). Einzelheiten hierzu enthält der SteuerSparbrief Oktober 2018.

Es stellte sich nun die Frage, ob der Beschluss des BVerfG auch auf andere Leistungen übertragbar ist, speziell der

Leistungen der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes sowie der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB, "Bühnenversorgung") und der Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester (VddKO, "Orchesterversorgung"). Kurze Antwort: Ja, ist er, und zwar auch rückwirkend. Dies ergibt sich aus der Ergebnisniederschrift der Fachkonferenz Beiträge des GKV vom 20.11.2018 (Seite 21 ff.).

STEUERRAT: Damit können nun zahlreiche weitere Rentner - innerhalb der Verjährungsgrenze - Beiträge zurückfordern. Betroffene sollten diese Möglichkeit umgehend nutzen.

 

4. Altersentlastungsbetrag:
Auch bei negativer "Summe der Einkünfte" abziehbar

Wer zu Beginn des Steuerjahres mindestens 64 Jahre alt ist, bekommt für seine Einkünfte aus einer Beschäftigung und für bestimmte andere Einkünfte eine Steuervergünstigung: den sog. Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG). Der Altersentlastungsbetrag wird abgezogen von der "Summe der Einkünfte", wodurch sich danach der "Gesamtbetrag der Einkünfte" ergibt. Die Frage ist, ob der Altersentlastungsbetrag auch dann zu berücksichtigen ist, wenn die "Summe der Einkünfte" bereits negativ ist und sich durch den Altersentlastungsbetrag der Verlustvortrag nach § 10d EStG erhöht.

Der Fall: Der Kläger erzielt u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, für die er dem Grunde nach Anspruch auf den Altersentlastungsbetrag hat. Die "Summe der Einkünfte" (ohne Altersentlastungsbetrag) beträgt minus 26.000 EUR, und mit Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrages (1.000 EUR) ergibt sich ein "Gesamtbetrag der Einkünfte" von minus 27.000 EUR. Das Finanzamt berücksichtigt den Altersentlastungsbetrag nicht und setzt den Verlustvortrag mit 26.000 EUR fest. Nach Auffassung des Fiskus würde nur die "Summe der negativen Einkünfte" vor- und zurückgetragen, nicht jedoch der negative "Gesamtbetrag der Einkünfte".

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln zugunsten der Steuerbürger entschieden, dass der Altersentlastungsbetrag auch von einer negativen "Summe der Einkünfte" abzuziehen ist und sich dadurch der negative "Gesamtbetrag der Einkünfte" und der Verlustvortrag nach § 10d EStG weiter erhöht (FG Köln vom 12.12.2018, 10 K 1730/17).

Nach Ansicht der Richter ist dem Gesetzeswortlaut eine Beschränkung des Verlustabzugs nach § 10d EStG auf die negativen Einkünfte ohne Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrages nicht zu entnehmen. Der Altersentlastungsbetrag solle die positiven Einkünfte von älteren Steuerzahlern ermäßigen. Er werde daher von der positiven "Summe der Einkünfte" ermittelt. Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, ergebe den "Gesamtbetrag der Einkünfte". Somit führt eine negative "Summe der Einkünfte" durch den Altersentlastungsbetrag zu einem noch höheren negativen "Gesamtbetrag der Einkünfte". Und dadurch erhöht sich auch der verbleibende Verlustvortrag nach § 10d EStG.

Weitere Informationen:

 

5. Vorgezogene Altersente:
Was gilt bei Ausgleichszahlungen des Arbeitgebers?

Wer vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt, muss eine Minderung seiner Rente hinnehmen.

Diese kann jedoch durch eine gesonderte Zahlung von Beiträgen ausgeglichen werden. Werden die Ausgleichsbeiträge vom Arbeitgeber übernommen, ist nach § 3 Nr. 28 EStG die Hälfte der Beiträge steuerfrei. Die andere Hälfte der Ausgleichsbeiträge wird von der Finanzverwaltung als Teil der Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 EStG behandelt, die im Zusammenhang mit der Auflösung eines Dienstverhältnisses geleistet wird (vgl. BMF-Schreiben vom 24.5.2004, BStBl 2004 I S. 633 unter V.). Hierfür kommt die so genannte Fünftel-Regelung in Betracht, die zumindest eine kleine Steuerermäßigung bringt.

Die Sozialversicherungsträger vertreten die Auffassung, dass die vom Arbeitgeber übernommene Ausgleichszahlung gänzlich nicht zum Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV zu zählen ist, da diese den Entschädigungen für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes gleichzusetzen sind, die nicht zum Arbeitsentgelt gehören. Es fallen demnach keine Sozialversicherungsbeiträge an. Doch jüngst kamen den Sozialversicherungsträgern Zweifel, ob diese Haltung noch richtig ist. Denn mit dem Flexirentengesetz wurde der frühestmögliche Zeitpunkt für die Zahlung der Ausgleichsbeiträge um fünf Jahre vorgezogen. Damit verlängert sich die Zeit von der frühestmöglichen Beitragszahlung bis zum tatsächlichen Anspruch auf eine Altersrente mit Abschlägen auf einen Zeitraum von 13 bis 17 Jahren.

Voraussetzung für die Berechtigung zu den Ausgleichszahlungen ist lediglich die erklärte Absicht des Versicherten, eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen in Anspruch nehmen zu wollen. Erste Tarifverträge räumen den Beschäftigten zudem einen monatlichen Anspruch auf Arbeitgeberleistungen zur Finanzierung von Ausgleichsbeiträgen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr ein.

Steuerrechtlich bleibt es dabei, dass die Ausgleichszahlungen durch einen Arbeitgeber als Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 EStG behandelt werden. Es genügt eine Erklärung des Beschäftigten gegenüber einem Rentenversicherungsträger, 13 bis 17 Jahre später eine vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen und daher Ausgleichsbeiträge zahlen zu wollen. Es wird mithin die Absicht zu unterstellt, das Dienstverhältnis auch entsprechend vorzeitig beenden zu wollen. Eine schriftliche Vereinbarung über die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses wird nicht gefordert.

Doch Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber können auch beitragsrechtlich aufatmen. Die Sozialversicherungsträger sind übereingekommen, ihre rechtlichen Bedenken zurückzustellen und weiterhin der steuerrechtlichen Auffassung zu folgen. Demnach wird die Finanzierung der Ausgleichszahlung durch Arbeitgeber grundsätzlich als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes angesehen, die im vollen Umfang beitragsfrei ist. Eine konkrete Vereinbarung über eine vorzeitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei nicht zwingend erforderlich (Niederschrift der Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 21.11.2018, Top 6).

ACHTUNG: Eine Beitragszahlung durch den Arbeitgeber im Wege der Gehaltsumwandlung ist schädlich, das heißt, sie führt weder zur Steuer- noch zur Beitragsfreiheit (summa summarum 1/2019, S. 8).

 

6. Direktversicherung:
Keine Beitragspflicht bei Auszahlung an Kind über 27 Jahre

Gesetzlich krankenversicherte Rentner müssen auch für Betriebsrenten, z.B. aus einer Direktversicherung, Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Doch was ist im Todesfall? Sind für die Hinterbliebenenleistungen ebenfalls Beiträge zu zahlen?

AKTUELL hat das Bundessozialgericht entschieden, dass Einnahmen aus einer betrieblichen Altersversorgung in Form der Direktversicherung jedenfalls dann keine beitragspflichtigen Versorgungsbezüge sind, wenn das Kind im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr vollendet hat (BSG-Urteil vom 26.2.2019, B 12 KR 12/18 R).

  • Der Fall: Nach dem Tod ihres Vaters erhielt die Tochter eine Kapitalleistung aus einer Direktversicherung ausbezahlt. Die Direktversicherung hatte der ehemalige Arbeitgeber des Vaters im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand führte der Vater die Direktversicherung in eigenem Namen fort. Das Bezugsrecht im Todesfall lautete auf die Tochter. Im Zeitpunkt des Todes ihres Vaters war die Tochter 35 Jahre alt. Die Kranken- und Pflegekasse zog die Kapitalleistung für einen Zeitraum von zehn Jahren zur Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung heran. Hiergegen wehrte sich die Tochter erfolgreich.
  • Die Begründung des BSG: Für einen auf Hinterbliebenenversorgung gerichteten Versorgungszweck genüge es nicht, dass dem früheren Arbeitnehmer in dem von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherungsvertrag auch Leistungen der Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurden und der Empfänger der Leistung über ein eigenes Bezugsrecht im Todesfall verfügt. Vielmehr müsse die Leistung u.a. "zur Hinterbliebenenversorgung erzielt" worden sein. Handelt es sich bei dem Hinterbliebenen um ein Kind i.S. von § 48 SGB VI, sei eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung bei typisierender Betrachtung jedenfalls dann nicht mehr zur Hinterbliebenenversorgung erzielt, wenn es im Zeitpunkt des Versicherungsfalls die Höchstaltersgrenze von 27 Jahren überschritten hat.

 

VII. Selbstständige

1. Sozialversicherungsprüfung:
Säumniszuschläge nur noch bei bedingtem Vorsatz

Prüfungen der Sozialversicherungsträger können teuer werden. Denn wenn es zu Beanstandungen kommt, werden nicht nur Nachzahlungen, sondern üblicherweise auch Säumniszuschläge fällig, und zwar ein Prozent pro Monat (§ 24 Abs. 1 SGB IV). Damit liegen die Zuschläge außerhalb jedes normalen Zinssatzes und haben reinen Strafcharakter. Doch nun gibt es Hoffnung, denn das Bundessozialgericht (BSG) hat die Rechte der Arbeitgeber gestärkt.

AKTUELL hat das BSG in einer bahnbrechenden Entscheidung festgestellt, dass Säumniszuschläge bei Fahrlässigkeit oder bei falscher Interpretation einer Rechtsvorschrift nicht festgesetzt werden dürfen. Und das dürfte angesichts der Schwierigkeit des Rechtsgebiets sehr häufig gegeben sein (BSG-Urteil vom 12.12.2018, B 12 R 15/18 R).

  • Der Fall: Die klagende GmbH betreibt ein Busunternehmen mit speziell für einen 24-stündigen Aufenthalt ausgestatteten Reisebussen. Sie beschäftigte eigene Fahrer und zog regelmäßig weitere Fahrer (sog. Tourbegleiter) heran, die sie als selbstständig behandelte und nicht zur Sozialversicherung anmeldete. Insoweit forderte die Deutsche Rentenversicherung Westfalen von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge sowie Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 19.737,21 EUR. Hiergegen wehrte sich das Unternehmen und die Sache ging bis vor das BSG. Dieses hat zwar noch nicht endgültig entscheiden können, aber doch einen entscheidenden Wink mit dem Zaunpfahl gegeben.
  • Danach gilt: Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Kenntnis von der Zahlungspflicht bedeutet, dass der Arbeitgeber sicher weiß, rechtlich und tatsächlich zur Beitragszahlung verpflichtet zu sein.
  • Ob das Fehlen der Beitragszahlung unverschuldet ist, bestimme sich nicht nach § 276 BGB, sondern nach einem eigenständigen Verschuldensmaßstab. Verschulden im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV setze wenigstens bedingten Vorsatz voraus. Das folge aus der Systematik des SGB IV und dem Zweck der Säumniszuschläge. Auch könne der Zweck der Säumniszuschläge, Druck auf die Zahlungspflichtigen mit dem Ziel einer rechtzeitigen Beitragszahlung auszuüben und verspätete Zahlungen zu sanktionieren, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nur erreicht werden, wenn der betroffene Arbeitgeber seine Zahlungspflicht zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.

STEUERRAT: Das BSG konnte wegen fehlender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden, ob die klagende GmbH unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Beitragszahlungspflicht hatte. Daher wurde der Fall an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Dennoch sind die Ausführungen als sehr erfreulich zu werten. Arbeitgeber sollten Säumniszuschläge mit dem "Urteil unterm Arm" daher nicht mehr einfach hinnehmen und bereits gezahlte Beträge unter Hinweis auf § 44 SGB X - soweit möglich - zurückfordern.

 

2. GmbH:
Nicht genommener Urlaub des Geschäftsführers kann abgegolten werden

Eine gute Auftragslage hat manchen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH dazu veranlasst, seinen ihm zustehenden Urlaub nicht oder nur teilweise anzutreten. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob der nicht genommene Urlaub finanziell abgegolten werden kann. Bei einem normalen Arbeitnehmer ist das regelmäßig kein Problem, bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer ist die Finanzverwaltung jedoch sehr streng und wittert bei derartigen Zahlungen oftmals eine verdeckte Gewinnausschüttung.

Doch auch die Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs können beruhigt werden. Der Bundesfinanzhof hat mehrfach entschieden, dass Abgeltungszahlungen für nicht in Anspruch genommenen Urlaub an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen. Wichtig ist jedoch, dass (üblicherweise im Gesellschafterbeschluss) betriebliche Gründe benannt werden, die der Inanspruchnahme des Urlaubs entgegenstanden. Übrigens bedarf es keiner Regelung im Anstellungsvertrag, dass eine finanzielle Urlaubsabgeltung möglich ist. Auch bei Fehlen von Vereinbarungen zu den Voraussetzungen der Zahlungen oder bei einem eventuellen gesetzlichen Verbot der Abgeltung von Urlaubsansprüchen kommt es nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen (BFH-Urteile vom 28.1.2004, I R 50/03, und vom 6.10.2006, I B 28/06).

 

3. Umsatzsteuer:
Warum nun auch bei Kleinbeträgen Voranmeldungen fällig werden

Sind Sie Anfang des Jahres von Ihrem Finanzamt aufgefordert worden, von nun an Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben, obwohl Sie nur ganz geringe Umsätze erzielt haben? Und obwohl Ihre umsatzsteuerliche Zahllast pro Jahr bislang weniger als 1.000 EUR betrug? Oder obwohl Sie eigentlich Kleinunternehmer sind? Dann befinden Sie sich in guter Gesellschaft, denn so ergeht es derzeit tausenden kleinerer Unternehmer.

Hintergrund ist eine etwas versteckte Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses, konkret des Abschnitts 18.2 Abs. 2 UStAE. Dieser hält die Finanzverwaltung eigentlich an, Unternehmer mit nicht mehr als 1.000 EUR Umsatzsteuer pro Jahr von der Abgabe unterjähriger Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu befreien. Allerdings besagt der Satz 3 der Vorschrift, dass die Finanzämter in bestimmten Ausnahmefällen doch Voranmeldungen verlangen sollen. Und diese Fälle sind nun drastisch ausgedehnt worden, genauer gesagt um die Sachverhalte, die in § 18 Abs. 4a UStG genannt sind.

§ 18 Abs. 4a UStG bestimmt die generelle Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen und Steuererklärungen unter anderem auch für:

  • Unternehmer, die als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schulden (Umkehr der Steuerschuld oder auch Reverse-Charge-Verfahren genannt),
  • Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG.

Gerade der erstgenannte Fall dürfte recht häufig auftreten, beispielsweise wenn eine Leistung von einem Unternehmer empfangen wird, der im EU-Ausland sitzt. Auch bei Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG sind in diesen Fällen zumindest vierteljährliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben.

 

4. Umsatzsteuer: Keine Steuerfreiheit mehr für Privatlehrer?

Wie zu befürchten war, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) keine umsatzsteuerliche Befreiung für Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist gewährt. Es handele sich nicht um einen von der Mehrwertsteuer befreiten Schul- und Hochschulunterricht. Das Urteil dürfte weit über den Fall der Fahrschulen hinausgehen und möglicherweise zu einem vollkommen neuen Verständnis der Steuerbefreiung für unterrichtende Leistungen führen. Privatlehrer, die keinen allgemeinbildenden Unterricht oder keinen Unterricht an allgemeinen Schulen erteilen, müssen befürchten, dass ihre Leistungen nicht (mehr) umsatzsteuerfrei sind (EuGH-Urteil vom 14.3.2019, Rs. C-449/17).

  • Der Fall: Die private Fahrschule A & G Fahrschul-Akademie wendete sich gegen die Weigerung der deutschen Steuerbehörden, den von ihr erteilten Fahrunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien. Konkret ging es um Unterricht im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C11, also für Kraftwagen, die zur Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut sind und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 bzw. 7,5 Tonnen nicht überschreitet. A & G machte geltend, der von ihr erteilte Unterricht umfasse die Vermittlung von zugleich praktischen und theoretischen Kenntnissen, die für den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erforderlich seien. Dieser Unterricht verfolge keinen bloßen Freizeitzweck, da mit dem Besitz der betreffenden Fahrerlaubnisse u.a. beruflichen Anforderungen entsprochen werden könne. Für den zu diesem Zweck erteilten Unterricht müsse daher die von der Mehrwertsteuerrichtlinie für den "Schul- und Hochschulunterricht" vorgesehene Befreiung gelten.
  • Der Bundesfinanzhof konnte nicht selbst entscheiden und hat die Sache daher dem EuGH vorgelegt. Er wollte wissen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts den in Rede stehenden Fahrunterricht umfasst. Der EuGH hat dies verneint. Er führt dazu aus, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen verweist. Dieser Begriff umfasse nicht Fahrunterricht, der von einer Fahrschule wie A & G im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.
  • Der Fahrunterricht mag sich zwar vielleicht auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen. Er bleibe aber ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

STEUERRAT: Schwimmlehrer, Tanzlehrer, Sportlehrer und Privatlehrer allgemein, die nicht an allgemeinbildenden Schulen unterrichten, sollten davon ausgehen, dass sie künftig umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, sofern sie nicht ohnehin bereits Umsatzsteuer abführen. Dennoch sollten sie - bis auf Weiteres - davon absehen, Umsatzsteuer in Rechnungen offen auszuweisen, wenn sie ihre Leistungen an Privatleute erbringen.

 

VIII. Steuergrundlagen

1. Steuererklärung:
Rangfolge bei Ehegatten und Lebenspartnern im Steuerformular

Im Steuerhauptformular gilt eine Rangfolge bezüglich der Steuerpflichtigen: Bei Zusammenveranlagung von Ehegatten ist an erster Stelle grundsätzlich der Ehemann und an zweiter Stelle die Ehefrau einzutragen. Dies gilt auch dann, wenn nicht der Mann, sondern die Frau das Geld nach Hause bringt.

Der Streit um die Rangfolge unter Eheleuten wurde sogar schon gerichtlich geklärt: Ehefrauen, die mit ihrem Ehemann zusammen zur Steuer veranlagt werden und daher gemeinsame Steuerbescheide erhalten, müssen es hinnehmen, dass ihr Name in den Bescheiden - wie auch im sonstigen Schriftwechsel mit den Finanzbehörden - an zweiter Stelle nach dem Namen des Mannes genannt wird (FG Berlin-Brandenburg vom 14.1.2009, 3 K 1147/06). Nach Ansicht der Finanzrichter (oder waren daran etwa auch Richterinnen beteiligt?) wird das Grundrecht einer Ehefrau auf Gleichbehandlung der Geschlechter nicht durch die Praxis der Finanzbehörden verletzt, den Namen der Frau an zweiter Stelle zu nennen. Dabei handele es sich um ein von der Datenverarbeitung der Finanzverwaltung zwingend vorgegebenes, wertungsfreies Ordnungssystem. Der Umstand, dass gelegentlich die Ehefrau das gesamte oder den größeren Teil des Familieneinkommens erwirtschafte, spiele dabei keine Rolle.

Und wie steht's um die Rangfolge bei gleichgeschlechtlichen Ehen? Seit dem 1.10.2017 ist die "Ehe für alle" - also auch für gleichgeschlechtliche Paare - Wirklichkeit. Und wie ist die Rangfolge bei Lebenspartnern, die vor diesem Zeitpunkt eine Lebenspartnerschaft nach altem Lebenspartnerschaftsgesetz begründet hatten?

Hier ist bei Wahl der Zusammenveranlagung als Person A die Person einzutragen, die nach alphabetischer Reihenfolge des Nachnamens an erster Stelle steht. Ist der Nachname gleich, kommt der Partner an die erste Stelle, dessen Vorname im Alphabet vorne steht. Haben beide den gleichen Vornamen, steht der ältere Partner vorne. Dies alles gilt unabhängig davon, wer wie viel des Einkommens erwirtschaftet.

 

2. Einkommensteuer-Vorauszahlungen:
Steuerhinterziehung bei falschen Angaben

Steuerbürger, bei denen die Einkommensteuer nicht bereits durch die Lohnsteuer oder Kapitalertragsteuer abgegolten ist, müssen vierteljährliche Vorauszahlungen auf die voraussichtliche Steuerschuld entrichten. Das Finanzamt greift bei der Festsetzung der Vorauszahlungen entweder auf die bekannten Werte des Vorjahres zurück oder hält sich an die Angaben der Steuerpflichtigen, wenn diese Mitteilungen zu ihrem voraussichtlichen Einkommen machen.

Doch die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen wird von den Steuerbürgern ganz unterschiedlich beurteilt: Die einen sind froh, wenn die Vorauszahlungen vielleicht etwas höher festgesetzt werden, damit sie später nicht nachzahlen müssen. Die anderen haben überhaupt kein Interesse daran, dem Fiskus - aus ihrer Sicht - ein Darlehen zu gewähren. Und wieder andere verfügen eventuell gerade nicht über die Liquidität, um die Vorauszahlungen zu leisten. Wer jedoch glaubt, die Höhe der Vorauszahlungen durch falsche Angaben verringern zu können, sei gewarnt: Hat ein Steuerpflichtiger einen Antrag auf Festsetzung oder Herabsetzung der Vorauszahlungen vorsätzlich mit unrichtigen oder unvollständigen Angaben gestellt und kommt es hierdurch zu einer zu niedrigen Festsetzung von Vorauszahlungen, liegt eine Steuerhinterziehung vor.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium seinen Anwendungserlass zur Abgabenordnung umfassend überarbeitet und deutlich auf die möglichen Arten der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Steuervorauszahlungen hingewiesen. Und vor allem: Die verkürzten Steuervorauszahlungen werden mit 0,5 Prozent pro Monat recht happig verzinst. Der Zinslauf endet erst mit der Begleichung der Abschlusszahlung (AEAO zu § 235 u. § 238 AO vom 31.1.2019).

HINWEIS: Nach Informationen des Steuerrat24 werden die Finanzbeamten von ihren vorgesetzten Dienstbehörden nun zunehmend angehalten, die Fälle mit zu niedrig festgesetzten Vorauszahlungen näher unter die Lupe zu nehmen. Daher ist damit zu rechnen, dass es häufiger als früher zur Festsetzung von Bußgeldern und von Hinterziehungszinsen kommen wird. Da wird das "nicht gewährte Darlehen" plötzlich recht teuer. ABER: Natürlich soll dies diejenigen, die tatsächlich mit einem niedrigeren Einkommen als im Vorjahr rechnen, nicht davon abhalten, berechtigte Anträge auf Herabsetzung ihrer Vorauszahlungen zu stellen.

 

IX. Soziales

1. Tagesmütter und -väter:
Erstattung der Kosten bei freiwilliger Versicherung

Die Arbeit von selbstständigen Tagesmüttern und -vätern kann eigentlich nicht hoch genug gewertet werden. Umso ärgerlich ist es, wenn sich die Betroffenen mit den Behörden um die Erstattung ihrer Aufwendungen streiten müssen. Doch zumindest in Bezug auf die Übernahme der Kosten für eine freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung gibt es ein erfreuliches Urteil.

AKTUELL hat das Bundesverwaltungsgericht wie folgt entschieden: Jugendämter müssen selbstständigen Tagesmüttern und -vätern die Hälfte ihrer Aufwendungen für eine freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung erstatten und dürfen sie nicht um Aufwendungen für Beitragsanteile kürzen, die rechnerisch auf die im Rahmen der Beitragsbemessung angerechneten Einnahmen ihres Ehe- oder Lebenspartners zurückzuführen sind (Urteil vom 28.2.2019, BVerwG 5 C 1.18).

  • Der Fall: Eine Tagesmutter war von Juni bis Dezember 2012 freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ihr Ehemann gehörte als Polizeibeamter keiner gesetzlichen Krankenversicherung an. Aus diesem Grund berücksichtigte die gesetzliche Krankenkasse für die Beitragsbemessung neben den eigenen Einnahmen der Klägerin als Tagesmutter auch Einnahmen ihres Ehemannes und setzte für die Kranken- und Pflegeversicherung monatlich insgesamt rund 253 EUR fest. Damit beliefen sich die sozialversicherungsrechtlichen Aufwendungen für die Klägerin in den streitigen Monaten auf rund 1.771 EUR. Auf ihren Antrag, ihr diese zur Hälfte zu erstatten, gewährte ihr die beklagte Stadt rund 496 EUR. Eine weitere Erstattung lehnte sie mit der Begründung ab, sie sei als Trägerin des Jugendamtes nur verpflichtet, die Hälfte der angemessenen Aufwendungen zu einer Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten. Hierzu gehörten nicht Aufwendungen für Beitragsanteile, die auf die Einnahmen des Ehemannes zurückzuführen seien. Das Oberverwaltungsgericht hat die Stadt jedoch zur Erstattung von weiteren 390 EUR verpflichtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil im Ergebnis bestätigt.
  • Nach der Anspruchsgrundlage (§ 23 Abs. 2 Nr. 4SGB VIII) seien die nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung zur Hälfte zu erstatten. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Angemessen sei jedenfalls eine freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Die Vorschrift verlange nicht, dass auch die nachgewiesenen Aufwendungen an sich angemessen sein müssen.

 

2. Alten-WG: Haushaltsscheck-Verfahren für angestellten Minijobber zulässig

Für einen Minijobber im Haushaltsbereich sind lediglich 12 Prozent Abgaben fällig, während es im gewerblichen Bereich 30 Prozent sind. Zudem kann im ersten Fall das einfache Haushaltsscheck-Verfahren genutzt werden. Doch im Einzelfall kann die Frage, wann das Haushaltsscheck-Verfahren zulässig ist, umstritten sein und zu rechtlichen Streitigkeiten führen.

AKTUELL war eine Wohngruppe schwer pflegebedürftiger Menschen mit ihrer Klage erfolgreich. Sie dürfen die Abgaben für ihren Minijobber mittels Haushaltsscheck-Verfahren abführen und somit Beiträge sparen (Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.07.2018, S 4 KN 349/16).

  • Der Fall: Die Wohngruppe bestand aus mehreren wechselnden Mitgliedern, die sich zum selbstverantwortlichen gemeinsamen Leben und zur gemeinsamen Haushaltsführung zusammenschlossen. Die Wohngruppe beschäftigte als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Reinigungshilfe als Minijobberin. Dafür beantragte sie die Anmeldung zur Sozialversicherung im Wege des Haushaltsscheck-Verfahrens. Das Haushaltsscheck-Verfahren ist eine besonders einfache Art, einen Minijob sozialversicherungsrechtlich anzumelden. Die monatliche Ersparnis im Haushaltsscheckverfahren lag für die Wohngruppe bei monatlich etwa 100 EUR. Die Knappschaft-Bahn-See lehnte die Anmeldung im Wege des Haushaltsscheck-Verfahrens ab. Die Beschäftigung erfolge nicht in einem Privathaushalt, sondern sei als gewerblich anzusehen.
  • Das SG Düsseldorf folgte der Argumentation der Wohngruppe. Für jedes Mitglied der Wohngruppe handele es sich um dessen privaten Haushalt. Ein Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer privaten Wohngemeinschaft ändere daran nichts. Der Umstand, dass die Wohngemeinschaft nach außen als GbR auftrete, führe auch nicht zu der Annahme eines Gewerbes. Die Wohngruppe betätige sich nicht wirtschaftlich mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern benötige Unterstützung bei Haushaltsdienstleistungen. Die Wohngruppe unterscheide sich zudem erheblich beispielsweise von einer Wohnungseigentümergemeinschaft, bei der es regelmäßig nur um die Reinigung einiger weniger gemeinsamer Räume und Treppen gehe und der Privathaushalt nicht im Vordergrund stehe.

 

3. Kinderzuschlag für Geringverdiener:
Erhöhung zum 1. Juli 2019 duch das "Starke-Familien-Gesetz"

Der Bundestag hat am 21.3.2019 das "Starke-Familien-Gesetz" verabschiedet. Ziel des Gesetzes ist, Familien mit kleinen und mittleren Einkommen wirksamer vor Armut zu schützen, den Bedarf von Kindern zu sichern und dafür zu sorgen, dass sich auch bei kleinen Einkommen Erwerbstätigkeit lohnt. Zu diesem Zweck werden der Kinderzuschlag zum Kindergeld erhöht und neugestaltet sowie die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets verbessert. Besonders Alleinerziehende sollen durch das "Starke-Familien-Gesetz" profitieren.

Zum 1. Juli 2019 wird der Kinderzuschlag (§ 6a Bundeskindergeldgesetz) von jetzt maximal 170 EUR auf 185 EUR pro Monat und Kind erhöht. Kindeseinkommen (z.B. Unterhaltszahlungen) soll den Kinderzuschlag nur noch zu 45 Prozent mindern, statt wie bisher zu 100 Prozent. Damit wird der Kinderzuschlag für Alleinerziehende geöffnet, auch wenn die Kinder Unterhaltszahlungen oder -vorschuss erhalten.

Zum 1. Januar 2020 entfallen die oberen Einkommensgrenzen für den Bezug des Kinderzuschlags. Einkommen der Eltern, das über ihren eigenen Bedarf hinausgeht, wird nur noch zu 45 Prozent, statt heute 50 Prozent, auf den Kinderzuschlag angerechnet. Damit wird die sog. Abbruchkante, an der der Kinderzuschlag bislang schlagartig entfällt, abgeschafft.

Ferner wird zum 1. August 2019 das sog. Bildungs- und Teilhabepaket verbessert: Das Schulstarterpaket steigt von 100 EUR auf 150 EUR und in den Folgejahren entsprechend der Steigerung der Regelsätze. Die monatliche Teilhabeleistung steigt von 10 EUR auf 15 EUR; damit können die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel den Beitrag für Musik- und Sportvereine bezahlen. Die Eigenanteile der Eltern für das gemeinsame Mittagessen in Kita und Schule sowie für die Schülerfahrkarte fallen weg. Darüber hinaus kann eine Lernförderung auch beansprucht werden, wenn die Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist.

Zusätzlich zum Starke-Familien-Gesetz werden mit dem Gute-KiTa-Gesetz alle Eltern, die Kinderzuschlag, Leistungen aus dem SGB II oder Wohngeld beziehen, in Zukunft von KiTa-Gebühren befreit (Quelle: Bundesfamilienministerium, PM vom 21.3.2019).

Weitere Informationen: Kinderzuschlag für Geringverdiener

 

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