Viele Arbeitnehmer üben ihre Tätigkeit von zuhause aus. Zuweilen vermieten Arbeitnehmer ihr häusliches Büro oder eine ganze Arbeitswohnung auch an den Arbeitgeber, weil ein vorrangig betriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Nutzung der Räumlichkeiten besteht. Die Miete führt dann beim Arbeitnehmer zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung; die Aufwendungen sind als Werbungskosten grundsätzlich in voller Höhe abziehbar. Voraussetzung ist unter anderem, dass der Arbeitgeber mit dem Mitarbeiter einen Heimbüro-Mietvertrag abschließt und ihm für die Nutzung des Arbeitszimmers die Miete auch tatsächlich zahlt (vgl. SteuerSparbrief September 2020 mit weiteren Einzelheiten). Was aber gilt, wenn bei der Vermietung die Arbeitszimmerkosten höher sind als die Mieteinnahmen? Werden dann die Verluste steuerlich anerkannt?

Finanzverwaltung und Rechtsprechung haben früher bei einer auf Dauer angelegten Vermietung stets eine Überschusserzielungsabsicht unterstellt und die Verluste ohne weiteres anerkannt (BMF-Schreiben vom 13.12.2005, BStBl 2006 I S. 4). Im Jahre 2018 hat der Bundesfinanzhof aber gegen die Auffassung des Fiskus entschieden, dass die Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber zu dessen betrieblichen Zwecken als gewerbliche Vermietung einzuordnen ist. Folge: Der Arbeitnehmer kann Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt (BFH-Urteil vom 17.4.2018, IX R 9/17).

Daraufhin hat auch der Fiskus seine Auffassung geändert und verlangt nun - dem BFH folgend - im Verlustfall eine Überschussprognose, d.h. Verluste aus der Vermietung werden nur noch dann anerkannt, wenn sich auf Dauer ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ergibt. Es handele sich um "Gewerbeimmobilien, für die die Einkünfteerzielungsabsicht ohne typisierende Vermutung durch objektbezogene Überschussprognose festzustellen ist" (BMF-Schreiben vom 18.4.2019, BStBl 2019 I S. 461).

Diese Neuregelung gilt in allen offenen Fällen. Für Mietverträge, die vor dem 1.1.2019 abgeschlossen wurden, unterstellen die Finanzbeamten im Verlustfall aber weiterhin eine Einkünfteerzielungsabsicht und erkennen die Verluste ohne Einschränkung als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften an (entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 16.9.2004, BStBl 2006 II S. 10).

STEUERRAT:  Es stellt sich natürlich die Frage, wie eine solche Überschussprognose vorzunehmen ist und - vor allem - wie lang der Prognosezeitraum sein muss. Antwort: Grundsätzlich kann von einem Prognosezeitraum von 30 Jahren ausgegangen werden (siehe z.B. BFH-Urteil vom 19.2.2019, IX R 16/18). Verwenden Sie zur Aufstellung der Kosten zum Beispiel die Vordrucke „Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung“ oder „Arbeitszimmer in der Mietwohnung“ (vgl. Rubrik Arbeitshilfen 2019 unter der Rubrik "Steuererklärung") und stellen Sie die jeweiligen Mieteinnahmen gegenüber. Sofern sich hier ein
- dauerhafter - Verlust ergibt, müssen Sie eventuell gegensteuern. Das heißt: Entweder müssen die Kosten gesenkt oder aber die Miete erhöht werden.

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln aber entschieden, dass der Prognosezeitraum kürzer ist, wenn der Ruhestand des Arbeitnehmers in wenigen Jahren absehbar ist. Im Urteilsfall war der Arbeitnehmer bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 2003 bereits 58 Jahre alt. Im Streitjahr 2012 war er sogar schon 67 Jahre alt. Und zudem war unstreitig, dass die Tätigkeit für den Arbeitgeber im Jahre 2016 beendet wurde. Mithin ergab sich ein Prognosezeitraum von nur 13 Jahren (2003 bis 2016). Und in diesem Zeitraum wurde ein Verlust von über 72.558 EUR angehäuft, wie eine Aufstellung des Finanzamts ergab. Eine eigene Überschussprognose hatten die Kläger nicht erstellt. Objektiv war ein Totalüberschuss also nicht möglich und den Kosten blieb der Abzug verwehrt (FG Köln, Urteil vom 12.2.2020, 5 K 2225/18).

STEUERRAT: Das Urteil ist übrigens auch verfahrensrechtlich von Interesse. Nach dem genannten BMF-Schreiben vom 18.4.2019 wäre eine Überschussprognose eigentlich nicht erforderlich gewesen, weil der Mietvertrag ja bereits vor dem 1.1.2019 abgeschlossen wurde. Doch mit einer eher fadenscheinigen Begründung hat das betreffende Finanzamt das Verfahren weiter betrieben und die Gerichtsentscheidung eingefordert. Das Finanzgericht wiederum sah den Erlass des Fiskus seltsamerweise als nicht einschlägig an und hat sich nur an die Rechtsprechung des BFH gehalten. Wahrscheinlich war der Fall mit dem hohen Verlust einfach zu drastisch, als dass man die Übergangsregelung für anwendbar hielt. Und zugegeben: Bei allem Verständnis für die Kläger ist der Fall wohl zu sehr auf die Spitze getrieben worden, weil diese - neben dem hohen Verlust - auch noch die Umsatzsteuer aus den Kosten als Vorsteuer abziehen wollten. Das war dann offenbar des Guten zu viel (vgl. zum Vorsteuerabzug SteuerSparbrief September 2020).

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