Wird eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung wieder verkauft, ist ein Veräußerungsgewinn zu versteuern. Nur ein Gewinn aus dem Verkauf des selbstgenutzten Eigenheims bleibt steuerfrei. Voraussetzung dafür ist, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (Alternative 1) oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (Alternative 2). Leider zeigt die Praxis, dass es im Zusammenhang mit der Berechnung der Zehn-Jahres-Frist und den Voraussetzungen der Steuerbefreiungen immer wieder zu teuren Fehlern kommt, etwa bei einem Hausverkauf anlässlich einer Trennung.

So hat das Hessische Finanzgericht entschieden: Trennt sich der Eigentümer einer Wohnung von seiner Lebensgefährtin und zieht aus der Wohnung aus, während die Lebensgefährtin zunächst weiterhin mit den gemeinsamen Kindern in der Wohnung bleibt, so gilt dies nicht als Selbstnutzung im Sinne des § 23 EStG. Aus der Sicht des überlassenden Eigentümers wird die Wohnung dadurch gerade nicht mehr zu eigenen, sondern zu fremden Wohnzwecken genutzt, da der gemeinsame Haushalt mit dem Kind und der Lebensgefährtin aufgelöst wurde. Folge: Ein Verkauf der Wohnung innerhalb der Zehn-Jahres-Frist ist versteuern (Urteil vom 30.9.2015, 1 K 1654/14). 

AKTUELL hat auch der Bundesfinanzhof in diesem Sinne entschieden: Eine Spekulationsbesteuerung wird auch dann ausgelöst, wenn der eine Ehegatte seinen Anteil am Familienheim im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung auf den Ex-Gatten überträgt. Dies gilt selbst dann, wenn der ehemalige Partner mit der Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses droht, um den anderen zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen. Eine Übertragung innerhalb der Zehn-Jahres-Frist kann also sehr teuer werden (BFH-Urteil vom 14.2.2023, IX R 11/21) ).

  • Der Kläger erwarb im Jahre 2008 zusammen seiner damaligen Ehefrau ein Einfamilienhaus zu jeweils hälftigem Miteigentum. Dieses bewohnten der Kläger, seine Ex-Frau und der gemeinsame Sohn fortan als Familienheim. Aufgrund der Trennung von seiner Frau zog der Kläger in 2015 aus dem gemeinsamen Haus aus. Im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung veräußerte der Kläger seinen Anteil an dem Familienheim an die Ex-Frau. Dies geschah im Jahre 2017, also noch innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist. Einen Veräußerungsgewinn versteuerte er nicht. Dazu führte er mehrere Gründe an. So habe ihm seine Frau mit der Zwangsversteigerung gedroht, wenn er seinen Anteil nicht an sie veräußern würde. So sei er quasi gezwungen gewesen, seinen Miteigentumsanteil vor Ablauf der Spekulationsfrist zu veräußern, um einen angemessenen Preis beim Verkauf zu erzielen und damit einen wirtschaftlichen Schaden soweit wie möglich zu vermeiden. Im Übrigen habe er seinen hälftigen Miteigentumsanteil nach seinem Auszug nicht seiner Frau, sondern seinem Sohn unentgeltlich überlassen. Und dies gelte noch als Selbstnutzung. Doch es half nichts: Das Finanzamt versteuerte einen Veräußerungsgewinn. Einspruch, Klage und Revision blieben erfolglos.
  • Begründung: Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass eine Immobilie tatsächlich vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Als Selbstnutzung gilt auch das Bewohnen durch einen Familienangehörigen, solange der Eigentümer gleichfalls in der Immobilie wohnt. Zudem liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn der Steuerpflichtige eine Wohnung einem einkommensteuerlich zu berücksichtigendem Kind unentgeltlich zur Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer als eigene zuzurechnen, weil es zu seiner Unterhaltspflicht gehört, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen.
  • Eine andere Beurteilung ist dagegen geboten, wenn der Eigentümer seiner von ihm getrenntlebenden Ehefrau eine Wohnung zur Verfügung stellt. Besteht die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht mehr fort und überlässt der unterhaltsverpflichtete Eigentümer der von ihm getrenntlebenden Ehefrau an Stelle des Barunterhalts eine Wohnung zur unentgeltlichen Nutzung, wird die Wohnung aus der Sicht des überlassenden Ehegatten nicht zu eigenen, sondern zu fremden Wohnzwecken genutzt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch dann nicht vor, wenn die Wohnung nach dem Auszug aus dem Familienheim nicht einem Kind zur alleinigen Nutzung, sondern auch der Kindesmutter zur gemeinsamen Nutzung mit dem Kind überlassen wird. Dass die Nutzung allein durch das Kind erfolgt, war im Urteilsfall nicht glaubhaft.
  • Eine willentliche Veräußerung kann auch dann vorliegen, wenn der Ehegatte seinen Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus vor dem Hintergrund der drohenden Zwangsvollstreckung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung (entgeltlich) auf seinen geschiedenen Ehepartner überträgt. Ob sich der Verkäufer in einer wirtschaftlichen oder emotionalen Zwangssituation befand, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Der Motivlage kommt - abgesehen von den Fällen, in denen der Verlust des Eigentums (aufgrund eines Hoheitsakts) der freien Willensentschließung des Steuerpflichtigen entzogen ist - regelmäßig keine Relevanz zu. Die Tatsache, dass durch den Verkauf an die Ex-Frau ein wirtschaftlicher Schaden vermieden werden sollte, reicht allein nicht aus, um von einer Zwangslage wie bei einer Enteignung (BFH-Urteil vom 23.7.2019, IX R 28/18) auszugehen.

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