Erhalten Arbeitnehmer für den Verlust ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung, ist diese grundsätzlich nach der so genannten Fünftel-Regelung steuerlich begünstigt. Die Entschädigung wird also zumindest ein Stück weit tarifermäßigt besteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Nun gehen den Abfindungen oftmals arbeitsrechtliche Streitigkeiten voraus und wenn diese beigelegt sind, erhält manch Arbeitnehmer nicht nur seine Abfindung, sondern auch noch seinen Lohn für einige Monate nachgezahlt. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob neben der reinen Abfindung auch der nachgezahlte Lohn der Fünftel-Regelung unterliegt, dieses Mal nach der Nr. 4 des § 32 Abs. 2 EStG. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an.

Wird die Vergütung für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten nachgezahlt, scheidet eine Begünstigung aus. Es reicht nicht aus, dass Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als demjenigen zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammentrifft. Umfasst die Nachzahlung aber einen Lohnzahlungszeitraum von mehr als zwölf Monaten, kommt eine Tarifermäßigung regelmäßig in Betracht. Erst wenn also tatsächlich ein langer Vergütungszeitraum, das heißt von mehr als zwölf Monaten, abgegolten wird, liegt die erforderliche Zusammenballung von Einkünften vor.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof diese Grundsätze erneut bestätigt und die Trennlinie bei ebenjenem Zwölf-Monats-Zeitraum gezogen. Im zugrundeliegenden Fall war das für den Kläger sehr bitter (BFH-Urteil vom 16.12.2021, VI R 10/18).

  • Der Fall: Einem Arbeitnehmer war von seinem Arbeitgeber in 2012 fristlos gekündigt worden. Daraufhin strengte er einen Prozess beim Arbeitsgericht an, der Anfang 2013 mit einem Vergleich abgeschlossen wurde. Der Kläger hatte Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 30.000 EUR und das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.3.2013 für beendet erklärt. Der Arbeitgeber erstellte im Jahr 2013 monatliche Lohnabrechnungen für die Zeiträume März 2012 bis Januar 2013 und zahlte den hierbei errechneten Nettolohn aus. Die Monate Februar bis März 2013 inklusive der vereinbarten Abfindung in Höhe von 30.000 EUR rechnete er etwas später, aber noch im Frühjahr ab. Zum Zeitpunkt des Vergleichs waren die Löhne für Februar und März noch nicht fällig. Diese Tatsache war im Streitfall erheblich, wie gleich noch ausgeführt wird.
  • Der Arbeitnehmer beantragte die steuerliche Ermäßigung nach der Fünftel-Regelung für die gesamten Zahlungen, die in 2013 durch seinen ehemaligen Arbeitgeber geleistet wurde. Das Finanzamt gewährte die Tarifbegünstigung jedoch nur für den Anteil in Höhe von 30.000 EUR, der aus der Abfindung resultierte, nicht jedoch für die übrigen nachträglichen Lohnzahlungen. Klage und Revision blieben ohne Erfolg.
  • Begründung: Um die Fünftel-Regelung für den nachgezahlten Lohn zu erreichen, muss eine Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und "veranlagungszeitraumübergreifend" geleistet werden. Der Vergleich zwischen dem Kläger und seinem ehemaligen Arbeitgeber wurde Anfang 2013 geschlossen. Als nachgezahlte Vergütung gilt der Arbeitslohn für den Zeitraum von März 2012 bis Januar 2013. Das sind nur elf Monate. Die im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht fälligen Löhne für Februar und März 2013 erhielt der Kläger noch als laufenden Lohn. Daher sind sie in die Prüfung, ob die Zwölf-Monats-Frist überschritten ist, nicht einzubeziehen.

STEUERRAT: Der Fall wäre anders zu beurteilen gewesen, wenn der Vergleich erst im April 2013 abgeschlossen worden wäre und der Kläger dann eine Nachzahlung für 13 Monate erhalten hätte. Unterm Strich hätte er zwar wohl eine gleich hohe Lohnnachzahlung erhalten, doch steuerlich hätte eine spätere Vereinbarung einen enormen Unterschied gemacht. Der BFH verweist in diesem Zusammenhang auch auf sein Urteil vom 7.5.2015 (VI R 44/13).

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