Wer ein unbebautes Grundstück oder ein Gebäude mit Grund und Boden erwirbt, muss Grunderwerbsteuer zahlen. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung, also üblicherweise nach dem Kaufpreis. Was aber gilt, wenn bestimmte Erschließungskosten zwar im Kaufpreis enthalten sind, aber noch nicht realisiert sind?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis mitsamt der vereinbarten Erschließungskosten zu zahlen ist, auch wenn die Erschließungsleistung vom Veräußerer erst noch zu erbringen ist (BFH-Urteil vom 23.2.2022, II R 9/21).

  • Der Fall: Die Kläger erwarben von einer Immobiliengesellschaft ein Grundstück. Im Kaufpreis enthalten waren bereits die Erschließungskosten für das Grundstück, obwohl die Erschließung von der Immobilienfirma noch vorzunehmen war. Das Finanzamt berücksichtigte auch diese Kosten und setzte auf den gesamten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest, während die Kläger meinten, sie hätten ein unerschlossenes Grundstück gekauft, sodass die Kosten für die Erschließung nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen.
  • Der BFH hat die Auffassung des Finanzamtes bestätigt und die noch zu erbringenden Erschließungskosten in die Grunderwerbsteuer einbezogen. Alle Leistungen, die gemäß den vertraglichen Vereinbarungen für den Kauf erbracht werden, seien grunderwerbsteuerpflichtig. Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen, verpflichtet sich jedoch der Verkäufer, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist dann Entgelt für den Grundstückserwerb.

ABER: Dieses erstgenannte Urteil betraf den Erwerb von einem privaten Bau- bzw. Erschließungsträger.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei dem Erwerb eines unerschlossenen Grundstücks von einer erschließungspflichtigen Gemeinde die Grunderwerbsteuer regelmäßig nur auf den Preis für das unerschlossene Grundstück zu zahlen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber sich vertraglich verpflichtet, für die künftige Erschließung einen bestimmten Betrag an die Gemeinde zu zahlen (BFH-Urteil vom 28.9.2022, II R 32/20).

  • Der Fall: Die Klägerin erwarb von der erschließungspflichtigen Gemeinde einen Miteigentumsanteil an einem unbebauten und unerschlossenen Grundstück. In dem Kaufvertrag waren Entgelte für das Grundstück und für die künftige Erschließung jeweils gesondert ausgewiesen. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest und legte als Bemessungsgrundlage den Gesamtpreis unter Einbeziehung der Erschließungskosten zugrunde. Doch der BFH sieht die Sache anders: Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist in einem solchen Fall regelmäßig nur das unerschlossene Grundstück, so dass die Erschließungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
  • Der BFH verweist auf sein Urteil vom 15.3.2001 (II R 39/99), wonach ein entsprechender Vertrag mit der Gemeinde regelmäßig in einen privatrechtlichen Vertrag über den Erwerb des unerschlossenen Grundstücks und einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Ablösung des Erschließungsbeitrags aufzuteilen ist. Eine solche Ablösungsabrede ist nur öffentlich-rechtlich zulässig; als privatrechtliche Vereinbarung wäre sie nichtig. Das Vertragswerk ist aber so auszulegen, dass es weitestmöglich wirksam bleibt.

FAZIT: Es ergeben sich Unterschiede zwischen dem Erwerb eines noch zu erschließenden Grundstücks von der erschließungspflichtige Gemeinde zum Erwerb von einem privaten Erschließungsträger.

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