Vielfach unterliegen Eltern mit ihren Einkünften einem höheren Steuersatz als ihre Kinder. Oftmals haben die Kinder nicht einmal Einkünfte, etwa während des Studiums, so dass sie gar keine Steuern zahlen müssen. Da wäre es aus steuerlicher Sicht sinnvoll, wenn Eltern ihren Kindern eine Einkunftsquelle übertragen, damit nicht sie selbst, sondern ihre Kinder die entsprechenden Einkünfte mit einem wesentlich niedrigeren Steuersatz versteuern müssen. So lässt sich im Familienverbund ein hübsches Steuersümmchen sparen. Allerdings ist den Eltern nicht immer wohl, wenn sie gerade jüngeren Kindern eine Einkunftsquelle, etwa ein Mietshaus, dauerhaft übertragen. Wer weiß denn schon, auf welche Ideen die Kinder kommen werden? Für diese Fälle könnte folgende Gestaltung helfen: Sofern die Eltern über eine vermietete Immobilie verfügen, aus der sie (hohe) Überschüsse generieren, räumen sie ihren Kindern einen zeitlich befristeten Zuwendungsnießbrauch an der Immobilie ein. Folge: Den Kindern fließen die Überschüsse aus der Immobilie für vielleicht (nur) sechs oder sieben Jahre zu; dann erlischt der Nießbrauch und die Eltern können wieder selbst über die Mieteinnahmen verfügen. Während der Dauer des Nießbrauchs versteuern aber die Kinder die Mieteinkünfte mit ihrem persönlichen Steuersatz und nicht die Eltern. Studieren die Kinder noch, können sie sogar den Sonderausgabenabzug von bis zu 6.000 EUR für ihre Studienkosten geltend machen und zusätzlich den Grundfreibetrag ausnutzen, so dass sich die Studienkosten steuerlich auswirken, die sonst vielfach ins Leere gehen. Damit kann das Modell auch zur Studienfinanzierung genutzt werden.

Es handelt sich um ein Gestaltungsmodell, das bei sauberer Durchführung von der Finanzverwaltung akzeptiert werden muss, zumal das Finanzgericht Baden-Württemberg die o.g. Auffassung bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 13.12.2016 (11 K 2951/15) bestätigt hat. Im Urteil heißt es ausdrücklich: "Nach Auffassung des Senats steht es Eltern frei zu entscheiden, ob sie zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt dem Kind Barmittel überlassen oder ob sie ihm - auch befristet - die Einkunftsquelle selbst übertragen. Wenn sie sich aus steuerlichen Gründen für Letzteres entscheiden, führt allein dies nicht dazu, dass die zugrunde liegende rechtliche Gestaltung als unangemessen im oben dargestellten Sinne anzusehen wäre."

AKTUELL hat auch der Bundesfinanzhof das Modell "zeitlich befristeter Zuwendungsnießbrauch" bestätigt - und zwar selbst für die Fälle, in denen die Kinder bei Einräumung des Nießbrauchrechts noch minderjährig sind (BFH-Urteil vom 20.6.2023, IX R 8/22).

  • Etwas vereinfacht ging es um folgenden Fall: Die Eltern besitzen ein bebautes Gewerbegrundstück, dass sie zunächst an ihre eigene GmbH weitervermieteten. Sie räumten dann aber ihren beiden noch minderjährigen Kindern ein Nießbrauchrecht an der Immobilie für die Zeit vom 1.1.2016 bis 31.12.2023 ein. Der Vater erklärte namens der GmbH, dass er dem Eintritt der Kinder anstelle der Eltern in den Mietvertrag zustimme. Ohne dass es einer Kündigung bedurfte, sollten die Eltern ab 1.1.2024 als Grundstückseigentümer wieder Vermieter sein. Für die Kinder wurde vom Amtsgericht ein Ergänzungspfleger bestellt, der die abgegebenen Erklärungen der Eltern auch genehmigte. Der Nießbrauch wurde notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt und das Finanzgericht versagten dem Modell zunächst die steuerliche Anerkennung, doch der BFH hat der Revision stattgegeben. Die zeitlich befristete Übertragung der Einkunftsquelle auf die Kinder war zulässig.
  • Begründung: Der Nießbrauch würde bürgerlich-rechtlich wirksam begründet. Das Mietverhältnis hält in steuerlicher Hinsicht auch einem Fremdvergleich stand, denn der Vertrag wurde ordnungsgemäß vereinbart und durchgeführt. Ob zwischen den Eltern und "ihrer" GmbH ein persönliches Näheverhältnis bestand, ist ohne Belang. Auch ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) lag nicht vor. Ein solcher ist unter anderem zu verneinen, weil die Immobilie von den Nießbrauchern, also den Kindern, an einen "fremden Dritten", nämlich an die GmbH, und nicht an die Eltern, vermietet wurde. Auch eine nur befristete Übertragung der Einkunftsquelle ist nicht missbräuchlich. Unschädlich ist es, wenn die Übertragung zugleich der Erfüllung einer Unterhaltspflicht dient. Die Entscheidung der Eltern, ob sie ihren Kindern Barunterhalt leisten oder ihnen (vorübergehend) eine Einkunftsquelle zuwenden, ist steuerlich grundsätzlich zu beachten. Gleiches gilt, wenn Eltern ihren Kindern einen Vorteil zuwenden wollen, ohne zum Unterhalt in Geld verpflichtet zu sein. Und ganz allgemein gilt: Die zeitlich befristete Übertragung der Einkunftsquelle Vermietung und Verpachtung durch unentgeltliche Bestellung eines befristeten Nießbrauchrechts ist nicht missbräuchlich, wenn dem Zuwendenden, von der Verlagerung der Einkunftsquelle abgesehen, kein weiterer steuerlicher Vorteil entsteht.

STEUERRAT: Wer das Modell durchführen möchte, sollte auf einige Punkte achten. Unter anderem: 1. Sohn oder Tochter müssen tatsächlich als Vermieter auftreten, das heißt, die Mieter sind zu informieren und die Mieten sind auf ein Konto des Kindes zu zahlen. 2. Es darf keine "Rückvermietung" an den Eigentümer, also den Nießbrauchgeber, erfolgen. Im Urteilsfall war das kein Problem, weil die Immobilie zwar an die GmbH der Eltern vermietet wurde, nicht aber an die Eltern selbst. 3. Bei einem Zuwendungsnießbrauch verliert der Eigentümer mangels eigener Einkünfte seine AfA-Berechtigung, während der Nießbrauchnehmer diese mangels eigenen Aufwands nicht erlangt. Dieser Nachteil muss in Kauf genommen werden. 4. Bei Immobilien ist die Bestellung eines Nießbrauchs notariell zu beurkunden und im Grundbuch einzutragen. Ist das Kind, dem ein Zuwendungsnießbrauch eingeräumt werden soll, noch minderjährig, ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen. 5. Es ist zu prüfen, ob sich sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen ergeben, das heißt, ob das Kind durch die Einräumung des Nießbrauchrechts aufgrund der dann vorhandenen eigenen Einkünfte aus der Familienversicherung ausscheidet.

STEUERRAT: Die Erfahrung von Steuerrat24 zeigt, dass das hier dargestellte Modell zwar gerne zur Studienfinanzierung der Kinder genutzt wird, doch letztlich bleibt es dabei, dass viele Eltern nicht davon begeistert sind, ihren Kindern in finanziellen Dingen freie Hand zu lassen. Und so werden zuweilen die Rechte der Kinder vertraglich eingeschränkt. Oder aber es mangelt an der tatsächlichen Durchführung, weil man sich zum Beispiel den Gang zum Notar sparen möchte. Doch dann kommt es unweigerlich zu Diskussionen mit dem Finanzamt und das Modell könnte verworfen werden. Dazu sollte man es nicht kommen lassen, sondern das Modell lieber von Anfang an "korrekt" durchführen. 

Weitere Informationen: 

Beachten Sie auch unsere weiteren Steuertipps in der Rubrik