Im Jahre 1980 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Aufwendungen eines Arbeitnehmers im Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für die für ihn zuständige Gewerkschaft als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzbar sind (BFH-Urteil vom 28.11.1980, VI R 193/77). Der BFH hat die Aufwendungen als beruflich veranlasst angesehen. Es muss nicht ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Beruf vorliegen, auch ein nur mittelbarer Zusammenhang kann ausreichend sein. Denn durch die Mitarbeit in der Gewerkschaft können sich die Verhältnisse sämtlicher betroffener Mitglieder des Berufsverbandes verbessern. Die Frage ist, ob auch eine Beamtin im Ruhestand, die ehrenamtlich in der Gewerkschaft mitarbeitet und Versorgungsbezüge bezieht, ihre Aufwendungen als Werbungskosten abziehen kann.

AKTUELL hat der BFH die Entscheidung aus 1980 zum berufstätigen Arbeitnehmer bestätigt und überträgt sie auch auf die ehrenamtliche Tätigkeit eines nicht mehr im aktiven Dienst befindlichen Steuerpflichtigen, der Versorgungsbezüge erhält. Aufwendungen einer Ruhestandsbeamtin im Zusammenhang mit ihrer ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit sind als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen abzugsfähig (BFH-Urteil vom 28.6.2023, VI R 17/21).

  • Der Fall: Eine Landesbeamtin war bis zum Eintritt in den Ruhestand hauptamtlich für die Gewerkschaft X im Deutschen Gewerkschaftsbund tätig und hierfür von ihrem Dienstherrn freigestellt. Im Ruhestand ist sie nun für verschiedene Gremien der Gewerkschaft X ehrenamtlich tätig. Sie bezieht Versorgungsbezüge. In der Einkommensteuererklärung macht sie Aufwendungen für diese Tätigkeit als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnt die Anerkennung ab, das Finanzgericht bejaht sie.
  • Nach Auffassung der BFH-Richter stehen die Aufwendungen der Ruhestandsbeamtin in einem hinreichenden Veranlassungszusammenhang mit ihren Versorgungsbezügen und sind daher als Werbungskosten bei ihren Pensionsbezügen zu berücksichtigen. Denn dieser Zusammenhang liegt vor, weil die Gewerkschaftsarbeit der Pensionärin und die dadurch bedingten Aufwendungen auch auf die Verbesserung ihrer Einkünfte als Ruhestandsbeamtin zielten. Die Mitarbeit in der Gewerkschaft reicht aus, den Werbungskostenbegriff zu erfüllen, obwohl die Aufwendungen des einzelnen Mitglieds in der Regel nicht unmittelbar und allein auf dessen eigene berufliche Bedingungen, sondern nur mittelbar durch die Arbeit der Gemeinschaft auf die Verhältnisse sämtlicher betroffener Mitglieder des Berufsverbands einwirken können. Denn der Werbungskostenbegriff erfordert nicht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Förderung der Berufstätigkeit. Gewerkschaften vertreten nicht nur die beruflichen Interessen der berufstätigen Arbeitnehmer und Beamten, sondern auch die Erwerbsinteressen von Pensionären. Sie streben regelmäßig an, die Ergebnisse einer Tarifrunde im öffentlichen Dienst zeitgleich und systemgerecht bzw. wirkungsgleich auf den Bereich Besoldung und Versorgung zu übertragen.

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